Beschluss vom 13.12.2011 -
BVerwG 1 WB 37.10ECLI:DE:BVerwG:2011:131211B1WB37.10.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.12.2011 - 1 WB 37.10 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:131211B1WB37.10.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 37.10

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß,
den ehrenamtlichen Richter Flottenarzt Dr. Eichwald und
den ehrenamtlichen Richter Oberstabsbootsmann Redlin
am 13. Dezember 2011 beschlossen:

  1. Das Verfahren wird
  2. hinsichtlich des Antrags festzustellen, die Untätigkeit des Bundesministers der Verteidigung sei rechtswidrig gewesen,
  3. hinsichtlich des Antrags, den Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, über den Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes vom 11. November 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden
  4. und
  5. hinsichtlich der Hilfsanträge, festzustellen, die Ablehnung der Anträge auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes vom 30. Juli 2007 und vom 11. November 2009 sei rechtswidrig gewesen,
  6. eingestellt.
  7. Im Übrigen wird der Antrag als unzulässig verworfen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes.

2 Der 19.. geborene Antragsteller ist Soldat auf Zeit, dessen Dienstzeit nach derzeitigem Stand mit Ablauf des 2. Oktober 20... enden wird. Vom 1. Juli 1993 bis 30. September 1994 leistete er als Wehrpflichtiger und Soldat auf Zeit Dienst in der Bundeswehr. Am 3. Januar 2005 wurde er als Eignungsübender im Dienstgrad eines Feldwebels beim Musikkorps der Bundeswehr wiedereingestellt und mit Wirkung zum 3. Mai 2005 zum Feldwebel unter Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit ernannt. Am 25. Mai 2007 wurde ihm die Ausbildungs- und Tätigkeitsbezeichnung Rechnungsführerfeldwebel Streitkräftebasis/Zahlstellenfeldwebel zuerkannt. Am 14. November 2008 erfolgte die Zuerkennung der Ausbildungs- und Tätigkeitsbezeichnung Sanitätsfeldwebel/Gruppenführer. Im Oktober 2009 wechselte er vom Musikkorps der Bundeswehr (Heeresuniformträger) zur Marine, wo er als Rechnungsführerfeldwebel an Bord einer Fregatte eingesetzt war. Am 26. Februar 2010 wurde er zum Hauptbootsmann befördert. Mit Wirkung zum 1. September 2011 wurde der Antragsteller zum Stabsquartier Bundesministerium der Verteidigung versetzt.

3 Unter dem Datum des 6. November 2006 wurde der Antragsteller erstmals planmäßig beurteilt. Eine weitere planmäßige Beurteilung folgte am 15. August 2007 zum Vorlagetermin 30. September 2007.

4 Mit Formularschreiben vom 30. Juli 2007 beantragte er seine Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes.

5 Durch Bescheid vom 5. Dezember 2007 teilte das Personalamt der Bundeswehr dem Antragsteller mit, dass seiner Bewerbung um Teilnahme am Auswahlverfahren für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für das Auswahljahr 2008 nicht stattgegeben werden könne. Hiergegen legte der Antragsteller unter Berufung auf die sogenannte Erstbewerberregelung Beschwerde ein. Das Personalamt der Bundeswehr hob hierauf am 11. Juni 2008 den Bescheid vom 5. Dezember 2007 auf und teilte dem Antragsteller mit, der Antrag vom 30. Juli 2007 auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes werde nach Prüfung erneut beschieden.

6 Mit Laufbahnbeurteilung vom 19. Juni 2008, die für die aufgehobene und vernichtete Laufbahnbeurteilung vom 5. September 2007 erstellt wurde, wurde der Antragsteller für den Laufbahnwechsel zum Offizier des militärfachlichen Dienstes als geeignet beurteilt. Der nächsthöhere Vorgesetzte schloss sich diesem Eignungsurteil an.

7 Das Zentrum für Nachwuchsgewinnung Nord führte am 20. November 2008 eine Potentialfeststellung durch. Dabei erreichte der Antragsteller einen Gesamtindex von 70 Punkten. Er wurde darauf hingewiesen, dass ab 65 Indexpunkten kein ausreichendes Potential für einen Laufbahnwechsel in die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes festgestellt werden könne.

8 Mit Schreiben vom 11. März 2009 erklärte der Antragsteller unter Bezugnahme auf seinen Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes vom 30. Juli 2007, ergänzend sei er mit der Umsetzung in die Ausbildungs- und Verwendungsreihe 85903 - Offizier des militärfachlichen Dienstes/Sanitätsdienst - einverstanden.

9 Mit Formularschreiben vom 11. November 2009 beantragte der Antragsteller erneut die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes.

10 Mit Bescheid vom 20. Januar 2010 lehnte die Stammdienststelle der Bundeswehr den Antrag auf Teilnahme am Auswahlverfahren der Marine für das Jahr 2010 ab. Dem Antrag habe nicht entsprochen werden können, weil der Geburtsjahrgang des Antragstellers für alle Offiziersverwendungen nicht zur Bedarfsdeckung aufgerufen sei. Auch die Erstbewerberregelung könne keine Anwendung finden, da der Antragsteller in den vergangenen Jahren bereits mindestens ein Mal die Möglichkeit zur Teilnahme am Auswahlverfahren gehabt habe.

11 Gegen diesen am 8. Februar 2010 zugestellten Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 14. Februar 2010 Beschwerde ein. Er meine, die Erstbewerberregelung sei anwendbar. Nach seinem Wechsel vom Militärmusikdienst in den allgemeinen Fachdienst seien die Voraussetzungen für eine Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes bis zum 30. September 2009 nicht gegeben gewesen. Im Übrigen verwies er auf seinen Antrag vom 30. Juli 2007, der noch unbeschieden sei.

12 Mit Schriftsatz vom 31. Juli 2010 hat der Antragsteller beim Bundesministerium der Verteidigung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Er beantrage festzustellen, dass die Untätigkeit des Bundesministers der Verteidigung rechtswidrig sei, da dieser nicht binnen Monatsfrist entschieden habe. Es komme ihm vorerst allein darauf an, den Bundesminister der Verteidigung auf diese Weise zu einem Tätigwerden zu veranlassen, weil dessen Entscheidung in der Sache von der Ausübung von Ermessen geprägt sei. Nachfolgend hat er sich mit Schriftsatz vom 1. September 2010 unmittelbar an den Senat gewandt und hinsichtlich seines Antrags auf den Beschluss des Senats vom 9. Februar 1979 (- BVerwG 1 WB 106.77 - BVerwGE 63, 192) verwiesen.

13 Mit Beschwerdebescheid vom 16. September 2010 wies der Bundesminister der Verteidigung die Beschwerde gegen den Ablehnungsbescheid vom 20. Januar 2010 zurück. Zugleich hat er gegenüber dem Senat Stellung genommen und seine Akten vorgelegt.

14 In der Beschwerdeentscheidung führte er aus: Da Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt worden sei, um die Rechtswidrigkeit der Untätigkeit des Bundesministers der Verteidigung festzustellen, sei ausnahmsweise keine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts in der Sache begründet worden und weiterhin eine Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung über die Beschwerde möglich. Die angefochtene Entscheidung der Stammdienststelle der Bundeswehr lasse Ermessensfehler nicht erkennen. Eine Zulassung geeigneter Bewerber komme nur in Betracht, wenn ein Bedarf im jeweiligen Verwendungsbereich und Geburtsjahrgang bestehe. Der Jahrgang des Antragstellers sei für das Auswahljahr 2010 (Marine) in der Verwendungsreihe Stabsdienst nicht mehr zur Bedarfsdeckung aufgerufen. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme gemäß der Erstbewerberregelung lägen nicht vor, da der Antragsteller bereits einmal die Möglichkeit zur Bewerbung gehabt und diese - wenngleich erfolglos - auch wahrgenommen habe. Daran ändere nichts, dass die Teilnahmevoraussetzungen hinsichtlich seiner heutigen Verwendung nach seinem Vorbringen bis zum 30. September 2009 gefehlt hätten.
Bezüglich seines Antrags vom 30. Juli 2007 sei die erforderliche Nachbetrachtung zwischenzeitlich nachgeholt worden. Er sei in der Ausbildungs- und Verwendungsreihe Militärmusikdienst mit dem letztplatzierten übernommenen Bewerber seines Geburtsjahrgangs in Bezug auf Beurteilungen und Potenzialfeststellung vergleichend betrachtet worden. Er habe 34,666 von 60 Summenrangplatzpunkten erreicht, der letztplatzierte Bewerber 47,05 Summenrangplatzpunkte. Daher sei der Antragsteller zu recht nicht zur Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes vorgeschlagen worden.

