Verfahrensinformation



Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) soll eine (ablehnende) Entscheidung über einen Asylantrag mit der Abschiebungsandrohung verbinden, in der dem Ausländer eine bestimmte Frist für die freiwillige Ausreise zu setzen ist. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hatte Mitte 2018 dahin entschieden, dass eine solche Verbindung von Asyl- und Rückkehrentscheidung nach dem Unionsrecht grundsätzlich möglich ist, wenn es einen wirksamen Rechtsbehelf gegen die Ablehnung des Asylantrages gibt und während der Frist für die Einlegung dieses Rechtsbehelfes und gegebenenfalls bis zur Entscheidung über diesen alle Wirkungen der Rückkehrentscheidungen ausgesetzt sind (Urteil u.a. in der Rechtssache Gnandi). Hieraus folgt für den EuGH u.a., dass der Ausländer ein Bleiberecht bis zur Entscheidung über den maßgeblichen Rechtsbehelf haben muss, für dessen Dauer die Frist für die freiwillige Ausreise nicht zu laufen beginnen darf, er in dieser Zeit nicht zum Zwecke der Abschiebung inhaftiert werden darf, er im Verfahren veränderte Umstände muss geltend machen können und er seine aus dem Aufenthalt folgenden Rechte geltend machen kann. Der Ausländer sei zudem über die ihm zustehenden Rechte zu informieren, um einen faires und transparentes Rückkehrverfahren zu gewährleisten.


In den zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Revisionsverfahren wird das Bundesverwaltungsgericht für unterschiedliche Fallkonstellationen zu entscheiden haben, welche Auswirkungen diese neuere Rechtsprechung des EuGH auf die bisherige Ausgestaltung der Abschiebungsandrohung durch das nationale Recht sowie das Bundesamt hat und ob eine Verletzung der Informationspflichten sich auf die Rechtmäßigkeit der Rückkehrentscheidung selbst auswirken kann. Die Ausgangsverfahren betreffen Asylbegehren von Klägern aus Afghanistan, Ghana und Aserbaidschan. Deren Asylanträge sind in den Jahren 2015 bis 2018 von dem Bundesamt abgelehnt worden, und zwar teilweise als (einfach) unbegründet, teils als offensichtlich unbegründet; hieran knüpft das nationale Recht Unterschiede bei den Vorgaben für die Dauer der Ausreisefrist und die Frage, ob ein Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat. Die hiergegen gerichteten Klagen und - in den Fällen der Antragsablehnung als offensichtlich unbegründet - Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes blieben durchweg erfolglos.


Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen sowie das Verwaltungsgericht Minden haben jeweils die (Sprung-)Revision zugelassen, soweit mit der Klage die Abschiebungsandrohung nebst Ausreisefristsetzung angefochten war, um eine Klärung zu ermöglichen, ob die vom Bundesamt verfügte Ausreisefrist rechtswidrig ist und zur Aufhebung der Abschiebungsandrohung führt, weil die vom Unionsrecht geforderten Garantien nicht hinreichend gewahrt seien, und ob eine Nichtbeachtung der vom EuGH anerkannten Informationspflichten die Aufhebung der Abschiebungsandrohung nach sich zieht. Die Revisionskläger machen u.a. geltend, dass bereits die Verletzung der Informationspflicht zur Rechtswidrigkeit jedenfalls der Abschiebungsandrohung, teils des Bescheides insgesamt führen müsse, und jedenfalls die vom EuGH betonten Rechte während des Verfahrens in Deutschland nicht bzw. nicht hinreichend gewährleistet seien, so dass auch aus diesem Grunde zumindest die Abschiebungsandrohung keinen Bestand haben könne. Gerügt wird auch die Trennung von asylrechtlichem und sonstigem Abschiebungsschutz.


Pressemitteilung Nr. 11/2020 vom 20.02.2020

Folgerungen aus der „Gnandi“-Entscheidung des EuGH für die Verbindung einer Asylablehnung mit einer Abschiebungsandrohung

Die Verbindung der ablehnenden Entscheidung über einen Asylantrag mit einer Rückkehrentscheidung in Gestalt einer Abschiebungsandrohung steht nur dann mit der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG im Einklang, wenn gewährleistet ist, dass der Ausländer ein Bleiberecht bis zur Entscheidung über den maßgeblichen Rechtsbehelf gegen die Ablehnung des Antrags hat und dieser Rechtsbehelf seine volle Wirksamkeit entfaltet. Dies kann das Bundesamt in Fällen der Antragsablehnung als offensichtlich unbegründet bewirken, indem es die Vollziehung der Abschiebungsandrohung bis zur Entscheidung in dem asylgerichtlichen Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (§ 36 Abs. 3 AsylG) aussetzt. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Die Kläger der Ausgangsverfahren stammen aus Afghanistan, Ghana und Aserbaidschan. Ihre Asylanträge sind in den Jahren 2015 bis 2018 von dem Bundesamt zum Teil als (einfach) unbegründet, zum Teil als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden. Die Ablehnungsbescheide waren jeweils mit einer Abschiebungsandrohung verbunden, welche den Klägern die Abschiebung in ihren Herkunftsstaat androhte, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist freiwillig ausreisten. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hatte Mitte 2018 dahin entschieden, dass eine solche Verbindung von Asyl- und Rückkehrentscheidung nach dem Unionsrecht nur möglich ist, wenn es einen wirksamen Rechtsbehelf gegen die Ablehnung des Asylantrages gibt und während der Frist für die Einlegung dieses Rechtsbehelfes und gegebenenfalls bis zur Entscheidung über diesen alle Wirkungen der Rückkehrentscheidungen ausgesetzt sind; der Ausländer ist über die ihm unionsrechtlich zu garantierenden Rechte zu informieren (vgl. u.a. Urteil des EuGH vom 19. Juni 2019 - C 181/16, Gnandi). Daraufhin haben die Kläger ihre Klage hinsichtlich der Abschiebungsandrohung u.a. auf eine Verletzung der Informationspflicht durch das Bundesamt und darauf gestützt, dass die vom EuGH aufgeführten Rechte während des Verfahrens in Deutschland nicht bzw. nicht hinreichend gewährleistet seien. In allen Verfahren hatte die Klage entweder kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung oder hatten das Bundesamt die Vollziehung im Laufe des Verfahrens ausgesetzt oder das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet. Die Klagen blieben jeweils erfolglos. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen sowie das Verwaltungsgericht Minden haben jedenfalls bei unionsrechtskonformer Auslegung des nationalen Rechts die vom Unionsrecht geforderten Garantien als hinreichend gewahrt gesehen; allein die Nichtbeachtung der Informationspflichten führe nicht zur Aufhebung der Abschiebungsandrohung. Die Gerichte haben jeweils die (Sprung-)Revision zugelassen, soweit mit der Klage die Abschiebungsandrohung nebst Ausreisefristsetzung angefochten war. Die Revisionen der Kläger blieben erfolglos.


Der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat klargestellt, dass die nach Unionsrecht mögliche und vom nationalen Gesetzgeber für den Regelfall vorgesehene Verbindung der Asylablehnung mit einer Abschiebungsandrohung nur dann mit Unionsrecht zu vereinbaren ist, wenn für die Dauer des maßgeblichen Rechtsschutzverfahrens die allen Schutzsuchenden unionsrechtlich gewährten Verfahrens-, Schutz- und Teilhaberechte gewährleistet bleiben. Soweit diese Rechte auf der Grundlage des nationalen Rechts nicht oder nicht hinreichend gewährleistet sind, sind wegen der im nationalen Recht bestehenden Möglichkeit, vom gleichzeitigen Erlass einer Abschiebungsandrohung (vorläufig) abzusehen, einer unionsrechtskonformen Auslegung oder der Berufung auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts auf der Rechtsfolgenseite Grenzen gesetzt. Das Bundesamt kann die Unionsrechtskonformität aber regelmäßig gewährleisten, indem es bei einem gleichzeitigen Erlass die Vollziehung der Abschiebungsandrohung einschließlich des Laufes der vom Gesetzgeber vorgegebenen Ausreisefristen von Amts wegen nach § 80 Abs. 4 VwGO aussetzt, soweit dies unionsrechtlich erforderlich ist, um zu gewährleisten, dass der Rechtsbehelf seine volle Wirksamkeit entfaltet; die Aussetzung kann auch noch in einem laufenden gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden. Dies ist hier erfolgt, soweit dem jeweiligen Rechtsbehelf nicht anderweitig aufschiebende Wirkung zukam, so dass die Abschiebungsandrohungen insoweit nicht mehr zu beanstanden waren.


Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass allein die Verletzung der Pflicht, den Ausländer über die ihm nach dem Unionsrecht bis zur Entscheidung über die Klage oder - in den Fällen der Antragsablehnung als offensichtlich unbegründet - bis zur Entscheidung im Eilverfahren weiterhin zustehenden Rechte zu informieren, nicht zu einer Aufhebung der Abschiebungsandrohung führt. Ein solcher Verstoß gegen das objektive Recht betrifft nicht eine Tatbestandsvoraussetzung der Abschiebungsandrohung, steht auch sonst mit dieser nicht in einem Rechtmäßigkeitszusammenhang und ist nicht geeignet, die Rechtsstellung eines Ausländers zu beeinträchtigen, der - wie hier - die mit seinem (vorläufig fortbestehenden) Bleiberecht verbundenen Rechte und Vorteile genießt.


BVerwG 1 C 1.19 - Urteil vom 20. Februar 2020

Vorinstanzen:

VGH Mannheim, A 11 S 1923/17 - Urteil vom 12. Dezember 2018 -

VG Stuttgart, A 1 K 5589/16 - Urteil vom 01. Juni 2017 -

BVerwG 1 C 19.19 - Urteil vom 20. Februar 2020

Vorinstanz:

VG Minden, 10 K 3268/18.A - Urteil vom 16. April 2019 -

BVerwG 1 C 20.19 - Urteil vom 20. Februar 2020

Vorinstanz:

VG Minden, 10 K 2632/17.A - Urteil vom 16. April 2019 -

BVerwG 1 C 21.19 - Urteil vom 20. Februar 2020

Vorinstanzen:

OVG Münster, 11 A 610/19.A - Urteil vom 13. Mai 2019 -

VG Arnsberg, 10 K 4187/18.A - Urteil vom 09. Januar 2019 -

BVerwG 1 C 22.19 - Urteil vom 20. Februar 2020

Vorinstanz:

VG Minden, 10 K 3973/18.A - Urteil vom 16. April 2019 -


Urteil vom 20.02.2020 -
BVerwG 1 C 20.19ECLI:DE:BVerwG:2020:200220U1C20.19.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 20.02.2020 - 1 C 20.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:200220U1C20.19.0]

Urteil

BVerwG 1 C 20.19

  • VG Minden - 16.04.2019 - AZ: VG 10 K 2632/17.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 20. Februar 2020
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Fleuß,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Rudolph und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Böhmann
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 16. April 2019 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Abschiebungsandrohung, die mit einem asylablehnenden Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) verbunden worden ist.

