Urteil vom 14.09.2023 -
BVerwG 3 C 12.22ECLI:DE:BVerwG:2023:140923U3C12.22.0
Verkehrsverbot für Wein
Leitsatz:
Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 13 Abs. 5 WeinG i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB ist es verboten, Keltertrauben für die Weinherstellung zu verwenden, in oder auf denen Rückstände eines Pflanzenschutzmittels im Sinne des Pflanzenschutzgesetzes vorhanden sind, das nicht zugelassen ist oder beim Weinbau nicht angewendet werden darf. Das galt gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB bereits vor seiner Änderung durch Gesetz vom 27. Juli 2021 (BGBl. I S. 3274) auch dann nicht, wenn für das Pflanzenschutzmittel Rückstandshöchstgehalte nicht durch eine Rechtsverordnung des Bundes, sondern durch die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 festgesetzt waren.
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Rechtsquellen
AEUV Art. 288 Abs. 2 Satz 2 VO (EG) Nr. 178/2002 Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Nr. 1, Art. 7 VO (EG) Nr. 882/2004 Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 10, Art. 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Buchst. b und h VO (EG) Nr. 396/2005 Art. 18 Abs. 1 und 2, Art. 20 VO (EU) Nr. 1308/2013 Art. 1 Abs. 2 Buchst. l, Art. 73 LFGB § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 3, § 4 Abs. 1 Nr. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3, Satz 2, § 39 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, § 59 Abs. 1 Nr. 6 LMBG § 14 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a WeinG § 1 Abs. 1, § 2 Nr. 1, § 13 Abs. 5, § 27 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 31 Abs. 7 VwGO § 113 Abs. 1 Satz 4, § 137 Abs. 1 Nr. 1, § 144 Abs. 4 -
Instanzenzug
VG Dresden - 11.09.2019 - AZ: 6 K 1096/17
OVG Bautzen - 27.01.2022 - AZ: 3 A 1197/19
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 14.09.2023 - 3 C 12.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:140923U3C12.22.0]
Urteil
BVerwG 3 C 12.22
- VG Dresden - 11.09.2019 - AZ: 6 K 1096/17
- OVG Bautzen - 27.01.2022 - AZ: 3 A 1197/19
In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 14. September 2023
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Sinner und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hellmann
für Recht erkannt:
- Das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. Januar 2022 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 11. September 2019 werden geändert.
- Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Beklagten vom 3. Juni 2016 über die Anordnung eines Verkehrsverbotes für den Wein "2015 Grauer Burgunder Kabinett, Sachsen, Wein-Nr. 15 200 003" in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beigeladenen vom 20. Dezember 2016 rechtswidrig war.
- Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die er selbst trägt.
Gründe
I
1 Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ein vom Beklagten verfügtes Verkehrs-, Verwendungs- und Verwertungsverbot für Wein rechtswidrig war. Sie ist eine Genossenschaft mit circa 1 500 Mitgliedern zur gemeinsamen Weinerzeugung. Die Weine werden aus Keltertrauben hergestellt, die von den Mitgliedern der Klägerin erzeugt werden.
2 Mit Bescheid vom 3. Juni 2016 ordnete der Beklagte für zwei von der Klägerin hergestellte Weine ein Verkehrs-, Verwendungs- und Verwertungsverbot nach § 27 Abs. 1 i. V. m § 13 Abs. 5 WeinG i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB an, weil in den Weinen das für den Weinbau in Deutschland nicht zugelassene Pestizid Dimethoat nachgewiesen worden war. Der Gehalt an Dimethoat lag unter dem damals in der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 für diesen Wirkstoff in oder auf Keltertrauben festgelegten Rückstandshöchstgehalt von 0,02 mg/kg.