15 Der Beschwerdebescheid vom 16. September 2010 wurde dem Antragsteller am 3. Oktober 2010 zugestellt. Der Antragsteller hat hierauf mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2010 vorgetragen, er halte an seinem Antrag fest.

16 Mit Schriftsatz vom 30. September (vom Antragsteller korrigiert: Oktober) 2010, der an das Bundesministerium der Verteidigung gerichtet war und am 2. November 2010 im Empfangsbereich des nächsten Disziplinarvorgesetzten einging, hat der Antragsteller seinen Feststellungsantrag wiederholt und hilfsweise beantragt, den Bundesminister der Verteidigung unter Aufhebung des Bescheides vom 16. September 2010 zu verpflichten, über seinen Antrag vom 30. Juli 2007 auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Zur Begründung legte er dar, der Bundesminister der Verteidigung habe den Sachverhalt weder vollständig noch zutreffend ermittelt. Die vergleichende Betrachtung mit dem letztplatzierten übernommenen Bewerber sei fehlerhaft vorgenommen worden. Seiner Beurteilung vom 15. August 2007 liege die ZDv 20/6 in der Fassung vom 17. Januar 2007 zu Grunde, während die Vergleichsbeurteilung auf einer früheren Fassung der ZDv 20/6 beruhe und deshalb nicht vergleichbar sei. Seine Laufbahnbeurteilung vom 19. Juni 2008 sei - anders als die des mit ihm verglichenen Soldaten - nicht vorschriftsmäßig zustande gekommen, weiche von der ursprünglichen Laufbahnbeurteilung ab und leide an formalen Mängeln. Außerdem hätte nach den Bestimmungen für das Auswahljahr 2010 eine Sonderbeurteilung eingeholt werden müssen. Schließlich sei auch das Ergebnis seiner Potentialfeststellung fehlerhaft mit einem Ergebnis des letztplatzierten übernommenen Bewerbers verglichen worden, das in einem anderen Verfahren erhoben worden sei. Vorliegend sei es fehlerhaft, einen Rangplatz zu „berechnen“. Die Inhalte der Stammakten erlaubten einen direkten Vergleich nach Eignung, Befähigung und Leistung entsprechend § 3 Abs. 1 SG, ohne Vergleichszahlen zu bilden.

17 Der Bundesminister der Verteidigung legte diesen Schriftsatz als weiteren Antrag auf gerichtliche Entscheidung dem Senat vor.

18 Mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2010 hat der Antragsteller „betroffenen Antrag“ für erledigt erklärt, wobei er im Betreff seinen Antrag vom 31. Juli 2010 nennt und in seinen Bezügen - Ziffer 2 - von der „Erweiterung des betroffenen Antrags“ durch sein Schreiben vom 30. Oktober 2010 spricht.

19 Mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2010 hat der Antragsteller seinen Antrag neu gefasst. Er beantrage, die Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung vom 16. September 2010 aufzuheben und den Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, über seine Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Weiter trägt er vor, er sei bereits im Musikkorps der Bundeswehr in der Zeit vom 1. März 2007 bis zum 7. Oktober 2009 als Rechnungsführerfeldwebel eingesetzt gewesen. Mit Laufbahnbeurteilung vom 21. September 2010 sei er für einen Laufbahnwechsel zum Offizier des militärfachlichen Dienstes als außergewöhnlich geeignet beurteilt worden.

20 Der Bundesminister der Verteidigung sei nicht für die Entscheidung über seinen Antrag vom 30. Juli 2007 - die Zulassung zur Laufbahn Offizier des militärfachlichen Dienstes/Militärmusikdienst betreffend - zuständig gewesen. Zuständig sei das Personalamt der Bundeswehr. Soweit seine Beschwerde dahin ausgelegt worden sei, dass sie sich auch auf seinen unbeschiedenen Antrag vom 30. Juli 2007 beziehe, sei der Stellvertreter des Generalinspekteurs und Inspekteur der Streitkräftebasis für die Entscheidung zuständig gewesen.

21 Soweit der Bundesminister der Verteidigung über seinen Antrag vom 30. Juli 2007 entschieden habe, leide der Beschwerdebescheid vom 16. September 2010 an Ermessensfehlern. Die am 11. März 2009 erklärte Bereitschaft zur Umsetzung in den Sanitätsdienst sei unberücksichtigt geblieben. Seine letzte planmäßige Beurteilung datiere vom 30. September 2010, seine letzte Laufbahnbeurteilung vom 21. September 2010. Diese seien als zeitnächste Beurteilungen zugrunde zu legen.

22 Soweit der Bundesminister der Verteidigung über seinen Antrag vom 11. November 2009 entschieden habe, leide der Beschwerdebescheid ebenfalls an Ermessensfehlern. Es sei unberücksichtigt geblieben, dass er aus dienstlichen Gründen in die Ausbildungs- und Verwendungsreihe des allgemeinen Fachdienstes gewechselt sei, bevor über seinen Antrag vom 30. Juli 2007 entschieden worden sei. Nach Ziffer 8.4 der Auswahlrichtlinie seien Bewerber auch in einer anderen Ausbildungs- und Verwendungsreihe zu betrachten, sofern der Wechsel zugelassen sei. Auf die Zulassung des Wechsels komme es hier nicht an, weil der bereits stattgefunden habe. Er habe sein Antragsrecht nicht mehrmals genutzt, sondern habe die Ausbildungs- und Verwendungsreihe im laufenden Bewerbungsverfahren gewechselt. Sein Antrag vom 11. November 2009 sei dahin auszulegen, dass er sein Einverständnis erklärt habe, nunmehr auch für die Ausbildungs- und Verwendungsreihe der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im allgemeinen Fachdienst betrachtet zu werden. Die Erstbewerberregelung sei auch insoweit zu berücksichtigen.

23 Der Bundesminister der Verteidigung habe rechtswidrig versäumt, die Entwicklung seit der Potentialfeststellung am 20. November 2008 bis zur Bekanntgabe des Beschwerdebescheides am 3. Oktober 2010 zu berücksichtigen. Insbesondere gelte dies für seine Bereitschaft zur Umsetzung in den Sanitätsdienst, für die ein Bezug zur Potentialfeststellung nicht bestehe. Die Beschwerdeentscheidung stütze sich mit Blick auf seinen Antrag vom 30. Juli 2007 auf eine unzutreffende Richtlinie, die zudem fehlerhaft angewandt worden sei. Nach der Stellungnahme des Bundesministers der Verteidigung vom 25. Februar 2011 sei davon auszugehen, dass die ältere planmäßige Beurteilung vom 6. November 2006 herangezogen worden sei. Fehlerhaft wäre aber auch, die Beurteilung vom 15. August 2007 heranzuziehen, denn beide Beurteilungen beschränkten sich auf eine Entwicklungsprognose innerhalb der Laufbahn, in der sich der Bewerber befinde. Die auf der Grundlage unterschiedlicher Beurteilungsrichtlinien erstellten Beurteilungen seien nicht umzurechnen, sondern müssten inhaltlich verglichen werden. Es sei auch nicht nachvollziehbar, wie das Ergebnis seiner Potentialfeststellung bei der Errechung der Summenrangplatzpunkte berücksichtigt worden sei. Es sei fehlerhaft, die Gesamtergebnisse der bei den Vergleichssoldaten durchgeführten Psychologischen Tests und das Ergebnis seiner Potentialfeststellung vergleichbar zu rechnen.

