Beschluss vom 24.02.2022 -
BVerwG 1 WB 52.21ECLI:DE:BVerwG:2022:240222B1WB52.21.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.02.2022 - 1 WB 52.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:240222B1WB52.21.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 52.21

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt,
den ehrenamtlichen Richter Oberst Bohnert und
den ehrenamtlichen Richter Oberfeldwebel Leinen
am 24. Februar 2022 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes.

2 Der am ... geborene Antragsteller war vom ... Januar 1997 bis ... Dezember 2008 zunächst im Rahmen des Grundwehrdienstes und ab ... August 1997 als Soldat auf Zeit im Dienst der Bundeswehr. Sowohl für die Zeit des Grundwehrdienstes als auch für die anschließende Dienstzeit als Soldat auf Zeit wurde er in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert.

3 Am 1. Mai 2018 trat der Antragsteller erneut mit dem zuletzt erworbenen Dienstgrad Hauptfeldwebel als Soldat auf Zeit in der Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes in die Bundeswehr ein. Unter Berücksichtigung seiner früheren Wehrdienstzeit endet seine festgesetzte Dienstzeit von insgesamt 25 Jahren am ... April 2031. Der Antragsteller wird seit seiner Wiedereinstellung als ... im ... verwendet.

4 Mit Schreiben vom 20. August 2020 beantragte der Antragsteller seine Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes. Unter dem 23. November 2020 wurde er außerdem für die Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten in der Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes (...) vorgeschlagen.

5 In der Auswahlliste ... für die Konferenz zur Zulassung von Feldwebeln zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes (...) im Auswahljahr 2021 wurden insgesamt 183 Bewerber nach dem Leistungsprinzip gereiht, darunter der Antragsteller auf Rang 32. Aufgrund dieser Vorsortierung wurden die Bewerber von Rang 1 bis 29 für die Laufbahnzulassung und die anschließenden Rangplätze 30 bis 38 als Nachrücker vorgeschlagen. Nach Mitteilung des Bundesministeriums der Verteidigung wurden im Ergebnis der Auswahlkonferenz nicht nur die Bewerber aus den Rängen 1 bis 29, sondern wegen Personalausfällen und Antragsrücknahmen auch sämtliche als Nachrücker gereihten Bewerber mit Ausnahme des Antragstellers als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes zugelassen.

6 Mit Bescheid vom 31. Mai 2021, ausgehändigt am 2. Juli 2021, lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement den Antrag des Antragstellers auf Laufbahnzulassung ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass nach Auswertung aller maßgeblichen Unterlagen nur Kandidaten für eine Zulassung vorgesehen worden seien, deren Eignungs- und Leistungsbild besser als das des Antragstellers gewesen sei. Außerdem sei dessen Dienstverhältnis als Soldat auf Zeit erst nach Vollendung seines 40. Lebensjahres begründet worden, so dass ergänzend die damit verbundenen Besonderheiten des § 48 BHO zu prüfen gewesen wären.

7 Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 2. August 2021 Beschwerde und mit Schreiben vom 4. Oktober 2021 weitere Beschwerde, weil über seine Erstbeschwerde bis dahin noch nicht entschieden worden sei. Das Bundesministerium der Verteidigung wertete die weitere Beschwerde als Antrag auf Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht und legte diesen mit seiner Stellungnahme vom 10. Dezember 2021 dem Senat vor.

8 Zur Begründung führt der Antragsteller insbesondere aus:
Die Ablehnung des Laufbahnaufstiegs verletze ihn in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG. Sein Antrag verhalte sich parallel zu der vom Senat mit Beschluss vom 25. Februar 2021 - 1 WB 32.20 - entschiedenen Fallkonstellation. Dass er nach dem Leistungsprinzip ausgewählt worden wäre, ergebe sich aus dem eigenen Vortrag des Bundesministeriums der Verteidigung. Der Laufbahnzulassung stehe auch die Altersgrenzenregelung des § 48 BHO nicht entgegen. Bei prognostischer Betrachtung sei davon auszugehen, dass er sich mit dem parallelen Vorschlag für die Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten unter Leistungsgesichtspunkten durchsetzen werde; er werde daher bis zur Beförderung zum Leutnant voraussichtlich im Dienstverhältnis eines Berufssoldaten stehen. Außerdem habe er gemäß der nach § 20 SVG gebotenen Berücksichtigung seiner Gesamtdienstzeit (einschließlich der Dienstzeit vor Wiedereinstellung) bereits eine Mindestversorgung von deutlich über 5 Jahren und insgesamt eine bereits 15-jährige ruhegehaltsfähige Dienstzeit erreicht. Die Ruhensregelung des § 55a SVG, wonach unter anderem Renten aus Nachversicherungszeiträumen angerechnet würden, habe keinen Einfluss darauf, dass ein Soldat im Ruhestand im Ergebnis die Versorgung seiner Gesamtdienstzeit erhalte und der Anspruch lediglich anteilig über die soldatische Versorgung des Bundes und die gesetzliche Rente bedient werde. Auch sei gemäß § 225 FamFG eine Abänderung des Versorgungsausgleiches möglich. Er weise ferner darauf hin, dass er inzwischen seine Beförderung zum Stabsfeldwebel beantragt und in dieser Angelegenheit Untätigkeitsklage erhoben habe. Bei einer Beförderung zum Stabsfeldwebel käme eine besoldungsgleiche Umwandlung des Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit in dasjenige eines Berufssoldaten bei gleichzeitiger Ernennung zum Leutnant in Betracht. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BHO stelle deshalb kein Hindernis für die Laufbahnzulassung dar. In seinem Falle seien außerdem die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 BHO gegeben, weil ein außerordentlicher Mangel an gleich geeigneten jüngeren Bewerbern bestehe und die Berufung einen erheblichen Vorteil für den Bund bedeute; dies zeige die Begründung zu seiner Wiedereinstellung. Ein Anspruch auf Zulassung zum Laufbahnaufstieg bestehe ferner wegen Verletzung der Fürsorgepflicht. Er habe bereits bei Wiedereinstellung das 40. Lebensjahr überschritten, wobei dort mit keinem Wort erwähnt worden sei, dass deswegen weder die Umwandlung des Dienstverhältnisses in dasjenige eines Berufssoldaten noch ein Laufbahnwechsel möglich sein würde; im Gegenteil sei suggeriert worden, dass dies unproblematisch möglich sei.

