Urteil vom 11.01.2012 -
BVerwG 2 WD 40.10ECLI:DE:BVerwG:2012:110112U2WD40.10.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 11.01.2012 - 2 WD 40.10 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:110112U2WD40.10.0]
Urteil
BVerwG 2 WD 40.10
- Truppendienstgericht Süd 2. Kammer - 06.10.2010 - AZ: TDG S 2 VL 06/10
In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren
hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts
in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 11. Januar 2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister,
Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt,
ehrenamtlicher Richter Oberstleutnant Schneider und
ehrenamtlicher Richter Oberstabsfeldwebel Keuneke,
Leitender Regierungsdirektor ...
als Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwalts,
Rechtsanwalt ...,
als Verteidiger,
Geschäftsstellenverwalterin ...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- Auf die Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft wird das Urteil der 2. Kammer des Truppendienstgerichts Süd vom 6. Oktober 2010 im Ausspruch über die Disziplinarmaßnahme geändert.
- Der Soldat wird in den Dienstgrad eines Oberfeldwebels herabgesetzt. Die Wiederbeförderungsfrist wird auf zwei Jahre herabgesetzt.
- Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der dem Soldaten entstandenen notwendigen Auslagen tragen der Bund und der Soldat je zur Hälfte.
Gründe
I
1 Der heute 44 Jahre alte Soldat bewarb sich nach einer Ausbildung zum Bäcker und der Einberufung zum Grundwehrdienst für den freiwilligen Dienst in der Bundeswehr und wurde 1988 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Im September 1996 wurde ihm nach mehreren Dienstzeitverlängerungen die Eigenschaft eines Berufssoldaten verliehen. Der Soldat wurde regelmäßig befördert, zuletzt mit Wirkung vom 1. Oktober 1999 zum Hauptfeldwebel. Seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit dem Ablauf des 31. August 2021.
2 Nach der allgemeinen Grundausbildung bei der 2./... in N. wurde der Soldat 1987 zur Stabskompanie und 1988 zur ...schule in A. versetzt. Er absolvierte erfolgreich mehrere Lehrgänge und wurde auf unterschiedlichen Dienstposten als Luftwaffentransportunteroffizier und als Luftwaffentransportfeldwebel und seit 2006 auch als Lehrfeldwebel eingesetzt.
3 Der Soldat wurde bislang siebenmal planmäßig beurteilt. Die letzte planmäßige Beurteilung vom 25. September 2008 bewertet die Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten im Durchschnitt mit 5,7. Erläuternd wird auf sein außerordentlich großes Fachwissen und sein Organisationstalent sowie seinen großen Beitrag zu den hervorragenden Ausbildungsergebnissen seines Hörsaals und die herausragenden Leistungen als Ausbilder verwiesen. Der Beurteilende bewertet die funktionale Kompetenz des Soldaten als bestimmendes Persönlichkeitsmerkmal und diese sowie seine Kompetenz in Menschenführung als stärker ausgeprägt. Als ausgeprägt werden die geistige Kompetenz und die soziale Kompetenz und als weniger ausgeprägt die konzeptionelle Kompetenz bewertet. Die zusammenfassende Beschreibung verweist auf seine Kontaktfreudigkeit, Uneigennützigkeit und Hilfsbereitschaft und charakterisiert ihn als wegen seines vorbildlichen Verhaltens und seiner fachlichen Fähigkeiten respektiertes Mitglied im Kameradenkreis und gesuchten Ansprechpartner für Vorgesetzte. Er wird als außergewöhnlich gut für Lehrverwendungen, besonders gut für Führungsverwendungen und gut geeignet für Stabsverwendungen beschrieben. Der nächsthöhere Vorgesetzte erklärte sich mit der Beurteilung uneingeschränkt einverstanden.
4 Die Sonderbeurteilung vom 2. Dezember 2010 bewertet die Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten im Durchschnitt mit 6,6. Auch diese Beurteilung stellt das enorme Fachwissen und die Organisationsfähigkeit des Soldaten heraus und verweist auf seine große Erfahrung sowie den entscheidenden Beitrag zu den herausragenden Ausbildungsergebnissen seines Hörsaals. Als bestimmende Merkmale des Persönlichkeitsprofils und stärker ausgeprägt werden die funktionale und die soziale Kompetenz bewertet. Ausgeprägt sind hiernach auch die geistige Kompetenz und die Kompetenz in Menschenführung, während die konzeptionelle Kompetenz als weniger ausgeprägt bewertet wird. Die zusammenfassende Beschreibung hebt unter anderem hervor, dass der Soldat ein äußerst leistungswilliger und hoch motivierter Unteroffizier mit Portepee sei. Er genieße sowohl das Vertrauen seiner Vorgesetzten als auch das seiner ihm unterstellten Soldaten. Seine private Situation habe zu keiner Zeit zu Einschränkungen in seinen immer ausgezeichneten Arbeitsergebnissen geführt. Auch diese Beurteilung hebt die außergewöhnlich gute Eignung für Lehrverwendungen hervor. Sie sieht ihn als für Stabsverwendungen besonders gut und für Führungsverwendungen gut geeignet an. Der nächsthöhere Vorgesetzte unterstützte die Aussagen des Disziplinarvorgesetzten in vollem Umfang.
5 Der ehemalige Disziplinarvorgesetzte, Oberstleutnant E., hat in der Berufungshauptverhandlung - wie auch schon vor dem Truppendienstgericht - darauf hingewiesen, dass die Belastungen durch das Verfahren die hohe Qualität der Arbeitsleistung des Soldaten nicht beeinträchtigt habe. Der Soldat habe seine Leistungen sogar noch steigern können, wohl auch um den Eindruck des Verfahrens auf seine Vorgesetzten wieder auszugleichen und seine Zuverlässigkeit unter Beweis zu stellen. Der Soldat sei ein sehr zuverlässiger und integrer Mitarbeiter, der ohne das Disziplinarverfahren für eine weitere förmliche Anerkennung oder eine leistungsbezogene Besoldung in Betracht gekommen wäre. Kritik an seiner Arbeit habe er nicht üben müssen. Der Vorfall sei mit dem dienstlichen Auftreten und dem Leistungsbild des Soldaten nicht vereinbar. Die Tat sei für ihn absolut untypisch. Er habe die fachliche Expertise des Soldaten auf dem Gebiet, auf dem er eingesetzt werde, auch über seinen engeren Zuständigkeitsbereich hinaus für die Einheit nutzen wollen und dem Soldaten daher die Teilnahme an unterschiedlichen Lehrgängen ermöglicht, die dieser auch erfolgreich absolviert habe. Dies sei auch Ausdruck seines fortbestehenden Vertrauens in den Soldaten gewesen.
