Urteil vom 24.04.2024 -
BVerwG 1 C 8.23ECLI:DE:BVerwG:2024:240424U1C8.23.0
Voraussetzungen einer Unzulässigkeitsentscheidung im Asylverfahren
Leitsätze:
1. Bei der Prüfung, ob einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ausnahmsweise die Gefahr einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 4 GRC in dem schutzgewährenden Mitgliedstaat entgegensteht, ist im Regelfall davon auszugehen, dass eine im Bundesgebiet in familiärer Gemeinschaft lebende Kernfamilie (Eltern und minderjährige Kinder) im Familienverbund in den anderen Mitgliedstaat zurückkehrt (Fortführung von BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2019 - 1 C 45.18 - BVerwGE 166, 113).
2. Die allgemeinen Regelungen des § 34 AsylG gelten für die asylverfahrensrechtliche Abschiebungsandrohung auch bei Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG, soweit sich aus den §§ 35 bis 37 AsylG keine Besonderheiten ergeben.
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Rechtsquellen
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 2, 4, § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, §§ 35, 77 Abs. 1 AufenthG §§ 59, 60 Abs. 5, 7 VwGO § 86 Abs. 3, § 137 Abs. 1, 2, § 144 Abs. 3 GG Art. 6 GRC Art. 4 EMRK Art. 3, 8 RL 2013/32/EU Art. 33 Abs. 2 Buchst. a -
Instanzenzug
VG Stuttgart - 12.04.2021 - AZ: A 1 K 664/20
VGH Mannheim - 07.07.2022 - AZ: A 4 S 3696/21
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 24.04.2024 - 1 C 8.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:240424U1C8.23.0]
Urteil
BVerwG 1 C 8.23
- VG Stuttgart - 12.04.2021 - AZ: A 1 K 664/20
- VGH Mannheim - 07.07.2022 - AZ: A 4 S 3696/21
In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 24. April 2024
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Keller,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dollinger und Böhmann
und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wittkopp und Fenzl
für Recht erkannt:
- Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 7. Juli 2022 wird aufgehoben.
- Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückverwiesen.
- Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Gründe
I
1 Der ... geborene Kläger, ein nigerianischer Staatsangehöriger, verließ sein Herkunftsland seinen Angaben zufolge im Jahr 2008. Im Jahr 2013 heirateten er und seine Ehefrau - ebenfalls eine nigerianische Staatsangehörige - in Rom. Auch ihre beiden 2013 und 2015 geborenen Kinder kamen in Italien zur Welt. Dem Kläger und seinen Angehörigen wurde in Italien subsidiärer Schutz zuerkannt. In der Folge reisten die Ehefrau des Klägers und die beiden Kinder ins Bundesgebiet ein. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - stellte zu ihren Gunsten im Jahr 2018 ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Nigerias fest.
2 Der Kläger, der erst im Jahr 2019 ins Bundesgebiet einreiste, wendet sich gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 21. Januar 2020, mit dem sein Asylantrag als unzulässig abgelehnt, das Nichtvorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festgestellt, ihm die Abschiebung nach Italien oder einen sonstigen aufnahmebereiten Staat mit Ausnahme Nigerias angedroht und ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet wurde. Seine dagegen gerichtete Klage ist vor dem Verwaltungsgericht ohne Erfolg geblieben.
