Verfahrensinformation

Der Kläger begehrt - gestützt auf das Umweltinformationsrecht des Landes Baden Württemberg - vom Staatsministerium Baden-Württemberg den Zugang zu Unterlagen im Zusammenhang mit den Baumfällungen für das Verkehrs- und Städtebauprojekt „Stuttgart 21“.


Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die Klage - soweit es die Sache für spruchreif gehalten hat - durch Teilurteil abgewiesen. Auf die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Klägers hin hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg der Klage unter Änderung des erstinstanzlichen Urteils stattgegeben und das Staatsministerium Baden-Württemberg zur Herausgabe der Unterlagen verpflichtet. Im Einzelnen handelt es sich um eine Information der Hausspitze des Staatsministeriums über den Untersuchungsausschuss „Aufarbeitung des Polizeieinsatzes am 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten“, einen Vermerk des Innenministeriums über die öffentliche Äußerung eines Polizeibeamten zum Polizeieinsatz am 30.  September 2010, Vermerke zu einem Schlichtungsverfahren vom 10. und 23. November 2010 sowie Unterlagen zur Kommunikationsstrategie der beigeladenen Deutsche Bahn AG betreffend das Bahnprojekt „Stuttgart 21“.


Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision strebt das beklagte Land Baden-Württemberg hinsichtlich der drei erstgenannten Unterlagen an, die Abweisung der Klage wiederherzustellen. Die beigeladene Deutsche Bahn AG, die ebenfalls Revision eingelegt hat, möchte dies hinsichtlich der die Kommunikationsstrategie des Unternehmens betreffenden Unterlagen erreichen. Beklagter und Beigeladene sind insbesondere der Auffassung, dass das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs mit den Vorgaben der europäischen Umweltinformationsrichtlinie nicht in Einklang steht. Die Deutsche Bahn AG rügt auch Verfahrensfehler des Berufungsgerichts.


Pressemitteilung Nr. 32/2019 vom 08.05.2019

Zugang zu Umweltinformationen über Stuttgart 21

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass ein beamtenrechtlicher Vermerk über die öffentliche Äußerung eines Polizeibeamten zum Polizeieinsatz im Stuttgarter Schlossgarten am 30. September 2010 keine Umweltinformation darstellt, zu der nach Maßgabe der Umweltinformationsrichtlinie ein Zugangsanspruch besteht. Demgegenüber kann der Kläger Zugang zu zwei Präsentationen beanspruchen, die die Unternehmenskommunikation der beigeladenen Deutsche Bahn AG zum Projekt Stuttgart 21 betreffen. Im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Auslegung der Umweltinformationsrichtlinie vorgelegt.


Dem Antrag des Klägers auf Zugang zu allen beim Staatsministerium Baden-Württemberg vorhandenen Umweltinformationen zum Komplex Baumfällungen für Stuttgart 21 gab dieses nur teilweise statt. Die dagegen gerichtete Klage hatte in zweiter Instanz vor dem Verwaltungsgerichtshof Erfolg.


Das Bundesverwaltungsgericht ist der Auffassung des Verwaltungsgerichthofs, der beamtenrechtliche Vermerk sei eine Umweltinformation, nicht gefolgt; insoweit war die Revision des beklagten Landes erfolgreich. Die gegen den Zugang zu den Präsentationen gerichtete Revision der Beigeladenen hat das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen, weil das öffentliche Informationsinteresse das auf die Wahrung von Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnissen gestützte Geheimhaltungsinteresse überwiegt. Soweit das Zugangsbegehren auf Informationen für die Hausspitze des Staatsministeriums über den Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung des Polizeieinsatzes im Stuttgarter Schlossgarten sowie Vermerke des Staatsministeriums zum Schlichtungsverfahren im November 2010 gerichtet ist, bedarf es einer Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union zum sachlichen und zeitlichen Schutz „interner Mitteilungen“ i.S.d. Umweltinformationsrichtlinie.


BVerwG 7 C 28.17 - Urteil vom 08. Mai 2019

Vorinstanzen:

VGH Mannheim, 10 S 436/15 - Urteil vom 29. Juni 2017 -

VG Stuttgart, 4 K 2005/13 - Urteil vom 09. Januar 2015 -

BVerwG 7 C 28.17 - Beschluss vom 08. Mai 2019

Vorinstanzen:

VGH Mannheim, 10 S 436/15 - Urteil vom 29. Juni 2017 -

VG Stuttgart, 4 K 2005/13 - Urteil vom 09. Januar 2015 -


Beschluss vom 08.05.2019 -
BVerwG 7 C 28.17ECLI:DE:BVerwG:2019:080519B7C28.17.0

Vorabentscheidungsersuchen zur Auslegung der Umweltinformationsrichtlinie

Leitsatz:

Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Klärung des Begriffs der "internen Mitteilungen" im Sinne der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (UIRL).

  • Rechtsquellen
    RL 2003/4/EG Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e, Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a und Unterabs. 2 Satz 1 und 2
    VO (EG) Nr. 1049/2001 Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2
    VO (EG) Nr. 1367/2006 Art. 6
    AK Art. 4 Abs. 3 Buchst. c, Abs. 4 Unterabs. 2
    UIG § 8 Abs. 2 Nr. 2
    UVwG BW § 28 Abs. 2 Nr. 2

  • VG Stuttgart - 09.01.2015 - AZ: VG 4 K 2005/13
    VGH Mannheim - 29.06.2017 - AZ: VGH 10 S 436/15

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 08.05.2019 - 7 C 28.17 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:080519B7C28.17.0]

Beschluss

BVerwG 7 C 28.17

  • VG Stuttgart - 09.01.2015 - AZ: VG 4 K 2005/13
  • VGH Mannheim - 29.06.2017 - AZ: VGH 10 S 436/15

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 10. April 2019
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Korbmacher, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt, Dr. Schemmer und
Dr. Löffelbein
am 8. Mai 2019 beschlossen:

  1. Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wird ausgesetzt.
  2. Der Gerichtshof der Europäischen Union wird um Klärung folgender Fragen im Wege der Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV gebeten:
  3. 1. Ist Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (UIRL) so auszulegen, dass der Begriff "interne Mitteilungen" sämtliche Mitteilungen umfasst, die den Binnenbereich einer informationspflichtigen Stelle nicht verlassen?
  4. 2. Gilt der Schutz "interner Mitteilungen" nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL zeitlich unbegrenzt?
  5. 3. Falls Frage 2 zu verneinen ist: Gilt der Schutz "interner Mitteilungen" nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL nur solange, bis seitens der informationspflichtigen Stelle eine Entscheidung getroffen oder ein sonstiger Verwaltungsvorgang abgeschlossen worden ist?

Gründe

I

1 Der Kläger begehrt vom Staatsministerium Baden-Württemberg Zugang zu Unterlagen im Zusammenhang mit Baumfällungen für das Verkehrs- und Städtebauprojekt "Stuttgart 21" im Stuttgarter Schlossgarten im Oktober 2010.

2 Soweit es die dem Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) vorgelegten Fragen betrifft, geht es um eine Information der Hausspitze des Staatsministeriums über den Untersuchungsausschuss "Aufarbeitung des Polizeieinsatzes am 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten" sowie um Vermerke des Staatsministeriums zu einem im Zusammenhang mit dem Projekt "Stuttgart 21" durchgeführten Schlichtungsverfahren vom 10. und 23. November 2010.

3 Die hinsichtlich dieser Unterlagen nach erfolglosem Antrag erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Auf die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof den Beklagten verpflichtet, dem Kläger die Unterlagen zugänglich zu machen. Bei diesen handele es sich um Umweltinformationen. Ablehnungsgründe für den Informationszugang lägen nicht vor. Die Unterlagen des Staatsministeriums zur Information der Hausspitze und zum Schlichtungsverfahren seien nicht als interne Mitteilungen geschützt, da ein solcher Schutz in zeitlicher Hinsicht nur für die Dauer des behördlichen Entscheidungsprozesses bestehe.

4 Der Beklagte strebt mit seiner Revision eine Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils an.

II

5 Der Rechtsstreit ist auszusetzen. Es ist eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs zu den im Beschlusstenor formulierten Fragen einzuholen (Art. 267 AEUV).

6 1. Die maßgeblichen Vorschriften des Unionsrechts finden sich in Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e und Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 und 2 der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (ABl. L 41 S. 26) - UIRL -.

7 2. Die maßgebliche Vorschrift des nationalen Rechts ist § 28 Abs. 2 Nr. 2 des Umweltverwaltungsgesetzes Baden-Württemberg (UVwG BW) vom 25. November 2014 (GBl. S. 592), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 28. November 2018 (GBl. S. 439).
§ 28 Abs. 2 Nr. 2 UVwG BW lautet:
Soweit ein Antrag sich auf interne Mitteilungen der informationspflichtigen Stellen im Sinne des § 23 Abs. 1 bezieht, ist er abzulehnen, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.

III

8 Die Vorlagefragen sind entscheidungserheblich. Je nach Beantwortung der Vorlagefragen ist die Revision entweder aus Rechtsgründen zurückzuweisen oder es bedarf einer Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof als Tatsacheninstanz.

9 Bei den vom Kläger begehrten Unterlagen handelt es sich um Umweltinformationen im Sinne von Art. 2 Nr. 1 Buchst. c UIRL. Der Beklagte ist informationspflichtige Behörde im Sinne von Art. 2 Nr. 2 Buchst. a UIRL.

IV

10 Die Vorlagefragen bedürfen einer Klärung durch den Gerichtshof, weil sie weder durch seine Rechtsprechung geklärt noch offenkundig sind.

11 Zu den einzelnen Vorlagefragen sind folgende Erwägungen von Bedeutung:

12 1. Zu Frage 1:
Fraglich ist zunächst, wie der Begriff der "internen Mitteilungen" im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL auszulegen ist. Eine Definition des Begriffs enthält die Umweltinformationsrichtlinie nicht.

13 Der Senat hat zu § 8 Abs. 2 Nr. 2 des Umweltinformationsgesetzes (UIG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 27. Oktober 2014 (BGBl. I S. 1643), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 17 des Gesetzes vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808), der Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL in Bundesrecht umsetzt und der hier maßgeblichen landesrechtlichen Regelung des § 28 Abs. 2 Nr. 2 UVwG BW entspricht, mit Blick auf den Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 15/3680 S. 8) zum Begriffsmerkmal "intern" entschieden, dass vom Ablehnungsgrund nur solche Mitteilungen erfasst werden, die den Binnenbereich einer informationspflichtigen Stelle nicht verlassen (BVerwG, Urteil vom 2. August 2012 - 7 C 7.12 - Buchholz 406.252 § 2 UIG Nr. 2 Rn. 35 m.w.N.). Danach können auch solche Mitteilungen nicht als "intern" gelten, die zwar den Binnenbereich einer informationspflichtigen Stelle (noch) nicht verlassen haben, dazu aber bestimmt sind.