6 Diese Angaben zur Persönlichkeit und zum Leistungsbild des Soldaten sind durch den derzeitigen Disziplinarvorgesetzten, Oberstleutnant M., bestätigt worden. Auch er habe den Soldaten als leistungswilligen und leistungsfähigen Mitarbeiter mit einem hohen Pflichtbewusstsein und freundlichen Umgangsformen erlebt. Das Disziplinarverfahren sei daher für ihn völlig überraschend gewesen. Der Soldat sei häufig so stark engagiert, dass er sich wohl auch leicht ausnutzen lasse. Wegen der fachlichen Leistungen und des fortbestehenden Vertrauens würde er ihn gern auf seinem bisherigen Dienstposten weiter einsetzen, auch wenn es im Verfahren zu einer Dienstgradherabsetzung käme. Er habe weiterhin Vertrauen in die dienstliche Zuverlässigkeit des Soldaten.
7 Der Soldat ist Träger des Tätigkeitsabzeichens für technisches Personal/Versorgungspersonal Luftwaffe in Silber, des Deutschen Sportabzeichens in Silber, des Ehrenkreuzes der Bundeswehr in Silber sowie des Tätigkeitsabeichens Versorgungspersonal Luftwaffe in Gold. Der Auszug aus dem Disziplinarbuch vom 8. Dezember 2011 weist fünf förmliche Anerkennungen wegen vorbildlicher Pflichterfüllung aus den Jahren 1990, 1995, 1997, 2001 und 2008 aus. Ausgewiesen ist auch eine durch das Amtsgericht A. wegen Steuerhinterziehung verhängte Geldstrafe.
8 Den seit dem 13. Juni 2009 rechtskräftigen Strafbefehl des AG A. vom 20. Mai 2009, durch den der Soldat wegen einer Steuerhinterziehung nach § 69, § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO zu einer Geldstrafe in Höhe von 260 Tagessätzen zu je 45 € verurteilt wurde, weist auch die Auskunft aus dem Zentralregister und aus dem Erziehungsregister vom 6. Dezember 2011 aus. Der Strafbefehl betrifft den Vorwurf, der Gegenstand dieses Disziplinarverfahrens ist.
9 Der Soldat ist verheiratet und hat zwei 1994 und 1997 geborene Söhne. Ausweislich des Nachweises der Dienstbezüge vom 13. Dezember 2011 erhält er aus der Besoldungsgruppe A 8 Z monatlich Bruttobezüge in Höhe von 2.969,19 €. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Abzüge, des Kindergeldes für zwei Kinder, von Pfändungen und des Beitrages für das Bundeswehrsozialwerk werden ihm tatsächlich 2.813,15 € monatlich ausgezahlt. Der Soldat hat in der Hauptverhandlung erläutert, dass die in der Bezügemitteilung ausgewiesenen Pfändungen die Rückzahlung von Schulden seiner Eltern beträfen. Seine Mutter sei 1995 und sein Vater 1992 verstorben. Nach dem Tode seiner Mutter habe er sich moralisch verpflichtet gesehen, die Schulden der Eltern in Höhe von etwa 200.000 € zu übernehmen. Derzeit seien noch etwa 42.000 € offen. Außerdem habe er bis Dezember 2011 monatliche Raten in Höhe von 500 € gezahlt, mit denen er seine Geldstrafe, die Geldstrafe seiner Ehefrau und die Rückzahlung des zu Unrecht bezogenen Kindergeldes abzahle. Seit Dezember 2011 sei die Strafe seiner Ehefrau abgezahlt, sodass sich die monatlichen Raten auf 300 € reduzieren würden. Für seine Geldstrafe und die Rückzahlung an die Familienkasse werde er aber noch mehrere Jahre Ratenzahlungen leisten müssen. Außerdem zahle er monatlich 834 € Wohnungsmiete. Seine Ehefrau sei halbtags berufstätig und verdiene monatlich 730 €. Der ältere Sohn habe eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann begonnen, der jüngere besuche noch die Schule.
II
10
1. In dem durch Verfügung des Amtschefs des Heeresamtes vom 9. Dezember 2009 ordnungsgemäß eingeleiteten gerichtlichen Disziplinarverfahren hat die 2. Kammer des Truppendienstgerichts Süd mit Urteil vom 6. Oktober 2010 gegen den Soldaten wegen eines Dienstvergehens ein Beförderungsverbot für die Dauer von vier Jahren verbunden mit einer Gehaltskürzung in Höhe von 1/20 für die Dauer von drei Jahren verhängt. Seiner Entscheidung hat es folgende Tatsachenfeststellungen zugrunde gelegt:
"Am 04.04.1994 beantragte der Soldat Kindergeld für seinen ... 1994 geborenen Sohn F. und reichte den Antrag bei der zuständigen KindergeldsteIle der Bundeswehr ein. Seine Ehefrau erklärte mit ihrer Unterschrift an der entsprechenden Stelle des Antragsformulars: Ich bin damit einverstanden, dass meinem Ehegatten das Kindergeld für die unter Nr. 1 aufgeführten Kinder gewährt wird. Gleichwohl beantragte zwei Wochen später, am 18.04.1994 seine Ehefrau beim Arbeitsamt W., Dienststelle S. ebenfalls Kindergeld für den gemeinsamen Sohn F., wobei der Soldat an der entsprechenden Stelle des Formulars mit seiner Unterschrift erklärte: Ich bin damit einverstanden, dass meinem Ehegatten das Kindergeld gezahlt wird. Bei der Frage in Spalte 8 des Formulars, ob der Ehegatte Kindergeld beantragt oder bezogen hat, ist ‚nein’ angekreuzt. Ebenso ist bei der Frage 10 ‚Sind oder waren Sie oder Ihr Ehegatte ... im öffentlichen Dienst tätig’ ‚nein’ angekreuzt. Am 31.10.1997 beantragte der Soldat Kindergeld für seinen am 23.10. 1997 geborenen Sohn S.. In Ziffer 8 des Antragsformulars ist bei der Frage ‚Haben Sie oder Ihr Ehegatte für die eingetragenen Kinder anderweitig Kindergeld beantragt’ ‚nein’ angekreuzt. Der Soldat informierte zu keinem Zeitpunkt die Kindergeld zahlende Stelle bei der Bundeswehr über die parallele Beantragung und die anschließende Auszahlung des Kindergeldes für seinen Sohn F. an seine Ehefrau. Daher wurden von der Familienkasse W. für den Sohn F. für die Monate März 1994 bis Dezember 2008 zu Unrecht Kindergeld in Höhe von 22.619,70 € an seine Ehefrau gezahlt.
