Beschluss vom 25.02.2020 -
BVerwG 1 WB 64.19ECLI:DE:BVerwG:2020:250220B1WB64.19.0

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    BVerwG, Beschluss vom 25.02.2020 - 1 WB 64.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:250220B1WB64.19.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 64.19

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt,
am 25. Februar 2020 beschlossen:

  1. Soweit der Antragsteller finanzielle und statusrechtliche Schadlosstellung begehrt, wird der Rechtsstreit zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 1 WB 5.20 weitergeführt.
  2. Für das Verfahren 1 WB 5.20 ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten unzulässig.
  3. Das Verfahren 1 WB 5.20 wird an das Verwaltungsgericht ... verwiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller hat in dem die Erstellung einer Sonderbeurteilung betreffenden Rechtsstreit 1 WB 64.19 mit Schriftsatz vom 6. November 2019 auch die finanzielle und laufbahnrechtliche Schadlosstellung beantragt. Mit Verfügung vom 21. Januar 2020 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass insoweit eine Verweisung an das Verwaltungsgericht ... beabsichtigt ist. Binnen der hierfür gesetzten Frist hat niemand von der Gelegenheit zur Stellungnahme Gebrauch gemacht.

2 Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

3 1. Der Antragsteller macht kumulativ mehrere Ansprüche geltend, für die unterschiedliche Rechtswege eröffnet sind. Daher ist der in die Rechtswegzuständigkeit der Verwaltungsgerichte fallende Teil des Streitgegenstandes nach § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 93 Satz 2 VwGO abzutrennen und unter einem neuen Aktenzeichen weiterzuführen.

4 2. Für die Entscheidung über den auf finanzielle und statusrechtliche Schadlosstellung gerichteten Antrag ist die sachliche Zuständigkeit der Wehrdienstgerichte nicht gegeben. Insoweit ist der Rechtsstreit gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 18 Abs. 3 Satz 1 WBO an das Verwaltungsgericht ... zu verweisen. Über die Verweisung entscheidet der Senat - wie über die Verfahrenstrennung - in der Besetzung ohne ehrenamtliche Richter (BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2015 - 1 WB 13.15 - Rn. 16 m.w.N.).

5 Gemäß § 82 Abs. 1 SG ist der Rechtsweg für Klagen der Soldaten aus dem Wehrdienstverhältnis zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten eröffnet, soweit nicht gesetzlich ein anderer Rechtsweg vorgeschrieben ist. Das ist in § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO für die Fälle vorgesehen, in denen Gegenstand der Beschwerde des Soldaten eine Verletzung seiner Rechte oder eine Verletzung von Pflichten eines Vorgesetzten ihm gegenüber ist, die im Zweiten Unterabschnitt des Ersten Abschnitts des Soldatengesetzes mit Ausnahme der §§ 24, 25, 30 und 31 geregelt sind. Streitigkeiten um die Geld- und Sachbezüge sowie um die Versorgung eines Soldaten und in diesem Zusammenhang auch um eine besoldungs- und versorgungsrechtliche Schadlosstellung gehören zu der Rechtsmaterie, die in § 30 SG geregelt ist (BVerwG, Beschlüsse vom 27. August 2015 - 1 WB 16.15 - juris Rn. 22 m.w.N., vom 28. September 2016 - 1 WB 43.15 - juris Rn. 42 f. und vom 14. Dezember 2018 - 1 WB 49.17 - juris Rn. 16 m.w.N.). Die Bestimmung des § 30 SG ist von der Rechtswegzuweisung an die Wehrdienstgerichte ausgenommen, sodass es insoweit bei der Zuständigkeit der allgemeinen Verwaltungsgerichte gemäß § 82 Abs. 1 SG verbleibt. Dies gilt auch für Streitigkeiten um statusrechtliche Fragen (BVerwG, Beschlüsse vom 29. Juni 2011 - 1 WB 35.11 - Rn. 8 f. m.w.N. und vom 21. November 2019 - 1 WB 28.18 - juris Rn. 6).