14 Klärungsbedürftig ist in diesem Zusammenhang, was unter einer "Mitteilung" im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL zu verstehen ist. Fraglich ist insbesondere, ob Unterlagen bzw. Informationen von einer bestimmten Qualität sein müssen, um als "Mitteilungen" im Sinne der Umweltinformationsrichtlinie eingestuft werden zu können. Der Begriff "Mitteilungen" legt zumindest nahe, dass die betreffenden Informationen (auch) an einen Dritten gerichtet sein müssen.

15 Eine inhaltliche Konturierung des Begriffs der "Mitteilungen" ist auch deshalb geboten, weil die Umweltinformationsrichtlinie in Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 UIRL anordnet, die in Abs. 1 und 2 genannten Ablehnungsgründe eng auszulegen. Diese Maßgabe entspricht Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten - Aarhus-Konvention (AK) - vom 25. Juni 1998.

16 Vor diesem Hintergrund dürfte nicht jedes Dokument, das intern kommuniziert wird, eine "interne Mitteilung" darstellen.

17 Hinweise für eine teleologische Reduktion des Begriffs der "Mitteilungen" finden sich im Implementation Guide zur Aarhus-Konvention. Dort wird zu Art. 4 Abs. 3 Buchst. c AK ("interne Mitteilungen von Behörden") darauf verwiesen, dass in einigen Mitgliedstaaten mit der Ausnahme der internen Mitteilungen die persönlichen Auffassungen staatlicher Mitarbeiter geschützt werden sollen. In diesem Sinne gelte die Ausnahme im Regelfall nicht für Faktenmaterial (vgl. United Nations Economic Commission for Europe, The Aarhus Convention, An Implementation Guide, 2. Aufl. 2014, S. 85).

18 Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht schlägt vor, unter den Begriff der "internen Mitteilungen" im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL nur wesentliche Dokumente der internen Information sowie der Willens- und Entscheidungsfindung einer Behörde zu fassen. Das wirft allerdings die weitere Frage auf, was unter "wesentlichen Dokumenten" zu verstehen ist.

19 2. Zu Frage 2:
Auch der zeitliche Geltungsbereich von Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL ist klärungsbedürftig.

20 Der Wortlaut der Vorschrift bietet - wie auch der Wortlaut von Art. 4 Abs. 3 Buchst. c AK - für eine strikte zeitliche Eingrenzung des Geltungsbereichs von Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL keinen Anhaltspunkt. Die Entstehungsgeschichte gibt ebenfalls keinen eindeutigen Aufschluss. Der ursprüngliche Richtlinienvorschlag der Kommission vom 29. Juni 2000 sah in Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c UIRL einen Ablehnungsgrund vor für "Informationen, die gerade vervollständigt werden, oder interne Mitteilungen. Das öffentliche Interesse einer Herausgabe der betreffenden Informationen ist dabei in jedem Einzelfall zu berücksichtigen". Das Europäische Parlament forderte in der 1. und 2. Lesung, den Ablehnungsgrund der "internen Mitteilungen" zu streichen (siehe Bericht vom 28. Februar 2001, A5/2001/74, Änderungsantrag 20, sowie Bericht vom 24. April 2002, A5/2002/136, Änderungsantrag 27). Dies lehnten die Kommission (geänderter Vorschlag vom 6. Juni 2001, KOM <2001> 303 endg., ABl. C 240 E/289 S. 293; Stellungnahme der Kommission vom 5. September 2002, KOM <2002> 498 endg. S. 8) und der Rat (Gemeinsamer Standpunkt des Rates Nr. 24/2002 vom 28. Januar 2002, ABl. C 113 E/1 S. 11) unter Verweis auf die Aarhus-Konvention ab. Im Vermittlungsausschuss wurde eine Verständigung auf den finalen Richtlinienvorschlag erzielt. Dabei wurde der Ablehnungsgrund der "internen Mitteilungen" eigenständig in Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL geregelt und weist seitdem keine örtliche Verbindung mehr zu den zeitlich beschränkten Ablehnungsgründen des Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. d UIRL auf.

21 Hinweise auf einen beschränkten zeitlichen Anwendungsbereich ergeben sich - mit Blick auf die Regelung des Art. 4 Abs. 3 Buchst. c AK - auch aus dem Implementation Guide zur Aarhus-Konvention nicht. Die Spruchpraxis des Beschwerdeausschusses der Aarhus-Konvention geht offenkundig - stillschweigend - ebenfalls von keiner zeitlichen Beschränkung des Geltungsbereichs von Art. 4 Abs. 3 Buchst. c AK aus (vgl. Verfahren ACCC/C/2010/51 <Rumänien> und ACCC/C/2013/93 <Norwegen>).

22 In systematischer Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass die Umweltinformationsrichtlinie Ablehnungsgründe, die in ihrer zeitlichen Anwendung beschränkt sind, entsprechend formuliert. So benennt Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. d UIRL einen Ablehnungsgrund für "Material, das gerade vervollständigt wird", für "noch nicht abgeschlossene Schriftstücke'' und für "noch nicht aufbereitete Daten".

23 Ein systematischer Vergleich mit Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145 S. 43) - Transparenz-VO - zeigt, dass die Herausgabe interner Dokumente den Entscheidungsprozess eines Organs nach der Vorstellung des europäischen Normgebers auch nach dessen Abschluss beeinträchtigen kann. Soweit die Europäische Union in Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 über die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft (ABI. L 264 S. 13) - Aarhus-VO - die Regelungen der Transparenzverordnung teilweise modifiziert hat, ist der Ablehnungsgrund für interne Dokumente im Hinblick auf dessen zeitlichen Anwendungsbereich davon nicht betroffen. Mithin geht die Europäische Union offensichtlich davon aus, dass die Aarhus-Konvention nicht erfordert, den Ablehnungsgrund der "internen Mitteilungen" in zeitlicher Hinsicht auf den Abschluss des Entscheidungsprozesses zu beschränken. Hinweise darauf, dass das Unionsrecht den Mitgliedstaaten strengere Vorgaben für die Herausgabe von Umweltinformationen bezüglich interner Mitteilungen machen wollte, als für die Herausgabe von Umweltinformationen der Unionsorgane gelten, sind nicht ersichtlich.

24 Hinsichtlich des Schutzes der Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a UIRL, für den es ebenfalls an Anhaltspunkten für eine strikte zeitliche Begrenzung fehlt, geht der Gerichtshof grundsätzlich davon aus, dass dieser Ablehnungsgrund einschlägig sein kann, wenn ein Gesetzgebungsverfahren und die hierauf bezogenen Beratungen bereits beendet sind (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Februar 2012 - C-204/09 [ECLI:​EU:​C:​2012:​71], Flachglas Torgau - Rn. 57; vgl. nachgehend BVerwG, Urteil vom 2. August 2012 - 7 C 7.12 - Buchholz 406.252 § 2 UIG Nr. 2 Rn. 28). Die zitierte Rechtsprechung erscheint im Grundsatz auf Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL übertragbar.

25 Allerdings dürfte die Maßgabe des Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 UIRL, die in Abs. 1 und 2 genannten Ablehnungsgründe eng auszulegen, auch für den zeitlichen Anwendungsbereich gelten. Dies spricht dafür, dass Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL zeitlich zumindest nicht gänzlich unbegrenzt gilt. Eine zeitliche Begrenzung des Ablehnungsgrundes kann sich dabei nicht nur im Wege einer einschränkenden Auslegung des Begriffs der "internen Mitteilungen", sondern auch im Zuge der nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e und Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 UIRL gebotenen einzelfallbezogenen Abwägung ergeben. Mit zunehmendem Zeitablauf wird jedenfalls regelmäßig das Vertraulichkeitsinteresse gegenüber dem Interesse an einer Bekanntgabe der betreffenden Informationen an Gewicht verlieren.

26 3. Zu Frage 3:
Falls der Schutz "interner Mitteilungen" nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL zeitlich nicht unbegrenzt gilt, schließt sich daran die Frage an, bis zu welchem konkreten Zeitpunkt der Schutz greift.

27 Die Vorinstanz hat hierzu - unter Berufung auf weitere obergerichtliche Entscheidungen (vgl. OVG Münster, Urteil vom 3. August 2010 - 8 A 283/08 - NVwZ 2011, 375 <379>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. November 2015 - 12 B 16.14 - juris Rn. 54 ff.) - die Auffassung vertreten, der Zugang zu internen Mitteilungen sei nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL nur für die Dauer eines behördlichen Entscheidungsprozesses ausgeschlossen. Aus Sicht der Vorinstanz streiten hierfür die Entstehungsgeschichte der Norm, namentlich der im Entwurf der Umweltinformationsrichtlinie ursprünglich gegebene unmittelbare Regelungszusammenhang mit der Ausnahmevorschrift für "noch nicht fertig gestelltes Material" (vgl. Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. d UIRL), das Gebot der engen Auslegung der Ablehnungsgründe (Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 UIRL) sowie die systematische Erwägung, der weitere Ablehnungsgrund der Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden (Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a UIRL) liefe anderenfalls leer.

28 Eine ausschließlich an die Dauer des behördlichen Entscheidungsprozesses anknüpfende zeitliche Begrenzung des Ablehnungsgrundes nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL ließe unberücksichtigt, dass nicht jede Befassung einer informationspflichtigen Stelle mit Umweltinformationen in eine (förmliche) Entscheidung mündet. Insoweit könnte der (interne) Abschluss des jeweiligen Verwaltungsvorgangs als maßgeblicher zeitlicher Anknüpfungspunkt in Betracht kommen.

Urteil vom 08.05.2019 -
BVerwG 7 C 28.17ECLI:DE:BVerwG:2019:080519U7C28.17.0

Zugang zu Umweltinformationen über Stuttgart 21

Leitsatz:

Ob Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG sich auf Umweltbestandteile oder -faktoren wahrscheinlich auswirken können, kann in Anlehnung an den allgemeinen ordnungsrechtlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstab festgestellt werden; es genügt die nicht nur fernliegende oder theoretische Möglichkeit einer Beeinträchtigung (Fortführung von BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 12.13 - BVerwGE 150, 383 Rn. 25).

