Urteil vom 18.10.2017 -
BVerwG 4 C 5.16ECLI:DE:BVerwG:2017:181017U4C5.16.0
Kombination von Dauerwohnen und Ferienwohnen in einem sonstigen Sondergebiet
Leitsätze:
1. Der Aufenthalt in Ferienwohnungen ist kein Wohnen im Sinne der Baunutzungsverordnung.
2. Das dauernde Wohnen und die Nutzung von Ferienwohnungen können jedenfalls dann grundsätzlich in einem sonstigen Sondergebiet kombiniert werden, wenn die Nutzungen in einem Gebäude stattfinden. § 10 Abs. 1 und 4 BauNVO steht dem nicht entgegen.
3. Kombiniert die Gemeinde das dauernde Wohnen und die Nutzung von Ferienwohnungen, muss sie städtebaulichen Störpotenzialen im Rahmen der Abwägung Rechnung tragen.
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Rechtsquellen
BauNVO § 1 Abs. 5 und Abs. 6 Nr. 2, §§ 3, 4, § 6 Abs. 1, § 10 Abs. 1, 3 und 4, § 11 Abs. 1 und 2, § 13a VwGO § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3, § 124a Abs. 1 Satz 1, § 134 Abs. 1 und 2 -
Instanzenzug
VG Schleswig - 06.07.2016 - AZ: VG 8 A 155/15
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 18.10.2017 - 4 C 5.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:181017U4C5.16.0]
Urteil
BVerwG 4 C 5.16
- VG Schleswig - 06.07.2016 - AZ: VG 8 A 155/15
In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 18. Oktober 2017
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz, Petz, Dr. Decker und Prof. Dr. Külpmann
für Recht erkannt:
- Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 6. Juli 2016 wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Gründe
I
1 Die Klägerin begehrt die Genehmigung, eine Wohnung als Ferienwohnung zu nutzen.
2 Die Klägerin ist Eigentümerin einer Wohnung in einem als Wohngebäude mit zwei Wohnungen genehmigten Gebäude auf einer nordfriesischen Insel. Für das Grundstück setzt ein im Jahr 2012 erlassener Bebauungsplan ein Sondergebiet "Dauerwohnen und Touristenbeherbergung" fest. Nach den textlichen Festsetzungen dient das Sondergebiet dem Dauerwohnen und der Vermietung von Wohnungen oder Räumen an Feriengäste. Für jede Gebäude-Einheit, unter anderem je Einzelhaus, ist mindestens eine Dauerwohnung vorzusehen. Allgemein zulässig sind Wohngebäude mit ausschließlich dauerwohnlicher Nutzung, Wohngebäude mit dauerwohnlicher Nutzung mit ein bis zwei Ferienwohnungen, zusammen höchstens drei Wohnungen, und Wohngebäude mit dauerwohnlicher Nutzung und Räumen für die Vermietung an Feriengäste. Ausnahmsweise sind sonstige nicht störende Gewerbebetriebe und Räume für freie Berufe zulässig.
3 Die Klägerin beantragte im März 2015, die Baugenehmigung zu ändern und die Nutzung ihrer Wohnung als Ferienwohnung zu genehmigen. Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren blieben erfolglos.
4 Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach vorheriger Übertragung auf den Einzelrichter abgewiesen und die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, nicht aber die Berufung zugelassen. Die angestrebte Nutzung als Ferienwohnung widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans, weil weder kraft Eigentums noch öffentlich-rechtlich gesichert sei, dass die andere Wohnung im Gebäude zum dauernden Wohnen genutzt werde. Der Bebauungsplan sei auch wirksam. Die Kombination von Dauerwohnen und Touristenbeherbergung sei in einem Sondergebiet nach § 11 BauNVO zulässig, weil sie sich wesentlich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO unterscheide und die Nutzungen verträglich seien.
5 Die Klägerin hat unter Vorlage einer Zustimmungserklärung des Beklagten Sprungrevision eingelegt. Sie hält den Bebauungsplan für unwirksam, weil er miteinander unvereinbare Nutzungen kombiniere. Würden die Nutzungen dagegen für verträglich gehalten, sei der Bebauungsplan gleichfalls unwirksam, weil in diesem Fall das Planungsziel ohne Festsetzung eines Sondergebietes erreichbar sei. Beklagter und Vertreter des Bundesinteresses verteidigen die Rechtsauffassung der Vorinstanz, die Beigeladene stellt keinen Antrag.
II
6 Die Revision ist zulässig, aber unbegründet.
7 Nach § 134 Abs. 1 Satz 1 VwGO steht den Beteiligten die Revision unter Übergehung der Berufung zu, wenn - wie hier - Kläger und Beklagter der Einlegung der Sprungrevision schriftlich zustimmen und sie von dem Verwaltungsgericht im Urteil zugelassen wird. Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung der Revision nach § 134 Abs. 2 Satz 2 VwGO grundsätzlich auch dann gebunden, wenn das Verwaltungsgericht den Rechtsstreit auf den Einzelrichter nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO übertragen hat und im weiteren Prozessverlauf eine Rückübertragung auf die Kammer nach § 6 Abs. 3 Satz 1 VwGO unterbleibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. September 2004 - 1 C 10.03 - BVerwGE 122, 94 <95 f.>). Die Bindung nach § 134 Abs. 2 Satz 2 VwGO bleibt auch bestehen, wenn - wie hier - entgegen § 124 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO die Berufung nicht zugelassen worden ist (BVerwG, Urteil vom 25. März 1993 - 5 C 45.91 - BVerwGE 92, 220 <222 ff.>; Pietzner/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2016, § 134 Rn. 37).
8 Die Revision ist unbegründet. Nach Auffassung der Vorinstanz widerspricht die Nutzung der klägerischen Wohnung als Ferienwohnung den Festsetzungen des Bebauungsplans, weil die Nutzung der anderen Wohnung in dem Gebäude zum dauernden Wohnen nicht gesichert sei (UA S. 7). Der Bebauungsplan stehe der beantragten Nutzungsänderung entgegen. Diese Auslegung ist nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO für die auf die Revision ergehende Entscheidung maßgebend.
9 Das Verwaltungsgericht hält den Bebauungsplan für wirksam. Diese Annahme steht mit revisiblem Recht in Einklang.
10 I. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung ist die bei Erlass des Bebauungsplans geltende Baunutzungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 1990 (BGBl. I S. 132), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 22. April 1993 (BGBl. I S. 466) (im Folgenden: BauNVO).
11 Während des Revisionsverfahrens sind § 13a und § 11 Abs. 2 Satz 2 BauNVO in der Fassung des Art. 2 Nr. 4 und 5 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt vom 4. Mai 2017 (BGBl. I S. 1057) in Kraft getreten (im Folgenden: BauNVO 2017). Diese Vorschriften finden indes keine Anwendung. Denn Rechtsänderungen, die nach der Entscheidung der Vorinstanz eintreten, berücksichtigt das Revisionsgericht nur, wenn die Vorinstanz - entschiede sie anstelle des Revisionsgerichts -sie ebenfalls zu berücksichtigen hätte (BVerwG, Urteile vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 Rn. 19, vom 23. Februar 2011 - 6 C 22.10 - BVerwGE 139, 42 Rn. 14 und vom 25. Juli 2017 - 1 C 10.17 - NVwZ - RR 2017, 887 Rn. 12). Dies ist hier nicht der Fall.
12 Für die Wirksamkeit einer Rechtsnorm maßgebend ist die Rechtslage im Zeitpunkt ihres Zustandekommens. Rechtsnormen, die unter Verletzung (zwingenden) höherrangigen Rechts zustande gekommen sind, sind im Grundsatz (ex tunc) und ohne Weiteres (ipso iure) unwirksam, soweit sich nicht aufgrund gesetzlicher Sonderregelungen anderes ergibt. Bei Bebauungsplänen ist insoweit der späteste in Betracht kommende Zeitpunkt seine Inkraftsetzung (BVerwG, Urteil vom 27. März 2014 - 4 CN 3.13 - BVerwGE 148, 230 Rn. 27). Die ohne Rückwirkung in Kraft getretenen § 13a und § 11 Abs. 2 Satz 2 BauNVO 2017 wären daher für die Vorinstanz nicht maßgeblich gewesen: Die Vorschriften könnten weder einen Bebauungsplan wirksam werden lassen, der bei seiner Inkraftsetzung nicht Bestandteil der Rechtsordnung geworden war, noch könnten sie die Unwirksamkeit eines wirksam erlassenen Bebauungsplans herbeiführen. Unerheblich ist insoweit, dass der Gesetzgeber den Änderungen der Baunutzungsverordnung nur klarstellende Funktion beigemessen hat (BT-Drs. 18/10942, S. 35; BT-Drs. 18/11439, S. 21). Ob diese Auffassung zutrifft, haben die Gerichte zu entscheiden. Denn zur verbindlichen Auslegung einer Norm ist die rechtsprechende Gewalt berufen. Der Gesetzgeber ist dagegen zur authentischen Interpretation von Vorschriften nicht befugt (BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 5/08 - BVerfGE 135, 1 Rn. 45).
