Beschluss vom 21.04.2022 -
BVerwG 5 PB 11.21ECLI:DE:BVerwG:2022:210422B5PB11.21.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 21.04.2022 - 5 PB 11.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:210422B5PB11.21.0]

Beschluss

BVerwG 5 PB 11.21

  • VG Frankfurt am Main - 24.06.2019 - AZ: 23 K 317/19.F.PV
  • VGH Kassel - 11.08.2021 - AZ: VGH 22 A 1702/19.PV

In der Personalvertretungssache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. April 2022
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Holtbrügge und Preisner
beschlossen:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. August 2021 wird verworfen.

Gründe

1 Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die Rechtsbeschwerde ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache noch wegen Divergenz zuzulassen, weil die Beschwerdebegründung den Anforderungen an die Darlegung dieser Zulassungsgründe (§ 111 Abs. 3 Satz 1 PersVG HE i.V.m. § 92a Satz 2 und § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 2 ArbGG) nicht genügt.

2 1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

3 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne der nach § 111 Abs. 3 Satz 1 PersVG HE entsprechend anwendbaren § 92a Satz 2 und § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kommt einer Rechtsfrage nur zu, wenn mit ihr eine für die erstrebte Rechtsbeschwerdeentscheidung erhebliche Frage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Nach § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG ist in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit darzulegen. Dieses Darlegungserfordernis setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Rechtsbeschwerdeentscheidung erheblichen Rechtsfrage sowie die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss substantiiert erläutern, dass und inwiefern die Rechtsbeschwerdeentscheidung zur Klärung einer bisher vom Bundesverwaltungsgericht nicht beantworteten, fallübergreifenden und entscheidungserheblichen Rechtsfrage führen kann (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Juli 2014 - 5 PB 1.14 - juris Rn. 4 und vom 25. Mai 2016 - 5 PB 21.15 - juris Rn. 10 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt das Beschwerdevorbringen nicht.

4 Die Beschwerde formuliert als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung,
"ob unter 'Arbeitsplatz' im Sinne des § 74 Abs. 1 Nr. 16 HPVG nur die Gesamtheit verschiedener Arbeitsstätten (Arbeitsorte), an denen der Arbeitnehmer eingesetzt ist, zu verstehen ist oder ob jede räumliche (Teil-)Arbeitsstätte selbst als 'Arbeitsplatz' im Sinne des § 74 Abs. 1 Nr. 16 HPVG verstanden werden muss."

5 Es fehlt aber bereits an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit dieser Frage. Die Beschwerde führt hierzu lediglich aus, der Verwaltungsgerichtshof verwende zwei unterschiedliche Arbeitsplatzbegriffe, worin ein klärungsbedürftiger Widerspruch liege. Allerdings stellt die angegriffene Entscheidung zur Begründung der Verneinung der zwischen den Verfahrensbeteiligten streitigen Mitbestimmungspflicht nicht im Sinne der Fragestellung entscheidend auf den Inhalt des Arbeitsplatzbegriffs ab. Vielmehr stützt sie diese darauf, dass die Kündigung des Mietvertrages über die im Streit stehenden Arbeitsräume nicht dem Tatbestandsmerkmal der "Gestaltung" im Sinne von § 74 Abs. 1 Nr. 16 PersVG HE (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. November 2021 - 5 P 7.20 - juris Rn. 9 zur Parallelbestimmung des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 PersVG BE) zuzuordnen sei, weil sie weder als erstmalige Einrichtung von Arbeitsplätzen noch als Umgestaltung oder Ausgestaltung bereits vorhandener Arbeitsplätze angesehen werden könne. Die Beschwerde erläutert vor diesem Hintergrund nicht, inwiefern der von ihr behauptete "Widerspruch" in entscheidungserheblicher Weise Auswirkungen auf die Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals oder die Anwendung des § 74 Abs. 1 Nr. 16 PersVG HE insgesamt haben kann.

6 2. Die Rechtsbeschwerde ist nicht wegen der vom Antragsteller geltend gemachten Divergenz zuzulassen.

