Verfahrensinformation



Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) soll eine (ablehnende) Entscheidung über einen Asylantrag mit der Abschiebungsandrohung verbinden, in der dem Ausländer eine bestimmte Frist für die freiwillige Ausreise zu setzen ist. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hatte Mitte 2018 dahin entschieden, dass eine solche Verbindung von Asyl- und Rückkehrentscheidung nach dem Unionsrecht grundsätzlich möglich ist, wenn es einen wirksamen Rechtsbehelf gegen die Ablehnung des Asylantrages gibt und während der Frist für die Einlegung dieses Rechtsbehelfes und gegebenenfalls bis zur Entscheidung über diesen alle Wirkungen der Rückkehrentscheidungen ausgesetzt sind (Urteil u.a. in der Rechtssache Gnandi). Hieraus folgt für den EuGH u.a., dass der Ausländer ein Bleiberecht bis zur Entscheidung über den maßgeblichen Rechtsbehelf haben muss, für dessen Dauer die Frist für die freiwillige Ausreise nicht zu laufen beginnen darf, er in dieser Zeit nicht zum Zwecke der Abschiebung inhaftiert werden darf, er im Verfahren veränderte Umstände muss geltend machen können und er seine aus dem Aufenthalt folgenden Rechte geltend machen kann. Der Ausländer sei zudem über die ihm zustehenden Rechte zu informieren, um einen faires und transparentes Rückkehrverfahren zu gewährleisten.


In den zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Revisionsverfahren wird das Bundesverwaltungsgericht für unterschiedliche Fallkonstellationen zu entscheiden haben, welche Auswirkungen diese neuere Rechtsprechung des EuGH auf die bisherige Ausgestaltung der Abschiebungsandrohung durch das nationale Recht sowie das Bundesamt hat und ob eine Verletzung der Informationspflichten sich auf die Rechtmäßigkeit der Rückkehrentscheidung selbst auswirken kann. Die Ausgangsverfahren betreffen Asylbegehren von Klägern aus Afghanistan, Ghana und Aserbaidschan. Deren Asylanträge sind in den Jahren 2015 bis 2018 von dem Bundesamt abgelehnt worden, und zwar teilweise als (einfach) unbegründet, teils als offensichtlich unbegründet; hieran knüpft das nationale Recht Unterschiede bei den Vorgaben für die Dauer der Ausreisefrist und die Frage, ob ein Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat. Die hiergegen gerichteten Klagen und - in den Fällen der Antragsablehnung als offensichtlich unbegründet - Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes blieben durchweg erfolglos.


Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen sowie das Verwaltungsgericht Minden haben jeweils die (Sprung-)Revision zugelassen, soweit mit der Klage die Abschiebungsandrohung nebst Ausreisefristsetzung angefochten war, um eine Klärung zu ermöglichen, ob die vom Bundesamt verfügte Ausreisefrist rechtswidrig ist und zur Aufhebung der Abschiebungsandrohung führt, weil die vom Unionsrecht geforderten Garantien nicht hinreichend gewahrt seien, und ob eine Nichtbeachtung der vom EuGH anerkannten Informationspflichten die Aufhebung der Abschiebungsandrohung nach sich zieht. Die Revisionskläger machen u.a. geltend, dass bereits die Verletzung der Informationspflicht zur Rechtswidrigkeit jedenfalls der Abschiebungsandrohung, teils des Bescheides insgesamt führen müsse, und jedenfalls die vom EuGH betonten Rechte während des Verfahrens in Deutschland nicht bzw. nicht hinreichend gewährleistet seien, so dass auch aus diesem Grunde zumindest die Abschiebungsandrohung keinen Bestand haben könne. Gerügt wird auch die Trennung von asylrechtlichem und sonstigem Abschiebungsschutz.


Pressemitteilung Nr. 11/2020 vom 20.02.2020

Folgerungen aus der „Gnandi“-Entscheidung des EuGH für die Verbindung einer Asylablehnung mit einer Abschiebungsandrohung

Die Verbindung der ablehnenden Entscheidung über einen Asylantrag mit einer Rückkehrentscheidung in Gestalt einer Abschiebungsandrohung steht nur dann mit der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG im Einklang, wenn gewährleistet ist, dass der Ausländer ein Bleiberecht bis zur Entscheidung über den maßgeblichen Rechtsbehelf gegen die Ablehnung des Antrags hat und dieser Rechtsbehelf seine volle Wirksamkeit entfaltet. Dies kann das Bundesamt in Fällen der Antragsablehnung als offensichtlich unbegründet bewirken, indem es die Vollziehung der Abschiebungsandrohung bis zur Entscheidung in dem asylgerichtlichen Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (§ 36 Abs. 3 AsylG) aussetzt. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Die Kläger der Ausgangsverfahren stammen aus Afghanistan, Ghana und Aserbaidschan. Ihre Asylanträge sind in den Jahren 2015 bis 2018 von dem Bundesamt zum Teil als (einfach) unbegründet, zum Teil als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden. Die Ablehnungsbescheide waren jeweils mit einer Abschiebungsandrohung verbunden, welche den Klägern die Abschiebung in ihren Herkunftsstaat androhte, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist freiwillig ausreisten. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hatte Mitte 2018 dahin entschieden, dass eine solche Verbindung von Asyl- und Rückkehrentscheidung nach dem Unionsrecht nur möglich ist, wenn es einen wirksamen Rechtsbehelf gegen die Ablehnung des Asylantrages gibt und während der Frist für die Einlegung dieses Rechtsbehelfes und gegebenenfalls bis zur Entscheidung über diesen alle Wirkungen der Rückkehrentscheidungen ausgesetzt sind; der Ausländer ist über die ihm unionsrechtlich zu garantierenden Rechte zu informieren (vgl. u.a. Urteil des EuGH vom 19. Juni 2019 - C 181/16, Gnandi). Daraufhin haben die Kläger ihre Klage hinsichtlich der Abschiebungsandrohung u.a. auf eine Verletzung der Informationspflicht durch das Bundesamt und darauf gestützt, dass die vom EuGH aufgeführten Rechte während des Verfahrens in Deutschland nicht bzw. nicht hinreichend gewährleistet seien. In allen Verfahren hatte die Klage entweder kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung oder hatten das Bundesamt die Vollziehung im Laufe des Verfahrens ausgesetzt oder das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet. Die Klagen blieben jeweils erfolglos. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen sowie das Verwaltungsgericht Minden haben jedenfalls bei unionsrechtskonformer Auslegung des nationalen Rechts die vom Unionsrecht geforderten Garantien als hinreichend gewahrt gesehen; allein die Nichtbeachtung der Informationspflichten führe nicht zur Aufhebung der Abschiebungsandrohung. Die Gerichte haben jeweils die (Sprung-)Revision zugelassen, soweit mit der Klage die Abschiebungsandrohung nebst Ausreisefristsetzung angefochten war. Die Revisionen der Kläger blieben erfolglos.


Der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat klargestellt, dass die nach Unionsrecht mögliche und vom nationalen Gesetzgeber für den Regelfall vorgesehene Verbindung der Asylablehnung mit einer Abschiebungsandrohung nur dann mit Unionsrecht zu vereinbaren ist, wenn für die Dauer des maßgeblichen Rechtsschutzverfahrens die allen Schutzsuchenden unionsrechtlich gewährten Verfahrens-, Schutz- und Teilhaberechte gewährleistet bleiben. Soweit diese Rechte auf der Grundlage des nationalen Rechts nicht oder nicht hinreichend gewährleistet sind, sind wegen der im nationalen Recht bestehenden Möglichkeit, vom gleichzeitigen Erlass einer Abschiebungsandrohung (vorläufig) abzusehen, einer unionsrechtskonformen Auslegung oder der Berufung auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts auf der Rechtsfolgenseite Grenzen gesetzt. Das Bundesamt kann die Unionsrechtskonformität aber regelmäßig gewährleisten, indem es bei einem gleichzeitigen Erlass die Vollziehung der Abschiebungsandrohung einschließlich des Laufes der vom Gesetzgeber vorgegebenen Ausreisefristen von Amts wegen nach § 80 Abs. 4 VwGO aussetzt, soweit dies unionsrechtlich erforderlich ist, um zu gewährleisten, dass der Rechtsbehelf seine volle Wirksamkeit entfaltet; die Aussetzung kann auch noch in einem laufenden gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden. Dies ist hier erfolgt, soweit dem jeweiligen Rechtsbehelf nicht anderweitig aufschiebende Wirkung zukam, so dass die Abschiebungsandrohungen insoweit nicht mehr zu beanstanden waren.


Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass allein die Verletzung der Pflicht, den Ausländer über die ihm nach dem Unionsrecht bis zur Entscheidung über die Klage oder - in den Fällen der Antragsablehnung als offensichtlich unbegründet - bis zur Entscheidung im Eilverfahren weiterhin zustehenden Rechte zu informieren, nicht zu einer Aufhebung der Abschiebungsandrohung führt. Ein solcher Verstoß gegen das objektive Recht betrifft nicht eine Tatbestandsvoraussetzung der Abschiebungsandrohung, steht auch sonst mit dieser nicht in einem Rechtmäßigkeitszusammenhang und ist nicht geeignet, die Rechtsstellung eines Ausländers zu beeinträchtigen, der - wie hier - die mit seinem (vorläufig fortbestehenden) Bleiberecht verbundenen Rechte und Vorteile genießt.


BVerwG 1 C 1.19 - Urteil vom 20. Februar 2020

Vorinstanzen:

VGH Mannheim, A 11 S 1923/17 - Urteil vom 12. Dezember 2018 -

VG Stuttgart, A 1 K 5589/16 - Urteil vom 01. Juni 2017 -

BVerwG 1 C 19.19 - Urteil vom 20. Februar 2020

Vorinstanz:

VG Minden, 10 K 3268/18.A - Urteil vom 16. April 2019 -

BVerwG 1 C 20.19 - Urteil vom 20. Februar 2020

Vorinstanz:

VG Minden, 10 K 2632/17.A - Urteil vom 16. April 2019 -

BVerwG 1 C 21.19 - Urteil vom 20. Februar 2020

Vorinstanzen:

OVG Münster, 11 A 610/19.A - Urteil vom 13. Mai 2019 -

VG Arnsberg, 10 K 4187/18.A - Urteil vom 09. Januar 2019 -

BVerwG 1 C 22.19 - Urteil vom 20. Februar 2020

Vorinstanz:

VG Minden, 10 K 3973/18.A - Urteil vom 16. April 2019 -


Urteil vom 20.02.2020 -
BVerwG 1 C 1.19ECLI:DE:BVerwG:2020:200220U1C1.19.0

Vereinbarkeit der Verbindung einer Asylablehnung als einfach unbegründet mit einer Abschiebungsandrohung nach der "Gnandi"-Entscheidung des EuGH

Leitsätze:

1. Die Verbindung der ablehnenden Entscheidung über einen Asylantrag mit einer Rückkehrentscheidung in Gestalt einer Abschiebungsandrohung steht nur dann mit der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG im Einklang, wenn gewährleistet ist, dass der Ausländer ein Bleiberecht bis zur Entscheidung über den maßgeblichen Rechtsbehelf gegen die Ablehnung des Antrags hat und dieser Rechtsbehelf seine volle Wirksamkeit entfaltet.

2. Dies ist nicht der Fall beim gleichzeitigen Erlass einer Asylablehnung und einer Abschiebungsandrohung mit einer Ausreisefrist, die - wie in § 38 Abs. 1 Satz 1 AsylG vorgesehen - mit der Bekanntgabe der Entscheidung beginnt.

3. Eine Abschiebungsandrohung, die das Bundesamt zusammen mit der Entscheidung, einen Asylantrag als (einfach) unbegründet abzulehnen, erlässt, ist im gerichtlichen Verfahren nicht allein wegen der nach § 38 Abs. 1 Satz 1 AsylG gesetzten Ausreisefrist aufzuheben, weil diese Ausreisefrist mit Klageerhebung nach § 38 Abs. 1 Satz 2 AsylG kraft Gesetzes erst 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens endet und damit die unionsrechtlich geforderten Verfahrens-, Schutz- und Teilhaberechte gewährleistet sind.

4. Eine Verletzung der Pflicht, den Ausländer über die ihm nach dem Unionsrecht bis zur Entscheidung über die Klage zustehenden Verfahrens-, Schutz- und Teilhaberechte zu unterrichten, führt nicht zur Rechtswidrigkeit einer Abschiebungsandrohung.

  • Rechtsquellen
    AEUV Art. 267
    AsylbLG § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 5, §§ 1a, 2 ff.
    AsylG § 34 Abs. 1 und 2, §§ 34a, 35, 36, 38 Abs. 1, §§ 55 ff., §§ 63 ff., §§ 67, 74 Abs. 2 Satz 2, § 75 Abs. 1 Satz 1, § 77 Abs. 1
    AufenthG § 4 Abs. 1 Satz 2, § 50 Abs. 1, § 58 Abs. 2, § 59 Abs. 2, § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1
    GG Art. 83
    GRC Art. 18, 19 Abs. 2 und Art. 47
    RL 2003/9/EG
    RL 2005/85/EG
    RL 2008/115/EG Art. 3 Abs. 1 Nr. 2, Art. 5 und 6 Abs. 1, 4 und 6
    RL 2013/32/EU Art. 46
    RL 2013/33/EU Art. 5 ff.
    VwGO §§ 80, 87b, 113 Abs. 1 Satz 1

  • VG Stuttgart - 01.06.2017 - AZ: VG A 1 K 5589/16
    VGH Mannheim - 12.12.2018 - AZ: VGH A 11 S 1923/17

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 20.02.2020 - 1 C 1.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:200220U1C1.19.0]

Urteil

BVerwG 1 C 1.19

  • VG Stuttgart - 01.06.2017 - AZ: VG A 1 K 5589/16
  • VGH Mannheim - 12.12.2018 - AZ: VGH A 11 S 1923/17

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 20. Februar 2020
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Fleuß,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Rudolph und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Böhmann
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 12. Dezember 2018 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Abschiebungsandrohung, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit einem den Asylantrag des Klägers ablehnenden Bescheid verbunden hatte.

2 Der 1988 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger und beantragte im Januar 2016 im Bundesgebiet Asyl, weil er wegen seiner Tätigkeit für ein ausländisches Unternehmen von den Taliban verfolgt worden sei. Das Bundesamt lehnte diesen Asylantrag mit Bescheid vom 24. August 2016 in vollem Umfang ab und stellte insbesondere fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Weiterhin wurde der Kläger in Nr. 5 des Bescheides aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, wobei im Falle der Klageerhebung die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens ende; für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde ihm die Abschiebung nach Afghanistan oder in einen anderen Staat, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei, angedroht.

3 Die dagegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Mit Beschluss vom 18. August 2017 ließ das Berufungsgericht die Berufung zu, soweit die Klage auf Verpflichtung zur Zuerkennung subsidiären Schutzes und zur Feststellung des Vorliegens eines nationalen Abschiebungsverbotes sowie gegen die Abschiebungsandrohung abgewiesen worden ist. Mit Urteil vom 12. Dezember 2018 hat das Berufungsgericht die Berufung zurückgewiesen und die Revision zugelassen, soweit die Berufung hinsichtlich der Anfechtung der Regelungen aus Nr. 5 des streitgegenständlichen Bescheides zurückgewiesen worden ist.

4 Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes lägen nicht vor, der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Feststellung nationaler Abschiebungsverbote. Die Abschiebungsandrohung habe zusammen mit der Entscheidung über den Asylantrag erlassen werden dürfen, weil durch die Ausgestaltung des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzverfahrens sichergestellt sei, dass entsprechend der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die in Kapitel III der Rückführungsrichtlinie genannten Verfahrensgarantien und die übrigen einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts gewahrt seien. § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AsylG stelle sicher, dass von der Abschiebungsandrohung bis zur Einlegung eines Rechtsbehelfs und sodann bis zum Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens keine Wirkungen ausgehen könnten; bei Klageerhebung, die aufschiebende Wirkung zeitige, beginne nach § 38 Abs. 1 Satz 2 AsylG die Ausreisefrist erst nach Bestandskraft der als Abschiebungsandrohung erlassenen Rückkehrentscheidung zu laufen. Abschiebungshaft könne nicht angeordnet werden, weil dies unter anderem das Vorliegen einer vollziehbaren Ausreisepflicht voraussetze. Schließlich sei es dem Betroffenen aufgrund der Regelung des § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG möglich, sich auf jede eingetretene Änderung der Umstände zu berufen; auch § 74 Abs. 2 Satz 2 AsylG oder § 87b VwGO schlössen neue Tatsachen und Beweismittel nicht aus.

5 Dass das Bundesamt über die vorstehenden Garantien nicht vollumfänglich informiert habe, führe nicht zur Aufhebung der Abschiebungsandrohung. Es könne dahinstehen, ob sich ein Verstoß gegen die Informationspflichten auf die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung auswirke, da selbst für diesen Fall ein Aufhebungsanspruch des Klägers nicht bestehe. Aus dem Unionsrecht, insbesondere einer Abwägung der verschiedenen Ziele der Rückführungsrichtlinie und der Informationspflichten folge, dass ein Verstoß gegen die Informationspflichten allenfalls dann zur Aufhebung der Abschiebungsandrohung führen könne, wenn die tatsächliche Möglichkeit bestehe, dass durch das Unterlassen einer Information eine Gefährdung der verfahrensrechtlichen Ausprägung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung aufgetreten sei oder auftreten werde. Dies sei im Fall des Klägers nicht erkennbar.

6 Mit der vom Berufungsgericht hinsichtlich der Entscheidung zur Abschiebungsandrohung zugelassenen und hierauf beschränkten Revision macht der Kläger geltend, die vom Berufungsgericht angenommene Verletzung der Informationspflichten betreffe eine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der Abschiebungsandrohung, die deswegen aufzuheben sei. Die Trennung zwischen asylrechtlichem Abschiebeschutz und sonstigem Abschiebeschutz, über welchen zwei Behörden nach unterschiedlichen Gesichtspunkten entschieden, widerspreche dem Erwägungsgrund 6 der Rückführungsrichtlinie (faires und transparentes Verfahren), weil das nationale Recht die Bestätigung einer Abschiebung auch dann zulasse, wenn nicht geklärt sei, ob inländische Abschiebungshindernisse bestünden.

7 Die Beklagte verteidigt das angegriffene Berufungsurteil.

8 Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich nicht am Verfahren beteiligt.

II

9 Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend dahin entschieden, dass die Abschiebungsandrohung, die allein noch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist (1.), den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt und daher nicht aufzuheben ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Abschiebungsandrohung und ihre Verbindung mit der ablehnenden Asylentscheidung entspricht den gesetzlichen Voraussetzungen des nationalen Rechts (2.). Die Anforderungen, die sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 [ECLI:​EU:​C:​2018:​465], Gnandi -) für eine Verbindung einer ablehnenden Asylentscheidung mit einer Rückkehrentscheidung in Gestalt einer Abschiebungsandrohung durch das Unionsrecht ergeben (3.1), sind im Ergebnis ebenfalls gewahrt (3.2). Die Verletzung der unionsrechtlichen Pflicht, den Ausländer über die ihm nach dem Unionsrecht bis zur Entscheidung über die Klage zustehenden Rechte und Garantien zu unterrichten, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung (4.).

10 1. Gegenstand der Revision ist allein die Entscheidung des Berufungsgerichts in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung (Nr. 5 des Bescheides); nur insoweit ist die Revision zugelassen, eingelegt und begründet worden. Zu beurteilen ist diese Abschiebungsandrohung in der Gestalt, die sie im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung hatte (§ 77 AsylG). Die zunächst gesetzte Ausreisefrist von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides ist mit und wegen der Klageerhebung kraft Gesetzes (§ 38 Abs. 1 Satz 2 AsylG) durch eine Fristregelung ersetzt worden, nach der die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens endet; dies ist auch ausdrücklich und transparent in der Abschiebungsandrohung selbst so geregelt.

11 Für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist maßgeblich das Asylgesetz in seiner aktuellen Fassung (derzeit in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 <BGBl. I S. 1798>, zuletzt geändert durch das am 26. November 2019 in Kraft getretene Zweite Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU vom 20. November 2019 <BGBl. I S. 1626> - AsylG -). Rechtsänderungen, die nach der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz eintreten, sind im Revisionsverfahren zu berücksichtigen, wenn das Tatsachengericht - entschiede es anstelle des Revisionsgerichts - sie seinerseits zu berücksichtigen hätte (BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Tatsachengericht nach § 77 Abs. 1 AsylG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es seiner Entscheidung, wenn es diese nunmehr träfe, die aktuelle Fassung zugrunde legen, soweit nicht hiervon eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67 Rn. 12). Die hier maßgeblichen Bestimmungen haben sich seit der Berufungsverhandlung nicht geändert.

12 2. Die Abschiebungsandrohung und ihre Verbindung mit der ablehnenden Asylentscheidung entspricht den Vorgaben des nationalen Gesetzesrechts. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG erlässt das Bundesamt eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn einem Ausländer, der keinen Aufenthaltstitel besitzt (Nr. 4), kein Asyl oder internationaler Schutz gewährt wird (Nr. 1 bis 2a) und auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 3). Dies war hier nach der - von den Vorinstanzen bestätigten - Entscheidung des Bundesamtes der Fall. Eine etwa fortgeltende Aufenthaltsgestattung (§§ 63 ff., § 67 AsylG) ist kein Aufenthaltstitel im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG; sie ändert als verfahrensabhängiges Bleiberecht auch nichts daran, dass sich der Ausländer nach der Ablehnung des Asylantrages im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Nr. 2, Art. 6 Abs. 1 RL 2008/115/EG "illegal" im Bundesgebiet aufhält.

13 Nach § 34 Abs. 2 Satz 1 AsylG, der insoweit an den durch Art. 6 Abs. 6 RL 2008/115/EG belassenen Spielraum zur Ausgestaltung durch innerstaatliche Rechtsvorschriften anknüpft, soll die Abschiebungsandrohung mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Gründe, die unabhängig von den unionsrechtlichen Vorgaben für diese Verknüpfung (dazu 3.1) im Fall des Klägers ein Absehen von einer Abschiebungsandrohung ermöglicht oder geboten hätten, sind tatrichterlich nicht festgestellt und auch sonst nicht erkennbar. Die in dem Bescheid für eine freiwillige Ausreise gesetzten Fristen entsprechen § 38 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylG. Benennung und Auswahl des Abschiebungszielstaates tragen § 59 Abs. 2 AufenthG Rechnung.

14 3. Die Abschiebungsandrohung steht auch mit den Vorgaben, die sich aus dem Unionsrecht für eine Verbindung von ablehnender Asylentscheidung mit der Rückkehrentscheidung in Gestalt einer Abschiebungsandrohung ergeben (dazu 3.1), im Ergebnis im Einklang (dazu 3.2).

15 3.1 Nach Art. 6 Abs. 6 RL 2008/115/EG besteht die Befugnis der Mitgliedstaaten, nach Maßgabe ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit einer einzigen behördlichen oder richterlichen Entscheidung eine Entscheidung über die Beendigung eines legalen Aufenthalts sowie eine Rückkehrentscheidung und/oder eine Entscheidung über eine Abschiebung und/oder ein Einreiseverbot zu erlassen, nur "unbeschadet der nach Kapitel III und nach anderen einschlägigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts und des einzelstaatlichen Rechts verfügbaren Verfahrensgarantien".

16 Für die Verbindung einer ablehnenden Entscheidung über den Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes durch die zuständige Behörde mit dem Erlass einer Rückkehrentscheidung vor der Entscheidung über den Rechtsbehelf gegen die Ablehnung des Antrages hat der EuGH (Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 -; s.a. Beschluss vom 5. Juli 2018 - C-269/18 PPU [ECLI:​EU:​C:​2018:​544] -) entschieden, dass die RL 2008/115/EG in Verbindung mit der RL 2005/85/EG im Licht des Grundsatzes der Nichtzurückweisung und des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf, die in den Art. 18, 19 Abs. 2 und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind, dem Erlass einer Rückkehrentscheidung gemeinsam mit der Ablehnung des Schutzantrages nicht schlechthin entgegenstehen. Der betreffende Mitgliedstaat muss aber gewährleisten, dass alle Rechtswirkungen der Rückkehrentscheidung bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf gegen die Ablehnung ausgesetzt werden, dass der Antragsteller während dieses Zeitraums in den Genuss der Rechte aus der RL 2003/9/EG zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten kommen kann und dass er sich auf jede nach Erlass der Rückkehrentscheidung eingetretene Änderung der Umstände berufen kann, die im Hinblick auf die RL 2008/115/EG und insbesondere ihren Art. 5 erheblichen Einfluss auf die Beurteilung seiner Situation haben kann (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 - Rn. 60 ff., 68); auch muss sichergestellt sein, dass der Ausländer nicht zwecks Abschiebung in Haft genommen wird (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 - Rn. 62; Beschluss vom 5. Juli 2018 - C-269/18 PPU - Rn. 54, 56). Dem Gebot, dass der Rechtsbehelf gegen die Ablehnung des Antrages auf internationalen Schutz seine volle Wirksamkeit entfaltet und während der Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs und, falls er eingelegt wird, bis zur Entscheidung über ihn u.a. alle Wirkungen der Rückkehrentscheidung auszusetzen sind, genügt dabei nicht, dass der betreffende Mitgliedstaat davon absieht, die Rückkehrentscheidung zwangsweise umzusetzen. Es müssen vielmehr alle Rechtswirkungen dieser Entscheidung ausgesetzt werden. Daher darf insbesondere die in Art. 7 RL 2008/115/EG vorgesehene Frist für die freiwillige Ausreise nicht zu laufen beginnen, solange der Betroffene ein Bleiberecht hat (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 - Rn. 61 f.).

17 Nicht zuletzt wegen der auch primärrechtlich fundierten Herleitung der Voraussetzungen einer Verbindung von Asyl- und Rückkehrentscheidung beanspruchen diese Grundsätze Geltung auch für Fälle, in denen die Neufassung der sog. Aufnahmerichtlinie (RL 2013/33/EU) oder der sog. Verfahrensrichtlinie (RL 2013/32/EU) Anwendung finden.

18 3.2 Diese Voraussetzungen sind hier bei der Abschiebungsandrohung in der Gestalt, in der sie zur revisionsgerichtlichen Prüfung steht, erfüllt, so dass sie auch nach Unionsrecht mit der ablehnenden Asylentscheidung verbunden werden durfte und hiervon nicht nach § 34 Abs. 2 Satz 1 AsylG abzusehen war. Es ist gewährleistet, dass eine Abschiebung nicht erfolgen kann (3.2.1) und ein Bleiberecht, also keine Verlassenspflicht, besteht (3.2.2), die Rechte als Asylbewerber nach der RL 2003/9/EG fortgelten (3.2.3), das Vorbringen neuer Umstände im gerichtlichen Verfahren zulässig ist (3.2.4, 3.2.5), keine Abschiebungshaft verhängt werden darf (3.2.6) und auch die Frist für die freiwillige Ausreise nicht vor dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens läuft (3.2.7).

19 3.2.1 Die Klage gegen einen Bescheid des Bundesamtes, durch den ein Asylantrag nicht nach den §§ 34a, 35 oder 36 AsylG in qualifizierter Form, sondern als (einfach) unbegründet abgelehnt wird (§ 38 Abs. 1 AsylG), hat gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylG aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO) hindert die Vollziehbarkeit belastender Verwaltungsentscheidungen; dies erfasst neben Vollstreckungsmaßnahmen jedenfalls alle sonstigen Vollziehungsmaßnahmen oder Folgerungen tatsächlicher oder rechtlicher Art im Sinne eines umfassenden Verwirklichungs- und Ausnutzungsverbots (s. - statt vieler - Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 80 Rn. 22; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Juli 2019, § 80 Rn. 101; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 629 ff.). Von diesen verfahrensrechtlichen Wirkungen unberührt bleibt, dass mit der ablehnenden Entscheidung über den Asylantrag der Aufenthalt des Ausländers im Sinne des Art. 6 Abs. 1 RL 2008/115/EG "illegal" wird.