6 Nach § 45 und § 52 Nr. 4 Satz 1 VwGO i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 1 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes über die Gliederung und Bezirke der Gerichte (Gerichtsorganisationsgesetz) vom 5. Oktober 1977 (GVBl. 1977 S. 333), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juni 2019 (GVBl. 2019 S. 108), ist sachlich und örtlich zuständig das Verwaltungsgericht ..., weil in dessen Bezirk der beim ...regiment ... in ..., ..., eingesetzte Antragsteller seinen dienstlichen Wohnsitz hat. Dienstlicher Wohnsitz eines Soldaten ist gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BBesG sein Standort; die Legaldefinition des dienstlichen Wohnsitzes in § 15 BBesG ist auch im Rahmen des § 52 Nr. 4 VwGO maßgeblich (BVerwG, Beschlüsse vom 29. Juni 2011 - 1 WB 35.11 - Rn. 11 und vom 28. September 2016 - 1 WB 43.15 - Rn. 42 jeweils m.w.N.).

Beschluss vom 26.02.2020 -
BVerwG 1 WB 64.19ECLI:DE:BVerwG:2020:260220B1WB64.19.0

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    BVerwG, Beschluss vom 26.02.2020 - 1 WB 64.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:260220B1WB64.19.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 64.19

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt,
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Dreger und
den ehrenamtlichen Richter Stabsarzt Grelich
am 26. Februar 2020 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt die Erstellung einer Sonderbeurteilung.

2 Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit dem September 2032 enden. Ab Oktober ... wurde er als Sanitätsdienst- und Personaloffizier zur S 1-Abteilung des ...regiments ... in ... versetzt. Zum Juli 2016 folgte die Versetzung zur ...regiment ... in .... Am 25. Januar 2019 wurde er zum Hauptmann befördert und in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 11 eingewiesen. Seit dem 1. April 2019 wird der Antragsteller als Sanitätsdienst- und Einsatzoffizier Streitkräfte in der ...regiment in ... verwendet.

3 Die letzte planmäßige Beurteilung des Antragstellers wurde unter dem 16. Oktober 2012 zum Stichtag 31. März 2013 erstellt. Auf die Erstellung von planmäßigen Beurteilungen zu den Stichtagen 31. März 2015 und 31. März 2017 verzichtete das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr jeweils wegen disziplinarer Ermittlungen gegen den Antragsteller, die in beiden Fällen nicht zur Verhängung von Disziplinarmaßnahmen führten.

4 Unter dem 30. Januar 2019 beantragte der Antragsteller Schadlosstellung wegen der mehr als 2,5 Jahre ausstehenden, am 24. Januar 2019 erfolgten Beförderung sowie eine sofortige Sonderbeurteilung und Schadlosstellung "auch in dieser Hinsicht".

5 Mit Bescheid vom 14. Februar 2019 lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr den Antrag auf Sonderbeurteilung und Schadlosstellung ab. Sonderbeurteilungen könnten nur Wehrdienstgerichte und Wehrdisziplinaranwaltschaften anfordern. Ein beurteilender Vorgesetzter könne ihre Erstellung im Einzelfall vorschlagen. Ein Soldat habe aber kein Antragsrecht auf ihre Erstellung. Derzeit sei die Erstellung einer Sonderbeurteilung auch nicht erforderlich. Auf die Erstellung von Beurteilungen zu den Vorlageterminen 31. März 2015 und 31. März 2017 sei wegen der schwebenden Verfahren verzichtet worden. Daher könne keine Schadlosstellung im Hinblick auf die nicht erstellten Beurteilungen erfolgen.

