Beschluss vom 26.10.2006 -
BVerwG 1 WB 17.06ECLI:DE:BVerwG:2006:261006B1WB17.06.0

Leitsätze:

-

Die Kompetenz zur Entscheidung über eine Beschwerde im Sinne des § 9 Abs. 1 WBO

kann im Einzelfall – hier in einem Verfahren nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz – von

Inhalt und Umfang der fachlichen Weisungsbefugnis des Vorgesetzten abhängig sein,

der den Beschwerdegegenstand zu beurteilen hat.

  • Rechtsquellen
    WBO § 9 Abs. 1 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 1
    SBG § 23 Abs. 1 Satz 1, § 20

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 26.10.2006 - 1 WB 17.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:261006B1WB17.06.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 17.06

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze als Vorsitzenden,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
sowie
Oberstleutnant Dilthey und
Hauptfeldwebel Winkelmann
als ehrenamtliche Richter
am 26. Oktober 2006 beschlossen:

Der Antrag wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I

1 Im Rahmen seines Antrags auf Versetzung auf einen Dienstposten als Feldjägerfeldwebel vom 19. Mai 2005 beantragte Hauptfeldwebel (HFw) J., Angehöriger der S... R., die Beteiligung des örtlichen Personalrates (ÖPR). In der an den Kommandeur (Kdr) S... gerichteten Stellungnahme vom 15. Juni 2005 erhob der Antragsteller keine Einwände hinsichtlich dieses Versetzungsantrags. Vorsorglich wies er für den Fall einer beabsichtigten Antragsablehnung darauf hin, dass er unter Darlegung der Ablehnungsgründe erneut zu beteiligen sei. Mit Bescheid vom 14. Juli 2005, von dem der Antragsteller am 25. August 2005 Kenntnis erhielt, lehnte die Stammdienststelle des Heeres (SDH) den Versetzungsantrag des HFw J. ab, ohne dass der Antragsteller noch einmal beteiligt wurde.

2 Mit Schreiben vom 1. September 2005 legte der Antragsteller Beschwerde „wegen Unterlassung der Beteiligung in einem gemäß § 23 SBG beantragten Beteiligungsverfahren“ ein. Eine Anhörung des ÖPR zur beabsichtigten Ablehnung des Versetzungsantrags sei nicht erfolgt, obwohl diese aufgrund gesetzlicher Vorgaben und der diesbezüglichen Rechtsprechung vor der Entscheidung hätte stattfinden müssen. Der ÖPR sehe sich daher - in Personalangelegenheiten der Soldaten zum wiederholten Mal - bei der Wahrnehmung seiner gesetzlich eingeräumten Aufgaben und Rechte behindert bzw. ignoriert.

3 Unter dem 7. Oktober 2005 wies der Bundesminister der Verteidigung (BMVg) - PSZ I 7 - die SDH an, ihren Bescheid vom 14. Juli 2005 aufzuheben und den Versetzungsantrag des HFw J. vom 19. Mai 2005 unter Beachtung der Vorgaben des § 23 Abs. 1 und 2 Soldatenbeteiligungsgesetz (SBG) neu zu bescheiden. Er führte aus, mangels - erforderlicher - Anhörung des ÖPR zu der von der SDH beabsichtigten Ablehnung des Versetzungsantrags weise dieser Bescheid einen Ermessensfehler auf und sei deshalb rechtswidrig. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2005 hob daraufhin die SDH ihren Bescheid vom 14. Juli 2005 auf und kündigte eine Neubescheidung nach erfolgter Anhörung des ÖPR an. Diese Anhörung leitete die SDH mit Schreiben an den Antragsteller vom 14. Oktober 2005 ein.

4 Am 17. Oktober 2005 teilte der BMVg - PSZ I 7 - dem Antragsteller in einem Hinweis zur Sach- und Rechtslage mit, dass durch die Aufhebung des Bescheids der SDH und die Ankündigung einer neuen Entscheidung nach Durchführung des gebotenen Beteiligungsverfahrens nach § 23 SBG die Beschwer entfallen sei.

5 Der Antragsteller bat daraufhin mit Schreiben vom 28. Oktober 2005 um Erläuterung, aus welchen Gründen sein Beschwerdeverfahren dem zuständigen militärischen Vorgesetzten entzogen worden sei und woraus sich die Unzulässigkeit seiner Beschwerde herleite.

