Beschluss vom 17.01.2019 -
BVerwG 1 PKH 48.18ECLI:DE:BVerwG:2019:170119B1PKH48.18.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.01.2019 - 1 PKH 48.18 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:170119B1PKH48.18.0]

Beschluss

BVerwG 1 PKH 48.18

  • VG Hamburg - 31.03.2017 - AZ: VG 8 A 1613/14
  • OVG Hamburg - 28.06.2018 - AZ: OVG 1 Bf 92/17.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. Januar 2019
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Rudolph und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Böhmann
beschlossen:

Die Gegenvorstellung des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 29. Oktober 2018 (BVerwG 1 PKH 48.18) wird zurückgewiesen.

Gründe

1 1. Der Senat legt das Schreiben des Klägers vom 28. Dezember 2018 als Gegenvorstellung gegen seinen Beschluss vom 29. Oktober 2018 aus, mit dem der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt worden ist.

2 2. Es kann dahinstehen, ob die Gegenvorstellung deshalb unzulässig ist, weil der Gesetzgeber mit der Schaffung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO zum Ausdruck gebracht hat, dass daneben die gesetzlich nicht geregelte Gegenvorstellung nicht mehr zuzulassen ist. Auch kann offenbleiben, ob die Statthaftigkeit einer Gegenvorstellung im Fall der formell rechtskräftigen Versagung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe - wie mit dem hier angegriffenen Beschluss des Senats - mit Blick darauf in Betracht gezogen werden kann, dass Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wiederholt gestellt werden können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. November 2017 - 5 PKH 16.17 D - juris Rn. 7 m.w.N.; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 150 Rn. 10 f.).

3 Die Gegenvorstellung hat jedenfalls deshalb keinen Erfolg, weil der Vortrag des Klägers keinen Anlass zur Änderung des angegriffenen Beschlusses gibt.

4 Der Senat hat mit dem angegriffenen Beschluss vom 29. Oktober 2018 - BVerwG 1 PKH 48.18 - den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil das beabsichtigte Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg bietet und aussichtslos erscheint (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO, § 173 VwGO i.V.m. § 78b Abs. 1 ZPO). Zur Begründung hat er auf ein Urteil des Senats vom 29. August 2018 in der Parallelsache BVerwG 1 C 6.18 Bezug genommen.

5 Der Kläger wendet hiergegen ein, dass diese Entscheidung einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standhalte, weil die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der vom Kläger eingelegten Revision überspannt würden. Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Dezember 2018 - 2 BvR 1583/18 - (Rn. 14) gehe hervor, dass es für die Beurteilung der Erfolgsaussichten darauf ankommt, ob die Entscheidung zur Erhebung des Rechtsbehelfs aus der Sicht eines vernünftigen Rechtsschutzsuchenden verständlich erscheint. Änderungen in der Beurteilung der Erfolgsaussichten, die nach Erhebung des einschlägigen Rechtsmittels einträten, seien grundsätzlich nicht mehr zu Lasten des Rechtsschutzsuchenden zu berücksichtigen. Zu dem Zeitpunkt, als er (der Kläger) sich entschieden habe, das Rechtsmittel einzulegen, mithin am 25. Juli 2018, habe die einschlägige Rechtsfrage noch keine höchstrichterliche Klärung erfahren gehabt, weil das Urteil des Senats in der Parallelsache erst am 29. August 2018 ergangen sei.

6 Diese Auffassung findet indes in der Rechtsprechung keinen Rückhalt. Vielmehr geht das Bundesverfassungsgericht in der von dem Kläger zitierten Entscheidung davon aus, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung der Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags ist und nicht - wie der Kläger meint - der Zeitpunkt der Einlegung der Revision. Änderungen in der Beurteilung der Erfolgsaussichten, die nach der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags eintreten, sind grundsätzlich nicht mehr zu Lasten des Rechtsschutzsuchenden zu berücksichtigen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 5. Dezember 2018 - 2 BvR 1122/18, 1222/18, 1583/18 - juris Rn. 13 f.; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. August 2018 - 2 BvR 2647/17 - NVwZ-RR 2018, 873 Rn. 15). Die Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags tritt aber regelmäßig erst nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie nach Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme ein (BVerwG, Beschluss vom 12. September 2007 - 10 C 39.07 , 10 PKH 16.07 - Buchholz 310 § 166 VwGO Nr. 42 Rn. 1; Neumann/Schaks, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 166 Rn. 77).

7 Im vorliegenden Fall sind die Prozesskostenhilfeunterlagen am 17. September 2018 bei dem Bundesverwaltungsgericht eingegangen. Berücksichtigt man eine angemessene Frist zur Stellungnahme, liegt der maßgebliche Zeitpunkt der Bewilligungsreife jedenfalls nicht vor dem 1. Oktober 2018. Zu diesem Zeitpunkt waren der Tenor (den Beteiligten jenes Verfahrens vorab unter dem 29. August 2018 übersandt) und die Entscheidungsgründe (in vollständig abgesetzter Form am 20. bzw. 24. September 2018 den Beteiligten zugestellt) des am 29. August 2018 ohne mündliche Verhandlung ergangenen Urteils in dem Parallelverfahren BVerwG 1 C 6.18 bereits bekannt gegeben. Im Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags im vorliegenden Verfahren hatte die Revision des Klägers mithin keine Aussicht mehr auf Erfolg. Die mangelnden Erfolgsaussichten des Rechtsmittels des Klägers ergeben sich aus den Gründen der Entscheidung im Verfahren BVerwG 1 C 6.18 . Selbst bei Annahme der Bewilligungsreife am 17. September 2018 waren die Erfolgsaussichten durch das Urteil vom 29. August 2018 entfallen, und zwar auch in Ansehung dessen, dass die Prozesskostenhilfeunterlagen innerhalb der mit Verfügung vom 3. September 2018 gesetzten Frist eingereicht worden sind. Dass der Kläger diese Unterlagen nicht schon zu dem nach seiner Rechtsauffassung maßgeblichen Zeitpunkt der Revisionseinlegung hätte vorlegen können, ist nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.

8 3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar.