Urteil vom 17.03.2004 -
BVerwG 1 C 1.03ECLI:DE:BVerwG:2004:170304U1C1.03.0
Leitsätze:
1. Eine Aufenthaltsbefugnis nach § 70 Abs. 1 AsylVfG begründet einen rechtmäßigen Aufenthalt im Sinne des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK.
2. Beantragt ein nach § 51 Abs. 1 AuslG anerkannter Flüchtling einen Konventions-Reiseausweis und ergeben sich aufgrund neuer Tatsachen oder des Fehlens von geeigneten Dokumenten ernsthafte Zweifel an seiner Identität, so kann die Ausländerbehörde hierzu weitere Nachweise verlangen, soweit dies dem Flüchtling zumutbar ist.
3. Unterbleibt in einem solchen Fall eine zumutbare Mitwirkung oder ist sie unzureichend und lässt sich die Identität auch nicht auf andere Weise klären, so darf die Ausländerbehörde die Ausstellung des Reiseausweises ablehnen.
4. Ist eine Klärung der Identität wegen Unzumutbarkeit der Mitwirkung oder trotz der Mitwirkung des Flüchtlings nicht möglich, darf der Reiseausweis nicht verweigert werden. In diesem Fall kann der Vermerk angebracht werden, dass die Personalien auf eigenen Angaben beruhen.
Urteil des 1. Senats vom 17. März 2004 - BVerwG 1 C 1.03
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Rechtsquellen
Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - Art. 27, 28, Anhang §§ 3, 10, 15 Staatenlosenübereinkommen - StlÜbk - Art. 28 Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge - WVRK - Art. 4, 31 Abs. 1 AsylVfG § 70 Abs. 1, § 72 Abs. 1 AuslG § 39 Abs. 1 Satz 3 Nr. 10, §§ 41, 51 Abs. 1 DVAuslG § 14 Abs. 2 Nr. 1 b, § 22 VwGO § 86 Abs. 1 -
Instanzenzug
VGH München - 08.11.2002 - AZ: VGH 24 B 01.2136 -
Bayerischer VGH München - 08.11.2002 - AZ: VGH 24 B 01.2136
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 17.03.2004 - 1 C 1.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:170304U1C1.03.0]
Urteil
BVerwG 1 C 1.03
- VGH München - 08.11.2002 - AZ: VGH 24 B 01.2136 -
- Bayerischer VGH München - 08.11.2002 - AZ: VGH 24 B 01.2136
In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2004
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r ,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n , H u n d und
R i c h t e r und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht B e c k
für Recht erkannt:
- Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klage auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen gerichtet war. Insoweit sind das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 8. November 2002 und der Gerichtsbescheid des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 12. Juli 2001 unwirksam.
- Im Übrigen wird das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
- Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen bis zu der Erledigung hinsichtlich der Aufenthaltsbefugnisse zur Hälfte. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorbehalten.
I
Die Klägerinnen erstreben die Ausstellung eines Reiseausweises nach der Genfer Flüchtlingskonvention.
Die Klägerin zu 1 und ihre Tochter, die Klägerin zu 2, stammen nach eigenen Angaben aus dem Irak. Im Juni 1999 reisten sie in das Bundesgebiet ein und beantragten Asyl. Im Rahmen der Anhörung gab die Klägerin zu 1 an, sie hätten keinerlei Identitätsnachweise. Der Schlepper habe ihnen ihre Personalausweise abgenommen.
Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 20. Juli 1999 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Asylanträge ab, stellte jedoch bezüglich des Irak die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG fest. Im August 1999 beantragten die Klägerinnen, ihnen Aufenthaltsbefugnisse zu erteilen und einen Reiseausweis nach der Genfer Flüchtlingskonvention auszustellen. Die Beklagte forderte die Klägerinnen daraufhin auf, Nachweise zu ihrer Identität vorzulegen. Es müsse möglich sein, über die in Bagdad lebenden Eltern etwa Staatsbürgerurkunden oder die Heiratsurkunde der Klägerin zu 1 zu beschaffen.