9 Der Antragsteller beantragt,
unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 31. Mai 2021 die Bundesministerin der Verteidigung zu verpflichten, über seinen Antrag, ihn zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Diensts zuzulassen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

10 Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

11 Zur Begründung führt es aus, dass der Antragsteller wegen Überschreitens des 40. Lebensjahres gemäß § 48 BHO nicht zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes zugelassen werden könne. Dies gelte unabhängig davon, dass er sich unter Leistungsgesichtspunkten grundsätzlich auf einem Übernahmerang platziert habe. Die Umwandlung des Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten, das mit dem Wechsel in die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes verbunden sei, könne ansonsten nur erfolgen, wenn außerordentlicher Mangel an gleich geeigneten jüngeren Bewerbern bestehe und die Berufung einen erheblichen Vorteil für den Bund bedeute. Diese Voraussetzungen seien nicht gegeben, weil die Bewerberliste zeige, dass an gleich geeigneten jüngeren Bewerbern kein Mangel bestehe und der Antragsteller auch über keine außergewöhnlichen Befähigungen verfüge. Der Antragsteller erfülle auch nicht den Ausnahmetatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BHO. Seine frühere Verwendung als Soldat auf Zeit habe keine Versorgungsansprüche ausgelöst; für diese Vordienstzeit sei er in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert worden. Damit bestehe diesbezüglich keine Versorgungsaussicht, sondern lediglich eine Rentenanwartschaft. Auch für die Zeit ab Wiedereinstellung habe er noch keine Versorgungsanwartschaft erworben, weil seitdem noch keine 5 Jahre vergangen seien. Schließlich werde der Antragsteller auch unter Einbeziehung der Dienstzeit seit Wiedereinstellung insgesamt keine mindestens 15-jährige Restdienstzeit bis zur Pensionsgrenze des 55. Lebensjahres für Berufsunteroffiziere oder des 56. Lebensjahres für Hauptleute in der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Diensts erreichen können. Die versorgungsrelevante Restdienstzeit betrage insoweit lediglich 12 Jahre und 11 Monate bzw. 13 Jahre und 11 Monate, was nicht mehr den Rahmen eines angemessenen Verhältnisses zwischen aktiver Dienstzeit und lebenslanger Versorgung wahre. Für den Fall der Übernahme zum Offizier des militärfachlichen Dienstes würde das nach erfolgreicher Ausbildung vorgesehene Amt als Offizier des militärfachlichen Dienstes im Dienstgrad Leutnant zudem die Besoldungsgruppe, aus der der Antragsteller derzeit seine Dienstbezüge erhalte, überschreiten, so dass auch daran eine Ausnahme scheitern würde.

12 Mit Beschluss vom 29. September 2021 - 1 W-VR 15.21 - hat der Senat einen Antrag, das Bundesministerium der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller im Rahmen der Anwärterausbildung vorläufig zu dem Lehrgang SLP Englisch bei der ... (5. Oktober bis 16. Dezember 2021) zuzulassen, abgelehnt.

13 Mit Bescheid vom 21. Februar 2022 hat das Bundesamt für das Personalmanagement die Umwandlung des Dienstverhältnisses des Antragstellers von dem eines Soldaten auf Zeit in das eines Berufssoldaten abgelehnt. Der Antragsteller sei aufgrund des Vorschlags vom 23. November 2020 in das Auswahlverfahren 2021 für die ... einbezogen worden und habe sich im Leistungsvergleich grundsätzlich im Übernahmebereich positioniert; der Umwandlung des Dienstverhältnisses stehe jedoch - aus im Wesentlichen den gleichen Gründen wie dem Laufbahnaufstieg - die Höchstaltersgrenze des § 48 BHO entgegen. Hiergegen hat der Antragsteller mit Schreiben vom 23. Februar 2022 Beschwerde erhoben.