24 Bei der vorgenommenen Nachbetrachtung sei - entgegen dem Vorbringen des Bundesministers der Verteidigung - das Auswahljahr 2008 maßgeblich. Für das Auswahljahr 2007 hätten noch nicht alle Voraussetzungen einer Bewerbung vorgelegen. So habe er zum 1. Oktober 2006 noch nicht die dreijährige Mindestdienstzeit erfüllt gehabt. Auch habe zu diesem Zeitpunkt keine Anlassbeurteilung vorgelegen. Die Beurteilung vom 6. November 2006 sei erst mit der Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten und deren Eröffnung ab 10. Januar 2007 vorlagefähig gewesen. Es sei ermessensfehlerhaft, Beurteilungen zugrunde zu legen, die am weitesten von dem Entscheidungszeitpunkt entfernt seien. Daneben habe auch seine allgemein-militärische Ausbildung zum Feldwebel des Sanitätsdienstes insoweit berücksichtigt werden müssen, als die Zulassung eines Wechsels in diese Ausbildungs- und Verwendungsreihe zu prüfen gewesen wäre.

25 Mit Schriftsätzen vom 19. Oktober 2011 und vom 3. November 2011 hat der Antragsteller insbesondere zu der Frage Stellung genommen, ob eine nachträgliche Zulassung im Auswahljahr 2008 noch in Betracht komme, und beantragt hilfsweise, die Rechtswidrigkeit der Ablehnung seiner Anträge vom 30. Juli 2007 und vom 11. November 2009 festzustellen.

26 Mit Schriftsatz vom 28. November 2011 hat der Bundesminister der Verteidigung die amtliche Auskunft übersandt, dass der Antragsteller auch nach Ablauf der Ausbildung der zugelassenen Bewerber der Auswahljahre 2007/2008 zugelassen worden wäre. Das Ergebnis der Vergleichsbetrachtung des Antragstellers für das Auswahljahr 2007 werde aufgehoben und für die Auswahlverfahren 2007 und 2008 werde ein erneuter Vergleich durchgeführt. Insoweit werde das Verfahren für erledigt erklärt.

27 Der Antragsteller hat hierauf mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2011 erklärt, er begehre weiterhin die Verpflichtung zur Neubescheidung seines Antrags vom 30. Juli 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Er sei auch für die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für den Sanitätsdienst und den allgemeinen Fachdienst nachzubetrachten. Das habe der Bundesminister der Verteidigung nicht zugesagt. Zudem sei der Vergleichssoldat, mit dem er erneut verglichen werden solle, nicht der zuletzt zugelassene.

28 Darüber hinaus erklärte der Antragsteller seinen auf den Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes vom 11. November 2009 bezogenen Verpflichtungsantrag und seine hilfsweise gestellten Feststellungsanträge für erledigt. Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2011 vertiefte er nochmals sein Vorbringen.

29 Der Antragsteller beantragt danach zuletzt,
den Bundesminister der Verteidigung unter Aufhebung seines Bescheides vom 16. September 2010 zu verpflichten, über den Antrag des Antragstellers vom 30. Juli 2007 auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

30 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

31 Hinsichtlich der Erledigungserklärung vom 22. Dezember 2010 hat er mit Schreiben vom 25. Februar 2011 erklärt, er widerspreche ihr nicht und beantrage, die Kosten des Verfahrens dem Antragsteller aufzuerlegen. Die verzögerliche Behandlung des Wehrbeschwerdeverfahrens betreffe kein Recht, dessen Verletzung allein zum Gegenstand eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung gemacht werden könne.

32 Weiter trägt er vor, es bestünden bereits erhebliche Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrags. Obwohl er sein Rechtsschutzziel, eine Entscheidung in der Sache herbeizuführen, mit einem Verpflichtungsantrag habe verfolgen können, habe der Antragsteller (zunächst) einen Feststellungsantrag gestellt und erst mit seinem Schreiben vom 30. Oktober 2010 seinen Antrag erweitert. Mit seiner Erledigungserklärung vom 22. Dezember 2010 habe er nicht nur seinen ursprünglichen Antrag vom 31. Juli 2010, sondern auch den um ein Neubescheidungsbegehren erweiterten Antrag für erledigt erklärt. Vor diesem Hintergrund sei der nachfolgende Antrag vom 29. Dezember 2010 als verfristet anzusehen.
Die Einverständniserklärung zu einer Umsetzung in den Sanitätsdienst vom 11. März 2009 habe hinsichtlich seines Antrags vom 30. Juli 2007 nicht mehr berücksichtigt werden können. Der Antragsteller habe am 11. November 2009 erneut die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes beantragt und könne sich nicht nochmals und in einer anderen Verwendungsreihe auf die Erstbewerberregelung berufen.

33 Aufgrund seiner Beschwerde sei der Antragsteller in Bezug auf das Auswahljahr 2007 nachbetrachtet worden. Auf der Grundlage der Nachbetrachtung hätten sich die stimmberechtigten Mitglieder der Auswahlkonferenz zur Auswahl von Feldwebeln/Bootsleuten für die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes (Auswahljahr 2007) einstimmig gegen die Übernahme des Antragstellers ausgesprochen.

34 Der Bescheid der Stammdienststelle der Bundeswehr vom 20. Januar 2010 beruhe auf deren Zuständigkeit für die Bescheidung sogenannter Sofortablehner. Dies seien jene Bewerber, die nicht antragsberechtigt seien. Diese Zuständigkeit sei im Rahmen einer Fachkonferenz des Bundesministeriums der Verteidigung auf die Stammdienststelle der Bundeswehr übertragen worden. Der Antragsteller sei für das Auswahljahr 2007 nachbetrachtet worden, weil er im Auswahljahr 2008 nicht mehr der Erstbewerberregelung unterfallen sei. In einem hierzu vorgelegten Vermerk vom 29. Februar 2008 wird ausgeführt, der Antragsteller habe sich bereits für das Auswahljahr 2007 bewerben können. Da die planmäßige Beurteilung jedoch erst am 6. November 2006 vorgelegen habe und damit fraglich sei, ob der Antragsteller dies habe wissen können, erfolge die Nachbetrachtung mit Blick auf dieses Auswahljahr.

35 Mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2011 hat der Bundesminister der Verteidigung der Erledigungserklärung des Antragstellers vom 7. Dezember 2011 zugestimmt. Zur Frage der Nachbetrachtung des Antragstellers für die Laufbahnen des Sanitätsdienstes oder des allgemeinen Fachdienstes hat er unter Verweis auf die für das Auswahlverfahren 2007 und 2008 geltenden Bestimmungen mitgeteilt, dass eine Mitbetrachtung nicht erfolge. Aus Sicht des Verteidigungsministeriums sei bei der Nachbetrachtung der bisherige Vergleichssoldat heranzuziehen. Als zuletzt zur Laufbahn zugelassener Soldat im Sinne der Erstbewerberregelung sei derjenige zu berücksichtigen, der sich in der Auswahlkonferenz für die Zulassung durchgesetzt habe und zugelassen worden sei. Unabhängig hiervon werde geprüft, ob der vom Antragsteller benannte Soldat als Vergleichsperson in Frage komme. Die Erstbewerberregelung schließe im Übrigen aus, dass im Falle des Antragstellers Beurteilungen nach dem 1. Oktober 2008 zu berücksichtigen seien.

36 Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - 840/10 - und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

37 1. Soweit der Antrag auf gerichtliche Entscheidung übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, ist das Verfahren einzustellen (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. einer entsprechenden Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO).