2 Der [...] geborene Kläger stammt aus Ghana und beantragte im Dezember 2016 im Bundesgebiet Asyl. Mit Bescheid vom 3. März 2017 lehnte das Bundesamt den Asylantrag in vollem Umfang ab, und zwar hinsichtlich des Begehrens auf Asyl und internationalen Schutz als offensichtlich unbegründet, und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Weiterhin forderte es - neben der Anordnung bzw. Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots - den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, und drohte ihm für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung nach Ghana oder in einen anderen Staat an, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist (Abschiebungsandrohung <Nr. 5 des Bescheides>).

3 Der Kläger hat gegen den Bescheid Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (Eilantrag) gestellt.

4 Den Eilantrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 7. Juni 2017 ab. Die Offensichtlichkeitsfeststellung in Bezug auf die Schutzbegehren sei nicht zu beanstanden, weil keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, welche die Annahme rechtfertigen könnten, dass dem Kläger entgegen der gesetzlichen Vermutung bei einer Ausreise nach Ghana politische Verfolgung oder ein ernsthafter Schaden drohe. Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 5. April 2019 die Vollziehung der Abschiebungsandrohung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO bis zum unanfechtbaren Abschluss des Klageverfahrens aus.

5 Mit Urteil vom 16. April 2019 wies das Verwaltungsgericht die als zulässig erachtete Klage ab. Dem Kläger stehe im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung weder ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes oder auf Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu.

6 Die Klage sei auch unbegründet, soweit sie sich gegen die Abschiebungsandrohung (Nr. 5 des Bescheides) richte. Der Kläger halte sich illegal im Bundesgebiet auf. Die Abschiebungsandrohung habe mit der Ablehnung des Asylantrages verbunden werden dürfen (Art. 6 Abs. 6 RL 2008/115/EG), weil das nationale Recht im Ergebnis die zur Einhaltung der in Art. 6 Abs. 6 RL 2008/115/EG erwähnten Verfahrensgarantien erforderlichen Gewährleistungen und Garantien erfülle. Nach dem sog. Gnandi-Urteil sei für eine solche Verknüpfung zu gewährleisten, dass der Rechtsbehelf gegen die Rückkehrentscheidung seine volle Wirksamkeit entfalte, so dass während der Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs und für den Fall, dass er eingelegt werde, bis zur Entscheidung über ihn alle Wirkungen der Rückkehrentscheidung auszusetzen seien. Unter "Rechtsbehelf" sei im Falle der Ablehnung des Asylantrages als offensichtlich unbegründet nicht die Klage, sondern der Eilantrag gemäß § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG zu verstehen. Daher dürfe die Frist zur freiwilligen Ausreise vorher nicht zu laufen beginnen, der Betroffene dürfe nicht zum Zweck der Abschiebung inhaftiert werden, er müsse in den Genuss der Rechte aus der RL 2003/9/EG bzw. RL 2013/33/EU kommen, und es müsse ermöglicht werden, dass er sich auf jede nach Erlass der Rückkehrentscheidung eingetretene Änderung der Umstände berufen könne.

7 Das nationale Recht gewährleiste, dass alle Wirkungen der Abschiebungsandrohung sowohl bis zum Ablauf der einwöchigen Eilantragsfrist als auch - sofern ein Eilantrag gestellt werde - bis zur Entscheidung über diesen Antrag ausgesetzt blieben. Für den Zeitraum von der (fristgerechten) Stellung eines Eilantrages bis zur Entscheidung sei § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass er eine umfassende Vollzugshemmung im Sinne einer Aussetzung der Vollziehung bewirke. Nichts anderes gelte für den Zeitraum bis zum Ablauf der Eilantragsfrist. Folge aus dieser Vorschrift, dass die fristgemäße Stellung eines Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zur Aussetzung sämtlicher Wirkungen der Abschiebungsandrohung bis zur Entscheidung über diesen Antrag führe, müsse dies erst recht für den Zeitraum bis zum Ablauf der Antragsfrist gelten.

8 Bei einer unionsrechtskonformen Auslegung des § 36 Abs. 1 AsylG beginne der Lauf der Frist für die freiwillige Ausreise auch nicht, solange die Eilantragsfrist noch laufe bzw. ein eingelegter Eilantrag noch nicht abgelehnt worden sei; auch § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG stehe einem Beginn der Ausreisefrist vor Beendigung des Bleiberechts entgegen. Der Schutzsuchende könne bis zum (negativen) Abschluss des Eilverfahrens auch nicht inhaftiert werden, weil § 62 Abs. 3 AufenthG stets eine auch vollziehbare Ausreisepflicht voraussetze, an der es aufgrund der umfassenden Vollzugshemmung des § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG fehle. Bis zum Ablauf des Bleiberechts erhalte der Schutzsuchende auch die Leistungen aufgrund der RL 2013/33/EU; denn Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhielten nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG auch vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer. Der Schutzsuchende könne sich nach § 77 AsylG ferner auf jede nach Erlass der Rückkehrentscheidung eingetretene Änderung der Umstände berufen, im Eilverfahren über einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO.

9 Soweit sich die verfügte Ausreisefrist als rechtswidrig erweise, führe dies nicht zur Aufhebung der Abschiebungsandrohung. Die Ausreisefrist sei zwar nicht aufgrund der Dauer von sieben Tagen (vgl. Art. 7 Abs. 1 RL 2008/115/EG), wohl aber deswegen rechtswidrig, weil sie nach dem Wortlaut des Bescheides mit dessen Bekanntgabe zu laufen beginne. Die Rechtswidrigkeit der gesetzten Frist berühre aber nicht die Abschiebungsandrohung im Übrigen. Eine Aufhebung allein der Ausreisefrist scheide ebenfalls aus, weil sich diese durch den ablehnenden Eilbeschluss vom 7. Juni 2017 erledigt habe. Gemäß § 59 Abs. 1 Satz 6 und 7 AufenthG i.V.m. § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG werde die Ausreisefrist unterbrochen, wenn die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung entfalle, und beginne erst wieder zu laufen, wenn die Vollziehbarkeit erneut eintrete. Letzteres sei mit der ablehnenden Eilentscheidung der Fall gewesen. Mithin gehe von der ursprünglich rechtswidrig verfügten Ausreisefrist keine Rechtswirkung mehr aus. Die neue Ausreisefrist hingegen verletze den Kläger nicht in seinen Rechten.

10 Dass das Bundesamt seinen Informationspflichten nicht nachgekommen sei, führe nicht zur Aufhebung der Abschiebungsandrohung. Diese komme nur in Betracht, wenn aufgrund der Umstände des konkreten Einzelfalles feststehe, dass der Verfahrensfehler demjenigen, der sich auf ihn berufe, tatsächlich die Möglichkeit genommen habe, sich in solchem Maße besser zu verteidigen, dass dieses Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Dies sei vorliegend nicht der Fall.

11 Das Verwaltungsgericht hat die Sprungrevision zugelassen, soweit es die Klage hinsichtlich der Abschiebungsandrohung (Nr. 5 des angegriffenen Bescheides) abgewiesen hat.

12 Mit der durch den in der mündlichen Verhandlung gestellten Revisionsantrag auf die Entscheidung zur Abschiebungsandrohung bezogenen Revision rügt der Kläger der Sache nach eine Verletzung des § 34 AsylG und trägt zur Begründung vor, die Abschiebungsandrohung entspreche zumindest in Bezug auf den Lauf der Ausreisefrist nicht den Anforderungen, die nach der Gnandi-Rechtsprechung des EuGH an eine Verbindung der ablehnenden Asylentscheidung mit Abschiebungsandrohung zu stellen seien. Diese sei deswegen aufzuheben. Insgesamt fehle es im deutschen Recht an einem Rechtsbehelf, der die vom EuGH geforderten Wirkungen habe. Die Abschiebungsandrohung sei auch wegen des Verstoßes gegen die Informationspflichten aufzuheben.

13 Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil. Sie hebt hervor, dass den Anforderungen des nach Art. 46 Abs. 6 und 8 RL 2013/32/EU vorzusehenden Bleiberechts dadurch hinreichend Rechnung getragen werde, dass vor Einlegung des Rechtsbehelfs Abschiebungsschutz durch den Lauf der Ausreisefrist (vgl. Art. 8 Abs. 2 RL 2008/115/EG) gewährleistet sei; nach Einlegung des Rechtsbehelfs bestehe ein durch § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG gesichertes Bleiberecht.

14 Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich nicht am Verfahren.

II

15 Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zutreffend den im Revisionsverfahren allein noch geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Aufhebung der Abschiebungsandrohung mit den Wirkungen, die diese im maßgeblichen Zeitpunkt entfaltete (1.), abgelehnt. Dies folgt allerdings nicht schon daraus, dass die unter dem 3. März 2017 erlassene, mit der ablehnenden Asylentscheidung verbundene Abschiebungsandrohung, die mit den Regelungen des nationalen Rechts vereinbar war (2.), objektiv den Anforderungen entsprochen hätte, die das Unionsrecht an eine Verbindung von ablehnender Asylentscheidung und der Rückkehrentscheidung in Gestalt der Abschiebungsandrohung stellt (3.). Die Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht kann insoweit insbesondere nicht in jedem Punkt durch eine unionsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts gewährleistet werden (4.). Mit der behördlichen Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch Bescheid vom 5. April 2019 hat das Bundesamt indes im Ergebnis bewirkt, dass dem Kläger die unionsrechtlich geforderten Rechte und Garantien zugutekommen, so dass die Abschiebungsandrohung im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz insoweit rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) (5.). Auch die Verletzung der unionsrechtlichen Informationspflichten führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung (6.).