14 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten verwiesen. Dem Senat haben bei der Beratung die Beschwerdeakten des Bundesministeriums der Verteidigung, die Akten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes und die Personalgrundakte des Antragstellers vorgelegen.

II

15 Das Bundesministerium der Verteidigung hat die weitere (Untätigkeits-)Beschwerde des Antragstellers zutreffend als Antrag auf Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht gewertet (§ 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 WBO). Sein Begehren, zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Auswahljahr 2021 zugelassen zu werden, hat sich auch nicht dadurch erledigt, dass der maßgebliche Zulassungstermin (1. Oktober 2021) bereits verstrichen ist, weil eine rückwirkende Laufbahnzulassung rechtlich zulässig ist und nach der Praxis des Bundesministeriums der Verteidigung aufgrund einer Ausnahmegenehmigung noch erfolgen könnte, wenn der Zulassungsantrag erfolgreich wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. März 2018 - 1 WB 8.17 - Buchholz 449.2 § 40 SLV 2002 Nr. 6 Rn. 14 m.w.N.).

16 Der auch im Übrigen zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Ablehnung des Antrags vom 20. Juli 2020 auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Auswahljahr 2021 in der ... ist rechtmäßig und verletzt keine Rechte des Antragstellers.

17 1. Allerdings hat sich der Antragsteller nach den Grundsätzen von Eignung, Leistung und Befähigung für den Laufbahnaufstieg qualifiziert.

18 a) Gemäß § 40 Abs. 1 und 2 SLV (in der für das Auswahljahr 2021 noch anwendbaren Fassung der Soldatenlaufbahnverordnung i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. August 2011, BGBl. I S. 1813, zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 4. August 2019, BGBl. I S. 1147) können Unteroffiziere zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes zugelassen werden, wenn sie - wie der Antragsteller - über einen Realschulabschluss oder einen gleichwertigen Bildungsstand verfügen und mindestens den Dienstgrad eines Feldwebels besitzen. Als Aufstieg in eine höherwertige Verwendung unterliegt die Laufbahnzulassung dabei dem Grundsatz der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 WB 51.12 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 67 Rn. 28). Da die Zahl der Aufstiegspositionen in den verschiedenen Fachbereichen beschränkt ist, müssen sich die Bewerber in einem Auswahlverfahren unter Leistungsgesichtspunkten durchsetzen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat hierzu die Laufbahnzulassung aufgrund der Ermächtigung in § 49 SLV in Kapitel 9 der Zentralen Dienstvorschrift "Beförderung, Einstellung, Übernahme und Zulassung von Soldatinnen und Soldaten" (ZDv A-1340/49), in der Zentralen Dienstvorschrift "Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes" (ZDv A-1340/75), in der entsprechenden Zentralvorschrift (ZV) A 1-1340/75-5000 sowie in den Anlagen 4.5 und 4.6 des "Katalogs bundeswehrgemeinsamer Bedarfsträgerforderungen für militärische Auswahl- und Verwendungsplanungsverfahren im Rahmen des Personalmanagements" (ZDv A-1340/78) näher ausgestaltet. Die Betrachtung und Auswahl der Bewerber erfolgt danach in einem fachlich gegliederten, an die vorhandenen Ausbildungs- und Verwendungsreihen, Werdegänge und Verwendungsreihen/-gruppen anknüpfendem System (zu dessen Zulässigkeit vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 2. Juni 2021 - 1 WB 10.21 - juris Rn. 22 m.w.N.) und wird gemäß Nr. 304 und 305 ZV A 1-1340/75-5000 mittels einer Vorsortierung anhand quantifizierbarer Auswahlkriterien vorbereitet (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 30. April 2020 - 1 WB 58.19 - juris Rn. 31 f. m.w.N.).

19 b) Zwischen den Beteiligten ist im gerichtlichen Verfahren nicht mehr streitig, dass der Antragsteller nach diesen Maßstäben grundsätzlich einen Rangplatz im Bewerberfeld erreicht hat, der ihn zur Laufbahnzulassung berechtigen würde.

20 Der Antragsteller wurde in der Vorsortierung der insgesamt 183 Bewerber um den Laufbahnaufstieg in der ... auf Rang 32 platziert. Damit nahm er bei einer Übernahmequote von 29 Bewerbern im Auswahljahr 2021 zwar zunächst nur einen Nachrückerplatz ein. Nach der Erklärung des Bundesministeriums der Verteidigung wurden im Ergebnis der Auswahlkonferenz jedoch wegen Personalausfällen und Antragsrücknahmen nicht nur Bewerber aus dem Spitzenfeld der Vorsortierliste (Rang 1 bis 29), sondern auch - mit Ausnahme allein des Antragstellers - sämtliche als Nachrücker bis einschließlich Rang 38 gereihten Bewerber als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes zugelassen. Gründe, die "im Rahmen der ganzheitlichen Betrachtung" (Nr. 306 ZV A 1-1340/75-5000) ein Abweichen von der Leistungsreihung nach der Vorsortierliste rechtfertigen könnten, sind nicht vorgebracht oder sonst ersichtlich. Auf eine Prüfung der - dem Senat nicht vorgelegten - vollständigen Auswahlunterlagen kommt es deshalb nicht an.