6 Gegen den dem Antragsteller nach eigenem Vortrag am 22. Februar 2019 eröffneten Bescheid legte dieser unter dem 22. März 2019 Beschwerde ein. Diese ging am 22. März 2019, 20:58 Uhr, per E-Mail und am 25. März 2019 per Post beim Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr sowie am 5. April 2019 beim Bundesministerium der Verteidigung ein.
Zur Begründung führte er aus, die Ablehnung verletze seine Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1, § 27 SG und § 2 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 SLV. Er habe seit der Beurteilung vom 16. Oktober 2012 wegen des gegen ihn geführten Disziplinarverfahrens keine planmäßige Beurteilung mehr erhalten. Die Sonderbeurteilung vom 23. April 2018 dürfe nur zur Vorlage beim Truppendienstgericht genutzt werden. Er habe keinen Anlass für das Disziplinarverfahren gesetzt und stets seine Unschuld beteuert. Die Unhaltbarkeit der Vorwürfe hätte die Wehrdisziplinaranwaltschaft bei pflichtgemäßer Ermittlung erkennen müssen. Dennoch sei er den Nachteilen des laufenden Disziplinarverfahrens mehr als drei Jahre lang ausgesetzt gewesen. Daher sei er rückwirkend mit Kameraden mit vergleichbarer dienstlicher Laufbahn gleichzustellen. Eine Sonderbeurteilung müsse die Lücke zwischen planmäßigen Beurteilungen schließen. Er benötige die Beurteilung für eine aktuelle Bewerbung um einen Einheitsführerdienstposten beim ...regiment .... Er habe aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SLV i.V.m. Kapitel 2.3 ZDv A-1340/50 einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag. Hier liege ein begründeter Einzelfall vor, weil er für die Dauer des von ihm nicht verschuldeten Disziplinarverfahrens weder befördert noch förderlich verwendet worden sei. Das Fehlen einer aktuellen Beurteilung beeinflusse seine Bewerbung negativ. Das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr habe das ihm zukommende Ermessen gar nicht ausgeübt. Die Ablehnung des Antrages auf Schadlosstellung sei rechtsfehlerhaft. Es liege ein Härtefall nach Nr. 246 ZDv A-1340/49, Nr. 135 Sätze 2 und 3 ZDv 20/7 vor. Er habe durch ein unverhältnismäßig langes Disziplinarverfahren, zu dem er keinen Anlass gegeben habe und dessen Haltlosigkeit die Wehrdisziplinaranwaltschaft hätte erkennen müssen, berufliche und finanzielle Nachteile erlitten. Außerdem habe er sich besonders bewährt. Er habe daher einen Anspruch auf Schadlosstellung in statusrechtlicher und finanzieller Hinsicht.

7 Mit Bescheid vom 3. Juli 2019, dem Antragsteller übergeben am 12. Juli 2019 wies das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrages auf Erstellung einer Sonderbeurteilung zurück.
Die Beschwerde sei verfristet. Kenntnis der beschwerenden Maßnahme habe der Antragsteller nach eigenem Vortrag am 22. Februar 2019 gehabt. Das erst am 25. März 2019 beim Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr eingegangene Beschwerdeschreiben wahre die am 22. März 2019 endende Monatsfrist nicht. Zudem hätte die Beschwerde auch nicht fristwahrend dort eingelegt werden können. Beim Bundesministerium der Verteidigung sei die Beschwerde erst deutlich nach Fristende eingegangen. Dass die Beschwerde durch das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr nicht unmittelbar während der nächsten zwei Diensttage an die zuständige Stelle weitergeleitet worden sei, sei für die Verfristung weder ursächlich noch zu beanstanden. Einer Weiterleitung an die zuständige Stelle innerhalb eines einzigen Werktages könne ein Einsender nicht erwarten. Die Eilbedürftigkeit wegen drohenden Fristablaufes habe sich nicht aufdrängen müssen. Das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr sei nicht verpflichtet gewesen, den Antragsteller unverzüglich über den drohenden Fristablauf zu informieren. Hinderungsgründe nach § 7 WBO seien weder vorgetragen noch ersichtlich.
Anlass für dienstaufsichtliches Einschreiten gebe es nicht. Ein Anspruch auf eine Sonderbeurteilung folge nicht aus dem Bewerbungsverfahrensanspruch. Eine Sonderbeurteilung sei keine Verwendungsentscheidung und für die Entscheidung über die Bewerbung des Antragstellers für einen Einheitsführerdienstposten ohne Belang. Diese setze eine planmäßige Beurteilung voraus, die die Bewährung im Dienstgrad Hauptmann nachweise. Der Antragsteller sei erst am 25. Januar 2019 zum Hauptmann befördert worden. Eine Sonderbeurteilung hätte nur seine Eignung, Leistung und Befähigung als Oberleutnant bewerten können.