  • Rechtsquellen
    RL 2003/4/EG Art. 2 Nr. 1 Buchst. c, Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. d und e, Abs. 5 Satz 2
    UIG § 2 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a
    UVwG BW § 23 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a, § 24 Abs. 1 Satz 1, § 25 Abs. 1, § 27 Abs. 1 Satz 3, § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3

  • VG Stuttgart - 09.01.2015 - AZ: VG 4 K 2005/13
    VGH Mannheim - 29.06.2017 - AZ: VGH 10 S 436/15

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 08.05.2019 - 7 C 28.17 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:080519U7C28.17.0]

Urteil

BVerwG 7 C 28.17

  • VG Stuttgart - 09.01.2015 - AZ: VG 4 K 2005/13
  • VGH Mannheim - 29.06.2017 - AZ: VGH 10 S 436/15

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 10. April 2019
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Korbmacher, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt, Dr. Schemmer und
Dr. Löffelbein
am 8. Mai 2019 für Recht erkannt:

  1. Auf die Revision des Beklagten wird das auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2017 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg teilweise geändert. Die Berufung des Klägers gegen das die Klage auf Informationszugang zu der Unterlage unter Punkt 3 (Vermerk über Äußerung eines Polizeibeamten) abweisende Teilurteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Januar 2015 wird zurückgewiesen.
  2. Die Revision der Beigeladenen wird zurückgewiesen.
  3. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I

1 Der Kläger begehrt vom Staatsministerium Baden-Württemberg Zugang zu Unterlagen im Zusammenhang mit den Baumfällungen für das Verkehrs- und Städtebauprojekt "Stuttgart 21" im Stuttgarter Schlossgarten im Oktober 2010. In Streit stehen - soweit es dieses Teilurteil betrifft - ein beamtenrechtlicher Vermerk aus dem baden-württembergischen Innenministerium über die öffentliche Äußerung eines Polizeibeamten zum Polizeieinsatz am 30. September 2010 (Punkt 3) sowie Unterlagen zur Kommunikationsstrategie der beigeladenen Deutsche Bahn AG betreffend das Bahnprojekt "Stuttgart 21" (Punkt 2).

2 Mit Schreiben vom 21. November 2012 beantragte der Kläger beim Staatsministerium Zugang zu allen dort vorhandenen Umweltinformationen zum Komplex "Baumfällungen für Stuttgart 21 im Oktober 2010 und damit zusammenhängender Vorgänge, Ereignisse, Aktionen und Maßnahmen aller Art" vor, während und nach dem Oktober 2010. In einem Gespräch konkretisierte der Kläger seinen Antrag auf den Zeitraum von Januar 2010 bis Mai 2011 und teilte mit, er interessiere sich hauptsächlich für die Zulässigkeit der Baumfällungen und die Einhaltung naturschutzrechtlicher Vorgaben.

3 Mit Bescheid vom 18. Januar 2013 gab das Staatsministerium dem Antrag teilweise statt und lehnte den Zugang zu den hier streitgegenständlichen Informationen ab. Der beamtenrechtliche Vermerk stelle keine Umweltinformationen dar; er verhalte sich nur zu den öffentlichen Äußerungen eines Polizeibeamten zur polizeilichen Einsatztaktik und -bewertung. Der Zugang zu den Präsentationen der Firma C. vom 10. und 24. September 2010 zur Verbesserung der Kommunikationsstrategie der Beigeladenen sei zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ausgeschlossen. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Offenbarung dieser Informationen liege nicht vor, weil sie keinen inhaltlichen Bezug zu den Baumfällungen aufwiesen. Widerspruch und Klage blieben erfolglos.

4 Auf die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof den Beklagten verpflichtet, ihm die Unterlagen zugänglich zu machen. Bei den Unterlagen handele es sich um Umweltinformationen. Dieser Begriff sei unionsrechtlich vorgeprägt und weit auszulegen. Er erfasse daher auch den beamtenrechtlichen Vermerk, weil zumindest möglich sei, dass die Sanktionierung kritischer Äußerungen eines Polizeibeamten sich auf zukünftige Umwelteingriffe im Zusammenhang mit "Stuttgart 21" auswirke. Ob die Unterlagen der Firma C. zur Kommunikationsstrategie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen darstellten, könne offenbleiben. Deren Vertraulichkeitsinteresse müsse jedenfalls wegen eines überwiegenden öffentlichen Informationsinteresses zurücktreten. Der Ausschlussgrund einer Verletzung von Urheberrechten hätte schon im Verwaltungsverfahren geltend gemacht werden müssen. Ungeachtet dessen fehle es hierfür an Anhaltspunkten. Die Firma C. habe im Verwaltungsverfahren mitgeteilt, dass sie gegen eine Offenbarung der Präsentationen - sofern die Beigeladene dem zustimme - keine Einwände habe.

5 Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen. Der Beklagte macht geltend, das Berufungsgericht habe den Begriff der Umweltinformation unionsrechtswidrig ausgelegt, indem es die Annahme eines potentiellen Wirkungszusammenhanges zwischen der konkreten Tätigkeit und Umweltbestandteilen habe ausreichen lassen. Das Unionsrecht verlange, dass sich die Maßnahme oder Tätigkeit auf Umweltbestandteile wahrscheinlich auswirke. Das sei hinsichtlich des Vermerks nicht der Fall.

6 Die Beigeladene macht geltend, das Berufungsgericht habe gegen das in der Umweltinformationsrichtlinie verankerte Antragsprinzip verstoßen. Der Kläger habe Zugang zu Informationen zum Komplex "Baumfällungen für Stuttgart 21 im Oktober 2010 und damit zusammenhängende Vorgänge, Ereignisse, Aktionen und Maßnahmen aller Art" beantragt. Darum gehe es in den Unterlagen zur Kommunikationsstrategie nicht. Bei den Unterlagen handele es sich allerdings nicht um Umweltinformationen. Hinsichtlich des Schutzes von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen habe das Berufungsgericht übersehen, dass die behördliche Abwägungsentscheidung nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar sei. Zudem sei eine ordnungsgemäße Abwägung zwischen Geheimhaltungs- und Veröffentlichungsinteresse ohne Aufklärung des Geheimnischarakters und der Geheimnisqualität der Informationen nicht möglich. Auch der Ablehnungsgrund der Rechte am geistigen Eigentum sei zu Unrecht verneint worden. Schließlich leide das Urteil an einer Reihe von Verfahrensmängeln, insbesondere Verstößen gegen den Überzeugungsgrundsatz, die Grundsätze der freien Beweiswürdigung und des rechtlichen Gehörs, das Erörterungsgebot und die Begründungspflicht.

7 Der Beklagte beantragt,
das auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2017 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das die Klage auf Informationszugang zu den Unterlagen unter Punkt 3 (Vermerk über Äußerung eines Polizeibeamten) abweisende Teilurteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Januar 2015 zurückzuweisen.

8 Die Beigeladene beantragt,
das auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2017 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das die Klage auf Informationszugang zu den Unterlagen unter Punkt 2 (Präsentation zur Kommunikationsstrategie) abweisende Teilurteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Januar 2015 zurückzuweisen.

9 Der Kläger beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

10 Der Kläger verteidigt das Urteil des Berufungsgerichts.

11 Hinsichtlich der weiter streitgegenständlichen Unterlagen - Informationen für die Hausspitze des Staatsministeriums über den Untersuchungsausschuss "Aufarbeitung des Polizeieinsatzes am 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten" (Punkt 1) sowie Vermerke des damaligen Leiters der Abteilung I des Staatsministeriums zum Schlichtungsverfahren (Punkt 4) - hat der Senat das Verfahren mit Beschluss vom 8. Mai 2019 ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Auslegung von Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL vorgelegt.

II

12 Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet und führt insoweit zur Zurückweisung der Berufung des Klägers (1.). Die zulässige Revision der Beigeladenen ist unbegründet und demnach zurückzuweisen (2.).

13 1. Hinsichtlich des Informationszugangs zu dem beamtenrechtlichen Vermerk verstößt die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs gegen revisibles Recht. Bei dieser Unterlage handelt es sich nicht um eine Umweltinformation im Sinne der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (ABl. L 41 S. 26) - UIRL -.

14 Der Informationszugangsanspruch des Klägers stützt sich auf § 24 Abs. 1 Satz 1 des Umweltverwaltungsgesetzes Baden-Württemberg (UVwG BW) vom 25. November 2014 (GBl. S. 592), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 28. November 2018 (GBl. S. 439), wonach jede Person nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen hat. Umweltinformationen sind nach § 23 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a UVwG BW alle Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken. § 23 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a UVwG BW dient - in Anlehnung an die bundesrechtliche Regelung des § 2 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a UIG - der Umsetzung von Art. 2 Nr. 1 Buchst. c UIRL (vgl. LT-Drs. 15/5487 S. 83 und BT-Drs. 15/3406 S. 14).

15 Landesrecht unterliegt insoweit revisionsgerichtlicher Kontrolle, als das Bundesverwaltungsgericht zu prüfen hat, ob die Vorinstanz die für die Entscheidung maßgeblichen und dem Bundesrecht im Sinne von § 137 Abs. 1 VwGO zugehörigen unionsrechtlichen Maßstäbe zutreffend erkannt und zugrunde gelegt hat (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 25. Juli 2013 - 7 B 45.12 - juris Rn. 8 m.w.N.). Unionsrechtliche Maßstäbe stehen inmitten, wenn die Vorinstanz die landesrechtliche Norm mit Blick auf die Wahrung der Unionsrechtskonformität auslegt, sich mit anderen Worten also bei der Anwendung des Landesrechts durch das Unionsrecht zu einer bestimmten Auslegung verpflichtet bzw. veranlasst sieht (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Februar 2008 - 4 C 13.07 - BVerwGE 130, 223 Rn. 9 m.w.N.). Das ist vorliegend der Fall. Der Verwaltungsgerichtshof ist ausdrücklich davon ausgegangen, dass der Begriff der "Umweltinformationen" im Landesrecht unionsrechtskonform auszulegen ist (vgl. UA S. 14 f.).

16 Nach Art. 2 Nr. 1 Buchst. c UIRL stellt eine Information eine Umweltinformation dar, wenn sie sich auf eine Maßnahme oder Tätigkeit bezieht, die sich mindestens wahrscheinlich auf Umweltbestandteile auswirkt.