13 II. Die Festsetzung eines sonstigen Sondergebietes "Dauerwohnen und Touristenbeherbergung" konnte auf § 11 Abs. 1 BauNVO gestützt werden. Dies sieht das Verwaltungsgericht richtig (UA S. 12).
14 1. Wie von § 11 Abs. 1 BauNVO gefordert, unterscheidet sich das festgesetzte Gebiet wesentlich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO.
15 Ein wesentlicher Unterschied zu den Gebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO besteht, wenn ein Festsetzungsgehalt gewollt ist, der sich keinem der in den §§ 2 ff. BauNVO geregelten Gebietstypen zuordnen und sich deshalb sachgerecht auch nicht mit einer auf sie gestützten Festsetzung erreichen lässt (BVerwG, Urteile vom 29. September 1978 - 4 C 30.76 - BVerwGE 56, 283 <286> und vom 11. Juli 2013 - 4 CN 7.12 - BVerwGE 147, 138 Rn. 12). Die allgemeine Zwecksetzung des Baugebietes ist das entscheidende Kriterium dafür, ob sich das festgesetzte Sondergebiet wesentlich von einem Baugebietstyp im Sinne der §§ 2 bis 10 BauNVO unterscheidet (BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 1997 - 4 BN 11.97 - Buchholz 406.12 § 11 BauNVO Nr. 22 S. 4 und Urteil vom 28. Mai 2009 - 4 CN 2.08 - BVerwGE 134, 117 Rn. 10).
16 a) Das festgesetzte Sondergebiet unterscheidet sich wesentlich von einem reinen Wohngebiet nach § 3 BauNVO.
17 Reine Wohngebiete dienen nach § 3 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen. Das festgesetzte Sondergebiet dient indes auch der Vermietung von Wohnungen oder Räumen an Feriengäste. Diese Nutzung ist kein Wohnen im Sinne der Baunutzungsverordnung. Der Begriff des Wohnens im Sinne von § 3 Abs. 1 BauNVO ist durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie Freiwilligkeit des Aufenthalts gekennzeichnet. Diese Kriterien müssen diejenigen erfüllen, denen die Unterkunft als Heimstätte dient (BVerwG, Beschlüsse vom 25. März 1996 - 4 B 302.95 - Buchholz 406.12 § 3 BauNVO Nr. 12 S. 3 und vom 20. Dezember 2016 - 4 B 49.16 - NVwZ 2017, 723 Rn. 7). Maßgeblich für die Erfüllung des Wohnbegriffs sind das Nutzungskonzept und seine grundsätzliche Verwirklichung (BVerwG, Beschluss vom 25. März 1996 a.a.O.). Bei Wohnungen oder Räumen für Feriengäste fehlt es an einer Häuslichkeit, die auf Dauer angelegt ist. Denn die Gäste halten sich nach dem Nutzungskonzept und seiner typischen Verwirklichung jeweils allenfalls wenige Wochen in diesen Räumlichkeiten auf (OVG Greifswald, Urteil vom 19. Februar 2014 - 3 L 212/12 - BRS 82 Nr. 77; OVG Lüneburg, Urteile vom 18. September 2014 - 1 KN 123/12 - BRS 82 Nr. 21 und vom 15. Januar 2015 - 1 KN 61/14 - ZfBR 2015, 492; VGH Mannheim, Beschluss vom 26. Januar 2017 - 5 S 1791/16 - ZfBR 2017, 270 <271>; Stock, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 3 Rn. 24; Fraatz-Rosenfeld/Kahrmann, VR 2014, 37; von Nicolai, NordÖR 2015, 361 <362>; Pernice-Warnke, NVwZ 2015, 112 <113>; Schink, UPR 2017, 292 <293>; Reidt/von Landwüst, UPR 2015, 12; Vietmeier, in: Bönker/Bischopink, BauNVO, 1. Aufl. 2014, § 3 Rn. 26; Decker, in: Jäde/Dirnberger, BauNVO, 8. Aufl. 2017, § 3 BauNVO Rn. 4; a.A. Pfeffer, NVwZ 2016, 729 <731>; ders., VBlBW 2015, 503 <504>).