16 1. Gegenstand der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Sprungrevision ist allein die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung (Nr. 5 des Bescheides). Der Kläger hat seinen Revisionsantrag darauf beschränkt, die Abweisung der Klage in Bezug auf die Abschiebungsandrohung (Nr. 5 des Bescheides) anzugreifen. Es ist daher nicht zu entscheiden, ob mit Blick auf die ausdrückliche Beschränkung der Zulassung der Sprungrevision auf den Urteilsausspruch zu der Abschiebungsandrohung eine weitergehende Revision bereits unstatthaft gewesen wäre oder die Beschränkung der Zulassung der Sprungrevision hier ausnahmsweise unwirksam war. Die Abschiebungsandrohung bildet zwar einen selbständigen Streitgegenstand und einen abtrennbaren Teil des Verfahrensgegenstandes, auf den eine Sprungrevision grundsätzlich beschränkt zugelassen werden kann (BVerwG, Urteile vom 1. April 1976 - II C 39.73 - BVerwGE 50, 292 <295> und vom 25. Februar 1988 - 2 C 65.86 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 2 S. 4). Zur Vermeidung einer gleichzeitigen Anhängigkeit in zwei Instanzen wird aber vertreten, dass eine sachlich beschränkte Teilzulassung der Sprungrevision nur unter engeren Voraussetzungen möglich ist als die Revisions- oder die Berufungszulassung und etwa bei der eventuellen Klagehäufung ausscheidet (s. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 134 Rn. 21; Neumann/Korbmacher, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 134 Rn. 51); wegen des engen sachlichen Zusammenhanges der in einem ablehnenden Asylentscheid zusammengefassten Regelungen kommt dies auch vorliegend in Betracht.

17 Zu beurteilen ist die Abschiebungsandrohung in der Gestalt, die sie im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts hatte (§ 77 AsylG). Die zunächst gesetzte Ausreisefrist von sieben Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides greift nicht (mehr), nachdem das Bundesamt mit Bescheid vom 5. April 2019 die Vollziehung der Abschiebungsandrohung aus dem Bescheid vom 3. März 2017 bis zum unanfechtbaren Abschluss des gegen diesen Bescheid anhängigen Klageverfahrens ausgesetzt hat.

18 Für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist maßgeblich das Asylgesetz in seiner aktuellen Fassung (derzeit in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 <BGBl. I S. 1798>, zuletzt geändert durch das am 26. November 2019 in Kraft getretene Zweite Datenschutz-Anpassungs- und

19 Umsetzungsgesetz EU vom 20. November 2019 <BGBl. I S. 1626> - AsylG -). Rechtsänderungen, die nach der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz eintreten, sind im Revisionsverfahren zu berücksichtigen, wenn das Tatsachengericht - entschiede es anstelle des Revisionsgerichts - sie seinerseits zu berücksichtigen hätte (BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Tatsachengericht nach § 77 Abs. 1 AsylG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es seiner Entscheidung, wenn es diese nunmehr träfe, die aktuelle Fassung zugrunde legen, soweit nicht hiervon eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67 Rn. 12). Die hier maßgeblichen Bestimmungen haben sich seit der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht geändert.

20 2. Die Abschiebungsandrohung und ihre Verbindung mit der ablehnenden Asylentscheidung entspricht den Vorgaben des nationalen Gesetzesrechts. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG erlässt das Bundesamt eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn einem Ausländer, der keinen Aufenthaltstitel besitzt (Nr. 4), kein Asyl oder internationaler Schutz gewährt wird (Nr. 1 bis 2a) und auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 3). Dies war hier nach der - in der Sache vom Verwaltungsgericht bestätigten - Entscheidung des Bundesamtes der Fall.

21 Die ablehnende Asylentscheidung als auch offensichtlich unbegründet einschließlich der Bewertung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, als Anknüpfungspunkt der Abschiebungsandrohung verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Urteil des Verwaltungsgerichts lässt insoweit jedenfalls keine Rechtsfehler erkennen, so dass offen bleiben kann, ob es in diesem Punkt bereits rechtskräftig geworden ist.

22 Nach § 34 Abs. 2 Satz 1 AsylG, der insoweit an den durch Art. 6 Abs. 6 RL 2008/115/EG belassenen Spielraum zur Ausgestaltung durch innerstaatliche Rechtsvorschriften anknüpft, soll die Abschiebungsandrohung mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Gründe, die unabhängig von den unionsrechtlichen Vorgaben für diese Verknüpfung (dazu 3.1) im Fall des Klägers ein Absehen von einer Abschiebungsandrohung ermöglicht oder geboten hätten, sind tatrichterlich nicht festgestellt worden und auch sonst nicht erkennbar. Die in dem Bescheid für eine freiwillige Ausreise gesetzte Frist entspricht § 36 Abs. 1 AsylG. Benennung und Auswahl des Abschiebungszielstaates tragen § 59 Abs. 2 AufenthG Rechnung.

23 3. Die Abschiebungsandrohung stand bei Erlass - vorbehaltlich einer unionsrechtskonformen Auslegung (dazu 4.) - mit den Vorgaben, die sich aus dem Unionsrecht für eine Verbindung von ablehnender Asylentscheidung mit der Rückkehrentscheidung in Gestalt einer Abschiebungsandrohung ergeben (dazu 3.1), jedenfalls nicht vollständig im Einklang (dazu 3.2).

24 3.1 Nach Art. 6 Abs. 6 RL 2008/115/EG besteht die Befugnis der Mitgliedstaaten, nach Maßgabe ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit einer einzigen behördlichen oder richterlichen Entscheidung eine Entscheidung über die Beendigung eines legalen Aufenthalts sowie eine Rückkehrentscheidung und/oder eine Entscheidung über eine Abschiebung und/oder ein Einreiseverbot zu erlassen, nur "unbeschadet der nach Kapitel III und nach anderen einschlägigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts und des einzelstaatlichen Rechts verfügbaren Verfahrensgarantien".

25 Für die Verbindung einer ablehnenden Entscheidung über den Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes durch die zuständige Behörde mit dem Erlass einer Rückkehrentscheidung vor der Entscheidung über den Rechtsbehelf gegen die Ablehnung des Antrages hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 [ECLI:​EU:​C:​2018:​465], Gnandi -; s.a. Beschluss vom 5. Juli 2018 - C-269/18 PPU [ECLI:​EU:​C:​2018:​544] -) entschieden, dass die RL 2008/115/EG in Verbindung mit der RL 2005/85/EG im Licht des Grundsatzes der Nichtzurückweisung und des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf, die in den Art. 18, 19 Abs. 2 und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind, dem Erlass einer Rückkehrentscheidung gemeinsam mit der Ablehnung des Schutzantrages nicht schlechthin entgegenstehen. Der betreffende Mitgliedstaat muss aber gewährleisten, dass alle Rechtswirkungen der Rückkehrentscheidung bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf gegen die Ablehnung ausgesetzt werden, dass der Antragsteller während dieses Zeitraums in den Genuss der Rechte aus der RL 2003/9/EG zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten kommen kann und dass er sich auf jede nach Erlass der Rückkehrentscheidung eingetretene Änderung der Umstände berufen kann, die im Hinblick auf die RL 2008/115/EG und insbesondere ihren Art. 5 erheblichen Einfluss auf die Beurteilung seiner Situation haben kann (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 - Rn. 60 ff., 68); auch muss sichergestellt sein, dass der Ausländer nicht zwecks Abschiebung in Haft genommen wird (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 - Rn. 62; Beschluss vom 5. Juli 2018 - C-269/18 PPU - Rn. 54, 56). Dem Gebot, dass der Rechtsbehelf gegen die Ablehnung des Antrages auf internationalen Schutz seine volle Wirksamkeit entfaltet und während der Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs und, falls er eingelegt wird, bis zur Entscheidung über ihn u.a. alle Wirkungen der Rückkehrentscheidung auszusetzen sind, genügt dabei nicht, dass der betreffende Mitgliedstaat davon absieht, die Rückkehrentscheidung zwangsweise umzusetzen. Es müssen vielmehr alle Rechtswirkungen dieser Entscheidung ausgesetzt werden. Daher darf insbesondere die in Art. 7 RL 2008/115/EG vorgesehene Frist für die freiwillige Ausreise nicht zu laufen beginnen, solange der Betroffene ein Bleiberecht hat (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 - Rn. 61 f.).

26 Nicht zuletzt wegen der auch primärrechtlich fundierten Herleitung der Voraussetzungen einer Verbindung von Asyl- und Rückkehrentscheidung beanspruchen diese Grundsätze Geltung auch für Fälle, in denen die Neufassung der sog. Aufnahmerichtlinie (RL 2013/33/EU) oder der sog. Verfahrensrichtlinie (RL 2013/32/EU) Anwendung finden.

27 Diese Grundsätze sind mit der Maßgabe auf Fälle der "qualifizierten" Antragsablehnung als "offensichtlich" unbegründet zu übertragen, dass die Rechtswirkungen der Rückkehrentscheidung nur bis zu der Entscheidung über ein vorläufiges Bleiberecht im vorläufigen Rechtsschutzverfahren, also nicht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens auszusetzen sind (dazu auch EuGH, Beschluss vom 5. Juli 2018 - C-269/18 PPU -). Art. 46 Abs. 6 RL 2013/32/EU verdrängt als speziellere Regelung das umfassende verfahrensabhängige Bleiberecht des Art. 46 Abs. 5 RL 2013/32/EU und ermächtigt in Fällen einer Antragsablehnung als "offensichtlich unbegründet", die im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 RL 2013/32/EU steht, das Gericht, auf Antrag oder von Amts wegen über einen weiteren Verbleib im Aufnahmemitgliedstaat zu entscheiden, wenn das Recht auf weiteren Verbleib bis zu der Entscheidung über den Rechtsbehelf nicht vorgesehen ist. Der Gerichtshof der Europäischen Union nimmt in seinem Beschluss vom 5. Juli 2018 - C-269/18 PPU - Rn. 52 erkennbar Bezug auf sein wenige Wochen zuvor ergangenes Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 - und baut auf diesem auf. Wenn nicht nochmals alle Rechte und Garantien ausdrücklich benannt werden, die sich aus der (Möglichkeit der) Inanspruchnahme wirksamen Rechtsschutzes gegen eine ablehnende Asylentscheidung ergeben, sondern das Inhaftierungsverbot der RL 2008/115/EG betont wird, ist dies der eingeschränkten Fragestellung des vorlegenden Gerichts geschuldet. Der Wortlaut des Art. 46 Abs. 8 RL 2013/32/EU spricht ebenfalls dagegen, das Bleiberecht nach Art. 46 Abs. 6 RL 2013/32/EU in Bezug auf hieraus folgende Rechte und Garantien anders einzuordnen als das ebenfalls verfahrensabhängige Bleiberecht nach Art. 46 Abs. 5 RL 2013/32/EU.