17 Die Begriffe "Maßnahme oder Tätigkeit" und "Daten" sind - wie der Senat zu § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG, der zur Umsetzung von Art. 2 Nr. 1 Buchst. c UIRL dient, entschieden hat - weit zu verstehen. Da § 2 Abs. 3 UIG alle Daten "über" Maßnahmen oder Tätigkeiten mit Umweltbezug erfasst, muss sich allein die Maßnahme oder Tätigkeit auf Umweltbestandteile oder -faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken können. Dabei genügt ein gewisser Umweltbezug der Maßnahme oder Tätigkeit. Die Umweltinformation muss zwar nicht notwendig einen unmittelbaren Umweltbezug aufweisen; ein Umweltbezug muss ihr aber zumindest durch die Maßnahme oder Tätigkeit, auf die sie sich bezieht, vermittelt werden. Das folgt aus Art. 2 Nr. 1 UIRL, der in Buchstabe e auf die in Buchstabe c genannten Maßnahmen oder Tätigkeiten verweist, die sich auf die in Buchstabe a und b genannten Umweltbestandteile und -faktoren auswirken. Solange sie selbst unmittelbarer Inhalt einer Maßnahme im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG/Art. 2 Nr. 1 Buchst. c UIRL ist, muss die Umweltinformationseigenschaft nicht für jede einzelne Angabe festgestellt werden; eines unmittelbaren Zusammenhanges der Daten mit der Umwelt bedarf es dann nicht. Diesem weiten Begriffsverständnis entspricht, dass Art. 2 Nr. 1 Buchst. e UIRL auch Kosten/Nutzen-Analysen oder sonstige wirtschaftliche Analysen, die zur Vorbereitung oder Durchführung von umweltrelevanten Maßnahmen verwendet werden, als Umweltinformationen definiert. Erfasst werden damit auch Angaben, die die wirtschaftliche Realisierbarkeit einer umweltrelevanten Maßnahme betreffen (BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2017 - 7 C 31.15 - Buchholz 406.252 § 2 UIG Nr. 3 Rn. 54 f. und 86). Ob Maßnahmen oder Tätigkeiten sich auf Umweltbestandteile oder -faktoren wahrscheinlich auswirken können, kann unter Berücksichtigung des Zwecks der Umweltinformationsrichtlinie, Transparenz zwischen Bürger und Staat in Angelegenheiten des Umweltschutzes zu schaffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 1999 - 7 C 21.98 - BVerwGE 108, 369 <376> m.w.N.), in Anlehnung an den allgemeinen ordnungsrechtlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts festgestellt werden. Danach muss ein sicherer Nachweis nachteiliger Auswirkungen nicht erbracht werden; es genügt die Möglichkeit einer Beeinträchtigung von Umweltbestandteilen oder -faktoren. Diese Möglichkeit darf nicht nur eine theoretische sein; eher fernliegende Befürchtungen scheiden daher aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 12.13 - BVerwGE 150, 383 Rn. 25 m.w.N.).

18 Mit diesen Maßstäben ist die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der Vermerk über kritische Äußerungen eines Polizeibeamten in der Öffentlichkeit stelle eine Umweltinformation dar, nicht vereinbar. Es fehlt am erforderlichen Umweltbezug. Der Vermerk ist weder selbst - wie etwa eine Planunterlage - unmittelbarer Inhalt einer Maßnahme im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG/Art. 2 Nr. 1 Buchst. c UIRL (hier des Projekts "Stuttgart 21") noch kann er sich - was allein näher in Betracht kommt - auf deren Durchführung wahrscheinlich auswirken und so einen Umweltbezug haben. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs erschöpft sich sein Inhalt in einer beamtenrechtlichen Bewertung der öffentlich - gegenüber einem Fernsehsender - erfolgten, kritischen Äußerungen eines beteiligten Polizeibeamten. Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der Umweltbezug folge daraus, dass die beamtenrechtliche Bewertung (Sanktionierung) "geeignet sei, das Ausmaß interner Kritik an der zukünftigen polizeilichen Flankierung weiterer Umwelteingriffe im Rahmen von Stuttgart 21 zu verringern", trägt nicht. Dabei kann dahinstehen, ob nicht schon die Einschätzung, der Vermerk ließe interne Kritiker aus den Reihen der Polizei "verstummen", eher theoretisch und fernliegend ist. Selbst wenn die Annahme zuträfe, wäre dies für die Durchführung der planfestgestellten, umweltrelevanten Baumaßnahmen ohne Relevanz.

19 2. Hinsichtlich des Informationszugangs zu den Präsentationen zur Kommunikationsstrategie hat der Verwaltungsgerichtshof der Berufung des Klägers in Einklang mit revisiblem Recht stattgegeben (a). Die von der Beigeladenen geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor (b).

20 a) Die von der Beigeladenen gegen den Informationszugangsanspruch des Klägers vorgebrachten Einwände sind revisionsgerichtlicher Kontrolle zugänglich (aa). Der Zugang des Klägers zu Umweltinformationen geht über den beantragten Umfang nicht hinaus (bb). Bei den Unterlagen handelt es sich um Umweltinformationen (cc). Der Ablehnungsgrund des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen greift nicht durch (dd). Auch der Ablehnungsgrund des Schutzes des geistigen Eigentums ist nicht gegeben (ee).

21 aa) Die Gewährung des Zugangs zu Umweltinformationen (nur) auf Antrag nach § 25 Abs. 1 UVwG BW, der Begriff der Umweltinformation im Sinne des § 23 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a UVwG BW sowie die Ablehnungsgründe des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UVwG BW und des Schutzes des geistigen Eigentums nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UVwG BW entsprechen den Regelungsvorgaben von Art. 2 Nr. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. d und e UIRL. Anhaltspunkte dafür, dass der Landesgesetzgeber beim Erlass der Regelungen des Umweltverwaltungsgesetzes oder der Verwaltungsgerichtshof bei deren Auslegung von den unionsrechtlichen Vorgaben bewusst abgewichen ist, sind nicht ersichtlich.

22 bb) Nach § 25 Abs. 1 UVwG BW werden Umweltinformationen von der informationspflichtigen Stelle (nur) auf Antrag zugänglich gemacht. Die Regelung entspricht Art. 3 Abs. 1 UIRL. Das Antragserfordernis sieht der Verwaltungsgerichtshof zu Recht als gewahrt an. Der weit gefasste Antrag des Klägers erstreckte sich auch auf die Präsentationen. Er hat sich zu diesen Unterlagen etwa in seinem Widerspruch vom 15. Februar 2013 (S. 4 zu Nr. 5) ausdrücklich verhalten. Die ergänzende Mitteilung des Klägers, er interessiere sich "hauptsächlich" für die Zulässigkeit der Baumfällungen und die Einhaltung naturschutzrechtlicher Vorgaben, sollte den Umfang seines Zugangsbegehrens nicht einschränken. Auch der Beklagte als Adressat des Informationszugangsantrags ist ohne Weiteres davon ausgegangen, dass die Unterlagen vom Antrag des Klägers umfasst sind. Sie sind sowohl Gegenstand des Ausgangsbescheides vom 18. Januar 2013 (S. 8 f.) als auch des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2013 (S. 5, 18 bis 20). Ob es sich dabei - wie der Beklagte und die Beigeladene geltend machen - nicht oder nur sehr vereinzelt um Umweltinformationen handelt, ist keine Frage der Antragsauslegung, sondern betrifft den materiellen Erfolg des Antrags (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 1999 - 7 C 21.98 - BVerwGE 108, 369 <371>). Die von der Beigeladenen insoweit angeregte Vorlage zum Europäischen Gerichtshof kommt demnach nicht in Betracht.

23 cc) Bei den Unterlagen zur Kommunikationsstrategie handelt es sich - wie vom Verwaltungsgerichtshof zu Recht festgestellt - insgesamt um Umweltinformationen im Sinne von § 23 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a UVwG BW und Art. 2 Nr. 1 Buchst. c UIRL.

24 Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts (UA S. 18) sollten die Unterlagen die Träger des Bauvorhabens "Stuttgart 21" in die Lage versetzen, durch gezielte Maßnahmen der Unternehmenskommunikation die öffentliche Akzeptanz der Baumaßnahmen zu erhöhen. Es handelt sich danach offenkundig um Informationen mit dem erforderlichen Bezug zu einer umweltrelevanten Maßnahme/Tätigkeit. Dass die Unterlagen - wie der Beklagte und die Beigeladene einwenden - weder ausschließlich noch im Schwerpunkt Umweltauswirkungen des Projekts "Stuttgart 21" betreffen, steht ihrer Einstufung als Umweltinformation nicht entgegen. Maßgeblich ist, dass sie dessen Umsetzung mit vorbereiten. Ohne Belang ist daher auch, dass die Präsentationen sich nur am Rande auf die Baumfällungen beziehen (S. 34 der Präsentation vom 24. September 2010). Das Bauvorhaben "Stuttgart 21" wirkt sich nicht nur durch die Baumfällungen, sondern - wie dies beim Bau von Schienenwegen und Bahnanlagen typischerweise der Fall ist - insgesamt auf Umweltbestandteile aus.

25 Für die von der Beigeladenen angeregte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof besteht auch insoweit kein Anlass.

26 dd) Ebenfalls ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass der Ablehnungsgrund des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht zugunsten der Beigeladenen durchgreift. Hierbei kann sich die Beigeladene als juristische Person des Privatrechts, die sich im Mehrheitseigentum der öffentlichen Hand befindet, unbeschadet dessen, dass sie bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben bzw. der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen keinen Grundrechtsschutz genießt, auf Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UVwG BW berufen. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Senats auch dann, wenn sie sich bei ihrer Tätigkeit aufgrund des faktischen Monopols von Schienenwegen nicht in einer unmittelbaren Wettbewerbssituation befindet (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2017 - 7 C 31.15 - Buchholz 406.252 § 2 UIG Nr. 3 Rn. 93 m.w.N.).