20 3.2.2 Die kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung der gegen die Bundesamtsentscheidung gerichteten Klage bewirkt in den Fällen der Antragsablehnung als einfach unbegründet, dass nach § 67 Abs. 1 Nr. 6 AsylG die Aufenthaltsgestattung erst erlischt, wenn die Entscheidung des Bundesamtes unanfechtbar geworden ist. Das durch die Aufenthaltsgestattung vermittelte verfahrensabhängige Bleiberecht führt zwar nicht dazu, dass dem Ausländer eine Aufenthaltsberechtigung oder ein Aufenthaltstitel im Sinne von Art. 6 Abs. 4 RL 2008/115/EG erteilt wird; es erfüllt aber jedenfalls die unionsrechtliche Vorgabe, dass dem Ausländer bis zur Entscheidung ein Bleiberecht zusteht. Vorliegend nicht zu entscheiden ist daher, ob es hierfür stets der Fortgeltung der Aufenthaltsgestattung bedarf oder dies auch auf andere Weise gewährleistet werden kann.

21 3.2.3 Für die Dauer der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs kommen Schutzsuchende auch weiterhin in den Genuss der Rechte, die sich aus der Aufnahmerichtlinie (RL 2003/9/EG beziehungsweise RL 2013/33/EU) ergeben. Ungeachtet ihres materiell "illegalen" Aufenthalts sind sie wegen des mit der aufschiebenden Wirkung verbundenen Bleiberechts nicht im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG "vollziehbar ausreisepflichtig" und erhalten weiterhin Leistungen nach den §§ 2 ff. AsylbLG. Bereits die Aufenthaltsgestattung nach den §§ 55 ff. AsylG vermittelt eine gesetzesunmittelbare, verfahrensabhängige Bleibeberechtigung, die einer Anwendung des § 50 Abs. 1, § 58 Abs. 2 AufenthG jedenfalls bis zum Ablauf der Ausreisefrist entgegensteht, auch wenn sie kein Aufenthaltstitel im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ist (s. etwa Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand Oktober 2015, § 50 AufenthG Rn. 16). Die Leistungsberechtigung dieser Personen folgte dann jedenfalls auch aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG, so dass die in § 1a AsylbLG für Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG bei Hinzutreten weiterer Voraussetzungen vorgesehenen Leistungskürzungen ausscheiden.

22 3.2.4 Nach dem Rechtsschutzsystem der Verwaltungsgerichtsordnung ist es den Betroffenen auch möglich, "sich auf jede nach Erlass der Rückkehrentscheidung eingetretene Änderung der Umstände zu berufen, die in Anbetracht der Richtlinie 2008/115 und insbesondere ihres Art. 5 erheblichen Einfluss auf die Beurteilung ihrer Situation haben kann" (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 - Rn. 64). Nach § 77 Abs. 1 AsylG stellt das Gericht in Streitigkeiten nach dem Asylgesetz auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (oder dem der Entscheidung) ab; dies lässt Raum für eine Berufung auf neue oder veränderte Umstände, die nach Erlass der Rückkehrentscheidung eingetreten sind, und gebietet dann deren Berücksichtigung. Die Präklusionsregelung des § 74 Abs. 2 AsylG lässt ungeachtet dessen, dass das gerichtliche Zurückweisungsermessen verfassungs- und unionsrechtskonform auszuüben ist und durch die Präklusion drohende erhebliche Rechtsnachteile zu berücksichtigen hat (s. etwa VGH Mannheim, Beschluss vom 24. Februar 2017 - A 11 S 368/17 - InfAuslR 2017, 210; VGH München, Beschluss vom 13. Juni 2019 - 13a ZB 18.30460 - juris), das Vorbringen neuer Tatsachen und Beweismittel ausdrücklich unberührt (§ 74 Abs. 2 Satz 4 AsylG). Dass Präklusionsregelungen im Asylverfahren schlechthin ausgeschlossen sind (so wohl Hruschka, Asylmagazin 2018, 290 <292>), folgt weder aus dem Gnandi-Urteil (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 -) noch aus der sonstigen Rechtsprechung des EuGH und wirft für den Senat auch keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen im Sinne des Art. 267 AEUV auf.

23 3.2.5 Der allgemeine Grundsatz eines fairen und transparenten Rückkehrverfahrens unter Einbeziehung nachträglich entstandener Umstände hindert auch nicht, im Rahmen der Berücksichtigung von Umständen, die nach Art. 5 RL 2008/115/EG bei der Anwendung der Rückführungsrichtlinie zu beachten sind und die nach nationalem Verständnis lediglich ein inlandsbezogenes (rechtliches oder tatsächliches) Abschiebungshindernis zu begründen geeignet sind, diese nicht durchweg im Verfahren betreffend die Abschiebungsandrohung des Bundesamtes zu überprüfen, sondern sie in einem gesonderten Verfahren gegen die für den Vollzug der Abschiebung zuständige Ausländerbehörde geltend zu machen (s. dazu BVerwG, Urteil vom 21. September 1999 - 9 C 12.99 - BVerwGE 109, 305; Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 10 B 39.12 - Buchholz 402.25 § 34 AsylVfG Nr. 11 Rn. 4).

24 Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse knüpfen nicht an eine (mögliche) Verletzung des Refoulement-Verbotes an und berühren auch sonst nicht den Erlass einer Abschiebungsandrohung dem Grunde nach. Auch Art. 6 Abs. 4 RL 2008/115/EG lässt bei einer Aufenthaltsberechtigung aus humanitären Gründen die Aussetzung der Rückkehrentscheidung zu und verlangt nicht zwingend den Verzicht auf diese oder deren Rücknahme. Die Aufteilung der Rechtsschutzmöglichkeiten ist durch die dem nationalen Gesetzgeber verbliebene Ausgestaltung der Rechtsschutzverfahren gedeckt und folgt der Zuständigkeitsaufteilung zwischen Bundesamt und Ausländerbehörden. Diese Gestaltungsentscheidung des Gesetzgebers folgt dem Grundsatz des Art. 83 GG und ist verfassungsrechtlich jedenfalls möglich. Sie berührt nicht die volle Wirksamkeit des Rechtsbehelfs gegen die (negative) Asylentscheidung; eine umfassende Prüfung aller zielstaatsbezogenen, an den Refoulement-Schutz anknüpfenden Abschiebungshindernisse bereits in den Rechtsschutzverfahren gegen die mit der ablehnenden Asylentscheidung verbundenen Rückkehrentscheidungen wird gewährleistet. Der Rechtsschutz in Bezug auf inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse gegenüber der Ausländerbehörde wird durch die Bestandskraft der Abschiebungsandrohung des Bundesamtes nicht berührt. Er ist auch effektiv. Soweit die Ausländerbehörde geltend gemachten inlandsbezogenen Abschiebungshindernissen nicht bereits durch eine vorübergehende Aussetzung des Vollzuges der Abschiebung Rechnung trägt, kann der Ausländer dagegen um Rechtsschutz nachsuchen, nach § 123 VwGO auch im Eilverfahren.