18 In der Literatur wird erwogen, Wohnungen oder Räume für Feriengäste wie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zu behandeln, auch wenn es an beherbergungstypischen Nebenleistungen fehlt und die Gäste ihren häuslichen Wirkungskreis selbst gestalten können (Pernice-Warnke, NVwZ 2015, 112 <113>; Fraatz-Rosenfeld/Kahrmann, VR 2014, 37 <38 f.>; Stock, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 3 Rn. 41; § 4a Rn. 25; ders., in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2017, § 4 BauNVO Rn. 110; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 3 Rn. 20). Diesen Gedanken greift § 13a Satz 2 BauNVO 2017 auf (vgl. BT-Drs. 18/10942, S. 57).
19 Der Senat braucht dem nicht nachzugehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Mai 1989 - 4 B 78.89 - Buchholz 406.11 § 31 BBauG/BauGB Nr. 27 S. 3), weil sich auch bei dieser Sichtweise das festgesetzte Sondergebiet von einem reinen Wohngebiet wesentlich unterscheidet: Kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes sind im reinen Wohngebiet als Ausnahme nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zulässig. Im Bebauungsplan kann daher nach § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauNVO festgesetzt werden, dass diese Ausnahme allgemein zulässig ist. Eine solche Festsetzung müsste aber nach § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauNVO die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebietes wahren. Daran fehlt es. Reine Wohngebiete dienen nach § 3 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen. In ihnen muss die Wohnnutzung eine beherrschende Stellung erlangen, weil das Gebiet in besonderer Weise der Erhaltung der Wohnruhe dient. Der Gebietscharakter eines reinen Wohngebietes wird daher überschritten, wenn ein Gebiet neben dem Dauerwohnen als weiterem Hauptzweck der Vermietung von Wohnungen oder Räumen an Feriengäste dient. Denn diese Nutzung trägt durch den beständigen Wechsel der Nutzer Unruhe in das Gebiet hinein und verdrängt die Wohnnutzung aus ihrer beherrschenden Stellung.
20 b) Die Gemeinde konnte ihr Planungsziel nicht mit der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebietes nach § 4 BauNVO erreichen.
21 Allgemeine Wohngebiete dienen nach § 4 Abs. 1 BauNVO vorwiegend dem Wohnen. Näheres ergibt sich aus § 4 Abs. 2 BauNVO, der als allgemein zulässig Wohngebäude sowie Nutzungen nach den § 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BauNVO nennt, die der Wohnnutzung zugeordnet sind, damit im Wohngebiet selbst eine Versorgungsinfrastruktur bereit gestellt werden kann, mit der sich die Grundbedürfnisse der Bevölkerung befriedigen lassen (BVerwG, Urteil vom 7. September 2017 - 4 C 8.16 - juris Rn. 7 <zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen>). In dem festgesetzten Sondergebiet sollen indes die Nutzungen nach dem § 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BauNVO nicht zulässig sein. Ein solches Gebiet wahrt nicht die Zweckbestimmung eines allgemeinen Wohngebietes (BVerwG, Beschluss vom 8. Februar 1999 - 4 BN 1.99 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 26 S. 1 f.). Dies gilt auch, wenn eine nach § 4 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässige Nutzung nach § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauNVO als allgemein zulässig festgesetzt würde (BVerwG, Urteil vom 7. September 2017 a.a.O Rn. 8 f.). Der Senat kann daher offen lassen, ob die Vermietung von Wohnungen oder Räumen an Feriengäste vor Inkrafttreten des § 13a BauNVO 2017 einer der Nutzungen des § 4 Abs. 3 BauNVO zugeordnet werden könnte.
