Beschluss vom 21.07.2011 -
BVerwG 1 WB 46.10ECLI:DE:BVerwG:2011:210711B1WB46.10.0
-
Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 21.07.2011 - 1 WB 46.10 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:210711B1WB46.10.0]
Beschluss
BVerwG 1 WB 46.10
- BMVg - 02.08.2010 - AZ: PSZ I 7 25-05-10 677/10
In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Fregattenkapitän Bober und
die ehrenamtliche Richterin Kapitänleutnant Ahlers
am 21. Juli 2011 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Gründe
I
1 Der Antragsteller begehrt den Wechsel von der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes.
2 Der 1970 geborene Antragsteller ist Berufssoldat in der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes; seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit Ablauf des 31. Dezember 2026 enden. Am 23. April 2009 wurde er zum Kapitänleutnant ernannt. Er wird seit dem 1. April 2009 beim Flottenkommando in G. verwendet und ist dort auf einem Dienstposten als Marineelektronik-Offizier und Fernmeldeoffizier Marine eingesetzt.
3 Mit Schreiben vom 13. Juli 2009 beantragte der Antragsteller (erstmalig) seinen Wechsel in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes. In der Auswahlkonferenz für den Laufbahnwechsel von Offizieren des militärfachlichen Dienstes in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes der Marine, die am 22. April 2010 beim Personalamt der Bundeswehr stattfand, wurde der Antragsteller nicht ausgewählt. Ausweislich des Konferenzprotokolls vom 27. April 2010 und der vom Personalamt vorgelegten weiteren Konferenzunterlagen wurde er zwar als besonders geeignet eingestuft, jedoch mangels Bedarfs nicht berücksichtigt. Das Personalamt teilte dieses Ergebnis dem Antragsteller mit Bescheid vom 6. Mai 2010 mit.
4 Dagegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 31. Mai 2010 Beschwerde ein, die der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit Beschwerdebescheid vom 2. August 2010 zurückwies.
5 Gegen diese ihm am 30. August 2010 eröffnete Entscheidung richtet sich der Antrag des Antragstellers vom 21. September 2010 auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Den Antrag hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 7. Oktober 2010 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
6 Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens trägt der Antragsteller insbesondere vor:
7 Die angefochtene Auswahlentscheidung beruhe auf der Richtlinie über das „Auswahlverfahren für den Laufbahnwechsel von Offizieren des militärfachlichen Dienstes in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes“ vom 21. November 2007 - PSZ I 1 (40) Az.: 16-05-18/2 - (im Folgenden: Richtlinie), die für den strittigen Laufbahnwechsel nur zwei Bewerbungsmöglichkeiten vorsehe. Mit dieser Regelung überschreite der Erlassgeber die Befugnisse, die ihm im Soldatengesetz und in der Soldatenlaufbahnverordnung zugewiesen seien. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei eine normative Grundlage erforderlich, wenn der durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistete Leistungsgrundsatz eingeschränkt werde. Das sei durch die lediglich im Erlasswege getroffene Reduzierung der Bewerbungsmöglichkeiten geschehen. Daraus folge, dass einem Bewerber, der sich früh bewerbe und aus Bedarfsgründen abgelehnt werde, später der Zugang zu der angestrebten Laufbahn trotz Eignung, Leistung und Befähigung verwehrt werde, wenn sich beispielsweise durch Strukturänderungen ein Bedarf ergebe. Eine Ermächtigungsgrundlage für eine derart tiefgreifende Einschränkung des Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG sei weder im Soldatengesetz noch in der Soldatenlaufbahnverordnung geregelt.
8 In formeller Hinsicht sei zu beanstanden, dass entgegen Nr. 3.2 der Richtlinie die Liste der nicht-ständigen Teilnehmer der Auswahlkonferenz nicht im Intranet der Bundeswehr veröffentlich worden sei. Überdies enthalte der angefochtene Ausgangsbescheid keine zureichende Begründung; er stelle ein Serienschreiben dar und entspreche damit nicht den Anforderungen des § 39 Abs. 1 VwVfG. In der Sache rüge er, dass er trotz seiner einschlägigen zivilen Qualifikationen als Kommunikationselektroniker Funktechnik und als staatlich geprüfter Wirtschaftsinformatiker noch nicht einmal zurückgestellt worden sei. Dieses Versäumnis dokumentiere einen Ermessensnichtgebrauch des zuständigen Vorgesetzten. Seine beiden zivilberuflichen Qualifikationen seien für eine Verwendung im Kompetenzbereich Führungsunterstützung von besonderer Bedeutung. Seine akademischen Fähigkeiten habe er durch die bisher durchweg erfolgreich abgeschlossenen Studienmodule in seinem juristischen Studiengang nachgewiesen. Im Übrigen bestehe in allen Kompetenzbereichen im Bereich der Offiziere des Truppendienstes ein strukturelles Fehl; auch in seinem Geburtsjahrgang bestehe nachweislich ein Bedarf. Ein struktureller Überhang sei nur in den Jahrgängen bis 1968 zu verzeichnen. Ausweislich des Konzepts zum Verwendungsaufbau der Offiziere des Truppendienstes müsse ab der Ebene der Besoldungsgruppe A 13 das Fehl an qualifizierten Offizieren durch Quereinsteiger aus dem Operationsdienst ausgeglichen werden. Aus anderer Quelle sei ihm bekannt geworden, dass es in der Konferenz am 22. April 2010 nur darum gegangen sei, Schiffselektronik-Offiziere auszuwählen; deshalb sei der Kompetenzbereich Führungsunterstützung nicht zum Zuge gekommen. Für den Bereich Führungsunterstützung rüge er deshalb einen Ermessensnichtgebrauch. Soweit der Bundesminister der Verteidigung vortrage, dass der Geburtsjahrgang 1970 durch die Nachbarjahrgänge mehr als ausgeglichen werde, sei festzustellen, dass dabei nur die älteren Nachbarjahrgänge zu Grunde gelegt würden. Berücksichtige man bei allen Nachbarjahrgängen auch die jüngeren Jahrgänge, ergebe sich insbesondere in den Jahrgängen 1972 und 1973 eine deutliche Unterdeckung. Soweit ihm der Bundesminister der Verteidigung im Hinblick auf den hohen Bedarf an Schiffselektronik-Offizieren mangelnde Borderfahrung vorhalte, hätte eine Prüfung von Kompensationsmöglichkeiten stattfinden müssen. Als Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen halte er im Übrigen das Protokoll der Auswahlkonferenz vom 27. April 2010 für unvollständig.
9
Der Antragsteller beantragt,
1. das Personalamt der Bundeswehr zu verpflichten, seinem Antrag vom 13. Juli 2009 auf Übernahme in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes zu entsprechen,
2. hilfsweise, den Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 6. Mai 2010 aufzuheben und zur Neubescheidung aus ex-ante-Sicht an das Personalamt zurückzuverweisen,
3. festzustellen, das die normative Grundlage der Auswahlentscheidung in der Gestalt des Erlasses BMVg - PSZ I 1 Az.: 16-05-18/2 - vom 21. November 2007 die Befugnis des Erlassgebers überschreite und daher nichtig sei.
10
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
11 Er hält den Antrag für unbegründet.
12 Der Antragsteller habe sich im Jahr 2009 erstmalig für den Wechsel in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes beworben. Die in der Richtlinie vom 21. November 2007 vorgesehene Beschränkung auf zwei Bewerbungsmöglichkeiten sei in seinem Fall noch nicht zum Tragen gekommen. Die Frage, ob diese Beschränkung mit dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes zu vereinbaren sei, werde erst dann entscheidungserheblich, wenn sich ein Bewerber zum dritten Mal erfolglos für die strittige Laufbahn beworben hätte.
13 Die Entscheidung des Personalamts weise keine formellen Fehler auf. Die Bestimmung des § 39 VwVfG schließe es nicht aus, bei einer Mehrzahl gleichgelagerter Fälle eine gleichlautende und vervielfältigte Begründung zu geben. Abgesehen davon habe eine möglicherweise unzureichende Begründung nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG in anderer Weise - hier im Beschwerdebescheid - nachgeholt werden können. Die fehlende Bekanntgabe der nicht-ständigen Mitglieder der Auswahlkonferenz im Intranet der Bundeswehr stelle die Rechtmäßigkeit der getroffenen Auswahlentscheidung nicht in Frage. Die Mitglieder der Auswahlkonferenz (und damit auch die nicht-ständigen Mitglieder) hätten lediglich eine vorbereitende Funktion wahrzunehmen. Die endgültige Entscheidung darüber, wer für den Laufbahnwechsel ausgewählt werde, treffe der zuständige Abteilungsleiter des Personalamts. Dieser sei bekannt. Außerdem könnten in Anwendung des Rechtsgedankens des § 45 Abs. 1 VwVfG die Namen der nicht-ständigen Mitglieder nachträglich bekannt gemacht werden.
14 In der Sache sei die Ablehnung des Laufbahnwechsels rechtlich nicht zu beanstanden. Zwar sei der Antragsteller in der Auswahlkonferenz als „besonders geeignet“ für einen Laufbahnwechsel eingestuft worden. Seine Auswahl sei jedoch unterblieben, weil in seiner fachlichen Qualifikation kein Bedarf bestehe. Für die Festlegung des Bedarfs seien die Soll-Umfänge des Personalstärkemodells 2010 maßgeblich. Da ein Laufbahnwechsel nur von Soldaten beantragt werden könne, die im Auswahljahr mindestens das 39. und höchstens das 45. Lebensjahr vollendet hätten, sei im Fall des Antragstellers auf die Daten der Jahrgänge 1964 bis 1970 abzustellen. Im Geburtsjahrgang des Antragstellers (1970) bestehe zwar eine Unterdeckung, weil einem Personal-Soll von 57 Offizieren ein Personal-Ist von 48 Offizieren gegenüberstehe. In den zu betrachtenden Geburtsjahrgängen 1964 bis 1970 stehe jedoch insgesamt einem Personal-Soll von 402 Offizieren ein Personal-Ist von 441 Offizieren gegenüber. Daraus werde deutlich, dass das im Geburtsjahrgang 1970 bestehende Fehl durch die Nachbarjahrgänge mehr als ausgeglichen werde. Die genannten Soll-Umfänge des Personalstärkemodells 2010 berücksichtigten noch nicht die Modifizierung der besonderen und allgemeinen Altersgrenzen durch das Dienstrechts-Neuordungsgesetz. Damit bestehe aus Strukturgründen kein genereller Bedarf für die Übernahme des Antragstellers in die angestrebte Laufbahn. Ein besonderer Bedarf für seine Übernahme sei ebenfalls nicht gegeben, weil seit mehreren Jahren lediglich ein spezieller Bedarf an Stabsoffizieren bestehe, die für eine Verwendung als Schiffselektronik-Offizier geeignet seien. Der für den Laufbahnwechsel ausgewählte Offizier verfüge im Gegensatz zum Antragsteller über eine besondere Qualifikation für die Verwendung als Schiffselektronik-Offizier an Bord von Fregatten. Demgegenüber liege der Schwerpunkt der Qualifikation des Antragstellers im Bereich der landgebundenen Informationstechnik, in dem durch jüngste Änderungen der Stärke- und Ausrüstungsnachweisung beim IT-Amt der Bundeswehr nur noch ein geringer Bedarf an Stabsoffizieren bestehe. Der hohe Bedarf speziell an Schiffselektronik-Offizieren für Bordverwendungen auf Fregatten sei von erheblicher Bedeutung für die Konferenz gewesen, weil sich ein Fehl dieser Offiziere unmittelbar auf die Einsatzbereitschaft der Fregatten und damit der Einsatzverbände der Marine auswirke. Gleichwohl sei die Betrachtung weder in der Konferenz 2010 noch in den davor liegenden Konferenzen lediglich auf Offiziere für die Schiffselektronik-Verwendung beschränkt worden. In der Konferenz 2009 seien drei Offiziere für den Laufbahnwechsel ausgewählt worden, von denen ein Offizier für die Verwendung als Schiffselektronik-Offizier geeignet gewesen sei; die beiden weiteren übernommenen Offiziere seien Logistiker und Schiffstechniker gewesen. Die beiden in der Konferenz 2010 auf 2011 zurückgestellten Offiziere (Kapitänleutnant S. und Kapitänleutnant V.) seien im Personalmanagement bzw. im Marinefliegerdienst/Luftfahrzeugelektronik tätig. Der einzige in der Auswahlkonferenz 2010 in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes übernommene Offizier (Kapitänleutnant B.) gehöre dem Geburtsjahrgang 1969 an.
15 Das Personalamt der Bundeswehr - ZAPF 3 Recht - hat dem Senat eine Stellungnahme seiner Abteilung III 3 vom 10. Mai 2011 vorgelegt, dass Kapitänleutnant B. auf Grund mehrjähriger sehr erfolgreicher Tätigkeit als Waffentechnischer Offizier einer seegehenden Einheit (Fregatte) am 10. August 2006 durch den Kommandanten der Fregatte „Karlsruhe“ die Eignung zum Schiffselektronik-Offizier zuerkannt worden sei; diese Zuerkennung stelle - neben mehrjähriger praktischer Erfahrung - eine Voraussetzung für die Verwendung als Schiffselektronik-Offizier in der Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes dar. Die schriftliche Zuerkennungsentscheidung des Kommandanten der Fregatte „Karlsruhe“ vom 10. August 2006 hat das Personalamt dem Senat ebenfalls übersandt.
16 Dem Antragsteller sind im gerichtlichen Verfahren die Unterlagen der Auswahlkonferenz vom 22. April 2010 und die Liste der Konferenzteilnehmer übermittelt worden.