3 Der Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und den Bescheid des Bundesamtes mit Ausnahme der Feststellung, dass der Kläger nicht nach Nigeria abgeschoben werden darf, aufgehoben. Die Unzulässigkeitsentscheidung sei mit Unionsrecht nicht vereinbar. Der Kläger drohe bei einer Rückkehr nach Italien in eine Situation zu geraten, die einer ernsthaften Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC gleichzustellen sei. Dabei sei davon auszugehen, dass der Kläger zusammen mit seiner Familie nach Italien zurückkehren werde. Es sei nicht hinreichend sichergestellt, dass bei einer Rückkehr des Klägers nach Italien zusammen mit seiner Kernfamilie deren besonderer, sich aus dem Alter der 2013 und 2015 geborenen Kinder ergebender Versorgungsbedarf gedeckt sei. Wegen der besonderen Bedürfnisse und Schutzbedürftigkeit von Kindern müssten die EU-Mitgliedstaaten zur Vermeidung eines Verstoßes gegen Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC vor der Überstellung von Familien mit (Klein-)Kindern nach Italien durch Kooperation mit den italienischen Behörden sicherstellen, dass bei einer Rücküberstellung dorthin ohne Zeitverzug eine kind- und familiengerechte Unterbringung erfolge und möglichen besonderen (medizinischen) Erfordernissen Rechnung getragen werde. Von einer Art. 3 EMRK, Art. 4 GRC Rechnung tragenden Kooperation sei jedenfalls bei Vorliegen einer hinreichend belastbaren Versorgungszusicherung der italienischen Behörden regelmäßig auszugehen. Daran fehle es hier. Der angefochtene Bescheid könne auch im Übrigen überwiegend keinen Bestand haben.
4 Mit ihrer Revision rügt die Beklagte, dass der Verwaltungsgerichtshof zu Unrecht seiner Prognose eine gemeinsame Rückkehr des Klägers mit seiner Familie nach Italien zugrunde gelegt habe. Die familiäre Gemeinschaft könne im Fall der alleinigen Überstellung des Klägers nach Italien - nach einer allenfalls kurzen Zeit der Trennung - auf europäischem Boden sichergestellt werden. Fehlerhaft sei die Annahme des Berufungsgerichts, dass es bereits im Zeitpunkt der Entscheidung des Tatsachengerichts einer konkreten Versorgungszusage der italienischen Behörden in Bezug auf familiengerechten Wohnraum bedürfte, um die Gefahr einer Verletzung von Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK auszuschließen.
5 Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.
II
6 Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen kann der Senat nicht selbst entscheiden; dies nötigt zur Zurückverweisung (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
7 1. Der Verwaltungsgerichtshof hat den angefochtenen Bescheid aufgehoben, hiervon aber die in Ziffer 3 Satz 4 getroffene Feststellung, dass der Kläger nicht nach Nigeria abgeschoben werden darf, ausgenommen. Eine derartige negative Staatenbezeichnung kann indessen bei Aufhebung der Abschiebungsandrohung nicht selbständig fortbestehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2023 - 1 C 34.22 - juris Rn. 22 ff.). Bei einem die negative Staatenbezeichnung ausnehmenden Antrag auf Aufhebung einer Abschiebungsandrohung entspricht es bei Fehlen entgegenstehender Anhaltspunkte dem regelmäßigen Interesse des Ausländers, jedenfalls hilfsweise auch die uneingeschränkte Aufhebung der Abschiebungsandrohung zu begehren (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2023 - 1 C 34.22 - juris Rn. 21). So liegt der Fall hier. Der Antrag des Klägers ist daher sachdienlich (§ 86 Abs. 3 VwGO) und im Einklang mit der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Auffassung der Beteiligten dahin auszulegen, dass die Klage auf die Aufhebung des angefochtenen Bescheids insgesamt gerichtet ist.
8 2. Zutreffend hat der Verwaltungsgerichtshof die Ablehnung des Asylantrags des Klägers als unzulässig (Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids) an Art. 4 GRC gemessen (a) und ist in seiner rechtlichen Beurteilung davon ausgegangen, dass die im Rahmen der Prüfung von § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG für den Fall einer Rückkehr ins Herkunftsland aufgestellte Regelvermutung einer gemeinsamen Rückkehr der Kernfamilie als Grundlage der Verfolgungs- und Gefahrenprognose auf die Situation der Rückkehr in einen anderen Mitgliedstaat zu übertragen ist (b). Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, es bedürfte ohne Prüfung der allgemeinen Aufnahmebedingungen einerseits und der besonderen Umstände im Einzelfall andererseits bei Familien mit Kindern stets einer individuellen Zusicherung oder einer allgemeinen Erklärung der italienischen Behörden, verletzt hingegen Bundesrecht. Infolgedessen können die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht seine Schlussfolgerung tragen, dem Kläger drohe in Italien die ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung (c).
