Beschluss vom 05.11.2013 -
BVerwG 2 WNB 3.13ECLI:DE:BVerwG:2013:051113B2WNB3.13.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 05.11.2013 - 2 WNB 3.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2013:051113B2WNB3.13.0]

Beschluss

BVerwG 2 WNB 3.13

  • TDG Nord 1. Kammer - 10.04.2013 - AZ: TDG N 1 BLc 2/12 und TDG N 1 RL 1/13

In der Disziplinarsache hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt
am 5. November 2013 beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Soldaten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Truppendienstgerichts Nord vom 10. April 2013 wird zurückgewiesen.
  2. Der Soldat trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 Die statthafte, fristgerecht eingelegte und rechtzeitig begründete Beschwerde hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 22a Abs. 2 Nr. 3 WBO) liegt nicht vor.

2 Nach ständiger Rechtsprechung der Wehrdienstsenate des Bundesverwaltungsgerichts unterliegt die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 22b Abs. 2 Satz 2 WBO denselben Anforderungen, wie sie von den Revisionssenaten des Bundesverwaltungsgerichts in ständiger Rechtsprechung an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gestellt werden (Beschlüsse vom 1. Juli 2009 - BVerwG 1 WNB 1.09 - Buchholz 450.1 § 22a WBO Nr. 1 = NZWehrr 2009, 258; vom 17. Juni 2010 - BVerwG 2 WNB 7.10 - Buchholz 450.1 § 22b WBO Nr. 2 Rn. 9 = NZWehrr 2010, 252 und vom 21. Januar 2011 - BVerwG 1 WNB 1.11 - Rn. 2).

3 Soweit der Soldat im Begründungsschriftsatz seines Bevollmächtigten vom 22. Juli 2013 erklärt, er nehme seine Ausführungen zur Begründung der weiteren Beschwerde in Bezug und mache sie zum Gegenstand auch der Begründung dieser Nichtzulassungsbeschwerde, wendet er sich in der Art einer Berufungsbegründung gegen den Beschluss des Truppendienstgerichts. Damit wird ein gesetzlicher Zulassungsgrund nicht dargelegt. Die Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung im Einzelfall rechtfertigt nicht die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 22b Abs. 2 WBO (Beschluss vom 11. Mai 2011 - BVerwG 1 WNB 3.11 - Rn. 3 m.w.N.).

4 Die Beschwerde macht darüber hinaus als Verfahrensmangel geltend, dass das Truppendienstgericht aufgrund einer unrichtigen Sachverhaltsfeststellung entschieden habe, weil es den Beweisanträgen des Soldaten in der Begründung der weiteren Beschwerde nicht gefolgt sei. Hätte das Truppendienstgericht, wie beantragt, den Netzplan des Kommandos ... mit der damaligen Brücke des Softwareentwicklernetzes und des IT-Sicherheitskonzepts des Kommandos ... zum Stand November 2011 beigezogen, hätte dieses belegt, dass im Bereich der Softwareentwicklung ein vom sonstigen Netz des Kommandos separates Netzbetriebskonzept bestanden habe.

5 Diese Rüge ist unbegründet, denn das Truppendienstgericht ist bei der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass es prinzipiell eine Trennung der Ausbildungsebene zum sogenannten übrigen „... Netz“ der Dienststelle gegeben habe. Deshalb bedurfte es der Beiziehung des Netzplanes nicht. Das Truppendienstgericht hat aber ebenfalls berücksichtigt, dass sich aus den Akten ergibt, dass diese prinzipielle Trennung jeweils durch eine Kabelverbindung am 7. und 10. Oktober 2011 durchbrochen war. Deshalb ist es zu dem Ergebnis gekommen, dass die Tatsache, dass infolge des Fehlverhaltens des Soldaten kein Schaden eingetreten ist, letztlich als glücklicher Zufall zu bezeichnen sei und deshalb nur einschränkend zugunsten des Soldaten berücksichtigt werden könne.

6 Entgegen der Ansicht der Beschwerde liegt auch kein Verfahrensfehler darin, dass das Truppendienstgericht dem Beweisantrag des Soldaten zur Vernehmung der Zeugen Fregattenkapitän X und Kapitänleutnant Y nicht stattgegeben hat. Im Verfahren über die weitere Beschwerde gegen eine einfache Disziplinarmaßnahme entscheidet das Truppendienstgericht nach § 42 Satz 1 WDO in Verbindung mit § 18 Abs. 2 Satz 3 WBO grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung. Es kann jedoch mündliche Verhandlung anberaumen, wenn es dies für erforderlich hält. Ob eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, steht deswegen im Ermessen des Gerichts. Eine mündliche Verhandlung ist insbesondere dann nicht geboten, wenn das Gericht aufgrund der bei den Akten befindlichen Vernehmungen des Beschuldigten und der Zeugen zu der Überzeugung gelangt, der Sachverhalt sei hinreichend aufgeklärt. Dies gilt auch für die Frage, ob eine Aussage als glaubhaft angesehen wird. Der Gesetzgeber hat mit der Entscheidung, in den Beschwerdeverfahren gegen einfache Disziplinarmaßnahmen nicht das förmliche Gerichtsverfahren nach der Wehrdisziplinarordnung und der Strafprozessordnung, sondern das formlosere Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung vorzusehen, dem deutlich geringeren Stellenwert derartiger Verfahren gegenüber gerichtlichen Disziplinarverfahren Rechnung getragen (Beschluss vom 5. Mai 2010 - BVerwG 2 WNB 5.10 - Rn. 8).