38 Der Feststellungsantrag, mit dem der Antragsteller auch nach Erlass des Beschwerdebescheides weiter begehrt hat, die Rechtswidrigkeit der Untätigkeit des Bundesministers der Verteidigung festzustellen, der Verpflichtungsantrag, den Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, über den Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes vom 11. November 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden und die gestellten Hilfsanträge bedürfen keiner Entscheidung mehr, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

39 Die Erklärung des Antragstellers in seinem Schriftsatz vom 22. Dezember 2010, „betroffenen Antrag“ für erledigt zu erklären, ist mit Blick auf den Betreff des Schriftsatzes - den Untätigkeitsantrag vom 31. Juli 2010 - und den Bezug 2) - den Schriftsatz vom 30. Oktober 2010 („Erweiterung des betroffenen Antrags“) - so auszulegen, dass sie lediglich den Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untätigkeit betrifft, nicht aber den Hilfsantrag im Schreiben vom 30. Oktober 2010. Das hat der Antragsteller zudem mit seinem Sachantrag im Schriftsatz vom 29. Dezember 2010 deutlich gemacht. Nachdem der Bundesminister der Verteidigung sich zu der Erledigungserklärung erst mit Schreiben vom 25. Februar 2011 erklärt hat, hätte der Antragsteller damit seine Erledigungserklärung noch wirksam korrigiert, wäre sie anders auszulegen (stRspr, vgl. Urteil vom 24. Februar 2010 - BVerwG 6 A 5.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr 52 m.w.N.). Weitergehende Bedeutung kommt dieser Erledigungserklärung nicht zu.

40 Mit seiner Erklärung, der Erledigungserklärung des Antragstellers vom 22. Dezember 2010 nicht zu widersprechen, hat sich der Bundesminister der Verteidigung zwar nicht ausdrücklich dieser Erledigungserklärung angeschlossen. Auch liegt kein Fall des entsprechend anwendbaren § 161 Abs. 2 Satz 2 VwGO vor. Der Bundesminister der Verteidigung hat aber mit seinem gleichzeitig gestellten Kostenantrag hinreichend deutlich gemacht, dass er an seinem ursprünglichen Antrag, den Feststellungsantrag als unzulässig zu verwerfen, nicht festhält und auf einer Sachentscheidung insoweit nicht besteht.

41 Der weiteren Erledigungserklärung des Antragstellers, mit der er sein Verpflichtungsbegehren, über den Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes vom 11. November 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, sowie die von ihm gestellten Hilfsanträge für erledigt erklärt hat, hat der Bundesminister der Verteidigung ausdrücklich zugestimmt.

42 2. Im Übrigen hat der Antrag auf gerichtliche Entscheidung keinen Erfolg.

43 Der Antrag, mit dem der Antragsteller die Verpflichtung des Bundesministers der Verteidigung begehrt, über seinen Antrag vom 30. Juli 2007 auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden, ist unzulässig.

44 Der Bundesminister der Verteidigung hat in seinem Schriftsatz vom 28. November 2011 zugesagt, die sich auf den Antrag vom 30. Juli 2007 beziehende Auswahlentscheidung aufzuheben und für das Auswahlverfahren der Jahre 2007 und 2008 erneut eine Vergleichsbetrachtung vorzunehmen. Damit hat der Antragsteller erreicht, was er in diesem Verfahren hätte erreichen können. Der Bundesminister der Verteidigung hat den Antragsteller klaglos gestellt, womit das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung entfallen ist.

45 Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Antragsteller die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes auch mit Blick auf eine Verwendung im Sanitätsdienst oder im allgemeinen Fachdienst begehrt. Die Soldatenlaufbahnverordnung kennt nur die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes (§ 40 SLV). Eine weitere Differenzierung ist laufbahnrechtlich nicht vorgesehen. Über die Zulassung zu der Laufbahn wird auf der Grundlage von § 40 SLV sowie der nach § 44 SLV und der Organisationshoheit des Bundesministeriums der Verteidigung getroffenen näheren Bestimmungen nach Bedarf und Eignung der Bewerber im Wege des Ermessens entschieden. Neben den Vorschriften in Kapitel 8 der ZDV 20/6 sind mit Blick auf den Antrag vom 30. Juli 2007 die Vorgaben der „Richtlinie für die Auswahl von Feldwebeln für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes“ vom 11. Juli 2007 (im Folgenden: Auswahlrichtlinie 2007) anzuwenden. Eine Mehrfachzulassung, die nach unterschiedlichen Verwendungen, hier im Sanitäts- oder allgemeinen Fachdienst, differenzieren würde, sehen die Soldatenlaufbahnverordnung und die hierzu ergangenen Bestimmungen nicht vor. Sie kann daher auch nicht als eigenständiger Streitgegenstand gerichtlich gesondert geltend gemacht werden. Die konkrete Verwendung hat nur für die Ermessensentscheidung über die Zulassung im Rahmen des jeweiligen Bedarfs und der Eignung Bedeutung. Diese, auf den Antrag vom 30. Juli 2007 bezogene Entscheidung wird der Bundesminister der Verteidigung aber nach seiner Zusage erneut treffen. Neben der Ermessensentscheidung der zu berücksichtigenden Verwendung wird dabei auch die vom Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 7. Dezember 2011 aufgeworfene Frage der richtigen Vergleichsperson zu beantworten sein. Dazu hat der Bundesminister der Verteidigung im Übrigen seine Bewertung zum Ausdruck gebracht, dass die bisherige Vergleichsperson zu Recht als „zuletzt zugelassener“Soldat herangezogen wurde. Er hat aber zugleich zugesagt, dass er diese - in seinem Ermessen liegende - Frage prüfen werde.

46 Im Übrigen ist das Vorbringen, das der Antragsteller zuletzt als abweichende Rechtsauffassung gegenüber der Zusage des Bundesministers der Verteidigung geltend macht, auch in der Sache nicht begründet.

47 Mit seinem Schriftsatz vom 28. November 2011 hat der Bundesminister der Verteidigung eingeräumt, dass die durchgeführte Nachbetrachtung fehlerhaft war. Namentlich gilt dies für die Gegenüberstellung von Beurteilungen aus verschiedenen Beurteilungssystemen und die Vergleichbarkeit der psychologischen Eignungsprüfung mit der Potenzialfeststellung. Soweit der Antragsteller geltend macht, der Vergleichsbetrachtung seien auch Beurteilungen zugrunde zu legen, die nach dem 1. Oktober 2008 erstellt worden seien, ist dies mit den Grundsätzen des Auswahlverfahrens für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes, insbesondere der Erstbewerberregelung nicht vereinbar. Es trifft zwar zu, dass auch nach der Rechtsprechung des Senats zur Ermittlung des Leistungsstandes grundsätzlich auf die zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellsten Beurteilungen abzustellen ist. Dies folgt aus dem Grundsatz der Bestenauslese und dem Anspruch auf Chancengleichheit im Bewerbungsverfahren. Soweit wie möglich ist im Beurteilungsverfahren gleichmäßig zu verfahren und sind im Wesentlichen gleiche Beurteilungszeiträume und Beurteilungsmaßstäbe zugrunde zu legen (vgl. Beschluss vom 24. Mai 2011 - BVerwG 1 WB 59.10 -; Urteil vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10). Geht es wie hier um eine nachträgliche Zulassung, so ist jedoch aus Gründen der Chancengleichheit nicht auf den Zeitpunkt der nachträglichen Auswahlentscheidung, sondern grundsätzlich auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem regulär die Entscheidung zu treffen gewesen wäre.

48 Der Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes bezieht sich jeweils (nur) auf den Zulassungstermin eines bestimmten Auswahljahres; für die Offizieranwärter des militärfachlichen Dienstes ist dies der 1. Oktober eines jeden Jahres (Nr. 932 ZDv 20/7). Abgelehnte Bewerber können - grundsätzlich beliebig oft - zu jedem neuen Auswahltermin vorgeschlagen werden oder sich bewerben (Nr. 807 ZDv 20/7); sie müssen von dieser Möglichkeit - gegebenenfalls vorsorglich - Gebrauch machen, wenn sie ihre Chancen für die folgenden Auswahljahre wahren wollen (vgl. hierzu zuletzt Beschluss vom 29. April 2008 - BVerwG 1 WB 13.07 - Buchholz 449.2 § 23 SLV 2002 Nr. 1).