Im Oktober 1999 legten die Klägerinnen eine Geburtsurkunde für die Klägerin zu 2 vor, die nach einem Gutachten des Bayerischen Landeskriminalamts gefälscht war. Ein gegen die Klägerin zu 1 daraufhin eingeleitetes staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. In der Folgezeit forderte die Ausländerbehörde die Klägerinnen mehrfach zur Vorlage echter Identitätsnachweise auf. Im April 2001 haben die Klägerinnen Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht mit Gerichtsbescheid vom 12. Juli 2001 abgewiesen hat. Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung machten die Klägerinnen u.a. geltend, es sei ihnen unzumutbar und unmöglich, sich im Irak Personenstandspapiere zu beschaffen. Es sei nicht nachvollziehbar, warum Verwandte oder Bekannte entsprechende Papiere haben sollten.
Während des Berufungsverfahrens legten die Klägerinnen angebliche irakische Personalausweise vor. Auch diese erwiesen sich nach dem eingeholten Gutachten des Bayerischen Landeskriminalamtes als Fälschungen. Ein erneut eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde wiederum nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
Mit Urteil vom 8. November 2002 hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung der Klägerinnen zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, den Klägerinnen stehe jedenfalls zum derzeitigen Zeitpunkt kein Anspruch auf die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen nach § 70 Abs. 1 AsylVfG und auf die Ausstellung eines Reiseausweises nach Art. 28 Abs. 1 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) zu. Hinsichtlich des Reiseausweises fehle es an dem erforderlichen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet. Nach Abschluss des Asylverfahrens seien die Klägerinnen im Besitz von Duldungen, die keinen rechtmäßigen Aufenthalt begründeten. Darüber hinaus sei die Beklagte auch deshalb nicht zur Ausstellung eines Reiseausweises verpflichtet, weil berechtigte Zweifel an der Identität und Staatsangehörigkeit der Klägerinnen bestünden. Diese Zweifel stützten sich darauf, dass die Klägerinnen ohne jegliche Identitätsnachweise eingereist seien und der Ausländerbehörde zweimal gefälschte Personenstandsurkunden vorgelegt hätten. Die Klägerinnen hätten nicht plausibel dargetan, dass es ihnen nicht möglich sein sollte, echte Nachweise (ohne persönliche Vorsprache bei irakischen Behörden) über noch im Irak lebende Verwandte zu beschaffen. Angesichts dieser konkreten Situation könne die Beklagte nicht verpflichtet werden, den Klägerinnen Aufenthaltsbefugnis und Reiseausweis auszustellen, denen gerade auch hinsichtlich der Identität im Rechtsverkehr eine gewisse Beweisfunktion zukomme.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerinnen. Sie machen zur Begründung geltend, ihnen seien Aufenthaltsbefugnisse nach § 70 AsylVfG zu erteilen. Auf Zweifel an ihrer Identität und Staatsangehörigkeit komme es insoweit nicht an. Sie könnten auch nach Art. 28 GFK die Erteilung von Reiseausweisen beanspruchen, weil sie sich angesichts der Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten.
Die Beklagte tritt der Revision entgegen.
Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich am Verfahren. Er führt u.a. aus, der Reiseausweis für Flüchtlinge weise im internationalen Reiseverkehr in weitem Umfang passersetzenden Charakter auf. Es sei im völkerrechtlichen Verkehr nicht hinnehmbar, dass Papiere mit einer solchen Funktion ausgestellt würden, die falsche Angaben enthielten.
Während des Revisionsverfahrens hat die Beklagte den Klägerinnen Aufenthaltsbefugnisse erteilt. Daraufhin haben beide Seiten den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt.
II
Soweit die Klage auf die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen gerichtet war, ist das Verfahren aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Klägerinnen und des Beklagten in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 125 Abs. 1 Satz 1, § 141 Satz 1 VwGO einzustellen. Die vorinstanzlichen Entscheidungen sind insoweit unwirksam (§ 173 VwGO in Verbindung mit § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
Soweit das Berufungsurteil hinsichtlich des erstrebten Reiseausweises die klageabweisende erstinstanzliche Entscheidung bestätigt hat, verstößt es gegen Bundesrecht. Die Sache ist insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.
1. In Betracht kommt allein ein Anspruch der Klägerinnen nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK -, BGBl II 1953 S. 560/BGBl II 1954 S. 619). Danach stellen die vertragschließenden Staaten Flüchtlingen, die sich rechtmäßig in ihrem Gebiet aufhalten, Reiseausweise aus, die ihnen Reisen außerhalb dieses Gebietes gestatten, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen.