9 a) Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs erfüllt der Kläger die geschriebenen Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Gleichwohl kann eine auf diese Vorschrift gestützte Unzulässigkeitsentscheidung aus unionsrechtlichen Gründen rechtswidrig sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2020 - 1 C 34.19 - Buchholz 402.251 § 29 AsylG Nr. 11 Rn. 15 ff.). Das ist der Fall, wenn die Lebensverhältnisse, die den Betroffenen als anerkannten Schutzberechtigten in dem anderen Mitgliedstaat erwarten würden, ihn der ernsthaften Gefahr aussetzen würden, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC zu erfahren. Unter diesen Voraussetzungen ist es den Mitgliedstaaten untersagt, von der durch Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. L 180 S. 60) - RL 2013/32/EU - eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abzulehnen (vgl. EuGH, Beschluss vom 13. November 2019 - C-540/17 u. a. [ECLI:EU:C:2019:964], Hamed u. a. - Rn. 35; Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 u. a. [ECLI:EU:C:2019:219], Ibrahim u. a. - Rn. 88). Verstöße gegen Art. 4 GRC im Mitgliedstaat der anderweitigen Schutzgewährung sind damit nicht nur bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Abschiebungsandrohung zu berücksichtigen, sondern führen bereits zur Rechtswidrigkeit der Unzulässigkeitsentscheidung.
10 Art. 33 Abs. 2 Buchst. a RL 2013/32/EU verbietet einem Mitgliedstaat hingegen nicht, die durch diese Bestimmung eingeräumte Befugnis zur Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig auszuüben, wenn der Antragsteller in dem Mitgliedstaat, der ihm internationalen Schutz gewährt hat, keiner ernsthaften Gefahr ausgesetzt wäre, aufgrund der Lebensumstände, die ihn dort als international Schutzberechtigten erwarten würden, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC zu erfahren. Allein der Umstand, dass die Lebensverhältnisse in diesem Mitgliedstaat nicht den Bestimmungen der Art. 20 ff. im Kapitel VII der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (ABl. L 337 S. 9) - Anerkennungsrichtlinie 2011/95/EU - gerecht werden, führt angesichts der fundamentalen Bedeutung des Grundsatzes des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten nicht zu einer Einschränkung der Ausübung der in Art. 33 Abs. 2 Buchst. a RL 2013/32/EU vorgesehenen Befugnis, solange die Schwelle der Erheblichkeit des Art. 4 GRC nicht erreicht ist. Vielmehr darf jeder Mitgliedstaat - vorbehaltlich außergewöhnlicher Umstände - davon ausgehen, dass alle anderen Mitgliedstaaten das Unionsrecht und insbesondere die dort anerkannten Grundrechte beachten. Diese Vermutung gilt im Kontext des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems auch bei der Anwendung des Art. 33 Abs. 2 Buchst. a RL 2013/32/EU. Verstöße gegen Bestimmungen des Kapitels VII der Anerkennungsrichtlinie 2011/95/EU, die nicht zu einer Verletzung von Art. 4 GRC führen, hindern die Mitgliedstaaten daher nicht, ihre durch Art. 33 Abs. 2 Buchst. a RL 2013/32/EU eingeräumte Befugnis auszuüben. Gleiches gilt, wenn der Schutzberechtigte in dem Mitgliedstaat, der ihm internationalen Schutz gewährt hat, keine oder im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten nur in deutlich eingeschränktem Umfang existenzsichernde Leistungen erhält, ohne jedoch anders als die Angehörigen dieses Mitgliedstaates behandelt zu werden und der ernsthaften Gefahr einer gegen Art. 4 GRC verstoßenden Behandlung ausgesetzt zu sein (EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 u. a. - Rn. 83 ff. und Beschluss vom 13. November 2019 - C-540/17 u. a. - Rn. 34).