17 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - 1085/10 - und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A - D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
18 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
19 1. Die Sachanträge des Antragstellers sind nur teilweise zulässig.
20 a) Der Aufhebungs- und Verpflichtungs- bzw. Neubescheidungsantrag ist im Ergebnis zulässig. Der Antragsteller wendet sich mit diesem Antrag formal gegen den Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 6. Mai 2010 (und gegen den ihn bestätigenden Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 2. August 2010); mit dem Ausgangsbescheid ist der Antragsteller über die Ablehnung seines Antrags auf Laufbahnwechsel vom 13. Juli 2009 unterrichtet worden. Inhaltlich sieht sich der Antragsteller vor allem in seinem Recht auf eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung verletzt. Diese Auswahlentscheidung wurde in der Auswahlkonferenz für den Laufbahnwechsel von Offizieren des militärfachlichen Dienstes in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes der Marine am 22. April 2010 beim Personalamt der Bundeswehr (Auswahlkonferenz 2010) nach Erörterung und Beratung in der Konferenz durch den Abteilungsleiter III beim Personalamt der Bundeswehr getroffen (vgl. das Konferenzprotokoll vom 27. April 2010 mit zwei Anlagen, die das „Ergebnis der Laufbahnwechselkonferenz 2010“ und die „Liste der Konferenzteilnehmer“ mit ihren Dienststellen und Funktionen enthalten). Auf diese Auswahlentscheidung nimmt auch der Bescheid des Personalamts vom 6. Mai 2010 Bezug (siehe dort Bezug Nr. 4).
21 Der Senat hat mit Beschluss vom 27. April 2010 - BVerwG 1 WB 39.09 - (Buchholz 449 § 3 SG Nr. 57) zu einer Konkurrentenstreitigkeit um die Besetzung eines höherwertigen Dienstpostens entschieden, dass sich der Rechtsschutz auf die Auswahlentscheidung konzentriere, weil dort - und nicht in den Personalmaßnahmen zu deren Umsetzung - die eigentliche materielle Entscheidung getroffen werde. Das gilt nach der Rechtsprechung des Senats entsprechend für Entscheidungen, die in einer Auswahlkonferenz für den Laufbahnwechsel von Offizieren des militärfachlichen Dienstes in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes ergehen (Beschlüsse vom 23. November 2010 - BVerwG 1 WB 3.10 und BVerwG 1 WB 5.10 -). Der Aufhebungs- und Verpflichtungsantrag des Antragstellers ist daher sachrecht dahin auszulegen, dass er beantragt, nicht nur den Bescheid des Personalamts vom 6. Mai 2010 und den Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 2. August 2010, sondern vor allem auch die in der Auswahlkonferenz 2010 getroffene Auswahlentscheidung des Abteilungsleiters III beim Personalamt der Bundeswehr aufzuheben und den Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, dem Antrag des Antragstellers auf Übernahme in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes zu entsprechen.
22 Der vom Antragsteller formulierte Hilfsantrag ist gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 4, 2. Alternative WBO in der Form zulässig, dass der Antragsteller für den Fall fehlender Spruchreife der Sache die Verpflichtung des Bundesministers der Verteidigung begehrt, über den Antrag auf Wechsel in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Eine darüber hinausgehende „Zurückverweisung“ der Sache an den Vorgesetzten oder an die Dienststelle, dessen/deren Ausgangsentscheidung angefochten wird, sieht die Wehrbeschwerdeordnung nicht vor.
23 b) Der Feststellungsantrag ist unzulässig.
24 Soweit der Antragsteller pauschal die Nichtigkeit der gesamten Richtlinie vom 21. November 2007 festgestellt wissen will, ist dieser Antrag unzulässig, weil eine vom Einzelfall losgelöste allgemeine Nachprüfung von Anordnungen, Erlassen oder Verwaltungsvorschriften des Bundesministers/Bundesministeriums der Verteidigung auf ihre Rechtmäßigkeit im Sinne eines Normenkontrollverfahrens im Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung nicht zulässig ist (stRspr, Beschlüsse vom 25. Oktober 2000 - BVerwG 1 WB 84.00 - BVerwGE 112,133 = Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 41, vom 27. Mai 2009 - BVerwG 1 WB 18.09 - und vom 14. Dezember 2010 - BVerwG 1 WB 30.10 - Rn. 13).
25 Sofern der Feststellungsantrag einschränkend nur auf die vom Antragsteller beanstandete Regelung in Nr. 3.4 (Abs. 2 Satz 2) der Richtlinie zu beziehen sein sollte, wonach die Teilnahme am Auswahlverfahren innerhalb der vorgegebenen Altersgrenzen nur einmal wiederholt werden kann, ist zu berücksichtigen, dass die Anfechtung von Anordnungen bzw. Erlassen ausnahmsweise in Betracht kommt, wenn und soweit sich deren Regelungen nicht (nur) an die Vorgesetzten des betroffenen Soldaten oder an andere Dienststellen der Bundeswehr richten, sondern konkret und unmittelbar an den betroffenen Soldaten in eigener Person (vgl. Beschlüsse vom 30. Oktober 1991 - BVerwG 1 WB 2.91 - NZWehrr 1992, 72, vom 19. Dezember 2001 - BVerwG 1 WB 69.01 - und vom 19. Juni 2002 - BVerwG 1 WB 26.02 -). Die vom Antragsteller angefochtene Regelung richtet sich unmittelbar an die Bewerber für den hier strittigen Laufbahnwechsel; diesen ist es - unabhängig von einem Vorschlag des zuständigen Disziplinarvorgesetzten - gestattet, ihre Teilnahme am Auswahlverfahren nach Nr. 1204 ZDv 20/7 und nach Nr. 1.2 der Richtlinie auch selbst zu beantragen. Damit kann der in Nr. 3.4 der Richtlinie geregelte Ausschluss einer dritten Bewerbung unmittelbar in Rechte der betroffenen Offiziere auf Wahrung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs und ihrer Chancengleichheit eingreifen.
26 Der auf diese Bestimmung reduzierte Feststellungsantrag ist aber deshalb unzulässig, weil nach der gem. § 23a Abs. 2 WBO entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO die Feststellung der Rechtswidrigkeit nicht begehrt werden kann, soweit der Antragsteller seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage - hier insbesondere durch einen Anfechtungs- oder Verpflichtungsantrag - verfolgen kann oder hätte verfolgen können. (stRspr, vgl. zuletzt Beschluss vom 1. März 2011 - BVerwG 1 WB 57.10 - Rn. 8 m.w.N.). Der Antragsteller kann die Rechtmäßigkeit der Regelung in Nr. 3.4 (Absatz 2 Satz 2) der Richtlinie im Rahmen eines Anfechtungs- und Verpflichtungsantrags gerichtlich prüfen lassen, wenn seine Bewerbung unter Hinweis auf diese Bestimmung abgelehnt werden sollte.