3 Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren, in dem sich das Verbot hinsichtlich eines Weins durch seine Vernichtung erledigt hatte, erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Dresden mit Urteil vom 11. September 2019 abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 27. Januar 2022 zurückgewiesen. Die Klage sei nach zwischenzeitlicher Vernichtung des verbliebenen Weins "2015 Grauer Burgunder Kabinett, Sachsen, Wein-Nr. 15 200 003" als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Wegen der Berichterstattung in den Medien habe die Klägerin ein Rehabilitierungsinteresse. Die Klage sei jedoch unbegründet. Aus § 13 Abs. 5 WeinG i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB ergebe sich das Verbot, Wein in Verkehr zu bringen, der aus Trauben hergestellt worden sei, die mit einem nicht zugelassenen Pflanzenschutzmittel kontaminiert gewesen seien. Wie und warum das Pflanzenschutzmittel in die Trauben gelangt sei, sei unerheblich. Nach dem Ergebnis der amtlichen Untersuchungen sei der Wein der Klägerin mit Dimethoat belastet gewesen. Nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises habe der Beklagte davon ausgehen dürfen, dass die Keltertrauben, aus denen die Weine hergestellt worden seien, ebenfalls mit einem dimethoathaltigen Pflanzenschutzmittel kontaminiert gewesen seien. Bloße Hypothesen - wie die Möglichkeit, dass der Dimethoatgehalt aus raffiniertem Zucker, Grundwasser, Fässern, Bewässerungsanlagen oder Abdrift herrühre - könnten den Anscheinsbeweis nicht erschüttern. § 13 Abs. 5 WeinG i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB sei nicht deshalb unanwendbar, weil der im Wein festgestellte Dimethoatgehalt unterhalb der europäischen Rückstandshöchstgehalte gelegen habe. Dem stehe Art. 18 Abs. 2 VO (EG) Nr. 396/2005 nicht entgegen, denn die Rückstandshöchstgehalte gälten ungeachtet des prinzipiellen Anwendungsvorrangs dieser Vorschrift für in der Bundesrepublik hergestellte Waren nur, wenn ein dimethoathaltiges Pflanzenschutzmittel in der Bundesrepublik im Weinbau zugelassen gewesen wäre. Dies sei für Dimethoat im maßgeblichen Zeitraum unstreitig nicht der Fall gewesen. Durch die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 werde nicht nur das Genehmigungsverfahren für einen Wirkstoff geregelt, sondern auch das Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel. Die Genehmigung eines Wirkstoffs auf europäischer Ebene könne nicht mit der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels in den Mitgliedstaaten gleichgesetzt werden. Würde die Normierung eines Rückstandshöchstgehalts eines Wirkstoffes auf europäischer Ebene automatisch dazu führen, dass die Verwendung eines diesen Wirkstoff enthaltenden Pflanzenschutzmittels bis zu diesem Gehalt in den Mitgliedstaaten zulässig sei, wäre ein mitgliedstaatliches Zulassungsverfahren sinnlos. Grund für das Verbot des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB sei nicht, dass das Erzeugnis Pestizidrückstände enthalte, sondern dass aus der Anwendung nicht zugelassener Pflanzenschutzmittel Unsicherheiten und Risiken entstünden, die eine Einstufung des Lebensmittels als "unsicher" rechtfertigten. Die bloße Einhaltung von Grenzwerten für einzelne Wirkstoffe genüge insofern nicht für einen ausreichenden Gesundheitsschutz. Auch die Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB stehe der Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB nicht entgegen, da sie nur für importierte Waren gelte. Die in der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 geregelten Rückstandshöchstgehalte gehörten zudem nicht zu den in § 9 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a LFGB in Bezug genommenen Höchstmengen, denn bei dieser Verordnung handele es sich ersichtlich nicht um eine Verordnung eines Bundesministeriums.
4 Zur Begründung der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision trägt die Klägerin vor, § 13 Abs. 5 WeinG gelte nur für Erzeugnisse, die vor dem 1. September 2008 hergestellt worden seien. Danach bilde ausschließlich die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 den rechtlichen Maßstab. Da § 13 Abs. 5 WeinG explizit auf die Keltertraube abstelle, könne von den Rückständen im Wein nicht auf den Zustand der verwendeten Trauben geschlossen werden. Es gebe keinen typischen Geschehensablauf, der einen solchen Schluss zulasse. Das Berufungsgericht habe die von ihr vorgetragenen Gründe für die vorhandenen Rückstände nicht hinreichend berücksichtigt. Bei Einhaltung des Rückstandshöchstgehalts der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 Abs. 5 WeinG nicht erfüllt. Weil diese Vorschrift nicht die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zum Gegenstand habe, sei der Tatbestand teleologisch zu reduzieren. Aus dem Wortlaut und der Gesetzeshistorie des § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB ergebe sich, dass die Anwendung dieser Regelung nicht auf Importwaren beschränkt sei. Zudem umfasse sie die Rückstandshöchstgehalte der Verordnung (EG) Nr. 396/2005. Der Gesetzgeber habe dies bereits in der Gesetzesbegründung angenommen und in der nachfolgenden Gesetzesfassung klargestellt.
