Beschluss vom 23.04.2020 -
BVerwG 4 BN 9.20ECLI:DE:BVerwG:2020:230420B4BN9.20.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.04.2020 - 4 BN 9.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:230420B4BN9.20.0]

Beschluss

BVerwG 4 BN 9.20

  • VGH München - 19.12.2019 - AZ: VGH 1 N 17.1236

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. April 2020
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Decker und Prof. Dr. Külpmann
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Dezember 2019 wird zurückgewiesen.
  2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2 1. Die Revision ist nicht wegen Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.

3 Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten, ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Daran fehlt es.

4 Die Beschwerde entnimmt dem Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005 - 4 BN 61.05 - (juris Rn. 3) den Rechtssatz, dass eine Veränderungssperre nach § 14 Abs. 1 BauGB als Sicherungsmittel ausscheidet, wenn sich das aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt, wenn der beabsichtigte Bauleitplan einer positiven Planungskonzeption entbehrt und der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind, oder wenn rechtliche Mängel schlechterdings nicht behebbar sind. Eine Negativplanung, die sich darin erschöpft einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht für den Erlass einer Veränderungssperre nicht aus (BVerwG, Urteil vom 30. August 2012 - 4 C 1.11 - BVerwGE 144, 82 Rn. 10). Dieser Obersatz liegt dem angegriffenen Urteil zugrunde (UA Rn. 21). Die Beschwerde wirft dem Verwaltungsgerichtshof vor, die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Rechtssätze falsch angewendet zu haben und hinter dem erforderlichen Prüfungsprogramm zurückgeblieben zu sein. Eine solche, im Stil eines zulassungsfreien Rechtsmittels vorgetragene Kritik führt nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (stRspr, vgl. BVerwG Beschlüsse vom 3. September 2019 - 4 B 33.19 - juris Rn. 9 und vom 19. September 2018 - 2 B 11.18 - juris Rn. 4 m.w.N.).

5 Die Beschwerde wendet sich ferner gegen die Auffassung, die Antragsgegnerin verfolge als zulässiges bauplanerisches Ziel, für die Öffentlichkeit und den Tourismus bedeutende Flächen der Bodenspekulation zu entziehen (UA Rn. 22). Sie benennt indessen keinen abstrakten Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts, dem die Vorinstanz widersprochen haben soll. Der allein in Bezug genommene Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005 - 4 BN 61.05 - äußert sich nicht zur Verhinderung von Bodenspekulationen durch die Bauleitplanung.

6 2. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

7 a) Der Verwaltungsgerichtshof hat den räumlichen Geltungsbereich der Veränderungssperre für hinreichend bestimmt gehalten. Dass die Planzeichnung als Datum "Stand 01.07.2016" ausweise, während § 2 der Satzung auf einen Lageplan vom "27.7.2016" verweise, sei ein offensichtlicher Schreibfehler. Denn es sei nur einziger Planungsentwurf vorhanden. Weitere Planfassungen lägen nicht vor (UA Rn. 19). Die Beschwerde sieht insoweit den Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO und die Amtsermittlungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO verletzt.

8 Diese Rüge bleibt ohne Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Aufstellungsbeschluss des Marktgemeinderates vom 12. Juli 2016 zur Kenntnis genommen (UA Rn. 19). Gegenstand dieses Beschlusses war der Planentwurf, den die Antragstellerin als Anlage AS 22 zu ihrem Schriftsatz vom 26. November 2019 vorgelegt hatte. Warum es einer ausdrücklichen Behandlung dieses Entwurfs bedurft hätte, legt die Beschwerde nicht dar. Sie macht insbesondere nicht geltend, dass der räumliche Umgriff des am 12. Juli 2016 beschlossenen Planentwurfs von der Planzeichnung abgewichen sei und daher Zweifel am Geltungsbereich der Veränderungssperre hätte wecken können. Einen Anlass für eine weitere Tatsachenaufklärung zeigt die Beschwerde gleichfalls nicht auf. Im Übrigen legt sie nicht - wie geboten - dar, welche weiteren Aufklärungsmaßnahmen insoweit in Betracht gekommen wären (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO <n. F.> Nr. 26 S. 14 f. und vom 14. Oktober 2019 - 4 B 27.19 - ZfBR 2020, 173 Rn. 19).

9 b) Die Beschwerde macht geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe sich mit dem Sachvortrag zu Interessenkonflikten nicht befasst und so den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Einen Verfahrensfehler legt sie damit nicht dar.

10 Wird eine Gehörsrüge darauf gestützt, dass das Tatsachengericht relevantes Vorbringen übergangen habe, bedarf es der Darlegung, welches Vorbringen das Gericht nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen hat und unter welchem denkbaren Gesichtspunkt das nicht zur Kenntnis genommene oder nicht erwogene Vorbringen für die Entscheidung hätte von Bedeutung sein können (stRspr, BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 35.13 - NVwZ 2015, 656 Rn. 42 insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 8). Dieser Darlegungsobliegenheit genügt die Beschwerde nicht, die pauschal auf vier Schriftsätze nebst Anlagen verweist.

11 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.