27 Insofern fehlt dem Antragsteller für diesen Feststellungsantrag zur Zeit auch das erforderliche Feststellungsinteresse, denn er hat am Auswahlverfahren 2010 als Erstbewerber teilgenommen und ist in der Auswahlkonferenz 2010 betrachtet worden.
28 c) Soweit sich der Antrag des Antragstellers gegen die Auswahlentscheidung des Abteilungsleiters III beim Personalamt richtet, sind die Vorraussetzungen für die Vorlage des Verfahrens an das Bundesverwaltungsgericht erfüllt. (§ 21 Abs. 1 Satz 1 WBO). Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - hat in seinem Beschwerdebescheid vom 2. August 2010 über die Frage der Rechtmäßigkeit des Bescheids des Personalamts vom 6. Mai 2010 und der vom Antragsteller mit der Beschwerde ausdrücklich angegriffenen Auswahlentscheidung entschieden.
29 2. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er in der Sache jedoch unbegründet.
30 Die Entscheidung des Abteilungsleiters III beim Personalamt der Bundeswehr vom 22. April 2010, den Antragsteller nicht für den Wechsel von der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes auszuwählen, und die entsprechende Mitteilung des Personalamts vom 6. Mai 2010 sind in der Gestalt des Beschwerdebescheids des Bundesministers der Verteidigung vom 2. August 2010 rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Übernahme in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes; er kann auch keine neue Entscheidung über seinen Antrag vom 13. Juli 2009 verlangen.
31 Ein Soldat hat keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung. Das gilt auch für die Entscheidung über die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes bzw. über einen Laufbahnwechsel im Wege der Übernahme (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 11. Dezember 2003 - BVerwG 1 WB 24.03 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 236.110 § 6 SLV 2002 Nr. 1> m.w.N., vom 17. Februar 2009 - BVerwG 1 WB 76.08 - und zuletzt vom 23. November 2010 - BVerwG 1 WB 3.10 und 1 WB 5.10 -). Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Über die Verwendung eines Soldaten entscheidet der zuständige Vorgesetzte, sofern hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht, nach seinem pflichtgemäßen Ermessen (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 25. September 2002 - BVerwG 1 WB 30.02 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 30> und vom 10. Oktober 2002 - BVerwG 1 WB 40.02 - jeweils m.w.N.). Diese Ermessensentscheidung kann vom Wehrdienstgericht nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des ihm insoweit zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 114 VwGO). Die gerichtliche Überprüfung richtet sich dabei auch darauf, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung im Wege der Selbstbindung in Verwaltungsvorschriften (wie z.B. Erlassen oder Richtlinien) festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind (vgl. Beschluss vom 27. Februar 2003 - BVerwG 1 WB 57.02 - BVerwGE 118, 25 <27> = Buchholz 252 § 23 SBG Nr. 2 <insoweit nicht veröffentlicht in NZWehrr 2003, 212>). Solche Maßgaben ergeben sich im vorliegenden Fall insbesondere aus Kap. 12 der „Bestimmungen für die Beförderung und für die Einstellung, Übernahme und Zulassung von Soldatinnen und Soldaten“ vom 27. März 2002 (ZDv 20/7, Neudruck Januar 2008) sowie aus der Richtlinie vom 21. November 2007.
32 a) Die Ablehnung des Antrags auf Laufbahnwechsel weist keine formellen Fehler auf.
33 aa) Es kann offen bleiben, ob der Ausgangsbescheid des Personalamts vom 6. Mai 2010 entgegen § 39 Abs. 1 VwVfG keine hinreichende Begründung enthält. Jedenfalls weist der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung, in dessen Gestalt die Entscheidungen des Personalamts und des Abteilungsleiters III überprüft werden (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), eine ausführliche Begründung der Ablehnung des Antrags auf Laufbahnwechsel auf. Damit ist ein eventuell vorliegender Begründungsmangel nachträglich und rechtzeitig geheilt worden (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG; Beschlüsse vom 27. Juli 2006 - BVerwG 1 WB 22.06 - Rn. 46 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 38 und vom 29. Januar 2008 - BVerwG 1 WB 10.07 - Rn. 38 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 449 § 3 SG Nr. 42>).
34 bb) Ohne Erfolg beanstandet der Antragsteller das Versäumnis des Personalamts, dass entgegen Nr. 3.2 Abs. 2, 6. Spiegelstrich, Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie die nicht-ständigen Mitglieder der Auswahlkonferenz nicht spätestens sechs Wochen vor der Durchführung der Konferenz im Intranet der Bundeswehr bekannt gegeben worden sind. Aus diesem formellen Mangel ist eine Verletzung geschützter Rechte des Antragstellers im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO nicht herzuleiten. Eine derartige Rechtsverletzung macht der Antragsteller auch selbst nicht geltend. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die nicht-ständigen Mitglieder der Auswahlkonferenz keinen rechtlich relevanten Einfluss auf das Auswahlergebnis und damit auf subjektive Rechte der Bewerber nehmen können. Nr. 3.2 Abs. 2 der Richtlinie regelt in den Spiegelstrichen 1 bis 5 das Vorsitz- und Entscheidungsrecht des Abteilungsleiters der jeweils zuständigen Abteilung im Personalamt der Bundeswehr, außerdem Beratungs- und Beteiligungsrechte für Dezernatsleiter der jeweils zuständigen Abteilung, für Vertreter des jeweiligen Führungsstabes als Bedarfsträger, für Vertreter der Unterabteilung PSZ I im Ministerium und für die militärische Gleichstellungsbeauftragte im Personalamt der Bundeswehr. Derartige Entscheidungs- und Mitwirkungsrechte sind jedoch nicht vorgesehen für die „weiteren Personen, die mit Aufgaben der Personalführung oder -bearbeitung betraut sind“, die als nicht-ständige Mitglieder nach Maßgabe des Amtschefs des Personalamts bzw. des Vorsitzenden an der Konferenz teilnehmen dürfen. Dementsprechend enthält auch die Anlage 2 zum Konferenzprotokoll vom 27. April 2010 in der Liste der Konferenzteilnehmer bei dem als Protokollführer eingesetzten Offizier und bei den sechs letztgenannten Teilnehmern aus Dezernaten der Abteilungen III und IV des Personalamts keine Angaben über das Entscheidungsrecht, Stimmrecht oder Beteiligungsrecht, das hingegen bei den übrigen Teilnehmern vermerkt ist. Damit reduziert sich das Teilnahmerecht der nicht-ständigen Mitglieder der Auswahlkonferenz sowohl nach der Regelung in der Richtlinie als auch nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis - wie hier in der Auswahlkonferenz 2010 - auf ein schlichtes Anwesenheitsrecht. Das Recht zur Entscheidung über die Auswahl für den Laufbahnwechsel steht ausschließlich dem zuständigen Abteilungsleiter des Personalamts zu (Nr. 3.2 Abs. 4 der Richtlinie). Die nicht-ständigen Mitglieder der Konferenz haben mithin keine Rechtsposition wie die Prüfer mit eigener Beratungs- und (Mit-) Entscheidungskompetenz in einem Prüfungsgremium, deren rechtzeitige Mitteilung ein Prüfungskandidat verlangen kann, um ggf. Einwände gegen deren Person, insbesondere in Hinblick auf den Aspekt der Unbefangenheit, gelten machen zu können (vgl. VGH Kassel, Urteil vom 13. Dezember 1991 - 7 UE 3113/88 - NVwZ-RR 1992, 628 = juris Rn 22).