28 3.2 Diese Voraussetzungen sind hier bei der Abschiebungsandrohung in der Gestalt, in der sie zunächst erlassen worden war, nicht erfüllt. Zwar war gewährleistet, dass eine Abschiebung bis zu der Entscheidung über ein vorläufiges Bleiberecht nicht erfolgen konnte (3.2.1) und das Vorbringen neuer Umstände im gerichtlichen Verfahren zulässig war (3.2.2). Es war aber nicht gewährleistet, dass die Frist für die freiwillige Ausreise nicht vor der Entscheidung über ein vorläufiges Bleiberecht lief (3.2.3). Offen bleiben kann, ob eine Verlassenspflicht bestand (3.2.4). Zumindest fraglich ist, ob die Fortgeltung der Rechte als Asylbewerber nach der RL 2003/9/EG bzw. der RL 2013/33/EU (3.2.5) und die Nichtverhängung von Abschiebungshaft hinreichend gewährleistet waren (3.2.6).

29 3.2.1 Die Klage gegen einen Bescheid des Bundesamtes, durch den ein Asylantrag nach § 30 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist, hat nicht nach § 75 Abs. 1 AsylG aufschiebende Wirkung. Wegen der Herkunft des Klägers aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 29a AsylG i.V.m. Art. 36 ff. RL 2013/32/EU) ist nicht zu vertiefen, ob alle Gründe des § 30 Abs. 3 AsylG sich auf einen der in Art. 31 Abs. 8 RL 2013/32/EU umschriebenen Umstände stützen können.

30 Nach nationalem Recht entfällt mit der Bekanntgabe des ablehnenden Bescheides das asylverfahrensabhängige Bleiberecht (§ 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG). Die Abschiebungsandrohung wird damit zwar nicht vollstreckbar, wohl aber sofort vollziehbar. Gleichwohl konnte eine Vollstreckung nicht erfolgen. Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist der Ausländer erst abzuschieben, wenn eine gesetzte Ausreisefrist abgelaufen ist. Wegen des zeitlichen Gleichlaufs von Klagefrist (§ 74 Abs. 1 Halbs. 2 AsylG), Frist für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsandrohung (§ 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) und Ausreisefrist (§ 36 Abs. 1 AsylG) von jeweils einer Woche scheidet - zumindest in Fällen ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung - eine Abschiebung vor dem Eintritt der Bestandskraft des Bescheides oder in Fällen der Klageerhebung und eines Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO aus. Bei und mit rechtzeitiger Stellung eines Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO ist eine Abschiebung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig (§ 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG). Entspricht das Gericht dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens (§ 37 Abs. 2 AsylG).

31 3.2.2 Nach dem Rechtsschutzsystem der Verwaltungsgerichtsordnung ist es den Betroffenen auch möglich, "sich auf jede nach Erlass der Rückkehrentscheidung eingetretene Änderung der Umstände zu berufen, die in Anbetracht der Richtlinie 2008/115 und insbesondere ihres Art. 5 erheblichen Einfluss auf die Beurteilung ihrer Situation haben kann" (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 - Rn. 64).

32 a) Nach § 77 Abs. 1 AsylG stellt das Gericht in Streitigkeiten nach dem Asylgesetz auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (oder dem der Entscheidung) ab; dies lässt Raum für eine Berufung auf neue oder veränderte Umstände, die nach Erlass der Rückkehrentscheidung eingetreten sind, und gebietet dann deren Berücksichtigung. Die Präklusionsregelung des § 74 Abs. 2 AsylG lässt ungeachtet dessen, dass das gerichtliche Zurückweisungsermessen verfassungs- und unionsrechtskonform auszuüben ist und durch die Präklusion drohende erhebliche Rechtsnachteile zu berücksichtigen hat (s. etwa VGH Mannheim, Beschluss vom 24. Februar 2017 - A 11 S 368/17 - InfAuslR 2017, 210; VGH München, Beschluss vom 13. Juni 2019 - 13a ZB 18.30460 - juris), das Vorbringen neuer Tatsachen und Beweismittel ausdrücklich unberührt (§ 74 Abs. 2 Satz 4 AsylG). Dass Präklusionsregelungen im Asylverfahren schlechthin ausgeschlossen sind (so wohl Hruschka, Asylmagazin 2018, 290 <292>), folgt weder aus dem Gnandi-Urteil (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 -) noch aus der sonstigen Rechtsprechung des EuGH und wirft für den Senat auch keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen im Sinne des Art. 267 AEUV auf.

33 Veränderten Umständen kann auch nach Ablehnung des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO, aber bei noch nicht abgeschlossenem Klageverfahren bis zu einem Vollzug der Abschiebungsandrohung oder der freiwilligen Ausreise im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 Abs. 7 VwGO Rechnung getragen werden, das von Amts wegen eingeleitet oder von einem Beteiligten wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragt werden kann.

34 b) Die unionsrechtlich geforderte Wirksamkeit des Rechtsschutzes unter Berücksichtigung neuer oder veränderter Umstände wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden darf, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG), und Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, unberücksichtigt bleiben, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig (§ 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG). Diese allerdings gewichtige Modifikation des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 VwGO), der jedenfalls in Bezug auf die Durchführung einer Beweiserhebung im Eilverfahren nicht uneingeschränkt greift (Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 916), hindert die Beteiligten ersichtlich nicht daran, entscheidungserhebliche Tatsachen vorzutragen. Aus der Perspektive des Unionsrechts beeinträchtigt dies schon deswegen nicht die Wirksamkeit des Rechtsschutzes, weil der Amtsermittlungsgrundsatz des nationalen Prozessrechts unionsrechtlich nicht vorgegeben ist und im unionalen Vergleich eher die Ausnahme bildet.

35 Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes liegen bereits dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung nicht standhält (BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1516/93 - BVerfGE 94, 166 <194>); nicht erforderlich ist die volle gerichtliche Überzeugung von der Rechtswidrigkeit der angegriffenen ablehnenden Asylentscheidung. Dieser abgesenkte Prüfungsmaßstab wahrt die Anforderungen an die Wirksamkeit des Rechtsschutzes jedenfalls für das Verfahren über ein vorläufiges Bleiberecht nach § 46 Abs. 6 RL 2013/32/EU. Für diese Zwischenentscheidung fordern weder Art. 47 GRC (zur Anwendbarkeit im Asylverfahren s. BVerwG, Beschlüsse vom 16. April 2019 - 1 B 22.19 - juris und vom 22. Januar 2020 - 1 B 5.20 - juris) noch die Wirksamkeit des Rechtsbehelfs nach Art. 46 RL 2013/32/EU zwingend und regelmäßig die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (s.a. EuGH, Urteil vom 26. Juli 2017 - C-348/16 [ECLI:​EU:​C:​2017:​591] -). Nicht zu vertiefen ist daher, dass § 36 Abs. 3 Satz 4 AsylG der Durchführung einer mündlichen Verhandlung zumindest in Ausnahmefällen nicht entgegensteht; untersagt ist allein die gleichzeitige Verhandlung mit dem Hauptsacheverfahren (BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 2019 - 1 C 26.16 - juris).

36 3.2.3 Die in dem angefochtenen Bescheid gesetzte Frist zur freiwilligen Ausreise ist jedenfalls deswegen objektiv rechtswidrig, weil sie mit der Bekanntgabe der ablehnenden Asylentscheidung zu laufen begonnen hat.

37 Die vom EuGH herausgearbeiteten Verfahrensgarantien fordern, dass die in Art. 7 RL 2008/115/EG vorgesehene Frist für die freiwillige Ausreise nicht zu laufen beginnen darf, solange der Betroffene ein Bleiberecht hat (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 - Rn. 62). Nach dem Grundsatz der Waffengleichheit sind dabei während der Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs und, falls er eingelegt wird, bis zur Entscheidung über ihn u.a. alle Wirkungen der Rückkehrentscheidung auszusetzen (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 - Rn. 61). Das Fristlaufverbot und das Bleiberecht erfassen mithin auch den Zeitraum, in dem ein Rechtsmittel noch nicht eingelegt ist, und stehen für diesen dem Lauf der behördlich zu setzenden Ausreisefrist entgegen; Rechtsmittelfrist und Ausreisefrist dürfen nicht gleichzeitig laufen. Damit nicht vereinbar ist, dass der angefochtene Bescheid für den Fristlauf ausdrücklich auf die Bekanntgabe abstellt, und zwar erkennbar im Einklang mit der Systematik des § 36 AsylG. Zwar regelt § 36 Abs. 1 AsylG den Beginn der zu setzenden Wochenfrist nicht ausdrücklich. § 36 Abs. 3 Satz 5 AsylG setzt aber eindeutig voraus, dass die Ausreisefrist (§ 36 Abs. 1 AsylG) vor der Rechtsbehelfsfrist (§ 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) nicht nur anläuft, sondern auch während des gerichtlichen Verfahrens ablaufen kann.

38 3.2.4 Bei dieser Sachlage ist nicht zu entscheiden, ob das Vollstreckungsverbot aus § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG, das einer Verlassenspflicht entgegensteht, den unionsrechtlichen Anforderungen an ein Bleiberecht genügt. Für die volle Wirksamkeit des Rechtsbehelfs genügt es zwar nicht, dass der betreffende Mitgliedstaat (faktisch) davon absieht, die Rückkehrentscheidung zwangsweise umzusetzen (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 - Rn. 62). Der Schutz, den § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG für die Dauer des Verfahrens über ein vorläufiges Bleiberecht vor einer Abschiebung gewährt, geht jedoch über ein bloß faktisches Absehen von einer zwangsweisen Umsetzung der Rückkehrentscheidung hinaus; denn er vermittelt einen kraft Gesetzes entstehenden, normativ verbindlichen Vollstreckungsschutz.