22 c) Die Festsetzung eines Mischgebietes verfehlte das gemeindliche Planungsziel gleichfalls. Denn das Mischgebiet dient nach § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Kennzeichnend ist die Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit von Wohnen und das Wohnen nicht störendem Gewerbe sowie deren wechselseitige Verträglichkeit (BVerwG, Urteil vom 4. Mai 1988 - 4 C 34.86 - BVerwGE 79, 309 <311>). Es verstößt gegen die Zweckbestimmung des Mischgebietes, wenn - wie hier - wesentliche Teile der in § 6 Abs. 2 Nr. 1 bis 8 BauNVO bezeichneten Nutzungsarten ausgeschlossen werden (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2017, § 6 BauNVO Rn. 19).
23 d) Schließlich schied die Festsetzung eines Sondergebietes nach § 10 Abs. 1 BauNVO, das der Erholung dient, aus. Denn mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines solchen Sondergebietes ist das Dauerwohnen nicht vereinbar (BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 - 4 CN 7.12 - BVerwGE 147, 138 Rn. 11).
24 2. Das Dauerwohnen und die Vermietung von Wohnungen oder Räumen an Feriengäste durften wie geschehen in einem sonstigen Sondergebiet kombiniert werden (in diese Richtung OVG Lüneburg, Urteil vom 18. September 2014 - 1 KN 123/12 - BRS 82 Nr. 21; Reidt/von Landwüst, UPR 2015, 12 <15>; Schink, UPR 2017, 292 <295 f.>; Schmidt-Eichstaedt, ZfBR 2016, 225 <229 f.>; von Nicolai, NordÖR 2015, 361 <365 f.>; a.A. Pfeffer, NVwZ 2016, 729 <732>).
25 Die Festsetzungsmöglichkeiten aus den Katalogen der Baugebietsvorschriften lassen sich in einem Sondergebiet nicht beliebig kombinieren. Ein "Nutzungsmix" außerhalb der Möglichkeiten der §§ 2 bis 10 BauNVO ist aber zulässig, wenn sich die Verträglichkeit der Nutzungen aus den Regelungen der Baunutzungsverordnung herleiten lässt (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - 4 CN 2.08 - BVerwGE 134, 117 Rn. 15). Nach dem Senatsurteil vom 11. Juli 2013 - 4 CN 7.12 - (BVerwGE 147, 138 Rn. 12) widerspricht eine Mischung von Nutzungen dagegen jedenfalls dann den städtebaulichen Vorstellungen des Verordnungsgebers, wenn die Nutzungen jeweils die allgemeine Zweckbestimmung eines Baugebietes charakterisieren und sich darin nicht decken oder überschneiden. Dies ist hier nicht der Fall.
26 a) § 10 BauNVO verhält sich zu Sondergebieten, die der Erholung dienen, und benennt als solche Gebiete insbesondere Wochenendhaus-, Ferienhaus- und Campingplatzgebiete.
27 § 10 BauNVO regelt damit nicht abschließend solche Nutzungen, die einer Unterbringung zur Erholung dienen, wie die Bestimmungen über die Zulässigkeit von Beherbergungsbetrieben zeigen (vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 2, § 4 Abs. 3 Nr. 1, § 4a Abs. 2 Nr. 3, § 5 Abs. 2 Nr. 5, § 6 Abs. 2 Nr. 3, § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). § 10 BauNVO ist aber auch keine umfassende Regelung solcher Unterbringungen, die der Erholung dienen und in denen die Gäste ihre Häuslichkeit selbst gestalten. Für ihre gegenteilige Rechtsauffassung kann sich die Klägerin nicht auf das Senatsurteil vom 11. Juli 2013 - 4 CN 7.12 - (BVerwGE 147, 138) berufen. Gegenstand dieses Urteils war die bauplanerische Festsetzung eines Nutzungsmixes von dauerndem Wohnen und der Nutzung von Wochenendhäusern. Der Senat hat in § 11 BauNVO keine taugliche Rechtsgrundlage für die Verknüpfung von Wochenendhausgebiet und ausnahmsweise zulässiger Wohnnutzung gesehen (a.a.O. Rn. 12). Das im Urteil behandelte "zeitweilige[...] Wohnen für Erholungszwecke" (a.a.O. Rn. 12 a.E.) meint das dort verfahrensgegenständliche Wohnen in einem Wochenendhaus, wie es Gegenstand von § 10 Abs. 3 BauNVO ist. Einen Rechtssatz des Inhalts, die Zulässigkeit eines zeitweisen Erholungsaufenthalts bei eigener Gestaltung der Häuslichkeit sei in § 10 BauNVO abschließend geregelt, hat der Senat in dieser Entscheidung weder ausdrücklich noch der Sache nach aufgestellt.