35 cc) Die Auswahlentscheidung des Abteilungsleiters III ist entgegen der Annahme des Antragstellers auch in der erforderlichen Weise dokumentiert.
36 Das Konferenzprotokoll vom 27. April 2010 stellt in Verbindung mit den Ausführungen des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - im Beschwerdebescheid eine hinreichende Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen dar.
37 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - BVerfGK 11, 398 = NVwZ 2007, 1178 = ZBR 2008, 169) folgt bei beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus ausdrücklich auf Verwendungsentscheidungen. Der Senat hat deshalb eine entsprechende Verpflichtung zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen auch für Entscheidungen angenommen, die ein Konkurrenzverhältnis um eine höherwertige militärische Verwendung betreffen (Beschlüsse vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41, vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50 und vom 13. April 2011 - BVerwG 1 WB 21.10 -). Zu den Auswahlentscheidungen, die am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG bzw. des § 3 Abs. 1 SG auszurichten sind, gehören auch die Entscheidungen über einen Laufbahnaufstieg (BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Dezember 2008 - 2 BvR 2571/07 - NVwZ 2009, 389 = juris Rn. 10) und über die militärische Laufbahnzulassung bzw. den Laufbahnwechsel (Beschluss vom 28. Oktober 2008 - BVerwG 1 WB 32.08 - Rn. 25). Für den hier strittigen Laufbahnwechsel ist das Bundesministerium der Verteidigung im Übrigen in Nr. 3.2 Abs. 5 der Richtlinie eine Selbstbindung dahin eingegangen, sich bei der Betrachtung der Bewerber in der Auswahlkonferenz - abgesehen von Aspekten des Bedarfs - an den Maßstäben der Eignung, Befähigung und Leistung zu orientieren. Insoweit besteht die Verpflichtung zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen für Entscheidungen, die am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG erfolgen, auch dann, wenn die konkrete Maßnahme nicht mit einer Veränderung des Status verbunden ist und daher nicht von dem Amtsbegriff der Art. 33 Abs. 2 GG erfasst wird (ebenso: VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Juli 2010 - 13 L 718/10 - juris Rn. 19 ff).
38 Zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen ist primär die Stelle verpflichtet, die für die zu treffende Auswahlentscheidung zuständig ist. Im Hinblick auf die in § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 WBO verankerte umfassende Kontroll- und Abänderungskompetenz kann die Dokumentationspflicht aber auch von der gemäß § 9 Abs. 1 WBO zuständigen Beschwerdestelle erfüllt werden, wenn und soweit sie eine eigene Sachentscheidung trifft (vgl. dazu im Einzelnen: Beschlüsse vom 27. Januar 2010 - BVerwG 1 WB 52.08 - Rn. 33 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 54 und vom 23. Februar 2010 - BVerwG 1 WB 36.09 - Rn. 27 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 17>). Art und Umfang der Dokumentation richten sich nach den Umständen des Einzelfalls. In der Regel erfolgt die Dokumentation in einem Auswahlvermerk oder in Gestalt eines Protokolls der zuständigen Auswahlkonferenz (vgl. Beschlüsse vom 27. Januar 2010 - BVerwG 1 WB 52.08 - a.a.O. Rn. 34 f und vom 23. Februar 2010 - BVerwG 1 WB 36.09 -).
39 Nach diesen Maßstäben ist die angefochtene Auswahlentscheidung hinreichend dokumentiert.
40 Nach Nr. 3.2 Abs. 4 der Richtlinie trifft der zuständige Abteilungsleiter des Personalamts die Entscheidung darüber, wer für den Wechsel in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes ausgewählt wird. Das ist hier für den Bereich der Marine der Abteilungsleiter III (seinerzeit: Kapitän zur See K.). Der Abteilungsleiter III hat in Nummern 2 bis 4 des Konferenzprotokolls vom 27. April 2010 die wesentlichen Auswahlerwägungen für die Auswahl des Kapitänleutnants B. und für die Zurückstellung der Kapitänleutnante S. und V. dargelegt und ausgeführt, dass für die Auswahlkonferenz 2010 insgesamt 21 Anträge zum Laufbahnwechsel aus den Jahrgängen 1966 bis 1970 (laut Anlage 1) vorgelegen hätten. Die bilanzierte Strukturlage in den Jahrgängen 1966 bis 1968 sowie den Vorjahren weise bereits erhebliche Überhänge aus. Die Struktur der Jahrgänge 1969 und jünger habe im Mittel bereits weitgehend die Personalstrukturmodell-Obergrenze erreicht, so dass aus struktureller Betrachtung nur sehr zurückhaltende Übernahmen geboten gewesen seien. Dem habe ein unmittelbarer Bedarf an Schiffselektronik-Offizieren für Bordverwendungen gegenüber gestanden. Dieser Bedarf habe durch einen Offizier mit hervorragendem Leistungsbild gedeckt werden können. Zwei überaus leistungsstarke Offiziere aus dem Jahrgang 1979 (richtig: 1970) seien aufgrund eines prognostizierten Bedarfs im Jahr 2011 für die Auswahlentscheidung 2011 zurückgestellt worden.
41 Mit diesem Inhalt ermöglicht das Konferenzprotokoll - auch unter Berücksichtigung der zulässigen ergänzenden Ausführungen im Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung (Seiten 8 - 10) - eine sachgerechte Kontrolle der Auswahlentscheidung. Aus den Ausführungen des Abteilungsleiters III und des Bundesministers der Verteidigung geht unmissverständlich hervor, dass für die getroffene Entscheidung maßgeblich war, dass für den Geburtsjahrgang des Antragstellers bereits weitgehend die Obergrenze nach dem Personalstrukturmodell erreicht war, so dass ein struktureller Bedarf im Ergebnis nicht bejaht worden ist; andererseits ist ausschlaggebend gewesen, dass für das Auswahljahr 2010 ein besonderer unmittelbarer Bedarf an Schiffselektronik-Offizieren für Bordverwendungen bestand, der durch einen Offizier mit hervorragendem Leistungsbild gedeckt werden konnte, der über die insoweit benötigte Qualifikation verfügte. Die beiden zurückgestellten Offiziere sind aufgrund ihres Beurteilungsbildes ausgewählt worden.
42 b) Die getroffene Auswahlentscheidung ist auch materiell rechtmäßig.
43 Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Abteilungsleiter III den Antragsteller nicht für den angestrebten Laufbahnwechsel ausgewählt hat.