49 Die Erstbewerberregelung (Nr. 8 der Auswahlrichtlinie 2007) gibt Soldaten aus nicht mehr aufgerufenen Geburtsjahrgängen, die sich wegen fehlender Teilnahmevoraussetzungen in ihrer Ausbildungs- und Verwendungsreihe bzw. in ihrem Werdegang in den vorangegangenen Jahren noch nicht für das Auswahlverfahren bewerben konnten, die einmalige Möglichkeit der Teilnahme am Auswahlverfahren zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Mit dieser Regelung soll vermieden werden, dass Soldaten aus nicht mehr aufgerufenen Geburtsjahrgängen, die sich wegen fehlender Teilnahmevoraussetzungen vorher nicht für das Auswahlverfahren bewerben konnten, niemals die Chance einer Teilnahme an einem solchen Verfahren erhalten. Zugleich bindet diese Regelung in zeitlicher Hinsicht. Die einmalige Chance wird ausdrücklich nur zum nächstmöglichen Zeitpunkt und damit entsprechend der Struktur des Zulassungsverfahrens in dem Auswahlverfahren des Auswahljahres gegeben, in dem erstmalig die Teilnahmevoraussetzungen gegeben sind. Die Gegebenheiten in diesem Auswahlverfahren sind dem Leistungsvergleich zu Grunde zu legen, der nach den zum Zeitpunkt der Zulassung des Vergleichssoldaten gültigen Richtlinien erfolgt (Nr. 8.3 Fußnote 12 Auswahlrichtlinie 2007).

50 Die vom Antragsteller gewünschte Aktualisierung auf den Zeitpunkt der hier im Beschwerdebescheid vom 16. September 2010 getroffenen Entscheidung würde die Grundlagen der Erstbewerberregelung wesentlich verändern. Der Antragsteller hat jedoch nur Anspruch darauf, im Rahmen der bestehenden Erstbewerberregelung gleich behandelt zu werden. Eine Praxis, die der Vorstellung des Antragstellers entsprechen würde, wäre mit den Vorgaben nicht zu vereinbaren, die vom Bundesministerium der Verteidigung aufgrund der Ermächtigung des § 44 SLV und seiner Organisationshoheit in Kapitel 8 der ZDv 20/7 festgelegt wurden und in den jeweiligen Auswahlrichtlinien konkretisiert sind. Für eine solche tatsächlich abweichende Praxis besteht auch kein Anhaltspunkt. Im Übrigen würde die Berücksichtigung von Beurteilungen, die erst nach dem Abschluss des regulären Auswahlverfahrens des jeweiligen Auswahljahres erstellt wurden, zu Verzerrungen gegenüber denjenigen Erstbewerbern führen, die im laufenden Auswahlverfahren betrachtet wurden. Dies wäre - ungeachtet der konkret denkbar unterschiedlichen Auswirkungen - mit dem Grundsatz der Chancengleichheit nicht zu vereinbaren.

51 Vor diesem Hintergrund ist grundsätzlich allein auf die Beurteilungen und sonstigen Nachweise abzustellen, die zu dem nach den jeweiligen Verfahrensbestimmungen maßgeblichen Zeitpunkt für das strittige Auswahljahr vorliegen. Jenseits der Vorlagetermine ist das spätestens der Zeitpunkt der Auswahlkonferenz, die bis Ende Februar des jeweiligen Auswahljahres abzuschließen ist. Etwas anderes lässt sich bei einer - wie hier - nachträglichen Betrachtung im Lichte der Chancengleichheit nur dort rechtfertigen, wo erforderliche Beurteilungen oder sonstige Nachweise vorschriftswidrig nicht rechtzeitig vorgelegen haben. So verhält es sich mit der Laufbahnbeurteilung des Antragstellers vom 19. Juni 2008 und der Potentialfeststellung vom 20. November 2008, die nachgeholt wurden, nachdem eine rechtzeitige Potenzialfeststellung unterblieben war und die Laufbahnbeurteilung vom 5. September 2007 aufgehoben und vernichtet worden war.

52 Soweit der Antragsteller darüber hinaus beansprucht, im Auswahljahr 2008 in weiteren Ausbildungs- und Verwendungsreihen, namentlich der des Sanitätsdienstes und des allgemeinen Fachdienstes als Erstbewerber betrachtet zu werden, hat der Bundesminister der Verteidigung nach den Vorgaben zutreffend darauf hingewiesen, dass eine solche weitere Betrachtung nicht durchzuführen ist.

53 Nach den Vorgaben der Auswahlrichtlinie 2007 ist zwischen den Beteiligten zunächst unstreitig, dass der Antragsteller in seiner damaligen Ausbildungs- und Verwendungsreihe Militärmusikdienst betrachtet wird.

54 Die Möglichkeit, im Rahmen der Erstbewerberregelung die Ausbildungs- und Verwendungsreihe zu wechseln, ist in Nr. 8.4 der Auswahlrichtlinie 2007 geregelt. Danach ist der Erstbewerber (auch) in einer anderen Ausbildungs- und Verwendungsreihe zu betrachten, wenn die „Aktuelle Anweisung und Information zur Personalführung SDBw“ (AAIP) einen solchen Wechsel zulässt und wenn der Erstbewerber von einem solchen Wechsel Gebrauch gemacht hat. Der Antragsteller hat von einem solchen Wechsel nicht Gebrauch gemacht. Der von ihm genutzte Formularantrag vom 30. Juli 2007 sieht in einem eigenen Textfeld die Möglichkeit vor, sich für den Fall, dass die eigene Ausbildungs- und Verwendungsreihe nicht aufgerufen ist, mit der Umsetzung in eine andere Ausbildungs- und Verwendungsreihe einverstanden zu erklären. Eine entsprechende Erklärung hat der Antragsteller mit seinem Antrag nicht verbunden. Seine Einverständniserklärung vom 11. März 2009 erfolgte erst nach Abschluss des regulären Auswahlverfahrens des Auswahljahrs 2008 und bezieht sich auf den Sanitätsdienst, für den er den Ausbildungs- und Tätigkeitsnachweis erst am 14. November 2008 erhalten hat. Entsprechend wurde er zutreffend nur in der Ausbildungs- und Verwendungsreihe des Militärmusikdienstes betrachtet, in der er sich bis zu seiner Versetzung zur Marine befand.

55 Die AAIP für das Auswahljahr 2008 sah im Übrigen für Heeresuniformträger einschließlich solcher im Militärmusikdienst vor, dass Soldatinnen und Soldaten, deren Ausbildungs- und Verwendungsreihe nicht zur Bedarfsdeckung aufgerufen ist, weil diese in der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes nicht vorhanden ist, grundsätzlich - auch wenn kein Umsetzungswunsch angegeben wurde - für eine Umsetzung zu betrachten sind (Nr. 8.1.1). Diese Voraussetzung ist jedoch nicht erfüllt, denn die Ausbildungs- und Verwendungsreihe des Militärmusikdienstes ist in der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes vorhanden, auch wenn im Auswahljahr 2008 kein Bedarf gegeben war. Darüber hinaus sieht die AAIP keine Abweichung von der Vorgabe vor, dass eine Umsetzung in eine andere Ausbildungs- und Verwendungsreihe nur dann in Betracht gezogen wird, wenn der Erstbewerber von einem Wechsel Gebrauch gemacht hat. Insbesondere aus der in Anlage zu 8.1 der AAIP für das Auswahljahr 2008 unter Nr. 1 getroffenen Aussage, auf die der Antragsteller hingewiesen hat, ergibt sich nichts anderes. Sie betrifft ausschließlich die planmäßig zur Bedarfsdeckung aufgerufenen Jahrgänge 1980 bis 1982 und besagt nicht, dass eine Erklärung zum Wechsel der Ausbildungs- und Verwendungsreihe nicht erforderlich gewesen wäre.

56 Für das Auswahljahr 2007 - das nach der Zusage des Bundesministers der Verteidigung in die Nachbetrachtung einbezogen werden wird - war nach der Auswahlrichtlinie vom 23. Juli 2002 in der geänderten Fassung vom 29. Dezember 2006 (im Folgenden Auswahlrichtlinie 2006) die Betrachtung in einer anderen Ausbildungs- und Verwendungsreihe ebenfalls nur möglich, wenn dies nach der damals geltenden „Aktuelle Anweisung und Information zur Personalführung SDBw“ (AAIP für das Auswahljahr 2007) zugelassen war und eine Einverständniserklärung vorlag (Auswahlrichtlinie 2006, Buchst. H Nr. 29). Die AAIP für das Auswahljahr 2007 schloss jedoch ausdrücklich aus, Bewerber der Laufbahn des Militärmusikdienstes für eine Umsetzung in eine andere Ausbildungs- und Verwendungsreihe des Heeres zu betrachten. Diese seien ausschließlich in ihrer Ausbildungs- und Verwendungsreihe auszuwählen (AAIP für das Auswahljahr 2007, S. 2 Nr. 2, zweiter Absatz).