27 Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UVwG BW, der Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. d UIRL in Landesrecht umsetzt, ist der Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Nach der Rechtsprechung des Senats überwiegt das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe einer Information im Sinne des Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 UIRL, wenn mit dem Antrag ein Interesse verfolgt wird, das über das allgemeine Interesse hinausgeht, das bereits jeden Antrag rechtfertigt. Das allgemeine Interesse der Öffentlichkeit, Zugang zu Informationen über die Umwelt zu erhalten, genügt mithin nicht. Andernfalls überwöge das öffentliche Interesse stets; die Abwägung im Einzelfall wäre entbehrlich (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. September 2009 - 7 C 2.09 - BVerwGE 135, 34 Rn. 62 f. und vom 23. Februar 2017 - 7 C 31.15 - Buchholz 406.252 § 2 UIG Nr. 3 Rn. 92).

28 Entgegen der Auffassung der Beigeladenen unterliegt die im jeweiligen Einzelfall vorzunehmende Abwägung des Vertraulichkeitsinteresses an Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen mit dem öffentlichen Informationsinteresse nach Maßgabe von Art. 19 Abs. 4 GG der vollen gerichtlichen Kontrolle. Für einen behördlichen Letztentscheidungsspielraum ist eine Rechtfertigung nicht zu erkennen. Er lässt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Senats zum Ablehnungsgrund des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG ableiten. Die danach hinsichtlich der Beurteilung nachteiliger Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen zuzugestehende Einschätzungsprärogative beruht auf der Besonderheit, dass das Grundgesetz der Bundesregierung einen grundsätzlich weit bemessenen Spielraum eigener Gestaltung im Bereich des Auswärtigen einräumt (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2016 - 7 C 32.15 - Buchholz 406.252 § 8 UIG Nr. 2 Rn. 29 ff. m.w.N.). Diese Erwägung ist auf andere gesetzliche Ablehnungsgründe für Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen nicht übertragbar (a.A. Hentschel, in: Debus, Informationszugangsrecht Baden-Württemberg, 1. Aufl. 2017, § 28 UVwG Rn. 58; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Februar 2019, § 8 UIG Rn. 78). Gleiches gilt für die von der Beigeladenen ebenfalls in Bezug genommene Rechtsprechung des Gerichts der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 26. April 2005 - T-110/03 [ECLI:​EU:​T:​2005:​143] -) zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Entscheidungen europäischer Organe.

29 Daran gemessen hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht angenommen, dass das besondere Informationsinteresse der Öffentlichkeit hier überwiegt.

30 In den Gründen des Urteils ist ausführlich dargelegt, dass - wie im Übrigen allgemeinkundig ist - die Realisierung des Bahnprojekts "Stuttgart 21" und insbesondere die planfestgestellten Baumfällungen im Stuttgarter Schlossgarten vor Ort und bundesweit Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen waren, ein wesentliches Streitthema dabei auch die Art und Weise der Kommunikation zwischen Bürgern und Staat nicht zuletzt über die Umweltauswirkungen des Projekts darstellte und die Diskussion schließlich im Anschluss an die Landtagswahl im März 2011 nicht nur in einer Volksabstimmung zu "Stuttgart 21" ihren Niederschlag fand, sondern sich die neue Landesregierung einer "Politik des Gehörtwerdens" verschrieb. Vor diesem Hintergrund sei - so das Berufungsgericht - gerade die Kommunikationsstrategie der Vorhabenträger im unmittelbaren Vorfeld der gewaltsamen Eskalation des Konflikts um "Stuttgart 21" von erheblichem öffentlichen Interesse. Als zusätzlichen Indikator hierfür hat der Verwaltungsgerichtshof eingestellt, dass verschiedene behördliche Maßnahmen und Handlungen im Zusammenhang mit den Rodungen Gegenstand von Gerichtsverfahren sowie zweier Untersuchungsausschüsse im baden-württembergischen Landtag waren.

31 Zugunsten der Beigeladenen hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner Interessenabwägung unterstellt, dass die Präsentationen zur Kommunikationsstrategie Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse darstellen bzw. enthalten, an deren Geheimhaltung die Beigeladene grundsätzlich ein berechtigtes Interesse haben kann. Er hat diesem Geheimhaltungsinteresse aber ein geringeres Gewicht beigemessen, weil konkrete Nachteile für den Fall einer Veröffentlichung der Präsentationen weder von der Beigeladenen dargelegt noch sonst erkennbar seien. Die - inzwischen mehr als sechs Jahre zurückliegenden - Präsentationen beträfen weder die (Konzern-)Kommunikationsstrategie noch störten sie das Gleichgewicht der Kommunikation zwischen der Beigeladenen und den Projektgegnern. Vielmehr gehe es letztlich nur um einen sehr beschränkten und speziellen Fall der (Krisen-)Kommunikation hinsichtlich eines bestimmten Projekts.

32 Gegen diese Gewichtung und Abwägung der widerstreitenden Interessen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Sie erweist sich auch unabhängig von einer "seitengenauen" Kenntnis des Inhalts der beiden Präsentationen als tragfähig. Dass die Präsentationen entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichtshofs Informationen enthalten, die die allgemeine Konzernkommunikationsstrategie betreffen, behauptet selbst die Beigeladene nicht; ihre Ausführungen in der Revisionsbegründung vom 8. September 2017 (S. 4 Rn. 7), die auf entsprechende Einlassungen im erstinstanzlichen Klageverfahren verweisen, bestätigen im Gegenteil deren Projektbezug. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass der Verwaltungsgerichtshof bei der Gewichtung des Geheimhaltungsinteresses den Zeitablauf bzw. das Alter der Präsentationen berücksichtigt hat. Soweit Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse mindestens fünf Jahre alt sind, sind sie aufgrund des Zeitablaufs grundsätzlich nicht mehr als aktuell und deshalb nicht mehr als vertraulich anzusehen, es sei denn, die Partei, die sich auf Vertraulichkeit beruft, weist ausnahmsweise nach, dass die Informationen trotz ihres Alters immer noch wesentliche Bestandteile ihrer eigenen wirtschaftlichen Stellung oder der von betroffenen Dritten sind (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-15/16 [ECLI:​EU:​C:​2018:​464] - Rn. 57). Der eingetretene Zeitablauf wirkt sich zwar nachteilig auf die Schutzwürdigkeit der Präsentationen aus. Er ändert aber nichts an dem erheblichen öffentlichen Interesse daran, sich - auch eingedenk des Ziels der Umweltinformationsrichtlinie, den Umweltschutz durch eine Schärfung des Umweltbewusstseins, die Ermöglichung eines freien Meinungsaustauschs und eine Wandlung der Art und Weise, in der Behörden mit Offenheit und Transparenz umgehen, zu verbessern (vgl. Erwägungsgründe Nr. 1 und 2) - Kenntnis über die "kommunikative Begleitung" eines umweltrelevanten und polarisierenden Großprojekts zu verschaffen.

33 Einer Vorlage an den Gerichtshof zur Klärung des Begriffs der Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. d UIRL bedarf es hiernach schon mangels Entscheidungserheblichkeit nicht. Auch zur Frage der Abwägung zwischen Vertraulichkeits- und Informationsinteresse bedarf es nach dem Dargelegten keiner Vorlage. Die Rechtslage ist insoweit eindeutig. Ebenfalls nicht entscheidungserheblich ist die Frage, ob sich die Beigeladene auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) stützen kann. Nachdem sich die Beigeladene auf den Ablehnungsgrund nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UVwG BW (bzw. Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. d UIRL) bereits nach Maßgabe des nationalen Rechts uneingeschränkt berufen kann, ist nicht ersichtlich, inwieweit sich aus Art. 8, 15 oder 16 GRC eine günstigere Rechtsfolge ergeben könnte.

34 ee) Im Ergebnis zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof auch den Ablehnungsgrund zum Schutz von Rechten am geistigen Eigentum nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UVwG BW, der Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL in Landesrecht umsetzt, verneint.

35 Zwar verstößt die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, die nachträgliche Berufung auf diesen Ablehnungsgrund sei schon deshalb ausgeschlossen, weil grundsätzlich alle Einwände gegen ein Informationsbegehren schon im Verwaltungsverfahren angeführt werden müssten, gegen revisibles Recht. Eine derartige Rechtspflicht lässt sich aus der in Art. 4 Abs. 5 Satz 2 UIRL unionsrechtlich normierten und in § 27 Abs. 1 Satz 3 UVwG BW landesrechtlich umgesetzten Verpflichtung, einer antragstellenden Person die Gründe für die Ablehnung eines Antrags auf Zugang zu Umweltinformationen mitzuteilen, nicht ableiten. Art. 4 Abs. 5 Satz 2 UIRL sieht lediglich eine Begründungspflicht im Sinne einer verfahrensrechtlichen Verpflichtung vor. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung zu einer vollständigen, gegebenenfalls "überschießenden" materiell-rechtlichen Prüfung sämtlicher hinsichtlich eines Informationszugangsbegehrens in Frage kommender Ablehnungsgründe enthält die Vorschrift hingegen nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2016 - 7 C 7.14 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 65 Rn. 38 m.w.N.).

36 Das Urteil beruht aber nicht auf diesem Rechtsverstoß, weil der Verwaltungsgerichtshof Rechte am geistigen Eigentum selbständig tragend auch der Sache nach als nicht verletzt ansieht und die Entscheidung insoweit in Einklang mit revisiblem Recht steht. Eine Verletzung von Urheberrechten der Firma C. scheidet schon deshalb aus, weil diese die Entscheidung über eine Veröffentlichung der Präsentationen nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs der Beigeladenen überlassen hat. Dabei durfte der Verwaltungsgerichtshof mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon ausgehen, dass die Firma C. auch über einen von ihr in den Präsentationen verwendeten zwölfseitigen Beitrag der Firma N. disponieren durfte. Soweit die Beigeladene rügt, diese Annahme sei nicht valide und verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, genügt ihr Vorbringen den Anforderungen an die Darlegung von Verfahrensmängeln nicht (siehe nachfolgend unter b) dd)). Der Beigeladenen selbst bleibt es als grundsätzlich umweltinformationspflichtiger Stelle (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2017 - 7 C 31.15 - Buchholz 406.252 § 2 UIG Nr. 3 Rn. 33 ff. m.w.N.) in aller Regel ohnedies versagt, ein eigenes urheberrechtliches Schutzrecht gegen Informationszugangsansprüche zu wenden (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 7 C 1.14 - BVerwGE 152, 241 Rn. 38 m.w.N.). Abweichendes ergibt sich weder daraus, dass vorliegend nicht - wie im Verfahren BVerwG 7 C 31.15 mit der DB Netz AG - ein Infrastrukturunternehmen der Deutschen Bahn, sondern die "Konzernmutter" beigeladen ist und diese hier nicht als informationspflichtige Stelle in Anspruch genommen wird. Die Rechtsausübung hängt insoweit nicht davon ab, welche Rolle im jeweiligen Verfahren wahrgenommen wird.