21 2. Der Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes wurde jedoch zu Recht abgelehnt, weil der - mit dem Laufbahnaufstieg verbundenen - Umwandlung des Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten die Höchstaltersregelung des § 48 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 BHO entgegensteht.

22 a) Die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes ist in der Form der Aufstiegslaufbahn nach § 40 Abs. 1 SLV als eine reine Berufssoldatenlaufbahn ausgestaltet (zur Zulässigkeit dieser Ausgestaltung vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2021 - 1 WB 32.20 - Buchholz 449.2 § 40 SLV 2002 Nr. 10 Rn. 17 ff.). Soweit der Laufbahnanwärter nicht bereits Berufssoldat, sondern noch Soldat auf Zeit ist, erfolgt die Umwandlung des Dienstverhältnisses nach dem Bestehen der dreijährigen Ausbildung zugleich mit der Ernennung zum Leutnant (§ 39 Nr. 2 SG, § 41 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 24 Abs. 3 Satz 1 SLV; Nr. 914 Satz 3 und Nr. 919 ZDv A-1340/49).

23 Die Umwandlung des Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten darf jedoch nur erfolgen, wenn die Bewerberin oder der Bewerber das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 48 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BHO) oder eine der Ausnahme- oder Sonderregelungen des § 48 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 BHO zu seinen Gunsten eingreift (zur Verfassungsmäßigkeit des § 48 BHO vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2021 - 1 WB 32.20 - Buchholz 449.2 § 40 SLV 2002 Nr. 10 Rn. 30 ff.). Die zuständige Stelle hat deshalb bei der Entscheidung über die Laufbahnzulassung im Sinne einer Prognose einzuschätzen, ob der Bewerber zum voraussichtlichen Zeitpunkt des Endes der Anwärterausbildung als Berufssoldat übernommen werden kann oder ob dem die Höchstaltersregelung des § 48 Abs. 3 BHO entgegensteht (vgl. - auch zum Folgenden - BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2021 - 1 WB 32.20 - Buchholz 449.2 § 40 SLV 2002 Nr. 10 Rn. 42). Dabei darf sie nicht nur das zeitliche Erreichen der Höchstaltersgrenze in den Blick nehmen. Vielmehr muss sie bei ihrer Prognose auch alle im Einzelfall vorgesehenen und beantragten rechtlichen Möglichkeiten berücksichtigen, die eine Übernahme ins Berufssoldatenverhältnis bei Überschreitung der Altersgrenze zulassen. Dieser Prognose ist die Sachlage im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung zugrunde zu legen. Erst später eintretende tatsächliche Veränderungen sind nicht zu berücksichtigen (BVerwG, Beschlüsse vom 12. Dezember 2017 - 2 VR 2.16 - BVerwGE 161, 59 Rn. 44 und vom 11. Juli 2019 - 1 WDS-VR 4.19 - juris Rn. 29). Auf zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung nicht gestellte Anträge kann und muss die Prognose darum nicht erstreckt werden.

24 b) Nach diesen Maßstäben kommt eine Übernahme des Antragstellers als Berufssoldat nicht in Betracht.

25 aa) Der im ... geborene Antragsteller wird im Zeitpunkt, in dem im Falle seiner Laufbahnzulassung voraussichtlich die Umwandlung des Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten anstünde (1. Oktober 2024), mit einem Alter von 48 Jahren die Höchstaltersgrenze des vollendeten 40. Lebensjahres deutlich überschritten haben (§ 48 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BHO).

26 bb) Er kann sein Zulassungsbegehren auch nicht auf die Vorschrift des § 48 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BHO stützen, wonach die Umwandlung in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten auch bei einem Bewerber, der das 40. Lebensjahr vollendet hat, erfolgen darf, wenn ein außerordentlicher Mangel an gleich geeigneten jüngeren Bewerbern besteht und die Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten einen erheblichen Vorteil für den Bund bedeutet. Das Bundesministerium der Verteidigung hat zu Recht eingewandt, dass diese Voraussetzungen nicht vorliegen. Wie die Vorsortierliste der Kandidaten für das Auswahlverfahren 2021 zeigt, besteht in der ... ein breites, über die ausgewählten 29 Soldaten weit hinausreichendes Feld jüngerer (oder sich bereits im Status eines Berufssoldaten befindlicher) Bewerber, die ebenfalls geeignet für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes und auch im Wesentlichen gleich leistungsstark wie der Antragsteller sind. Soweit der Antragsteller auf die Bedarfslage und -prüfung bei seiner Wiedereinstellung verweist, bezieht sich diese auf die Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes, nicht auf die hier in Rede stehende Aufstiegslaufbahn. Weder vorgetragen noch ersichtlich ist auch, welchen erheblichen Vorteil für den Bund, etwa in Form besonderer und gesuchter Befähigungen, die Zulassung des Antragstellers bedeuten würde. Hinzu kommt, dass diese Ausnahmeregelung im öffentlichen Interesse geschaffen wurde und dem Antragsteller daher keine subjektiv-öffentlichen Rechte gibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2016 - 2 C 11.15 - BVerwGE 156, 180 Rn. 25 bis 28; VGH München, Beschluss vom 28. September 2018 - 6 ZB 18.16 42 - juris Rn. 11).