5 Der Beklagte und der Beigeladene verteidigen das angegriffene Urteil.
6 Die Vertreterin des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht widerspricht in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft dem angegriffenen Urteil. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB sei nur auf solche Fälle anwendbar, in denen weder der Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 eröffnet sei noch Höchstgehalte nach § 9 Abs. 2 LFGB festgelegt worden seien. Ein Verkehrsverbot dürfe nicht ausgesprochen werden, wenn das Erzeugnis den Vorgaben von Art. 18 Abs. 1, Art. 20 VO (EG) Nr. 396/2005 entspreche. Der Gesundheitsschutz sei bei Einhaltung der Rückstandshöchstgehalte gewährleistet. Ungeachtet des Wortlauts des § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB bestehe der generelle Anwendungsvorrang der Verordnung (EG) Nr. 396/2005.
II
7 Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat unzutreffend einen Verstoß der Klägerin gegen § 27 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 13 Abs. 5 WeinG i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB bejaht. Anders als von ihm angenommen, galt § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB nicht. Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Die Klage hat Erfolg.
8 1. Das Oberverwaltungsgericht hat im Einklang mit Bundesrecht angenommen, dass das auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des mit der Vernichtung des Weins erledigten Verkehrs-, Verwendungs- und Verwertungsverbots (im Folgenden: Verkehrsverbot) gerichtete Fortsetzungsfeststellungsbegehren zulässig ist. Die Klägerin verfügt über das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung. Das Oberverwaltungsgericht hat ein Rehabilitierungsinteresse der Klägerin bejaht, weil über das angeordnete Verkehrsverbot in den Medien umfassend berichtet und in dem Zusammenhang auch von einem "Weinskandal" gesprochen worden sei. Dadurch sei das Ansehen der Klägerin in der Öffentlichkeit herabgesetzt worden. Die stigmatisierende Wirkung des Verkehrsverbots dauere auch noch an. Wegen der Bedeutung für die sächsische Weinbauregion und der nachhaltigen Berichterstattung sei der Fall weiterhin öffentlich präsent (UA Rn. 38 ff.). Das ist nicht zu beanstanden. Weil die Wirkungen dieser Berichterstattung - insbesondere in Online-Medien - fortdauern, liegt das Fortsetzungsfeststellungsinteresse auch im hierfür maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der Revisionsinstanz (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 20.12 - juris Rn. 11; Beschluss vom 30. April 1999 - 1 B 36.99 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6 S. 11 f.) vor.
9 2. Die Klage ist auch begründet. Die Anordnung des Verkehrsverbots für die Weine der Klägerin durch den Bescheid vom 3. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Dezember 2016 war rechtswidrig.
10 a) Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des erledigten Verkehrsverbots, bei dem es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, ist die Sach- und Rechtslage im Geltungszeitraum des Verbots (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 2023 - 3 C 14.21 - NJW 2023, 2658 Rn. 17). Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts wurde der Wein in der Zeit vom 20. Oktober 2017 bis zum 2. September 2019 entsorgt. Danach galt das Verkehrsverbot bis zum 2. September 2019 (§ 1 SächsVwVfZG i. V. m. § 43 Abs. 2 VwVfG).