8 Hiergegen hat der Antragsteller am 12. August 2019 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 13. September 2019 dem Senat vorgelegt.

9 Zur Begründung wiederholt der Antragsteller seinen Vortrag aus der Beschwerde und führt ergänzend aus, die Beschwerde sei nicht verfristet. § 9 WBO regele nur die Zuständigkeit für die Entscheidung und nicht, wo Beschwerde einzulegen sei. Die Beschwerde sei am 22. März 2019 um 20:58 Uhr per E-Mail an den zuständigen Bearbeiter im Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr übersandt worden. Eine Übersendung per Fax sei an der fehlenden Erreichbarkeit der angegebenen Faxnummer gescheitert. Dies werde durch die damalige Bevollmächtigte des Antragstellers eidesstattlich versichert. Die besondere Eilbedürftigkeit einer Weiterleitung an die Beschwerdestelle sei dem Hinweis der E-Mail an den Bearbeiter im Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr, dass fristwahrend Beschwerde eingelegt werde, zu entnehmen. In Verwaltungsangelegenheiten könne eine Beschwerde außer beim nächsten Disziplinarvorgesetzten und der Beschwerdestelle auch bei der Stelle eingelegt werden, deren Entscheidung angefochten werden solle. Dies gelte unter Berücksichtigung des Fürsorgegrundsatzes sinngemäß auch hier.
Durch die Ablehnung der Erstellung einer Sonderbeurteilung werde er schlechter gestellt als andere Bewerber um den vakanten Posten eines Sanitätsdienst- und Einsatzoffiziers beim ...regiment .. in .... Denn für einen anderen Bewerber sei eine Sonderbeurteilung angefordert worden. Ihm könne nicht entgegengehalten werden, dass er erst im Januar 2019 zum Hauptmann befördert worden sei. Er sei nur wegen des unberechtigten Disziplinarverfahrens so spät befördert worden und müsse nach seinem Freispruch so gestellt werden, wie er ohne das Disziplinarverfahren stehen würde.

10 Der Antragsteller beantragt:
1. Die Beschwerde vom 22. März 2019 ist zulässig.
2. Der Beschwerde wird stattgegeben, der Beschwerdeführer hat einen Anspruch auf Sonderbeurteilung.
3. Der Beschwerdeführer hat darüber hinaus einen Anspruch auf Schadlosstellung sowohl in laufbahnrechtlicher als auch in finanzieller Hinsicht.

11 Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

12 Für den Antrag zu 1. gebe es kein Feststellungsinteresse. Der Antrag zu 2. sei aus den im Beschwerdebescheid vom 3. Juli 2019 ausgeführten Gründen unbegründet. Die Beschwerde sei verfristet. Die Frist sei mit dem 22. März 2019 abgelaufen. Eine Beschwerde in einer truppendienstlichen Angelegenheit könne fristwahrend nach § 5 Abs. 1 WBO nur beim nächsten Disziplinarvorgesetzten oder bei der für die Beschwerdeentscheidung zuständigen Stelle eingelegt werden. Beim Bundesministerium der Verteidigung sei die Beschwerde erst am 5. April 2019 eingegangen. Beim Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr sei die Beschwerdeschrift per E-Mail Freitag, den 22. März 2019 um 20:58 Uhr eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt habe der Antragsteller nicht mehr mit einer Weiterleitung an die zuständige Stelle rechnen können. Die Ablehnung der Erstellung einer Sonderbeurteilung verletze den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers im Hinblick auf dessen Bewerbung um einen Einheitsführerdienstposten nicht, da dieser die Bedarfsträgeranforderung einer Bewährung im Dienstgrad Hauptmann nicht erfülle, so dass er unabhängig vom Fehlen einer aktuellen Beurteilung nicht in die Auswahlentscheidung einbezogen werden könne. Daher liege auch kein begründeter Einzelfall vor, der eine Ausnahmeentscheidung nach Nr. 206 ZDv A-1340/50 erfordere. In dem vom Antragsteller angeführten anderen Fall sei eine Sonderbeurteilung für einen Offizier erstellt worden, der die Bedarfsträgeranforderungen des Dienstpostens erfüllt habe. Der Antrag zu 3. sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Für ihn sei der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten nicht eröffnet. Die gegen die Ablehnung dieses Antrages gerichtete Beschwerde sei mit am 11. Juli 2019 zugestellten Bescheid zurückgewiesen worden. Ein Rechtsbehelf hiergegen sei nicht eingelegt worden.