11 Systemische Mängel des Asylverfahrens selbst können zwar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen den betreffenden Mitgliedstaat rechtfertigen, schränken aber die Befugnis der übrigen Mitgliedstaaten nicht ein, einen neuen Antrag als unzulässig abzulehnen (EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 u. a. - Rn. 95 ff.). Systemische oder allgemeine oder bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen fallen nur dann unter Art. 4 GRC, wenn sie eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen, die von sämtlichen Umständen des Falls abhängt und die dann erreicht wäre, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaates zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre. Diese Schwelle ist selbst bei durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzeichneten Situationen nicht erreicht, sofern diese nicht mit extremer materieller Not verbunden sind, aufgrund deren die betreffende Person sich in einer solch schwerwiegenden Situation befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2020 - 1 C 34.19 - Buchholz 402.251 § 29 AsylG Nr. 11 Rn. 19 unter Bezugnahme auf EuGH, Urteile vom 19. März 2019 - C-297/17 u. a. - Rn. 89 ff. und - C-163/17 [ECLI:EU:C:2019:218], Jawo - Rn. 91 ff. sowie Beschluss vom 13. November 2019 - C-540/17 u. a. - Rn. 39).
12 b) Bei der Beurteilung der Frage, ob diese Schwelle im vorliegenden Fall überschritten ist, hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht angenommen, dass die im Hinblick auf Abschiebungsverbote aufgestellte Regelvermutung einer gemeinsamen Rückkehr der Kernfamilie in den Herkunftsstaat auf die Prognose einer Rückkehr in einen anderen Mitgliedstaat zu übertragen ist. Die hierzu vom Senat entwickelten Grundsätze (BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2019 - 1 C 45.18 - BVerwGE 166, 113 Rn. 14 ff.) finden auch im Rahmen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG Anwendung (anders VGH München, Urteil vom 4. März 2024 - 24 B 22.30376 - juris Rn. 25 ff.).
13 Der Prognose, welche Gefahren einem Ausländer bei Rückkehr in den Herkunftsstaat drohen, ist eine - zwar notwendig hypothetische, aber doch - realitätsnahe Rückkehrsituation zugrunde zu legen. Lebt der Ausländer auch in Deutschland in familiärer Gemeinschaft mit der Kernfamilie, ist hiernach - obwohl das nationale Recht keinen "Familienabschiebungsschutz" kennt - für die Bildung der Prognose der hypothetische Aufenthalt des Ausländers im Herkunftsland in Gemeinschaft mit den weiteren Mitgliedern dieser Kernfamilie zu unterstellen. Art. 6 GG gewährt zwar keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt, enthält aber als wertentscheidende Grundsatznorm, dass der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, und gebietet die Berücksichtigung bestehender familiärer Bindungen bei staatlichen Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung. Bereits für die Bestimmung der voraussichtlichen Rückkehrsituation ist daher im Grundsatz davon auszugehen, dass ein nach Art. 6 GG und Art. 8 EMRK besonders schutzwürdiger Familienverband aus Eltern mit ihren minderjährigen Kindern nicht aufgelöst oder gar durch staatliche Maßnahmen zwangsweise getrennt wird. Die Mitglieder eines solchen Familienverbandes werden im Regelfall auch tatsächlich bestrebt sein, ihr - grundrechtlich geschütztes - familiäres Zusammenleben in einem Schutz- und Beistandsverband entweder im Bundesgebiet oder im Herkunftsland fortzusetzen. Diese Regelvermutung gemeinsamer Rückkehr als Grundlage der Prognose setzt eine familiäre Gemeinschaft voraus, die zwischen den Eltern und ihren minderjährigen Kindern (Kernfamilie) bereits im Bundesgebiet tatsächlich als Lebens- und Erziehungsgemeinschaft (fort-)besteht und infolgedessen die Annahme rechtfertigt, sie werde bei einer Rückkehr in das Herkunftsland dort fortgesetzt werden. Für eine in diesem Sinne "gelebte" Kernfamilie reichen allein rechtliche Beziehungen, ein gemeinsames Sorgerecht oder eine reine Begegnungsgemeinschaft nicht aus. Maßgeblich ist für die typisierende Betrachtung im Rahmen der Rückkehrprognose nicht der - nicht auf Kernfamilien beschränkte - Schutzbereich des Art. 6 GG und des Art. 8 EMRK. Bestehende, von familiärer Verbundenheit geprägte enge Bindungen jenseits der Kernfamilie mögen ebenfalls durch nach Art. 6 GG schutzwürdige besondere Zuneigung und Nähe, familiäre Verantwortlichkeit füreinander, Rücksichtnahme- und Beistandsbereitschaft geprägt sein, rechtfertigen für sich allein aber nicht die typisierende Regelvermutung gemeinsamer Rückkehr. Diese ist andererseits der Prognose auch dann zugrunde zu legen, wenn einzelnen Mitgliedern der Kernfamilie bereits bestandskräftig ein Schutzstatus zuerkannt oder für diese ein nationales Abschiebungsverbot festgestellt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2019 - 1 C 45.18 - BVerwGE 166, 113 Rn. 15 ff. m. w. N.). Diese Rechtsprechung ändert nichts daran, dass ein Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG eine individuelle Rechtsposition begründet, die nur auf Gefahren gestützt werden kann, die dem Ausländer selbst drohen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2004 - 1 C 27.03 - NVwZ 2004, 1371). Vielmehr geht es lediglich darum, die aus der Anwesenheit von Angehörigen der Kernfamilie und der anzunehmenden Erfüllung grundlegender familiärer Solidarpflichten resultierenden Folgen für die Existenzsicherung des Antragstellers selbst in die Gefahrenprognose einzubeziehen (vgl. näher BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2019 - 1 C 45.18 - BVerwGE 166, 113 Rn. 26 f.).
14 Dieses von der Ausstrahlungswirkung der Grundrechte geprägte Verständnis ist nicht nur der im Rahmen von § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG anzustellenden Gefahrenprognose, sondern ebenso bei der rechtlichen Beurteilung der bei einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG im Hinblick auf Art. 4 GRC drohenden Gefahrenlage zugrunde zu legen. Angesichts der Wertungen, die Art. 6 GG und Art. 8 EMRK für die Interpretation der hier maßgeblichen nationalen und unionsrechtlichen Vorschriften vorgeben, ist für eine abweichende, nur die Situation des Adressaten der Unzulässigkeitsentscheidung berücksichtigende Prognosebasis grundsätzlich kein Raum, da sie nicht nur an der Lebenswirklichkeit, sondern auch an zwingenden verfassungsrechtlichen Vorgaben vorbeiginge.
15 Allerdings kann der an den Fortbestand der familiären Lebensgemeinschaft geknüpfte Regelfall einer gemeinsamen Rückkehr im Familienverband insbesondere dann nicht mehr vorliegen, wenn - unter Beachtung der hierzu in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätze - der Konventions- und Grundrechtsschutz familiärer Bindungen etwa aus Gründen der öffentlichen Sicherheit zurückzutreten hat und eine zur Trennung des Familienverbandes führende Abschiebung rechtlich zulässig wäre. Näherer Betrachtung mögen bei tatsachengestütztem Missbrauchsverdacht auch Fälle bedürfen, in denen die familiäre Lebensgemeinschaft nicht schon im Herkunftsland bestanden hat, sondern erst nach der Einreise begründet worden ist, oder es sich nicht um leibliche Kinder zumindest eines Ehegatten handelt (BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2019 - 1 C 45.18 - BVerwGE 166, 113 Rn. 23).