44 aa) Für die getroffene Auswahlentscheidung konnten - neben § 6 Abs. 2 Satz 1 SLV - das Kapitel 12 der ZDv 20/7 und insbesondere die Richtlinie vom 21. November 2007 als Rechtsgrundlagen herangezogen werden. Das Auswahlverfahren für den Wechsel von der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes bedurfte entgegen der Auffassung des Antragstellers keiner normativen Regelung im Soldatengesetz bzw. in der Soldatenlaufbahnverordnung.
45 Nach § 27 Abs. 1 SG und § 93 Abs. 1 Nr. 2 SG werden Vorschriften über die Laufbahnen der Soldaten nach den Grundsätzen des § 27 Abs. 2 bis Abs. 6 SG durch Rechtsverordnung der Bundesregierung erlassen. Diese Verordnungsermächtigung trägt dem Vorbehalt des Gesetzes gemäß Art. 80 Abs. 1 GG in dem erforderlichen Umfang Rechnung. Gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es nicht erforderlich, dass die Ermächtigung in ihrem Wortlaut so genau wie nur irgend möglich formuliert und gefasst ist; sie hat von Verfassungs wegen hinreichend bestimmt zu sein. Danach kann zur Klärung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung der Sinnzusammenhang der Norm mit anderen Bestimmungen und das von der gesetzlichen Regelung insgesamt verfolgte Ziel (auch unter Heranziehung der Entstehungsgeschichte) der Norm berücksichtigt werden. Die Bestimmtheitsanforderungen im Einzelnen sind von den Besonderheiten des jeweiligen Regelungsgegenstandes sowie der Intensität der Maßnahme abhängig; geringere Anforderungen sind vor allem bei vielgestaltigen Sachverhalten zu stellen oder wenn zu erwarten ist, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse alsbald ändern werden (BVerfG, Beschluss vom 20. Oktober 1981 - 1 BvR 640/80 - BVerfGE 58, 257 <277 f.>).
46 Die Verordnungsermächtigung in § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 bis Abs. 6 SG, auf deren Grundlage die Soldatenlaufbahnverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Juni 2007 (BGBI I S. 1098), zuletzt geändert durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Soldatenlaufbahnverordnung vom 16. Juni 2011 (BGBl I S. 1095), durch die Bundesregierung erlassen worden ist, begegnet bei Anlegung dieser Maßstäbe keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Solche hat auch der Antragsteller nicht vorgetragen. § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 bis Abs. 6 SG legt Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung für die Regelungen der Laufbahnen der Soldaten in der Soldatenlaufbahnverordnung fest. Der Inhalt der Ermächtigung erstreckt sich auf die Verwirklichung des Laufbahnprinzips im soldatischen Dienstrecht. Das Laufbahnprinzip gibt dem in Art. 33 Abs. 2 GG festgelegten Grundsatz der Bestenauslese für Soldaten insoweit Konturen, als es von den Bewerbern, die für bestimmte soldatische Verwendungsbereiche nach ihrer zivilen Vor- und Ausbildung ausgewählt worden sind, regelmäßig weitere militärisch geprägte Ausbildungsmaßnahmen verlangt, die zur Erlangung der Laufbahnbefähigung in der jeweiligen Laufbahn - und ggf. vor Beförderungen - erfolgreich abgeschlossen werden müssen (Eichen in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Auflage, 2010, § 27 Rn. 9). Hinsichtlich des Zwecks und des Ausmaßes der Ermächtigung dokumentiert § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 SG hinreichend deutlich, dass der Zugang zu den Laufbahnen der Unteroffiziere und der Offiziere vorrangig den Regelbewerbern eröffnet sein soll, deren Verwendung und Werdegangsgestaltung sich in der Laufbahn vollzieht, für die sie eingestellt und ausgebildet werden. Außerdem ermöglicht die Ermächtigung in § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 SG für die Laufbahnen der Offiziere die Laufbahnzulassung in Gestalt des vertikalen Laufbahnwechsels (Begriff bei Dolpp/Weniger, Soldatenlaufbahnverordnung, 7. Auflage 2009, § 6 Rn. 609) durch den Aufstieg aus den Laufbahnen der Unteroffiziere in die Laufbahnen der Offiziere. Die wesentlichen Regelungen für den Zugang zur Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes sind in § 3 SLV i.V.m. §§ 23 ff. SLV für Regelbewerber und in § 29 SLV für Aufstiegsbewerber aus den Laufbahnen der Unteroffiziere getroffen worden.
47 Für den hier strittigen Laufbahnwechsel aus der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes fordert § 6 Abs. 2 Satz 1 SLV als einzige normative Bestimmung lediglich die Befähigung des Bewerbers für die neue Laufbahn. Einer weitergehenden normativen Regelung bedarf dieser horizontale Laufbahnwechsel entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht. Mit der Konzentration auf spezifische Regelungen für die Einstellung und für den Aufstieg in die Laufbahnen der Offiziere hat der Gesetzgeber in § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 bis Abs. 6 SG klar zum Ausdruck gebracht, dass der horizontale Laufbahnwechsel insbesondere mit Rücksicht auf die unterschiedliche fachliche Ausgestaltung der verschiedenen Laufbahnen der Offiziere eine Ausnahme darstellen soll und von Gesetzes wegen nicht für erforderlich gehalten wird. Wenn der Bundesminister der Verteidigung ausnahmsweise zusätzlich den Zugang zur Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes im Rahmen eines horizontalen Wechsels aus der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes eröffnet, erweitert er zugunsten der Soldaten, die - anders als die Regel- und Aufstiegsbewerber - bereits Offiziere sind, deren Verwendungsmöglichkeiten. Das stellt eine im Wesentlichen vom Ermessen des Bundesministers der Verteidigung getragene Verwendungsregelung dar, die über die gesetzlichen Anordnungen zum Laufbahnzugang hinausgeht. Es ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Bundesminister der Verteidigung die Zulassung eines horizontalen Wechsels in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes lediglich im Erlasswege in Kapitel 12 der ZDv 20/7 und in der Richtlinie vom 21. November 2007 geregelt hat.
48 bb) Ob speziell die Beschränkung der Bewerbungsmöglichkeiten für den strittigen Laufbahnwechsel in Nr. 3.4 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie einer normativen Rechtsgrundlage bedarf, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden. Diese Frage ist wehrdienstgerichtlich erst dann zu prüfen, wenn sich der Antragsteller insoweit auf die Verletzung von geschützten individuellen (Bewerbungsverfahrens-)Rechten im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO berufen kann. Diese Voraussetzung ist zur Zeit nicht erfüllt, weil der Antragsteller am Auswahlverfahren 2010 als Erstbewerber teilgenommen hat.