37 Für eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Klärung der Frage, ob Art. 4 Abs. 5 UIRL es zulässt, sich im gerichtlichen Verfahren auch auf solche Ablehnungsgründe zu berufen, die zuvor nicht geltend gemacht worden sind, besteht danach schon deshalb keine Veranlassung, weil es auf diese Frage entscheidungserheblich nicht ankommt.

38 b) Die von der Beigeladenen geltend gemachten Verfahrensfehler sind nicht ordnungsgemäß dargelegt bzw. liegen nicht vor.

39 aa) Die im Zusammenhang mit der Frage, ob das Antragserfordernis nach § 25 Abs. 1 UVwG BW gewahrt wurde, erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Für die Annahme, dass die Unterlagen zur Kommunikationsstrategie vom Antrag des Klägers umfasst sind, bedurfte es insbesondere keiner weiteren gerichtlichen Sachverhaltsermittlung (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zu Einzelheiten des Inhalts dieser Unterlagen (siehe oben auch 2. a) bb)). Auch ein Bedarf für weitere Erörterungen dieses Gesichtspunkts mit den Prozessbeteiligten (vgl. § 104 Abs. 1 VwGO) ist nicht ersichtlich. Die darüber hinaus behaupteten Verstöße gegen den Überzeugungsgrundsatz bzw. den Grundsatz der freien Beweiswürdigung (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und die Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) hat die Beigeladene schon nicht nachvollziehbar dargelegt (vgl. § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO).

40 Auch ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO liegt jedenfalls nicht vor. Die Begründungspflicht ist dann verletzt, wenn die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder sonst wie unbrauchbar sind (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 7. November 2018 - 7 C 18.18 - NVwZ-RR 2019, 456 Rn. 38 m.w.N.). Davon kann hier keine Rede sein.

41 bb) Hinsichtlich der Umweltinformationseigenschaft der Unterlagen zur Kommunikationsstrategie verweist die Beigeladene lediglich darauf, dass das Berufungsgericht bei näherer Befassung mit dem Inhalt der Unterlagen zum gegenteiligen Ergebnis hätte kommen müssen. Damit ist ein Verfahrensmangel nicht dargelegt (vgl. § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO). Auf der maßgeblichen Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts bedurfte es für die Annahme der Umweltinformationseigenschaft dieser Unterlagen keiner detaillierten Kenntnis von deren Inhalt.

42 cc) Verfahrensfehler des Berufungsgerichts sind auch hinsichtlich des Ablehnungsgrundes nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UVwG BW nicht ersichtlich. Die insoweit seitens der Beigeladenen gerügten Beweiswürdigungs-, Erörterungs-, Begründungs- und Gehörsdefizite liegen nicht vor. Warum es angesichts der aussagekräftigen Darlegungen des Beklagten und der Beigeladenen zum Inhalt der Präsentationen, die der Verwaltungsgerichtshof seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, für eine ordnungsgemäße Gewichtung des Geheimhaltungsinteresses und die Abwägung der widerstreitenden Interessen auf eine detailliertere Kenntnis von deren Inhalt angekommen wäre, legt die Beigeladene nicht dar.

43 Vor diesem Hintergrund ist auch nicht ersichtlich, dass sich das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs als Überraschungsentscheidung darstellt, dass nach § 86 Abs. 3 VwGO gebotene Hinweise unterblieben wären oder dass das Berufungsgericht gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen hätte. Der Verweis im Urteil darauf, dass es als fraglich erscheine, ob die Beigeladene den Darlegungsanforderungen für die Berufung auf ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis entsprochen habe, ist nicht entscheidungstragend.

44 dd) Schließlich rügt die Beigeladene Verstöße gegen die Amtsermittlungspflicht, die Erörterungspflicht und den Überzeugungsgrundsatz, weil der Verwaltungsgerichtshof die Verletzung von Urheberrechten lediglich gestützt auf nicht näher validierte Annahmen verneint habe. Die Revision legt aber weder dar, dass das Berufungsgericht insoweit von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, noch, dass sich aus der Sicht des Berufungsgerichts weitere Ermittlungen und Erörterungen hätten aufdrängen müssen.

45 Der Entscheidungsausspruch und der Antrag des Beklagten waren hinsichtlich des Datums des Teilurteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart zu berichtigen (§ 118 Abs. 1 VwGO).

Urteil vom 22.03.2022 -
BVerwG 10 C 2.21ECLI:DE:BVerwG:2022:220322U10C2.21.0

Zugang zu Umweltinformationen über Stuttgart 21 - Ausnahme für interne Mitteilungen

Leitsätze:

1. Der Ausnahmetatbestand nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL erfasst Informationen, die innerhalb einer Behörde im Umlauf sind und die zum Zeitpunkt eines Antrags auf Informationszugang deren Binnenbereich insbesondere nicht dadurch verlassen haben, dass sie einem Dritten bekannt gegeben oder öffentlich zugänglich gemacht worden sind. Eine zeitliche Begrenzung enthält der Tatbestand des Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL nicht (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Januar 2021 - C-619/19, Land Baden-Württemberg - Rn. 47 und 55 ff.).

2. Bei der gebotenen Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Bekanntgabe der Umweltinformation und dem Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe sind insbesondere die seit der Erstellung einer internen Mitteilung vergangene Zeit und die in der Mitteilung enthaltenen Informationen zu berücksichtigen (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Januar 2021 - C-619/19, Land Baden-Württemberg - Rn. 64).

3. Im Rahmen der inhaltlichen Würdigung interner Mitteilungen ist zwischen der Zusammenstellung von Sachinformationen und bewertenden oder taktisch-strategischen Überlegungen zu unterscheiden, deren Schutz im Rahmen der Abwägung ein besonderes Gewicht beizumessen ist.

4. Eine starre zeitliche Grenze, bei deren Überschreitung das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe der Umweltinformation das Interesse an deren Vertraulichkeit ohne einen gegenteiligen Nachweis überwiegt, kann für interne Mitteilungen nicht bestimmt werden. Maßgeblich bleibt die Würdigung des jeweiligen Einzelfalls.

  • Rechtsquellen
    RL 2003/4/EG Art. 2 Nr. 1 Buchst. c, Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e, Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 und 2
    UVwG BW § 23 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a, § 24 Abs. 1 Satz 1, § 28 Abs. 2 Nr. 2

  • VG Stuttgart - 09.01.2015 - AZ: VG 4 K 2005/13
    VGH Mannheim - 29.06.2017 - AZ: VGH 10 S 436/15

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 22.03.2022 - 10 C 2.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:220322U10C2.21.0]

Urteil

BVerwG 10 C 2.21

  • VG Stuttgart - 09.01.2015 - AZ: VG 4 K 2005/13
  • VGH Mannheim - 29.06.2017 - AZ: VGH 10 S 436/15

In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. März 2022
durch den
Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Korbmacher,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Schemmer, Dr. Löffelbein,
Dr. Wöckel und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Bähr
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

  1. Auf die Revision des Beklagten wird das auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2017 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg hinsichtlich des Informationszugangs zu den Unterlagen unter Punkt 1 (Information über den Untersuchungsausschuss) und Punkt 4 (Vermerke zum Schlichtungsverfahren) aufgehoben und die Sache insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
  2. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I

1 Der Kläger begehrt - gestützt auf das Umweltinformationsrecht des Landes Baden-Württemberg - vom Staatsministerium Baden-Württemberg den Zugang zu Unterlagen im Zusammenhang mit Baumfällungen für das Verkehrs- und Städtebauprojekt "Stuttgart 21" im Stuttgarter Schlossgarten im Oktober 2010.

2 Hinsichtlich des Zugangs zu Unterlagen zur Kommunikationsstrategie der Beigeladenen (Punkt 2) sowie einem Vermerk über die Äußerung eines Polizeibeamten (Punkt 3) hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts mit Teilurteil vom 8. Mai 2019 - 7 C 28.17 - (Buchholz 406.252 § 2 UIG Nr. 4) eine Entscheidung getroffen. Gegenstände dieses Schlussurteils sind der Zugang zu einer Information für die Hausspitze des Staatsministeriums über den Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung eines Polizeieinsatzes am 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten (Punkt 1) sowie zu Vermerken zu einem im Zusammenhang mit dem Projekt "Stuttgart 21" durchgeführten Schlichtungsverfahren (Punkt 4).

3 Die nach insoweit erfolglosem Antrag erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Teilurteil vom 9. Januar 2015 ab. Auf die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof den Beklagten mit Urteil vom 29. Juni 2017 verpflichtet, dem Kläger die begehrten Unterlagen zugänglich zu machen. Es handele sich um Umweltinformationen, die nicht als interne Mitteilungen geschützt seien, weil ein solcher Schutz in zeitlicher Hinsicht nur für die Dauer des behördlichen Entscheidungsprozesses bestehe.

4 Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision des Beklagten. Er trägt vor, bei den begehrten Informationen handele es sich um interne Mitteilungen. Die erforderliche Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an deren Bekanntgabe und dem Vertraulichkeitsinteresse des Beklagten habe der Verwaltungsgerichtshof nicht vorgenommen.

5 Mit Beschluss vom 8. Mai 2019 - 7 C 28.17 - (UPR 2019, 509) hat der 7. Senat das Verfahren hinsichtlich des Informationszugangs zu den Unterlagen unter Punkt 1 und 4 ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union um Klärung von Fragen zur Auslegung des Begriffs der internen Mitteilung im Sinne der Umweltinformationsrichtlinie gebeten. Über dieses Vorabentscheidungsersuchen hat der Gerichtshof mit Urteil vom 20. Januar 2021 - C-619/19 [ECLI:​EU:​C:​2021:​35], Land Baden-Württemberg - entschieden.

6 Nach Fortsetzung des Verfahrens beantragt der Beklagte sinngemäß,
das auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2017 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg hinsichtlich des Informationszugangs zu den Unterlagen unter Punkt 1 (Information über den Untersuchungsausschuss) und Punkt 4 (Vermerke zum Schlichtungsverfahren) aufzuheben und die Sache insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

7 Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.