Die Klägerinnen können sich für den von ihnen geltend gemachten Anspruch unmittelbar auf Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention berufen, der die Bundesrepublik Deutschland nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG durch Bundesgesetz zugestimmt hat. Nach der Rechtsprechung des Senats führt die Transformation eines völkerrechtlichen Vertrages durch ein Zustimmungsgesetz zur unmittelbaren Anwendbarkeit einer Vertragsnorm, wenn sie nach Wortlaut, Zweck und Inhalt geeignet und hinreichend bestimmt ist, wie eine innerstaatliche Vorschrift rechtliche Wirkung zu entfalten, dafür also keiner weiteren normativen Ausfüllung bedarf. Diese Voraussetzungen liegen bei Art. 28 GFK vor (vgl. Urteil vom 4. Juni 1991 - BVerwG 1 C 42.88 - BVerwGE 88, 254 <257> m.w.N.).
Bei der Auslegung der Genfer Flüchtlingskonvention ist Art. 31 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 (BGBl II 1985 S. 926/II 1987 S.757) - WVRK - zwar nicht unmittelbar, aber als Ausdruck allgemeiner Regeln des Völkerrechts anwendbar (vgl. Art. 4 WVRK). Nach Art. 31 Abs. 1 WVRK ist ein Vertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Ziels und Zwecks auszulegen.
2. Der Senat kann nicht abschließend selbst entscheiden, ob alle Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK vorliegen. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind allerdings die Klägerinnen Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention.
3. Soweit Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK den rechtmäßigen Aufenthalt des Flüchtlings in der Bundesrepublik Deutschland voraussetzt, bestehen im Ergebnis keine Bedenken, dass die Klägerinnen jedenfalls inzwischen - nach Erteilung der Aufenthaltsbefugnisse im Revisionsverfahren - über den hierfür erforderlichen Aufenthaltstitel verfügen.
Rechtmäßiger Aufenthalt im Hoheitsgebiet beinhaltet, wie der Senat zu der gleich lautenden Vorschrift des Art. 28 Satz 1 des Übereinkommens vom 28. September 1954 über die Rechtsstellung der Staatenlosen - StlÜbk - (BGBl II 1976 S. 473/ BGBl II 1977 S. 235) entschieden hat (Urteil vom 16. Oktober 1990 - BVerwG 1 C 15.88 - BVerwGE 87, 11 <14 f.>), eine besondere Beziehung des Betroffenen zu dem Vertragsstaat durch eine mit dessen Zustimmung begründete Aufenthaltsverfestigung. Es genügt nicht die faktische Anwesenheit, selbst wenn sie dem Vertragsstaat bekannt ist und von diesem hingenommen wird (vgl. Urteil vom 4. Juni 1991 - BVerwG 1 C 42.88 - BVerwGE 88, 254 <266 ff.>). Die Notwendigkeit einer gewissen Aufenthaltsverfestigung ergibt sich nicht nur aus der sprachlichen Formulierung "rechtmäßig aufhalten", die zutreffend die nach dem Vertragstext verbindliche englische und französische Formulierung "lawfully staying" bzw. "résidant régulièrement" wiedergibt, sondern vor allem aus einem Vergleich zwischen Art. 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 GFK. Nach Satz 1 stellen die Vertragsstaaten Reiseausweise den Flüchtlingen aus, die sich in ihrem Hoheitsgebiet rechtmäßig aufhalten. Nach Satz 2 können sie auch anderen im Hoheitsgebiet befindlichen Flüchtlingen einen solchen Ausweis ausstellen. Die Genfer Flüchtlingskonvention regelt ebenso wenig wie das Staatenlosen-Übereinkommen, wann im Einzelnen ein Aufenthalt rechtmäßig ist. Vielmehr bestimmt sich die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts grundsätzlich nach den für die Aufenthaltnahme geltenden Rechtsnormen des jeweiligen Vertragsstaates.
In der Bundesrepublik Deutschland ist der Aufenthalt eines Ausländers grundsätzlich nur dann rechtmäßig, wenn er von der zuständigen Ausländerbehörde erlaubt worden ist. Ausländer bedürfen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AuslG, sofern nicht besondere Befreiungstatbestände eingreifen, einer Aufenthaltsgenehmigung. Ohne eine derartige Aufenthaltsgenehmigung oder die Befreiung von diesem Erfordernis nach Maßgabe der §§ 2 und 3 Abs. 1 Satz 2 AuslG ist der Ausländer nach § 42 Abs. 1 AuslG verpflichtet, das Bundesgebiet unverzüglich zu verlassen. Sein Aufenthalt ist dann nicht rechtmäßig. Die bloße Anwesenheit des Ausländers, mag sie auch von der Behörde hingenommen werden, genügt mithin nach deutschem Recht unabhängig von ihrer Dauer nicht für einen rechtmäßigen Aufenthalt.