39 Gleichwohl bleiben Zweifel, dass dies auch für die unionsrechtlich geforderte - hier auf die Dauer des Verfahrens über ein vorläufiges Bleiberecht begrenzte - Aussetzung aller Rechtswirkungen der Rückkehrentscheidung ausreicht. Der Wortlaut des § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG, nach dem bei rechtzeitiger Antragstellung lediglich die Abschiebung nicht zulässig ist, weist klar auf eine bloße Vollstreckungs- bzw. Vollzugshemmung, also einen Sonderfall einer gesetzesunmittelbaren Duldung, welche die Vollziehbarkeit des Bescheides und damit auch der Abschiebungsandrohung unberührt lässt (s. etwa Funke-Kaiser, in: GK-AsylG, § 36 AsylG Rn. 15, Stand März 2019; Wittkopp, ZAR 2018, 325 <328>; s. bereits - zu §§ 10, 11 AsylVfG <a.F.> - BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1986 - 1 C 16.85 - Buchholz 402.25 § 11 AsylVfG Nr. 2 S. 5 ff.). Die ausdrückliche Regelung in § 36 Abs. 3 Satz 11 AsylG, die sich nach dem Wortlaut ("hiervon"), der systematischen Stellung und der Entstehungsgeschichte (BR-Drs. 446/15 S. 43 f. <zu Nr. 11>) nur auf die von dem neu eingefügten Satz 10 erfassten Fälle bezieht, bestätigt aber die aus dem Wortlaut des § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG folgende Auslegung. Sie wird systematisch zudem durch § 36 Abs. 3 Satz 5 AsylG bekräftigt; der dort vorausgesetzte Ablauf der Ausreisefrist ist mit der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen erweiternden Auslegung des Vollstreckungsverbots des § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG als Vollziehungsaussetzung nicht vereinbar. Sie widerspricht zudem dem klar erkennbaren Beschleunigungswillen des nationalen Gesetzgebers, nach dem durch Satz 8 lediglich sichergestellt werden sollte, "daß ein Ausländer nicht vor der gerichtlichen Entscheidung abgeschoben wird" (BT-Drs. 12/4450 S. 24) bzw. "das Bleiberecht des Ausländers bis zum Abschluß des gerichtlichen Eilverfahrens weiterhin gesichert" ist (BT-Drs. 12/2062 S. 33 <zu § 36 Abs. 2 Satz 5 AsylVfG 1992>). Nur bei einer Auslegung als Vollzugshemmung wird auch nachvollziehbar, dass nach nationalem Recht mit der ablehnenden Entscheidung des Gerichts über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO keine erneute Fristsetzung vorgegeben und nach der vorherrschenden Ansicht auch nicht erforderlich ist (Funke-Kaiser, in: GK-AsylG, § 36 AsylG Rn. 15, 48, Stand März 2019). Die bloße Aussetzung der Abschiebung wird auch nicht von § 59 Abs. 1 Satz 6 und 7 AufenthG erfasst, der auf den Wegfall der "Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung" abstellt; nach diesem Wortlaut reicht die bloße Vollstreckungshemmung gerade nicht aus.

40 3.2.5 Eine bloße Aussetzung der Vollstreckung der Abschiebung für die Dauer des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens bei fortbestehender Vollziehbarkeit von Ausreisepflicht und Abschiebungsandrohung stellt auch die unionsrechtlich gebotene Fortgeltung der Rechte als Asylbewerber nach der RL 2003/9/EG bzw. der RL 2013/33/EU in Frage. Ausländer, deren Asylantrag abgelehnt worden ist und die nicht mehr im Besitz einer Aufenthaltsgestattung sind, sind zwar nach dem Asylbewerberleistungsgesetz leistungsberechtigt, wenn sie sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten; nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG gilt dies bei vollziehbarer Ausreisepflicht auch dann, wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist. Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG unterliegen indes bei Hinzutreten weiterer Voraussetzungen nach den in § 1a AsylbLG getroffenen Regelungen teils weitreichenden Leistungseinschränkungen. Die Regelungen des § 1a AsylbLG, deren Unions- und Verfassungskonformität im Übrigen unterstellt werden kann, sehen jedenfalls keine ausdrückliche Rückausnahme von jeweils vorgeschriebenen Leistungsabsenkungen für Leistungsberechtigte vor, über deren Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO noch nicht nach Maßgabe von § 36 Abs. 3 AsylG entschieden ist. Auch sonst ist nicht gewährleistet, dass für die Dauer des Verfahrens über diesen Antrag alle leistungsrechtlichen Wirkungen der Antragsablehnung als offensichtlich unbegründet ausgeschlossen sind. Dann aber ist nicht zu vertiefen, ob bzw. in welchem Umfang die Regelungen der RL 2003/9/EG bzw. der RL 2013/33/EU für diesen Zeitraum Absenkungen bei der Leistungsgewährung zulassen oder die abgesenkten Leistungen in vollem Umfang die für die Dauer des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens unionsrechtlich gewährleisteten Rechte wahren.

41 3.2.6 Bei einer vollziehbaren Abschiebungsandrohung, deren Vollstreckung durch Abschiebung lediglich gehemmt ist, ist es auch fraglich, ob eine Anordnung von Abschiebungshaft mit der gebotenen unionsrechtlichen Gewissheit ausgeschlossen ist. § 62 AufenthG erfordert zwar auch in der Fassung, welche die Regelung im Laufe des Revisionsverfahrens erhalten hat (Art. 1 Nr. 21 Zweites Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 15. August 2019, BGBl. I S. 1294), - jedenfalls bei einer verfassungskonformen Auslegung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - eine vollziehbare Ausreisepflicht. Diese ist indes nach Ablauf der Ausreisefrist auch dann gegeben, wenn über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO betreffend die Abschiebungsandrohung noch nicht entschieden ist.

42 4. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend die unter Nr. 5 des angefochtenen Bescheides verfügte Ausreisefrist als nicht mit den Vorgaben vereinbar angesehen, die das Unionsrecht an eine Verbindung einer ablehnenden Asylentscheidung mit einer Rückkehrentscheidung stellt, wenn und weil § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG dahin ausgelegt wird, dass sich für die Dauer des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes diese Regelung auf eine bloße Vollzugshemmung beschränkt. Im rechtlichen Ansatz ist es zutreffend davon ausgegangen, dass eine Vereinbarkeit bestünde, wenn dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO für die Dauer des gerichtlichen Eilverfahrens in vollem Umfang - wie bei der Antragsablehnung als einfach unbegründet (dazu Senatsurteil vom 20. Februar 2020 - 1 C 1.19 -) - in dem Sinne aufschiebende Wirkung beizumessen wäre, dass alle Wirkungen der Abschiebungsandrohung ausgesetzt sind.

43 Mit Bundesrecht unvereinbar (§ 137 Abs. 1 VwGO) ist indes die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass eine auf die Dauer des Eilverfahrens begrenzte Aussetzung aller Rechtswirkungen der Abschiebungsandrohung durch eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 36 Abs. 3 AsylG, insbesondere von dessen Satz 8, zu bewirken ist. Diese "Harmonisierung" von nationaler Gesetzeslage und unionsrechtlichen Anforderungen an eine Verknüpfung von Asyl- und Rückkehrentscheidung überschreitet die Grenzen, die einer unionsrechtskonformen Auslegung der heranzuziehenden Regelungen gezogen sind (4.1). Der stets zu beachtende Anwendungsvorrang des Unionsrechts rechtfertigt keine andere Beurteilung (4.2).

44 4.1 Dass eine nationale Rechtslage, die sich für die Dauer des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes auf eine bloße Vollzugshemmung beschränkt, nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist, rechtfertigt oder gebietet für sich allein keine unionsrechtskonforme Ersetzung der entgegenstehenden Gesetzeslage durch eine unionsrechtskonforme Gesetzeslage im Wege einer gerichtlichen Auslegung. Diese Korrektur ist zuvörderst dem Gesetzgeber vorbehalten.

45 Ungeachtet des gesondert zu prüfenden, stets zu beachtenden Anwendungsvorranges des Unionsrechts (dazu 4.2) findet die unionsrechtskonforme Auslegung ihre Grenze in dem Wortlaut des Gesetzes und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers (BVerwG, Urteile vom 25. November 2004 - 2 C 49.03 - BVerwGE 122, 244 <249> und vom 17. Juli 2019 - 5 C 8.18 - NJW 2020, 82 Rn. 25; EuGH, Urteile vom 14. Juli 1994 - C-91/92 [ECLI:​EU:​C:​1994:​292] - Rn. 26 f. und vom 16. Juni 2005 - C-105/03 [ECLI:​EU:​C:​2005:​386] - Rn. 47; s.a. Kühling, JuS 2014, 481 <485>).

46 Diese Grenzen werden überschritten, wenn die nach Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte des § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG klar auf die Vollstreckbarkeit der Abschiebungsandrohung begrenzte Wirkung "ausgelegt" wird als eine zwar befristete, aber doch umfassende Aussetzung aller Wirkungen der Abschiebungsandrohung. Soweit hierdurch die Vereinbarkeit der erlassenen Abschiebungsandrohung mit den unionsrechtlichen Vorgaben hergestellt wird, entspricht dies zwar dem gesetzlichen Anliegen des § 34 Abs. 2 Satz 1 AsylG, die (ablehnende) Asylentscheidung mit der Rückkehrentscheidung zu verbinden. Zwischen dem Gesetzesbefehl des § 34 Abs. 2 Satz 1 AsylG und der Ausgestaltung des Rechtsschutzes in Fällen einer Ablehnung des Asylantrages als offensichtlich unbegründet besteht aber ein allein durch Auslegung des § 36 Abs. 3 AsylG nicht auflösbares Spannungsverhältnis. Will der nationale Gesetzgeber von der unionsrechtlich eröffneten Möglichkeit einer Verknüpfung von ablehnender Asylentscheidung und Rückkehrentscheidung Gebrauch machen, muss er das nationale Recht so ausgestalten, dass die unionsrechtlichen Voraussetzungen hierfür auch erfüllt werden. § 34 Abs. 2 Satz 1 AsylG ordnet jedenfalls nicht an, dass der dort für den Regelfall vorgeschriebenen Verknüpfung entgegenstehendes nationales Recht nicht oder nur teilweise anzuwenden sei. De lege lata ist das Spannungsverhältnis nur so aufzulösen, dass das Bundesamt von einer Verknüpfung abzusehen hat, wenn und solange die unionsrechtlichen Voraussetzungen hierfür nicht durch den Gesetzgeber selbst oder eine behördliche Entscheidung gewährleistet sind.