Mit Bescheid der Familienkasse K. vom 11.12.2008 wurde die Überzahlung des Kindergeldes für den Zeitraum von Januar 1998 bis Dezember 2008 in Höhe von insgesamt 19.132,86 € zurückgefordert.
Der Soldat räumt den Sachverhalt insoweit ein, als er und seine Ehefrau das Kindergeld zweimal beantragt und parallel durch die Wehrbereichsverwaltung und Familienkasse W. (jetzt K.) bezahlt bekommen hätten.
Er könne sich das nur so erklären, dass er den Antrag der Ehefrau vom 18.04.1994 nicht durchgelesen und lediglich unterschrieben habe.
Ihm sei auch bei Durchsicht der Kontoauszüge nie aufgefallen, dass das Kindergeld zweimal bezahlt worden wäre.
Diese Erklärung hält die Kammer für eine Schutzbehauptung.
Die Kammer hält es für ausgeschlossen, dass der Soldat nur vierzehn Tage, nachdem er bei der für ihn zuständigen Gebührnisstelle, der (damaligen) Wehrbereichsverwaltung in M., einen Kindergeldantrag gestellt hatte, nicht bemerkte, dass er einen an die Familienkasse des Arbeitsamtes W./S. gerichteten Kindergeldantrag seiner Ehefrau mit unterschrieb. Gegen die Einlassung des Soldaten spricht bereits, dass nur wenige Millimeter über der Stelle, an der er seine Unterschrift setzte, folgende - formularmäßige - Erklärung abgedruckt ist:
‚Ich bin damit einverstanden, dass meinem Ehegatten das Kindergeld gezahlt wird.’
Dieser Hinweis, der eindeutig von Kindergeldzahlung spricht, kann dem Soldaten nicht entgangen sein. Seine Behauptung, bei Unterschriftsleistung sei ihm nicht klar gewesen, um was es sich gehandelt habe, weil er sich den Kindergeldantrag seiner Ehefrau vom 18.04.1994 nicht durchgelesen habe, hält die Kammer daher für nicht glaubhaft.
Es ist bereits mehr als verwunderlich, dass die Ehefrau des Soldaten, die dessen ‚Antrag auf Zahlung von Kindergeld an Angehörige des öffentlichen Dienstes’ am 04. 04.1994 unter dem gleichlautenden Texte einer Einverständniserklärung unterschrieben hatte, nur vierzehn Tage später selbst einen Kindergeldantrag beim Arbeitsamt W. einreichte. Auch ihr konnte nicht entgangen sein, dass der Soldat bei seiner Gebührnis zahlenden Dienststelle Kindergeld beantragt hatte. Deshalb ist auch die Beantwortung der im Antragsvordruck enthaltenen Frage 8 (‚Haben Sie oder Ihr Ehegatte ... für die eingetragenen Kinder anderweitig Kindergeld beantragt oder erhalten?’) mit ‚nein’ eine eindeutige Falschangabe, die mit einem bloßen Versehen nicht erklärbar ist.
Von einem ‚großen Missverständnis’, einem ‚Versehen’ oder einer ‚Verkettung unglücklicher Umstände’ kann daher nach Auffassung der Kammer insgesamt keine Rede sein. Wäre dem Soldaten tatsächlich nur, wie er sagt, ein ‚Fehler’ unterlaufen, hätte er sich zur Überzeugung der Kammer mit Rechtsmitteln gegen den Strafbefehl zur Wehr gesetzt.
In Anbetracht dieser Umstände und bei einer Gesamtwürdigung des Sachverhalts ist die Kammer vielmehr zu der Überzeugung gelangt, dass der Soldat und seine Ehefrau im bewussten und gewollten Zusammenwirken handelten, um für ihren gemeinsamen Sohn F. zweimal in den Genuss des Kindergeldes zu gelangen. Dass ihnen diese staatliche Leistung, die rechtlich eine Steuervergütung nach dem Einkommensteuergesetz darstellt, nur einmal zustand, war ihnen klar. Nicht entscheidend ist, dass den Eheleuten ... möglicherweise die rechtliche Einordnung ihrer Tat als Steuerhinterziehung (gemäß §§ 369, 370 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO i.V.m. §§ 67, 68 Abs. 1 EStG) nicht bewusst war; denn darauf kommt es nicht an. Es reicht aus, dass sie die Umstände kannten, die den gesetzlichen Tatbestand der Strafbestimmung ausmachten.
Für die von der Kammer vorgenommene Gesamtwürdigung der Umstände spricht nach ihrer Auffassung auch, dass im zweiten Kindergeldantrag auch die Frage 10 (‚Sind oder waren Sie, Ihr Ehegatte oder eine andere Person, zu der die eingetragenen Kinder in einem Kindschaftsverhältnis stehen, in den letzten sieben Monaten vor der AntragsteIlung im öffentlichen Dienst tätig?’) mit ‚nein’ beantwortet wurde. Wie dem Soldaten selbst war zur Überzeugung der Kammer auch dessen Ehefrau völlig klar, dass ihr Ehemann als Soldat der Bundeswehr Angehöriger des öffentlichen Dienstes war.“
11 Durch die im Zusammenwirken mit seiner Ehefrau gegenüber der Familienkasse des Arbeitsamtes W. abgegebenen Erklärungen und die unterbliebene Information der Familienkasse der Bundeswehr über die parallele Beantragung und Auszahlung von Kindergeld auch an seine Ehefrau habe der Soldat vorsätzlich gegen seine Dienstpflicht verstoßen, in dienstlichen Angelegenheiten die Wahrheit zu sagen (§ 13 Abs. 1 SG). Verstoßen habe er auch gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten im Dienst (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG).