Eine Aufenthaltsbefugnis nach § 70 Abs. 1 AsylVfG begründet einen rechtmäßigen Aufenthalt im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK (vgl. VGH München, InfAuslR 2004; 109; Fraenkel, Einführende Hinweise zum neuen Ausländergesetz, 1991, S. 99; UNHCR, Stellungnahme zu Art. 28 GFK, August 2003, ZAR 2003, 330 <332>; vgl. ferner Nr. 51.0.3.3 AuslG-VwV vom 28. Juni 2000, GMBl 2000, 618). Abgesehen davon, dass dieser Aufenthalt - unter der Voraussetzung gleich bleibender tatsächlicher Verhältnisse - grundsätzlich auf Dauer angelegt ist, hat der deutsche Gesetzgeber nämlich dem anerkannten Konventionsflüchtling in § 70 Abs. 1 AsylVfG als Rechtsfolge seiner Anerkennung nach § 51 Abs. 1 AuslG gerade diesen und zunächst nur diesen Aufenthaltsstatus zugeordnet.
Offen bleiben kann, ob ein rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK auch schon vor der Erteilung der Aufenthaltsbefugnis angenommen werden kann, wenn der Flüchtling - wie hier die Klägerinnen zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung - zwar bestandskräftig anerkannt ist und alle Voraussetzungen für eine Aufenthaltsbefugnis nach § 70 Abs. 1 AsylVfG erfüllt, diese ihm jedoch rechtswidrig vorenthalten wird (hier allerdings noch vor dem die Rechtslage klärenden Urteil des Senats vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 1 C 3.02 - BVerwGE 117, 276). Es bedarf namentlich nicht der Entscheidung, ob die Rechtsprechung des Senats zur Rechtmäßigkeit des Aufenthalts nach Art. 28 Satz 1 StlÜbk (vgl. auch Urteil vom 16. Juli 1996 - BVerwG 1 C 30.93 - BVerwGE 101, 295) in vollem Umfang auf einen solchen bereits bestandskräftig anerkannten Flüchtling, der eine Aufenthaltsbefugnis nach § 70 Abs. 1 AsylVfG beanspruchen kann, übertragbar ist. Abgesehen davon, dass sich eine der vorliegenden vergleichbare Konstellation künftig bei Beachtung des erwähnten Urteils vom 17. Dezember 2002 (a.a.O.) kaum mehr ergeben dürfte, kann der Senat die im Laufe des Revisionsverfahrens erfolgte Erteilung der Aufenthaltsbefugnisse an die Klägerinnen berücksichtigen, weil dies der endgültigen Erledigung des Rechtsstreits dient (vgl. etwa Urteil des 9. Senats vom 20. Februar 2001 - BVerwG 9 C 20.00 - BVerwGE 114, 16 <25 f.> m.w.N.; vgl. ferner zu neuen Bescheiden Urteil vom 19. September 2000 - BVerwG 1 C 17.99 - BVerwGE 112, 51, 58).
4. Der auf Ausstellung eines Reiseausweises nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK gerichtete Anspruch eines Konventionsflüchtlings, der sich rechtmäßig im Gebiet eines vertragschließenden Staates aufhält, kann Einschränkungen unterliegen, wenn ernsthafte Zweifel an seiner Identität bestehen.