13 Soweit sich der Antrag zu 3. auf eine Schadlosstellung in finanzieller oder statusrechtlicher Hinsicht richtet, ist er mit Beschluss vom 25. Februar 2020 abgetrennt und an das Verwaltungsgericht ... verwiesen worden.

14 Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

15 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

16 1. Der Antragsteller hat zwar einen konkreten Antrag formuliert. Dieser bedarf jedoch der Auslegung (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 86 Abs. 3 VwGO). Mit dem Antrag zu 1. begehrt der Antragsteller die isolierte Feststellung der Zulässigkeit seiner Beschwerde vom 22. März 2019 gegen die Ablehnung seines Antrages auf Erteilung einer Sonderbeurteilung vom 30. Januar 2019 durch den Bescheid vom 14. Februar 2019. Soweit er eine Stattgabe dieser Beschwerde beantragt, ist sein Begehren auf die Aufhebung des Bescheides vom 14. Februar 2019 und des Beschwerdebescheides vom 3. Juli 2019 sowie die Verpflichtung des Bundesministeriums der Verteidigung zur Neubescheidung seines Antrages unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats gerichtet. Denn der Antragsteller macht geltend, einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Sonderbeurteilung zu haben.

17 2. Der Antrag ist nur teilweise zulässig.

18 Das Unterbleiben einer Sonderbeurteilung kann als unterlassene truppendienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 WBO gerügt und zum Gegenstand eines Verpflichtungsantrages gemacht werden (BVerwG, Beschlüsse vom 22. September 2005 - 1 WB 4.05 - Rn. 30, vom 26. April 2006 - 1 WB 29.05 - Rn. 13 und vom 26. Februar 2015 - 1 WB 32.14 - Rn. 37). Der Antragsteller ist auch antragsbefugt, kann er doch die mögliche Verletzung seiner Rechte aus § 17 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO, § 27 SG und § 2 Abs. 1 SLV geltend machen.

19 Unzulässig ist allerdings der auf die Zulässigkeit der Beschwerde bezogene Feststellungsantrag. Denn ein Interesse an einer hierauf bezogenen gesonderten Feststellung ist weder geltend gemacht noch ersichtlich.

20 Unzulässig ist der Antrag auch, soweit er zusätzlich zu dem Begehren nach einer Sonderbeurteilung auf eine weitere Form einer in die Zuständigkeit des Senates fallende dienstrechtliche Schadlosstellung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 2016 - 1 WB 8.16 - juris Rn. 25) gerichtet sein sollte. Denn insoweit ist jenseits der Sonderbeurteilung weder eine konkrete Maßnahme, die im Wege der Schadlosstellung begehrt wird, bezeichnet, noch ersichtlich.

21 3. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er unbegründet. Dem Erfolg des Begehrens auf Erteilung der Sonderbeurteilung steht die Bestandskraft des Ablehnungsbescheides entgegen.

22 a) Nach § 6 Abs. 1 WBO darf die Beschwerde frühestens nach Ablauf einer Nacht und muss innerhalb eines Monats eingelegt werden, nachdem der Beschwerdeführer von dem Beschwerdeanlass Kenntnis erhalten hat. Kenntnis vom Beschwerdeanlass hat ein Soldat, wenn ihm die Umstände bekannt sind, aus denen sich die von ihm empfundene Beeinträchtigung ergibt (BVerwG, Beschluss vom 27. November 2014 - 1 WB 61.13 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 91 Rn. 32 m.w.N.). Anders als § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO, der den Beginn der gerichtlichen Antragsfrist an die Zustellung des zurückweisenden Beschwerdebescheids knüpft, setzt § 6 Abs. 1 WBO für den Beginn der Beschwerdefrist nur die tatsächliche, positive Kenntnis vom Beschwerdeanlass voraus. Etwas Anderes gilt nur in dem hier nicht vorliegenden Fall, dass für eine truppendienstliche Maßnahme eine bestimmte Art der Bekanntgabe durch eine spezielle gesetzliche Regelung oder durch eine Verwaltungsvorschrift vorgeschrieben ist oder in ständiger Verwaltungspraxis durchgeführt wird; dann beginnt die Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs erst mit dieser förmlichen Bekanntgabe zu laufen (BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 2013 - 1 WB 43.12 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 87 Rn. 30).