8 Er verteidigt das Urteil des Berufungsgerichts. Die begehrten Dokumente seien schon keine internen Mitteilungen, weil sie auch dazu bestimmt gewesen seien, für die Parteiarbeit der damaligen Regierungsfraktionen verwendet zu werden. Jedenfalls überwögen die Interessen des Klägers an der Bekanntgabe der Informationen.

II

9 Der Senat kann ohne (weitere) mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis mit dieser Verfahrensweise erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

10 Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet.

11 Hinsichtlich des Informationszugangs zu den Unterlagen unter Punkt 1 (Information über den Untersuchungsausschuss) und Punkt 4 (Vermerke zum Schlichtungsverfahren) verstößt die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Bei diesen Unterlagen handelt es sich um interne Mitteilungen im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (ABl. L 41 S. 26) - UIRL -. Auf der Grundlage der vom Tatsachengericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen kann über die Klage jedoch nicht abschließend entschieden werden. Die Sache war deshalb zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

12 1. Der Informationszugangsanspruch des Klägers stützt sich auf § 24 Abs. 1 Satz 1 des Umweltverwaltungsgesetzes Baden-Württemberg (UVwG BW) vom 25. November 2014 (GBl. S. 592), zuletzt geändert durch Art. 46 des Gesetzes vom 11. Februar 2020 (GBl. S. 37, 43), wonach jede Person nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen hat.

13 Auslegung und Anwendung von Landesrecht unterliegen insoweit revisionsgerichtlicher Kontrolle, als das Bundesverwaltungsgericht zu prüfen hat, ob die Vorinstanz die für die Entscheidung maßgeblichen und dem Bundesrecht im Sinne von § 137 Abs. 1 VwGO zugehörigen unionsrechtlichen Maßstäbe zutreffend erkannt und zugrunde gelegt hat. Unionsrechtliche Maßstäbe stehen inmitten, wenn die Vorinstanz die landesrechtliche Norm mit Blick auf die Wahrung der Unionsrechtskonformität auslegt, sich mit anderen Worten also bei der Anwendung des Landesrechts durch das Unionsrecht zu einer bestimmten Auslegung verpflichtet bzw. veranlasst sieht (vgl. BVerwG, Teilurteil vom 8. Mai 2019 - 7 C 28.17 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2019:​080519U7C28.17.0] - Buchholz 406.252 § 2 UIG Nr. 4 Rn. 15 m.w.N.). Das ist vorliegend hinsichtlich der Vorschriften des Umweltverwaltungsgesetzes Baden-Württemberg über den Zugang zu Umweltinformationen, die der Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie dienen und zu deren richtlinienkonformer Auslegung der Verwaltungsgerichtshof sich veranlasst gesehen hat, der Fall.

14 2. Der Senat hat auf der Grundlage der nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs keinen Anlass in Zweifel zu ziehen, dass die vom Kläger unter Punkt 1 und 4 begehrten Unterlagen Umweltinformationen im Sinne von Art. 2 Nr. 1 Buchst. c UIRL bzw. § 23 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a UVwG BW darstellen (vgl. bereits BVerwG, Beschluss vom 8. Mai 2019 - 7 C 28.17 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2019:​080519B7C28.17.0] - UPR 2019, 509 Rn. 9).

15 Nach Art. 2 Nr. 1 Buchst. c UIRL stellt eine Information eine Umweltinformation dar, wenn sie sich auf eine Maßnahme oder Tätigkeit bezieht, die sich mindestens wahrscheinlich auf Umweltbestandteile auswirkt (näher hierzu BVerwG, Teilurteil vom 8. Mai 2019 - 7 C 28.17 - Buchholz 406.252 § 2 UIG Nr. 4 Rn. 17 m.w.N.).

16 Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist es zumindest möglich, dass der Untersuchungsausschuss sowie das hierauf bezogene Handeln der Landesregierung einen Einfluss auf den weiteren Fortgang des sich auf Umweltbestandteile auswirkenden Bauprojekts "Stuttgart 21" gehabt hat. Auch hinsichtlich der Schlichtung erscheint es nach diesen tatrichterlichen Feststellungen zumindest als möglich, dass sich das Handeln auf Umweltbestandteile ausgewirkt hat oder auswirkt.

17 3. Dem Informationszugang des Klägers steht jedoch möglicherweise ein Antragsablehnungsgrund nach § 28 Abs. 2 Nr. 2 UVwG BW entgegen. Anders als vom Verwaltungsgerichtshof angenommen, handelt es sich bei den unter Punkt 1 und 4 begehrten Unterlagen unabhängig von einem noch andauernden behördlichen Entscheidungsprozess um "Mitteilungen" im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL und damit auch im Sinne des § 28 Abs. 2 Nr. 2 UVwG BW. Zur Beantwortung der Frage, ob es sich auch um "interne" Mitteilungen im Sinne dieser Vorschriften handelt, bedarf es weiterer tatrichterlicher Feststellungen.

18 a) Nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen abgelehnt wird, wenn er interne Mitteilungen betrifft, wobei das öffentliche Interesse an einer Bekanntgabe dieser Informationen zu berücksichtigen ist. Von dieser Möglichkeit macht der baden-württembergische Landesgesetzgeber in § 28 Abs. 2 Nr. 2 UVwG BW Gebrauch. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dieser Ablehnungsgrund finde in zeitlicher Hinsicht nur für die Dauer eines behördlichen Entscheidungsprozesses Anwendung, steht mit Unionsrecht nicht in Einklang.

19 Auf die Vorlage des 7. Senats hin hat der Gerichtshof der Europäischen Union zum Begriff der "Mitteilung" geklärt, dass dieser auf eine Information abzielt, die ein Urheber an einen Adressaten richtet, wobei dieser Adressat sowohl eine abstrakte Einheit als auch eine bestimmte Person sein kann, die einer solchen Einheit angehört, wie beispielsweise ein Bediensteter oder Beamter (EuGH, Urteil vom 20. Januar 2021 - C-619/19 [ECLI:​EU:​C:​2021:​35], Land Baden-Württemberg - Rn. 37). Eine Umweltinformation ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs "intern", wenn sie den Binnenbereich einer Behörde nicht verlässt, insbesondere, weil sie nicht einem Dritten bekannt gegeben und nicht öffentlich zugänglich gemacht worden ist (EuGH, a.a.O., Rn. 42). Auch eine bei einer Behörde vorhandene Umweltinformation, die von einer externen Quelle bei ihr eingegangen ist, kann in diesem Sinne "intern" sein, wenn sie der Öffentlichkeit vor ihrem Eingang bei der Behörde nicht zugänglich gemacht worden ist oder hätte zugänglich gemacht werden müssen und wenn sie den Binnenbereich dieser Behörde, nachdem sie bei dieser eingegangen ist, nicht verlässt (EuGH, a.a.O., Rn. 43). Der Ausnahmetatbestand nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL erfasst mithin Informationen, die innerhalb einer Behörde im Umlauf sind und die zum Zeitpunkt eines Antrags auf Informationszugang deren Binnenbereich insbesondere nicht dadurch verlassen haben, dass sie einem Dritten bekannt gegeben oder öffentlich zugänglich gemacht worden sind (EuGH, a.a.O., Rn. 47). Eine zeitliche Begrenzung sieht der Tatbestand des Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL nicht vor. Die Bestimmung enthält nichts, was für eine solche Begrenzung spricht (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 55 ff.).

20 Auf der Grundlage der bereits getroffenen tatrichterlichen Feststellungen handelt es sich bei den unter Punkt 1 und 4 begehrten Unterlagen hiernach um "Mitteilungen" im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL, nämlich um Informationen, die ein Urheber an die Hausspitze des Staatsministeriums als Adressaten gerichtet hat. Ob die betreffenden Mitteilungen auch "intern" im Sinne dieser Vorschrift sind, hängt maßgeblich davon ab, ob sie - wie der Kläger behauptet - einem Dritten außerhalb des Staatsministeriums bekannt gegeben worden sind. Dies bedarf noch der tatrichterlichen Klärung (vgl. hierzu auch EuGH, Urteil vom 20. Januar 2021 - C-619/19, Land Baden-Württemberg - Rn. 52) und mithin der Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof.

21 b) Soweit es sich bei den unter Punkt 1 und 4 begehrten Unterlagen um "interne Mitteilungen" handelt, ist nach § 28 Abs. 2 Nr. 2 UVwG BW (Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 und 2 UIRL) weiter zu prüfen, ob das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe der Umweltinformation das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe überwiegt.

22 Dieser Abwägung kommt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eine besondere Bedeutung zu, weil der sachliche Anwendungsbereich der für "interne Mitteilungen" vorgesehenen Ausnahme vom Recht auf Zugang zu Umweltinformationen besonders weit ist. Um die Umweltinformationsrichtlinie nicht ihres Inhalts zu berauben, ist die in Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e und Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 UIRL geforderte Abwägung der in Rede stehenden Interessen deshalb eng einzugrenzen (EuGH, Urteil vom 20. Januar 2021 - C-619/19, Land Baden-Württemberg - Rn. 60).

23 Zu den Maßgaben bei der Abwägung verweist der Gerichtshof der Europäischen Union auf den ersten Erwägungsgrund der Umweltinformationsrichtlinie, aus dem sich ergibt, dass zu den Gründen, die für die Bekanntgabe sprechen können und von einer Behörde bei der Abwägung der Interessen jedenfalls zu berücksichtigen sind, unter anderem gehört, "das Umweltbewusstsein zu schärfen, einen freien Meinungsaustausch und eine wirksamere Teilnahme der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren in Umweltfragen zu ermöglichen und ... den Umweltschutz zu verbessern" (EuGH, Urteil vom 20. Januar 2021 - C-619/19, Land Baden-Württemberg - Rn. 62). Die Behörde ist im Rahmen der Abwägung ebenfalls verpflichtet, etwaige Angaben des Antragstellers zu den Gründen zu prüfen, die die Bekanntgabe der angeforderten Informationen rechtfertigen können (EuGH, a.a.O., Rn. 63). Außerdem müssen die Behörden, die mit einem Antrag auf Zugang zu in einer internen Mitteilung enthaltenen Umweltinformationen befasst sind, die seit der Erstellung dieser Mitteilung vergangene Zeit und die in der Mitteilung enthaltenen Informationen berücksichtigen (EuGH, a.a.O., Rn. 64).

