Verfahrensinformation

Der Antragsteller wendet sich als Plannachbar gegen den Bebauungsplan „Im Bereich Containerbahnhof Süd“ der Antragsgegnerin.


Der angegriffene Bebauungsplan setzt auf dem etwa 3,5 ha großen Plangebiet ein Industriegebiet (GI) fest. Nach den textlichen Festsetzungen sind Anlagen unzulässig, die einer Genehmigung in einem förmlichen Verfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz bedürfen. Der Bebauungsplan gliedert das Industriegebiet in drei Teilflächen. Für diese setzt er unterschiedliche Lärmemissionskontingente nach der DIN 45691 fest, die bei bestimmten Schallausbreitungsrichtungen zu beachten sind. Diese Festsetzungen sollen den Immissionskonflikt mit der angrenzenden Wohnbebauung lösen. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat den Bebauungsplan für unwirksam erklärt. Dieser genüge nicht den Anforderungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner jüngeren Rechtsprechung zur Lärmemissionskontingentierung aufgestellt habe (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2017 - 4 CN 7.16 - BVerwGE 161, 53 und Beschluss vom 7. März 2019 - 4 BN 45.18 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 39). Mit ihrer Revision verlangt die Antragsgegnerin die Ablehnung des Normenkontrollantrags.


Urteil vom 18.02.2021 -
BVerwG 4 CN 5.19ECLI:DE:BVerwG:2021:180221U4CN5.19.0

Lärmemissionskontingente in einem Industriegebiet

Leitsatz:

Die Lärmemissionskontingentierung eines Industriegebiets ist von § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nur gedeckt, wenn ein Teilgebiet von einer Emissionsbeschränkung ausgenommen wird (Bestätigung von BVerwG, Beschluss vom 7. März 2019 - 4 BN 45.18 ).

  • Rechtsquellen
    BauNVO § 1 Abs. 4 und 5, § 9 Abs. 1 und 2

  • VGH Mannheim - 11.06.2019 - AZ: VGH 3 S 2350/15

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 18.02.2021 - 4 CN 5.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:180221U4CN5.19.0]

Urteil

BVerwG 4 CN 5.19

  • VGH Mannheim - 11.06.2019 - AZ: VGH 3 S 2350/15

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 18. Februar 2021
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Decker, Prof. Dr. Külpmann, Dr. Hammer und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Emmenegger
für Recht erkannt:

  1. Die Revision der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 11. Juni 2019 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Bebauungsplan "Im Bereich Containerbahnhof Süd" der Antragsgegnerin vom 11. Dezember 2014 und vom 16. November 2017, bekannt gemacht am 21. Februar 2018 unwirksam ist.
  2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller wendet sich als Plannachbar gegen einen Bebauungsplan, der ein Industriegebiet festsetzt und durch Lärmemissionskontingente gliedert.

2 Der Bebauungsplan "Im Bereich Containerbahnhof Süd" überplant eine 3,55 ha große Fläche, die im Eigentum der Beigeladenen zu 1 steht. Das Gebiet grenzt im Nordwesten an einen Umschlag- und Containerbahnhof, im Nordosten an eine Logistikhalle und nach Südosten an eine Bahnfläche. An die südlich gelegene Bundesstraße schließt eine auf dem Gebiet der Beigeladenen zu 2 gelegene Wohnbebauung an. Dort befindet sich das in einem allgemeinen Wohngebiet liegende Grundstück des Antragstellers.

3 Der Bebauungsplan setzt als Art der baulichen Nutzung mehrere Flächen als Industriegebiet fest, daneben Verkehrsflächen und öffentliche Grünflächen für Verkehrsgrün. Das GI1 nimmt die überwiegende Fläche des Plangebiets ein, das etwa 500 m² große GI2 befindet sich an dessen nordwestlichem Rand. Die textlichen Festsetzungen bestimmen unter anderem:
"1. Art der baulichen Nutzung § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. §§ 1 und 9 BauNVO
1.1 Industriegebiet
für Teilbereich GI1 und Teilbereich GI2 gilt:
1.1.1 Unzulässig sind genehmigungsbedürftige Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 zur vierten Bundesimmissionsschutzverordnung (4. BImSchV) in der Fassung vom 02.05.2013 (BGBl. I S. 973) mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind. [...]
1.2 Lärmschutz § 1 Abs. 4 BauNVO
Zur Einhaltung der schalltechnischen Anforderungen der TA Lärm an umliegend schützenswerte Bebauung ist eine Lärmkontingentierung festgesetzt (Festsetzung der maximal zulässigen Schallabstrahlung der Flächen) entsprechend der schalltechnischen Untersuchungen, GSA Z. GmbH, 12.08.2014.
Emissionskontingente tags und nachts
Zulässig sind Vorhaben (Betriebe und Anlagen), deren Geräusche die in der folgenden Tabelle angegebenen Emissionskontingente LEK nach DIN 45691 weder tags (06.00 bis 22.00 Uhr) noch nachts (22.00 bis 06.00 Uhr) überschreiten.

Baugebietsteil Teilfläche Emissions- kontingente L(EK) in dB(A)/m²
tags nachts
GI1 TF1 59 43
TF2 61 46
GI2 TF3 64 54

Die maximal zulässigen Emissionskontingente LEK (immissionswirksame Flächenschallpegel) sind in dB(A) je m² Grundstücksfläche innerhalb des Baugebiets angegeben.
Die Anwendung der Emissionskontingente ist nur in Schallausbreitungsrichtung der Immissionsaufpunkte IP1, IPA, IP2, IP3 und IP4 (Einwirkungsbereich "Sieben Morgen" und Ehniweg, südlich der B 27a) erforderlich.
Die Prüfung der Einhaltung erfolgt nach DIN 45691: 2006-12, Abschnitt 5."

4 Die Antragsgegnerin beschloss den Bebauungsplan am 11. Dezember 2014 und machte dessen Genehmigung durch das Regierungspräsidium Stuttgart unter dem 14. April 2015 bekannt. Nach der Einleitung des Normenkontrollverfahrens führte die Antragsgegnerin ein ergänzendes Verfahren durch. Sie beschloss den Plan erneut am 16. November 2017 und machte seine Genehmigung durch das Regierungspräsidium unter dem 21. Februar 2018 bekannt.

5 Im GI1 errichtete die Beigeladene zu 1 eine Multifunktionshalle. Gegen deren Genehmigung legte der Antragsteller Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat die Bebauungspläne vom 16. November 2017 und vom 11. Dezember 2014 für unwirksam erklärt, weil für die festgesetzten Lärmkontingente eine Rechtsgrundlage fehle. Bei einem nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO gegliederten und flächendeckend mit Emissionskontingenten belegten Industriegebiet bedürfe es eines Teilgebietes, in dem trotz der Belegung mit Emissionskontingenten jeder nach § 9 BauNVO zulässige Betrieb seinen Standort finden könne. Daran fehle es. Das GI2 sei für die Aufnahme eines Industriebetriebs zu klein. Die für die Teilflächen des GI1 festgesetzten Kontingente lägen für die Tag- und Nachtzeit deutlich unter dem erforderlichen Beurteilungspegel.

7 Die Antragsgegnerin verlangt mit ihrer Revision, den Antrag abzulehnen. Es komme nicht abstrakt auf die Höhe des Lärmemissionskontingents an, sondern darauf, ob bei einer konkreten Gesamtbetrachtung der Gebietscharakter noch gewahrt sei. Die Emissionskontingente seien jedenfalls ausreichend, weil sie nur in Richtung der südlich gelegenen Wohnbebauung Beachtung verlangten.

8 Der Antragsteller verteidigt das angegriffene Urteil.

9 Die Beigeladene zu 1 unterstützt in der Sache die Antragsgegnerin. Genehmigung und Bau der Multifunktionshalle zeigten, dass eine industrielle Nutzung möglich sei, auch wenn die Lärmemissionskontingente beachtet würden.

II

10 Die Revision ist unbegründet. Das angegriffene Urteil steht mit revisiblem Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO) in Einklang.

11 1. a) Die Festsetzung der Lärmemissionskontingente kann auf die einzig in Betracht kommende Rechtsgrundlage des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nicht gestützt werden. Danach können für die in den §§ 4 bis 9 BauNVO bezeichneten Baugebiete im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften gliedern.

12 Das Emissionsverhalten eines Betriebes oder einer Anlage, ausgedrückt in einer Schallabstrahlung pro Quadratmeter, ist eine Eigenschaft von Betrieben und Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO, nach der das Gebiet gegliedert werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2017 - 4 CN 7.16 - BVerwGE 161, 53 Rn. 8 m.w.N.). Dazu eignen sich Lärmemissionskontingente nach der DIN 45691. Für die geforderte Gliederung muss das Baugebiet in einzelne Teilgebiete mit verschieden hohen Emissionskontingenten zerlegt werden (BVerwG a.a.O. Rn. 15). Diesen Anforderungen genügt der Bebauungsplan.

13 Bei einer Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO muss die Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets gewahrt bleiben. Allgemeine Zweckbestimmung eines Industriegebiets ist nach § 9 Abs. 1 BauNVO ausschließlich die Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind. In Abgrenzung zum Zweck des Gewerbegebiets nach § 8 Abs. 1 BauNVO dient das Industriegebiet der Unterbringung von erheblich störenden Gewerbebetrieben. Dies ist sein Hauptzweck (BVerwG, Urteil vom 18. November 2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166 Rn. 20 und Beschluss vom 6. Mai 1993 - 4 NB 32.92 - Buchholz 406.12 § 9 BauNVO Nr. 6 S. 4). Nach oben ist der zulässige Störgrad nicht begrenzt. Die Zweckbestimmung eines Industriegebiets hat der Senat daher nicht gewahrt gesehen, wenn mit den Emissionskontingenten Gewerbebetriebe ab einem gewissen Störgrad im gesamten Gebiet ausgeschlossen werden (BVerwG, Beschluss vom 7. März 2019 - 4 BN 45.18 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 39 Rn. 6). Die Lärmemissionskontingentierung eines Industriegebiets ist also von § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nur gedeckt, wenn ein Teilgebiet von einer Emissionsbeschränkung ausgenommen wird (BVerwG, Beschluss vom 7. März 2019 a.a.O. LS). Diese Anforderungen verfehlt der Bebauungsplan. Denn er setzt keine von Lärmemissionskontingenten freie Fläche fest.

14 b) Der Senat hält an diesen Anforderungen sowohl für planinterne Gliederungen nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO als auch für planexterne Gliederungen nach § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 18. Dezember 1990 - 4 N 6.88 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 50 S. 28 und vom 9. März 2015 - 4 BN 26.14 - BauR 2015, 943 = juris Rn. 6) fest.

15 Zwar trifft zu, dass nicht jeder Ausschluss bestimmter Nutzungen zum Wegfall des Gebietscharakters führt, wie § 1 Abs. 5 BauNVO zeigt (Vietmeier, BauR 2018, 766 <769 ff.>). Während aber § 1 Abs. 5 BauNVO es der Gemeinde gestattet, allgemein zulässige Arten von Nutzungen als nicht zulässig festzusetzen, erlaubt § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 BauNVO nur, ein Baugebiet intern oder extern zu gliedern. Auf diesen Unterschied hat der Senat in seinem Urteil vom 7. Dezember 2017 - 4 CN 7.16 - (BVerwGE 161, 53 Rn. 15 a.E.) hingewiesen.

16 Die Anforderungen an eine Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO mögen es erschweren, Immissionskonflikte zwischen gewerblichen Nutzungen und schutzbedürftiger Wohnbebauung durch Lärmemissionskontingente zu lösen (vgl. Heilshorn/Kohnen, UPR 2019, 81). Dies gilt für die Gliederung eines Industriegebietes besonders: Weil es einer von Lärmkontingenten freien Fläche bedarf, wird häufig das Ziel verfehlt werden, Kontingente so zu verteilen, dass Windhundrennen von Investoren vermieden werden (Guggemoos/Storr, I+E 2018, 173 <175>). Es ist aber Sache des Bundesgesetz- und -verordnungsgebers zu entscheiden, ob er praktische Schwierigkeiten zum Anlass nimmt, eine andere Ermächtigungsgrundlage für die Festsetzung von Lärmemissionskontingenten zu schaffen (vgl. BR-Drs. 686/20 S. 3 f.; BT-Drs. 19/26023 S. 11).

17 2. Die von der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1 angeführten Umstände lassen den Rechtsverstoß nicht entfallen.

18 a) Sie behaupten, die Multifunktionshalle sei eine mit der Wohnbebauung verträgliche industrielle Nutzung. Dies hat die Vorinstanz weder festgestellt noch kommt es darauf an: Der Bebauungsplan setzt nicht dieses Vorhaben fest, sondern einen Baugebietstyp. Die Fläche des GI1 steht nach der Art der baulichen Nutzung - vorbehaltlich von Binnendifferenzierungen nach § 1 Abs. 4 ff. BauNVO - daher jedem nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässigen Gewerbebetrieb offen.

19 b) Der Bebauungsplan erklärt die Anwendung der Emissionskontingente nur in Schallausbreitungsrichtung der Immissionsaufpunkte für erforderlich. Diese liegen alle südlich der Bundesstraße. Nach Auffassung der Antragsgegnerin ist so § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO genügt, weil in die anderen Himmelsrichtungen keine Beschränkungen gelten. Der Einwand bleibt erfolglos.

20 Die Antragsgegnerin versteht die Bestimmung des Plans als - in der Höhe unbeschränkte - Richtungssektoren nach Westen, Norden und Osten gemäß Anhang A.2 der DIN 45691, auch wenn die Festsetzung dem in der DIN 45691 vorgeschlagenen Regelungsmuster nicht folgt. Dies trifft nicht zu. Zu dieser Auslegung ist das Revisionsgericht berechtigt, weil der Verwaltungsgerichtshof sich zum Inhalt der Festsetzung nicht geäußert hat und der Senat daher keiner Bindung nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO unterliegt (BVerwG, Urteile vom 6. Juni 2002 - 4 CN 4.01 - BVerwGE 116, 296 <300> und vom 3. Juni 2014 - 4 CN 6.12 - BVerwGE 149, 373 Rn. 25).

21 Die nach Abschnitt 4 ermittelten Emissionskontingente werden, so A.1 des Anhangs A der DIN 45691, häufig durch nur einen besonders kritischen Immissionsort bestimmt, während an anderen Immissionsorten die Planwerte nicht ausgeschöpft würden. Um das Gebiet besser nutzen zu können, könnten dann im Bebauungsplan zusätzliche oder andere Festsetzungen getroffen werden. Als Regelungen sieht die DIN 45691 u.a. die Erhöhung der Emissionskontingente für einzelne Richtungssektoren (Anhang A.2) und die Erhöhung der Emissionskontingente für einzelne Immissionsorte (Anhang A.3) vor. Auf die zweite Möglichkeit hat das der Planung zugrundeliegende Lärmgutachten hingewiesen, die Festsetzung aber der "kommunalen Entscheidungslage" überlassen (GSA Z. GmbH, Schalltechnische Untersuchungen - Bebauungsplan "Im Bereich Containerbahnhof Süd", Stadt K. vom 12. August 2014, S. 10). Diesen Vorschlag hat die Antragsgegnerin nicht aufgegriffen. Es spricht nichts dafür, dass sie der räumlichen Situation stattdessen durch Richtungssektoren Rechnung tragen wollte, ohne sich der Plansprache der DIN 45691 zu bedienen und ohne dazu vom Gutachter angeregt worden zu sein.

22 Die Festsetzung der Immissionspunkte hat eine andere Funktion. Das im Anschluss an die Festsetzung angesprochene Genehmigungsverfahren nach Nr. 5 der DIN 45691 verlangt für die Zulassung eines Vorhabens, dass an allen maßgeblichen Immissionsorten eine bestimmte mathematische Bedingung erfüllt ist. Diese Immissionsorte bestimmt der Bebauungsplan. Dass sie in einer Himmelsrichtung liegen, ist - wie Anhang A zur DIN 45691 zeigt - nicht ungewöhnlich und ändert am Vorliegen einer flächenbezogenen Festsetzung nichts.