57 3. Dem Bund sind notwendige Aufwendungen, die dem Antragsteller in diesem Verfahren einschließlich des vorgerichtlichen Verfahrens erwachsen sind, nicht aufzuerlegen.

58 Soweit der Rechtsstreit in der Sache zu entscheiden war, ist der Antragsteller unterlegen, weshalb er seine hierauf entfallenden Aufwendungen selbst zu tragen hat, § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 WBO.

59 Soweit das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, bestimmt sich die Kostenentscheidung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 3 WBO. Dabei sind für diese Kostenentscheidung die im Prozessrecht allgemein geltenden Grundsätze maßgebend. Danach ist bei übereinstimmender Erledigungserklärung über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 3, § 23a Abs. 2 WBO und § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO; stRspr, vgl. Beschluss vom 3. Juni 2009 - BVerwG 1 WB 2.09 - m.w.N.). Es entspricht billigem Ermessen, dass der Antragsteller die ihm entstandenen Aufwendungen auch insoweit selbst trägt.

60 a) Hinsichtlich des für erledigt erklärten Antrags auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untätigkeit des Bundesministers der Verteidigung folgt die Kostenentscheidung aus dem Umstand, dass der Antrag als unzulässig zu verwerfen gewesen wäre.

61 Der Antragsteller hat diesen Antrag auch dann noch aufrecht erhalten, nachdem die Untätigkeit mit dem Beschwerdebescheid vom 16. September 2010 ihr Ende gefunden hatte. Er hat den Antrag mit Schreiben vom 9. und 30. Oktober 2010 ausdrücklich wiederholt und damit losgelöst von der erfolgten Sachentscheidung weiterhin gestellt. Erst mit seinem Schreiben vom 22. Dezember 2010 hat er ihn für erledigt erklärt. Entsprechend ist für die Kostenentscheidung von einem eigenständigen Begehren auszugehen und der Sach- und Streitstand zugrunde zu legen, wie er sich nach der Beschwerdeentscheidung zuletzt dargestellt hat. Die Beschwerdeentscheidung selbst kommt insoweit als Bezugspunkt der Kostenentscheidung nicht mehr in Betracht (vgl. Urteil vom 15. November 1991 - BVerwG 4 C 27.90 - Buchholz 310 § 160 Nr. 94).

62 Die Art und Weise der Behandlung einer Wehrbeschwerde ist keine selbständig anfechtbare Maßnahme im Sinne der Wehrbeschwerdeordnung (stRspr, vgl. u.a. Beschlüsse vom 10. Juni 1969 - BVerwG I WB 104/68 -, vom 11. Januar 1977 - BVerwG I WB 22, 25/75 - m.w.N., vom 27. November 1990 - BVerwG 1 WB 62.90 -, vom 24. Mai 2000 - BVerwG 1 WB 3.00 - und vom 27. April 2010 - BVerwG 1 WB 13.09 -). Gegen die Verzögerung der Bearbeitung einer Wehrbeschwerde ist der Soldat ausdrücklich und hinreichend durch die Bestimmungen der §§ 1 Abs. 2, 16 Abs. 2 und 17 Abs. 1 Satz 2 WBO geschützt (stRspr, vgl. u.a. Beschlüsse vom 10. Juni 1969 - BVerwG I WB 104/68 -, vom 24. Juli 1980 - 1 BVerwG WB 190/79 -, vom 24. Mai 2000 - BVerwG 1 WB 3.00 -, vom 20. September 2006 - BVerwG 1 WB 54.05 - und vom 27. April 2010 - BVerwG 1 WB 13.09 -). Für die begehrte Feststellung bestand daher kein Rechtschutzbedürfnis (stRspr, u.a. Beschlüsse vom 10. April 1973 - BVerwG I WB 179/71 -, vom 11. Januar 1983 - BVerwG 1 WB 153.82 -, vom 19. Januar 1994 - BVerwG 1 WB 27.93 -, vom 16. September 2004 - BVerwG 1 WB 35.04 - und vom 16. Januar 2008 - BVerwG 1 WB 29.07 -). Soweit der Antragsteller sich auf eine Wiederholungsgefahr berufen hat, wäre er auf die ihm nach der Wehrbeschwerdeordnung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu verweisen gewesen.

63 b) Auch soweit der Antrag, den Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, über den Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes vom 11. November 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, für erledigt erklärt wurde, trägt der Antragsteller seine Auslagen selbst. Der Antrag hätte keinen Erfolg gehabt, denn die Ablehnung der Zulassung des Antragsstellers zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für das Auswahljahr 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

64 Allerdings hat der Antragsteller mit seinem Untätigkeitsantrag vom 31. Juli 2010 sein Begehren in zulässiger Weise rechtshängig gemacht, nachdem über seine am 15. Februar 2010 eingelegte Beschwerde gegen den Ablehnungsbescheid der Stammdienststelle der Bundeswehr vom 20. Januar 2010 nicht innerhalb eines Monats entschieden worden war.

65 Soweit der Senat angenommen hat, ausnahmsweise könne Gegenstand des Untätigkeitsantrags sein, überhaupt einen Bescheid zu bekommen (Beschluss vom 9. Februar 1979 - BVerwG I WB 106.77 - BVerwGE 63/192, angelegt im Beschluss vom 18. März 1965 - BDH II (I) WB 28/63 - BDHE 7/176 <177>), folgt hieraus nichts anderes. Angesprochen sind damit vor allem Beschwerdeentscheidungen, bei denen Ermessen auszuüben ist oder ein Beurteilungsspielraum besteht. In diesen Fällen folgt aus den Grenzen der gerichtlichen Kontrolle, dass sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Einzelfall darauf beschränken kann, in der Sache beschieden zu werden (vgl. zur Parallelvorschrift des § 75 VwGO: Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 75 Rn. 4 m.w.N.). Soweit der Senat in seinem Beschluss vom 9. Februar 1979 (a.a.O.) darüber hinaus gefolgert hat, das Gericht werde bei einem solchermaßen eingeschränkten Antrag in der Sache nicht zuständig, hält der Senat hieran nicht fest. Auch in diesem Fall ist Gegenstand des Verfahrens der Beschwerdegegenstand mit dem hierauf bezogenen Anspruch auf Bescheidung.

66 Im Übrigen hatte der Antragsteller auf den ihm am 3. Oktober 2010 zugestellten und zulässiger Weise noch erlassenen Beschwerdebescheid vom 16. September 2010 mit seinem Schreiben vom 30. Oktober 2010 auch noch fristgerecht die gerichtliche Entscheidung bezüglich der mit dem Beschwerdebescheid verbundene Ablehnung seines Antrags vom 31. Juli 2007 beantragt (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 4 Satz 3 WBO).

67 Die Entscheidung über den Zulassungsantrag vom 11. November 2009 erfolgte gemäß Nr. 805 ZDv 20/7 „nach den Richtlinien BMVg - PSZ I 1 - und den ergänzenden Regelungen zur Durchführung der Fü TSK/San“, für das Auswahljahr 2010 nach der geltenden „Richtlinie für die Auswahl von Feldwebeln für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes“ vom 19. Dezember 2008 (im Folgenden: Auswahlrichtlinie 2008).

