Verfahrensinformation

In dem Verfahren, in dem sich Ausländer und Ausländerbehörde gegenüberstehen, wird über Abschiebungskosten gestritten. Im Mittelpunkt des Streits steht die Frage, ob die Ausländerbehörde dann, wenn sie im Rahmen der Abschiebung Bundesgrenzschutz und Landespolizei zugezogen hat, deren Kosten gegenüber dem Ausländer geltend machen kann. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass Bundesgrenzschutz und Landespolizei in eigener Zuständigkeit handeln und demnach auch nur sie gemäß § 83 Abs. 4 AuslG für die Erhebung der ihnen entstandenen Kosten der Abschiebung zuständig sind.


Pressemitteilung Nr. 36/2005 vom 14.06.2005

Ausländerbehörde darf Abschiebungskosten auch von Landespolizei und Bundesgrenzschutz abrechnen

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat entschieden, dass eine Ausländerbehörde, die zur Durchführung der Abschiebung eines Ausländers Bereitschaftspolizei und Bundesgrenzschutz heranzieht, auch deren Kosten und damit die insgesamt entstandenen Kosten der Abschiebung dem Ausländer oder anderen Kostenschuldnern durch Leistungsbescheid aufgeben darf. Daneben besteht in diesen Fällen keine Zuständigkeit der ersuchten Behörden, die ihnen erstandenen Kosten selbst zu erheben.


Im vorliegenden Fall ging es um einen pakistanischen Staatsangehörigen, der sich seit 1985 in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hatte und der nach Verurteilung wegen eines Verbrechens im Jahre 1998 ausgewiesen und aus der Strafhaft heraus abgeschoben worden war. Er war durch zwei Beamte der Bereitschaftspolizei Rheinland-Pfalz von der Justizvollzugsanstalt Diez zum Flughafen Bremen verbracht worden. Von dort aus wurde er von zwei Polizeivollzugsbeamten des Bundesgrenzschutzes über Amsterdam und Istanbul nach Karachi begleitet. Die Ausländerbehörde stellte ihm Abschiebungskosten in der Gesamthöhe von 10 252,88 € in Rechnung. Von diesen Kosten entfielen 1501,57 € auf die Tätigkeit der Bereitschaftspolizei und 7035,38 € auf die des Bundesgrenzschutzes.


Das Verwaltungsgericht Koblenz und das Oberverwaltungsgericht Rheinpfalz-Pfalz waren der Auffassung, die ausländerrechtlich vorgesehenen eigenen Zuständigkeiten von Bundesgrenzschutz und Landespolizei im Rahmen der Abschiebung führten dazu, dass diese ihre Kosten jeweils selbst geltend machen müssten. Eine umfassende Zuständigkeit der Ausländerbehörde zur Geltendmachung aller Abschiebungskosten haben sie verneint.


Das Bundesverwaltungsgericht hat demgegenüber die Fälle, in denen Bereitschaftspolizei und Bundesgrenzschutz auf Ersuchen der Ausländerbehörde tätig werden, von den Fällen unterschieden, in denen diese Behörden ohne ein solches Ersuchen in eigener Zuständigkeit eine Abschiebung durchführen. Werden sie auf Ersuchen der Ausländerbehörde als deren Vollzugshelfer tätig, verbleibt die rechtliche Sachherrschaft über die Abschiebung bei der Ausländerbehörde. Allein diese ist dann auch zur Einziehung der Kosten durch Leistungsbescheid befugt.


BVerwG 1 C 11.04 - Urteil vom 14.06.2005


Urteil vom 14.06.2005 -
BVerwG 1 C 11.04ECLI:DE:BVerwG:2005:140605U1C11.04.0

Leitsatz:

Betreibt die Ausländerbehörde die Abschiebung eines Ausländers, ist sie gemäß § 63 Abs. 1 AuslG die für diese Maßnahme insgesamt zuständige Behörde im Sinne von § 83 Abs. 4 Satz 1 AuslG, auch wenn sie zur Durchführung der Abschiebung die Polizei eines Landes oder den Bundesgrenzschutz heranzieht. Sie ist deshalb berechtigt, die gesamten Kosten der Abschiebung einschließlich der Kosten der hinzugezogenen Behörden durch Leistungsbescheid gegenüber dem Kostenschuldner zu erheben.

  • Rechtsquellen
    AufenthG § 67 Abs. 3, § 71
    AuslG §§ 63, 82, 83
    VwKostG §§ 12, 14 Abs. 2

  • OVG Koblenz - 07.05.2004 - AZ: OVG 10 A 10080/04 -
    OVG Rheinland-Pfalz - 07.05.2004 - AZ: OVG 10 A 10080/04

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 14.06.2005 - 1 C 11.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:140605U1C11.04.0]

Urteil

BVerwG 1 C 11.04

  • OVG Koblenz - 07.05.2004 - AZ: OVG 10 A 10080/04 -
  • OVG Rheinland-Pfalz - 07.05.2004 - AZ: OVG 10 A 10080/04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2005
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht R i c h t e r , die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht B e c k und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D ö r i g und Prof. Dr. B e r l i t
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Mai 2004 wird aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
  3. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

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