11 b) Rechtsgrundlage für den Erlass des Verkehrsverbots war Art. 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Buchst. b und h der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 165 S. 1), im hier maßgeblichen Beurteilungszeitraum zuletzt geändert durch die Durchführungsverordnung (EU) 2018/1587 der Kommission vom 22. Oktober 2018 (Abl. L 264 S. 20). Der Anwendungsbereich der Verordnung war eröffnet (vgl. Art. 1 Abs. 1 und 2 VO <EG> Nr. 882/2004, Art. 1 Abs. 2 Buchst. l, Art. 73 VO <EU> Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse <ABl. L 347 S. 671>, im hier maßgeblichen Beurteilungszeitraum zuletzt geändert durch Verordnung <EU> 2017/2393 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2017 <ABl. L 350 S. 15>). Anders als vom Oberverwaltungsgericht angenommen (UA Rn. 48 f.), war Art. 54 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 882/2004 auch anwendbar, soweit der Beklagte das Verkehrsverbot zur Verhinderung eines künftigen Verstoßes anordnete. Für diese Auslegung sprechen der Sinn und Zweck der Vorschrift. Das Lebensmittelrecht könnte nicht effektiv durchgesetzt werden, wenn die Behörde erst einschreiten dürfte, nachdem ein Verstoß begangen wurde. Vielmehr muss ihr ein Einschreiten auch zur Verhinderung künftiger Verstöße möglich sein. Die Wortlautgrenze wird durch diese Auslegung nicht überschritten. Die Voraussetzung "stellt die zuständige Behörde einen Verstoß fest" schließt die Einbeziehung eines künftigen Verstoßes nicht aus.
12 Dass der Beklagte die Anordnung des Verkehrsverbots auch auf § 39 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch - LFGB) gestützt hatte, ist unschädlich. Aus § 39 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 LFGB in der im maßgeblichen Zeitraum geltenden Fassung ergab sich nichts Anderes (zur grundsätzlichen Zulässigkeit des Auswechselns der Rechtsgrundlage vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 3 C 7.14 - BVerwGE 153, 335 Rn. 15).
13 c) Die Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 882/2004 lagen jedoch nicht vor. Zwar kann die Nichteinhaltung nationaler Rechtsvorschriften für das Inverkehrbringen von Wein einen Verstoß im Sinne des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 882/2004 begründen (vgl. Art. 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 10 VO <EG> Nr. 882/2004 i. V. m. Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Nr. 1 der Verordnung <EG> Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit <ABl. L 31 S. 1>, im hier maßgeblichen Beurteilungszeitraum zuletzt geändert durch die Verordnung <EU> 2019/1381 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über die Transparenz und Nachhaltigkeit der EU-Risikobewertung im Bereich der Lebensmittelkette <ABl. L 231 S. 1>). Der Klägerin war das Inverkehrbringen der Weine aber nicht gemäß § 27 Abs. 1 i. V. m. § 13 Abs. 5 WeinG i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB verboten.
14 aa) § 27 Abs. 1 Satz 1 WeinG, der im hier maßgeblichen Beurteilungszeitraum zuletzt durch das Gesetz vom 2. Oktober 2014 (BGBl. I S. 1586) geändert worden ist, verbietet das Inverkehrbringen von Erzeugnissen, die nicht den Vorschriften des Weingesetzes entsprechen, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist. Wein gehört zu den Erzeugnissen im Sinne der Norm (vgl. § 1 Abs. 1, § 2 Nr. 1 WeinG). Ein Wein entspricht den Vorschriften des Weingesetzes nicht, wenn für seine Herstellung Keltertrauben verwendet werden, die ihrerseits nicht dem Weingesetz entsprechen. Denn gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 WeinG dürfen die in Satz 1 genannten Erzeugnisse - und damit auch Keltertrauben –, die dem Weingesetz nicht entsprechen, nicht verwendet oder verwertet werden, es sei denn, dass ihre Vorschriftswidrigkeit ausschließlich auf der Verletzung von Vorschriften über Bezeichnungen, sonstige Angaben und Aufmachungen beruht. Nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 WeinG ist für Rückstände auf Weintrauben § 9 Abs. 1 LFGB anzuwenden. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB, der im hier maßgeblichen Beurteilungszeitraum zuletzt durch die Verordnung vom 24. November 2016 (BGBl. I S. 2656) geändert worden ist, ist es verboten, Lebensmittel in den Verkehr zu bringen, wenn in oder auf ihnen Pflanzenschutzmittel im Sinne des Pflanzenschutzgesetzes vorhanden sind, die nicht zugelassen sind oder die bei den Lebensmitteln oder deren Ausgangsstoffen nicht angewendet werden dürfen. Danach ist es gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 13 Abs. 5 Nr. 1 WeinG i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB verboten, Keltertrauben für die Weinherstellung zu verwenden, in oder auf denen Rückstände eines Pflanzenschutzmittels im Sinne des Pflanzenschutzgesetzes vorhanden sind, das nicht zugelassen ist oder beim Weinbau nicht angewendet werden darf.