16 c) Nicht mit Bundesrecht vereinbar ist die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, die angefochtene Unzulässigkeitsentscheidung verstoße gemessen an den dargelegten Maßstäben gegen Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK. Dieses Ergebnis wird von den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht getragen und genügt daher den revisionsrechtlichen Anforderungen im Hinblick auf die richterliche Überzeugungsbildung nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. September 2011 - 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 Rn. 21). Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK erfordern entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichtshofs bei der Rückführung von Familien mit Kindern nicht stets und unabhängig von der aktuellen Erkenntnislage und den Umständen des Einzelfalls eine individuelle Zusicherung oder eine allgemeine Erklärung der Behörden des aufnehmenden Mitgliedstaates. Die auf dieser Grundlage entwickelte entscheidungstragende Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, es sei zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht sichergestellt, dass bei einer Rückkehr des Klägers nach Italien gemeinsam mit seiner Kernfamilie deren besonderer, sich bereits aus dem Alter der 2013 und 2015 in Italien geborenen Kinder ergebender Versorgungsbedarf gedeckt sei, stützt sich auf eine unzureichende, zu schmale Tatsachengrundlage.
17 Die Frage, wann, orientiert am Maßstab der Grundrechte und der Europäischen Menschenrechtskonvention, hinreichend sichergestellt ist, dass die Unterbringung und Versorgung einer Familie mit Kindern bei einer Überstellung nach Italien gewährleistet ist, muss unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls, hier der allgemeinen Aufnahmebedingungen in Italien und der besonderen Lage des jeweiligen Ausländers beantwortet werden (EGMR <GK>, Urteile vom 4. November 2014 - Nr. 29217/12, Tarakhel - NVwZ 2015, 127 Rn. 105, EGMR, Urteile vom 24. Mai 2018 - Nr. 68862/13, N. T. P. - NJOZ 2020, 152 Rn. 42 und vom 28. Februar 2019 - Nr. 12267/16, Khan - NVwZ 2020, 617 Rn. 80 ff., 93). Insbesondere setzt eine zulässige Rückführung nach Italien entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht stets und unabhängig von der aktuellen Erkenntnislage eine individuelle Zusicherung oder eine schriftliche Erklärung der zuständigen Behörde des schutzgewährenden Mitgliedstaates der Europäischen Union voraus. Das hierfür maßgebliche Kriterium der besonderen Schutzbedürftigkeit extrem verwundbarer Personen konkretisiert die menschenrechtlichen Mindestanforderungen an die Aufnahmemodalitäten, die bei Familien mit Kleinstkindern (vgl. EGMR <GK>, Urteil vom 4. November 2014 - Nr. 29217/12 - NVwZ 2015, 127 Rn. 99, 119 und Beschluss vom 13. Januar 2015 - Nr. 51428/10, A. M. E. - Rn. 34) andere sein können als bei solchen mit Kindern im Jugendalter oder, erst recht, bei alleinstehenden Erwachsenen (vgl. EGMR, Urteil vom 2. Juli 2020 - Nr. 28820/13 u. a., N. H. u. a. - NVwZ 2021, 1121). Im Einzelfall kann daher eine konventionsgemäße Behandlung der Betroffenen durch eine Zusicherung der Behörden des Aufnahmestaates zu gewährleisten sein. An dieser Rechtsprechung hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte unter jeweils ausdrücklicher Bezugnahme auf sein Leiturteil im Fall "Tarakhel" auch in den von der Beklagten angeführten Entscheidungen vom 23. März 2021 (Nr. 46595/19, M. T.) und vom 20. April 2021 (Nr. 41100/19, A. B.) festgehalten. Hiervon kann insbesondere bei der Rückführung einer Familie mit Kleinstkindern auszugehen sein (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. Mai 2015 - 2 BvR 3024/14 u. a. - juris Rn. 7). Vorrangig ist aber regelmäßig zu prüfen, ob auf der Grundlage der aktuellen Auskunftslage zu den Aufnahmebedingungen in Italien unter Berücksichtigung der individuellen Situation des oder der Schutzberechtigten unmenschliche oder erniedrigende Lebensbedingungen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind; nur dann stellt sich die Frage einer einzelfallbezogenen Zusicherung. An einer solchen Ermittlung und Würdigung der aktuell in Italien zu erwartenden Lebensbedingungen für anerkannte Schutzberechtigte fehlt es hier.