7 Das Truppendienstgericht hat aufgrund der in den Akten befindlichen Aussage des Zeugen Fregattenkapitän X vom 20. Januar 2012, er habe kein Konzept schriftlich oder mündlich genehmigt, und der Einlassung des Soldaten in der Begründung der weiteren Beschwerde, der ...kommandeur (Fregattenkapitän X) habe nicht expressis verbis eine Genehmigung ausgesprochen, seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass das von dem Soldaten und einem Kameraden entwickelte Ausbildungskonzept für die künftige Ausstattung der ...gruppe mit Hard- und Software sowie die Anforderungen an ein Netzwerk für Ausbildungszwecke zu keiner Zeit von einem der verantwortlichen Vorgesetzten genehmigt worden ist. Wenn die Beschwerde nunmehr vorträgt, der Zeuge X hätte im Fall seiner Einvernahme vor dem Truppendienstgericht bestätigt, dass er das von den Softwareentwickler-Ausbildern vorgelegte Konzept mündlich gebilligt habe, wendet sich die Beschwerde damit gegen die Beweiswürdigung des Truppendienstgerichts. Die Beweiswürdigung kann aber nicht mit der Rechtsbeschwerde angefochten und deshalb auch nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerügt werden. Ein Verstoß gegen Denkgesetze oder aktenwidrige Annahmen der Vorinstanz sind nicht dargelegt.

8 Auch aus der weiteren Behauptung der Beschwerde, der Zeuge X hätte bestätigt, dass ihm die Problemlage, in der sich die Ausbilder im Hinblick auf dienstlich geliefertes Material (Hard- und Software) befanden, bekannt gewesen sei, ergibt sich kein Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen könnte. Denn das Truppendienstgericht ist davon ausgegangen, dass der Soldat zumindest einen Teil der Dateien in die dienstliche Hardware einbrachte, weil sie für seine dienstlichen Zwecke hilfreich sein könnten; dabei sei ihm bewusst gewesen, dass er sich - nach seinen eigenen Worten - in einer „Grauzone“ der IT-Sicherheit befunden habe. Es wirft ihm aber vor, dass er für ihn erkennbaren Zweifeln, ob die bereitgestellte Technik und sein Vorgehen hinsichtlich der Speicherung von Dateien den IT-Sicherheitsanforderungen entsprochen habe, nicht nachgegangen sei und nicht auf eine ausdrückliche Genehmigung hingewirkt habe. Vielmehr habe er sich mit dem Glauben an die Billigung seines Konzepts zufriedengegeben. Für diese materiell-rechtliche Auffassung des Gerichts, auf die allein bei der Prüfung einer unterbliebenen Sachaufklärung abzustellen ist (vgl. Beschlüsse vom 28. Oktober 2009 - BVerwG 2 WNB 4.09 - Rn. 2 und vom 10. Dezember 2003 - BVerwG 8 B 154.03 - NVwZ 2004, 627 <628>), kam es auf die Frage, ob dem Zeugen Fregattenkapitän X die Problemlage, in der sich die Ausbilder im Hinblick auf dienstlich geliefertes Material befanden, bekannt war, nicht an.

9 Auch der nach Ansicht der Beschwerde verfahrensfehlerhaft unterlassenen Einvernahme des Zeugen Kapitänleutnant Y bedurfte es nicht. Nach der wiederum allein maßgeblichen materiell-rechtlichen Auffassung des Truppendienstgerichts kam es auf die Frage, welche Überzeugung die anderen Softwareentwickler hinsichtlich einer Genehmigung des Konzepts durch den Zeugen X hatten, nicht an, denn das Truppendienstgericht hat, wie bereits festgestellt, in seiner Entscheidung auf die Kenntnis des Soldaten vom Fehlen einer ausdrücklichen Genehmigung abgestellt. Das Truppendienstgericht hat auch - ohne dass es dazu einer Zeugenaussage des Kapitänleutnants Y bedurfte - das Verhalten des Soldaten unter dem Gesichtspunkt geprüft, dass sämtliche privaten Dateien, die der Soldat in die dienstliche Software eingebracht hatte, zu dienstlichen Zwecken hätten verwendet werden können. Es ist aber zu dem Ergebnis gekommen, dass auch dann das Verhalten des Soldaten pflichtwidrig gewesen wäre, weil er nicht befugt gewesen sei, darüber zu entscheiden, ob es sich bei Dateien um private oder dienstliche Dateien handele. Damit hat das Truppendienstgericht auch unterstellt, dass der Soldat mit seinem Handeln bemüht war, den ihm gestellten Auftrag zu erfüllen. Gleichzeitig hat es aber auch deutlich gemacht, dass ihn dies nicht von der Einhaltung der Vorschriften entbindet und er gegebenenfalls eine Beeinträchtigung der Ausbildung hätte in Kauf nehmen müssen, weil auch dienstlich billigenswerte Motive vorschriftswidriges Handeln nicht rechtfertigen könne.

10 Die Kostenentscheidung folgt aus § 42 Satz 1 WDO in Verbindung mit § 23a Abs. 2 WBO und § 154 Abs. 2 VwGO.