47 4.2 Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts ist zwar grundsätzlich bestimmt und geeignet, die Anwendung unionsrechtswidrigen nationalen Rechts auszuschließen (4.2.1). Er greift hier indes schon deswegen nicht, weil Art. 6 Abs. 6 RL 2008/115/EG eine Verknüpfung von ablehnender Asylentscheidung und Rückkehrentscheidung unionsrechtlich nicht zwingend gebietet. Die Mitgliedstaaten sind lediglich an einer solchen Verknüpfung "entsprechend ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften und unbeschadet der nach Kapitel III und nach anderen einschlägigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts und des einzelstaatlichen Rechts verfügbaren Verfahrensgarantien" nicht gehindert (4.2.2). Die hohe Bedeutung, die das Unionsrecht der effektiven Durchsetzung einer bestehenden Rückkehrverpflichtung beimisst, führt ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung, weil auch dann, wenn und solange der zuvörderst zu einer Anpassung der rechtlichen Vorgaben an die unionsrechtlichen Vorgaben berufene Gesetzgeber nicht tätig wird, es das Bundesamt durch eine zeitlich begrenzte Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsandrohung in der Hand hat, die Voraussetzungen für eine unionsrechtskonforme Verbindung der ablehnenden Asylentscheidung mit einer Rückkehrentscheidung zu gewährleisten (4.2.3).

48 4.2.1 Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts (stRspr, vgl. EuGH, Urteil vom 15. Juli 1964 - Rs. 6-64 [ECLI:​EU:​C:​1964:​66], Costa/E.N.E.L. -), nach dem nationales Recht insoweit unanwendbar ist, als es dem Unionsrecht entgegensteht, stellt sicher, dass sich das Unionsrecht auch gegen entgegenstehendes nationales Gesetzesrecht durchsetzt und eröffnet insoweit den nationalen Gerichten auch eine Rechtsanwendung gegen das nationale Recht (zu den verfassungsrechtlichen Voraussetzungen und Grenzen vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Juni 2009 - 2 BvE 2/08 u.a. - BVerfGE 123, 267 <396 ff., 401 f.>; Beschluss vom 6. Juli 2010 - 2 BvR 2661/06 - BVerfGE 126, 286 <301 ff.>). Bei gegebenem Konflikt zwischen dem Unionsrecht und dem nationalen Recht ist es Sache des nationalen Gerichts, das innerstaatliche Gesetz unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihm das nationale Recht einräumt, in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Unionsrechts auszulegen und anzuwenden; soweit eine solche unionskonforme Auslegung nicht möglich ist, darf es entgegenstehende innerstaatliche Vorschriften nicht anwenden (stRspr, vgl. EuGH, Urteile vom 4. Februar 1988 - Rs. 157/86 [ECLI:​EU:​C:​1988:​62], Murphy u.a. - Rn. 11 und vom 18. März 2004 - C-8/02 [ECLI:​EU:​C:​2004:​161], Leichtle - Rn. 58). Im Ergebnis ermöglicht die Regelungslücke, die durch eine durch den Anwendungsvorrang gebotene Nichtanwendbarkeit des unionsrechtswidrigen nationalen Rechts geöffnet wird, den nationalen Gerichten auch ein allein durch eine unionsrechtskonforme Auslegung nicht ermöglichtes Judizieren "contra legem" (s. Leible/Domröse, in: Riesenhuber <Hrsg.>, Europäische Methodenlehre, 3. Aufl. 2015, § 8 Die primärrechtskonforme Auslegung, Rn. 61).

49 4.2.2 Das Spannungsverhältnis von § 34 Abs. 2 Satz 1 AsylG und § 36 Abs. 1, 3 AsylG ist nicht mittels des Anwendungsvorranges des Unionsrechts dahin aufzulösen, dass § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG als umfassende Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsandrohung auszulegen ist. Denn insoweit fehlt es an den Voraussetzungen des Anwendungsvorranges.

50 Die Wirksamkeit des Rechtsschutzes (Art. 46 RL 2013/32/EU) gebietet eine Aussetzung aller Wirkungen einer Rückkehrentscheidung nach der Rechtsprechung des EuGH nur für den Fall, dass die ablehnende Asylentscheidung mit der Rückkehrentscheidung verbunden wird. Eine solche Verbindung ist nach Art. 6 Abs. 6 RL 2008/115/EG unter den dort geregelten Voraussetzungen unionsrechtlich dem nationalen Gesetzgeber möglich, aber nicht vorgegeben. Will der nationale Gesetzgeber von dieser unionsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch machen, muss er das nationale Rechtssystem so ausgestalten, dass den hierfür greifenden unionsrechtlichen Vorgaben entsprochen wird. Unterlässt er dieses, darf er die unionsrechtlich eröffnete Möglichkeit nicht ausnutzen, um eine Verknüpfung vorzusehen oder anzuordnen. Macht er dies gleichwohl, so ist nach dem Anwendungsvorrang des Unionsrechts eine nationale Regelung, die eine solche Verknüpfung ermöglicht oder gar gebietet, nicht anzuwenden, solange die unionsrechtlich geforderten Rechte und Garantien hierfür nicht gewährleistet sind.

51 Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts rechtfertigt oder gebietet jedenfalls nicht eine "Auslegung" des § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG gegen Wortlaut, Systematik und den Zweck dieser Regelung. Die Ausgestaltung des § 34 Abs. 2 Satz 1 AsylG als Sollregelung sieht bereits im nationalen Recht die Möglichkeit vor, das Spannungsverhältnis ohne einen Rückgriff auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts aufzulösen. Sind die unionsrechtlichen Voraussetzungen für eine Verknüpfung von ablehnender Asylentscheidung und Rückkehrentscheidung nicht erfüllt, liegt - bei dann gebotener unionsrechtskonformer Auslegung - aus normativen Gründen ein atypischer Fall vor, in dem von einer (rechtmäßig nicht möglichen) Verknüpfung abzusehen ist. Der von der Beklagten angenommene (absolute) Vorrang der Entscheidung des nationalen Gesetzgebers für eine Verknüpfung, der sich dann die Auslegung der Folgeregelungen unterzuordnen hätte, besteht unionsrechtlich nicht.

52 4.2.3 Das im Unionsrecht (Erwägungsgrund 6, 8 RL 2008/115/EG) und im nationalen Recht (§§ 34 ff. AsylG) anerkannte Interesse an der Beendigung des Aufenthalts zur Ausreise verpflichteter, illegal aufhältiger Ausländer ist unionsrechtlich an die Beachtung fairer und transparenter Verfahren gebunden. Es ermöglicht oder gebietet ebenfalls keine Auslegung des § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG, welche die Rechtmäßigkeit der zunächst erlassenen Abschiebungsandrohung gewährleistet.

53 a) Die Wahrung der (unions)rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass der mit der ablehnenden Asylentscheidung verbundenen Abschiebungsandrohung obliegt neben dem Gesetzgeber, der den Behörden indes ein - auch unionsrechtlich - rechtmäßiges Handeln zu ermöglichen hat, der gesetzesgebundenen Verwaltung. Verwaltungsgerichte haben im Rahmen der nachgelagerten Kontrolle von Verwaltungsentscheidungen diese auf ihre Rechtmäßigkeit zu kontrollieren, nicht durch eine entsprechende Auslegung des nationalen Rechts die (Unions)rechtskonformität ergangener Verwaltungsentscheidungen zu gewährleisten.

54 b) Eine unionsrechtskonforme Auflösung des Spannungsverhältnisses zwischen dem Regelgebot des § 34 Abs. 2 Satz 1 AsylG und der Regelung des § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG erfordert zur Wahrung der unionsrechtlichen Anforderungen an eine Verbindung jedenfalls nicht die von dem Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG. Das Bundesamt kann die unionsrechtlich geforderte Aussetzung der Wirkungen einer mit der ablehnenden Asylentscheidung verbundenen Abschiebungsandrohung - auch schon vor einem Tätigwerden des Gesetzgebers - selbst bewirken. Es kann die Vollziehung der Abschiebungsandrohung (einschließlich des Laufes der Ausreisefrist) nach § 80 Abs. 4 VwGO für die Dauer der Rechtsmittelfrist und, wird fristgerecht ein Antrag nach § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG gestellt, für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens aussetzen und dabei klarstellen, dass die Aussetzung der Wochenfrist zur freiwilligen Ausreise mit der Bekanntgabe zumindest der Entscheidungsformel der ablehnenden gerichtlichen Eilentscheidung endet und daher diese Frist zu laufen beginnt. Dass der Gesetzgeber die umfangreichen Änderungen, die er im Laufe des Jahres 2019 am Asyl- und Aufenthaltsgesetz vorgenommen hat (dazu etwa Kluth, NVwZ 2019, 1305), nicht zum Anlass genommen hat, in Reaktion auf das Gnandi-Urteil des EuGH tätig zu werden, steht dem nicht entgegen.

55 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf das Bundesamt die ihm eröffnete Möglichkeit, die Vollziehung einer Abschiebungsandrohung nach § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO auszusetzen, nutzen, wenn hierfür ein sachlich tragfähiger willkürfreier und nicht missbräuchlicher Anlass besteht (BVerwG, Urteile vom 8. Januar 2019 - 1 C 16.18 - BVerwGE 164, 165 Rn. 22 ff. und vom 15. Januar 2019 - 1 C 15.18 - BVerwGE 164, 179 Rn. 49). Ein solcher Anlass besteht jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Aussetzung dazu dient, dem gesetzlichen Regelgebot des § 34 Abs. 2 Satz 1 AsylG, ablehnende Asylentscheidung und Abschiebungsandrohung zu verbinden, Folge zu leisten und zugleich den unionsrechtlichen Anforderungen an eine solche Verknüpfung zu entsprechen, solange der Gesetzgeber nicht tätig geworden ist. § 75 Abs. 1 AsylG, nach dem die Klage in solchen Fällen nicht kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung hat, enthält kein gesetzliches Verbot, diese nach § 80 Abs. 4 VwGO behördlich anzuordnen.

56 Der Senat verkennt nicht, dass eine solche Aussetzung, die auch noch nach Ablauf einer unionsrechtswidrig gesetzten Ausreisefrist mit ex tunc-Wirkung erfolgen kann, dem System des § 36 AsylG und dem darin zum Ausdruck kommenden Beschleunigungsgedanken widerspricht. Indes besteht kein Widerspruch zum Wortlaut des § 36 AsylG, dessen Absatz 1 einen vollständigen Verzicht auf eine Ausreisefrist oder deren Anlauf erst mit dem Abschluss eines Eilverfahrens nicht zulässt. Es wird - insoweit im Einklang mit dem Beschleunigungsgebot des § 36 AsylG - vermieden, dass mit Blick auf die unionsrechtlichen Anforderungen hieran bei der ablehnenden Asylentscheidung auf die Abschiebungsandrohung insgesamt oder doch die Fristsetzung verzichtet werden muss.