28 b) § 10 Abs. 1 und 4 BauNVO hat Ferienhausgebiete zum Gegenstand. Davon nicht erfasst ist der Aufenthalt in Ferienwohnungen, die sich in einem Gebäude mit Dauerwohnungen befinden, also mit diesem in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen.
29 § 10 BauNVO erhielt seine maßgebliche Fassung durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Baunutzungsverordnung vom 15. September 1977 (BGBl. I S. 1757). Der seinerzeitige Verordnungsgeber kannte die Vermietung von Ferienzimmern oder Wohnungen in Gebäuden, die im Übrigen dem dauernden Wohnen dienten (von Nicolai, NordÖR 2015, 361 <362>; vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 4. Aufl. 1979, § 10 Tn. 34), wollte sie indes keiner Regelung unterwerfen. Die Regelung der zunächst als Sondergebiete nach § 11 BauNVO vorgesehenen und auf Beschluss des Bundesrates dem § 10 BauNVO zugeordneten Ferienhausgebiete (BR-Drs. 261/77 S. 6, 34; BR-Drs. 261/77 <Beschluß> S. 4 ff.) sollte wachsenden Erholungsmöglichkeiten und -bedürfnissen Rechnung tragen, dem Wunsch nach Erholung in landschaftlich reizvoller Umgebung entsprechen und entsprechende Bau- und Siedlungswünsche auf geeignete Standorte lenken, wie sie etwa in naturnahen Gebieten, in Wäldern, an Seen oder in unmittelbarer Strandnähe an der Küste zu finden sind (Fickert/Fieseler, BauNVO, 4. Aufl. 1979, § 10 Tn. 1 f.; vgl. auch OVG Lüneburg, Urteil vom 18. September 2014 - 1 KN 123/12 - BRS 82 Nr. 21). Dies findet seinen Ausdruck in der Ermächtigung der Gemeinden in § 10 Abs. 4 Satz 2 BauNVO, die Grundfläche der Ferienhäuser "unter Berücksichtigung der landschaftlichen Gegebenheiten" festzusetzen. Bereits die damalige Literatur unterschied von den in § 10 Abs. 4 BauNVO geregelten Ferienhausgebieten solche "Feriengebiete", in denen innerhalb von Wohngebieten einzeln gelegene Ferienwohnungen vermietet wurden, und die "besonders am Meer, auf den (Nordsee-)Inseln oder im Gebirge in vielfältiger Form anzutreffen" seien (Fickert/Fieseler, BauNVO, 4. Aufl. 1979, Tn. 34). Dass für solche Nutzungen Regelungen zu erwarten gewesen seien, wie die Klägerin geltend macht, bleibt spekulativ. Es fehlen Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber insoweit einen Regelungsbedarf angenommen hat.
30 Der begrenzte Regelungswille des Verordnungsgebers kommt im Wortlaut der Norm zum Ausdruck. Gebäude, in denen dauerndes Wohnen und der Ferienaufenthalt in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen, sind keine "Ferienhäuser". In Ferienhausgebieten nach § 10 Abs. 4 Satz 1 BauNVO sind vielmehr Ferienhäuser zulässig, die aufgrund ihrer Lage, Größe, Ausstattung, Erschließung und Versorgung für den Erholungsaufenthalt geeignet und dazu bestimmt sind, überwiegend und auf Dauer einem wechselnden Personenkreis zur Erholung zu dienen. Die Rechtsprechung ging daher davon aus, dass Ferienhäuser nicht selten ein minderer Standard an technischen Installationen im Hinblick auf Küche, Bad und Toilette kennzeichne und auch Festigkeit, Dauerhaftigkeit und Isolierung hinter den Anforderungen zurückblieben, die an Wohnhäuser gestellt würden (so BVerwG, Urteil vom 12. März 1982 - 4 C 59.78 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 186 S. 29). Dieses Leitbild erfasst nicht Gebäude, die auch dem dauernden Wohnen dienen.