7 Nach § 111 Abs. 3 Satz 1 PersVG HE i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 und § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG ist die Rechtsbeschwerde wegen Divergenz zuzulassen, wenn der angefochtene Beschluss von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, des Bundesverwaltungsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung eines anderen Senats desselben Oberverwaltungsgerichts bzw. Verwaltungsgerichtshofs oder eines anderen Oberverwaltungsgerichts bzw. Verwaltungsgerichtshofs abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist die Entscheidung, von der der angefochtene Beschluss abweicht, zu bezeichnen (§ 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ArbGG). Eine die Rechtsbeschwerde eröffnende Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen abstrakten, inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung eines der aufgeführten Gerichte aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Juli 2014 - 5 PB 1.14 - juris Rn. 9 und vom 28. März 1994 - 6 PB 22.93 - AP Nr. 8 zu § 92a ArbGG 1979, jeweils m.w.N.). Eine solche Divergenz kann auch dann anzunehmen sein, wenn beide Entscheidungen auf der Grundlage von verschiedenen, aber inhaltsgleichen Rechtsnormen ergangen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 2004 - 6 PB 10.03 - Buchholz 251.2 § 91 BlnPersVG Nr. 2 S. 1 f.). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung der Rechtssätze, die das betreffende Gericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2014 - 5 PB 1.14 - juris Rn. 9). Gemessen daran ist die Beschwerde nicht ausreichend begründet.

8 Die Beschwerde ist der Ansicht, der Verwaltungsgerichtshof habe angenommen, dass bei der Frage, ob ein Arbeitsplatz gestaltet werde, davon auszugehen sei, dass es sich beim Arbeitsplatz im personalvertretungsrechtlichen Sinne um ein Konglomerat von Arbeitsstätten handele, die einzeln geöffnet oder geschlossen werden könnten; Arbeitsplatz im Sinne des § 74 Abs. 1 Nr. 16 PersVG HE sei jeder Ort, an dem ein Arbeitnehmer tätig werde. Demgegenüber habe das Bundesverwaltungsgericht (Beschlüsse vom 15. Dezember 1978 - 6 P 13.78 - Buchholz 238.3 A § 76 BPersVG Nr. 1, vom 15. Dezember 1978 - 6 P 18.78 - Buchholz 238.3 A § 76 BPersVG Nr. 2, vom 17. Juli 1987 - 6 P 6.85 - BVerwGE 78, 47, vom 16. Dezember 1992 - 6 P 29.91 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 83 und vom 19. Mai 2003 - 6 P 16.02 - Buchholz 250 § 78 BPersVG Nr. 19) die Ansicht vertreten, als Arbeitsplatz sei die Gesamtheit von verschiedenen Orten anzusehen, an denen der Arbeitnehmer tätig sei. Dabei werde nicht auf das Schließen oder Öffnen einzelner Räume abgestellt.

9 Damit ist eine Divergenz nicht in der gebotenen Weise dargetan. Ausgehend von dem im Beschwerdeverfahren weiterverfolgten, ausschließlich auf die Kündigung des Mietverhältnisses über bestimmte Räumlichkeiten bezogenen Antrags des Antragstellers hat der Verwaltungsgerichtshof entscheidungstragend darauf abgestellt, dass die Beseitigung eines Arbeitsplatzes, an dem ein Beschäftigter neben anderen Arbeitsplätzen tätig sei, allein nicht als Gestaltung eines Arbeitsplatzes im Sinne des § 74 Abs. 1 Nr. 16 PersVG HE angesehen werden könne, die - hier nicht verfahrensgegenständliche - etwaig damit verbundene erneute Einrichtung des Arbeitsplatzes an einem anderen Ort könne hingegen mitbestimmungspflichtig sein. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass sich den von ihr angeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts entnehmen lasse, dass eine "Gestaltung der Arbeitsplätze" allein wegen des Fortfalls eines räumlichen Arbeitsbereichs angenommen werden könne. Eine solche Aussage enthalten auch die insbesondere von der Beschwerde angeführten Entscheidungen (BVerwG, Beschlüsse vom 17. Juli 1987 - 6 P 6.85 - BVerwGE 78, 47 und vom 19. Mai 2003 - 6 P 16.02 - Buchholz 250 § 78 BPersVG Nr. 19) nicht. Bei diesen ging es hinsichtlich der Gestaltung der Arbeitsplätze einerseits um die Verlegung von Arbeitsräumen unter gleichzeitiger baulicher Umgestaltung der neuen Räume und einer hiermit einhergehenden Veränderung der Arbeitsbedingungen und andererseits um Belastungen, die Berufskraftfahrern dadurch entstehen, dass sie entgegen bisheriger Regelung nicht mehr damit rechnen können, ihre Dienstleistung mit einem ihnen vertrauten Kraftfahrzeug zu erbringen.

10 3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 111 Abs. 3 Satz 1 PersVG HE i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 5 Satz 5 Alt. 1 ArbGG abgesehen.