23 Kenntnis vom Beschwerdeanlass hatte der Antragsteller durch die Eröffnung des angegriffenen Bescheides, die nach eigenem Vortrag in der Beschwerde am 22. Februar 2019 erfolgt ist. Die Monatsfrist für die Einlegung der Beschwerde endete demgemäß mit Ablauf des 22. März 2019 (§ 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1, Abs. 2 ZPO und § 188 Abs. 2 BGB).

24 b) Die Frist ist mit der unter dem 22. März 2019 abgefassten, aber erst am 5. April 2019 beim empfangszuständigen Bundesministerium der Verteidigung eingegangenen Beschwerde nicht gewahrt.

25 Unerheblich ist, dass die Beschwerde per Post am 25. März 2019 beim Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr einging. Dieser Eingang erfolgte weder innerhalb der Beschwerdefrist noch bei einer für den Empfang der Beschwerde zuständigen Stelle.

26 Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 WBO ist die Beschwerde beim nächsten Disziplinarvorgesetzten des Beschwerdeführers einzulegen. § 5 Abs. 1 Satz 2 WBO eröffnet eine weitere Einlegungsmöglichkeit bei der zuständigen Beschwerdestelle. Die speziellen Einlegungsstellen in § 5 Abs. 2 und § 11 WBO sind vorliegend nicht relevant. Die Vorschrift des § 23 Abs. 2 Satz 1 WBO, wonach die Beschwerde auch bei der Stelle eingelegt werden kann, deren Entscheidung angefochten wird, gilt nicht für truppendienstliche Beschwerden, sondern nur für Rechtsbehelfe in Verwaltungsangelegenheiten, d.h. wenn für den gerichtlichen Rechtsschutz der Verwaltungsrechtsweg (§ 82 Abs. 1 SG) und nicht der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten (§ 17 Abs. 1 Satz 1, § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) eröffnet ist (BVerwG, Beschlüsse vom 26. November 2013 - 1 WB 40.13 - Rn. 22 und vom 1. März 2018 - 1 WB 27.17 - Rn. 21). Entgegen der Auffassung der Bevollmächtigten des Antragstellers ist ohne Bedeutung, dass es sich bei der in Rede stehenden Beschwerde "nicht um eine reine Disziplinarbeschwerde" handelte. Denn der Begriff der truppendienstlichen Beschwerde ist wie ausgeführt nicht auf die Disziplinarbeschwerde beschränkt.

27 c) Der Fristablauf wurde auch nicht durch Umstände gehemmt, die im Sinne von § 7 WBO als unabwendbarer Zufall zu werten sind.

28 aa) Es liegt kein Fall des § 7 Abs. 2 WBO vor; die Ablehnung des Antrages auf Erstellung einer Sonderbeurteilung bedurfte als truppendienstliche Erstmaßnahme, gegen die nicht unmittelbar der Antrag auf gerichtliche Entscheidung eröffnet ist, keiner Rechtsbehelfsbelehrung, weil die Regelungen über die Beschwerdeeinlegung als jedem Soldaten bekannt vorausgesetzt werden können (BVerwG, Beschlüsse vom 6. Oktober 2015 - 1 WDS-VR 1.15 - NZWehrr 2016, 31 Rn. 39 m.w.N., vom 1. März 2018 - 1 WB 27.17 - juris Rn. 22 und vom 21. November 2019 - 1 WB 16.19 - Rn. 22).

29 bb) Ein unabwendbarer Zufall im Sinne des § 7 Abs. 1 WBO ist auch nicht darin zu sehen, dass das beim Sachbearbeiter des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr am Freitag, den 22. März 2019, um 20:58 Uhr per E-Mail eingegangene Beschwerdeschreiben nicht noch am selben Tag an eine empfangszuständige Stelle weitergeleitet worden ist.