a) Maßgeblich für die Zulässigkeit derartiger Einschränkungen ist die Identifikationsfunktion des Reiseausweises nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK. Diese Funktion wird dort zwar nicht ausdrücklich erwähnt. Sie ist aber dem Konventions-Reiseausweis nach dem Sinn und Zweck der genannten Bestimmung immanent. Dieser Ausweis soll Konventionsflüchtlingen Reisen außerhalb des Staates ermöglichen, in dem sie sich rechtmäßig aufhalten (vgl. zur Garantie der Gestattung einer Wiedereinreise § 13 des Anhangs zur GFK; vgl. auch Weis, The Refugee Convention, 1951, S. 241). Zugleich hat der Reiseausweis nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK die Funktion, die Identität des Ausweisinhabers zu bescheinigen. Er wird nämlich zu dem Zweck ausgestellt, dem Inhaber als Reiseausweis an Stelle eines nationalen Reisepasses zu dienen, wie sich aus dem Text in dem Muster-Reiseausweis in der Anlage der Genfer Flüchtlingskonvention ergibt (vgl. auch UNHCR a.a.O. S. 331). Zudem nehmen die Bestimmungen des Anhangs zu der Konvention auf nationale Pässe Bezug (vgl. § 3 und § 10). Damit soll der Konventions-Reiseausweis in weitem Umfang einen nationalen Reisepass ersetzen, wie der Vertreter des Bundesinteresses zutreffend ausgeführt hat. Auf von diesem angeführte, teilweise gegenüber nationalen Reisepässen bestehende Besonderheiten (keine Erklärung des einen Reiseausweis nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK ausstellenden Staates, dass er den Inhaber als eigenen Staatsangehörigen in Anspruch nimmt und ihm konsularischen Schutz gewährt) kommt es hier nicht an. Es besteht kein Zweifel, dass nationale Reisepässe als öffentliche, internationale Anerkennung genießende staatliche Urkunden nach internationaler Übung (auch) eine Identifikationsfunktion haben. Ein derartiger Pass ermöglicht den (widerlegbaren) Nachweis, dass sein Inhaber die in ihm genannte, beschriebene und abgebildete Person ist und die im Pass enthaltenen Angaben mit den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Inhabers übereinstimmen (vgl. Jansen, ZAR 1998, 70 ff.; ders., VerwArch 1999, 267 ff. jeweils m.w.N.; vgl. auch Gaerte, in: Strupp-Schlochauer, Wörterbuch des Völkerrechts, 1961, 2. Band, S. 745 zum Stichwort Passrecht). Für den - wie ausgeführt den nationalen Pass ersetzenden - Reiseausweis nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK kann grundsätzlich nichts anderes gelten. Auch er soll bescheinigen, dass die aufgeführten Personendaten (insbesondere Name, Vorname, Geburtsdatum und Geburtsort; vgl. Muster in der Anlage zu der Konvention) den Personalien des durch Lichtbild und Unterschrift ausgewiesenen Ausweisinhabers entsprechen. Ungeachtet dessen bestimmen und berühren die Ausstellung des Reiseausweises und die darin angebrachten Vermerke nicht die Rechtsstellung des Ausweisinhabers, insbesondere nicht seine Staatsangehörigkeit (vgl. § 15 des Anhangs zur GFK).
b) Bestehen an der Identität des Flüchtlings ernsthafte Zweifel, so kann im Falle der Ausstellung eines Reiseausweises dessen nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK vorausgesetzte Identifikationsfunktion beeinträchtigt sein.
Der nach dieser Bestimmung auszustellende Reiseausweis hat - untrennbar verbunden mit seinem primären Zweck, dem Flüchtling grenzüberschreitende Reisen zu ermöglichen - zugleich bestimmte Ordnungs- und Kontrollfunktionen. Diese können gefährdet sein, wenn Flüchtlinge trotz ernsthafter Zweifel an ihrer Identität über einen Reiseausweis (ohne geeignete Hinweise; vgl. unten e) verfügen. Im internationalen Reiseverkehr erfüllt dieser als passersetzendes Papier u.a. den Zweck, die Entscheidung dritter Staaten über die Gestattung der Einreise, Durchreise und Ausreise zu ermöglichen, etwa durch den Abgleich der im Pass enthaltenen Daten des Inhabers mit Fahndungs- oder Sperrdateien. Eine Beeinträchtigung der Identifikationsfunktion würde ein erhöhtes Risiko von Missbrauchsfällen und Straftaten bedeuten.
In diesem Zusammenhang ist, wie der Vertreter des Bundesinteresses zutreffend ausgeführt hat, auch zu berücksichtigen, dass ein internationaler Reiseausweis weitgehend ungehinderte Reiseaktivitäten ermöglicht, an denen auch Personen aus dem Umfeld des internationalen Terrorismus ein Interesse haben. Gelingt es diesen, ihre wahre Identität durch Verwendung von Reiseausweisen mit falschen Personenangaben zu verschleiern, so können sie bei ihren Reiseaktivitäten erfolgreich Personenfahndungen umgehen. Nach der Resolution des UN-Sicherheitsrats 1373 (2001) vom 28. September 2001 (in: Resolutionen und Beschlüsse des Sicherheitsrats 1. Januar 2001 bis 31. Juli 2002, Seite 316 ff. = S/RES/1373 <2001>) werden alle Staaten im Rahmen der Bekämpfung des Terrorismus aufgefordert, die Reisetätigkeit von Terroristen oder terroristischen Gruppen durch wirksame Grenzkontrollen und Kontrollen bei der Ausstellung von Ausweisen und Reisedokumenten sowie durch Maßnahmen zur Verhinderung von Nachahmung, Fälschung oder betrügerischem Gebrauch von Ausweisen und Reisedokumenten zu verhindern. Außerdem werden alle Staaten aufgerufen, im Einklang mit dem Völkerrecht sicherzustellen, dass der Flüchtlingsstatus nicht für terroristische Handlungen missbraucht wird.