49 cc) In Nr. 1.1 der Richtlinie wird einleitend hervorgehoben, dass der Bedarf an Offizieren des Truppendienstes grundsätzlich über Einstellung und Ausbildung für diese Laufbahn gedeckt wird. Lediglich besonders qualifizierten Offizieren des militärfachlichen Dienstes wird die Möglichkeit eines Laufbahnwechsels in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes eingeräumt. Grundsätzlich steht der horizontale Laufbahnwechsel in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes unter dem Vorbehalt eines entsprechenden Personalbedarfs. Gemäß Nr. 1201 ZDv 20/7 können Offiziere in der Laufbahn des militärfachlichen Dienstes bei Bedarf in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes übernommen werden. Gemäß Nr. 1.3 der Richtlinie ist bei der Auswahl für den Laufbahnwechsel die Gesamtaltersstruktur in der Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes im jeweiligen Uniformträgerbereich zu berücksichtigen; entsprechenden Bedarf an Offizieren des Truppendienstes im Geburtsjahrgang vorausgesetzt, bestehen gemäß Personalstrukturmodell 2010 pro Geburtsjahrgang für die Uniformträgerbereiche Heer neun, Luftwaffe vier und Marine zwei Übernahmemöglichkeiten. Höhere Übernahmezahlen sind bedarfsabhängig möglich.
50 Im Sinne dieser ermessensbindenden Verwaltungsvorschriften, die gegenüber dem einzelnen Soldaten Außenwirkung über den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG erlangen, hat ein Bedarf, speziell den Antragsteller in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes zu übernehmen, nicht vorgelegen.
51 Nach Nr. 1205 ZDv 20/7 kann der strittige Laufbahnwechsel nur von Soldaten beantragt werden, die mindestens 39 und höchstens 45 Jahre alt sind; im Fall des Antragstellers war deshalb auf die Daten der Jahrgänge 1964 bis 1970 abzustellen. Dazu hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - im Beschwerdebescheid und erneut in der Vorlage an den Senat vorgetragen, dass in diesen Geburtsjahrgängen 1964 bis 1970 insgesamt einem Personal-Soll von 402 Offizieren ein Personal-Ist von 441 Offizieren gegenüber steht. Seine hieraus gezogene Schlussfolgerung, dass das im Geburtsjahrgang des Antragstellers (1970) zwar bestehende Fehl von neun Offizieren (Soll: 57, Ist: 48) durch die Nachbarjahrgänge mehr als ausgeglichen werde, ist vor dem Hintergrund rechtlich nicht zu beanstanden, dass für die Auswahl die Gesamtaltersstruktur in der Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes zu berücksichtigen ist. Der Antragsteller selbst bestreitet nicht die Angabe des Bundesministers der Verteidigung, die im Übrigen in gleicher Weise vom Abteilungsleiter III im Konferenzprotokoll vom 27. April 2010 betont wird, dass die bilanzierte Strukturlage bis zum Geburtsjahrgang 1968 erhebliche Überhänge ausweist. Die Einschätzung des Abteilungsleiters III, dass die Struktur der Jahrgänge 1969 und jünger im Mittel bereits weitgehend die Obergrenze nach dem Personalstrukturmodell 2010 erreicht habe, so dass aus struktureller Betrachtung nur sehr zurückhaltende Übernahmen geboten seien, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
52 Nach ständiger Rechtsprechung ist die von der zuständigen militärischen Stelle ermittelte Bedarfslage wehrdienstgerichtlich nicht überprüfbar.
53 Bei der Frage, welchen Bedarf die Bundeswehr in den einzelnen Verwendungsbereichen und Geburtsjahrgängen hat, handelt es sich nicht um einen der gerichtlichen Nachprüfung unterliegenden unbestimmten Rechtsbegriff. Eine derartige Bedarfsermittlung dient vielmehr der Verwirklichung planerischer Vorstellungen und ist eine organisatorische Maßnahme, mit deren Hilfe das Bundesministerium der Verteidigung die erforderlichen und verfassungsrechtlich zulässigen Aufgaben der Bundeswehr realisieren will. Bei solchen planerischen Vorstellungen und organisatorischen Maßnahmen handelt es sich um Zweckmäßigkeitsfragen, die - wenn sie ein dienstliches Bedürfnis für eine bestimmte Verwendung eines bestimmten Soldaten begründen oder ausschließen - bei der richterlichen Kontrolle einzelner Personalmaßnahmen, außer bei Rechtsverstößen, als vorgegeben hingenommen werden müssen. Es gehört nicht zu den Aufgaben der Wehrdienstgerichte, ihre Vorstellungen über die Organisation der Streitkräfte an die Stelle derjenigen der dazu berufenen Organe zu setzen (vgl. Beschlüsse vom 14. Juni 2006 - BVerwG 1 WB 47.05 -Rn. 25 m.w.N., vom 21. Juli 2010 - BVerwG 1 WB 19.10 - und vom 23. November 2010 - BVerwG 1 WB 3.10 und 1 WB 5.10 -).
54 Die Ablehnung eines generellen Bedarfs für das Auswahljahr 2010 konnte nicht nur auf den Aspekt der Grenzen des Personalstrukturmodells 2010 gestützt werden, sondern auch auf die noch nicht absehbaren strukturellen Folgen des Dienstrechts-Neuordnungsgesetzes. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats dürfen die zuständigen militärischen Stellen die Laufbahnzulassung von Gesichtspunkten des Bedarfs und der Personalstruktur abhängig machen. Es stellt ein berechtigtes Anliegen der Personalführung dar, dem Truppendienst nur dann weitere Offiziere aus anderen Laufbahnen zuzuführen, wenn hierfür - auch unter dem Blickwinkel der Herstellung einer günstigen Altersstruktur in der jeweiligen Ausbildungs- und Verwendungsreihe - ein Bedarf besteht und die Verwendung dieser Offiziere in der neuen Laufbahn sichergestellt ist (Beschlüsse vom 30. November 2004 - BVerwG 1 WB 13.04 - und vom 23. November 2010 - BVerwG 1 WB 3.10 und 1 WB 5.10 - jeweils m.w.N.).
55 Ohne Rechtsfehler hat der Abteilungsleiter III beim Personalamt seine Entscheidung über die Nichtzulassung des Antragstellers auch auf den Aspekt eines speziellen Bedarfs im Kompetenzbereich der Schiffselektronik-Offiziere gestützt. Nach Nr. 3.2 Absatz 5 der Richtlinie ist in die Betrachtung der Bewerber der personelle Bedarf in den speziellen Dienstbereichen, Werdegängen und Verwendungsbereichen der Uniformträgerbereiche einzubeziehen. Dass im Auswahljahr 2010 ein besonderer Bedarf im Kompetenzbereich der Schiffselektronik-Offiziere (insbesondere für den Einsatz auf Fregatten) bestand, ist zwischen den Verfahrensbeteiligten nicht streitig und entzieht sich - wie dargelegt - der wehrdienstgerichtlichen Überprüfung.