27 cc) Der Antragsteller kann sich schließlich nicht mit Erfolg auf § 48 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BHO berufen. Nach dieser Vorschrift kann ein Dienstverhältnis eines Berufssoldaten noch nach Überschreiten des 40. Lebensjahres begründet werden, wenn eine Diensterwartung von mehr als drei Jahren besteht, bereits Ansprüche nach beamten- oder soldatenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen zu Lasten des Bundes erworben wurden und das vorgesehene Amt höchstens der Besoldungsgruppe zugeordnet ist, aus der zuletzt Dienstbezüge bezahlt wurden. Diese Ausnahme beruht auf der Erwägung, dass die Höchstaltersgrenze von 40 Jahren in den Fällen nicht erforderlich ist, in denen der Bewerber aus einer früheren Tätigkeit schon eine beamten- oder soldatenrechtliche Versorgungsanwartschaft gegenüber dem Bund erworben hat (BT-Drs. 18/11135 S. 96 f.). In diesen Fällen hat der Bund bereits Rücklagen für die Altersversorgung des Betroffenen gebildet. Die Ausnahme greift allerdings nicht ein, wenn das für die neue Tätigkeit vorgesehene Amt höher besoldet ist, weil dann die vorhandenen Rücklagen zu gering sind.

28 (1) Vorliegend scheidet eine Anwendung dieses Ausnahmetatbestands nach dem gegenwärtigen Stand aus, weil das im Falle einer Übernahme als Berufssoldat in der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes vorgesehene Amt mit dem Dienstgrad Leutnant der Besoldungsgruppe A 9 zugeordnet ist, während dem Antragsteller als Hauptfeldwebel aktuell Dienstbezüge nach Besoldungsgruppe A 8 gezahlt werden.

29 Allerdings wurde der Antragsteller unter dem 23. November 2020 auch für die Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten in der Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes vorgeschlagen; in diesem Fall würde die Umwandlung des Dienstverhältnisses besoldungsgleich auf der Ebene A 8 erfolgen. Dieses Verfahren ist zwar noch offen, nachdem der Antragsteller gegen die Ablehnung der entsprechenden Umwandlung des Dienstverhältnisses mit Bescheid des Bundesamts für das Personalmanagement vom 21. Februar 2022 Beschwerde erhoben hat. Bei prognostischer Betrachtung stehen jedoch auch diesem Übernahmevorschlag die nachfolgend unter (2) dargelegten Gründe entgegen.

30 Außerdem hat der Antragsteller seine Beförderung zum Stabsfeldwebel beantragt und in dieser Angelegenheit Untätigkeitsklage erhoben; da der Dienstgrad Stabsfeldwebel ebenso wie derjenige des Leutnants der Besoldungsgruppe A 9 unterfällt, würde auch insoweit die Übernahme als Berufssoldat in der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes nicht daran scheitern, dass das vorgesehene Amt einer höheren Besoldungsgruppe zugeordnet ist. Allerdings ist dieser Versuch, zu einer dotierungsgleichen Übernahme zu gelangen, nicht mehr zielführend, wenn die Beförderung zum Stabsfeldwebel nicht bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung tatsächlich erreicht ist. Denn mit der Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes, über die hier zu entscheiden ist, würde der Antragsteller als Hauptfeldwebel den Dienstgrad Oberfähnrich führen (§ 40 Abs. 3 Satz 1 SLV); der Dienstgrad Stabsfeldwebel wird danach in dieser Laufbahn bis zur Ernennung zum Leutnant nicht mehr durchlaufen.

31 (2) Unabhängig von der Übernahme in ein dotierungsgleiches Amt fehlt es hier an der weiteren Voraussetzung, dass der Bewerber bereits Ansprüche nach beamten- oder soldatenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen zu Lasten des Bundes erworben haben muss. Das Fehlen dieser Voraussetzung steht einer Übernahme des Antragstellers als Berufssoldat sowohl in der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes als auch in der Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes entgegen (vgl. zum gesamten Folgenden BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2021 - 1 WB 32.20 - Buchholz 449.2 § 40 SLV 2002 Nr. 10 Rn. 52 ff.).

32 (a) Das Soldatenversorgungsgesetz sieht für Soldaten auf Zeit zwar keine eigenen Ruhegehaltsansprüche vor. Zeitsoldaten haben aber während ihrer aktiven Dienstzeit eine alternativ ausgestaltete Versorgungsaussicht entweder auf Nachversicherung in der Rentenversicherung oder auf Dienstzeitanrechnung bei einer soldaten- oder beamtenrechtlichen Altersversorgung, weil sie nach Ablauf ihrer Dienstzeit in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis als Berufssoldat oder als Beamter übernommen werden können (BGH, Beschlüsse vom 1. Juli 1981 - IVb ZB 659/80 - BGHZ 81, 100 <107 ff.> und vom 10. Februar 2016 - XII ZB 104/14 - NJW-RR 2016, 452 Rn. 10). Diese alternative Versorgungsaussicht kann auch eine Ausnahme von der Höchstaltersgrenze rechtfertigen. Denn § 48 Abs. 3 BHO erwähnt ausdrücklich den Fall der Umwandlung eines Zeit- in ein Berufssoldatenverhältnis und bestimmt, dass "in diesen Fällen" die Ausnahmevorschrift für bestehende Versorgungsanwartschaften eingreift.

33 Dies bedeutet jedoch nicht, dass jeder aktive Soldat auf Zeit bereits ab dem ersten Jahr eine Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BHO besitzt. Vom Bestehen einer Versorgungsanwartschaft kann frühestens die Rede sein, wenn nach beamten- oder soldatenrechtlichen Grundsätzen ein Rechtsanspruch auf Ruhegehalt in Höhe der Mindestversorgung besteht, was nach § 14 Abs. 4 Satz 4 BeamtVG und § 26 Abs. 7 Satz 4 SVG regelmäßig eine ruhegehaltsfähige Dienstzeit von fünf Jahren voraussetzt. In welchem Umfang die in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BHO genannten Versorgungsansprüche nicht nur bestehen, sondern auch "erworben", d.h. erdient, sein müssen, bedarf hier keiner abschließenden Klärung. Da der Gesetzgeber bei der Übernahme eines 40-jährigen Bewerbers ins Berufssoldatenverhältnis eine 15-jährige Restdienstzeit als ausreichend angesehen hat (BT-Drs. 18/11135 S. 98), liegt der Gedanke nahe, dass auch bei einem älteren Bewerber von einem ausreichenden Erwerb des Anspruchs ausgegangen werden muss, wenn die bereits geleisteten Dienstjahre und die bis zum Erreichen der Pensionsgrenze noch möglichen Dienstjahre in der Gesamtsumme eine Dienstzeit von mindestens 15 Jahren erreichen.

34 (b) Bei der Berechnung dieser Zeitspanne kann die frühere Dienstzeit des Antragstellers vom ... Januar 1997 bis ... Dezember 2008 nicht berücksichtigt werden. Für diesen Zeitraum wurde der Antragsteller unmittelbar anschließend in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert. Mit der Nachversicherung in der Rentenversicherung endet eine alternative Versorgungsaussicht und wird in eine reine Rentenanwartschaft überführt, die gerade keinen Ausnahmetatbestand im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BHO darstellt (BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2021 - 1 WB 32.20 - Buchholz 449.2 § 40 SLV 2002 Nr. 10 Rn. 54).

35 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 20 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 SVG, wonach ruhegehaltsfähig im Ausgangspunkt die gesamte Wehrdienstzeit vom Tage des tatsächlichen Diensteintritts in die Bundeswehr bis zum Ablauf des Tages ist, an dem das Dienstverhältnis endet. Bei dieser Vorschrift handelt es sich - ebenso wie bei den weiteren Regelungen des § 20 SVG - um eine Bemessungsgrundlage, die einen Versorgungsanspruch nicht begründet, sondern dessen Bestehen voraussetzt; sie trifft deshalb keine Aussage zu der vorgängigen Frage, ob der Antragsteller bereits Ansprüche auf Versorgung nach beamten- oder soldatenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen zu Lasten des Bundes im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BHO erworben hat. Gleiches gilt für die Vorschrift des § 55a SVG. Auch diese betrifft nicht die Frage des Erwerbs von Versorgungsansprüchen, sondern regelt das Zusammentreffen von (erworbenen) Versorgungsbezügen und Renten, insbesondere zur Vermeidung einer Überversorgung.

36 Die vom Antragsteller außerdem angeführte Vorschrift des § 225 FamFG betrifft die Möglichkeit einer familiengerichtlichen Abänderung des Wertausgleichs, der im Rahmen des Versorgungsausgleichs bei einer Scheidung stattgefunden hat. Inwiefern diese scheidungsrechtlich motivierte Spezialregelung für die Auslegung von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BHO von Bedeutung ist, ist auch nach dem Vortrag des Antragstellers vom 11. Februar 2022 nicht ersichtlich. Dass im Falle eines nachträglichen Entstehens eines soldatenversorgungsrechtlichen Anspruchs eine Wiederaufnahme des Versorgungsausgleichsverfahrens nach § 225 FamFG denkbar ist, sagt nichts darüber aus, ob der soldatenversorgungsrechtliche Anspruch nachträglich entsteht oder wegen Überschreitung der von § 48 BHO gezogenen Grenzen nicht mehr entstehen kann.

37 (c) Für die Zeit ab Wiedereinstellung (... Mai 2018) hat der Antragsteller bisher weder eine Versorgungsanwartschaft erworben, weil keine Dienstzeit von mindestens 5 Jahren vorliegt, noch würde er eine mindestens 15-jährige Restdienstzeit bis zur Pensionsgrenze der Vollendung des 55. Lebensjahres (im Falle des Antragstellers: ... 2031) für Berufsunteroffiziere oder des 56. Lebensjahres (im Falle des Antragstellers: ... 2032) für Leutnante, Oberleutnante und Hauptleute in der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Diensts (§ 45 Abs. 2 Nr. 4 und 5 SG) erreichen. Die versorgungsrelevante Dienstzeit würde insoweit lediglich 12 Jahre und 11 Monate bzw. 13 Jahre und 11 Monate betragen, was nicht mehr den Rahmen eines angemessenen Verhältnisses zwischen aktiver Dienstzeit und lebenslanger Versorgung wahrt.

38 Entgegen der Auffassung des Antragstellers kommt es dabei für das voraussichtliche Dienstzeitende nicht auf die allgemeine Altersgrenze der Vollendung des 62. Lebensjahres (§ 45 Abs. 1 Nr. 2 SG), sondern auf die genannten besonderen Altersgrenzen der Vollendung des 55. bzw. 56. Lebensjahres an. Denn der Gesetzgeber hat seiner "Amortisationsrechnung" ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/11135 S. 98) zugrunde gelegt, dass Soldatinnen und Soldaten durchschnittlich bereits mit Mitte 50 - und damit bei Erreichen der besonderen Altersgrenzen - in den Ruhestand treten und nach dem Soldatenversorgungsrecht entsprechend früher die Höchstversorgung erlangen können (BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2021 - 1 WB 32.20 - Buchholz 449.2 § 40 SLV 2002 Nr. 10 Rn. 40).

39 c) Soweit der Antragsteller seinen Anspruch auf Übernahme als Berufssoldat und/oder Laufbahnzulassung auf eine Zusicherung (§ 38 VwVfG) oder auf einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Fürsorgepflicht stützt, liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür offenkundig nicht vor. Der Antragsteller wurde vielmehr vor seiner Wiedereinstellung ausdrücklich und gegen Unterschrift darüber belehrt, dass eine Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten oder die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes jeweils gesonderten Auswahlverfahren unterliegt und daher zum aktuellen Zeitpunkt grundsätzlich nicht zugesagt werden kann (Eröffnungsvermerk/Belehrung vom 27. März 2018).

Beschluss vom 18.05.2022 -
BVerwG 1 WB 27.22ECLI:DE:BVerwG:2022:180522B1WB27.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 18.05.2022 - 1 WB 27.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:180522B1WB27.22.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 27.22

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt
am 18. Mai 2022 beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Rügeverfahrens.

Gründe

I

1 Der Antragsteller wendet sich mit seiner Anhörungsrüge vom 25. April 2022 gegen den Beschluss vom 24. Februar 2022 - 1 WB 52.21 -, mit dem der Senat seinen Antrag zurückgewiesen hat, die Bundesministerin der Verteidigung zu verpflichten, über seinen Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Er macht in zwei Punkten eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend und beantragt,
den Beschluss vom 24. Februar 2022 - 1 WB 52.21 - aufzuheben und das Verfahren fortzuführen.

2 Das Bundesministerium der Verteidigung hat mit Schreiben vom 9. Mai 2022 Stellung genommen; es hält die Anhörungsrüge für unbegründet.

3 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II

4 Die zulässige Anhörungsrüge (§ 23a Abs. 3 WBO i. V. m. § 152a VwGO), über die der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern ohne ehrenamtliche Richter entscheidet (BVerwG, Beschluss vom 22. April 2010 - 1 WB 4.10 - Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 12 Rn. 6), ist unbegründet. Der angegriffene Beschluss vom 24. Februar 2022 - 1 WB 52.21 - hat den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt (§ 23a Abs. 3 WBO i. V. m. § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

5 1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verpflichtet das zur Entscheidung berufene Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 29. Oktober 2009 - 1 BvR 1729/09 - juris Rn. 12 und vom 18. Januar 2011 - 1 BvR 2441/10 - juris Rn. 10, jeweils m. w. N.; BVerwG, Beschluss vom 28. März 2014 - 1 WB 10.14 - juris Rn. 11). Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht dieser Pflicht nachgekommen ist. Das Gericht ist insbesondere nicht gehalten, sich in den Gründen seiner Entscheidung mit jedem Vorbringen zu befassen. Art. 103 Abs. 1 GG begründet keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Verfahrensbeteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist erst dann anzunehmen, wenn im Einzelfall besondere Umstände erkennen lassen, dass das Gericht tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen hat. Besondere Umstände in diesem Sinne liegen etwa dann vor, wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, nicht eingeht, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich ist.

6 2. Danach liegt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör hier nicht vor.

7 a) Dies gilt zum einen hinsichtlich der Rüge, das Gericht habe sich nicht mit der Argumentation des Antragstellers auseinandergesetzt, dass der Gesetzgeber mit dem Abstellen auf die besondere Altersgrenze von einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis ausgegangen sei, weil die Zurruhesetzung bei Erreichen der besonderen Altersgrenze den gesetzlichen Ausnahmefall und die Zurruhesetzung bei Erreichen der allgemeinen Altersgrenze den gesetzlichen Regelfall darstelle. Eine rechtswidrige Verwaltungspraxis sei kein mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbarer Prognosemaßstab.

8 Der Senat hat in dem vom Antragsteller beanstandeten Zusammenhang des Beschlusses (Rn. 37 f.) geprüft, ob der Antragsteller eine Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BHO erworben hat, die ihm die Übernahme als Berufssoldat ermöglichen könnte, obwohl er bereits das 40. Lebensjahr überschritten hat und er auch nicht über die grundsätzlich erforderliche ruhegehaltsfähige Dienstzeit von fünf Jahren (§ 26 Abs. 7 Satz 4 SVG) verfügt. Der Senat hat dabei den Rechtssatz zugrunde gelegt, dass es für die Annahme einer Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BHO auch genügt, wenn ein älterer Bewerber bis zum Erreichen der für ihn geltenden besonderen Altersgrenze (einschließlich der im aktuellen Dienstverhältnis bereits geleisteten Dienstzeit) auf eine Gesamtdienstzeit von 15 Jahren kommt. Er hat diesen Rechtssatz aus der Erwägung entwickelt, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung des § 48 BHO ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/11135 S. 98) davon ausgegangen ist, dass Soldatinnen und Soldaten durchschnittlich bereits mit Mitte 50 - und damit bei Erreichen der besonderen Altersgrenze - in den Ruhestand treten, was zugleich bedeutet, dass der Gesetzgeber für die Übernahme eines 40-jährigen Bewerbers ins Berufssoldatenverhältnis eine 15-jährige Restdienstzeit als ausreichend angesehen hat (Rn. 33 und 38).

9 Die vom Antragsteller als rechtswidrig bezeichnete Verwaltungspraxis ist in dem angefochtenen Beschluss damit unmittelbar nicht entscheidungserheblich. Sie hat Bedeutung nur als Motiv des Gesetzgebers für die Altersgrenzenregelung des § 48 BHO; als solches hat sie der Senat im vorliegenden Fall auch ausdrücklich ausgewiesen und berücksichtigt (Rn. 33 und 38). Die Verfassungsmäßigkeit des § 48 BHO hat der Senat bereits in einer früheren Entscheidung bejaht (BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2021 - 1 WB 32.20 - BVerwGE 171, 357 Rn. 30 ff.) und darauf in dem angegriffenen Beschluss Bezug genommen (Rn. 23). Hieraus ergibt sich implizit, dass der Senat keine rechtlichen Bedenken dagegen hat, dass der Gesetzgeber bei der Festlegung der grundsätzlichen Höchstaltersgrenze auf 40 Jahre von der Praxis ausgegangen ist, nach der Soldaten überwiegend mit Erreichen der besonderen Altersgrenze in den Ruhestand versetzt werden (vgl. speziell hierzu BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2021 - 1 WB 32.20 - BVerfGE 171, 357 Rn. 39 ff.).

10 Soweit der Antragsteller im Übrigen die Rechtsprechung des Senats zum Erfordernis einer mindestens 15-jährigen Dienstzeit bis zur besonderen Altersgrenze für unzutreffend hält, ist dies eine Frage des materiellen Rechts, die kein zulässiger Gegenstand einer Anhörungsrüge ist.

11 b) Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ergibt sich auch nicht aus der weiteren Rüge, das Gericht habe im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch den Vortrag des Antragstellers nicht vollständig zur Kenntnis genommen und berücksichtigt, ihm sei durch die Hinweise auf zu durchlaufende Auswahlverfahren für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes oder zur Übernahme als Berufssoldat suggeriert worden, dass die Auswahl dafür für ihn grundsätzlich noch in Betracht käme.

12 Das Gericht hat in der angeführten Passage des Beschlusses (Rn. 39) ausgeführt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Übernahme als Berufssoldat und/oder Laufbahnzulassung unter den Blickwinkel der Zusicherung (§ 38 VwVfG) oder des Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung der Fürsorgepflicht offenkundig nicht vorlägen. Damit ist zugleich entschieden, dass der - vom Gericht zur Kenntnis genommene (siehe Rn. 8 am Ende) – allgemeine Vortrag, man habe dem Antragsteller suggeriert, eine Übernahme als Berufssoldat oder ein Laufbahnaufstieg sei grundsätzlich noch möglich, zur Anspruchsbegründung nicht ausreicht. Soweit sich der Antragsteller auf den von ihm vorgelegten "Eröffnungsvermerk/Belehrung" vom 27. März 2018 bezogen hat, ist der Beschluss hierauf auch in den Gründen (Rn. 39) eingegangen.

13 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.

14 4. Dieser Beschluss ist gemäß § 23a Abs. 3 WBO i. V. m. § 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO unanfechtbar.