57 Der Hinweis auf den Lauf der einwöchigen Ausreisefrist mit der Bekanntgabe der ablehnenden gerichtlichen Eilentscheidung folgt aus § 59 Abs. 1 Satz 6 AufenthG, der auch den Wegfall der Vollziehbarkeit aufgrund behördlicher Entscheidung erfasst, und trägt dem unionsrechtlichen Transparenzgedanken Rechnung. Das Verbot der Bekanntgabe eines Abschiebungstermins (§ 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG) greift nicht.

58 Bei einer behördlichen Vollziehungsaussetzung, die auf die einwöchige Rechtsmittelfrist und, für den Fall der Rechtsbehelfseinlegung, für die Dauer des gerichtlichen Eilverfahrens befristet ist, bleiben Notwendigkeit und Rechtsschutzbedürfnis für einen Eilantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO (§ 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) bestehen. Die Verwaltungsgerichte sind gehalten, über den Eilantrag - auch zügig - zu entscheiden; dass bei der Aussetzung der Vollziehung die Frist des § 36 Abs. 1 AsylG nicht anläuft und daher auch nicht nach § 36 Abs. 3 Satz 5 AsylG ablaufen kann, ändert hieran nichts.

59 5. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist indes im Ergebnis zutreffend (§ 144 Abs. 4 VwGO). Denn die im Zeitpunkt ihres Erlasses objektiv rechtswidrige Abschiebungsandrohung entspricht in dem maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung auch den an eine Verbindung zu stellenden unionsrechtlichen Anforderungen, weil die Beklagte nach § 80 Abs. 4 VwGO mit Bescheid vom 5. April 2019 die Vollziehung der Abschiebungsandrohung in dem Bescheid vom 3. März 2017 ausgesetzt hat, und zwar nicht nur für die Dauer des (bereits erfolglos) beendeten Eilverfahrens, sondern bis zum unanfechtbaren Abschluss des gegen diesen Bescheid anhängigen Klageverfahrens.

60 Das Bundesamt war zu einer solchen Aussetzung grundsätzlich befugt (s. vorstehend II 4.2.3). Die behördliche Aussetzung ist auch noch nach Ablauf der ursprünglich gesetzten Ausreisefrist möglich; der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 7. Juni 2017, durch den der Antrag des Klägers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgelehnt worden ist, entfaltet keine Sperrwirkung. Die Entscheidung des Bundesamtes zur Aussetzung lässt keine Ermessensfehler erkennen; dass die Aussetzung bis zum unanfechtbaren Abschluss des anhängigen Klageverfahrens erfolgt ist, macht diese nicht unwirksam und verletzt den Kläger jedenfalls nicht in seinen Rechten.

61 Durch diese Aussetzung ist die zunächst festgesetzte Ausreisefrist kraft Gesetzes (§ 59 Abs. 1 Satz 6 AufenthG) ersetzt worden durch eine Wochenfrist, deren Lauf (erneut) mit dem unanfechtbaren Abschluss des Klageverfahrens beginnt. Diese verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Mit der Aussetzung der Vollziehbarkeit sind auch sonst die Wirkungen der Abschiebungsandrohung ex tunc ausgesetzt, so dass der Rechtsbehelf gegen die Ablehnung des Antrages auf internationalen Schutz seine volle Wirksamkeit entfaltet (dazu eingehend Senat, Urteil vom 20. Februar 2020 - 1 C 1.19 -).

62 6. Die Abschiebungsandrohung ist auch nicht mit Blick darauf aufzuheben, dass der Kläger nicht durch das Bundesamt über die zu seinen Gunsten geltenden Verfahrensgarantien unterrichtet worden ist.

63 Unionsrechtlich muss bei einer Verbindung der Rückkehrentscheidung mit der ablehnenden Asylentscheidung der Schutzsuchende zwar über seine fortbestehenden Rechte informiert werden (unionsrechtliche Informationspflicht) (6.1). Die hier jedenfalls nicht vollständige Erfüllung dieser Informationspflicht führt indes nicht zur (teilweisen) Rechtswidrigkeit der Rückkehrentscheidung (6.2).

64 6.1 Die Mitgliedstaaten haben ein faires und transparentes Rückkehrverfahren zu gewährleisten (Erwägungsgrund 6 RL 2008/115/EG; EuGH, Urteile vom 5. Juni 2014 - C-146/14 PPU [ECLI:​EU:​C:​2014:​1320], Mahdi - Rn. 40 und vom 5. November 2014 - C-166/13 [ECLI:​EU:​C:​2014:​2336], Mukarubega - Rn. 61). Ergeht die Rückkehrentscheidung gleich nach der erstinstanzlichen Ablehnung des Antrages auf internationalen Schutz durch die zuständige Behörde oder zusammen mit ihr in einer einzigen behördlichen Entscheidung, haben sie dafür Sorge zu tragen, dass die Person, die internationalen Schutz beantragt hat, in transparenter Weise über die Einhaltung der Garantien informiert wird, die sich bei einer solchen Verknüpfung ergeben, also die Aussetzung aller Wirkungen der Rückkehrentscheidung, der Nichtlauf der Frist für die freiwillige Ausreise, solange ein Bleiberecht besteht, ein Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf gegen die Ablehnung, der Ausschluss von Abschiebungshaft, der Genuss der Rechte, die sich aus der Aufnahmerichtlinie ergeben, sowie die Möglichkeit, sich auf jede nach Erlass der Rückkehrentscheidung eingetretene Änderung der Umstände berufen zu können, die in Anbetracht der RL 2008/115/EG und insbesondere ihres Art. 5 erheblichen Einfluss auf die Beurteilung ihrer Situation haben kann (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 - Rn. 65, 67).

65 Der EuGH benennt allerdings nicht ausdrücklich diejenige Stelle oder Institution, welche für die Umsetzung dieser unionsrechtlichen Informationspflicht verantwortlich ist, oder die Form der Unterrichtung. Die Gewährleistungsverantwortung, die den Mitgliedstaat trifft, schließt die Überantwortung an Dritte, etwa nichtstaatliche Träger einer unabhängigen Asylverfahrensberatung (§ 12a AsylG), nicht aus. Nicht hinreichend wäre indes der Verweis auf allgemein zugängliche Quellen oder bei Schutzsuchenden tatsächlich vorhandenes Wissen, die Möglichkeit anwaltlicher Rechtsberatung oder eine punktuelle Unterrichtung im Rahmen anhängiger gerichtlicher Verfahren; die unionsrechtliche Informationspflicht ist vor allem auch bei nicht anwaltlich vertretenen sowie solchen Schutzsuchenden zu gewährleisten, die (noch) nicht um gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht haben. Solange die Verantwortung für die Erfüllung der unionsrechtlichen Informationspflicht also nicht eindeutig anderen Stellen zugewiesen ist, ist sie durch das Bundesamt als der für den Erlass der Rückkehrentscheidung zuständigen Stelle zu erfüllen. Nicht zu vertiefen ist, ob von dieser ungeschriebenen Informationspflicht Ausnahmen gelten oder diese erlischt, wenn der Schutzsuchende - auch für das Bundesamt erkennbar - vollständig und zutreffend über seine Verfahrens-, Schutz- oder Teilhaberechte informiert ist.

66 Das Bundesamt ist dieser unionsrechtlichen Informationspflicht, die bei Erlass der ablehnenden Asylentscheidung unter Verknüpfung mit der Rückkehrentscheidung durch den EuGH noch nicht klargestellt war, auch in der Folgezeit nicht hinreichend nachgekommen. Dies verstößt objektivrechtlich gegen Unionsrecht.

67 6.2 Die Nichterfüllung der unionsrechtlichen Informationspflicht führt indes nicht zur (teilweisen) Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung. Ein solcher Verstoß gegen das objektive Recht betrifft nicht eine Tatbestandsvoraussetzung der Abschiebungsandrohung (6.2.1), steht auch sonst mit dieser nicht in einem Rechtmäßigkeitszusammenhang und ist nicht geeignet, die Rechtsstellung eines Ausländers zu beeinträchtigen, der mit der Klageerhebung diese Rechte und Vorteile genießt (6.2.2).

68 6.2.1 Nach der Rechtsauffassung des Senats ist die (vollständige) Erfüllung der Informationspflicht auch dann keine Tatbestandsvoraussetzung der Abschiebungsandrohung, wenn diese mit der ablehnenden Entscheidung über den Asylantrag verbunden wird.

69 Der EuGH leitet die unionsrechtliche Informationspflicht nicht aus dem Gedanken der Wirksamkeit des Rechtsbehelfs gegen die ablehnende Asylentscheidung, sondern dem Gebot eines fairen und transparenten Rückkehrverfahrens her und formuliert die Unterrichtung über die bei der Verknüpfung von Rückkehrentscheidung und Asylentscheidung erforderlichen Gewährleistungen als Konsequenz der Rückkehrentscheidung, nicht als deren Voraussetzung. Die unionsrechtliche Informationspflicht ist mithin ausgestaltet als eine verselbständigte Gewährleistungspflicht im zeitlichen Zusammenhang mit der Rückkehrentscheidung. Die Informationspflicht wird folgerichtig in der abschließenden Antwort des EuGH nicht mehr ausdrücklich erwähnt. Die (möglichen) Rechtsfolgen einer Nichtbeachtung der Informationspflicht benennt der EuGH ebenfalls nicht.

70 Die Erfüllung der unionsrechtlichen Informationspflicht ist nicht als zusätzliche, zwingende Rechtmäßigkeitsvoraussetzung einer Rückkehrentscheidung ausgestaltet. Sie tritt als selbständige Pflicht der erlassenden Behörde hinzu und soll über die Rechtsfolgen unterrichten, welche mit dieser Entscheidung verbunden sind, ohne auf die tatbestandlichen Erlassvoraussetzungen zurückzuwirken. Sie betrifft auch nicht das Verfahren bis zum Erlass der Rückkehrentscheidung, sondern setzt deren Erlass voraus. Eine Verletzung der Informationspflichten über die Rechtswirkungen, die bei einer Verknüpfung von ablehnender Asylentscheidung und Rückkehrentscheidung zu gewährleisten sind, vermag auch an der nach den vorstehenden Ausführungen sichergestellten Gewährleistung dieser Rechte und Garantien nichts zu ändern.