24 Im Rahmen der inhaltlichen Würdigung interner Mitteilungen ist insbesondere zwischen der Zusammenstellung von Sachinformationen auf der einen und bewertenden oder taktisch-strategischen dem Kern der behördlichen Willensbildung zuzuordnenden Überlegungen auf der anderen Seite zu unterscheiden, deren Schutz im Rahmen der Abwägung ein besonderes Gewicht beizumessen ist. Die besondere Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit bewertender oder taktisch-strategischer Überlegungen ergibt sich aus der Zielstellung des Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL, für die umweltinformationspflichtigen Stellen einen geschützten Raum für interne Überlegungen und Debatten zu schaffen (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Januar 2021 - C-619/19, Land Baden-Württemberg - Rn. 50).

25 Eine besondere Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit interner Mitteilungen kann sich auch mit Blick auf die Stellung der umweltinformationspflichtigen Stelle ergeben. Wird - wie hier - eine oberste Bundes- oder Landesbehörde in Anspruch genommen, ist zu prüfen, ob die begehrten Informationen dem besonderen, verfassungsrechtlich garantierten Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung unterliegen. Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen, die Aufschluss über den Prozess der Willensbildung geben, sind umso schutzwürdiger, je näher sie der gubernativen Entscheidung stehen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2018 - 7 C 19.17 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2018:​131218U7C19.17.0] - BVerwGE 164, 112 Rn. 18 m.w.N.). Dieser Schutz greift auch in Ansehung der Umweltinformationsrichtlinie. Indem das Unionsrecht den Gesichtspunkt der Vertraulichkeit der in einer internen Mitteilung enthaltenen Informationen anerkennt, erweist es sich als offen für den verfassungsrechtlich garantierten Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung.

26 In zeitlicher Hinsicht ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Rahmen der Abwägung zu beachten, dass die in Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL vorgesehene Ausnahme vom Recht auf Zugang zu Umweltinformationen nur für den Zeitraum gelten kann, in dem der Schutz angesichts des Inhalts einer solchen Mitteilung gerechtfertigt ist. Deshalb muss eine Behörde gegebenenfalls zu der Auffassung gelangen, dass begehrte Informationen aufgrund der seit ihrer Erstellung verstrichenen Zeit als nicht mehr aktuell und deshalb als nicht mehr vertraulich anzusehen sind (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Januar 2021 - C-619/19, Land Baden-Württemberg - Rn. 64 f. m.w.N.).

27 Insoweit nimmt der Gerichtshof der Europäischen Union auch seine Rechtsprechung zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vergleichend in Bezug (EuGH, Urteil vom 20. Januar 2021 - C-619/19, Land Baden-Württemberg - Rn. 65). Hiernach sind Informationen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt möglicherweise Geschäftsgeheimnisse waren, wenn sie mindestens fünf Jahre alt sind, aufgrund dieses Zeitablaufs grundsätzlich als nicht mehr aktuell und deshalb als nicht mehr vertraulich anzusehen, es sei denn, die Partei, die sich auf die Vertraulichkeit beruft, weist ausnahmsweise nach, dass die Informationen trotz ihres Alters immer noch wesentliche Bestandteile ihrer eigenen wirtschaftlichen Stellung oder der von betroffenen Dritten sind (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-15/16 [ECLI:​EU:​C:​2018:​464], Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht - Rn. 54 m.w.N.). Dieser Rechtsprechung ist auch für den Schutz interner Mitteilungen der Grundgedanke zu entnehmen, dass nach Ablauf einer gewissen Zeitspanne seit deren Erstellung ein Schutzbedürfnis regelmäßig entfällt. Dies schließt jedoch nicht aus, dass im Einzelfall auch über einen längeren Zeitraum hinweg ein überwiegendes Vertraulichkeitsinteresse fortbesteht.

28 Eine starre zeitliche Grenze, bei deren Überschreitung das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe der Umweltinformation das Interesse an deren Vertraulichkeit ohne einen gegenteiligen Nachweis überwiegt, kann für interne Mitteilungen im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e UIRL nicht bestimmt werden. Maßgeblich bleibt die Würdigung des jeweiligen Einzelfalls. Anders als beim Schutz von Geschäftsgeheimnissen geht es bei der Vertraulichkeit interner Mitteilungen weder (allein) um die konkret betroffene Information als solche, noch geht es um die wirtschaftliche Stellung im - stets an eine konkrete Marktsituation gebundenen - Wettbewerb. Vielmehr steht das über den (merkantilen) Schutz einer Einzelinformation hinausreichende Ziel inmitten, für die Behörden einen geschützten Raum für interne Überlegungen und Debatten zu schaffen (EuGH, Urteil vom 20. Januar 2021 - C-619/19, Land Baden-Württemberg - Rn. 50).

29 Vor diesem Hintergrund ist zur Ermittlung der fortbestehenden Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit interner Mitteilungen auch nach längerem Zeitablauf zu prüfen, ob es sich um Informationen handelt, deren Offenlegung einer (auch) zukünftig unbefangenen behördeninternen Kommunikation entgegensteht. Dies kann - wie dargelegt - insbesondere bei bewertenden oder taktisch-strategischen Überlegungen der Fall sein. Die Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit solcher Informationen wird regelmäßig länger fortbestehen als diejenige reiner Sachinformationen.

30 Ist der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung betroffen, wird der Zugang zu Unterlagen über abgeschlossene Vorgänge ebenfalls für einen längeren Zeitraum zu versagen sein, um die Freiheit und Offenheit der Willensbildung innerhalb der Regierung, die durch "einengende Vorwirkungen" einer nachträglichen Publizität beeinträchtigt werden kann, zu schützen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2018 - 7 C 19.17 - BVerwGE 164, 112 Rn. 18 m.w.N.). Ein Anhaltspunkt für einen nicht zu unterschreitenden Zeitraum kann der Ablauf von wenigstens zwei Legislaturperioden sein.

31 Die Behörde, die eine Entscheidung erlässt, mit der der Zugang zu Umweltinformationen verweigert wird, muss die Gründe darlegen, aus denen ihrer Ansicht nach die Bekanntgabe dieser Informationen das Interesse, das durch die geltend gemachten Ausnahmen geschützt wird, konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte. Die Gefahr einer solchen Beeinträchtigung muss bei vernünftiger Betrachtung absehbar und nicht rein hypothetisch sein (EuGH, Urteil vom 20. Januar 2021 - C-619/19, Land Baden-Württemberg - Rn. 69 m.w.N.).

32 Die durch die informationspflichtige Stelle vorzunehmende Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Bekanntgabe der Umweltinformation und dem Interesse an deren Verweigerung unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung (EuGH, Urteil vom 20. Januar 2021 - C-619/19, Land Baden-Württemberg - Rn. 67; vgl. auch BVerwG, Teilurteil vom 8. Mai 2019 - 7 C 28.17 - Buchholz 406.252 § 2 UIG Nr. 4 Rn. 28 m.w.N.).

33 Im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der behördlichen Abwägung obliegt es tatrichterlicher Würdigung, ob es der teilweisen oder vollständigen Kenntnis der begehrten Informationen durch das Gericht bedarf. Soweit dies nach richterlicher Überzeugung der Fall ist, ist dem durch ein Informationszugangsbegehren in Anspruch genommenen aufzugeben, dem Gericht die begehrten Unterlagen vorzulegen. Nach Abgabe einer Sperrerklärung seitens des Beklagten ermöglichte dies gegebenenfalls die Durchführung eines in-camera-Verfahrens nach § 99 Abs. 2 VwGO. Im Rahmen tatrichterlicher Würdigung wird allerdings auch zu beachten sein, dass die Kenntnis des jeweiligen Inhalts begehrter Unterlagen bzw. die Durchführung eines in-camera-Verfahrens nicht zwingend erforderlich ist. Dieses Erfordernis hängt vielmehr maßgeblich von der Möglichkeit der nachvollziehbaren Darlegung des Vorliegens von Versagungsgründen auch ohne Offenlegung des Inhalts betroffener Unterlagen ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2019 - 10 C 20.19 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2019:​301019U10C20.19.0] - Buchholz 404 IFG Nr. 36 Rn. 22 m.w.N.). Entsprechendes gilt auch hinsichtlich der Darlegung von Abwägungsgesichtspunkten, die zugunsten der Vertraulichkeit begehrter Informationen streiten.

34 Das Tatsachengericht ist deshalb gehalten, vor Erlass eines Beweisbeschlusses zur Vorlage der Unterlagen zunächst die ihm nach dem Amtsermittlungsgrundsatz zur Verfügung stehenden Mittel auszuschöpfen, um den Sachverhalt aufzuklären und festzustellen, ob über das Vorliegen der geltend gemachten Antragsablehnungsgründe gegebenenfalls auch ohne Einsicht in die betreffenden Unterlagen entschieden werden kann. Zu diesem Zweck muss die Behörde, die den Informationszugang versagen will, in nachvollziehbarer Weise Umstände darlegen, die auch für den Antragsteller, der die Informationen gerade nicht kennt, den Schluss zulassen, dass die Voraussetzungen des in Anspruch genommenen Versagungsgrundes vorliegen. Eine Einsicht in die zurückgehaltenen Unterlagen wird demgegenüber entscheidungserheblich, wenn die Angaben der Behörde - unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Erörterung der Sach- und Rechtslage - für eine Prüfung der Ausnahmegründe nicht ausreichen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Mai 2016 - 7 B 47.15 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2016:​230516B7B47.15.0] - juris Rn. 8 f. m.w.N.).

35 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung des Informationszugangsbegehrens ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 10. April 2019 - 7 C 22.18 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2019:​100419U7C22.18.0] - Buchholz 404 IFG Nr. 32 Rn. 46 ff. m.w.N.). Dies gilt auch für die gerichtliche Überprüfung der behördlichen Abwägung. Die Auffassung des Klägers, der Beklagte sei hinsichtlich der Darlegung von Abwägungsgesichtspunkten an die Gründe des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2013 gebunden, trifft nicht zu. Eine Rechtsgrundlage für eine derartige Beschränkung ist nicht ersichtlich.

36 Nach diesen Maßgaben wird - soweit es sich nach tatrichterlicher Würdigung bei den vom Kläger begehrten Unterlagen um interne Mitteilungen handelt - die vom Beklagten hinsichtlich der Unterlagen unter Punkt 1 und 4 vorgenommene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Bekanntgabe der begehrten Umweltinformationen und dem Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe vollständig gerichtlich zu überprüfen sein. Zur hierfür erforderlichen weiteren Tatsachenermittlung und tatrichterlichen Würdigung bedarf es (ebenfalls) der Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof.