Urteil vom 24.02.2021 -
BVerwG 9 A 8.20ECLI:DE:BVerwG:2021:240221U9A8.20.0

Straßenrechtliche Planfeststellung (A 20 Schleswig-Holstein)

Leitsätze:

1. Unter der Geltung des UVPG 2010 war der Begriff des Klimas nur im Sinne des standortbezogenen lokalen Klimas zu verstehen. Erst gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 UVPG in der Fassung vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808) ist Schutzgut im Sinne des Gesetzes auch das großräumige Klima.

2. Die Art. 6, 7, 8 und 14 der völkerrechtlichen Biodiversitätskonvention (BGBl. II 1993 S. 1741) entfalten keine rechtliche Wirkung wie eine innerstaatliche Norm.

3. Die Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet nicht zu einer abwägungsrelevanten trassenorientierten Prüfung, ob ein Vorhaben zu einer Beeinträchtigung grundwasserabhängiger Landökosysteme führt.

4. Mikroplastikpartikel von Reifenabrieb und Fahrbahnmarkierungen, die über die Straßenentwässerung in Gewässer gelangen können, sind nach geltender Rechtslage kein Bewertungsparameter für den Gewässerzustand.

  • Rechtsquellen
    UmwRG § 4 Abs. 1a und 1b, Abs. 3 Satz 2, § 6
    VwVfG §§ 46, 75 Abs. 1a
    WRRL Art. 4 Abs. 1
    WHG § 46
    UVPG § 2 Abs. 1 Nr. 3
    UVPG 2010 § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
    Biodiversitätskonvention Art. 6, 7, 8, 14

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 24.02.2021 - 9 A 8.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:240221U9A8.20.0]

Urteil

BVerwG 9 A 8.20

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. Februar 2021
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Martini und Dr. Dieterich sowie
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Sieveking und
Prof. Dr. Schübel-Pfister
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

  1. Der Planfeststellungsbeschluss vom 27. April 2017 für den Neubau der Bundesautobahn A 20, Nord-West-Umfahrung Hamburg Teil A (A 7 bis B 206 westlich Wittenborn) und Teil B (Autobahnkreuz A 7/A 20) in der Fassung der Protokollerklärungen aus der mündlichen Verhandlung vom 6. und 7. November 2018 ist rechtswidrig und nicht vollziehbar.
  2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme eventueller außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen.

Gründe

I

1 Die Kläger sind Eheleute und bewohnen gemeinsam das Anwesen "Hof ..." in der Gemeinde S. Die Hofstelle steht im Alleineigentum der Klägerin. Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 27. April 2017 für den Neubau der A 20 Nord-West-Umfahrung Hamburg im Abschnitt 4 westlich Wittenborn bis zur Kreuzung mit der A 7 (PFB Teil A) sowie für den Bau des Autobahnkreuzes A 20/A 7 (PFB Teil B). Das Autobahnkreuz war ursprünglich als Teil des westlich anschließenden Planfeststellungsabschnitts 5 vorgesehen und wurde mit Beginn des Planfeststellungsverfahrens dem Abschnitt 4 zugeordnet. Das Projekt gehört zum Gesamtvorhaben des Baus einer Autobahn von Lübeck in Richtung Westen bis zur Elbquerung mit einem Tunnelbauwerk bei Drochtersen und von dort weiter auf niedersächsischem Gebiet. Das Gesamtvorhaben ist im Bedarfsplan des Bundes in der Stufe des vordringlichen Bedarfs ausgewiesen und Bestandteil des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V). Die Trassenwahl für den streitgegenständlichen Abschnitt folgt der Linienbestimmung des damaligen Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen vom 28. Juli 2005.

2 In dem Beschluss ist vorgesehen, das im Alleineigentum der Klägerin stehende Flurstück ... Gemarkung S. (Gesamtfläche 32 168 m²) im Umfang von 22 122 m² dauerhaft und im Umfang von 1 325 m² vorübergehend in Anspruch zu nehmen. Diese Fläche liegt nicht im Bereich des Hofanwesens, sondern direkt an der Trasse im südöstlichen Quadranten des geplanten Autobahnkreuzes.

3 Ursprünglich sah der Beklagte im Anschluss an die bereits unter Verkehr befindlichen Abschnitte 1 und 2 von Lübeck bis Weede den Fortgang von Planung und Bau in Richtung von Ost nach West vor. Der Planfeststellungsbeschluss zum Abschnitt 3 (Ortsumfahrung Bad Segeberg) wurde durch Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 u.a. - (BVerwGE 148, 373) gegenüber den dortigen Klägern für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt. In der Folgezeit ließ der Vorhabenträger zur Vorbereitung eines Planergänzungsverfahrens für den Abschnitt 3 verschiedene Varianten einer weiträumigeren Südumfahrung von Bad Segeberg näher untersuchen. Diese Varianten führen nicht zum Anschluss an das östliche Ende des streitgegenständlichen Abschnitts bei Wittenborn, sondern verlaufen weiter südlich und treffen erst etwa auf Höhe der Ortschaft Todesfelde auf die Vorzugstrasse des hiesigen Abschnitts. Wegen der für den Abschnitt 3 entstandenen Verzögerung entschloss sich der Beklagte, die Planungsreihenfolge zu ändern. Er strebte an, den Abschnitt 4 vorzeitig zu verwirklichen; durch kleinere Änderungen des Planfeststellungsbereichs sollte die Verkehrswirksamkeit des Abschnitts hergestellt werden. Die vom Vorhabenträger eingereichten Unterlagen wurden im Zuge des Planfeststellungsverfahrens mehrfach aktualisiert und ergänzt.

4 Mit Beschluss vom 27. April 2017 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau der A 20 Nord-West-Umfahrung Hamburg im Abschnitt 4 fest. Die Frist für die öffentliche Bekanntmachung des Planfeststellungsbeschlusses endete am 14. August 2017. Mit Schriftsatz vom 10. September 2017, eingegangen bei Gericht am 11. September 2017, haben die Kläger Klage erhoben.

5 Sie halten die Umweltverträglichkeitsprüfung in mehrfacher Hinsicht für mangelhaft und sind der Auffassung, auch die Variantenuntersuchung zum Autobahnkreuz aus dem Jahre 2006 hätte ausgelegt werden müssen. Sie rügen die unterbliebene Öffentlichkeitsbeteiligung für die umfangreichen, erst während des Klageverfahrens vorgelegten Ergänzungen zum wasserrechtlichen Fachbeitrag und halten den Planfeststellungsbeschluss auch materiell für nicht vereinbar mit den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie. Sie beanstanden ferner die Planrechtfertigung, kritisieren die Behandlung des Habitatschutzrechts in etlichen Punkten und monieren zum Artenschutzrecht dessen unzureichende Prüfung im Linienbestimmungsverfahren, ferner insbesondere die Bestandserfassung von Fledermäusen und Vögeln sowie die Behandlung der Amphibien. Die Alternativenprüfung halten sie für fehlerhaft. Ihre Lärmschutz- und Luftreinhaltebelange seien ebenso wie die Einwirkungen auf die Entwässerung des Hofanwesens und ihre hofeigenen Brunnen nicht hinreichend berücksichtigt worden.

6 Die Kläger beantragen,
den Planfeststellungsbeschluss vom 27. April 2017 für den Neubau der Bundesautobahn A 20, Nord-West-Umfahrung Hamburg, Teil A (A 7 bis B 206 westlich Wittenborn) und Teil B (Autobahnkreuz A 7/A 20) in der Fassung der Protokollerklärungen aus der mündlichen Verhandlung vom 6. und 7. November 2018 aufzuheben,
hilfsweise: festzustellen, dass der angefochtene Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.

7 Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

8 Er verteidigt den Beschluss und tritt dem Vorbringen der Kläger im Einzelnen entgegen.

9 Im gerichtlichen Verfahren hat er ergänzende Unterlagen zum wasserrechtlichen Fachbeitrag vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung vom 6. und 7. November 2018 hat er den Plan durch mehrere Protokollerklärungen geändert. Das Vorhaben darf nunmehr östlich der Anschlussstelle Hartenholm erst verwirklicht werden, wenn der Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt 3 vollziehbar ist und gegen dessen Vollziehbarkeit kein fristgerecht gestellter Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt oder ein entsprechender Antrag im gerichtlichen Verfahren zurückgewiesen worden ist. Ferner hat der Beklagte für die Ausführung der Entwässerungsplanung nunmehr zusätzlich die Einhaltung der Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten in der neuesten Fassung (RiStWag 2016) aufgegeben. Zudem sind die näher bezeichneten Regenrückhaltebecken vorgeschalteten Absetzbecken durch Retentionsbodenfilter zu ersetzen, wobei sicherzustellen ist, dass der Grundwasserflurabstand zur Beckensohle bei mittlerem Höchststand des Grundwasserspiegels mindestens 0,5 m beträgt.

10 Aufgrund der mündlichen Verhandlung hat der Senat durch Urteil vom 27. November 2018 (- 9 A 8.17 - BVerwGE 163, 380) den angegriffenen Planfeststellungsbeschluss im Parallelverfahren zweier Umweltvereinigungen im Hinblick auf Fehler bei der Behandlung des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots sowie des Habitatschutz- und Artenschutzrechts für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt. Der Beklagte ist daraufhin in ein Planergänzungsverfahren eingetreten.

11 Das damals noch unter dem Aktenzeichen 9 A 10.17 geführte Verfahren der Kläger hat der Senat mit Beschluss vom 27. November 2018 in entsprechender Anwendung des § 94 VwGO bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in dem Verfahren C-535/18 zum Vorlagebeschluss des Senats vom 25. April 2018 (- 9 A 16.16 - DVBl 2018, 1418) ausgesetzt; hierbei hat der Senat seine vorläufige Einschätzung aufgrund der mündlichen Verhandlung festgehalten (Beschluss vom 27. November 2018 - 9 A 10.17 - juris, im Folgenden: Hinweisbeschluss). Die Aussetzung erfolgte im Hinblick auf die dem Europäischen Gerichtshof vorgelegte Fragestellung, ob und inwieweit sich auch Privatkläger auf Verstöße gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot nach Art. 4 der Wasserrahmenrichtlinie berufen können.

12 Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum Vorlagebeschluss des Senats durch Urteil vom 28. Mai 2020 - C-535/18 [ECLI:​EU:​C:​2020:​391] - ist das Verfahren unter dem jetzigen Aktenzeichen wiederaufgenommen und die nunmehrige Vorhabenträgerin beigeladen worden. Die Beteiligten haben auf Durchführung einer erneuten mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 101 Abs. 2 VwGO).

II

13 Die zulässige Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Planfeststellungsbeschluss leidet hinsichtlich der Behandlung des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots an einem erheblichen Verfahrensfehler (C), auf den sich die Kläger berufen können (D) und der die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses zur Folge hat (E). Im Übrigen weist der Planfeststellungsbeschluss keine für die Kläger rügefähigen (A) und fristgerecht geltend gemachten (B) weiteren Verfahrensmängel (F) oder materielle Fehler (G) auf.

14 A. Die Kläger sind in unterschiedlichem Umfang rügebefugt:

15 Dem Planfeststellungsbeschluss kommt, da er Grundlage der nachfolgenden Enteignung ist (§ 19 Abs. 1 FStrG), enteignungsrechtliche Vorwirkung zu. Daher hat die Klägerin, die von der Planung als Grundstückseigentümerin in Anspruch genommen wird, nach Art. 14 Abs. 1 GG Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sogenannter Vollüberprüfungsanspruch), soweit der geltend gemachte Fehler für die Inanspruchnahme ihres Grundstücks kausal ist (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 24 und vom 26. November 2020 - 9 A 6.20 - juris Rn. 16).

16 Der nicht enteignungsbetroffene Kläger kann hingegen nur die Verletzung ihn schützender Normen des materiellen Rechts und des Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung seiner geschützten Belange geltend machen. Zu den in diesem Sinne rügefähigen Belangen gehören Lärm und Luftreinhaltung, die Beeinträchtigung von privaten Trinkwasserbrunnen, die Entwässerungsverhältnisse des von ihm mitbewohnten Hofanwesens, die Gefahr von Überschwemmungen und die Verschlechterung der Sichtverhältnisse durch Aufschüttungen (vgl. BVerwG, Hinweisbeschluss vom 25. April 2018 - 9 A 16.16 - DVBl 2018, 1426 Rn. 6). Auf all dies kann sich auch die enteignungsbetroffene Klägerin berufen.

17 Aus § 1 HöfeO ergibt sich für den Kläger keine Erweiterung seiner Rügebefugnis. Nach § 1 Abs. 1 HöfeO ist Hof im Sinne dieses Gesetzes eine land- oder forstwirtschaftliche Besitzung mit einer zu ihrer Bewirtschaftung geeigneten Hofstelle, die im Alleineigentum einer natürlichen Person oder im gemeinschaftlichen Eigentum von Ehegatten (Ehegattenhof) steht oder zum Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft gehört. Wenn die Besitzung Ehegatten gehört, ohne nach Absatz 1 Ehegattenhof zu sein, so wird sie gemäß § 1 Abs. 2 HöfeO Ehegattenhof, wenn beide Ehegatten erklären, dass sie ein solcher sein soll, und wenn diese Eigenschaft im Grundbuch eingetragen wird. Danach liegt hier kein Ehegattenhof vor.

18 B. Die fristgerecht vorgelegte Klagebegründung (§ 6 Satz 1 UmwRG) umfasst die Schriftsätze der Kläger vom 10. September 2017, vom 10. Oktober 2017 sowie vom 1. November 2017. Das Vorbringen in den zahlreichen späteren Schriftsätzen ist jeweils nur insoweit berücksichtigungsfähig, als es sich um lediglich vertiefenden, bereits innerhalb der Klagebegründungsfrist angelegten Vortrag handelt. Die am 20. November 2017 endende zehnwöchige Klagebegründungsfrist ist durch die fristgerechte Klageerhebung in Gang gesetzt worden.

19 Gemäß § 6 Satz 1 und 2 UmwRG hat eine Person oder eine Vereinigung innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Klageerhebung die zur Begründung ihrer Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben; Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf dieser Frist vorgebracht werden, sind grundsätzlich nur zuzulassen, wenn die Verspätung entschuldigt ist (§ 6 Satz 3 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Auf die Frage, ob eine Zulassung verspäteten Vorbringens das Verfahren konkret verzögern würde, kommt es nicht an. Die Frist kann nach § 6 Satz 4 UmwRG (nur) dann auf Antrag verlängert werden, wenn die Person oder die Vereinigung in dem vorangegangenen Verwaltungsverfahren keine Möglichkeit der Beteiligung hatte.

20 Diese Regelung war bei Erhebung der Klage im September 2017 vorrangig gegenüber früher normierten fachgesetzlichen Klagebegründungsfristen anzuwenden (s. etwa § 17e Abs. 5 FStrG a.F.; anders jetzt ausdrücklich der auf den vorliegenden Fall noch nicht anwendbare § 17e Abs. 5 Satz 6 FStrG n.F.). Der Zweck der Klagebegründungsfrist besteht darin, zur Straffung des Gerichtsverfahrens beizutragen, indem der Prozessstoff zu einem frühen Zeitpunkt handhabbar gehalten wird. Schon innerhalb der Begründungsfrist hat der Kläger grundsätzlich den Prozessstoff festzulegen und Beweismittel für einen späteren förmlichen Beweisantrag bereits anzugeben, was späteren lediglich vertiefenden Tatsachenvortrag nicht ausschließt. Über die Klagebegründungsfrist ist nicht nach § 58 VwGO zu belehren (s. zu alledem näher BVerwG, Urteil vom 27. November 2018 - 9 A 8.17 - BVerwGE 163, 380 Rn. 14).

21 C. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an einem Verfahrensfehler. Bei der wasserrechtlichen Prüfung ist die Öffentlichkeit nicht ordnungsgemäß beteiligt worden.

22 1. Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. L 327 S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 der Richtlinie 2014/101/EU der Kommission vom 30. Oktober 2014 (ABl. L 311 S. 32) - im Folgenden: Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) - enthält nicht nur zwingende Vorgaben des materiellen Rechts, die bei der Zulassung eines Projekts - auch im Rahmen der Planfeststellung eines fernstraßenrechtlichen Vorhabens nach § 17 FStrG - strikt beachtet werden müssen (vgl. EuGH, Urteil vom 1. Juli 2015 - C 461/13 [ECLI:​EU:​C:​2015:​433] - Rn. 50 f.; BVerwG, Urteile vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - BVerwGE 156, 20 Rn. 160 und vom 30. November 2020 - 9 A 5.20 - juris Rn. 34), sondern darüber hinaus auch Vorgaben für das behördliche Zulassungsverfahren.

23 Danach sind die zuständigen Behörden verpflichtet, im Laufe des Genehmigungsverfahrens, und somit vor dem Erlass einer Entscheidung, zu prüfen, ob das Projekt negative Auswirkungen auf die Gewässer haben kann, die den Pflichten zuwiderliefen, die Verschlechterung des Zustands der Oberflächen- und Grundwasserkörper zu verhindern und diesen Zustand zu verbessern. Die diesbezüglichen Angaben hat der Vorhabenträger der Planfeststellungsbehörde vorzulegen; sie müssen so beschaffen sein, dass die Auswirkungen des Projekts auf die Gewässer anhand der insbesondere in Art. 4 Abs. 1 WRRL vorgesehenen Kriterien und Pflichten geprüft werden können. Die Informationen sind sodann der betroffenen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Zwar müssen die Informationen nicht unbedingt in einem einzigen Dokument enthalten sein, doch muss die Öffentlichkeit jedenfalls anhand der ihr zugänglich gemachten Unterlagen einen genauen Überblick über die Auswirkungen erhalten können. Unvollständige Akten oder unzusammenhängend in einer Vielzahl von Dokumenten verstreute Angaben sind hierfür ungeeignet (EuGH, Urteil vom 28. Mai 2020 - C-535/18 - Rn. 76 und 80 ff.; BVerwG, Urteil vom 30. November 2020 - 9 A 5.20 - juris Rn. 35).

24 2. Diese Anforderungen sind hier nicht erfüllt. Der für das Vorhaben in den Jahren 2015/2016 erstellte Fachbeitrag zur Wasserrahmenrichtlinie (im Folgenden: Fachbeitrag) weist bei der Prüfung sowohl der Oberflächenwasserkörper als auch der Grundwasserkörper wesentliche Defizite auf. So geht er etwa nur bei der Beschreibung des Ist-Zustands der Oberflächengewässer wasserkörperbezogen vor, nicht jedoch bei der Auswirkungsprognose. Die Messergebnisse für die Bewertung des Ist-Zustands waren teilweise schon bei Erstellung des Fachbeitrags veraltet. Eine erst im Klageverfahren nachgereichte Untersuchung stellt die biologischen Qualitätskomponenten mit gänzlich anderer Systematik und deutlich größerer Ermittlungstiefe dar. Zum vorhabenbedingten Eintrag von Schadstoffen in die Oberflächengewässer enthält der Fachbeitrag lediglich die knappe und vage Feststellung, mit Einträgen von solchen Stoffen bzw. Stoffgruppen sei nicht zu rechnen. Auch zur Grundbelastung mit Chlorid im Grundwasser fehlen quantitative Angaben. Wegen der Einzelheiten dazu wird auf das im Parallelverfahren der Umweltvereinigungen ergangene Urteil vom 27. November 2018 (- 9 A 8.17 - BVerwGE 163, 380 Rn. 23 - 40, vollständig abgedruckt in juris) Bezug genommen.

25 Darüber hinaus bedürfen bei der Prüfung des vom Vorhaben betroffenen Grundwasserkörpers nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 28. Mai 2020 (- C-535/18 - Rn. 119) die vorhabenbedingten Auswirkungen auf den chemischen Zustand des Grundwassers einer messstellenbezogenen Betrachtung; eine allein auf den Grundwasserkörper insgesamt abstellende Beurteilung entspricht nicht den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie (vgl. dazu näher BVerwG, Urteil vom 30. November 2020 - 9 A 5.20 - juris Rn. 38).

26 Die auf dieser mangelhaften Grundlage durchgeführte Öffentlichkeitsbeteiligung ist daher ebenfalls unzureichend. Die im Klageverfahren zusätzlich vorgelegten wasserrechtlichen Untersuchungen konnten diese Mängel nicht beseitigen, weil sie erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses und zudem ohne die erforderliche Beteiligung der Öffentlichkeit erstellt worden sind (vgl. auch dazu Urteil vom 27. November 2018 - 9 A 8.17 - BVerwGE 163, 380 Rn. 54 ff.).

27 Der Verfahrensfehler ist nicht gemäß § 4 Abs. 1a UmwRG i.V.m. § 46 VwVfG unbeachtlich. Zwar fällt die unterlassene Öffentlichkeitsbeteiligung zum wasserrechtlichen Verschlechterungsverbot nicht unter die in § 4 Abs. 1 UmwRG normierten absoluten Verfahrensfehler. Es steht aber nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Fehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Die Planfeststellungsbehörde selbst hat im Klageverfahren in mehrfacher Hinsicht Anlass zur Einführung neuer wasserrechtlicher Unterlagen gesehen und ist zu der Erkenntnis gekommen, dass dem Planfeststellungsbeschluss wasserrechtliche Nebenbestimmungen hinzugefügt werden sollen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass im Rahmen einer Öffentlichkeitsbeteiligung zusätzliche Gesichtspunkte zur Sprache gekommen wären, die eine (weitere) Änderung des Fachbeitrags und des Planfeststellungsbeschlusses zur Folge gehabt hätten (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2018 - 9 A 8.17 - BVerwGE 163, 380 Rn. 56).

28 D. Die Kläger können sich auf diesen beachtlichen Verfahrensfehler berufen. Auf der Grundlage der Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 28. Mai 2020 (- C-535/18 - Rn. 132) sowie vom 3. Oktober 2019 (- C-197/18 [ECLI:​EU:​C:​2019:​824] - Rn. 14 und 42) können sich diejenigen Mitglieder der Öffentlichkeit auf einen Verstoß gegen das grundwasserbezogene Verschlechterungsverbot und die hierzu erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung berufen, die in räumlicher Nähe zur geplanten Trasse über einen Trinkwasserbrunnen verfügen und zur Grundwasserentnahme und -nutzung berechtigt sind (BVerwG, Urteil vom 30. November 2020 - 9 A 5.20 - juris Rn. 43 ff.).

29 Diese Voraussetzung erfüllen die Kläger. Nach ihrer unwidersprochen gebliebenen Darlegung im Schriftsatz vom 14. August 2020 verfügt der von ihnen bewohnte Hof über zwei Brunnen, von denen einer der Bewässerung der landwirtschaftlichen Flächen und der andere der Trinkwasserversorgung dient. Die Wohnhäuser sind nicht an die öffentliche Trinkwasserversorgung angeschlossen. Nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 WHG bedarf das Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser für den Haushalt und für den landwirtschaftlichen Hofbetrieb keiner Erlaubnis oder Bewilligung. Soweit dies Grundwassernutzungen für den landwirtschaftlichen Hofbetrieb in einer Menge von über 4 000 m³ im Kalenderjahr pro Betrieb betrifft, ist gemäß § 39 des Landeswassergesetzes in der Fassung vom 13. November 2019 (GVOBl. Schl.-H. 2019 S. 425) i.V.m. § 46 Abs. 3 WHG eine Anzeige erforderlich. Hiernach sind die Kläger zumindest zur Entnahme und Nutzung von Grundwasser für ihren Haushalt und Hofbetrieb erlaubnisfrei berechtigt.

30 Der Senat hält nicht mehr an der Auffassung aus dem Hinweisbeschluss vom 27. November 2018 (- 9 A 10.17 - juris Rn. 31) fest, dass Personen nach § 61 Nr. 1 VwGO sich in entsprechender Anwendung der Regelung in § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG nur auf relative Verfahrensfehler (§ 4 Abs. 1a UmwRG) berufen können, wenn ihnen die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen worden ist. Vielmehr geht er im Anschluss an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 28. Mai 2020 (C-535/18) nunmehr davon aus, dass die Regelung in § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG auf relative Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1 UmwRG nicht anzuwenden ist (s. näher dazu das Urteil vom 30. November 2020 - 9 A 5.20 - juris Rn. 28 ff.).

31 E. Der Verfahrensfehler führt nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, sondern nur zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit, weil die Möglichkeit besteht, dass er durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann (§ 4 Abs. 1b Satz 2 Nr. 2 UmwRG i.V.m. § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG).

32 F. Weitere Verfahrensfehler liegen nicht vor. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist weder unter den Gesichtspunkten Klimawandel (1.) und biologische Vielfalt (2.) noch unter dem Aspekt der Zusammenführung der Teile A und B (3.) zu beanstanden. Die Variantenuntersuchung zum Autobahnkreuz musste nicht ausgelegt werden (4.).

33 1. Entgegen der Auffassung der Kläger war die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht deshalb mangelhaft, weil der Gesichtspunkt des Klimawandels nicht berücksichtigt worden ist. Die Aussage im Planfeststellungsbeschluss (S. 987), die Auswirkungen des Baus der A 20 auf den Klimawandel bzw. das globale Klima seien nicht Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung für das Vorhaben, verstößt nicht gegen das damals anzuwendende Recht.

34 Zwar ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 UVPG in der Fassung vom 8. September 2017 (BGBl. I S. 3370) Schutzgut im Sinne des Gesetzes unter anderem das Klima, und zu den weiteren Angaben, die der UVP-Bericht nach § 16 Abs. 3 i.V.m. Anlage 4 Ziff. 4 Buchst. b und c Doppelbuchst. gg UVPG enthalten muss, gehören Veränderungen des Klimas nicht nur durch Veränderungen des Kleinklimas am Standort, sondern zum Beispiel auch durch Treibhausgasemissionen.

35 Vorliegend ist jedoch gemäß § 74 Abs. 2 und 11 UVPG noch die Vorgängerfassung des Gesetzes vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94) - UVPG a.F. - anzuwenden, bei der der Begriff des Klimas in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UVPG a.F. allgemein eng im Sinne des standortbezogenen lokalen Klimas verstanden worden ist (Appold, in: Hoppe u.a., UVPG, 5. Aufl. 2018, § 2 Rn. 53).

36 Das Europarecht forderte für diesen Zeitraum keine großräumigere Betrachtung des Klimas. Vielmehr beruht die vorbeschriebene Erweiterung des Klimabegriffs im nationalen Recht gerade auf der Veränderung der maßgeblichen EU-Richtlinien: Sowohl Art. 3 Buchst. b UVP-RL vom 13. Dezember 2011 (ABl. L 26 S. 1) als auch die Vorgängerfassung (Art. 3, 2. Spiegelstrich der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. L 175 S. 40) verlangten lediglich in allgemeiner Form die Berücksichtigung der Auswirkungen auf das Klima bei der Umweltverträglichkeitsprüfung. Erst durch die Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 124 S. 1) wurde dies präzisiert. So enthalten die Erwägungsgründe 7 und 13 nähere Ausführungen zur Bedeutung des Themas Klimawandel und zum Zusammenhang von Klimawandel und Umweltschäden. Da vergleichbare Erwägungen der nahezu 30 Jahre älteren Richtlinie 85/337/EWG nicht vorangestellt waren, drängt sich der Schluss auf, dass sie die Auswirkungen eines Projekts auf das globale Klima (noch) nicht zum Gegenstand der vorhabenbezogenen Umweltverträglichkeitsprüfung machen wollte (BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 2015 - 4 B 59.14 - NuR 2015, 772 Rn. 42; Urteile vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 241 Rn. 180 und vom 11. Juli 2019 - 9 A 13.18 - BVerwGE 166, 132 Rn. 21 ff.).

37 Die Berücksichtigung des Klimawandels bei der Umweltverträglichkeitsprüfung war auch nicht deshalb erforderlich, weil Erwägungsgrund 23 der Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über Leitlinien der Union für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 661/2010/EU (ABl. L 348 S. 1) - TEN-Verordnung - TEN-VO - einen großräumig zu verstehenden Klimabegriff verwendet. Denn die Verordnung enthält keine zusätzlichen Anforderungen für die Zulassung von einzelnen Vorhaben. Deshalb können die Kläger auch nicht mit Erfolg das Fehlen einer sozioökonomischen Analyse nach Art. 7 Abs. 2 Buchst. c TEN-VO rügen. Die Verordnung benennt die Voraussetzungen, bei deren Einhaltung ein Vorhaben von gemeinsamem Interesse der EU vorliegt (vgl. Art. 3 Buchst. a TEN-VO), normiert jedoch keine rechtlichen Anforderungen für die Verwirklichung von Vorhaben.

38 Da der Begriff des Klimas in Art. 3 Buchst. b UVP-RL in der hier maßgeblichen Fassung, also vor der Änderung durch die Richtlinie 2014/52/EU, nicht klärungsbedürftig ist, war der Anregung der Kläger, den Europäischen Gerichtshof anzurufen, nicht zu entsprechen.

39 2. Auch im Hinblick auf das Schutzziel der biologischen Vielfalt in der UVP-Richtlinie weist die Umweltverträglichkeitsprüfung keinen Fehler auf. Die Planfeststellungsbehörde hat sich hier davon leiten lassen, dass insbesondere die Natura 2000-Gebiete sowie die nach deutschem Recht ausgewiesenen Schutzgebiete, Biotope und Biotopverbundsysteme dem Erhalt der biologischen Vielfalt dienen (PFB S. 320). In der Umweltverträglichkeitsprüfung für das Vorhaben findet sich die Betrachtung des Schutzguts der biologischen Vielfalt an zahlreichen Stellen (exemplarisch: Allgemein verständliche Zusammenfassung gemäß § 6 UVPG, S. 15 ff.; 37 f.: Schutzgüter Pflanzen/Biotope und Tiere als Bestandteil der biologischen Vielfalt; ferner S. 64 ff.: Zusammenstellung der Kompensationsmaßnahmen für verbleibende Beeinträchtigungen). Eine darüber hinausgehende gesonderte Bestandserfassung gerade für das Schutzgut der Biodiversität käme einem Forschungsvorhaben gleich und kann im Rahmen einer projektbezogenen Umweltverträglichkeitsprüfung nicht verlangt werden.

40 Bei der Biodiversitätskonvention, auf die sich die Kläger berufen, handelt es sich um einen in Bundesrecht transformierten völkerrechtlichen Vertrag (BGBl. II 1993 S. 1741). Er findet nur dann unmittelbare Anwendung, wenn seine Bestimmungen nach Wortlaut, Zweck und Inhalt geeignet und hinreichend bestimmt sind, wie eine innerstaatliche Norm rechtliche Wirkung zu entfalten, es also dafür keiner weiteren normativen Ausführung bedarf (BVerwG, Urteil vom 29. April 2009 - 6 C 16.08 - BVerwGE 134, 1 Rn. 46). Daran fehlt es bei der Biodiversitätskonvention in Bezug auf die von den Klägern angesprochenen Art. 6, 7, 8 und 14 über sektorübergreifende Pläne, Überwachungsmaßnahmen, die Einrichtung eines Systems von Schutzgebieten und die Einführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Alle diese Vorgaben bedürfen einer weiteren normativen Ausführung im nationalen Recht und stehen unter dem Vorbehalt der jeweiligen besonderen Umstände und Möglichkeiten einer jeden Vertragspartei. Im Übrigen ist die Konvention umgesetzt worden, etwa in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG a.F., wonach die Umweltverträglichkeitsprüfung die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen eines Vorhabens unter anderem auf die biologische Vielfalt umfasst (BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 152). Ferner ist die biologische Vielfalt Schutzziel gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG.

41 3. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht deshalb fehlerhaft, weil durch die Zusammenführung der ursprünglich getrennt erstellten Teile A und B der Rechtsschutz verkürzt wurde. Vorhaben im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 UVPG a.F. ist das Vorhaben im Sinne des Fachplanungsrechts (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 18 und vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 43); bei der abschnittsweisen Planfeststellung einer Fernstraße bezieht sich die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auf den jeweils planfestzustellenden Abschnitt. Vorliegend ist für die Teile A und B ein gemeinsamer Planfeststellungsantrag gestellt worden, und dadurch sind die Teile A und B zu einem einheitlichen straßenrechtlichen Vorhaben zusammengeführt worden. Da beide Teile der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Öffentlichkeit ausgelegt wurden, konnten Einwendungen in Bezug auf den gesamten Abschnitt erhoben werden. Es ist angesichts dessen nicht erkennbar, wodurch der Rechtsschutz verkürzt worden sein soll. Soweit die Kläger gegen die Zusammenführung einwenden, die Methoden zur Ermittlung der Umweltauswirkungen in Teil A und in Teil B wichen voneinander ab, was eine einheitliche Umweltverträglichkeitsprüfung unmöglich mache, setzen sie sich nicht mit der Behandlung dieser bereits im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwendungen im Planfeststellungsbeschluss (PFB S. 307, zum Schutzgut Mensch S. 351 oben, zum Schutzgut Tiere S. 353 Mitte, zum Schutzgut Boden S. 354, zum Schutzgut Wasser S. 355) auseinander (§ 6 Satz 1 UmwRG).

42 4. Die fehlende Auslegung der Variantenuntersuchung Autobahnkreuz, die der Vorhabenträger im Jahre 2006 im Zuge der Detailplanung erstellt hatte und die unter anderem auch auf einer Untersuchung "Kreuz A 20/A 7 Variantenvergleich aus Umweltgesichtspunkten" beruhte, stellt ebenfalls keinen Verfahrensfehler dar.

43 Gemäß § 9 Abs. 1b Satz 1 UVPG a.F. sind die vom Vorhabenträger vorzulegenden entscheidungserheblichen Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens (§ 6 UVPG a.F.) zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG a.F. gehört dazu auch eine Übersicht über die wichtigsten vom Träger des Vorhabens geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und die Angabe der wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Vorhabens. Verlangt wird damit die Angabe, welche Umweltauswirkungen tatsächlich untersucht und wie sie bei der Auswahl der Vorzugstrasse berücksichtigt worden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2020 - 9 A 19.19 - juris Rn. 42).

44 Diesen Vorgaben ist hier noch hinreichend entsprochen worden durch die Mitteilung der - auch umweltbezogenen - Auswahlkriterien im Erläuterungsbericht zu Teil B (dort S. 21) und im Landschaftspflegerischen Begleitplan (S. 8, 9), die beide ausgelegt worden sind. Auch wenn die Ausgestaltung des Autobahnkreuzes für das dort belegene Grundstück der Klägerin von Bedeutung ist, muss bei Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG a.F. doch berücksichtigt werden, dass durch die Variantenuntersuchung für das Autobahnkreuz nur noch seine optimierte genaue Lage anhand der schon feststehenden großräumigeren Trassenführung aus dem Linienbestimmungsverfahren ermittelt werden sollte.

45 G. Der Planfeststellungsbeschluss weist keine materiellen Rechtsfehler auf, auf die sich die Kläger berufen könnten:

46 1. Die Planrechtfertigung für das Vorhaben ist gegeben. Für den im Verfahren 9 A 9.15 streitgegenständlichen Abschnitt des Gesamtvorhabens der A 20 hat der Senat ausgeführt (Urteil vom 28. April 2016 - NVwZ 2016, 1710 Rn. 53 ff.):
"... die Planrechtfertigung ist für das im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zum Fernstraßenausbaugesetz in der Fassung vom 20. Januar 2005 (BGBl. I S. 201) - FStrAbG - dem vordringlichen Bedarf zugeordnete Vorhaben gegeben. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG entsprechen die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bauvorhaben den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG. Die Feststellung, dass ein Verkehrsbedarf besteht, ist für die Planfeststellung nach § 17 Satz 1 FStrG verbindlich (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG). Diese Bindung gilt auch für das gerichtliche Verfahren (vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Juni 1995 - 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339 <345 ff.> und vom 21. März 1996 - 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388 <390>). Danach ist das Vorbringen, für den planfestgestellten Autobahnabschnitt bestehe kein Verkehrsbedarf, durch die gesetzgeberische Entscheidung grundsätzlich ausgeschlossen.
Anhaltspunkte, dass die Bedarfsfeststellung fehlerhaft und verfassungswidrig sein könnte, bestehen nicht. Das wäre nur der Fall, wenn die Bedarfsfeststellung evident unsachlich wäre, weil es für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder auf die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlte oder sich die Verhältnisse seit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt hätten, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden könnte (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 25 ff.). Solche Gründe liegen nicht vor. Dass für die A 20 nicht von einem Wegfall des gesetzlichen Bedarfs auszugehen ist, hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 - (BVerwGE 148, 373 Rn. 26) entschieden. In diesem Verfahren hat er auch entschieden, dass der Bedarfsplan nicht deswegen gegenstandslos geworden ist, weil er entgegen § 4 Satz 1 Halbs. 2 FStrG nur unvollständig überprüft und keine strategische Umweltprüfung durchgeführt worden ist. Daran ist festzuhalten.
Die Kritik an der Verkehrsprognose für den planfestgestellten Abschnitt ist nicht geeignet, die Grundlagen der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und -überprüfung in Frage zu stellen. Die angeordnete Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung zielt darauf ab, das straßenrechtliche Planfeststellungsverfahren und damit ebenso einen anschließenden Verwaltungsprozess von einem Gutachterstreit über die 'richtigere' Verkehrsprognose zu entlasten. Dieser Zweck des § 1 Abs. 2 FStrAbG schließt es somit aus, den Abwägungsvorgang, den der Gesetzgeber auf dieser Stufe vollzogen hat, unter dem Blickwinkel fachlich zu überprüfen, ob eine andere Verkehrsprognose vorzugswürdig sein könnte."

47 Hieran hält der Senat im vorliegenden Verfahren fest. Der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen (Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 2 des Fernstraßenausbaugesetzes, BGBl. I 2016 S. 3354) verstößt entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht derart grob gegen die Klimaziele der Bundesregierung, dass im Hinblick auf Art. 20a GG die Grenze der verfassungsrechtlichen Bindung überschritten wäre. Vielmehr kommt dem Gesetzgeber ein weiter und hier nicht überschrittener Gestaltungsspielraum bei der Frage zu, wie er dem Auftrag aus Art. 20a GG gerecht werden will.

48 Die Planrechtfertigung für den hiesigen Abschnitt entfällt auch nicht aufgrund der gegenüber der ursprünglichen Linienbestimmungsentscheidung geänderten Linienbestimmung für die Weiterführung der A 20 in Niedersachsen. Diese Änderung spielt für die Planungsziele in Schleswig-Holstein keine Rolle. Mit dem Bau der A 20 in Schleswig-Holstein werden eigenständige Planungsziele verfolgt (s. Erläuterungsbericht zu Teil A, S. 16 f.), nämlich die Fortsetzung der Ostseeautobahn A 20 in Richtung Westen und deren Anbindung an das westdeutsche Straßennetz unter Umgehung der Metropole Hamburg, die Schaffung einer leistungsfähigen und großräumigen Ost-West-Verbindung im Norden der Bundesrepublik Deutschland, die Förderung und Entwicklung der verkehrlichen Wechselbeziehungen zwischen den Bundesländern Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern und die verkehrliche Entlastung der vorhandenen Fernverkehrsachsen durch eine diese Achsen verbindende Ost-West-Verbindung. Diese die Planrechtfertigung tragenden Planungsziele bleiben von der Änderung der Linienbestimmung im niedersächsischen Teil des Gesamtvorhabens unberührt.

49 Soweit die Kläger mit der Behauptung eines faktischen Vogelschutzgebiets für Zwergschwäne im Folgeabschnitt einen Planungstorso wegen unüberwindlicher Hindernisse bei Fortsetzung der Planung in Richtung Westen befürchten, wird dies schon deshalb nicht eintreten, weil bereits das jetzige Vorhaben eine Verkehrsanbindung nach Westen durch das Autobahnkreuz mit der A 7 herstellt.

50 Auch die Rüge der Kläger, die Verlängerung des hiesigen Planfeststellungsabschnitts um ca. 700 m nach Westen über das eigentliche Autobahnkreuz hinaus sei als unzulässige Vorratsplanung anzusehen, ist unbegründet. Beim Bau eines Autobahnkreuzes sind auch die Einfädelungs- und Ausfädelungsstreifen zu berücksichtigen, und der Beklagte hat zur Vermeidung eines Planungstorsos im Fall der Verzögerung der Fortsetzung nach Westen die aufschiebende Bedingung angeordnet (PFB S. 18), dass mit dem Bau dieser etwa 700 m Fahrbahnstrecke, mit dem Bau von Teilen der Verbindungsrampen und der Schleifenrampen sowie mit der Anlage des Regenrückhaltebeckens RRB 08 in diesem Bereich erst begonnen werden darf, wenn der Planfeststellungsbeschluss für den Nachbarabschnitt 5 vollziehbar ist.

51 Weitere Einwände, die die Kläger dem Gesichtspunkt der Planrechtfertigung zuordnen, betreffen die Abwägung. Dies gilt zunächst für die detaillierte Kritik an den Verkehrsuntersuchungen. Die Bedarfsfeststellung für den Bau des Vorhabens auf der Ebene der Planrechtfertigung ist durch § 1 Abs. 2 FStrAbG gesetzlich getroffen worden und bis zur Grenze eines - hier wie dargelegt nicht vorliegenden - verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbaren Missbrauchs verbindlich. Die planerische Entscheidung für den Bau der Straße und damit gegen die Nullvariante ist dagegen der planerischen Gesamtabwägung zuzuordnen, dort ist die von den Klägern bezweifelte "Bauwürdigkeit" des Projekts anhand der prognostizierten Verkehrszahlen zu behandeln. Die Festlegung der östlichen und westlichen Verfahrensgrenzen des hiesigen Abschnitts und die Frage der Sicherstellung einer eigenständigen Verkehrsbedeutung gehören zur planerischen Abwägung in Bezug auf die Abschnittsbildung.

52 2. Die Kläger kritisieren unter habitatschutzrechtlichen Aspekten (§ 34 BNatSchG) zu Unrecht die Verträglichkeitsprüfung für die FFH-Gebiete DE 2024-391 "Mittlere Stör, Bramau und Bünzau" und DE 2026-401 "Barker und Wittenborner Heide" sowie das Fehlen von Verträglichkeitsprüfungen für das FFH-Gebiet DE 2027-302 "Segeberger Kalkberghöhlen", das Vogelschutzgebiet DE 2126-401 "Kisdorfer Wohld" und das FFH-Gebiet DE 2126-391 "Wälder im Kisdorfer Wohld und angrenzende Flächen".

53 a) Der nicht eigentumsbetroffene Kläger ist insoweit insgesamt nicht rügebefugt, die Rügebefugnis der Klägerin beschränkt sich im Hinblick auf die räumliche Belegenheit ihres enteignungsbetroffenen Grundstücks auf die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Mittlere Stör, Bramau und Bünzau"; von den anderen Natura 2000-Gebieten ist dieses Grundstück so weit entfernt, dass Auswirkungen eventueller Fehler auf die Betroffenheit des Grundstücks bei der Trassenführung auszuschließen sind.

54 Wie bereits oben ausgeführt, reicht der Vollüberprüfungsanspruch des durch die Planung Enteignungsbetroffenen nur so weit, wie der geltend gemachte Fehler für die Inanspruchnahme seines Grundstücks kausal ist. Er fehlt etwa dann, wenn der geltend gemachte öffentliche Belang nur von kleinräumiger Bedeutung ist und auch seine fehlerfreie Beachtung nicht zu einer Veränderung der Planung im Bereich des Grundstücks führen würde oder wenn behauptete Mängel des Beschlusses durch schlichte Planergänzung - etwa durch Schutzmaßnahmen oder kleinräumige Trassenverschiebungen ohne Auswirkungen auf den Trassenverlauf in Höhe der enteignungsbetroffenen Grundstücke - behoben werden können (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 9. November 2017 - 3 A 3.15 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 80 Rn. 21, vom 14. März 2018 - 4 A 11.17 - juris Rn. 23 und vom 12. Juni 2019 - 9 A 2.18 - BVerwGE 166, 1 Rn. 42; Beschluss vom 20. Februar 2015 - 7 B 13.14 - NuR 2015, 634 Rn. 35). Die Rügebefugnis des Enteignungsbetroffenen zum Habitatschutzrecht beschränkt sich somit im Wesentlichen auf solche Fehler bei der Anwendung des objektiven Rechts, bei denen nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine fehlerfreie Behandlung zu einer anderen Trassenführung im Bereich des enteignungsbetroffenen Grundstücks führen würde.

55 Das beanspruchte Grundstück der Klägerin Flurstück ... der Gemarkung S. liegt unmittelbar an dem geplanten Autobahnkreuz mit der A 7 und etwa 1,5 km von dem linienförmigen FFH-Gebiet "Mittlere Stör, Bramau und Bünzau" entfernt. Die Autobahntrasse selbst berührt das FFH-Gebiet am westlichen Ende des hiesigen Abschnitts. Hier kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei einem Fehler der FFH-Verträglichkeitsprüfung eine kleinräumige Verschiebung der Autobahntrasse zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets mit Auswirkungen auf das Grundstück der Klägerin in Betracht kommt.

56 Das Vogelschutzgebiet "Kisdorfer Wohld" liegt dagegen an der der Autobahn nächstgelegenen Stelle mindestens 1,5 km südlich von der Trasse entfernt, die Entfernung des Gebiets zum maßgeblichen Grundstück der Klägerin beträgt mindestens 3 km in nordwestlicher Richtung. Unter diesen Umständen scheidet die Annahme aus, bei einer Gebietsbeeinträchtigung müsse der Beklagte eine Verschiebung der Autobahntrasse in Betracht ziehen, die zu einer Änderung der Lage des Autobahnkreuzes und damit einer veränderten Betroffenheit des enteignungsbetroffenen Grundstücks führen könnte.

57 Entsprechendes gilt für das FFH-Gebiet "Wälder im Kisdorfer Wohld und angrenzende Flächen", das südlich an das Vogelschutzgebiet anschließt, für das mehr als 10 km vom Grundstück entfernte FFH-Gebiet "Barker und Wittenborner Heide" sowie für das noch weiter östlich gelegene FFH-Gebiet "Segeberger Kalkberghöhlen". Sollte die nach dem Urteil des Senats im Parallelverfahren 9 A 8.17 vor einer Zulassung des Projekts erforderliche FFH-Verträglichkeitsprüfung für das letztgenannte Gebiet zur Notwendigkeit weiterer Schutzmaßnahmen führen, kann dem zweifellos durch Kollisionsschutzmaßnahmen für die Fledermäuse oder kleinräumige Veränderungen der Trassenführung ohne Auswirkungen auf das enteignungsbetroffene Grundstück Rechnung getragen werden.

58 b) Mit Blick auf das FFH-Gebiet "Mittlere Stör, Bramau und Bünzau" ist der Planfeststellungsbeschluss - vorbehaltlich etwaiger noch abweichender Ergebnisse in einem für das Parallelverfahren 9 A 8.17 durchzuführenden Ergänzungsverfahren zur Chloridbelastung für die Neunaugenarten - nicht zu beanstanden. Der Senat nimmt hierzu Bezug auf die (bereits im Hinweisbeschluss zitierten) Ausführungen im Urteil in dem Parallelverfahren der Umweltvereinigungen. Danach ist insbesondere die Kritik an der Gebietsabgrenzung sowie an dem Ausschluss von Beeinträchtigen der im FFH-Gebiet vorkommenden Neunaugenarten durch die Salzbelastung aus der Straßenentwässerung und an der Verneinung von Beeinträchtigungen des LRT 3260 unbegründet (vgl. im Einzelnen Urteil vom 27. November 2018 - 9 A 8.17 - BVerwGE 163, 380 Rn. 67 - 75, vollständig abgedruckt in juris).

59 3. Auch die Kritik der Kläger an der Anwendung der artenschutzrechtlichen Bestimmungen bleibt ohne Erfolg.

60 a) Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht rechtsfehlerhaft wegen einer unzureichenden artenschutzrechtlichen Prüfung im Linienbestimmungsverfahren.

61 aa) Dieser Gesichtspunkt ist nur von der Rügebefugnis der enteignungsbetroffenen Klägerin umfasst. Im Linienbestimmungsverfahren wird die großräumige Lage der Trasse festgelegt, sodass etwaige Fehler zu einer Verschonung ihres Grundstücks führen könnten.

62 bb) Es kann offen bleiben, ob die artenschutzrechtliche Prüfung im Linienbestimmungsverfahren unzureichend war, denn jedenfalls hat der Planfeststellungsbeschluss eventuelle Defizite ausgeräumt. Fehler, die die Linienbestimmung nach § 16 Abs. 1 FStrG betreffen, können nach § 15 Abs. 5 UVPG a.F. nur im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die nachfolgende Zulassungsentscheidung - also im Rahmen der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss - überprüft werden. Die Linienbestimmung nach § 16 Abs. 1 FStrG ist weder eine formelle noch eine materielle Voraussetzung der Rechtmäßigkeit der Planfeststellung; sie ist nicht auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtet, sondern hat allein verwaltungsinterne Bedeutung. Deshalb können Fehler auf dieser vorgelagerten Ebene regelmäßig im nachfolgenden Verfahren, in dem "alle Optionen noch offen sind" und "eine im Hinblick auf den Ausgang des Entscheidungsverfahrens effektive Öffentlichkeitsbeteiligung" noch möglich ist, geheilt werden (BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 31). Etwas anderes kann gelten, soweit die Prüfung der Umweltverträglichkeit gemäß § 15 Abs. 4 UVPG a.F. im nachfolgenden Verfahren ausdrücklich auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen des Vorhabens beschränkt wurde. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

63 b) Die von den Klägern gerügten Fehler bei der artenschutzrechtlichen Beurteilung des Vorhabens (§ 44 BNatSchG) führen nicht zum Erfolg der Klage. Sie sind teilweise nicht von ihrer Rügebefugnis umfasst (aa), teilweise nicht oder nur unsubstantiiert innerhalb der Klagebegründungsfrist vorgetragen (bb) und greifen im Übrigen nicht durch (cc).

64 aa) Nur die enteignungsbetroffene Klägerin hat Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf Fehler bei der Anwendung der artenschutzrechtlichen Bestimmungen, soweit diese kausal für die Inanspruchnahme ihres Grundstücks sind. Das trifft auf solche Konflikte zu, die einen räumlichen Bezug zu ihrem im Autobahnkreuz gelegenen Grundstück haben, nicht aber auf solche, bei denen aufgrund ihrer räumlichen Entfernung angenommen werden kann, dass sie durch Schutzmaßnahmen oder lediglich kleinräumige Trassenverschiebungen ohne Auswirkungen auf die Lage des Grundstücks am Autobahnkreuz ausgeräumt werden können.

65 Soweit die Klägerin die Nebenbestimmung 57 (PFB S. 76 f.) zu einer Fledermausflugstraße zwischen Marskamp und Schmalfeld beanstandet, handelt es sich zwar um eine Maßnahme, die räumlich in der Nähe des Autobahnkreuzes verortet ist; die Klägerin kritisiert aber lediglich die Ausgestaltung der Maßnahme, die der Beklagte ohne Einfluss auf die Trassenführung ändern könnte.

66 Das gleiche gilt für die allgemeine Kritik, die Schutzkonzepte für die betroffenen Vogelarten seien unzureichend, weil die CEF-Maßnahmen zur Umsiedlung von Vogelarten nicht den Nachweis verlangten, dass die neuen Lebensräume auch tatsächlich von den betroffenen Arten angenommen werden, sowie für die Kritik an der Nebenbestimmung 58 (PFB S. 77) für den Großen Brachvogel. Auch diese Maßnahmen könnten vom Beklagten unter Berücksichtigung der Einwände an derselben Stelle nachgebessert werden. Erst außerhalb der Klagebegründungsfrist und damit nicht mehr berücksichtigungsfähig (§ 6 Satz 2 und 3 UmwRG) hat die Klägerin den fehlenden funktionalen Zusammenhang der vorgesehenen Maßnahme mit dem Eingriffsbereich kritisiert.

67 bb) Weitere Rügen zur artenschutzrechtlichen Behandlung der Fledermäuse und der Vögel sind nicht Prozessstoff des Klageverfahrens geworden, weil die Klägerin die entsprechenden Tatsachen und Beweismittel nicht innerhalb der Klagebegründungsfrist des § 6 Satz 1 UmwRG angegeben hat und der Sachverhalt nicht durch das Gericht mit geringem Aufwand ermittelt werden kann (§ 6 Satz 3 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO).

68 (1) Zur Erfassung der Fledermäuse hat die Klägerin innerhalb der Klagebegründungsfrist lediglich gerügt, der untersuchte Korridor von 100 m beidseits des Eingriffsbereichs sei zu eng. Das bleibt unsubstantiiert, weil sie sich nicht mit der ausführlichen Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 453) zum Untersuchungskorridor auseinandersetzt. Eine eingehendere Thematisierung der artenschutzrechtlichen Behandlung der Fledermäuse ist erst im Schriftsatz vom 4. Juli 2018 erfolgt. Diese Tatsachen und Beweismittel können - abgesehen von der teilweise bereits fehlenden Rügebefugnis der Klägerin - gemäß § 6 Satz 2 und 3 UmwRG nicht zugelassen werden, da es sich um sachverständig unterstütztes Vorbringen handelt, welches das Gericht nicht mit geringem Aufwand selbst prüfen kann.

69 (2) Innerhalb der Klagebegründungsfrist hat die Klägerin lediglich zu den Arten Schwarzstorch, Weißstorch und Großer Brachvogel vorgetragen; andere Arten und die in den Planfeststellungsunterlagen für sie vorgesehenen CEF-Maßnahmen hat sie lediglich stichwortartig aufgezählt. Zu einzelnen Maßnahmen ist späterer Vortrag mit sachverständiger Hilfe angekündigt worden, der jedoch erst außerhalb der Klagebegründungsfrist (Schriftsatz vom 8. Juli 2018) erfolgt ist. Auch insoweit handelt es sich um sachverständig unterstütztes Vorbringen, dessen Prüfung dem Gericht nicht mit geringem Aufwand möglich ist.

70 cc) Die fristgerecht und substantiiert vorgetragenen Beanstandungen zum Artenschutzrecht, die von der Rügebefugnis der Klägerin umfasst sind, greifen nicht durch.

71 (1) Der Schwarzstorch hat nach den Feststellungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 526) im Untersuchungsraum keine Brutvorkommen; ein nur gelegentliches Aufsuchen des Raums zur Nahrungssuche sei möglich. Essentielle häufig aufgesuchte Nahrungshabitate könnten aufgrund der Entfernung der bekannten Brutplätze jedoch ausgeschlossen werden; eine besondere Gefährdung durch Straßen bestehe nach der Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr für den Schwarzstorch nicht. Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände könnten hiernach sicher ausgeschlossen werden. Mit dieser Begründung setzt sich die Klägerin in der fristgerecht vorgelegten Klagebegründung nicht auseinander, die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss sind deshalb nicht erschüttert.

72 (2) Die Rüge, das gesamte Rastvogelspektrum, vor allem der Große Brachvogel, sei nicht erfasst worden, ist unbegründet. Die Rastvögel wurden unter Bezugnahme auf die schleswig-holsteinische Arbeitshilfe zur Beachtung des Artenschutzrechts bei der Planfeststellung grundsätzlich nur bei landesweiter Bedeutung erfasst, da bei kleineren Beständen davon ausgegangen werden könne, dass sie nicht an bestimmte Rastgebiete gebunden seien und bei Störungen in andere Räume ausweichen könnten (PFB S. 475 f.). Damit setzt sich die Klagebegründung nicht auseinander. Der Große Brachvogel wurde bei den Brutvögeln erfasst und das Vorkommen von drei Brutpaaren im trassennahen Bereich angenommen; für diese sind in Nebenbestimmung 58 (PFB S. 77) Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt.

73 (3) Für die artenschutzrechtliche Behandlung der Amphibien ist die Rügebefugnis der Klägerin gegeben, soweit sich ihr Vorbringen auf Teil B des planfestgestellten Abschnitts bezieht.

74 Die Kartierungen sind noch hinreichend aktuell. Nach einer ersten Untersuchung im Jahre 2006 erfolgten für den Teil B in den Jahren 2011 und 2015 Plausibilitätsprüfungen der Biotoptypkartierungen, die die Gültigkeit der Erfassungen aus dem Jahre 2006 bestätigten, und im Juni 2016 eine erneute Habitatkartierung und Potenzialabschätzung. Die Klägerin legt nicht näher dar, warum das nicht genügen soll.

75 Die geplante CEF-Maßnahme A 16 (Nebenbestimmung 39, PFB S. 67) kann den Verlust des Lebensraums des Moorfroschs nicht kompensieren, weil die direkte Erreichbarkeit des Ersatzlebensraums für die Individuen nicht gegeben ist. Das sieht auch der Planfeststellungsbeschluss so (S. 594 unten). Er bejaht die Anerkennung der Maßnahme A 16 für den Verlust der potentiellen Fortpflanzungs- und Ruhestätte des Moorfroschs im Gewässer ST03 jedoch anschließend mit Erwägungen, die in der Sache einer Ausnahmeentscheidung (§ 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 und Satz 2 BNatSchG) nahekommen. Durch die ohnehin erforderliche Umsiedlung sei die direkte Erreichbarkeit nicht von Bedeutung. Vielmehr sei einer möglichst hohen Prognosesicherheit im Hinblick auf die Wirksamkeit der Maßnahme und einer günstigeren Lage innerhalb der lokalen Population der Vorrang einzuräumen.

76 Zwar fehlt die an dieser Stelle bei einer Ausnahmeentscheidung gemäß § 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG gebotene Alternativenprüfung. Der darin liegende Fehler ist aber nicht kausal, weil die genaue Lage des Autobahnkreuzes, an dem sich der Eingriffsort befindet, durch die "Variantenuntersuchung Autobahnkreuz" unter eingehender Abwägung auch umweltbezogener Belange festgelegt worden ist und deshalb ausgeschlossen werden kann, dass sich hieran angesichts der Prioritätensetzung des Beklagten etwas geändert hätte. Das gilt zumal deshalb, weil der Sachverständige des Beklagten in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt hat, dass es mit Blick auf die geplante vollständige Umsiedlung der Tiere nicht auf den genetischen Austausch ankommt.

77 4. Soweit die Kritik der Kläger an der verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Prüfung der Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie über die oben festgestellten Mängel hinausgeht, ist sie unbegründet.

78 a) Wegen der Behandlung der Kleingewässer wird Bezug genommen auf das Urteil vom 27. November 2018 - 9 A 8.17 - (BVerwGE 163, 380 Rn. 43 f.):
"Der Senat ist davon überzeugt, dass die Vorgehensweise des Planfeststellungsbeschlusses hinsichtlich der sogenannten Kleingewässer mit der Wasserrahmenrichtlinie vereinbar ist. Das Verfahren gibt keinen Anlass, dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorzulegen, ob Art. 4 WRRL dahin auszulegen ist, dass das Verschlechterungsverbot für alle Oberflächengewässer unabhängig von ihrer Größe gilt, und, wenn ja, ob es genügt, dass die im Einflussbereich eines Vorhabens geschützten Gewässer mit einem Einzugsgebiet von weniger als 10 km², die nicht Gegenstand eines Bewirtschaftungsplans sind, so geschützt werden, wie dies zum Schutz und zur Verbesserung der mit ihnen verbundenen größeren Gewässer notwendig ist, oder ob es erforderlich ist, dass die Gewässer selbst als Bestandteil des mit ihnen verbundenen Gewässers verstanden und nach diesen Maßstäben geschützt werden.
Die Kläger gehen zwar zutreffend davon aus, dass die Wasserrahmenrichtlinie keinen ausdrücklichen Vorbehalt bezüglich kleiner Gewässer kennt. Gleichwohl bestehen nach Auffassung des Senats weiterhin (s. bereits BVerwG, Urteil vom 10. November 2016 - 9 A 18.15 - BVerwGE 156, 215 Rn. 101 ff.) keine Zweifel daran, dass dem Verschlechterungsverbot für Kleingewässer dadurch entsprochen werden kann, dass sie so bewirtschaftet werden, dass der festgelegte Oberflächenwasserkörper die Bewirtschaftungsziele erreicht. Das im Zuge der Gemeinsamen Umsetzungsstrategie (Common Implementation Strategy - CIS) herausgegebene CIS Guidance Document No. 2, Identification of Water Bodies (2003), welches zwar nicht verbindlich ist, dem aber dennoch bei der Auslegung besonderes Gewicht zukommt, trägt dem Umstand Rechnung, dass die Wasserrahmenrichtlinie nicht auf eine vollständige Harmonisierung der wasserrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten abzielt, sondern allgemeine Grundsätze und den Handlungsrahmen aufstellt, die von den Mitgliedstaaten durch den Erlass konkreter Maßnahmen weiterzuentwickeln sind (vgl. EuGH, Urteil vom 1. Juli 2015 - C-461/13 - Rn. 34). Das CIS-Dokument erkennt die administrativen Schwierigkeiten bei der Erfassung und Unterschutzstellung dieser kleinen Gewässer. Es schlägt den einzelnen Mitgliedstaaten als eine von mehreren Möglichkeiten vor, kleine Gewässer so zu schützen und zu verbessern, wie dies zum Schutz und zur Verbesserung derjenigen (größeren) Gewässer erforderlich ist, mit denen sie unmittelbar oder mittelbar verbunden sind. Dem Verschlechterungsverbot für Kleingewässer kann mithin auch dadurch entsprochen werden, dass sie so bewirtschaftet werden, dass der festgelegte Oberflächenwasserkörper die Bewirtschaftungsziele erreicht (CIS Guidance Document No. 2, S. 13). Diesem Vorschlag entsprechend geht der Planfeststellungsbeschluss vor."

79 b) Dem Vorbringen der Kläger (zuletzt: Schriftsatz vom 14. August 2020) zur gesonderten Berücksichtigung von grundwasserabhängigen Landökosystemen kann nicht gefolgt werden.

80 Der Senat hat in seinem Hinweisbeschluss zur Behandlung der von den Klägern angesprochenen grundwasserabhängigen Landökosysteme ausgeführt (juris Rn. 24 ff.):
"Was den zweiten Kritikpunkt angeht, gehen die Kläger nach Auffassung des Senats von einem unzutreffenden Verständnis der Wasserrahmenrichtlinie in Bezug auf grundwasserabhängige Landökosysteme aus. Diesen kommt nach der Richtlinie eine wichtige Rolle bei der Beschreibung und Bewertung der Grundwasserkörper zu (vgl. Anhang II 2.1 und 2.2 sowie Anhang V 2.1.2 und 2.3 .2 WRRL). So liegt ein guter mengenmäßiger Zustand unter anderem dann vor, wenn der Grundwasserspiegel keinen anthropogenen Veränderungen unterliegt, die zu einer signifikanten Schädigung von grundwasserabhängigen Landökosystemen führen würden, und ein guter chemischer Zustand des Grundwassers setzt voraus, dass die Schadstoffkonzentrationen nicht derart hoch sind, dass die grundwasserabhängigen Landökosysteme, signifikant beschädigt werden.
Im Rahmen der Bewirtschaftungsplanung müssen die grundwasserabhängigen Landökosysteme daher erfasst und analysiert werden. Hierfür existieren inzwischen auf nationaler und europäischer Ebene verschiedene Arbeitshilfen, insbesondere verschiedene CIS-Leitfäden sowie die Handlungsempfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) zur Berücksichtigung grundwasserabhängiger Landökosysteme bei der Risikoanalyse und Zustandsbewertung der Grundwasserkörper vom 29. Februar 2012. Allein auf dieser Ebene spielt auch die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob sich die Erfassung auf die Bereiche ausgewiesener FFH- und Vogelschutzgebiete beschränken darf, die in den Handlungsempfehlungen umstritten ist, eine Rolle.
Die Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet aber entgegen der Auffassung der Kläger weder zu einer abwägungsrelevanten trassenorientierten Prüfung, ob es zu einer Beeinträchtigung grundwasserabhängiger Landökosysteme kommt, noch verbietet sie grundsätzlich deren Überbauung. Für ein solches Verständnis, das nicht nur eine umfassende Kartierung grundwasserabhängiger Landökosysteme in sämtlichen Mitgliedstaaten voraussetzen würde, sondern angesichts des weiten Begriffsverständnisses, das eine große Bandbreite von Biotopen umfasst, auch zu völlig unverhältnismäßigen Beschränkungen führen würde, fehlt jeder Anhaltspunkt in der Wasserrahmenrichtlinie. Dem steht nicht entgegen, dass Art. 1 WRRL als Ziel ausdrücklich die Vermeidung einer weiteren Verschlechterung sowie Schutz und Verbesserung des Zustands der aquatischen Ökosysteme und der direkt von ihnen abhängenden Landökosysteme und Feuchtgebiete im Hinblick auf deren Wasserhaushalt nennt. Bereits dieser Wortlaut ('im Hinblick auf deren Wasserhaushalt'), aber auch der weitere Normtext der Richtlinie machen deutlich, dass es sich hierbei um einen mittelbaren Schutz gegen Beeinträchtigungen über den Grundwasserpfad handelt".

81 Daran hält der Senat fest. Die Kläger sind der Auffassung, die Aussage im Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 28. Mai 2020 (Rn. 113), die Nichterfüllung einer Qualitätskomponente an einer einzigen Überwachungsstelle (Anhang V der WRRL, Rn. 2.4) genüge, um eine Verschlechterung des Zustands eines Grundwasserkörpers gemäß Art. 4 Abs. 1 WRRL feststellen zu müssen, erfordere einen anderen Maßstab für die Prüfung der Beeinträchtigung von grundwasserabhängigen Landökosysteme als den soeben wiedergegebenen. Das überzeugt nicht. Denn das in Bezug genommene Zitat betrifft die konkrete Prüfung des Verschlechterungsverbots nach Art. 4 Abs. 1 WRRL hinsichtlich eines Grundwasserkörpers, nicht aber die Frage, ob sich aus der Richtlinie Anhaltspunkte für einen "eigenständigen Schutz der grundwasserabhängigen Landökosysteme" ergibt, wie es den Klägern vorschwebt. Deshalb bedarf es nicht der angeregten Vorlage an den Europäischen Gerichtshof.

82 c) Auch die Aussagen des Senats im Hinweisbeschluss (juris Rn. 28) zum Kiessee bei Bark werden durch die Vorgabe im Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 28. Mai 2020 (- C-535/18 - Rn. 113) zur Betrachtung der Verschlechterung eines Grundwasserkörpers an jeder Überwachungsstelle nicht berührt. Denn die in Bezug genommenen Aussagen beziehen sich allein auf die Rüge der Kläger, der Kiessee müsse als Oberflächenwasserkörper geprüft werden. Es heißt dort:
"Die Kläger haben darüber hinaus noch gerügt, dass eine vorhabenbedingte Verschlechterung des von der Autobahntrasse durchschnittenen Kiessees Bark als Oberflächenwasserkörper nicht geprüft worden ist. Hierin liegt nach Auffassung des Senats jedoch kein Rechtsfehler. Zu Recht hat der Planfeststellungsbeschluss (S. 848) die Vorgehensweise des Fachbeitrags gebilligt, den Kiessee nicht als Oberflächenwasserkörper, sondern allein mit Blick auf das Grundwasser zu betrachten. Denn der künstlich angelegte See wird nicht durch Vorfluter gespeist und hat keine Verbindung zu einem anderen Oberflächengewässer. Diese Sichtweise ist mit der Wasserrahmenrichtlinie vereinbar. Das Verschlechterungsverbot ist nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i WRRL für Oberflächenwasserkörper im Sinne von Art. 2 Nr. 10 WRRL zu prüfen. Nach dem Wortlaut dieser Definition ist ein See, der wie der Kiessee Bark keine Verbindung zu anderen oberirdischen Gewässern hat, kein Oberflächenwasserkörper, weil er kein Abschnitt eines (größeren) Oberflächengewässers ist. Die Auffassung der Kläger, der Kiessee liege in einem Einzugsgebiet im Sinne von Art. 13 WRRL und müsse deshalb in einen Bewirtschaftungsplan aufgenommen werden, überzeugt nicht. Bereits aus der Definition des Einzugsgebiets in Art. 2 Nr. 13 WRRL ergibt sich, dass damit ein Gebiet gemeint ist, aus welchem über Ströme, Flüsse und möglicherweise Seen der gesamte Oberflächenabfluss an einer einzigen Flussmündung ins Meer gelangt. Das trifft auf einen künstlichen See, der keine Verbindung zu einer Flussmündung ins Meer aufweist, nicht zu. Für diese Sichtweise spricht auch die Zielsetzung der Richtlinie (Art. 1 Buchst. a WRRL), wonach mit dem Schutz der Binnenoberflächengewässer unter anderem auch zum Schutz der Hoheitsgewässer und der Meeresgewässer beigetragen werden soll; auch hier wird auf den funktionalen Zusammenhang zwischen den zu bewirtschaftenden Oberflächengewässern und ihrer Mündung ins Meer abgestellt."

83 d) Die Kritik der Kläger an Vorgaben zur Straßenentwässerung im Planfeststellungsbeschluss ist vom Beklagten aufgegriffen worden. Er hat dem Vorhabenträger in der mündlichen Verhandlung vom 6. und 7. November 2018 die Einhaltung der Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten in der neuesten Fassung (RiStWag 2016) sowie zusätzlich den Ersatz der den Regenrückhaltebecken vorgeschalteten Absetzbecken durch Retentionsbodenfilteranlagen aufgegeben (Anlagen 4 und 10 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 6. und 7. November 2018). Die Prüfung, welche Verbesserungen diese Anordnungen bewirken, ist Gegenstand einer nach dem Urteil des Senats im Parallelverfahren vor einem Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses mit Öffentlichkeitsbeteiligung zu erarbeitenden Ergänzung des wasserrechtlichen Fachbeitrags.

84 Mikroplastikpartikel von Reifenabrieb und Fahrbahnmarkierungen, die über die Straßenentwässerung in Gewässer gelangen können, sind nach geltender Rechtslage kein Bewertungsparameter für den Gewässerzustand. Weder die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt, ABl. L 164 S. 19) noch die Verordnungen zur Wasserrahmenrichtlinie enthalten Vorgaben für diese Partikel.

85 Ohne Erfolg bleibt die Kritik, eine eigenständige Prüfung des Eintrags von prioritären Stoffen in Oberflächenwasserkörper sei unterblieben. Der Wasserfachbeitrag enthält vielmehr die bewertungsrelevanten Angaben und Prognosen für sämtliche Stoffe, die für die Einstufung des chemischen Zustands der Oberflächengewässer nach § 6 OGewV maßgeblich sind. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung besteht nicht. Die sogenannte Phasing-Out-Verpflichtung für prioritäre Stoffe nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziff. iv i.V.m. Art. 16 Abs. 8 Satz 1 WRRL ist derzeit nicht in einer vollziehbaren Weise konkretisiert, sodass zwingende Vorgaben zur schrittweisen Verringerung nicht bestehen, und die subsidiäre Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Ergreifung eigener Maßnahmen nach Art. 16 Abs. 8 Satz 2 WRRL ist mangels Unbedingtheit und hinreichender Bestimmtheit im Erlaubnisverfahren nicht unmittelbar anwendbar (BVerwG, Urteil vom 2. November 2017 - 7 C 25.15 - Buchholz 445.41 § 27 WHG 2010 Nr. 3 Rn. 53 ff.).

86 e) Die Frage schließlich, ob das Ziel eines guten Gewässerzustands bis zum Jahre 2027 (bzw. für das Meeresgewässer gemäß § 45a Abs. 1 Nr. 2 WHG bis zum Ende des Jahres 2020) mit den im Maßnahmenprogramm nach § 82 WHG vorgesehenen Maßnahmen erreicht werden kann, ist von den Genehmigungsbehörden bei der Vorhabenzulassung wegen des Vorrangs der Bewirtschaftungsplanung grundsätzlich nicht zu prüfen (BVerwG, Urteil vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 586).

87 5. Die planerische Abwägung ist in Bezug auf die Belange der Kläger nicht zu beanstanden. Beide Kläger können der Planung ihre privaten Belange entgegensetzen, insbesondere in Bezug auf die Abwägung der Trassenvarianten sowie im Hinblick auf Lärmschutz und Luftreinhaltung. Bei alledem konnte der Senat keine Fehler erkennen.

88 a) Die Prüfung der Trassenvarianten führt nicht auf Rechtsfehler.

89 aa) Die Kläger können - wie oben bereits ausgeführt - auch die großräumige Trassenplanung zur Prüfung stellen. Der Planfeststellungsbeschluss stellt diese zunächst auf der Ebene der Linienbestimmung dar (PFB S. 702 ff.), anschließend folgt eine Aktualisierung des Variantenvergleichs auf der Ebene der Planfeststellung (PFB S. 739 ff.). Durch die Nennung von "Trassenvarianten mit Ausbau der B 5" sprechen die Kläger eine grundlegend andere Trassenführung als die Linienbestimmungstrasse an. Mit einem solchen Trassenvorschlag "ins Blaue hinein" kann die rechtliche Fehlerhaftigkeit der Linienbestimmungstrasse nicht dargetan werden.

90 bb) Fehlerfrei hat der Beklagte den Verzicht auf den Bau des Abschnitts (Nullvariante) im Wege der Abwägung verworfen. Die Bauwürdigkeit des planfestgestellten Abschnitts entfällt entgegen der Auffassung der Kläger nicht deshalb, weil die Verkehrsstärke von 18 000 Kfz/24 h nach den Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA 2008) für den Einsatzbereich des vorliegend gewählten Regelquerschnitts RQ 31 nicht erreicht wird. Für den maßgeblichen Planfall einer durchgehend gebauten Autobahn wird ein Verkehrsaufkommen von mindestens 21 200 Kfz/24 h prognostiziert. Die Kläger argumentieren demgegenüber unzutreffend mit dem Prognosefall einer nicht durchgehend gebauten Autobahn. Die Bauwürdigkeit entfällt auch nicht deshalb, weil der prognostizierte Lkw-Anteil auf dem planfestgestellten Abschnitt deutlich unter den Standardwerten für Autobahnen nach Tabelle A der Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV (tags 25 %, nachts 45 %) liegt. Der Umstand, dass ein für Autobahnen unterdurchschnittlicher Lkw-Anteil prognostiziert wird, reduziert den Abwägungsspielraum der Planfeststellungsbehörde nicht dahin, dass die Nullvariante gewählt werden müsste.

91 Zu Unrecht bringen die Kläger vor, einige von ihnen benannte Trassenvarianten seien überhaupt nicht geprüft oder fehlerhaft bereits auf der Ebene der Grobprüfung ausgeschlossen worden. Ihre Behauptung, Trassenvarianten nördlich von Bad Segeberg bzw. nördlich des Segeberger Forsts seien nicht geprüft worden, ist unzutreffend. Mit dieser schon im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendung befasst sich der Planfeststellungsbeschluss (S. 719) und begründet, weshalb eine Erweiterung des Untersuchungsraums nach Norden hin mit dem Ziel einer großräumigen nördlichen Umfahrung Bad Segebergs nicht sinnvoll ist. Damit setzen sich die Kläger nicht auseinander. Gleiches gilt für die im Planfeststellungsbeschluss beschiedenen Einwendungen zum Nordbogen über die B 205 (S. 718), zur "Schwissel-Variante" mit Nordversatz (S. 721 oben) und mit Südversatz (S. 721 f.). Die vom Planfeststellungsbeschluss (S. 708 f.) aus dem Linienbestimmungsverfahren übernommene Ablehnung einer Nordumfahrung Bad Bramstedts greifen die Kläger nur unsubstantiiert an. Es wird nicht dargetan, dass die Ablehnung der Variante rechtlich fehlerhaft ist, sondern der Auffassung Ausdruck verliehen, sie sei nicht überzeugend. Der Planfeststellungsbeschluss (S. 717 f.) behandelt ferner ausführlich die Variante eines Ausbaus der B 206 in ihrer heutigen Linienführung. Die Kritik der Kläger hieran beschränkt sich auf die Behauptung, der Hinweis des Planfeststellungsbeschlusses auf eine sehr bewegte Streckenführung, die diese Variante ausschließe, sei nicht nachvollziehbar. Die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses geht aber weiter; der genannte Hinweis ist nur eines aus einer Vielzahl von Argumenten. Damit setzen sich die Kläger nicht auseinander.

92 cc) Auch die Kritik der Kläger, kleinräumige Trassenverschiebungen, die sich zu ihren Gunsten auswirken würden, seien abwägungsfehlerhaft verworfen worden, zeigt keine Rechtsfehler der Planfeststellung auf.

93 Dies gilt zunächst für die sogenannte "Nützenbeule". Hierunter verstehen die Kläger die markante Kurve (Ausbeulung nach Süden) der A 20 unmittelbar westlich des geplanten Kreuzes mit der A 7. Diese Linienführung war bereits Gegenstand des Linienbestimmungsverfahrens und wird von der Planfeststellung bestätigt. Soweit es hierbei um die im Rahmen der Klage mit zu überprüfende Linienbestimmung geht, ist dies von der Rügebefugnis beider Kläger umfasst; auf der Ebene der Planfeststellung dagegen gehört die "Nützenbeule" zum nachfolgenden Planfeststellungsabschnitt 5.

94 Die Planfeststellung hat die Linienbestimmung in nicht zu beanstandender Weise bestätigt. Das Argument der Kläger, von der ansonsten betonten Planungsprämisse einer möglichst geradlinigen ("gestreckten") Trassenführung werde hier zu ihren Lasten abgewichen, kann nicht überzeugen. Der Beklagte hat sich in diesem Bereich abwägungsfehlerfrei für die gewählte Trassenführung entschieden, weil der Raum nordwestlich des Autobahnkreuzes A 20/A 7 einen Biotop-Schwerpunktbereich (Geestlandschaft nordöstlich Lentföhrden) darstellt und die Abweichung von einer geradlinigen Trassenführung dazu dient, den Eingriff zu minimieren (s. PFB S. 723 f.). Die gewählte Variante nimmt deutlich geringere Teile des Biotop-Schwerpunktbereichs in Anspruch und meidet dessen wertgebende Flächen. Eine nach Norden verschobene Trassierung unmittelbar südlich der Schmalfelder Au würde durch die Parallellage zur Niederung zu einer erheblichen Beeinträchtigung durch Lärm und visuelle Störungen in den Niederungsbereichen führen, Feuchtgebiete an der Ohlau gingen verloren und der Birkenmoorwald an der A 7 würde von den Niederungsflächen getrennt.

95 Hiergegen behaupten die Kläger im Klageverfahren ohne Begründung lediglich die Fehlerhaftigkeit dieser naturschutzfachlichen Erwägungen. In dem bereits im Verwaltungsverfahren zu dieser Frage vorgelegten Gutachten von RegioConsult wird im Wesentlichen der Untersuchungsumfang zur Avifauna im Bereich Schmalfeld und Struvenhütten als unzureichend bezeichnet und infrage gestellt, ob die Untersuchungsergebnisse für die anderen Teilräume sachgerecht ermittelt worden seien. Auf diese Weise kann die rechtliche Fehlerhaftigkeit der Argumentation des Planfeststellungsbeschlusses nicht dargetan werden.

96 Die Kläger können auch nicht aufzeigen, dass in der Variantenuntersuchung für das Autobahnkreuz der Ausschluss der Variante 3 mit Untervarianten zu ihren Lasten fehlerhaft war. Bei der Wahl dieser Variante wäre allerdings die Eigentumsbetroffenheit der Klägerin unmittelbar am Autobahnkreuz geringer gewesen, weil die Rampen des Südost-Quadranten zur Schonung des Teiches durch ein Fly-Over ersetzt würden. Der Beklagte hat sich aber abwägungsfehlerfrei gegen diese Varianten entschieden. Insoweit kann auf die nicht angegriffene Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 748 unten) Bezug genommen werden.

97 b) Keiner der Einwände gegen die Abwägung des Beklagten im Zusammenhang mit der Abschnittsbildung greift durch.

98 Beiden Klägern fehlt die Rügebefugnis für den Einwand, der Planfeststellungsbeschluss dürfe nicht vollzogen werden, bevor nicht das Fehlerheilungsverfahren für den benachbarten Abschnitt Bad Segeberg vollständig abgeschlossen worden sei: Rügefähige Belange des Klägers sind in diesem Zusammenhang nicht betroffen. Sollte das Fehlerheilungsverfahren für den Abschnitt Bad Segeberg zur Notwendigkeit weiterer Schutzmaßnahmen führen, könnte dem durch Kollisionsschutzmaßnahmen für die Fledermäuse oder Veränderungen der Trassenführung ohne Auswirkungen auf das Grundstück der Klägerin Rechnung getragen werden. Die Eigentumsbelange der Klägerin wären auch in gleicher Weise betroffen, wenn eine der im Fehlerheilungsverfahren bisher abgelehnten Varianten gewählt würde, weil alle geprüften Varianten bereits auf Höhe der Ortschaft Todesfelde wieder auf die Vorzugstrasse des Beklagten führen.

99 Der planfestgestellte Abschnitt hat durch die vorgesehene provisorische Anbindung an die B 206 bei Wittenborn selbstständige Verkehrsbedeutung. Zu Unrecht wenden die Kläger ein, es bestehe eine Planfeststellungslücke, weil der östlich anschließende Abschnitt etwa 1 km vor der B 206 ende. Dieser bereits im Verwaltungsverfahren erhobene Einwand ist bezogen auf den streitgegenständlichen Abschnitt unzutreffend geworden, nachdem der Beklagte im Zuge einer Änderung der Abschnittsbildung das Streckenstück ab der Einmündung in die B 206 aus dem 4. Streckenabschnitt herausgenommen, dem 3. Abschnitt zugeordnet und eine provisorische Anbindung an die B 206 vorgesehen hat.

100 c) Die Lärmschutzbelange der Kläger sind fehlerfrei berücksichtigt worden.

101 aa) Die Lärmermittlung ist nicht zu beanstanden. Für die Lärmberechnung sind zutreffend Fahrzeuge mit mehr als 2,8 t zulässiges Gesamtgewicht als Lkw angesehen worden. Der Planfeststellungsbeschluss hat ein eventuelles Missverständnis ausgeräumt, das aufgrund der Rundverfügung Straßenbau Schleswig-Holstein Nr. 5/2010 entstanden sein konnte, weil dort eine andere Berücksichtigung des Lkw-Segments zwischen 2,8 und 3,5 t in der Lärmtechnik vorgesehen ist. Nach Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV ist jedoch der maßgebliche Lkw-Anteil p unter Zugrundelegung von Fahrzeugen mit mehr als 2,8 t zu ermitteln. Dementsprechend wird als Grundlage für die Lärmtechnische Berechnung in der Verkehrsuntersuchung der Lkw-Anteil p mit mehr als 2,8 t zulässiges Gesamtgewicht ausgewiesen (PFB S. 784). Ferner ist in der Lärmberechnung nicht eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h angesetzt worden. Vielmehr ist mit einer Geschwindigkeit von 130 km/h für PKW und mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h für Lkw gerechnet worden.

102 Die Lärmermittlung ist entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht deshalb fehlerhaft, weil ihr ein niedrigerer Lkw-Anteil als nach den Standardwerten gemäß Tabelle A der Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV (tags 25 %, nachts 45 %) zugrunde gelegt worden ist. Denn es liegen geeignete projektbezogene Untersuchungsergebnisse im Sinne der Anlage 1 vor, die eine solche Abweichung rechtfertigen. Der Planfeststellungsbeschluss und die Lärmberechnung nehmen dazu Bezug auf die Verkehrsuntersuchung. Hiernach beträgt der Schwerverkehrsanteil am Tag zwischen 14 % und 16 % und in der Nacht zwischen 24 % und 28 %.

103 bb) Das im Außenbereich gelegene Anwesen der Kläger ist nach seiner Schutzbedürftigkeit (§ 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV) zutreffend als Mischgebiet eingestuft worden mit der Folge, dass die maßgeblichen Immissionsgrenzwerte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts betragen. Die Kläger machen zu Unrecht das höhere Schutzniveau für Wohngebiete geltend, weil Mischgebiete nach Flächennutzungsplänen auch Wohngebiete enthalten könnten. Die Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV sieht indes für bauliche Anlagen im Außenbereich dieses Schutzniveau gerade nicht vor.

104 Eine Summenpegelbetrachtung für das Grundstück der Kläger war hier nicht erforderlich, ist aber gleichwohl durchgeführt worden. Nach ihr liegt der aus der Verkehrsbelastung der A 7 resultierende Beurteilungspegel bei 56 dB(A) tags und 50 dB(A) nachts. Für das am dichtesten zur A 20 liegende Gebäude ergibt sich nach Addition der Beurteilungspegel der A 20 und der A 7 hiernach ein Pegel von maximal 59 dB(A) tags/53 dB(A) nachts. Danach ist auch bei einer Summenpegelbetrachtung der maßgebliche Immissionspegel für Mischgebiete von 64/54 dB(A) eingehalten.

105 Nach ständiger Rechtsprechung des Senats müssen schließlich die berechneten Referenzpegel nicht mit Blick auf das "Statuspapier Gussasphalt" der Bundesanstalt für Straßenwesen um 0,6 dB(A) erhöht werden. Der Senat erachtet diese Argumentation nicht für durchgreifend (BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 - juris Rn. 142, in BVerwGE 148, 373 insoweit nicht abgedruckt). Neue Argumente hierzu sind nicht vorgetragen.

106 d) Die Behandlung der Belange der Kläger im Hinblick auf die Luftreinhaltung lässt keine Rechtsfehler erkennen. Der Planfeststellungsbeschluss geht zu Recht davon aus, dass die streitgegenständliche Planung in einem ländlich geprägten, dünn besiedelten Bereich ohne größere Industrieansiedlungen verläuft und deshalb nur eine geringe Vorbelastung mit Luftschadstoffen vorliegt. Nach den Berechnungen der Luftschadstoffuntersuchung werden auch nach Hinzutreten der vorhabenbedingten Zusatzbelastungen im Teil B des Planfeststellungsabschnitts (Autobahnkreuz) bereits in 40 m Entfernung vom Fahrbahnrand der - wegen ihrer größeren Verkehrsbelastung insoweit maßgeblichen - A 7 die Beurteilungswerte der 39. BImSchV eingehalten (PFB S. 797).

107 Die Kläger kritisieren hieran vor allem, dass die Berechnung der Luftschadstoffbelastung nach den "Richtlinien zur Ermittlung der Luftqualität an Straßen ohne oder mit lockerer Randbebauung", Ausgabe 2012 - RLuS 2012 - durchgeführt worden sei, die als Eingabewerte die Emissionsfaktoren des Handbuchs für Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs - HBEFA - in der Version 3.1 benutzt hätten. Das Handbuch sei jedoch zwischenzeitlich weiterentwickelt worden. Die NOX-Werte stiegen bei Anwendung der Version 3.3 gegenüber der inzwischen auch überholten Version 3.2 um bis zu 92 %. Die Annahme, dass die Vorbelastungen bis zum Prognosezeitpunkt 2030 abnehmen, sei nach den Erfahrungen mit dem Dieselskandal nicht mehr vertretbar.

108 Die Annahme des Planfeststellungsbeschlusses, dass am Anwesen der Kläger die Beurteilungswerte der 39. BImSchV eingehalten werden, bleibt jedoch auch dann tragfähig, wenn unter Berücksichtigung dieser Kritik bei den vorhabenbedingten Zusatzbelastungen ein Sicherheitszuschlag von 100 % unterstellt wird. Maßgeblich sind insoweit die Werte für NO2 und nicht für NOX, weil die NOX-Werte gemäß § 3 Abs. 4 der 39. BImSchV für die Belastung der Vegetation heranzuziehen sind. Nach Tab. 7 der Luftschadstofftechnischen Untersuchung beträgt die Vorbelastung für NO2, gemessen an der repräsentativen Station Bornhöved, für das Prognosejahr 2030 unter Berücksichtigung des von den Klägern kritisierten Reduktionsfaktors gemäß Tab. 4 (S. 10) 10,6 µg/m³. Folgt man zunächst der Argumentation der Kläger, dass nach den Erfahrungen des Dieselskandals nicht mit einer Reduktion bis zum Jahre 2030 gerechnet werden kann, beträgt gemäß Tab. 4 die Vorbelastung ohne Reduktionsfaktor 13 µg/m³ für NO2. Dazu kommt eine planbedingte Zusatzbelastung am Fahrbahnrand mit NO2 von 8,18 µg/m³. Wenn man letzteres im Sinne der Kläger noch mit einem Sicherheitszuschlag von 100 % versieht, beträgt die Zusatzbelastung am Fahrbahnrand rund 16,4 µg/m³. Die Gesamtbelastung am Fahrbahnrand (29,4 µg/m³) läge so immer noch deutlich unterhalb des Beurteilungswertes von 40 µg/m³ für NO2. Dies gilt erst recht, wenn man auf den nächstgelegenen, für den Daueraufenthalt von Menschen bestimmten Immissionsort Wierenkamp in 40 m Entfernung zum Fahrbahnrand der A 7 abstellt. Dort beträgt die Zusatzbelastung für NO2 nur noch 2,14 µg/m³, mit 100 % Sicherheitszuschlag demnach rund 4,3 µg/m³. Das Anwesen M. der Kläger schließlich liegt rund 395 m vom Fahrbahnrand entfernt. Das erklärt auch, weshalb nach den bereits eindeutigen Ergebnissen für den näher gelegenen Immissionsort Wierenkamp keine Berechnung für das Anwesen der Kläger mehr vorgenommen worden ist.

109 e) Auch die übrigen Belange der Kläger sind in der Abwägung fehlerfrei berücksichtigt worden.

110 Der Planfeststellungsbeschluss kommt zu dem Ergebnis, eine Verschlechterung der Entwässerungsverhältnisse des Hofanwesens sei nicht zu erkennen und Einwirkungen auf den hofeigenen Brunnen könnten ausgeschlossen werden. Hiergegen wendet die Klagebegründung ein, aufgrund von Bodenverdichtungen sei eine Verschlechterung der Abflussverhältnisse zu besorgen, und schwere Regenfälle seien nicht hinreichend berücksichtigt. Dazu hat der Beklagte überzeugend erwidert, von der Entwässerung im Bereich des Autobahnkreuzes könnte zwar das im südöstlichen Quadranten gelegene Flurstück ... der Klägerin betroffen sein; das Wasser werde aber über eine Mulde in die zentrale Niederschlagsabwasserleitung geführt, sodass kein Wasser auf das Flurstück gelange. Auch eine Verschlechterung der Abflussverhältnisse infolge von Bodenverdichtungen sei nicht zu befürchten, weil nachgewiesen sei, dass der Autobahndamm auch unter Berücksichtigung der geplanten Bodenaustausch- und Überhöhungsmaßnahmen keine Auswirkungen auf die Grundwasserverhältnisse im Umfeld habe. Für die Regenrückhaltebecken sei ein 10-jähriges Niederschlagsereignis und für die vorgeschalteten Absetzbecken ein einjähriges Niederschlagsereignis von jeweils 15 Minuten Dauer als Bemessungsgrundlage berücksichtigt. Mit diesen Erwägungen hat der Beklagte den Belangen der Kläger in der Abwägung genügt. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip gebietet keine Absicherungen gegen noch seltenere Niederschlagsereignisse.

111 Das Interesse der Kläger an der Vermeidung einer Verschlechterung der Sichtverhältnisse und des Kleinklimas durch die notwendigen Aufschüttungen im Bereich des Autobahnkreuzes durfte der Beklagte im Wege der Abwägung gegenüber den für die Durchführung des Vorhabens sprechenden Belangen zurückstellen. Der Einwand, der derzeit teilweise verpachtete Hof werde als Einheit seine Funktionsfähigkeit (Existenzfähigkeit) verlieren, bleibt unsubstantiiert. Nicht abwägungsfehlerhaft ist weiter die Annahme, die Berücksichtigung kumulativer Auswirkungen eines zeitlich parallel zur vorliegenden Planung laufenden Planungsverfahrens für den Bau einer 380-kV Leitung müsse durch den dortigen Vorhabenträger erfolgen, denn die hiesige Planung habe zeitlich früher begonnen. Dem Einwand schließlich, die gravierenden Auswirkungen des Transports großer Erdmassen müssten abwägend in der Planfeststellung behandelt werden, hat der Beklagte weitgehend durch die in der mündlichen Verhandlung mit Zustimmung des Vorhabenträgers erklärte zusätzliche Auflage (Anlage 18 zum Protokoll) Rechnung getragen. Hiernach sind Bodenmassentransporte und Zulieferverkehr für die Gemeindestraßen und Wirtschaftswege auf dem Gemeindegebiet von Schmalfeld nach Maßgabe eines Übersichtsplans auszuschließen. Der Vorhabenträger hat hierzu ergänzend erklärt, auf von der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Flächen sollten in einem ersten Baulos parallel zur künftigen A 20 Baustraßen angelegt werden; eine Nutzung der Gemeindestraßen und Wirtschaftswege in Schmalfeld solle den künftigen Bauauftragnehmern mit Bauvertrag untersagt werden.

112 H. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3, § 162 Abs. 3 VwGO.