25 3.2.6 Eine Anordnung von Abschiebungshaft scheidet ebenfalls aus, solange die aufschiebende Wirkung der Klage besteht. § 62 AufenthG erfordert auch in der Fassung, welche die Regelung im Laufe des Revisionsverfahrens erhalten hat (Art. 1 Nr. 21 Zweites Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 15. August 2019, BGBl. I S. 1294), - jedenfalls bei einer verfassungskonformen Auslegung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - eine vollziehbare Ausreisepflicht.

26 3.2.7 Die Abschiebungsandrohung ist auch nicht deswegen (teilweise) aufzuheben, weil nach dem Bescheid die Ausreisefrist von 30 Tagen zunächst mit der Bekanntgabe des Bescheides in Lauf gesetzt worden ist.

27 a) Die vom EuGH herausgearbeiteten Verfahrensgarantien fordern allerdings, dass die in Art. 7 RL 2008/115/EG vorgesehene Frist für die freiwillige Ausreise nicht zu laufen beginnen darf, solange der Betroffene ein Bleiberecht hat (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 - Rn. 62). Nach dem Grundsatz der Waffengleichheit sind dabei während der Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs und, falls er eingelegt wird, bis zur Entscheidung über ihn alle Wirkungen der Rückkehrentscheidung auszusetzen (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 - Rn. 61). Das Fristlaufverbot und das Bleiberecht erfassen mithin auch den Zeitraum, in dem ein Rechtsmittel noch nicht eingelegt ist, und stehen für diesen dem Lauf der behördlich zu setzenden Ausreisefrist entgegen; Rechtsmittelfrist und Ausreisefrist dürfen nicht gleichzeitig laufen. Damit nicht vereinbar sind § 38 Abs. 1 Satz 1 AsylG, der für den Lauf der zu setzenden Ausreisefrist von 30 Tagen erkennbar an die Bekanntgabe der Bundesamtsentscheidung anknüpft, und der angegriffene Bescheid, der für den Fristlauf ausdrücklich auf die Bekanntgabe abstellt.

28 b) Der Kläger ist indes durch diese anfängliche objektive Unionsrechtswidrigkeit des Bescheides mit und durch die Klageerhebung wegen des Eintritts der im Gesetz (§ 38 Abs. 1 Satz 2 AsylG) und im Bescheid benannten außerprozessualen Bedingung nicht mehr beschwert. Die ursprüngliche, objektiv unionsrechtswidrige Fristsetzung ist damit durch eine unionsrechtskonforme Fristsetzung ersetzt worden. Diese neue Regelung der Ausreisefrist verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Nicht zu vertiefen ist, ob sich damit der Rechtsstreit in Bezug auf die Abschiebungsandrohung teilweise in der Hauptsache erledigt hat. Der Kläger hat den Rechtsstreit in Bezug auf die Anfechtung der mit verändertem Inhalt fortgeltenden Abschiebungsandrohung jedenfalls nicht (teilweise) für in der Hauptsache erledigt erklärt. Er hat auch hinsichtlich des Fristlaufes während der Rechtsbehelfsfrist keinen Feststellungsantrag gestellt, in Bezug auf den sich ein Feststellungsinteresse jedenfalls nicht aufgedrängt hätte. Allein das mögliche Interesse, das Bundesamt künftig und in Bezug auf Verfahren Dritter zu einer objektiv unionsrechtskonformen Verfahrensweise anzuhalten, begründet für den Kläger kein Feststellungsinteresse. Unabhängig davon kann das Bundesamt jedenfalls nach § 80 Abs. 4 VwGO durch Aussetzung einer durch die Bekanntgabe in Lauf gesetzten Ausreisefrist für die Dauer der Klagefrist die Unionsrechtskonformität auch für solche Fälle wahren, in denen es nicht zu einer Klageerhebung kommt (s.a. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2020 - 1 C 19.19 - II 4.2.3b).

29 4. Die Abschiebungsandrohung ist auch nicht mit Blick darauf aufzuheben, dass der Kläger nicht durch das Bundesamt über die zu seinen Gunsten geltenden Verfahrensgarantien unterrichtet worden ist.

30 Unionsrechtlich muss bei einer Verbindung der Rückkehrentscheidung mit der ablehnenden Asylentscheidung der Schutzsuchende zwar über seine fortbestehenden Rechte informiert werden (unionsrechtliche Informationspflicht) (4.1). Die hier jedenfalls nicht vollständige Erfüllung dieser Informationspflicht führt indes nicht zur (teilweisen) Rechtswidrigkeit der Rückkehrentscheidung (4.2).

31 4.1 Die Mitgliedstaaten haben ein faires und transparentes Rückkehrverfahren zu gewährleisten (Erwägungsgrund 6 RL 2008/115/EG; EuGH, Urteile vom 5. Juni 2014 - C-146/14 PPU [ECLI:​EU:​C:​2014:​1320], Mahdi - Rn. 40 und vom 5. November 2014 - C-166/13 [ECLI:​EU:​C:​2014:​2336], Mukarubega - Rn. 61). Ergeht die Rückkehrentscheidung gleich nach der erstinstanzlichen Ablehnung des Antrages auf internationalen Schutz durch die zuständige Behörde oder zusammen mit ihr in einer einzigen behördlichen Entscheidung, haben sie dafür Sorge zu tragen, dass die Person, die internationalen Schutz beantragt hat, in transparenter Weise über die Einhaltung der Garantien informiert wird, die sich bei einer solchen Verknüpfung ergeben, also die Aussetzung aller Wirkungen der Rückkehrentscheidung, der Nichtlauf der Frist für die freiwillige Ausreise, solange ein Bleiberecht besteht, ein Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf gegen die Ablehnung, der Ausschluss von Abschiebungshaft, der Genuss der Rechte, die sich aus der Aufnahmerichtlinie ergeben, sowie die Möglichkeit, sich auf jede nach Erlass der Rückkehrentscheidung eingetretene Änderung der Umstände berufen zu können, die in Anbetracht der RL 2008/115/EG und insbesondere ihres Art. 5 erheblichen Einfluss auf die Beurteilung ihrer Situation haben kann (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 - Rn. 65, 67).

32 Der EuGH benennt allerdings nicht ausdrücklich diejenige Stelle oder Institution, welche für die Umsetzung dieser unionsrechtlichen Informationspflicht verantwortlich ist, oder die Form der Unterrichtung. Die Gewährleistungsverantwortung, die den Mitgliedstaat trifft, schließt die Überantwortung an Dritte, etwa nichtstaatliche Träger einer unabhängigen Asylverfahrensberatung (§ 12a AsylG), nicht aus. Nicht hinreichend wäre indes der Verweis auf allgemein zugängliche Quellen oder bei Schutzsuchenden tatsächlich vorhandenes Wissen, die Möglichkeit anwaltlicher Rechtsberatung oder eine punktuelle Unterrichtung im Rahmen anhängiger gerichtlicher Verfahren; die unionsrechtliche Informationspflicht ist vor allem auch bei nicht anwaltlich vertretenen sowie solchen Schutzsuchenden zu gewährleisten, die (noch) nicht um gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht haben. Solange die Verantwortung für die Erfüllung der unionsrechtlichen Informationspflicht also nicht eindeutig anderen Stellen zugewiesen ist, ist sie durch das Bundesamt als der für den Erlass der Rückkehrentscheidung zuständigen Stelle zu erfüllen. Nicht zu vertiefen ist, ob von dieser ungeschriebenen Informationspflicht Ausnahmen gelten oder diese erlischt, wenn der Schutzsuchende - auch für das Bundesamt erkennbar - vollständig und zutreffend über seine Verfahrens-, Schutz- oder Teilhaberechte informiert ist.

