Beschluss vom 16.03.2021 -
BVerwG 3 BN 2.21ECLI:DE:BVerwG:2021:160321B3BN2.21.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.03.2021 - 3 BN 2.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:160321B3BN2.21.0]

Beschluss

BVerwG 3 BN 2.21

In der Normenkontrollsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. März 2021
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann
beschlossen:

  1. Der Antrag der Antragsteller, ihnen für die Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 23. Februar 2021 - BVerwG 3 BN 1.21 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
  2. Die Anhörungsrüge der Antragsteller gegen den Beschluss des Senats vom 23. Februar 2021 - BVerwG 3 BN 1.21 - wird verworfen.
  3. Die Antragsteller tragen die Kosten des Rügeverfahrens je zur Hälfte.

Gründe

1 1. Der Senat kann in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung entscheiden, weil das von den Antragstellern mit Schreiben vom 5. März 2021 angebrachte Ablehnungsgesuch unzulässig ist; es bedarf daher auch keiner dienstlichen Stellungnahme gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 44 Abs. 3 ZPO.

2 Ein Ablehnungsgesuch nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 1 und 2 ZPO kann ausnahmsweise dann unter Mitwirkung abgelehnter Richter als unzulässig verworfen werden oder überhaupt unberücksichtigt bleiben, wenn es sich als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16. April 2020 - 5 B 15.20 D - juris Rn. 3 und vom 29. November 2017 - 10 B 5.17 - juris Rn. 1, jeweils m.w.N.). Indizien für einen solchen Missbrauch des Ablehnungsrechts können etwa sein, dass die Begründung des Gesuchs nicht hinreichend konkret auf den bzw. die abgelehnten Richter bezogen ist oder dass der Inhalt der Begründung von vornherein ersichtlich ungeeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen (BVerwG, Beschlüsse vom 12. August 2020 - 8 PKH 8.20 - juris Rn. 2 und vom 29. November 2017 - 10 B 5.17 - juris Rn. 1, jeweils m.w.N.). Solche Indizien ermöglichen die Annahme eines offensichtlich rechtsmissbräuchlichen und damit unzulässigen Ablehnungsgesuchs, wenn zur Begründung des Rechtsmissbrauchs nicht auf den Verfahrensgegenstand selbst eingegangen werden muss (BVerfG, Kammerbeschluss vom 11. März 2013 - 1 BvR 2853/11 - juris Rn. 27 ff.). Da die Befangenheitsregelungen des § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 42 ff. ZPO nicht vor fehlerhafter Verfahrensführung oder Sachentscheidung, sondern vor persönlicher Voreingenommenheit des Richters schützen sollen, ist die Berufung auf tatsächliche oder vermeintliche Verfahrens- oder Rechtsanwendungsfehler für sich genommen nicht geeignet, einen Ablehnungsgrund darzutun. Zusätzlich müssen konkrete Umstände vorgetragen werden, die darauf hindeuten können, dass die gerügten Mängel nicht nur auf einer fehlerhaften Rechtsauffassung, sondern auf einer persönlichen Voreingenommenheit des abgelehnten Richters oder auf Willkür beruhen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. August 2020 - 8 PKH 8.20 - juris Rn. 2).

3 Gemessen daran ist das Ablehnungsgesuch der Antragsteller unzulässig. Aus ihrem Schreiben vom 5. März 2021 geht bereits nicht hervor, gegen wen sich ihr Befangenheitsantrag konkret richtet. Es heißt dort: "... Wegen all dem wird Befangenheitsantrag gestellt und eine dienstliche Stellungnahme aller Beteiligten gefordert". Aus dem Vorbringen, das im Schreiben vom 5. März 2021 diesem Antrag vorangestellt ist, wird nicht deutlich, ob mit "all dem" und "aller Beteiligten" auch der Beschluss des Senats vom 23. Februar 2021 und die daran mitwirkenden Richter gemeint sind. Mit diesem Beschluss hat der Senat den Antrag der Antragsteller abgelehnt, ihnen für das Beschwerdeverfahren BVerwG 3 BN 1.21 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen. In ihrem Schreiben vom 5. März 2021 benennen die Antragsteller weder diesen Beschluss noch die daran mitwirkenden Richter. Sie zeigen auch nicht auf, dass sich aus der Kollegialentscheidung vom 23. Februar 2021 selbst Anhaltspunkte für eine Besorgnis der Befangenheit bezüglich der gesamten Richterbank ergäben. Dem Schreiben vom 5. März 2021 lässt sich nicht entnehmen, dass und inwiefern sich die dort vorgebrachten Rügen auf die Verfahrensführung im Verfahren BVerwG 3 BN 1.21 und die Sachentscheidung vom 23. Februar 2021 beziehen. Das Schreiben ist nahezu identisch mit dem Schreiben der Antragsteller vom 16. Februar 2021, mit dem sie wortgleiche Rügen gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof betreffend das vorinstanzliche Verfahren VGH 1 S 1316/20 (und weitere dort geführte Verfahren) erhoben haben.

4 2. Der Senat wertet die mit Schreiben vom 5. März 2021 erhobene "Gehörsrüge und Anhörungsrecht nach § 321a Abs. 1 ZPO" als Anhörungsrüge nach § 152a VwGO gegen seinen Beschluss vom 23. Februar 2021 - BVerwG 3 BN 1.21 -.

5 Die Anhörungsrüge bleibt ohne Erfolg. Mit ihrem Vorbringen legen die Antragsteller nicht dar, dass der Senat ihren Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 152a Abs. 2 Satz 6 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Die Rüge, der Senat habe ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung über das Prozesskostenhilfegesuch entschieden, begründet keinen Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 1 Satz 1 ZPO ergehen Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss. Auch mit dem übrigen Vorbringen im Schreiben vom 5. März 2021 zeigen die Antragsteller nicht auf, dass der Senat bei seiner Beurteilung im Beschluss vom 23. Februar 2021, die beabsichtigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 8. Oktober 2020 habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, entscheidungserheblichen Vortrag der Antragsteller übergangen hat. Dass der Senat ihrer Auffassung, die beabsichtigte Rechtsverfolgung habe Erfolg, nicht gefolgt ist, lässt nicht auf eine mangelnde Berücksichtigung ihres Vorbringens schließen. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet den Senat nicht, der Rechtsansicht der Antragsteller zu folgen (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. April 1983 - 2 BvR 678/81 u.a. - BVerfGE 64, 1 <12>; BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 2020 - 3 C 12.20 - juris Rn. 4).

6 3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für dieses Anhörungsrügeverfahren ist abzulehnen, weil aus den genannten Gründen die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 ZPO).

7 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.

8 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).