6 Mit Bescheid vom 16. Februar 2006, der dem Antragsteller am 20. Februar 2006 zugestellt wurde, wies der BMVg - PSZ I 7 - die Beschwerde des Antragstellers zurück.

7 Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 6. März 2006 hat der BMVg - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 24. April 2006 dem Senat vorgelegt.

8 Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Er habe ein objektives Interesse an der gerichtlichen Klärung der zur Entscheidung gestellten Beteiligungsfrage, weil das Vorgehen des Bundesministeriums der Verteidigung keinen Einzelfall bilde. Praktisch zeitgleich mit dem vorliegenden Verfahren sei mit Beschwerdebescheid BMVg - PSZ I 7 - 25-05-10 ... in der Sache des Stabsfeldwebels M. eine weitere Beschwerde des ÖPR nach § 16 SBG in derselben fehlerhaften Weise „unzulässig“ gemacht worden. Da seine hier streitige Beschwerde bis heute nicht beschieden sei und daher auch keine Sachentscheidung zu der Beteiligungsfrage vorliege, sei eine Wiederholung einer auf den Ausschluss des ÖPR gerichteten Verfahrensweise nicht ausgeschlossen. Dass es Anweisungen für eine geänderte Verfahrensweise gegeben haben solle, sei keine ausreichende Gewähr dafür, dass der vom ÖPR monierte und vom Bundesministerium der Verteidigung nicht beschiedene Verstoß zukünftig nicht mehr vorkomme. Das Heeresamt (HA), nicht der BMVg - PSZ I 7 - sei im Übrigen die nach § 9 WBO zuständige Dienststelle für den Erlass des Beschwerdebescheids (gewesen), da Verfahrensgegenstand nicht der Bescheid der SDH vom 14. Juli 2005, sondern das vorher zu führende Anhörungsverfahren nach § 23 SBG gewesen sei. Selbst wenn die Feststellung einer korrekten Beteiligung die Befugnis zur Dienstaufsicht über die SDH als beteiligte personalbearbeitende Stelle voraussetzen würde, bliebe das HA zuständig, da diesem auch die SDH unterstehe. Eine Rechtsgrundlage dafür, dass das Bundesministerium der Verteidigung Beschwerdeverfahren nach Belieben mit der Folge der Zuständigkeit eines anderen Gerichts an sich ziehen könne, sei der WBO nicht zu entnehmen. Das Bundesministerium der Verteidigung habe außerdem gegen § 13 WBO verstoßen. Die Beschwerde sei seit 2. September 2005 anhängig gewesen und danach als begründet eingestuft worden, worauf am 7. Oktober 2005 der SDH die Aufhebung der Entscheidung gegenüber dem Soldaten (HFw J.) befohlen worden sei. Damit sei die Beschwerde spätestens am 7. Oktober 2005 begründet gewesen. Das Bundesministerium der Verteidigung sei - bei Unterstellung seiner Zuständigkeit - verpflichtet gewesen, der Beschwerde durch einen Bescheid stattzugeben und für Abhilfe zu sorgen. Das sei verfahrensfehlerhaft unterblieben.

9 Der Bescheid vom 16. Februar 2006 sei auch im Ergebnis unrichtig, weil das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwer des betroffenen Soldaten mit derjenigen des ÖPR verwechsele. Die Beschwer des ÖPR liege darin, dass ihm eine gesetzmäßige Anhörung nicht zuteil geworden sei. Sein Verfahrensanspruch auf unverzügliche Nachholung der unterbliebenen Beteiligung sei unverändert verletzt; entgegen den Behauptungen des Bundesministeriums der Verteidigung sei dieser Mangel auch nicht behoben worden.

10 Er beantragt,
unter Aufhebung und Abänderung des Beschwerdebescheides des BMVg festzustellen, dass die ordnungsgemäße Beteiligung des Antragstellers bei der Entscheidung über den verfahrensgegenständlichen Versetzungsantrag unterblieben ist,
sowie das Bundesministerium der Verteidigung zu verpflichten, die Beschwerde des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts vollständig zu bearbeiten sowie sicherzustellen, dass unverzüglich eine ordnungsgemäße Beteiligung des Antragstellers erfolgt.