18 Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich die Situation der Kinder des Klägers in den Blick genommen und nicht näher erörtert, weshalb ihm selbst bei einer Rückführung nach Italien eine Gefahr im Sinne des Art. 4 GRC droht. Nur in diesem Falle wäre die angefochtene Unzulässigkeitsentscheidung rechtswidrig. Der bloße Hinweis des Verwaltungsgerichtshofs, der Kläger befände sich bei einer Rückführung nach Italien in einer Situation, die einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung "gleichzustellen" wäre (UA S. 10), entbehrt einer tatsächlichen Grundlage und reicht daher nicht aus.
19 Der Verwaltungsgerichtshof wird in dem erneuten Berufungsverfahren die gesamten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen haben. Hierzu gehört neben der allgemeinen Lage in Italien in erster Linie die persönliche Situation des Klägers, in die dieser im Falle einer Rückkehr nach Italien geraten wird. Dabei wird namentlich zu berücksichtigen sein, dass der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts neun Jahre in Italien gelebt und gearbeitet hat und nach eigenen Angaben dort auch Familienmitglieder und Freunde leben. Denn Ausländer können sonst bei Rückführungen in andere Mitgliedstaaten - anders als bei einer Rückführung in ihre Herkunftsländer - regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach einer Unterkunft für die Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr zurückgreifen (vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-163/17 - Rn. 47, 94; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14 - juris Rn. 13). Weiter wird das erreichte Alter der 2013 und 2015 geborenen Kinder in den Blick zu nehmen sein, die zudem in Italien geboren sind; eines der Kinder ist während seiner ersten Lebensjahre dort aufgewachsen. Schließlich wird auf die im Revisionsverfahren mitgeteilte neue Tatsache der schweren Herz- und Nierenerkrankung der Ehefrau des Klägers einzugehen sein.
20 Der Verwaltungsgerichtshof wird gegebenenfalls zudem der Frage nachzugehen haben, ob der an den Fortbestand der familiären Lebensgemeinschaft geknüpfte Regelfall nicht oder nicht mehr vorliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2019 - 1 C 45.18 - BVerwGE 166, 113 Rn. 23). Sollten sich hierfür Anhaltspunkte ergeben - etwa im Hinblick darauf, dass der Kläger erst mehrere Jahre nach seiner Frau und den beiden Kindern nach Deutschland eingereist ist, oder mit Blick auf die von der Beklagten geltend gemachte Abweichung der Meldeadressen des Klägers einerseits, der Familienangehörigen andererseits –, werden diese ebenfalls vom Verwaltungsgerichtshof zu würdigen sein.
21 3. Die Aufhebung der in dem angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, es lägen keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor, steht mit Bundesrecht ebenfalls nicht im Einklang. Auch insoweit fehlt es namentlich im Hinblick auf § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen, die der Verwaltungsgerichtshof nunmehr zu treffen haben wird.
22 4. Die - teilweise - Aufhebung der gegenüber dem Kläger ergangenen Abschiebungsandrohung durch den Verwaltungsgerichtshof verstößt gegen Bundesrecht. Zum einen hätte die negative Bezeichnung des Staates Nigeria nicht von der Aufhebung ausgenommen werden dürfen (vgl. oben unter 1). Zum anderen ist die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung an § 34 AsylG in der nach Ergehen des Berufungsurteils am 27. Februar 2024 in Kraft getretenen Fassung zu messen, die sich aus Art. 2 Nr. 9, Art. 11 Abs. 1 des Rückführungsverbesserungsgesetzes vom 21. Februar 2024 (BGBl. I Nr. 54) ergibt. Rechtsänderungen, die nach der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts eintreten, sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Revisionsverfahren zu berücksichtigen, wenn das Tatsachengericht - entschiede es anstelle des Revisionsgerichts - sie seinerseits zu berücksichtigen hätte. Da es sich vorliegend um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Tatsachengericht nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es seiner Entscheidung, wenn es sie nunmehr träfe, die aktuelle Rechtslage zugrunde legen.