12 Das Dienstvergehen belaste das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn schwer. Eine Schädigung oder Gefährdung des Vermögens des Dienstherrn durch einen Betrug gebiete eine empfindliche disziplinare Reaktion. Die vorsätzliche Bereicherung zum Nachteil des Dienstherrn sei besonders verwerflich. Die Bundeswehr sei auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der Soldaten im Umgang mit öffentlichem Geld in hohem Maße angewiesen. Ein Soldat, der dieser Erwartung nicht entspreche, begründe schwerwiegende Zweifel an seiner Zuverlässigkeit, Integrität und Loyalität. Erschwerend wirke die nachdrückliche Versicherung der Richtigkeit wahrheitswidriger Angaben. Hier sei durch die falschen Erklärungen dem Dienstherrn ein Schaden in Höhe von 22.619,70 € entstanden. Die Rückzahlung betreffe nur den Schadensausgleich. Vorsätzliche Eingriffe in das Vermögen des Dienstherrn durch Abgabenhinterziehungen offenbarten fehlendes Rechtsbewusstsein und Charaktermängel, minderten das Ansehen bei Vorgesetzten, Kameraden und Untergebenen und beeinflussten nachteilig die Verwendbarkeit des Soldaten. Dies gelte besonders für Soldaten in Vorgesetztenstellung. Belastend für den Soldaten wirke, dass er eigennützig über vierzehn Jahre lang eine hohe Summe unberechtigt aus der Familienkasse bezogen habe. Die Stellung als Stabsunteroffizier zur Tatzeit komme erschwerend hinzu. Milderungsgründe in den Umständen der Tat seien nicht erkennbar. Eine finanzielle Notlage habe der Soldat nicht geltend gemacht. Für den Soldaten spreche, dass er straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet sei. Für ihn sprächen auch seine teilweise überdurchschnittlichen dienstlichen Leistungen. Ihm sei eine Nachbewährung zuzubilligen.
13 Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen sei bei einer vorsätzlichen Schädigung des Vermögens des Dienstherrn durch einen Soldaten in Vorgesetztenstellung eine Dienstgradherabsetzung. Nur in milderen Fällen seien eine Gehaltskürzung und/oder ein Beförderungsverbot ausreichend. Vorliegend liege zwar ein schweres Dienstvergehen vor. Der Zugriff sei jedoch nicht im Bereich der dienstlichen Kernpflichten des Soldaten erfolgt. Bei Abwägung aller Umstände sei eine Dienstgradherabsetzung noch nicht verwirkt, vielmehr ein Beförderungsverbot verbunden mit einer Gehaltskürzung angemessen und geboten.
14 2. Gegen das ihr am 12. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft am 8. November 2010 zuungunsten des Soldaten eine maßnahmebeschränkte Berufung mit dem Ziel einer Dienstgradherabsetzung eingelegt.
15 Die vorsätzliche Schädigung des Vermögens des Dienstherrn erfordere eine "reinigende Maßnahme". Milderungsgründe in der Tat gebe es nicht. Dass der Soldat nicht im Kernbereich seiner Dienstpflichten versagt habe, stelle nur das Fehlen eines die Höchstmaßnahme rechtfertigenden Erschwerungsgrundes dar. Der Vermögensschaden sei immens hoch. Der Dienstherr sei hier über einen vierzehn Jahre langen Zeitraum kontinuierlich geschädigt worden. Das Geständnis wirke nicht mildernd, da jedenfalls Vorsatz bestritten und erst nach Aufklärung der objektive Tatbestand eingeräumt worden sei. Verwiesen wird auf das Urteil des Senats vom 11. Juni 2008 - BVerwG 2 WD 11.07 - und die Rechtsprechung des Disziplinarsenats zur Maßnahmebemessung bei Steuerhinterziehungen durch Beamte.
16 In der Berufungshauptverhandlung vor dem Senat hat der Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwaltes unter Erläuterung der erschwerenden Umstände beantragt, den Soldaten aus dem Dienst zu entfernen und ihm wegen der sich aus den von den Eltern übernommenen Schulden ergebenden besonderen Härte einen Unterhaltsbeitrag für die Dauer von 18 Monaten zu gewähren. Ihm könne auch der Dienstgrad eines Feldwebels der Reserve belassen werden.
III
17 Die gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Absatz 2 WDO form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig.
18 Das Rechtsmittel ist von der Wehrdisziplinaranwaltschaft auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkt eingelegt worden. Der Senat hat daher gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO in Verbindung mit § 327 StPO die Tat- und Schuldfeststellungen sowie die disziplinarrechtliche Würdigung des Truppendienstgerichts seiner Entscheidung zugrunde zu legen und auf dieser Grundlage über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden. Da das Rechtsmittel zuungunsten des Soldaten durch die WDA eingelegt wurde, ist der Senat nicht an das Verschlechterungsverbot (§ 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 331 Abs. 1 StPO) gebunden.
19 1. Das Truppendienstgericht hat festgestellt, dass der Soldat am 4. April 1994 bei der Familienkasse der Bundeswehr Kindergeld beantragt und eine Einverständniserklärung seiner Ehefrau über seine Kindergeldbezugsberechtigung beigefügt habe. Danach habe er im Kindergeldantrag seiner Ehefrau an die Familienkasse des Arbeitsamtes W. vom 18. April 1994 erklärt, mit dem Kindergeldbezug durch seine Ehefrau einverstanden zu sein. Er habe es unterlassen, der Familienkasse der Bundeswehr die parallele Beantragung und den Kindergeldbezug seiner Ehefrau mitzuteilen. Hierbei habe der Soldat in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit seiner Ehefrau gehandelt, um für den ältesten Sohn zweimal Kindergeld zu erlangen. Für diesen sei von März 1994 bis Dezember 2008 zu Unrecht Kindergeld in Höhe von 22.619, 70 € durch die Familienkasse W. an seine Ehefrau gezahlt worden. Dieses Verhalten bewertet das Truppendienstgericht als vorsätzlichen Verstoß gegen die Dienstpflichten aus § 13 Abs. 1 SG und § 17 Abs. 2 Satz 1 SG und damit als Dienstvergehen im Sinne von § 23 Abs. 1 SG.