Weder dem dargestellten Zweck noch der Entstehungsgeschichte des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK kann entnommen werden, dass der Reiseausweis ungeachtet ernsthafter Zweifel an der Identität uneingeschränkt auszustellen ist. Zwar wird hinsichtlich des Personalausweises nach Art. 27 GFK die Auffassung vertreten, es könne sich insoweit um ein vorläufiges Dokument handeln und die behauptete Identität des Inhabers könne sich sogar als falsch herausstellen. Damit werde sogar ein rechtswidrig in einem Aufenthaltsstaat befindlicher Flüchtling vor den Schwierigkeiten einer Person ohne jede Dokumente bewahrt (vgl. Grahl-Madsen, Commentary on the Refugee Convention, 1951, Art. 27 Anm. 3 m.w.N.; Takkenberg/Tahbaz, The Collected Travaux preparatoires of the 1951 Geneva Convention Relating to the Status of Refugees, Band II S. 130; vgl. auch Band III, S. 303). Art. 27 GFK setzt allerdings anders als Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK keinen rechtmäßigen Aufenthalt voraus. Es genügt die physische Anwesenheit des Flüchtlings im Staatsgebiet (vgl. Robinson, Convention Relating to the Status of Refugees, Its History, Contents and Interpretation, 1953, Art. 27, der weiter ausführt, bei dem Personalausweis müsse es sich nicht um ein offizielles Dokument handeln.) Jedenfalls kann die erwähnte Auffassung zu den Voraussetzungen einer Ausweisausstellung nach § 27 GFK - unabhängig davon, ob ihr in vollem Umfang zu folgen ist - nicht auf den Reiseausweis nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK übertragen werden, da diesem weitergehende Funktionen zukommen und er an zusätzliche Voraussetzungen (rechtmäßiger Aufenthalt, Nichteingreifen des ordre public-Vorbehalts) gebunden ist.
c) Die erwähnten Einschränkungen, denen der Anspruch des Konventionsflüchtlings auf Erteilung eines Reiseausweises unterliegt, finden ihre Grenzen in Wortlaut und Systematik des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK sowie seinem Sinn und Zweck.
Danach stellt die Ausstellung von Reiseausweisen an Flüchtlinge, die sich rechtmäßig im Gebiet eines Vertragsstaatesaufhalten, die Regel und die Nicht-Ausstellung die Ausnahme dar. Hierauf deutet bereits der Zweck des Reiseausweises nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK hin, auch einem Flüchtling grenzüberschreitende Reisen zu ermöglichen. Vor allem aber kommt dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis in dem ordre public-Vorbehalt zum Ausdruck. Nach dessen Wortlaut stehen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung (in den maßgeblichen englischen und französischen Fassungen: "compelling reasons of national security or public order" bzw. des raisons impérieuses de sécurité nationale ou d'orde public") der Ausweiserteilung entgegen. Die Bezugnahme auf "zwingende" Gründe legt eine restriktive Auslegung nahe (vgl. etwa Grahl-Madsen, Commentary on the Refugee Convention, Art. 28 Rz. 5). Es kann offen bleiben, ob Einschränkungen des Anspruchs auf Ausweiserteilung wegen Zweifeln hinsichtlich der Identität des Flüchtlings auch auf den ordre public-Vorbehalt gestützt werden können. Jedenfalls folgt aus dem in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK angelegten Regel-Ausnahme-Verhältnis, dass Einschränkungen des Anspruchs auf Erteilung eines Reiseausweises nur im Falle e r n s t h a f t e r Zweifel an der Identität des Flüchtlings - und nicht schon bei jedem wie auch immer gearteten Zweifel - gegeben sind. Die den Konventionsflüchtling insoweit treffenden Einschränkungen bedeuten nicht notwendig, dass ihm bei Identitätszweifeln stets der Reiseausweis zu versagen wäre. Vielmehr kommt im Ausnahmefall auch die Erteilung eines Ausweises mit einem geeigneten Hinweis in Betracht (vgl. unten e).