68 Nach Nr. 1.4 der Auswahlrichtlinie 2008 legt der zuständige Führungsstab auf der Grundlage der strukturellen Vorgaben und der haushalterischen Möglichkeiten die Ergänzungsquoten an Offizieranwärterinnen und Offizieranwärtern des militärfachlichen Dienstes für das jeweilige Zulassungsjahr, bezogen auf den Geburtsjahrgang und differenziert nach Ausbildungs- und Verwendungsreihen bzw. Werdegängen fest. Die mit der Durchführung der Auswahlkonferenz beauftragte Stammdienststelle der Bundeswehr erlässt nach Nr. 2.2 der Aus-wahlrichtlinie 2008 für das jeweilige Auswahljahr eine „Aktuelle Anweisung und Information zur Personalführung SDBw“, die weitere Einzelheiten für die Bewerbung, insbesondere den Bedarf in den jeweiligen Ausbildungs- und Verwendungsreihen bzw. Werdegängen unter Beachtung des strukturellen Bedarfs in den Geburtsjahrgängen mitteilt. Das ist für das Auswahljahr 2010 durch die „Aktuelle Anweisung und Information zur Personalführung SDBw“ vom 11. Dezember 2009 umgesetzt worden. Nach Nr. 3.2 dieser Anweisung werden in das Auswahlverfahren nur die Unteroffiziere mit Portepee einbezogen, die einem Geburtsjahrgang und einer Ausbildungs- und Verwendungsreihe angehören, die in dieser Anweisung zur Bedarfsdeckung aufgerufen sind.

69 Eine Zulassung geeigneter Bewerberinnen und Bewerber zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes kann danach nur erfolgen, wenn Bedarf in dem jeweiligen Verwendungsbereich, der jeweiligen Ausbildungs- und Verwendungsreihe und im jeweiligen Geburtsjahrgang besteht. Diese Anknüpfung an den Bedarf als Voraussetzung für eine angestrebte Laufbahnzulassung ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats rechtlich nicht zu beanstanden. Dass die zuständigen militärischen Stellen ihre Auswahlentscheidung nicht nur im Hinblick auf den fachlichen Verwendungsbereich, sondern auch hinsichtlich des jeweiligen Geburtsjahrgangs von Bedarfsgesichtspunkten abhängig machen dürfen, hat der Senat als rechtsfehlerfrei gebilligt. Es stellt ein berechtigtes Anliegen der Personalführung dar, der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes nur dann weitere Offiziere zuzuführen, wenn hierfür ein personeller Bedarf besteht und ihre Verwendung in der Laufbahn sichergestellt ist. Jede andere Verfahrensweise wäre nicht nur unter personalwirtschaftlichen Gesichtspunkten, sondern auch aus Haushaltsgründen nicht vertretbar (stRspr, vgl. Beschluss vom 28. Oktober 2008 - BVerwG 1 WB 32.08 - m.w.N.).

70 Zutreffend ist der Bundesminister der Verteidigung davon ausgegangen, dass der Antragsteller nach der „Aktuellen Anweisung und Information zur Personalführung SDBw“ für das Auswahljahr 2010 in seiner damaligen Verwendungsreihe (Stabsdienst) und auch in sonst keinem denkbaren Offizierswerdegang zur Bedarfsdeckung aufgerufen war. Soweit der Antragsteller gerügt hat, er sei mit Blick auf seine erklärte Bereitschaft, in den Sanitätsdienst zu wechseln, nicht zutreffend betrachtet worden, geht die Rüge schon daher ins Leere. Darüber hinaus hat der Antragsteller die diesem Aufruf zugrunde liegende Bedarfsermittlung nicht angegriffen. Sie ist im Übrigen nach ständiger Rechtsprechung des Senats wehrdienstgerichtlich nicht überprüfbar (Beschluss vom 11. Mai 2006 - BVerwG 1 WB 38.05 -). Die Nichtzulassung des Antragstellers mangels Bedarfs wäre daher rechtlich nicht zu beanstanden gewesen.

71 Der Antragsteller konnte sich im Auswahljahr 2010 auch nicht mehr auf die Erstbewerberregelung berufen. Nach Nr. 8 der Auswahlrichtlinie 2008 ist Antragstellenden aus nicht mehr aufgerufenen Geburtsjahrgängen, die sich wegen fehlender Teilnahmevoraussetzungen in ihrer Ausbildungs- und Verwendungsreihe in den vorangegangenen Jahren noch nicht für das Auswahlverfahren bewerben konnten, die einmalige Möglichkeit der Teilnahme am Auswahlverfahren zum nächstmöglichen Zeitpunkt einzuräumen. Der Antragsteller hatte jedoch für das Auswahljahr 2008 die Möglichkeit, an dem Auswahlverfahren teilzunehmen, und hat dies auch getan. Damit war die Erstbewerberregelung verbraucht und konnte für das Auswahljahr 2010 nicht mehr in Anspruch genommen werden. Soweit der Antragsteller der Auffassung ist, hinsichtlich des allgemeinen Fachdienstes (Marine) seien die Voraussetzungen einer Laufbahnzulassung bis Ende September 2009 nicht gegeben gewesen, folgt hieraus nichts anderes. Die Regelung für Erstbewerber lässt nicht erkennen, dass ihre erneute Anwendung nach einem Verwendungswechsel in Betracht kommt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Bundesminister der Verteidigung die Erstbewerberregelung entgegen dem klaren Wortlaut der Auswahlrichtlinien in derartigen Fällen tatsächlich erneut anwendet. Ein Anspruch darauf, aus Gründen der Gleichbehandlung im Auswahljahr 2010 erneut als Erstbewerber betrachtet zu werden, bestand daher nicht.

72 Auch soweit der Ablehnungsbescheid vom 20. Januar 2010 von der Stammdienststelle der Bundeswehr erlassen wurde, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Ablehnung.

73 Nach den Bestimmungen der Auswahlrichtlinie 2008 führt die Stammdienststelle der Bundeswehr die Auswahlkonferenz durch (vgl. Nr. 2.1 Auswahlrichtlinie 2008). Sie mündet in einen Zulassungsvorschlag gegenüber dem Personalamt der Bundeswehr (Nr. 5.3 Auswahlrichtlinie 2008), dessen Amtsführung auf dieser Grundlage über die Zulassung zur Laufbahn entscheidet (Nr. 2.1 Satz 2 Auswahlrichtlinie 2008 und Nr. 806 ZDv 20/7). Das Personalamt soll allen Bewerberinnen und Bewerbern spätestens sechs Wochen nach der Auswahlkonferenz die Entscheidung mitteilen (Nr. 6.2 Auswahlrichtlinie 2008). Diese Zuständigkeitsregelung wurde allerdings für diejenigen Bewerber, die nach Nr. 3.1 der jeweils geltenden Auswahlrichtlinie nicht antragsberechtigt sind, modifiziert. Nach einem Fachgespräch des Bundesministeriums der Verteidigung wird in diesen Fällen so verfahren, dass die Anträge der Betroffenen durch die Stammdienststelle der Bundeswehr abgelehnt werden (Protokoll Fachgespräch Personal vom 16. April 2009, S. 5).

74 Nachdem sich der Antragsteller für das Auswahljahr 2010 mit Schreiben vom 11. November 2009 auf der Grundlage seiner planmäßigen Beurteilung vom 15. August 2007 beworben hatte, war er gemäß den Vorgaben der Auswahlrichtlinie 2008 (Nr. 3.1) antragsberechtigt. Der Ablehnungsbescheid ist auch nicht auf eine fehlende Antragsberechtigung gestützt. Entsprechend ergibt sich zumindest aus dem Protokoll Fachgespräch Personal noch keine Zuständigkeit der Stammdienststelle der Bundeswehr. Ein insoweit nicht auszuschließender formaler Fehler wäre jedoch nicht erheblich.