20 Diese Schuldfeststellungen sind eindeutig und widerspruchsfrei und daher den Senat bindende Grundlage seiner Zumessungserwägungen. Ob die Tat- und Schuldfeststellungen vom Truppendienstgericht rechtsfehlerfrei getroffen wurden, darf vom Senat nicht überprüft werden. Denn bei einer auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkten Berufung wird der Prozessstoff nicht mehr von der Anschuldigungsschrift, sondern nur von den bindenden Tat- und Schuldfeststellungen des angefochtenen Urteils bestimmt. Es muss daher bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme außer Betracht bleiben, dass das Truppendienstgericht rechtsfehlerhaft von einer Verletzung des § 13 Abs. 1 SG ausgegangen ist. Die Erklärungen, die der Soldat gegenüber der Familienkasse der Bundeswehr abgegeben hat, waren zum Zeitpunkt ihrer Abgabe zutreffend und auch vollständig. Der Soldat hat es zwar entgegen seiner Pflicht aus § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I für den Zeitraum der Gewährung von Kindergeld als Sozialleistung bzw. entgegen § 68 Abs. 1 Satz 1 EStG für den Zeitraum der Gewährung von Kindergeld als Steuervergütung nach § 31 Satz 3 EStG unterlassen, der Familienkasse der Bundeswehr wahrheitsgemäß nach dem Antrag seiner Ehefrau vom 18. April 1994 die Doppelantragstellung und den Doppelbezug mitzuteilen; durch ein Unterlassen kann die Pflicht des § 13 Abs. 1 SG aber nicht verletzt werden (Beschluss vom 19. August 2009 - BVerwG 2 WD 31.08 - Buchholz 450.2 § 121 WDO 2002 Nr. 1 Rn. 23 m.w.N.).
21 2. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der von Verfassungs wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten ("Wiederherstellung und Sicherung der Integrität, des Ansehens und der Disziplin in der Bundeswehr", vgl. dazu Urteil vom 11. Juni 2008 - BVerwG 2 WD 11.07 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 26 m.w.N.). Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des früheren Soldaten zu berücksichtigen.
22 a) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen, d.h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt das Dienstvergehen schwer.
23 Hierbei hat der Senat wegen der zwar rechtsfehlerhaften, aber den Senat gleichwohl bindenden Feststellungen des Truppendienstgerichts von einer Verletzung der Wahrheitspflicht auszugehen. Ein Soldat, der gegenüber Vorgesetzten und Dienststellen der Bundeswehr in dienstlichen Angelegenheiten unwahre Erklärungen abgibt, büßt hierdurch allgemein seine Glaubwürdigkeit ein. Die Bedeutung der Wahrheitspflicht (§ 13 Abs. 1 SG) kommt schon darin zum Ausdruck, dass diese - anders als z.B. bei Beamten - für Soldaten gesetzlich ausdrücklich geregelt ist. Eine militärische Einheit kann nicht ordnungsgemäß geführt werden, wenn sich die Führung und die Vorgesetzten nicht auf die Richtigkeit abgegebener Meldungen, Erklärungen und Aussagen Untergebener verlassen können. Denn auf ihrer Grundlage müssen im Frieden und erst recht im Einsatzfall gegebenenfalls Entschlüsse von erheblicher Tragweite gefasst werden (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. Urteil vom 11. Juni 2008 - BVerwG 2 WD 11.07 - m.w.N. <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 26>). Wer als Soldat in dienstlichen Äußerungen und Erklärungen vorsätzlich unrichtige Angaben macht, lässt unmissverständlich erkennen, dass seine Bereitschaft zur Erfüllung der Wahrheitspflicht nicht im gebotenen Umfang vorhanden ist. Eine solche Dienstpflichtverletzung und die daraus folgende Beschädigung seiner persönlichen Integrität haben damit erhebliche Bedeutung für die militärische Verwendungsfähigkeit des Soldaten (vgl. dazu Urteil vom 4. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 2.10 - juris Rn. 28 m.w.N.).
24 Auch die Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) wiegt schwer. Die Pflicht zur Wahrung von Achtung und Vertrauen ist kein Selbstzweck, sondern hat funktionalen Bezug zur Erfüllung des grundgesetzmäßigen Auftrages der Streitkräfte und zur Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebs. Ein Soldat, insbesondere - wie hier - ein Vorgesetzter, bedarf der Achtung seiner Kameraden und Untergebenen sowie des Vertrauens seiner Vorgesetzten, um seine Aufgaben so zu erfüllen, dass der gesamte Ablauf des militärischen Dienstes gewährleistet ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Beeinträchtigung der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit tatsächlich eingetreten ist, sondern nur darauf, ob das festgestellte Verhalten dazu geeignet war (stRspr, z.B. Urteile vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - juris m.w.N - und vom 4. Mai 2011 - a.a.O. - Rn. 29). Dies war hier der Fall.
25 Eigenart und Schwere des Dienstvergehens werden hier des Weiteren dadurch bestimmt, dass der frühere Soldat aufgrund seines aktuellen Dienstgrades als Hauptfeldwebel in einem Vorgesetztenverhältnis steht (§ 1 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 VorgV) und auch schon im April 1994 zu Beginn des erfassten Zeitraums als Stabsunteroffizier in einem solchen Verhältnis stand (§ 1 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 VorgV). Soldaten in Vorgesetztenstellung obliegt eine höhere Verantwortung für die Wahrung dienstlicher Interessen. Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverletzung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 SG). Dabei ist nicht erforderlich, dass es der Soldat bei seinem Fehlverhalten innerhalb eines konkreten Vorgesetztenverhältnisses an Beispielhaftigkeit hat fehlen lassen. Es reicht das Innehaben einer Vorgesetztenstellung aufgrund des Dienstgrades aus (vgl. Urteile vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 WD 7.08 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 25 m.w.N., vom 13. Januar 2011 - a.a.O. und vom 4. Mai 2011 - a.a.O. Rn. 30).
26 Bestimmend für Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sind schließlich auch die weiteren Tatumstände: Der Irrtum zweier Familienkassen über den parallelen Bezug von Kindergeld durch beide Ehegatten wurde über einen langen Zeitraum von etwa 14 Jahren aufrechterhalten. Über diesen langen Zeitraum hinweg hat der Soldat kontinuierlich durch die unberechtigte monatliche Auszahlung von doppeltem Kindergeld profitiert und dem Fiskus einen in der Gesamtsumme hohen Schaden von 22.619,70 € zugefügt.
27 b) Das Dienstvergehen hatte keine nachteiligen Auswirkungen auf den Dienstbetrieb. Der Soldat wird nach wie vor als Lehrfeldwebel bei der ...schule in A. eingesetzt. Nach den Angaben seines früheren Disziplinarvorgesetzten hat sich der Vorfall im Kameradenkreis nicht herumgesprochen. Er ist auch in der Öffentlichkeit nicht bekannt geworden. Das Vertrauen seines früheren und gegenwärtigen Vorgesetzten in den Soldaten ist nach deren Aussage unbeschädigt geblieben.