23 Es bedarf danach keiner Entscheidung, ob Richtungssektoren dazu beitragen können, die Anforderungen des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO zu erfüllen (dagegen OVG Lüneburg, Urteil vom 24. Oktober 2018 - 1 KN 157/16 - juris Rn. 45; OVG Greifswald, Urteile vom 21. Mai 2019 - 3 K 13/14 - NordÖR 2019, 476 <480> und vom 11. September 2019 - 3 K 149/15 - NordÖR 2020, 33 <35>).

24 c) Nach Auffassung der Vorinstanz sind die Anforderungen des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO von Ausschlüssen nach § 1 Abs. 5 BauNVO unabhängig.

25 Ob dies - auch mit Blick auf § 1 Abs. 4 Satz 3 BauNVO - zutrifft, bleibt offen. Es ließe sich erwägen, ob § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO genügt wird, wenn alle nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässigen und nicht nach § 1 Abs. 5 BauNVO ausgeschlossenen Arten der baulichen Nutzung innerhalb der kontingentierten Flächen ermöglicht würden. Dafür müssten die Lärmemissionskontingente nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO indes mit den Festsetzungen nach § 1 Abs. 5 BauNVO abgestimmt werden, um zu verhindern, dass die Lärmemissionskontingente weitere Nutzungen ausschließen. Für eine solche Abstimmung ist nichts ersichtlich. Der Verwaltungsgerichtshof hat vielmehr festgestellt, dass nach dem Ausschluss gemäß Nr. 1.1.1 der textlichen Festsetzungen viele Anlagen verbleiben, die zu den erheblich störenden Gewerbebetrieben gehören und deshalb nur in einem Industriegebiet zulässig sind (UA S. 25).

26 3. Die Festsetzung kann nicht auf § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO gestützt werden. Nach dessen Halbsatz 2 können Festsetzungen nach § 1 Abs. 4 Satz 1 BauNVO auch für mehrere Industriegebiete im Verhältnis zueinander getroffen werden. Für eine solche externe Gliederung reichte es indes nicht aus, wenn die Antragsgegnerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses über wenigstens ein festgesetztes Industriegebiet verfügte, das mit keiner Geräuschkontingentierung belegt ist. Vielmehr muss die gebietsübergreifende Gliederung auf einem darauf gerichteten planerischen Willen der Gemeinde beruhen (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2017 - 4 CN 7.16 - BVerwG 161, 53 Rn. 17). Dass sie einen solchen Willen gebildet hat, macht die Antragsgegnerin nicht geltend.

27 Der Senat braucht nicht zu entscheiden, welche Anforderungen an die Emissionskontingentierung eines Industriegebiets zu stellen sind, das vollständig mit Kontingenten belegt ist und mit Blick auf ein von solchen Kontingenten freies Gebiet nach § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO gegliedert wird. Jedenfalls darf auch bei einer externen Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO das mit Kontingenten belegte Gebiet den Gebietscharakter eines Industriegebiets nicht verlieren (Menke, NuR 1985, 137 <140>), es muss nach seinem Hauptzweck weiter dazu dienen, erheblich störende Gewerbebetriebe aufzunehmen. Dies verlangt hinreichend hohe Emissionskontingente.

28 4. Der Senat hat den Urteilsausspruch neu gefasst. Nach Abschluss des ergänzenden Verfahrens erlangte der ursprüngliche Plan mit dem geänderten Plan insgesamt als eine Satzung Wirksamkeit, die sich aus zwei Teilnormgebungsakten zusammensetzt, während der ursprüngliche Plan nicht mehr existiert (BVerwG, Urteil vom 24. März 2010 - 4 CN 3.09 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 178 Rn. 15 und Beschluss vom 12. Juli 2017 - 4 BN 7.17 - BauR 2017, 1677 = juris Rn. 7). Steht zwischen den Beteiligten weder die Notwendigkeit des ergänzenden Verfahrens noch die Rechtmäßigkeit seiner Durchführung im Streit, wird das Rechtsschutzziel des Antragstellers daher erreicht, wenn der Bebauungsplan in der Fassung nach Abschluss des ergänzenden Verfahrens für unwirksam erklärt wird. Eines Ausspruchs zum ursprünglichen Plan bedarf es nicht.

29 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.