30 Grundsätzlich liegt es im Verantwortungs- und Risikobereich eines Rechtsbehelfsführers, dafür zu sorgen, dass der von ihm gewählte Rechtsbehelf innerhalb der Rechtsbehelfsfrist in der vorgeschriebenen Form bei der zuständigen Stelle eingeht. Dass die Beschwerde nicht in der vorgeschriebenen Schriftform fristgerecht bei der zuständigen Stelle eingegangen ist, liegt im Verantwortungsbereich des Antragstellers und seiner Bevollmächtigten. Im Wehrbeschwerdeverfahren geht ein solches von den Bevollmächtigten zu vertretendes Versäumnis zu Lasten des Antragstellers (siehe auch § 85 Abs. 2 ZPO - BVerwG, Beschluss vom 11. März 2008 - 1 WB 8.08 - juris Rn. 25). Da das Bundesamt für das Personalmanagement keine für die Einlegung der Beschwerde zuständige Stelle war, kommt es nicht darauf an, ob es - wie vom Antragsteller dargelegt - am 22. März 2019 per Telefax nicht erreichbar war. Ebenso wenig konnte eine Beantwortung der abends um 20:58 Uhr eingegangenen E-Mail noch am selben Tage erwartet werden, so dass auch kein staatliches Mitverschulden an der Fristversäumnis vorliegt. Eine Prüfung der Zuständigkeit und Übermittlung an die zuständige Stelle ist bei einem Schreiben, das erst nach Schluss der üblichen Dienstzeit für die Sachbearbeitung in Personalangelegenheiten eingeht, von Rechts wegen schlechterdings nicht geschuldet (BVerwG, Beschluss vom 1. März 2018 - 1 WB 27.17 - Rn. 22).

31 Soweit mit Schriftsatz vom 13. Februar 2020 behauptet werden soll, es sei erfolglos versucht worden, die Beschwerde vom 22. März 2019 an diesem Tag an den Disziplinarvorgesetzten oder das zur Entscheidung zuständige Bundesministerium der Verteidigung per Fax zu übersenden, so entspricht dies nicht der eidesstattlichen Versicherung der früheren Bevollmächtigten des Antragstellers vom 5. November 2019. Diese Erklärung verweist zwar allgemein auf Probleme, Schreiben per Fax an die Einheit des Antragstellers und das Bundesministerium der Verteidigung zu senden, führt aber zu dem konkreten Schreiben vom 22. März 2019 nur aus, dies habe zunächst per Fax übersandt werden sollen. Die Übertragung sei aber mehrfach abgebrochen worden, so dass zur Wahrung der Frist nur die Übersendung per E-Mail an den zu diesem Zeitpunkt zuständigen Bearbeiter in Betracht gekommen sei. Das Original sei sodann am nächsten Tag per Post übersandt worden. Das per Post am 25. März 2019 eingegangene Original dieses Schreibens ist auch ausschließlich an das Bundesamt für das Personalmanagement adressiert. Dass versucht worden sei, dieses Schreiben per Fax an einen Empfänger zu senden, an den es gar nicht adressiert ist, ist in der eidesstattlichen Versicherung nicht behauptet worden. Da die ehemalige Bevollmächtigte des Antragstellers den Sachbearbeiter im Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr zudem als den "zu diesem Zeitpunkt zuständigen Bearbeiter" bezeichnet, liegt auch fern, dass sie versucht haben könnte, das Schreiben an eine für die Beschwerde empfangszuständige Stelle zu übersenden, an die die Beschwerde gar nicht adressiert war.

32 d) Der Fristmangel ist auch nicht deswegen unbeachtlich, weil die Beschwerdestelle dessen ungeachtet in der Sache entschieden hätte (BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2019 - 1 WB 40.18 - Rn. 12). Denn das Bundesministerium für Verteidigung hat sich lediglich im Rahmen der Dienstaufsicht inhaltlich mit dem Begehren des Antragstellers befasst und die Beschwerde ausdrücklich wegen Fristversäumnis zurückgewiesen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. November 2014 - 1 WB 61.13 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 91 Rn. 41).