d) Im Einzelnen hat die Ausländerbehörde folgendes zu beachten: Sie ist zwar nicht befugt, die im Asylverfahren bejahte Flüchtlingseigenschaft - und damit regelmäßig etwa das Fortbestehen der Verfolgungsgefahr - selbst zu prüfen. Ergeben sich aber insbesondere aufgrund neuer Tatsachen oder des Fehlens von geeigneten Dokumenten ernsthafte Zweifel an der Identität des Flüchtlings, so kann die Ausländerbehörde hierzu weitere Nachweise verlangen (vgl. auch § 41 Abs. 1 AuslG). Dabei ist allerdings im Einzelfall sorgfältig zu prüfen, ob dies dem Flüchtling - insbesondere wegen der Verhältnisse im Verfolgerstaat - zumutbar ist. Insofern ist eine Beweisnot des Flüchtlings hinsichtlich des Nachweises seiner Identität zu berücksichtigen. Unzumutbar sind u.a. Handlungen, mit denen sich der Flüchtling dem Schutz des Verfolgerstaates unterstellen würde (vgl. auch § 72 Abs. 1 AsylVfG). Je nach Lage des Einzelfalles ist ggf. zu prüfen, ob es dem Flüchtling zumutbar ist, sich beispielsweise an dort lebende Familienangehörige, Verwandte oder Bekannte bzw. einen dortigen Rechtsanwalt zu wenden, um geeignete Nachweise zu erhalten oder ob etwa Möglichkeiten der Kommunikation fehlen oder er sich oder andere damit in Gefahr bringen würde. Unterbleibt eine zumutbare Mitwirkung des Flüchtlings oder ist sie unzureichend und lässt sich die Identität auch nicht auf andere Weise klären - wobei die Aufklärungspflicht dort ihre Grenze findet, wo das Vorbringen des Flüchtlings keinen Anlass zu weiterer Sachaufklärung bietet -, so darf die Ausländerbehörde die Ausstellung des Reiseausweises ablehnen. Soweit der Flüchtling mitwirkt, aber gefälschte Dokumente vorlegt, begründet dies ernsthafte Zweifel an seiner Identität. Auch insoweit setzt aber die Versagung des Konventions-Reiseausweises die Zumutbarkeit der zuvor geforderten Mitwirkung voraus. Ist eine Klärung der Identität wegen Unzumutbarkeit der Mitwirkung oder trotz der Mitwirkung des Flüchtlings nicht möglich, darf der Reiseausweis nicht verweigert werden. In der im Reiseausweis enthaltenen Rubrik, aufgrund welcher Unterlagen der Ausweis ausgestellt wird, kann dann allerdings etwa der Vermerk angebracht werden, dass die Personalien auf eigenen Angaben beruhen.
e) Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK schließt einen solchen Vermerk nach seinem Wortlaut und Sinn und Zweck nicht aus, wenn die Identität des Konventionsflüchtlings wegen der Unzumutbarkeit seiner Mitwirkung oder trotz der Mitwirkung nicht geklärt werden kann (vgl. auch VG Frankfurt a.M, Asylmagazin 2004, 37): Der die Ausweisausstellung ermöglichende Hinweis, dass die Personalien auf eigenen Angaben beruhen, trägt der bei derartigen Fallkonstellationen bestehenden Beweisnot des Flüchtlings Rechnung und entspricht damit dem Geist der Genfer Flüchtlingskonvention. Verneinte man die Zulässigkeit eines solchen Hinweises, so hätte dies zur Folge, dass der Reiseausweis in solchen Fällen nicht aufklärbarer ernsthafter Identitätszweifel versagt werden könnte, da mangels Erkennbarkeit dieser Zweifel dessen erwähnte Ordnungs- und Kontrollfunktionen beeinträchtigt wären. Für die Zulässigkeit des in Rede stehenden Vermerks spricht auch § 15 des Anhangs zur Genfer Flüchtlingskonvention, der auf im Reiseausweis angebrachte Vermerke abstellt. Zwar bezieht sich die Rubrik in Ziff. (4) Nr. 2 des Musters nach ihrem Wortlaut auf eine "Urkunde oder Urkunden, auf Grund deren dieser Ausweis ausgestellt wird". Dies schließt indessen den Hinweis darauf nicht aus, dass die Personalien auf eigenen Angaben beruhen.