11 Der BMVg beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

12 Der BMVg - PSZ I 7 - sei für die Entscheidung über die Beschwerde gemäß § 9 WBO zuständig, weil nur er zugleich weiterer Disziplinarvorgesetzter des Beschwerdebetroffenen (Kdr S...) und fachlich vorgesetzte Stelle gegenüber der personalbearbeitenden Stelle (SDH) sei. Aufgrund der Unterstellung der personalbearbeitenden Stellen in ihrem besonderen Aufgabenbereich unter das Bundesministerium der Verteidigung könnten fachliche Weisungen an die SDH zur Abhilfe im Beschwerdeverfahren nur vom Bundesministerium der Verteidigung gegeben werden. Da aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nunmehr eine mittelbare, über den jeweiligen Dienststellenleiter/Disziplinarvorgesetzten vermittelte Rechtsbeziehung zwischen den Personalräten und den personalbearbeitenden Dienststellen anerkannt worden sei, könne die bisher vorausgesetzte Zuständigkeit des truppendienstlichen Disziplinarvorgesetzten dann nicht mehr angenommen werden, wenn der Gegenstand einer Beschwerde eine Handlung oder das Unterlassen einer Handlung sei, die zwar beteiligungs- und beschwerderechtlich dem Dienststellenleiter/Disziplinarvorgesetzten zugerechnet werde, deren beschwerderechtliche Abhilfe und fachliche Bewertung jedoch nicht in die Kompetenz des nächsthöheren truppendienstlichen Disziplinarvorgesetzten des beschwerdebetroffenen Dienststellenleiters/Disziplinarvorgesetzten falle. Um diesen durch die genannte Rechtsprechung ausgelösten Gegebenheiten Rechnung zu tragen, sei die Entscheidungsebene in den Fällen der mittelbaren Beteiligung der personalbearbeitenden Stellen im Beschwerdeverfahren i.S.d. § 9 WBO i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 WBO auf den BMVg - PSZ I 7 - verlagert. Der nächsthöhere truppendienstliche Disziplinarvorgesetzte des Kdr S..., der Kdr Sch... im HA, habe keine Weisungsbefugnis gegenüber der SDH, weil diese Dienststelle ihm in seiner Funktion truppendienstlich nicht unterstellt sei. Der Amtschef HA und der Inspekteur des Heeres seien zwar für beide Dienststellen weitere truppendienstliche Disziplinarvorgesetzte; aber auch ihnen fehle die Befugnis, fachliche Weisungen für die Bearbeitung von Personalangelegenheiten an die personalbearbeitende Stelle, hier die SDH, zu geben. Ein Verbleib der Beschwerdezuständigkeit auf der Ebene des truppendienstlichen Disziplinarvorgesetzten des Kdr S... würde dazu führen, dass auch bei Feststellung eines Rechtsmangels der ergangenen Maßnahme eine Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes nicht herbeigeführt werden könnte. Ein effektiver beschwerderechtlicher Rechtsschutz würde daher auf dieser Ebene leer laufen.

13 Der Feststellungsantrag sei im Übrigen unzulässig, weil dem Antragsteller das notwendige Rechtsschutzbedürfnis fehle. Nach durchgeführter Abhilfe und der Anweisung zur Neubescheidung des Antrags des HFw J. unter vorangegangener ordnungsgemäßer Anhörung des Antragstellers liege eine fortdauernde Beschwer des Antragstellers nach § 23 SBG nicht vor. Die SDH sei auf die Notwendigkeit hingewiesen worden, eine Anhörung des ÖPR im Fall der beabsichtigten Ablehnung der Personalmaßnahme zu veranlassen, und die internen Bearbeitungshinweise seien angepasst worden. Die Anhörung des ÖPR zum Antrag des HFw J. sei zwischenzeitlich durchgeführt und ohne weitere Einwendung des Antragstellers abgeschlossen worden, so dass der Versetzungsantrag zwischenzeitlich neu habe beschieden werden können. Der Verweis auf das bei BMVg - PSZ I 7 - parallel geführte Verfahren des StFw M. vermöge kein Feststellungsinteresse in Form der Wiederholungsgefahr zu begründen, weil die Verfahrensfehler zeitlich kurz hintereinander bei der SDH vorgekommen seien und zwar bevor entsprechende interne Verfahrensänderungen vorgenommen worden seien, um im Falle der Ablehnung von Anträgen, die unter § 23 Abs. 1 SBG fallen, eine Beteiligung über den Dienststellenleiter zu veranlassen. Auch das Begehren des Antragstellers, den BMVg zu verpflichten, die Beschwerde des Antragstellers vollständig zu bearbeiten, sei unzulässig. Aus § 13 WBO lasse sich kein Verbot einer Vorwegabhilfe entnehmen, sondern lediglich eine Verknüpfung der stattgebenden Bescheidung mit der Abhilfe. Ein Anspruch auf stattgebende Bescheidung mit Abhilfe im Sinne einer allein rechtmäßigen Verfahrensweise sei dadurch nicht festgelegt. Eine unverzügliche Abhilfe sei durch den BMVg - PSZ I 7 - zu veranlassen gewesen, um die konkrete Beschwer des Antragstellers effektiv zu beseitigen. Ferner sei die angestrebte Verpflichtung des BMVg, die ordnungsgemäße Beteiligung des Antragstellers unverzüglich sicherzustellen, unzulässig. Hierfür habe bereits bei der Antragstellung ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers gefehlt.