75 Die für das Auswahlverfahren angeordneten Zuständigkeiten beruhen auf der Organisationshoheit des Bundesministers der Verteidigung. Sie sind eine interne Aufgabenverteilung der Bundeswehr, die gesetzlich nicht vorgegeben ist. Verstöße gegen eine solche Aufgabenverteilung stellen keine Verletzung der sachlichen Zuständigkeit im Sinne der Vorschriften der §§ 44 und 46 VwVfG dar (vgl. Beschluss vom 6. August 1998 - BVerwG 9 B 773/97 - juris). Die formell vorschriftswidrige Ablehnung des Zulassungsantrags vom 11. November 2009 führt nur dann zur Rechtswidrigkeit der Ablehnungsentscheidung und zu einem Anspruch auf Neubescheidung, wenn durch den Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst worden sein könnte. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

76 Nach der für das zuständige Personalamt der Bundeswehr verbindlichen Auswahlrichtlinie 2008 waren auf der Grundlage des Bedarfs in den einzelnen Ausbildungs- und Verwendungsreihen die nach Eignung, Befähigung und Leistung für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes am besten geeigneten Bewerberinnen und Bewerber auszuwählen. Dabei legte der zuständige Führungsstab im Bundesministerium der Verteidigung die Ergänzungsquoten für Offizieranwärterinnen und Offizieranwärter des militärfachlichen Dienstes fest. Das Personalamt der Bundeswehr hatte keine Befugnis, diese Bedarfsträgervorgaben zu verändern (vgl. Ziffern 1.1 und 1.4 der Auswahlrichtlinie 2008). Darüber hinaus waren Bewerber aus nicht mehr aufgerufenen Geburtsjahrgängen nur zu betrachten, wenn die Voraussetzungen einer Erstbewerbung vorlagen. Das war bei dem Antragsteller - wie ausgeführt - nicht der Fall. Im Lichte dieser Vorgaben war dem Personalamt der Bundeswehr vorliegend kein eigener Ermessensspielraum belassen. Es ist daher auszuschließen, dass das Personalamt - hätte es zutreffender Weise an Stelle der Stammdienststelle entschieden - selbst eine andere Entscheidung hätte treffen können.

77 Hinzu kommt, dass der Bundesminister der Verteidigung die Ablehnungsentscheidung umfassend auf ihre Recht- und Zweckmäßigkeit überprüft und bestätigt hat. Diese Beschwerdeentscheidung ist vorliegend nach ihrem Erlass ohne weiteres Gegenstand des Verfahrens geworden und hat zugleich der ursprünglichen Ablehnungsentscheidung Gestalt gegeben. Sie ist nach den Bestimmungen der Wehrbeschwerdeordnung (§ 21 Abs. 1 WBO i.V.m. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) maßgeblich für die Frage, ob die Ablehnung ermessensfehlerhaft getroffen wurde. Nachdem sich der Bundesminister der Verteidigung die getroffene Entscheidung zu eigen gemacht hat, wäre ein möglicherweise vorgelagerter Verfahrensfehler - die Entscheidung durch eine unzuständige Stelle - nicht mehr erheblich.

78 Soweit der Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 29. Dezember 2010 außerdem gerügt hat, der Bundesminister der Verteidigung sei zur Entscheidung über die Beschwerde nicht berufen gewesen, trifft dies nicht zu. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 WBO entscheidet über Beschwerden in truppendienstlichen Angelegenheiten der Disziplinarvorgesetzte, der den Gegenstand der Beschwerde zu beurteilen hat. Bei Personalentscheidungen wie der Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes ist dies der Bundesminister der Verteidigung.

79 c) Auch hinsichtlich der für erledigt erklärten Hilfsanträge besteht keine Veranlassung, Auslagen des Antragstellers dem Bund aufzuerlegen.

80 Für den Hilfsantrag festzustellen, dass die Ablehnung des Antrags auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes vom 11. November 2009 rechtswidrig gewesen sei, folgt bereits aus vorstehenden Ausführungen (3.b), dass er jedenfalls in der Sache keinen Erfolg gehabt hätte.

81 Der Hilfsantrag festzustellen, dass die Ablehnung des Antrags auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes vom 30. Juli 2007 rechtswidrig gewesen sei, wäre mangels Feststellungsinteresses ebenfalls erfolglos geblieben.

82 Hat sich eine truppendienstliche Maßnahme im Verfahren vor dem Wehrdienstsenat erledigt, so ist gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 WBO auszusprechen, dass sie rechtswidrig war, wenn sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung als vor der Erledigung begründet erweist. Anders als bei Befehlen im Sinne von § 2 Nr. 2 WStG ist jedoch Voraussetzung, dass ein berechtigtes Interesse an der Feststellung besteht (§ 19 Abs. 1 Satz 3 WBO).

83 Das danach erforderliche Feststellungsinteresse kann sich nach der Rechtsprechung des Senats aus einem Rehabilitierungsinteresse, aus einer Wiederholungsgefahr oder aus der Absicht ergeben, einen Schadenersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint. Zusätzlich kommt auch ein berechtigtes Feststellungsinteresse in Betracht, wenn die erledigte Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich zieht (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 24. März 2009 - BVerwG 1 WB 46.08 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 449 § 3 SG Nr. 52>, vom 26. Juli 2011 - BVerwG 1 WB 13.11 -).

84 Ob Umstände vorliegen, die zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung begründen, hat das Gericht von Amts wegen zu prüfen (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 18 Abs. 2 WBO, vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <90>, BVerwG, Beschluss vom 30. April 1999 - BVerwG 1 B 36.99 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6, S. 12). Allerdings ist es Sache des Antragstellers, sein Feststellungsinteresse substanziiert geltend zu machen (stRspr, Beschlüsse vom 17. Februar 2009 - BVerwG 1 WB 76.08 -, vom 25. März 2010 - BVerwG 1 WB 42.09 - Buchholz 450.1 § 19 WBO Nr. 3 = NZWehrr 2010, 161 m.w.N. zu § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, Beschluss vom 26. Juli 2011 - BVerwG 1 WB 13.11 -).

85 Ein Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn künftig konkret mit einer vergleichbaren Situation zu rechnen ist, bei der die gerichtliche Feststellung für den Antragsteller von Nutzen sein kann (BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <90f.>; Beschluss vom 29. April 2008 - BVerwG 1 WB 11.07 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 31 S. 13 m.w.N., Beschluss vom 26. Juli 2011 - BVerwG 1 WB 13.11 -). Die Annahme einer Wiederholungsgefahr setzt die konkret absehbare Möglichkeit voraus, dass in naher Zukunft eine gleiche oder gleichartige Entscheidung oder Maßnahme unter im Wesentlichen gleichartigen Verhältnissen zu Lasten des Antragstellers zu erwarten ist (stRspr, vgl. Beschluss vom 29. April 2008 - BVerwG 1 WB 11.07 - a.a.O. S. 13 m.w.N.).

86 Das erforderliche besondere Feststellungsinteresse war danach nicht gegeben.

87 Eine Wiederholungsgefahr im eigentlichen Sinne ist bereits deshalb nicht gegeben, weil es nach dem Vorbringen des Antragstellers nicht darum geht, dass sich Vergleichbares künftig wiederholt. Vielmehr geht es ihm um ein Verfahren zur Statusänderung, das bereits rechtshängig geworden ist. Dazu ist zwar abstrakt dargetan, dass eine vergleichbare Situation möglicherweise gegeben ist, in der sich Erkenntnisse aus diesem Verfahren einbringen lassen könnten. So findet die Umwandlung des Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit ihre Rechtsgrundlage in § 21 SLV in Verbindung mit der Richtlinie „für die Umwandlung des Dienstverhältnisses von Feldwebeln im Dienstverhältnis einer Soldaten auf Zeit oder eines Soldaten auf Zeit in das Dienstverhältnis einer Berufssoldatin oder eines Berufssoldaten“ vom 11. Juli 2007 bzw. - mit redaktionellen Änderungen - vom 19. Dezember 2008. Ebenso wie bei der Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes wird auf der Grundlage von Bedarfsträgerforderungen eine Auswahlentscheidung nach Eignung, Befähigung und Leistung getroffen. Für Antragstellende aus nicht mehr aufgerufenen Geburtsjahrgängen ist eine gleichlautende Erstbewerberregelung vorgesehen.

88 Es ist aber weder vorgetragen noch sonst konkret ersichtlich, dass sich die im vorliegenden Verfahren strittigen Fragen der Anwendung der Erstbewerberregelung tatsächlich in vergleichbarer Weise parallel stellen würden. Eine konkrete Wiederholungsgefahr oder ein sonstiges konkretes berechtigtes Interesse war damit nicht hinreichend substanziiert dargetan.