28 c) Die Beweggründe des Soldaten waren nach den den Senat bindenden Feststellungen des Truppendienstgerichts von Eigennutz geprägt, ging es ihm doch darum, über einen längeren Zeitraum eine unberechtigte Doppelzahlung von Kindergeld zu erreichen und sich so auf Kosten des Dienstherrn zu bereichern.
29 d) Das Maß der Schuld des Soldaten wird vor allem dadurch bestimmt, dass er nach den bindenden Feststellungen des Truppendienstgerichts vorsätzlich gehandelt hat. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass er zur Tatzeit im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert schuldfähig gewesen sein könnte, sind nach dem Akteninhalt nicht ersichtlich.
30 Milderungsgründe in den Umständen der Tat, die die Schuld des früheren Soldaten mindern könnten, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Sie wären nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Urteil vom 23. September 2008 - BVerwG 2 WD 18.07 m.w.N.) nur dann gegeben, wenn die Situation, in der der Soldat versagt hat, von so außergewöhnlichen Besonderheiten gekennzeichnet war, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher auch nicht vorausgesetzt werden konnte. Hierfür gibt es auch unter Berücksichtigung des Vortrages des Soldaten in der Berufungshauptverhandlung keine hinreichenden Gründe. Insbesondere hat er nicht gehandelt, um einer unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage abzuhelfen. Zum einen hat er die Schulden seiner Eltern erst 1995 und damit nach dem Beginn des Doppelbezuges von Kindergeld übernommen. Zum anderen war die sich hieraus ergebende monatliche, finanzielle Belastung auch nicht so gravierend, dass einer existentiellen Notlage der Familie nicht anders als durch das doppelte Kindergeld hätte abgeholfen werden können. Der Soldat selbst hat dies auch nicht einmal behauptet.
31 e) Im Hinblick auf die Zumessungskriterien "Persönlichkeit" und "bisherige Führung" sprechen für den Soldaten seine ihm bereits durch die Beurteilungen attestierten überdurchschnittlichen Leistungen sowie die ihm verliehenen Auszeichnungen und förmlichen Anerkennungen. Sowohl sein ehemaliger als auch sein gegenwärtiger Disziplinarvorgesetzter haben diesen Eindruck durch ihre Angaben zur hohen Qualität der Arbeitsleistung des Soldaten, seiner Zuverlässigkeit und Integrität, seinem hohen Engagement und Pflichteifer bestätigt. Da der Soldat auch unter dem Druck des laufenden Verfahrens in seinen Leistungen nicht nachgelassen, diese vielmehr noch gesteigert und seinen Leistungswillen auch durch die erfolgreiche Teilnahme an weiteren Lehrgängen zur Förderung seiner Verwendungsbreite nachgewiesen hat, geht der Senat von einer Nachbewährung des Soldaten aus.
32 Zugunsten des Soldaten ist weiter zu berücksichtigen, dass er bisher weder disziplinar- noch strafrechtlich in Erscheinung getreten war.
33 Für den Soldaten spricht weiter, dass er glaubhaft Unrechtseinsicht und Reue bekundet hat. Der Soldat hat davon abgesehen, mit rechtlichen Mitteln gegen den Rückforderungsbescheid und den Strafbefehl vorzugehen und dadurch die Übernahme finanzieller Lasten so wenigstens zu verzögern, vielmehr damit begonnen, die Geldstrafe und die Rückforderung überzahlten Kindergeldes in den finanziellen Spielraum der Familie deutlich einschränkenden Raten zu begleichen. Dieses konsequente Verhalten spricht glaubhaft für seine Bereitschaft, Verantwortung für sein Fehlverhalten zu übernehmen. Diese Bereitschaft ist nach dem Eindruck des Senats Ausdruck der moralischen Grundhaltung des Soldaten, die ihn auch zur Übernahme der Schulden seiner Eltern bewegten. Auch der hierin zum Ausdruck kommende Charakterzug spricht nachdrücklich für den Soldaten.
34 f) Bei der Gesamtwürdigung aller vorgenannten be- und entlastenden Umstände ist im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zweckssetzung des Wehrdisziplinarrechts der Ausspruch einer - gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 4 in Verbindung mit § 62 Abs. 1 Satz 3 WDO zulässigen - Dienstgradherabsetzung zum Oberfeldwebel erforderlich und angemessen.
35 Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl. u.a. Urteile vom 14. Oktober 2009 - BVerwG 2 WD 16.08 - Buchholz 449 § 17 SG Nr. 43 Rn. 75 und vom 10. Februar 2010 - BVerwG 2 WD 9.09 - juris Rn. 35) von einem zweistufigen Prüfungsschema aus:
36 aa) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägung".
37
aaa) Fügt ein Staatsdiener dem Staat durch eine schwere Wirtschaftsstraftat, insbesondere eine Steuerhinterziehung, einen besonders hohen Schaden zu, ist Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen grundsätzlich die Dienstgradherabsetzung (vgl. Urteil vom 21. Juni 2010 - BVerwG 2 WD 10.10 - juris Rn. 41):
Eine Steuerhinterziehung stellt im Hinblick auf den dem Staat verursachten Schaden ein schweres Wirtschaftsdelikt dar (vgl. zum Beamtendisziplinarrecht z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 336/07 - NJW 2008, 3489 <3491>; BVerwG, Urteil vom 9. November 1994 - BVerwG 1 D 57.93 - BVerwGE 103, 184 <186> und Beschluss vom 5. März 2010 - BVerwG 2 B 22.09 - Buchholz 235.2 LandesdisziplinarG Nr. 10 = NJW 2010, 2229 <2230>). Nach der ständigen Rechtsprechung des für Beamtendisziplinarsachen zuständigen Disziplinarsenats (z.B. Urteil vom 8. September 2004 - BVerwG 1 D 18.03 - Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 7 m.w.N.) handelt es sich deshalb aus disziplinarischer Sicht bei einer Steuerhinterziehung nicht um ein "Kavaliersdelikt", sondern um eine regelmäßig schwerwiegende Verfehlung. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Beamte durch strafbares Verhalten unter Schädigung des Staates - und damit in der Regel auch des eigenen Dienstherrn - persönlich unberechtigt hohe Steuervorteile verschafft, obwohl er öffentliche Aufgaben wahrzunehmen hat und durch Steuermittel alimentiert wird. In Fällen der Steuerhinterziehung durch Beamte ist demzufolge der Ausspruch einer Dienstgradherabsetzung indiziert, wenn der Umfang der hinterzogenen Steuern besonders hoch ist - sich im fünf- oder sechsstelligen Betragsbereich bewegt - oder wenn mit dem Fehlverhalten zusätzliche schwerwiegende Straftatbestände oder andere nachteilige Umstände von erheblichem Eigengewicht verbunden sind (vgl. Urteil vom 8. September 2004 a.a.O.). Da die allgemeine Gesetzestreue nicht nur bei Beamten, sondern auch bei Soldaten eine wesentliche Grundlage ihres Dienstes bildet, ist aus den genannten Erwägungen auch bei Soldaten die Degradierung Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen.