14 Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des BMVg - PSZ I 7 - 165/06 - lag dem Senat bei der Beratung vor.

II

15 Die Anträge sind unzulässig.

16 Zwar hat der Antragsteller den richtigen Rechtsweg beschritten. Beruft sich der bei einer Dienststelle der Bundeswehr gebildete Personalrat auf eine Behinderung in seinen Beteiligungsrechten in Angelegenheiten, die nur die Soldaten betreffen, so ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten gegeben (Beschlüsse vom 1. November 2001 - BVerwG 6 P 10.01 - BVerwGE 115, 223 = Buchholz 252 § 52 SBG Nr. 2 und vom 24. März 2004 - BVerwG 1 WB 33.03 - PersV 2005, 273). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Denn der Antragsteller macht geltend, in eigenen Beteiligungsrechten als Gesamtgremium in einer Angelegenheit verletzt zu sein, die - wie der Versetzungsantrag eines Soldaten - nur Soldaten betrifft.

17 Für die Anträge ist das Bundesverwaltungsgericht auch instanziell zuständig. Nach § 21 Abs. 1 WBO ist dieses Gericht u.a. für Entscheidungen des BMVg über Beschwerden zur Entscheidung berufen; eine solche liegt hier in Gestalt des Beschwerdebescheids des BMVg - PSZ I 7 - vom 16. Februar 2006 vor. Die Zuständigkeitsbestimmung nach § 21 Abs. 1 WBO setzt allerdings voraus, dass (zuvor) die gesetzlichen Zuständigkeitsvorschriften beachtet worden sind (vgl. Beschlüsse vom 19. Dezember 1994 - BVerwG 1 WB 46.94 - DokBer B 1995, 281 und vom 17. Januar 2006 - BVerwG 1 WB 3.05 -). Das ist hier - entgegen der Ansicht des Antragstellers - der Fall.

18 Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 WBO entscheidet über die Beschwerde der Disziplinarvorgesetzte, der den Gegenstand der Beschwerde zu beurteilen hat. Damit meint das Gesetz nicht jeden höheren Disziplinarvorgesetzten, sondern nur den nächsten zur Beteilung des Beschwerdegegenstandes berufenen als den allein zuständigen Vorgesetzten (Böttcher/Dau, WBO, 4. Aufl. 1997, § 9 Rn. 29). In der Regel ist der nächste Vorgesetzte desjenigen, dessen Entscheidung angegriffen wird, zur Entscheidung über die Beschwerde berufen (Beschluss vom 10. Juni 1991 - BVerwG 1 WB 80.91 - BVerwGE 93, 105, 107). Dies gilt jedoch nicht einschränkungslos. Die Regelungen in § 5 Abs. 1, Abs. 3 WBO belegen, dass der nächste Disziplinarvorgesetzte desjenigen, dessen Entscheidung angefochten wird, und die zur Entscheidung über die Beschwerde zuständige Stelle nicht identisch sein müssen. Maßgeblich für die Bestimmung der Zuständigkeit nach § 9 Abs. 1 Satz 1 WBO ist danach, welcher Vorgesetzte den Gegenstand der Beschwerde zu beurteilen hat, d.h. für die Prüfung, Würdigung und abschließende Entscheidung über den Beschwerdegegenstand zuständig ist (vgl. dazu Böttcher/Dau, a.a.O., § 9 Rn. 29).