23 a) § 34 AsylG ist auf die angefochtene Abschiebungsandrohung ergänzend anzuwenden. Sie findet ihre unmittelbare Rechtsgrundlage in § 35 AsylG i. V. m. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. § 35 AsylG verdrängt die Regelungen des § 34 AsylG nicht, sondern ergänzt und modifiziert sie für den Fall der Unzulässigkeit eines Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG, indem sie den Zielstaat der angedrohten Abschiebung bestimmt. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ergeht die Abschiebungsandrohung bei nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG unzulässigen Asylanträgen ohne umfassende Sachprüfung des Asylbegehrens (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. September 2012 - 10 C 13.11 - NVwZ-RR 2013, 431 Rn. 16).
24 Die allgemeinen Regelungen des § 34 AsylG gelten damit für die asylverfahrensrechtliche Abschiebungsandrohung auch bei Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG, soweit sich aus den §§ 35 bis 37 AsylG keine Besonderheiten ergeben (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Januar 2019 - 1 C 15.18 - BVerwGE 164, 179 Rn. 48 und vom 13. Dezember 2023 - 1 C 34.22 - juris Rn. 25). § 35 AsylG regelt die formale und inhaltliche Ausgestaltung einer asylverfahrensrechtlichen Abschiebungsandrohung in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG nur zum Teil. Die Vorschrift setzt die Einhaltung weiterer Vorgaben des § 34 AsylG - beispielsweise hinsichtlich der Schriftform und der Entbehrlichkeit der Anhörung - voraus, mit der Folge, dass § 34 AsylG ergänzend anzuwenden ist (vgl. Pietzsch, in: Kluth/Heusch, Beck-OK AuslR, Stand April 2023, § 35 AsylG Rn. 2; Hailbronner, AuslR, Stand August 2022, § 35 AsylG Rn. 2; Funke-Kaiser, in: Fritz/Vormeier, GK-AsylG, Stand März 2018, § 35 Rn. 6).
25 b) Der Senat kann nicht selbst über die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung entscheiden. Sie hängt zunächst von der Rechtmäßigkeit der Unzulässigkeitsentscheidung und der Feststellung des Nichtvorliegens von Abschiebungsverboten in dem angefochtenen Bescheid ab. Soweit das erneute Berufungsverfahren wiederum zur Aufhebung der genannten Regelungen führt, kann die Abschiebungsandrohung schon aus diesem Grund keinen Bestand haben (vgl. im Hinblick auf die Unzulässigkeitsentscheidung § 35 AsylG und auf die Feststellung von Abschiebungsverboten § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG). Sollte dies nicht der Fall sein, bestimmt sich die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung unter anderem nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG. Danach ist Voraussetzung, dass der Abschiebung weder das Kindeswohl noch familiäre Bindungen noch der Gesundheitszustand des Ausländers entgegenstehen, es sei denn der Ausländer ist nach § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG aufgrund oder infolge einer strafrechtlichen Verurteilung ausreisepflichtig (Art. 2 Abs. 2 Buchst. b RL 2008/115/EG). Hinsichtlich der gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG maßgeblichen Umstände, namentlich des Kindeswohls und der familiären Bindungen des Klägers, fehlt es indessen an tragfähigen tatsächlichen Feststellungen, die der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls zu treffen haben wird, soweit sich die Voraussetzungen der Norm im erneuten Berufungsverfahren als entscheidungserheblich erweisen.
26 5. Über die Vereinbarkeit des gegenüber dem Kläger ergangenen Einreise- und Aufenthaltsverbots mit revisiblem Recht kann der Senat ebenfalls nicht abschließend entscheiden, da sie von der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung abhängt.