15 bb) Das Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Februar 2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs und zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates (ABl. L 70 S. 1) am 1. September 2008 hat entgegen der Annahme der Klägerin nicht bewirkt, dass seitdem die in § 13 Abs. 5 WeinG i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB getroffene Regelung nicht mehr gilt oder ihre Anwendung ausgeschlossen ist. Dafür ergeben sich weder aus der EG-Verordnung noch aus den nationalen Regelungen Anhaltspunkte. Der Anwendungsbereich des § 13 Abs. 5 WeinG ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht dergestalt teleologisch zu reduzieren, dass "Rückstände" im Sinne dieser Vorschrift nur solche sind, die die Rückstandshöchstgehalte nach Art. 18 Abs. 1 VO (EG) Nr. 396/2005 überschreiten. Der Wortlaut der Regelung bietet hierfür keinen Anhaltspunkt. Der Gesetzgeber ist vor dem Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 zwar von der Anwendbarkeit der Rückstands-Höchstmengenverordnung für Rückstände in und auf Weintrauben ausgegangen (Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Weinrechts, BT-Drs. 12/6060 S. 33). Hieraus lässt sich indes nicht der Schluss ziehen, er habe die Anwendung des § 13 Abs. 5 WeinG insoweit beschränken oder grundsätzlich ausschließen wollen. In systematischer Hinsicht ergibt sich, dass das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch nach seinem § 4 Abs. 1 Nr. 4 für Erzeugnisse im Sinne des Weingesetzes (nur) gilt, soweit das Weingesetz auf Vorschriften des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuchs verweist. Das ist im Hinblick auf Rückstände in oder auf Weintrauben mit dem Verweis in § 13 Abs. 5 WeinG auf § 9 Abs. 1 LFGB der Fall. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LFGB nimmt Art. 18 Abs. 1, auch in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1, der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 ausdrücklich in Bezug. Die Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB, wonach das Verbot in Satz 1 Nummer 2 nicht gilt, soweit für die dort genannten Mittel Höchstmengen festgesetzt sind, bezieht auch in der hier maßgeblichen Fassung die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 ein (s. unter cc). Somit besteht kein Anlass, eine teleologische Reduktion des § 13 Abs. 5 WeinG mit Blick auf Art. 18 Abs. 2 VO (EG) Nr. 396/2005 vorzunehmen, wonach die Mitgliedstaaten das Inverkehrbringen von unter Anhang I der Verordnung fallenden Erzeugnissen in ihrem Hoheitsgebiet nicht mit der Begründung verbieten oder verhindern dürfen, dass die Erzeugnisse Pestizidrückstände enthalten, vorausgesetzt, diese Erzeugnisse entsprechen Art. 18 Abs. 1 und Art. 20 VO (EG) Nr. 396/2005 oder der Wirkstoff ist in deren Anhang IV aufgeführt.
16 cc) Das Verbot des § 27 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 13 Abs. 5 WeinG i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB galt hier aber nicht. Das ergab sich aus § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 3. Juni 2013 (BGBl. I S. 1426), bezogen auf den hier maßgeblichen Beurteilungszeitraum zuletzt geändert durch die Verordnung vom 26. Januar 2016 (BGBl. I S. 108, im Folgenden: a. F.). Die Vorschrift ist dahin auszulegen, dass sie die Geltung von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB bereits vor ihrer Änderung durch das Gesetz vom 27. Juli 2021 (BGBl. I S. 3274) auch dann ausschloss, wenn für das Pflanzenschutzmittel Rückstandshöchstgehalte nicht durch eine Rechtsverordnung des Bundes, sondern durch die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 festgesetzt waren.
17 (1) Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB a. F. galt Satz 1 Nummer 2 nicht, soweit für die dort genannten Mittel Höchstmengen nach Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a festgesetzt sind. Gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a LFGB wird das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit es zur Erfüllung der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 LFGB, jeweils auch in Verbindung mit § 1 Abs. 3 LFGB, genannten Zwecke erforderlich ist, für Pflanzenschutz- oder sonstige Mittel oder deren Umwandlungs- oder Reaktionsprodukte Höchstmengen festzusetzen, die in oder auf Lebensmitteln beim Inverkehrbringen nicht überschritten sein dürfen.