19 Beschwerdegegenstand ist im vorliegenden Verfahren die gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 WBO i.V.m. §§ 16, 52 Abs. 1 Satz 1 SBG geltend gemachte Unterlassung der Anhörung des Antragstellers durch den Kdr S... vor Ablehnung des Versetzungsantrages des HFw J., die durch die unterlassene Information des Kdr S... seitens der SDH über diese Personalmaßnahme unmittelbar hervorgerufen wurde. Gegenstand der Beschwerde ist danach - entgegen der Auffassung des Antragstellers - nicht (isoliert) die unterlassene Anhörung gemäß § 20 SBG, sondern die Unterlassung der Anhörung zur einer Personalmaßnahme im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SBG. Das in § 20 SBG gesetzlich formalisierte Anhörungsrecht kann von dem materiellen Beteiligungstatbestand (hier) in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SBG nicht getrennt werden (Beschluss vom 24. März 2004 - BVerwG 1 WB 46.03 - Buchholz 252 § 23 SBG Nr. 3 = NZWehrr 2005, 29). Eine gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 WBO i.V.m. § 16 SBG mit der Beschwerde angreifbare mögliche Rechtsverletzung des Antragstellers kann nicht isoliert in der behaupteten Missachtung der Anhörungsvorschrift des § 20 SBG liegen, sondern stets nur in der möglichen Verletzung des Anhörungsrechts in Verbindung mit dem materiellen Beteiligungstatbestand. Das folgt unmissverständlich aus dem Wortlaut in § 20 Satz 1 SBG („über beabsichtigte Maßnahmen und Entscheidungen, zu denen sie anzuhören ist“).

20 Diesen Gegenstand der Beschwerde hat im vorliegenden Verfahren der BMVg - PSZ I 7 - zu beurteilen; er ist nach § 9 Abs. 1 Satz 1 WBO für den Beschwerdebescheid entscheidungszuständig gewesen und nicht der Kdr Sch... im HA als nächster Disziplinarvorgesetzter des Kdr S... Das ergibt sich aus nachfolgenden Erwägungen:

21 Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SBG obliegt es dem nächsten Disziplinarvorgesetzten - bzw. hier gemäß § 52 Abs. 1 SBG i.V.m. § 7 Abs. 1 BPersVG dem Dienststellenleiter -, im Falle der Ablehnung einer anhörungspflichtigen Versetzung die Anhörung nach § 20 SBG vorzunehmen. Anhörungspflichtig war im vorliegenden Verfahren der Kdr S... Dessen nächster Disziplinarvorgesetzter, der Kdr Sch... im HA, hat den hier im Streit stehenden Gegenstand der Beschwerde indessen nicht zu beurteilen. Denn er kann auf die den Gegenstand der Anhörung bildende Personalmaßnahme im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SBG mangels fachlicher Weisungsbefugnis gegenüber der SDH als der hier zuständigen personalbearbeitenden Stelle keinen Einfluss nehmen; er ist nicht berechtigt, die SDH anzuweisen, den Kdr S... über die Gesichtspunkte zu informieren, die im Rahmen der beabsichtigten Ablehnung der beantragten Personalmaßnahme für eine umfassende Unterrichtung des Antragstellers erforderlich sind. Diese Befugnis steht lediglich dem BMVg zu.