56 Bei der Entscheidung der Frage, ob ein Bewerber im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 SLV über die spezifische Eignung für die Verwendung als Schiffselektronik-Offizier verfügt, steht dem für die Auswahl zuständigen Abteilungsleiter III ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich auf die Prüfung, ob er den anzuwendenden Begriff der Eignung oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei betätigen kann, verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat; ferner findet eine Überprüfung der Entscheidung auf Verfahrensfehler statt (vgl. Beschlüsse vom 24. Januar 2006 - BVerwG 1 WB 9.05 - insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 449.2 § 40 SLV 2002 Nr. 1 und vom 26. Juni 2007 - BVerwG 1 WB 12.07 - Rn. 20 f. <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 449.2 § 40 SLV 2002 Nr. 3>). Bei seiner Entscheidung, Kapitänleutnant B. im Hinblick auf eine Verwendung als Schiffselektronik-Offizier auf Fregatten als geeigneter für die Laufbahnzulassung als den Antragsteller einzuschätzen, hat der Abteilungsleiter III die Grenzen dieses Beurteilungsspielraums nicht überschritten. Insbesondere ist er von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Er hat festgestellt, dass Kapitänleutnant B. am 10. August 2006 durch den Kommandanten der Fregatte „Karlsruhe“ die Eignung zum Schiffselektronik-Offizier zuerkannt bekommen hat; er hat berücksichtigt, dass diese im militärischen Dienst der Marine erworbene Qualifikation - anders als eventuelle zivilberufliche Qualifikationen - eine wesentliche Voraussetzung für die Verwendung als Schiffselektronik-Offizier in der Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes darstellt (vgl. Stellungnahme des Personalamts - III 3 - vom 10. Mai 2011). Über diese spezifische Qualifikation, die der ausgewählte Offizier obendrein an Bord einer Fregatte erworben hat, verfügt der Antragsteller unstreitig nicht. Der Abteilungsleiter III war insoweit entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht verpflichtet, Kompensationsmöglichkeiten für die fehlende Borderfahrung des Antragstellers zu prüfen. Das gilt unabhängig davon, dass der ausgewählte Offizier nicht dem Geburtsjahrgang des Antragstellers, sondern dem Jahrgang 1969 angehört. Wenn ein für die spezifische Verwendung als Schiffselektronik-Offizier auf Fregatten geeigneter Bewerber in einem der bewerbungsberechtigten Jahrgänge vorhanden ist, bestehen derartige Prüfungsverpflichtungen für den Vorgesetzten, der die Auswahl mit Blick auf die Gesamtalterstruktur im jeweiligen Uniformträgerbereich zu treffen hat, nicht. Der spezielle Bedarf für Bewerber mit der Qualifikation für den Kompetenzbereich Schiffselektronik-Offizier ist ebenso wie der strukturelle generelle Bedarf - wie dargelegt - wehrdienstgerichtlich nicht überprüfbar.
57 c) Ohne Erfolg beanstandet der Antragsteller die Entscheidung des Abteilungsleiters III, die Entscheidung über den Laufbahnwechsel der Kapitänleutnante S. und V. vom Auswahljahr 2010 auf das Jahr 2011 zurückzustellen.
58 Insoweit ist bereits zweifelhaft, ob dem Antragsteller das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zusteht. Sein Rechtsschutzbegehren betrifft allein die von ihm angestrebte Laufbahnzulassung im Auswahljahr 2010. Die zugunsten der beiden genannten Offiziere getroffene Zurückstellungsentscheidung berührt keine geschützten Rechte des Antragstellers im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO; insbesondere hat sie keine rechtlichen Auswirkungen auf die Zulassungsentscheidung des Abteilungsleiters III für das Auswahljahr 2010. Die Zurückstellung bewirkt für die betroffenen Offiziere lediglich eine Verschiebung der Auswahlentscheidung um ein Jahr, ohne die Auswahlchancen der übrigen Bewerber für das Auswahljahr 2010 zu schmälern; sie befreit die zurückgestellten Offiziere von einer erneuten Bewerbung (wenn auch nicht von der Notwendigkeit einer aktuellen Laufbahnbeurteilung) und rechnet die Zurückstellung nicht als Wiederholung der Bewerbung (Nr. 3.4 der Richtlinie). Erst wenn dem Antragsteller in einem Folgejahr eine weitere Bewerbungsmöglichkeit vorenthalten würde, käme insoweit eine mögliche Verletzung seiner individuellen (Bewerbungsverfahrens-)Rechte und ein diesbezügliches Rechtsschutzbedürfnis in Betracht.
59 Davon abgesehen weist die Zurückstellungsentscheidung des Abteilungsleiters III keine Rechts- oder Ermessensfehler auf.
60 Für die Entscheidung über die Zurückstellung ist nach Nr. 3.4 Absatz 1 der Richtlinie der Vorsitzende der Auswahlkonferenz zuständig. In die ihm nach dieser Vorschrift obliegende Ermessensentscheidung über die einzelfallbezogene Zurückstellung kann zulässigerweise der Aspekt der Nr. 1203 ZDv 20/7 einbezogen werden, Offiziere mit herausragendem Eignungs- und Leistungsbild auch bei aktuell fehlendem strukturellen oder speziellen Bedarf einer möglichen späteren Laufbahnzulassung zu erhalten. Dabei hat der Abteilungsleiter III ersichtlich aus den Konferenzunterlagen das herausragende Beurteilungsbild der zurückgestellten Offiziere aus der aktuellen planmäßigen Beurteilung zum 31. März 2010 berücksichtigt. Danach verfügt Kapitänleutnant V. über einen Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung von 8,22; Kapitänleutnant S. hat einen Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung von 7,90 erreicht. Demgegenüber weist der Antragsteller in der planmäßigen Beurteilung zum 31. März 2010 lediglich einen Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung von 7,67 auf. Ohne Rechtsfehler hat der Abteilungsleiter III ausweislich der Nr. 4 des Konferenzprotokolls vom 27. April 2010 in Hinblick auf diese belegte Leistungsstärke die beiden genannten Offiziere für seine Zurückstellungsentscheidung ausgewählt. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass eine Auswahlentscheidung ausschließlich und ausschlaggebend auf einen Leistungsvorsprung gestützt werden kann, der durch eine planmäßige Beurteilung belegt wird (Beschlüsse vom 13. April 2011 - BVerwG 1 WB 21.10 - und vom 19. Mai 2011 - BVerwG 1 WB 28.10 -).
61 Abschließend weist der Senat darauf hin, dass Nr. 1.3 der Richtlinie keine verbindliche Verpflichtung für die jeweils zuständigen Abteilungsleiter beim Personalamt enthält, die zugelassenen Übernahmemöglichkeiten in den Uniformträgerbereichen vollständig auszuschöpfen. Hierbei handelt es sich, wie bereits der Wortlaut dokumentiert, lediglich um Möglichkeiten der Zulassung des Laufbahnwechsels, die ihrerseits aber durch den speziellen und strukturellen Bedarf im Geburtsjahrgang determiniert sind.