31 § 22 Abs. 1 Satz 3 BauGB bestätigt dieses Verständnis. Danach ist die Zweckbestimmung eines Gebietes für den Fremdenverkehr unter anderem anzunehmen bei Wochenend- und Ferienhausgebieten, die im Bebauungsplan festgesetzt sind, sowie bei sonstigen Gebieten mit Fremdenverkehrsfunktionen, die durch Beherbergungsbetriebe und Wohngebäude mit Fremdenbeherbergung geprägt sind. Der Gesetzgeber geht in dieser erstmals durch Art. 1 Nr. 28 des Gesetzes über das Baugesetzbuch vom 8. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2191) als § 22 Abs. 2 Satz 3 BauGB erlassenen Vorschrift zum einen davon aus, dass Wohngebäude mit Fremdenbeherbergung grundsätzlich zulässig sind, zum anderen davon, dass die von solchen Nutzungen geprägten Gebiete keine Ferienhausgebiete im Sinne des § 10 Abs. 1 und 4 BauNVO sind.
32 c) Die Klägerin bekämpft die Auffassung der Vorinstanz, die im Bebauungsplan geregelten Ferienwohnungen ähnelten aus bodenrechtlicher Sicht und hinsichtlich ihres Störpotenzials eher den Räumen von Beherbergungsbetrieben als einem Ferienhaus (UA S. 9). Dies führt nicht zum Erfolg der Revision.
33 Dem räumlichen Nebeneinander von dauerndem Wohnen und Erholungsuchenden sind städtebauliche Störpotenziale eigen. Diese gehen über die Frage nach dem Störgrad und der Störanfälligkeit von Nutzungen im Hinblick auf Immissionen hinaus (BVerwG, Urteil vom 25. November 1983 - 4 C 64.79 - BVerwGE 68, 207 <211>). So kann die Wohnruhe durch häufige Nutzerwechsel, Unterschiede im Tagesablauf oder vermehrte Nutzung von Außenwohnbereichen auch in den Abend- und Nachtstunden gestört werden. Solche Störungen mögen zunehmen, je mehr die Erholungsuchenden "unter sich" bleiben, während die räumliche Nähe zu Dauerwohnern sozial kontrollierend wirken kann (vgl. von Nicolai, NordÖR 2015, 361 <365 f.>: "eigentümerbegleitetes Ferienwohnen"), zugleich aber Konflikte verschärfen mag. Ausmaß und Akzeptanz von Störungen hängen auch davon ab, welche Erholungsuchenden - etwa jüngere Wochenendtouristen oder ältere Urlauber mit mehrwöchigen Aufenthalten - ein Gebiet typischerweise aufsuchen und ob das Gebiet im Übrigen touristisch oder beispielsweise großstädtisch geprägt ist. Diese beispielhaft aufgezählten Konfliktlagen unterliegen stetem Wandel.
34 Konflikte sind damit beim Aufeinandertreffen von dauerndem Wohnen und Erholungsaufenthalten unabhängig davon denkbar, ob sich die Erholungsuchenden etwa in Beherbergungsbetrieben, Ferienhäusern oder Ferienwohnungen der hier geregelten Form aufhalten. Der Klägerin ist zuzugeben, dass das Konfliktpotenzial der beiden letztgenannten Formen des Erholungsaufenthalts unter einzelnen Aspekten vergleichbar sein mag. Innerhalb der Grenzen des Art. 3 Abs. 1 GG ist es aber Sache des Verordnungsgebers der Baunutzungsverordnung zu entscheiden, ob ein erwartetes Störpotenzial Anlass gibt, eine Mischung dieser jeweiligen Nutzung mit dem dauernden Wohnen in einem sonstigen Sondergebiet als von vornherein nicht festsetzungsfähig zu regeln. Eine solche Bestimmung hat die Baunutzungsverordnung für die hier geregelte Form des Erholungsaufenthalts nicht getroffen. Die aufgezeigten Störpotenziale werden damit nicht planungsrechtlich irrelevant. Es obliegt vielmehr den Gemeinden, ihnen in der jeweiligen städtebaulichen Situation im Rahmen der Abwägung Rechnung zu tragen.
35 3. Die getroffene Festsetzung genügt dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB. Das Verwaltungsgericht hat sie als sachgerecht und städtebaulich vernünftig gewürdigt. Relevante Nutzungskonflikte seien nicht bekannt geworden (UA S. 12). Diese Wertung ziehen die Beteiligten nicht in Zweifel. Die Klägerin hat auch weitere Bedenken gegen den Bebauungsplan nicht geltend gemacht.
36 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.