22 Die Entscheidungskompetenz des BMVg im vorliegenden Verfahren ergibt sich außerdem aus dem Rechtsgedanken in § 13 Abs.1 Satz 1 WBO, der die Pflicht zur Abhilfe bei einer begründeten Beschwerde festlegt. Diese Norm setzt voraus, dass der entscheidende Disziplinarvorgesetzte aufgrund seiner Dienststellung auch befugt und in der Lage sein muss, eine Abhilfe zu bewirken. Diese Pflicht zur Abhilfe gewinnt besondere Bedeutung in Fällen, in denen die „schlichte“ Stattgabe einer Beschwerde nicht dem mit diesem Rechtsbehelf verfolgten Rechtsschutzziel entspricht. Im vorliegenden Verfahren geht es dem Antragsteller - wie er im Schriftsatz vom 6. März 2006 klargestellt hat - nicht um eine Überprüfung des Verhaltens des Kdr S..., sondern um eine Beseitigung der Behinderung bei der Ausübung seiner Rechte im Zusammenhang mit Personalmaßnahmen. Dieses Rechtsschutzziel konnte nicht mittels Einwirkens auf den Kdr S... durch seinen nächsten Disziplinarvorgesetzten herbeigeführt werden. Hierfür war vielmehr die Weisungsbefugnis des BMVg gegenüber der SDH in Angelegenheiten der Personalführung erforderlich. Dies wird nicht zuletzt an dem selbständigen „rechtlichen Schicksal“ der zugrunde liegenden Personalmaßnahme deutlich. Da im vorliegenden Fall HFw J. den ablehnenden Bescheid der SDH vom 14. Juli 2005 nicht mit einer Beschwerde angegriffen hatte und dieser Bescheid damit bestandskräftig geblieben wäre, wenn die Weisung des BMVg an die SDH vom 7. Oktober 2005 unterblieben wäre, hätte eine vom Kdr Sch... im HA angeordnete Nachholung der Anhörung des Antragstellers wegen der bereits verfügten Ablehnung den beteiligungsrechtlichen Rechtsschutz nicht mehr gewährleisten können. Damit wäre dem Beschwerdebegehren des ÖPR in keiner Weise Rechnung getragen worden. Ferner übersieht der Antragsteller, dass die Soldatenbeteiligung kein Selbstzweck ist, sondern - wie § 1 Abs. 1 SBG deutlich macht - zur fürsorglichen Berücksichtigung der Belange des Einzelnen, hier des HFw J., führen soll. Die durch die Konstruktion des Soldatenbeteiligungsgesetzes bedingte Trennung zwischen der Anhörungspflicht durch eine Stelle und der Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Personalmaßnahme durch eine andere Stelle (vgl. § 23 Abs. 2 SBG) führt nur dann nicht zum Nachteil des von der Personalmaßnahme oder von deren Ablehnung betroffenen Soldaten und indirekt zur Behinderung der Befugnisse der ihn schützenden Soldatenvertretung, wenn eine Beschwerdestelle entscheidet, die im Rahmen der Abhilfe sowohl auf den Anhörungspflichtigen als auch auf die zuständige personalbearbeitende Stelle einwirken kann. Im Rahmen des § 20 SBG i.V.m. § 23 SBG ist nur auf diese Weise ein effektiver Rechtsschutz und zugleich eine wirksame Selbstkontrolle der Bundeswehr garantiert.

23 Soweit den Ausführungen in dem Beschluss des Senats vom 10. Juni 1991 (a.a.O. S. 108), der im Übrigen eine andere Konstellation betraf, eine davon abweichende Rechtsauffassung zu entnehmen sein sollte, hält der Senat daran nicht fest.

24 Der Feststellungsantrag ist unzulässig.

25 Dem Antragsteller fehlt insoweit das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Die Beteiligung des Antragstellers im Rahmen des Versetzungsantrages des HFw J. und die Personalmaßnahme hinsichtlich dieses Soldaten sind - nach zwischenzeitlicher Aufhebung des Ausgangsbescheids der SDH am 13. Oktober 2005 - mit der Durchführung der Anhörung des Antragstellers vor Erlass des Ablehnungsbescheids der SDH vom 28. März 2006 durch Zeitablauf erledigt. Erledigt sich die beteiligungsfähige bzw. beteiligungspflichtige Maßnahme oder die Beteiligung des Vertretungsorgans, kann die Vertrauensperson/der Personalrat zur nachträglichen Klärung der möglichen Verletzung ihres/seines Beteiligungsrechts ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse auf eine mögliche Wiederholungsgefahr stützen. Insoweit ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben, wenn zwischen den Verfahrensbeteiligten mit einiger Wahrscheinlichkeit auch künftig Streit über das geltend gemachte Beteiligungsrecht auftreten wird und der Feststellungsantrag deshalb unter Berücksichtigung der Wiederholungsgefahr als richtungweisend für die Zukunft verstanden werden kann (vgl. Beschlüsse vom 2. März 1994 - BVerwG 1 WB 4.93 - NZWehrr 1994, 118, vom 26. September 2000 - BVerwG 1 WB 58.00 - und vom 24. März 2004 - BVerwG 1 WB 46.03 - a.a.O.).