33 Das Bundesamt ist dieser unionsrechtlichen Informationspflicht, die hier bei Erlass der ablehnenden Asylentscheidung unter Verknüpfung mit der Rückkehrentscheidung durch den EuGH noch nicht klargestellt war, auch in der Folgezeit nicht hinreichend nachgekommen. Dies verstößt objektivrechtlich gegen Unionsrecht.

34 4.2 Die Nichterfüllung der unionsrechtlichen Informationspflicht führt indes nicht zur (teilweisen) Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung. Ein solcher Verstoß gegen das objektive Recht betrifft nicht eine Tatbestandsvoraussetzung der Abschiebungsandrohung (4.2.1), steht auch sonst mit dieser nicht in einem Rechtmäßigkeitszusammenhang und ist zudem nicht geeignet, die Rechtsstellung eines Ausländers zu beeinträchtigen, der mit der Klageerhebung diese Rechte und Vorteile genießt (4.2.2).

35 4.2.1 Nach der Rechtsauffassung des Senats ist die (vollständige) Erfüllung der Informationspflicht auch dann keine Tatbestandsvoraussetzung der Abschiebungsandrohung, wenn diese mit der ablehnenden Entscheidung über den Asylantrag verbunden wird.

36 Der EuGH leitet die unionsrechtliche Informationspflicht nicht aus dem Gedanken der Wirksamkeit des Rechtsbehelfs gegen die ablehnende Asylentscheidung, sondern dem Gebot eines fairen und transparenten Rückkehrverfahrens her und formuliert die Unterrichtung über die bei der Verknüpfung von Rückkehrentscheidung und Asylentscheidung erforderlichen Gewährleistungen als Konsequenz der Rückkehrentscheidung, nicht als deren Voraussetzung. Die unionsrechtliche Informationspflicht ist mithin ausgestaltet als eine verselbständigte Gewährleistungspflicht im zeitlichen Zusammenhang mit der Rückkehrentscheidung. Die Informationspflicht wird folgerichtig in der abschließenden Antwort des EuGH nicht mehr ausdrücklich erwähnt. Die (möglichen) Rechtsfolgen einer Nichtbeachtung der Informationspflicht benennt der EuGH ebenfalls nicht.

37 Die Erfüllung der unionsrechtlichen Informationspflicht ist nicht als zusätzliche, zwingende Rechtmäßigkeitsvoraussetzung einer Rückkehrentscheidung ausgestaltet. Sie tritt als selbständige Pflicht der erlassenden Behörde hinzu und soll über die Rechtsfolgen unterrichten, welche mit dieser Entscheidung verbunden sind, ohne auf die tatbestandlichen Erlassvoraussetzungen zurückzuwirken. Sie betrifft auch nicht das Verfahren bis zum Erlass der Rückkehrentscheidung, sondern setzt deren Erlass voraus. Eine Verletzung der Informationspflichten über die Rechtswirkungen, die bei einer Verknüpfung von ablehnender Asylentscheidung und Rückkehrentscheidung zu gewährleisten sind, vermag auch an der nach den vorstehenden Ausführungen hier sichergestellten Gewährleistung dieser Rechte und Garantien nichts zu ändern.

38 4.2.2 Die Verletzung der unionsrechtlichen Informationspflicht begründet auch sonst keinen Rechtmäßigkeitszusammenhang mit der Rückkehrentscheidung. Nach nationalem Recht ist eine solche Rechtsfolge nicht vorgesehen. Sie folgt auch nicht aus dem Unionsrecht und seiner effektiven Durchsetzung.

39 a) Die unionsrechtliche Informationspflicht soll den Einzelnen über die ihm im Zusammenhang mit der Rückkehrentscheidung zustehenden Rechte und Garantien aufklären und ihn so bei der effektiven Wahrnehmung gegebener Rechtsschutzmöglichkeiten unterstützen (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 - Rn. 54, 65). Eine Verletzung der Informationspflicht kann sich indes nicht auf Inhalt oder Gestalt der Rückkehrentscheidung selbst oder die mit ihrer Anfechtung verbundenen Rechte und Garantien auswirken. Bereits dies schließt einen Rechtmäßigkeitszusammenhang nach nationalem oder Unionsrecht aus.

40 b) Ein Rechtmäßigkeitszusammenhang zwischen einer Verletzung der Informationspflicht besteht aber auch dann nicht, wenn er bezogen wird nicht auf den Inhalt der Rückkehrentscheidung, sondern auf den Zeitpunkt ihres Erlasses und die Tatsache ihrer Verknüpfung mit der ablehnenden Asylentscheidung.

41 aa) In der Rechtsprechung des EuGH ist anerkannt, dass nicht jede Rechtsverletzung im Zusammenhang mit dem Erlass einer Sachentscheidung dazu führt, dass die Sachentscheidung selbst aufzuheben ist. Dies scheidet etwa dann aus, wenn das Gericht, ohne dem Einzelnen insoweit in irgendeiner Form die Beweislast aufzubürden, zu der Feststellung in der Lage ist, dass die angegriffene Entscheidung ohne den objektiv vorliegenden Verfahrensverstoß nicht anders ausgefallen wäre (dazu EuGH, Urteile vom 5. Oktober 2000 - C-288/96 [ECLI:​EU:​C:​2000:​537], Bundesrepublik Deutschland/Kommission - Rn. 101 <rechtliches Gehör>, vom 10. September 2013 - C-383/13 PPU [ECLI:​EU:​C:​2013:​533], M.G. und N.R. - Rn. 39 ff. <Abschiebungshaft>, vom 7. November 2013 - C-72/12 [ECLI:​EU:​C:​2013:​712], Altrip - Rn. 49 ff. und vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 [ECLI:​EU:​C:​2015:​683], Kommission/Bundesrepublik Deutschland - Rn. 56, 60 <zur Heilungsvorschrift des § 46 VwVfG>). Bei - wie hier - fehlender ausdrücklicher Regelung der Fehlerfolgen im Unionsrecht selbst muss bei der Festlegung der Rechtsfolgen nach nationalem Recht sichergestellt sein, dass sie nicht weniger günstig ausgestaltet sind als für entsprechende innerstaatliche Klagen (Grundsatz der Äquivalenz), und sie die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Grundsatz der Effektivität) (EuGH, Urteil vom 24. Oktober 2018 - C-234/17 [ECLI:​EU:​C:​2018:​853], XC u.a. - Rn. 22). Bei der Prüfung der Frage, ob diese Anforderungen erfüllt sind, sind die Stellung der betroffenen Vorschriften im gesamten Verfahren, dessen Ablauf und die Besonderheiten dieser Vorschriften vor den verschiedenen nationalen Stellen zu berücksichtigen (EuGH, Urteil vom 27. Juni 2013 - C-93/12 [ECLI:​EU:​C:​2013:​432], ET Agrokonsulting - Rn. 38 ff.). Die Fehlerfolgen müssen weiterhin im Einklang mit sonstigem Unionsrecht stehen und dürfen dessen praktische Wirksamkeit nicht in Frage stellen (EuGH, Urteil vom 10. September 2013 - C-383/13 PPU - Rn. 36).