18 Der Rückstandshöchstgehalt für Dimethoat in oder auf Keltertrauben und in Weinen war nicht in der Rechtsverordnung des Bundesministeriums nach § 9 Abs. 2 LFGB festgesetzt, sondern in der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 (vgl. Art. 18 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 i. V. m. Anhang I und II VO <EG> Nr. 396/2005). Das stand der Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB a. F. jedoch nicht entgegen.
19 (2) Eine § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB a. F. entsprechende Regelung enthielt bereits § 14 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (LMBG), auf dessen Grundlage die Verordnung über Höchstmengen an Rückständen von Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln in oder auf Lebensmitteln (Rückstands-Höchstmengenverordnung - RHmV) i. d. F. der Bekanntmachung vom 21. Oktober 1999 (BGBl. I S. 2082) erlassen worden ist. Die Verordnung diente unter anderem der Umsetzung der Richtlinie 90/642/EWG des Rates vom 27. November 1990 über die Festsetzung von Höchstgehalten an Rückständen von Schädlingsbekämpfungsmitteln auf und in bestimmten Erzeugnissen pflanzlichen Ursprungs, einschließlich Obst und Gemüse (ABl. L 350 S. 71). Die dort festgesetzten Höchstwerte galten nicht unmittelbar, sondern bedurften der Umsetzung in nationales Recht. Wenn ein in der Richtlinie festgelegter Höchstwert nicht überschritten war, sollte das Lebensmittel auch dann verkehrsfähig sein, wenn das Pestizid in Deutschland nicht als Pflanzenschutzmittel zugelassen war.
20 (3) Die Richtlinie 90/642/EWG ist durch die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 ersetzt worden (vgl. Erwägungsgrund 1 und Art. 48 Abs. 1 VO <EG> Nr. 396/2005), ohne dass damit ein Wechsel des Regelungskonzepts einhergegangen wäre. Nach Inkrafttreten der EG-Verordnung im Jahr 2008 bedurften die dort festgelegten Höchstgehalte - anders als bei der vorherigen Regelung in einer Richtlinie - nicht mehr der Umsetzung durch die Rückstandshöchstmengen-Verordnung; sie waren nunmehr nach Art. 18 Abs. 1, auch in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1, der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 festgesetzt und galten unmittelbar (Art. 288 Abs. 2 Satz 2 AEUV). Der deutsche Gesetzgeber hatte hinsichtlich der in § 9 Abs. 1 LFGB getroffenen Regelung die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 im Blick (vgl. BT-Drs. 16/8100 S. 17). Aus der Entstehungsgeschichte der Norm ergibt sich danach, dass der Gesetzgeber bei der in § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB a. F. getroffenen Regelung die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 einbeziehen und den unionsrechtlich festgelegten Pestizid-Höchstwerten (weiterhin) Vorrang vor der nationalen Zulassung von Pflanzenschutzmitteln geben wollte. Es ist nicht ersichtlich, warum der Umstand, dass die Europäische Union die Höchstwerte nicht mehr durch eine Richtlinie, sondern durch eine Verordnung mit unmittelbarer Wirkung für die Mitgliedstaaten festlegte, den bisher geltenden Vorrang der Höchstwerte infrage stellen sollte.
21 Gestützt wird dies durch eine entsprechende Einfügung mit dem Gesetz vom 27. Juli 2021 (BGBl. I S. 3274). Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB in der Fassung dieses Gesetzes gilt § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB nicht, soweit für die dort genannten Mittel Rückstandshöchstgehalte nach Art. 18 Abs. 1, auch in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1, der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 oder Höchstmengen nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a LFGB festgesetzt sind. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu (BT-Drs. 19/25319 S. 49): "Die Änderung [...] dient der Klarstellung, dass [...] Nummer 2 nicht nur dann gesperrt ist, wenn die nationale Rückstands-Höchstmengenverordnung eine erlaubte Höchstmenge vorsieht. Vielmehr gilt entsprechendes aufgrund des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts auch dann, wenn in der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 ein entsprechender Rückstandshöchstgehalt festgelegt ist." Auch wenn der Gesetzgeber nicht über Auslegungsgrenzen hinweg bestimmen könnte, ob eine Änderung eine lediglich klarstellende Funktion hat, ergibt sich daraus jedenfalls nichts gegen die Erstreckung des § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB a. F. auf die durch die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 festgelegten Rückstandshöchstgehalte.