26 Es ist bereits zweifelhaft, ob der Antragsteller in diesem Sinne im Einzelnen eine aus seiner Sicht klärungsbedürftige personalvertretungsrechtliche Frage formuliert hat. Jedenfalls liegt die erforderliche Wiederholungsgefahr nicht vor. Sie setzt voraus, dass die konkret absehbare Möglichkeit besteht, dass in naher Zukunft eine gleiche oder gleichartige Entscheidung (oder Unterlassung) zu Lasten des Antragstellers zu erwarten ist (Beschluss vom 22. Juni 2005 - BVerwG 1 WB 1.05 - Buchholz 236.1 § 28 SG Nr. 6 = ZBR 2006, 218 <LS>). Diese Bedingung ist hier nicht erfüllt. Es besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Antragsteller in Zukunft erneut vom Kdr S... - in seiner Funktion als Anhörender i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 SBG - vor einer ablehnenden Entscheidung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SBG wegen fehlender vorheriger Information seitens der SDH nicht angehört wird. Zwischen den Verfahrensbeteiligten besteht Einvernehmen darüber, dass die Ursache für die unterbliebene Anhörung des Antragstellers vor Ablehnung des Versetzungsantrags des HFw J. ausschließlich in der unterlassenen Unterrichtung des Kdr S... durch die SDH zu sehen ist. Da die SDH auf Veranlassung des BMVg - PSZ I 7 - durch Änderungen bzw. Klarstellungen im Handbuch Personalführung 75-1, Stand 1. Dezember 2005 und durch eine gesonderte eigene Regelung vom 14. Dezember 2005 die zukünftige Beachtung des Anhörungsrechts i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 SBG in ihrem Bereich ausreichend sichergestellt hat, ist die oben genannte Fehlerursache behoben und eine entsprechende Situation in Zukunft unwahrscheinlich. Der Einwand des Antragstellers, dass im Beschwerdeverfahren des StFw M. der gleiche Fehler aufgetreten sei, ändert daran nichts. Dieser Fall hat sich nach der unwidersprochen gebliebenen Entgegnung des BMVg - PSZ I 7 - noch vor dessen Weisung an die SDH und der Änderung des dortigen internen Verfahrens zugetragen. Für den Senat sind keine Anhaltspunkte ersichtlich und vom Antragsteller auch nicht vorgetragen, dass sich die SDH künftig nicht an ihre auf Weisung des BMVg erlassene Regelung vom 14. Dezember 2005 zur Anhörung der Vertrauensperson/des ÖPR bei Maßnahmen nach § 23 Abs. 1 SBG halten wird.

27 Das besondere Feststellungsinteresse kann auch nicht auf eine entsprechende Anwendung des § 13 Abs. 1 Satz 3 WBO gestützt werden. Denn diese Norm stellt eine lex specialis für Befehle dar, die eine Ausnahme vom Grundsatz der Erforderlichkeit eines besonderen Feststellungsinteresses bildet (vgl. Böttcher/ Dau, a.a.O., § 13 Rn. 18). Für eine analoge Anwendung auf Maßnahmen - wie hier - ist deshalb kein Raum.

28 Der vom Antragsteller mit dem Feststellungsantrag verbundene Antrag auf „Aufhebung und Abänderung“ des Beschwerdebescheides des BMVg ist mangels Beschwer unzulässig. Denn in der Entscheidung des BMVg - PSZ I 7 - vom 16. Februar 2006 liegt keine eigenständige, zusätzliche Belastung des Antragstellers. In ihr wird lediglich die rechtliche Konsequenz - nämlich die Zurückweisung wegen Unzulässigkeit - aus der vorher vom BMVg - PSZ I 7 - getroffenen Weisung an die SDH, den ablehnenden Bescheid vom 14. Juli 2005 aufzuheben und eine Anhörung des Antragstellers vor der Neubescheidung durchzuführen, und der damit unmittelbar bevorstehenden Vornahme der Anhörung gezogen.