42 bb) Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung sind sowohl eine andere Entscheidung in der Sache als auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Äquivalenz oder den Effektivitätsgrundsatz ausgeschlossen, so dass ein Rechtmäßigkeitszusammenhang ausscheidet.

43 (1) Die Informationspflichten dienen allein der Unterrichtung über Rechte und Garantien, die unabhängig von der Erfüllung der Informationspflicht bestehen. Sie ergänzen insoweit die - nach nationalem Recht vorgesehene und hier auch erfolgte - Information über die Möglichkeit, gegen die ablehnende Asylentscheidung und die mit ihr verbundene Rückkehrentscheidung um gerichtlichen Rechtsschutz nachzusuchen. Bereits die Rechte und Garantien selbst haben für die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes und dessen Wirksamkeit lediglich unterstützende Funktion; dies gilt erst recht für die Information über sie. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass die pflichtwidrige Unterlassung hinreichender Information über die für die Dauer der Rechtsbehelfsfrist oder des Verfahrens über einen eingelegten Rechtsbehelf bestehenden Rechte und Garantien einem Rechtssuchenden in der Situation des Klägers, der einen Rechtsbehelf eingelegt hat, einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf zur Verteidigung der ihm aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte nähme oder ihn in der effektiven Wahrnehmung beeinträchtigte.

44 (2) Gegen einen Rechtswidrigkeitsdurchgriff auf die Rückkehrentscheidung spricht maßgeblich zudem, dass die Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger nach dem System der RL 2008/115/EG Priorität für die Mitgliedstaaten hat (EuGH, Urteile vom 6. Dezember 2011 - C-329/11 [ECLI:​EU:​C:​2011:​807], Achughbabian - Rn. 38 f. und vom 10. September 2013 - C-383/13 PPU - Rn. 43). Die Aufhebung einer Rückführungsentscheidung wegen der Verletzung einer unionsrechtlichen Informationspflicht über die materiell bestehenden Rechte und Pflichten infolge der Anfechtung der Rückkehrentscheidung beeinträchtigte zudem die praktische Wirksamkeit der RL 2008/115/EG. Dies gilt allzumal dann, wenn die Aufhebung einer im Übrigen nach Inhalt und Erlasszeitpunkt unionsrechtskonformen Rückführungsentscheidung allein mit dem Vorbringen begehrt wird, es sei eine im Einzelnen bezeichnete Informationspflicht verletzt worden, diese Rüge aber klar erkennen lässt, dass der Rechtsschutzsuchende zumindest nunmehr Kenntnis von den ihm vorenthaltenen Informationen hat. Die Frage, ob eine tatsächliche Möglichkeit besteht, dass eine Gefährdung der verfahrensrechtlichen Ausprägung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung auftreten wird, ist jedenfalls dann nicht aus der Sicht ex ante im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung bei einer abstrakten Betrachtung zu beantworten (so aber VG Karlsruhe, Urteil vom 20. August 2019 - A 19 K 5742/17 - juris Rn. 37), wenn tatsächlich als Folge der Rechtsbehelfseinlegung diese Rechte und Garantien nicht gefährdet waren.

45 (3) Es kann auch ausgeschlossen werden, dass die Rückkehrentscheidung selbst ohne eine Verletzung der Informationspflicht anders hätte ausfallen können oder von ihrem Erlass abgesehen worden wäre, um einer Gefährdung dieser Rechte und Garantien vorzubeugen. Denn die bei einer Verbindung sicherzustellenden Rechte und Garantien bestehen unabhängig von der Erfüllung der Informationspflicht und wirken teils zudem ohne jedes Zutun des Schutzsuchenden. Es ist tatrichterlich nicht festgestellt, von dem Kläger substantiiert nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich, dass in Bezug auf den Kläger die unzureichende Information den Bestand oder die Durchsetzung der Rechte und Garantien gefährdet hätte, über die zu unterrichten das Bundesamt unterlassen hat.

46 (4) Der Kläger wäre durch die unzureichende Information hinsichtlich der ihn betreffenden Abschiebungsandrohung auch dann nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), wenn eine unzureichende Information durch das Bundesamt geeignet (gewesen) sein sollte, andere Schutzsuchende ungeachtet der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung von der effektiven Wahrnehmung ihrer Rechte in Bezug auf die ablehnende Asylentscheidung oder die Rückkehrentscheidung abzuhalten, mithin bei Dritten die tatsächliche Möglichkeit besteht, dass durch das Unterlassen einer Information oder durch eine inhaltlich fehlerhafte Information eine Gefährdung der verfahrensrechtlichen Ausprägung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung aufgetreten ist oder auftreten wird (so aber VG Karlsruhe, Urteil vom 20. August 2019 - A 19 K 5742/17 - juris). Diese (mögliche) Rechtsverletzung Dritter berührt jedenfalls den Kläger nicht in seinen eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Soweit in der Rechtsprechung des EuGH insbesondere im Umweltrecht eine erweiternde Auslegung der aus dem objektiven Recht folgenden subjektiven Rechtspositionen vorgenommen wird und dem Einzelnen bezogen auf das objektive Interesse an einer Sicherung der praktischen Wirksamkeit und der Einheit des Unionsrechts eine "prokuratorische" Rechtsstellung eingeräumt ist (s. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 46), ist dies bereits im Ansatz nicht auf die vorliegende Konstellation übertragbar. Diese Rechtsprechung erweitert die Rechtsmacht Einzelner zur Durchsetzung objektiven Rechts im Interesse eines wirksamen Schutzes von Gemeinschaftsgütern im Umweltbereich, zielt aber nicht auf eine umfassende Ersetzung des Systems des subjektiven Rechtsschutzes durch ein System des objektiven Rechtsschutzes.

47 (5) Dass die Verletzung der unionsrechtlichen Informationspflicht hier nicht zur Aufhebung der Rückkehrentscheidung führt, ergibt sich klar aus der herangezogenen Rechtsprechung des EuGH. Dies bestätigt, dass der Gerichtshof in seinem Gnandi-Urteil (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 - Rn. 54, 65) keine Veranlassung gesehen hat, die Frage eines Rechtswidrigkeitszusammenhanges ausdrücklich anzusprechen und verneinend zu klären. Auch sonst sieht der Senat insoweit keine klärungsbedürftige Rechtsfrage im Sinne des Art. 267 AEUV (a.A. wohl Hruschka, BVerwG nach Entscheidung des EuGH: Europarecht nagt am deutschen Asylprozessrecht, Legal Tribune Online vom 19. Februar 2020).

48 5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert für das Revisionsverfahren ergibt sich aus § 30 RVG. Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.