Dementsprechend geht das innerstaatliche deutsche Recht von der Zulässigkeit eines solchen Hinweises aus (vgl. Welte, in: Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Band 3, A 1.2.1 § 22 DVAuslG Rn. 3). Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 DVAuslG (in der geänderten Fassung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes vom 9. Januar 2002 <BGBl I S. 361>) dürfen Passersatzpapiere, zu denen Reiseausweise für Flüchtlinge nach Art. 28 GFK gehören (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 b DVAuslG), - neben einer Seriennummer und einer Zone für das automatische Lesen - nur die in § 39 Abs. 1 AuslG bezeichneten Daten und damit auch den Hinweis enthalten, "dass die Personalangaben auf den eigenen Angaben des Ausländers beruhen" (vgl. § 39 Abs. 1 Satz 3 Nr. 10 AuslG in der ebenfalls durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz geänderten Fassung). Der amtlichen Begründung zufolge trägt die Vorschrift dem Umstand Rechnung, dass bei der Ausstellung vielfach geeignete Urkunden oder sonstige Sachmittelbeweise zur Prüfung der Identität und Staatsangehörigkeit des Inhabers nicht vorliegen und die in den Ausweisersatz einzutragenden Angaben daher häufig lediglich auf eigenen Angaben des Betroffenen beruhen (BTDrucks 14/7386 S. 54 f.). Darüber hinaus sehen Verwaltungsvorschriften mehrerer Bundesländer derartige Hinweise für Konventions-Reiseausweise vor.
f) Die Heranziehung dieser Grundsätze ergibt, dass die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts die Versagung des Reiseausweises nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK nicht tragen. Der Umstand, dass die Klägerinnen ohne ihre Identität belegende Dokumente eingereist sind, berechtigte die Beklagte nur dazu, von den Klägerinnen Nachweise zur Klärung ihrer Identität zu verlangen, soweit ihnen dies zumutbar war. Das Berufungsgericht hat es aber unter Verstoß gegen die ihm obliegende Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) versäumt, sorgfältig zu prüfen, ob den Klägerinnen die geforderte Mitwirkung in Gestalt der Vorlage von Identitätsnachweisen - unter Berücksichtigung der damaligen Verhältnisse im Irak und der Belange ihrer nach eigenen Angaben dort lebenden Eltern bzw. Großeltern - zugemutet werden konnte. Mangels dieser Prüfung rechtfertigt die berufungsgerichtliche Feststellung, dass die Klägerinnen der Ausländerbehörde zweimal gefälschte Personenstandsurkunden vorgelegt haben, noch nicht die Versagung des Reiseausweises. Aus der unsubstantiierten Äußerung der Klägerin zu 1 bei der Vernehmung am 11. Januar 2000, eine Geburtsurkunde könne im Irak "jeder beantragen bzw. ausstellen (auch Hebammen in Krankenhäusern)", folgt nichts Anderes.
Die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Dieser wird zu klären haben, ob die erwähnte Mitwirkung den Klägerinnen zum Zeitpunkt seiner Entscheidung, d.h. unter Berücksichtigung der geänderten Verhältnisse im Irak zumutbar ist. Ist dies der Fall, so gilt folgendes: Führt die Mitwirkung der Klägerinnen zur Bestätigung der zu ihrer Identität gemachten eigenen Angaben, so ist der Klage stattzugeben. Erweisen sich die Angaben als unrichtig oder wirken die Klägerinnen nicht oder unzureichend mit und lässt sich ihre Identität auch nicht auf andere Weise klären, ist die Klage abzuweisen.
Führt die Mitwirkung der Klägerinnen zu keiner Klärung oder ist ihnen die Beschaffung von Identitätsnachweisen unzumutbar und lässt sich deren Identität auch nicht durch weitere tatsachengerichtliche Ermittlungen klären, so ist von fortbestehenden ernsthaften Identitätszweifeln auszugehen. Die Beklagte ist dann zur Erteilung des begehrten Reiseausweises nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK zu verpflichten, den sie mit dem Vermerk versehen kann, dass die Personenangaben der Klägerinnen auf ihren Angaben beruhen.
5. Soweit über die Kosten des Verfahrens entschieden wurde, kann offen bleiben, ob § 161 Abs. 2 oder Abs. 3 VwGO heranzuziehen ist, da sich im Ergebnis kein Unterschied ergibt.