29 Auch der Antrag, das Bundesministerium der Verteidigung zu verpflichten sicherzustellen, dass unverzüglich eine ordnungsgemäße Beteiligung des Antragstellers erfolgt, ist unzulässig. Insoweit fehlt es am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, weil noch vor Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung (26. April 2006) eine ordnungsgemäße Anhörung des Antragstellers zur Ablehnung des Versetzungsantrags des HFw J. stattgefunden hat.

30 Mit dem weiteren Teil des Verpflichtungsantrags, die Beschwerde des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts „vollständig“ zu bearbeiten, rügt der Antragsteller die Art und Weise der Behandlung seiner Wehrbeschwerde durch den BMVg. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats stellt indessen die Art und Weise der Behandlung von Wehrbeschwerden keine selbständig anfechtbare Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 WBO dar (zuletzt: Beschluss vom 20. September 2006 - BVerwG 1 WB 54.05 - m.w.N.). Dieser Antrag bliebe auch dann erfolglos, wenn er sich - wie im Antragsschreiben vom 6. März 2006 angedeutet -, darauf richtete, den BMVg - PSZ I 7 - gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 WBO zu verpflichten, der aus Sicht des Antragstellers begründeten Beschwerde stattzugeben und andererseits dem Gebot nach § 13 Abs. 2 Satz 1 WBO vollumfänglich nachzukommen.

31 Dieser letztgenannte Teil des so ausgelegten Verpflichtungsantrags ist unzulässig. Denn es fehlt diesbezüglich an der Beschwer des Antragstellers. Ein Eingriff in dessen eigenen Rechtskreis scheidet hier offensichtlich aus, weil § 13 Abs. 2 Satz 1 WBO - anders als § 13 Abs. 2 Satz 2 WBO, der ein Recht auf Mitteilung über die disziplinare Entscheidung begründet - dem Beschwerdeführer keine Rechte in Hinblick auf die Verfolgung eines im Zusammenhang mit dem Beschwerdeverfahren stehenden Dienstvergehens einräumt. Die Norm wendet sich an den die Beschwerde entscheidenden Disziplinarvorgesetzten und verpflichtet ihn, bei eigener Zuständigkeit gemäß § 29 f. WDO die nach der WDO erforderlichen Schritte einzuleiten bzw. bei Unzuständigkeit den nach der WDO zuständigen Disziplinarvorgesetzten in Kenntnis zu setzen. Die Verpflichtungen nach der WDO obliegen dem zuständigen Disziplinarvorgesetzten allein gegenüber seinem Dienstherrn, nicht gegenüber dem durch ein Dienstvergehen verletzten Soldaten; der Beschwerdeführer hat keinen Anspruch darauf, dass ein Dritter wegen eines Dienstvergehens gemaßregelt wird (Beschluss vom 27. November 1990 - BVerwG 1 WB 76.90 , 77.90 - NZWehrr 1991, 73 = DokBer B 1991, 87).

32 Auch der erste Teil des ausgelegten Verpflichtungsantrags ist unzulässig. Dem Antragsteller fehlt insoweit das Rechtsschutzbedürfnis. Denn die für den Anspruch auf einen stattgebenden Beschwerdebescheid nach § 13 Abs. 1 Satz 1 WBO erforderliche Begründetheit der Beschwerde vom 1. September 2005 liegt offensichtlich nicht vor. Zwar war das Beschwerdebegehren - die Sicherstellung der Rechte des Antragstellers im Rahmen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SBG durch Nachholung der unterlassenen Anhörung - zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung des BMVg - PSZ I 7 - am 16. Februar 2006 noch nicht vollständig erfüllt, weil zu diesem Zeitpunkt die am 14. Oktober 2005 eingeleitete Anhörung bei der Neubescheidung des Versetzungsantrags des HFw J. noch nicht abgeschlossen war. Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage des hier zu prüfenden Verpflichtungsantrags ist aber auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen. Da inzwischen - unstreitig - die Anhörung des Antragstellers vor der ablehnenden Entscheidung der SDH erfolgt und abgeschlossen ist, ist die Beschwerde vom 1. September 2005 unzulässig (geworden).

33 Von einer Belastung des Antragstellers mit Verfahrenskosten wird abgesehen, weil der Senat die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 WBO nicht für gegeben erachtet.