38 Das Dienstvergehen des Soldaten wird im Wesentlichen dadurch charakterisiert, dass es seit der Zahlung von Kindergeld als Steuervergütung den Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt. Eine Steuerhinterziehung liegt auch im pflichtwidrigen Unterlassen, zwei beteiligte Familienkassen über die für den Kindergeldberechtigten erkennbare Doppelfestsetzung und –zahlung von Kindergeld in Kenntnis zu setzen (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Januar 2010 - 4 K 1507/09 - juris, Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 15. Februar 2011 - 5 K 341/09 - juris). Nach § 31 Satz 3 EStG in der seit dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 1996 (BGBl I 1995, 1250) am 21. Oktober 1995 - und damit für den ganz überwiegenden Teil des verfahrensgegenständlichen Zeitraums - geltenden Fassung wird Kindergeld im laufenden Kalenderjahr als Steuervergütung monatlich gezahlt. Geschädigter dieses Delikts ist jedenfalls auch der Bund als Dienstherr des Soldaten, denn nach Art. 106 Abs. 3 und 5 GG kommt die Einkommenssteuer als Gemeinschaftssteuer auch diesem zugute. Dass bei einer Gemeinschaftssteuer der Dienstherr des Soldaten nicht der einzige Geschädigte ist, lässt das Dienstvergehen nicht weniger gewichtig erscheinen. Das besonders Verwerfliche der Tat ist die Schädigung des Staates durch den Staatsdiener. Besonderheiten des föderalen Aufbaus entlasten den Soldaten nicht. Die Schadenshöhe liegt hier eindeutig im fünfstelligen Bereich.
39 bbb) Der Senat hält es jedoch nicht für geboten, bei einer durch ein Unterlassen wahrheitsgemäßer Angaben gegenüber dem Dienstherrn begangenen Steuerhinterziehung von der Höchstmaßnahme als Regelmaßnahme auszugehen.
40 Zwar hat sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Urteile vom 14. November 2001 - BVerwG 2 WD 30.01 - Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 44 und vom 31. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 4.10 - juris Rn. 45 m.w.N.) ein Vorgesetzter, der gegenüber seinen Vorgesetzten oder Dienststellen der Bundeswehr unwahre Erklärungen abgegeben hat, in seinem Status disqualifiziert und deshalb grundsätzlich eine Dienstgradherabsetzung verwirkt; hat er sich durch die unwahren Angaben eine ungerechtfertigte berufliche oder finanzielle Besserstellung erschleichen wollen, ist Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme (so bereits die ständige Rechtsprechung des Bundesdisziplinarhofs, z.B. Urteil vom 6. Mai 1963 -WD 32/63 m.w.N.; vgl. auch Dau, WDO, 5. Aufl. 2009, § 38 Rn. 26).
41 Jedoch ist bei typisierender Betrachtung der das Dienstvergehen charakterisierenden Umstände die Fallgruppe einer Steuerhinterziehung durch pflichtwidriges Unterlassen mit dem Erschleichen einer Leistung der Bundeswehr durch wahrheitswidrige Angaben nicht vergleichbar. Das Verschweigen rechtserheblicher wahrer Angaben hat - unabhängig davon, dass es schon nicht unter § 13 Abs. 1 SG fällt - nicht dasselbe Gewicht wie eine etwa durch die Vorlage ge- oder verfälschter Unterlagen ins Werk gesetzte Lüge, da dahinter ein Weniger an "krimineller Energie" steht. Denn die Hemmschwelle zur aktiven Lüge ist höher als die zum Unterbleiben einer Meldung und daher nur durch ein Mehr an "krimineller Energie" zu überwinden. Der finanzielle Vorteil besteht hier anders als in den oben angeführten Fällen auch nicht in einer Leistung der Bundeswehr aus den ihr zur unmittelbaren Erfüllung ihrer Aufgaben zugewiesenen Haushaltsmitteln wie z.B. im Fall von Trennungsgeld oder Dienstbezügen. Durch die Unwahrheit wurde hier - jedenfalls über den überwiegenden Zeitraum - eine Steuervergütung erwirkt, die nur verwaltungstechnisch über die Familienkasse der Bundeswehr als Zahlstelle abgewickelt wurde. Es handelt sich weder um einen Teil der Dienstbezüge noch um eine Aufwandsentschädigung. Zudem sind zur Rechtfertigung der Verhängung der Höchstmaßnahme unwahre Angaben gerade gegenüber den Vorgesetzten des Soldaten oder den Dienststellen der Bundeswehr verlangt, an denen es hier fehlt, waren die Angaben des Soldaten gegenüber der Familienkasse der Bundeswehr doch zutreffend und im Zeitpunkt ihrer Abgabe auch vollständig. Die Leistungen der Familienkasse der Bundeswehr sind demzufolge auch nicht zurückgefordert worden.
42 bb) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 WDO normierten Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Milderung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme eröffnen.
43 aaa) Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich angesichts der be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Für die "Eigenart und Schwere des Dienstvergehens" kann z.B. von Bedeutung sein, ob der Soldat eine herausgehobene Dienststellung hatte, einmalig oder wiederholt oder in einem besonders wichtigen Pflichtbereich versagt hat. Bei den Auswirkungen des Fehlverhaltens sind die konkreten Folgen für den Dienstbetrieb sowie schädliche Weiterungen für das Außenbild der Bundeswehr in der Öffentlichkeit zu berücksichtigen. Hinsichtlich des Zumessungskriteriums "Maß der Schuld" hat der Senat neben der Schuldform und der Schuldfähigkeit das Vorliegen von Erschwerungs- und Milderungsgründen in den Tatumständen in Betracht zu ziehen.
44 bbb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist eine nach § 62 Abs. 1 Satz 3 WDO zulässige Dienstgradherabsetzung um eine Stufe geboten, aber auch ausreichend.
45 Zuungunsten des Soldaten sind der sehr lange Zeitraum des strafrechtlich relevanten Doppelbezuges und das vorsätzliche, von Eigennutz motivierte Handeln durchgängig in Vorgesetztenstellung einzubeziehen. Die hohe Schadenssumme wurde bereits auf der ersten Stufe der Zumessungserwägungen berücksichtigt und soll nicht doppelt zulasten des Soldaten in die Bemessungsentscheidung eingestellt werden.
46 Die zu Gunsten des Soldaten sprechenden Aspekte - insbesondere die guten Leistungen in der Vergangenheit, die Nachbewährung, Reue und Wiedergutmachungsbemühungen - sind zwar in Abwägung mit den erschwerenden Gesichtspunkten nicht so hoch bewerten, dass man von einem insgesamt leichten Fall ausgehen könnte, der eine weniger einschneidende Maßnahmeart als die Dienstgradherabsetzung ausreichend erscheinen lässt. Jedoch sind sie hinreichend gewichtig, um die rechtlich mögliche Degradierung zum Feldwebel noch nicht für erforderlich zu halten.
47 Generalpräventive Erwägungen machen eine nach außen sichtbare Maßnahme erforderlich. Dem besonderen Gewicht einer über mehr als zehn Jahre währenden, kontinuierlichen Bereicherung zulasten des Staates durch einen diesem besonders verpflichteten Angehörigen des öffentlichen Dienstes muss nach außen sichtbar durch eine Herabsetzung im Dienstgrad Rechnung getragen werden. Zum einen ist durch eine solche Maßnahme das Bewusstsein für das Gewicht der verletzten Pflicht wachzuhalten. Weil die gerechte Verteilung knapper staatlicher Mittel auf die Kooperation der Leistungsbezieher angewiesen ist und ein umfassender, anlassloser Abgleich mit Daten anderer Behörden an rechtliche und tatsächliche Grenzen stößt, muss durch eine Androhung gewichtiger Sanktionen die Bereitschaft zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Pflicht zur Meldung veränderter Umstände gesichert werden. Zum anderen kann durch eine deutlich fühlbare Maßnahme auch dem dem Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit abträglichen Eindruck eines nachsichtigen Umganges mit über einen langen Zeitraum fortgesetzten Bereicherung auf Kosten der Gesamtheit der Steuerzahler entgegengewirkt werden. Unter spezialpräventiven Gesichtspunkten ist eine Degradierung zum Oberfeldwebel als Mahnung zur künftigen Einhaltung von Dienstpflichten an den Soldaten vor allem angesichts des Persönlichkeitsbildes des Soldaten jedoch ausreichend.
48 Weder § 16 Abs. 1 WDO noch § 17 Abs. 2 bis 4 WDO stehen einer Degradierung entgegen. Die Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme ist auch nicht mit Rücksicht auf die sachgleiche strafrechtliche Verurteilung des früheren Soldaten geboten. Steht im Einzelfall - wie hier - § 16 WDO der Zulässigkeit des Ausspruchs einer Disziplinarmaßnahme nicht entgegen, ist die Art oder Höhe einer Kriminalstrafe oder sonstigen Strafsanktion für die Gewichtung der Schwere des sachgleichen Dienstvergehens regelmäßig nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Strafverfahren und Disziplinarverfahren verfolgen unterschiedliche Zwecke. Die Kriminalstrafe unterscheidet sich nach Wesen und Zweck grundlegend von der Disziplinarmaßnahme. Während erstere neben Abschreckung und Besserung der Vergeltung und Sühne für begangenes Unrecht gegen den allgemeinen Rechtsfrieden dient, ist die disziplinarische Ahndung darauf ausgerichtet, unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes einen geordneten und integren Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, indem sie denjenigen, der die ihm obliegenden Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat, entweder durch eine erzieherische Maßnahme zu künftig pflichtgemäßem Verhalten mahnt oder ihn aus dem Dienstverhältnis entfernt bzw. die sonst gebotene Höchstmaßnahme ausspricht (vgl. Urteile vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - juris, m.w.N. und vom 4. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 2.10 - juris Rn. 51).
49 g) Um den Besonderheiten der Situation des Soldaten Rechnung zu tragen, ist zusätzlich die Frist, nach deren Ablauf eine Wiederbeförderung möglich ist, nach § 62 Abs. 3 Satz 3 WDO von drei auf zwei Jahre herabzusetzen. Besondere Gründe hierfür liegen zum einen in der Dauer des Berufungsverfahrens, das jedenfalls faktisch der rechtlich seit dem Oktober 2010 bestehenden Beförderungsmöglichkeit entgegensteht und wegen der Ungewissheit über die zu verhängende Maßnahme den Betroffenen belastet. Zum anderen ist auch zu berücksichtigen, dass sich die Tat als der Persönlichkeit des Soldaten insbesondere nach seinem Eindruck auf den Senat in der Berufungshauptverhandlung völlig fremd darstellt. Sowohl der ehemalige als auch der gegenwärtige Disziplinarvorgesetzte haben den besonderen Pflichteifer und die Zuverlässigkeit und persönliche Integrität des Soldaten herausgestellt, nach denen die Vorwürfe für sie völlig überraschend gekommen seien. Gerade die Übernahme von Schulden der Eltern, zu der sich der Soldat nach seinen glaubhaften Angaben moralisch verpflichtet sah, lässt Eigennutz zulasten Dritter in finanziellen Angelegenheiten als einen dem Soldaten fremden Charakterzug erscheinen. Die mit dieser Einschätzung verbundene Erwartung künftiger Pflichttreue rechtfertigt es, jedenfalls die rechtlichen Hürden für eine Wiedererlangung des bisherigen Dienstgrades herabzusetzen.
50 Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 139 Abs. 3, 140 Abs. 5 Satz 1 WDO. Da der Bundeswehrdisziplinaranwalt mit dem in der Berufungshauptverhandlung gestellten Antrag das Ziel einer Entfernung aus dem Dienst verfolge, hat das Rechtsmittel nur teilweise Erfolg gehabt (vgl. Dau, WDO, 5. Auflage 2009, § 139 Rn. 11).