71 6.2.2 Die Verletzung der unionsrechtlichen Informationspflicht begründet auch sonst keinen Rechtmäßigkeitszusammenhang mit der Rückkehrentscheidung. Nach nationalem Recht ist eine solche Rechtsfolge nicht vorgesehen. Sie folgt auch nicht aus dem Unionsrecht und seiner effektiven Durchsetzung.

72 a) Die unionsrechtliche Informationspflicht soll den Einzelnen über die ihm im Zusammenhang mit der Rückkehrentscheidung zustehenden Rechte und Garantien aufklären und ihn so bei der effektiven Wahrnehmung gegebener Rechtsschutzmöglichkeiten unterstützen (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 - Rn. 54, 65). Eine Verletzung der Informationspflicht kann sich indes nicht auf Inhalt oder Gestalt der Rückkehrentscheidung selbst oder die mit ihrer Anfechtung verbundenen Rechte und Garantien auswirken. Bereits dies schließt einen Rechtmäßigkeitszusammenhang nach nationalem oder Unionsrecht aus.

73 b) Ein Rechtmäßigkeitszusammenhang zwischen einer Verletzung der Informationspflicht besteht aber auch dann nicht, wenn er bezogen wird nicht auf den Inhalt der Rückkehrentscheidung, sondern auf den Zeitpunkt ihres Erlasses und die Tatsache ihrer Verknüpfung mit der ablehnenden Asylentscheidung.

74 aa) In der Rechtsprechung des EuGH ist anerkannt, dass nicht jede Rechtsverletzung im Zusammenhang mit dem Erlass einer Sachentscheidung dazu führt, dass die Sachentscheidung selbst aufzuheben ist. Dies scheidet etwa dann aus, wenn das Gericht, ohne dem Einzelnen insoweit in irgendeiner Form die Beweislast aufzubürden, zu der Feststellung in der Lage ist, dass die angegriffene Entscheidung ohne den objektiv vorliegenden Verfahrensverstoß nicht anders ausgefallen wäre (dazu EuGH, Urteile vom 5. Oktober 2000 - C-288/96 [ECLI:​EU:​C:​2000:​537], Bundesrepublik Deutschland/Kommission - Rn. 101 <rechtliches Gehör>, vom 10. September 2013 - C-383/13 PPU [ECLI:​EU:​C:​2013:​533], M.G. und N.R. - Rn. 39 ff. <Abschiebungshaft>, vom 7. November 2013 - C-72/12 [ECLI:​EU:​C:​2013:​712], Altrip - Rn. 49 ff. und vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 [ECLI:​EU:​C:​2015:​683], Kommission/Bundesrepublik Deutschland - Rn. 56, 60 <zur Heilungsvorschrift des § 46 VwVfG>). Bei - wie hier - fehlender ausdrücklicher Regelung der Fehlerfolgen im Unionsrecht selbst muss bei der Festlegung der Rechtsfolgen nach nationalem Recht sichergestellt sein, dass sie nicht weniger günstig ausgestaltet sind als für entsprechende innerstaatliche Klagen (Grundsatz der Äquivalenz), und sie die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Grundsatz der Effektivität) (EuGH, Urteil vom 24. Oktober 2018 - C-234/17 [ECLI:​EU:​C:​2018:​853], XC u.a. - Rn. 22). Bei der Prüfung der Frage, ob diese Anforderungen erfüllt sind, sind die Stellung der betroffenen Vorschriften im gesamten Verfahren, dessen Ablauf und die Besonderheiten dieser Vorschriften vor den verschiedenen nationalen Stellen zu berücksichtigen (EuGH, Urteil vom 27. Juni 2013 - C-93/12 [ECLI:​EU:​C:​2013:​432], ET Agrokonsulting - Rn. 38 ff.). Die Fehlerfolgen müssen weiterhin im Einklang mit sonstigem Unionsrecht stehen und dürfen dessen praktische Wirksamkeit nicht in Frage stellen (EuGH, Urteil vom 10. September 2013 - C-383/13 PPU - Rn. 36).

75 bb) Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung sind sowohl eine andere Entscheidung in der Sache als auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Äquivalenz oder den Effektivitätsgrundsatz ausgeschlossen, so dass ein Rechtmäßigkeitszusammenhang ausscheidet.

76 (1) Die Informationspflichten dienen allein der Unterrichtung über Rechte und Garantien, die unabhängig von der Erfüllung der Informationspflicht bestehen. Sie ergänzen insoweit die - nach nationalem Recht vorgesehene und hier auch erfolgte - Information über die Möglichkeit, gegen die ablehnende Asylentscheidung und die mit ihr verbundene Rückkehrentscheidung um gerichtlichen Rechtsschutz nachzusuchen. Bereits die Rechte und Garantien selbst haben für die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes und dessen Wirksamkeit lediglich unterstützende Funktion; dies gilt erst recht für die Information über sie. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass die pflichtwidrige Unterlassung hinreichender Information über die für die Dauer der Rechtsbehelfsfrist oder des Verfahrens über einen eingelegten Rechtsbehelf bestehenden Rechte und Garantien einem Rechtssuchenden in der Situation des Klägers, der einen Rechtsbehelf eingelegt hat, einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf zur Verteidigung der ihm aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte nähme oder ihn in der effektiven Wahrnehmung beeinträchtigte.

77 (2) Gegen einen Rechtswidrigkeitsdurchgriff auf die Rückkehrentscheidung spricht maßgeblich zudem, dass die Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger nach dem System der RL 2008/115/EG Priorität für die Mitgliedstaaten hat (EuGH, Urteile vom 6. Dezember 2011 - C-329/11 [ECLI:​EU:​C:​2011:​807], Achughbabian - Rn. 38 f. und vom 10. September 2013 - C-383/13 PPU - Rn. 43). Die Aufhebung einer Rückführungsentscheidung wegen der Verletzung einer unionsrechtlichen Informationspflicht über die materiell bestehenden Rechte und Pflichten infolge der Anfechtung der Rückkehrentscheidung beeinträchtigte zudem die praktische Wirksamkeit der RL 2008/115/EG. Dies gilt allzumal dann, wenn die Aufhebung einer im Übrigen nach Inhalt und Erlasszeitpunkt unionsrechtskonformen Rückführungsentscheidung allein mit dem Vorbringen begehrt wird, es sei eine im Einzelnen bezeichnete Informationspflicht verletzt worden, diese Rüge aber klar erkennen lässt, dass der Rechtsschutzsuchende zumindest nunmehr Kenntnis von den ihm vorenthaltenen Informationen hat. Die Frage, ob eine tatsächliche Möglichkeit besteht, dass eine Gefährdung der verfahrensrechtlichen Ausprägung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung auftreten wird, ist jedenfalls dann nicht aus der Sicht ex ante im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung bei einer abstrakten Betrachtung zu beantworten (so aber VG Karlsruhe, Urteil vom 20. August 2019 - A 19 K 5742/17 - juris Rn. 37), wenn tatsächlich als Folge der Rechtsbehelfseinlegung diese Rechte und Garantien nicht gefährdet waren.

78 (3) Es kann auch ausgeschlossen werden, dass die Rückkehrentscheidung selbst ohne eine Verletzung der Informationspflicht anders hätte ausfallen können oder von ihrem Erlass abgesehen worden wäre, um einer Gefährdung dieser Rechte und Garantien vorzubeugen. Denn die bei einer Verbindung sicherzustellenden Rechte und Garantien bestehen unabhängig von der Erfüllung der Informationspflicht und wirken teils zudem ohne jedes Zutun des Schutzsuchenden. Es ist tatrichterlich nicht festgestellt, von dem Kläger substantiiert nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich, dass in Bezug auf den Kläger die unzureichende Information den Bestand oder die Durchsetzung der Rechte und Garantien gefährdet hätte, über die zu unterrichten das Bundesamt unterlassen hat.

79 (4) Der Kläger wäre durch die unzureichende Information hinsichtlich der ihn betreffenden Abschiebungsandrohung auch dann nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), wenn eine unzureichende Information durch das Bundesamt geeignet (gewesen) sein sollte, andere Schutzsuchende ungeachtet der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung von der effektiven Wahrnehmung ihrer Rechte in Bezug auf die ablehnende Asylentscheidung oder die Rückkehrentscheidung abzuhalten, mithin bei Dritten die tatsächliche Möglichkeit besteht, dass durch das Unterlassen einer Information oder durch eine inhaltlich fehlerhafte Information eine Gefährdung der verfahrensrechtlichen Ausprägung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung aufgetreten ist oder auftreten wird (so aber VG Karlsruhe, Urteil vom 20. August 2019 - A 19 K 5742/17 - juris). Diese (mögliche) Rechtsverletzung Dritter berührt jedenfalls den Kläger nicht in seinen eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Soweit in der Rechtsprechung des EuGH insbesondere im Umweltrecht eine erweiternde Auslegung der aus dem objektiven Recht folgenden subjektiven Rechtspositionen vorgenommen wird und dem Einzelnen bezogen auf das objektive Interesse an einer Sicherung der praktischen Wirksamkeit und der Einheit des Unionsrechts eine "prokuratorische" Rechtsstellung eingeräumt ist (s. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 46), ist dies bereits im Ansatz nicht auf die vorliegende Konstellation übertragbar. Diese Rechtsprechung erweitert die Rechtsmacht Einzelner zur Durchsetzung objektiven Rechts im Interesse eines wirksamen Schutzes von Gemeinschaftsgütern im Umweltbereich, zielt aber nicht auf eine umfassende Ersetzung des Systems des subjektiven Rechtsschutzes durch ein System des objektiven Rechtsschutzes.

80 (5) Dass die Verletzung der unionsrechtlichen Informationspflicht hier nicht zur Aufhebung der Rückkehrentscheidung führt, ergibt sich klar aus der herangezogenen Rechtsprechung des EuGH. Dies bestätigt, dass der Gerichtshof in seinem Gnandi-Urteil (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 - Rn. 54, 65) keine Veranlassung gesehen hat, die Frage eines Rechtswidrigkeitszusammenhanges ausdrücklich anzusprechen und verneinend zu klären. Auch sonst sieht der Senat insoweit keine klärungsbedürftige Rechtsfrage im Sinne des Art. 267 AEUV (a.A. wohl Hruschka, BVerwG nach Entscheidung des EuGH: Europarecht nagt am deutschen Asylprozessrecht, Legal Tribune Online vom 19. Februar 2020).

81 7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert für das Revisionsverfahren ergibt sich aus § 30 RVG. Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.