22 (4) Dieses Auslegungsergebnis überschreitet nicht deshalb die Wortlautgrenze, weil § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB a. F. allein auf Rückstands-Höchstmengen in einer Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft abgestellt hat. Der Normgeber hat seinerzeit wegen der unmittelbaren Geltung der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 deren ausdrückliche Einbeziehung in § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB a. F. nicht für erforderlich halten dürfen.
23 Die Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LFGB steht dem nicht entgegen. Hiernach ist es verboten, Lebensmittel in den Verkehr zu bringen, die den Anforderungen nach Art. 18 Abs. 1, auch in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1, der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 nicht entsprechen. Mit dieser ausdrücklichen Bezugnahme wollte der Gesetzgeber die Voraussetzungen für eine Strafbewehrung in § 59 Abs. 1 Nr. 6 LFGB schaffen (vgl. BT-Drs. 16/8100 S. 17). Rückschlüsse auf sein Verständnis des § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB a. F. lässt diese Gesetzesänderung, die vor allem im Lichte des strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes (Art. 103 Abs. 2 GG) zu sehen ist, nicht zu.
24 (5) Dem Gesundheitsschutz, den das Berufungsgericht für seine Argumentation zur (Nicht-)Anwendbarkeit des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB in den Vordergrund stellt (UA Rn. 52, 57 im Anschluss an OLG München, Urteil vom 16. Juli 2014 - 20 U 4218/13 - juris Rn. 53 ff.), und dem unionsrechtlichen Vorsorgeprinzip (vgl. Art. 7 VO <EG> Nr. 178/2002 sowie Erwägungsgrund 8 der VO <EG> Nr. 1107/2009) ist durch die Festsetzung der Rückstandshöchstgehalte für bestimmte Wirkstoffe Rechnung getragen (vgl. auch Erwägungsgründe 2 und 5 der VO <EG> Nr. 396/2005). Wenn sich die Risikoeinschätzung in Bezug auf bestimmte Wirkstoffe ändert, ist das - wie für Dimethoat geschehen, vgl. Durchführungsverordnung (EU) 2019/1090 der Kommission vom 26. Juni 2019 zur Nichterneuerung der Genehmigung für den Wirkstoff Dimethoat gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Änderung des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 (ABl. L 173 S. 39) – durch eine entsprechende Änderung der Anhänge II und III der VO (EG) Nr. 396/2005 umzusetzen.
25 (6) Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB gelte nur für importierte Waren (UA Rn. 59 im Anschluss an VGH Mannheim, Urteil vom 2. März 2010 - 9 S 171/09 - NVwZ-RR 2010, 804 <806>), geht ebenfalls fehl. Dem Wortlaut der Vorschrift ist keine Unterscheidung von in Deutschland hergestellten und importierten Produkten zu entnehmen. Die Gesetzesbegründung zur Vorgängervorschrift des § 14 LMBG, wonach das Verbot "nicht zuletzt" für eingeführte Lebensmittel von Bedeutung sei (BT-Drs. 7/255 S. 30), lässt nicht den Schluss zu, die Regelung gelte ausschließlich für diese. Es erschließt sich nicht, weshalb das Lebensmittelrecht die Verkehrsfähigkeit eines Lebensmittels davon abhängig machen sollte, ob es in Deutschland hergestellt wurde oder in einem Land, in dem das Pflanzenschutzmittel für die Herstellung zugelassen ist.
26 3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Voraussetzungen für ein Verkehrsverbot gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 1 WeinG i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LFGB lagen nicht vor. Die Keltertrauben und der Wein entsprachen den Anforderungen nach Art. 18 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 VO (EG) Nr. 396/2005. Eine Überschreitung des Rückstandshöchstgehalt für Dimethoat von damals 0,02 mg/kg war nicht gesichert nachgewiesen.
27 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.