Beschluss vom 24.06.2021 -
BVerwG 9 A 11.20ECLI:DE:BVerwG:2021:240621B9A11.20.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.06.2021 - 9 A 11.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:240621B9A11.20.0]

Beschluss

BVerwG 9 A 11.20

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. Juni 2021
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler und Dr. Dieterich
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. November 2020 - 9 A 11.19 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens.

Gründe

1 Die zulässige Anhörungsrüge ist unbegründet. Das Rügevorbringen lässt nicht erkennen, dass das Bundesverwaltungsgericht den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

2 Das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verpflichtet das Gericht, aus seiner Sicht entscheidungserhebliches Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht jedoch dazu, sich deren Rechtsauffassung anzuschließen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. November 2017 - 10 B 4.17 - juris Rn. 10 m.w.N. <insoweit in Buchholz 428.2 § 11 VZOG Nr. 37 nicht abgedruckt>). Die Gerichte sind auch nicht verpflichtet, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Es müssen vielmehr nur die wesentlichen, der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Juli 2018 - 1 BvR 682/12 - NVwZ 2018, 1561 Rn. 19).

3 Dies zugrunde gelegt, liegt ein Gehörsverstoß nicht vor. Soweit die Klägerin behauptet, das Gericht sei nicht auf ihren Vortrag zu fehlenden EU-Beihilfen i.H.v. 700 Mio. € eingegangen, hat der Senat hierzu in seinem Urteil vom 3. November 2020 (Rn. 48) ausgeführt, dass der tatsächliche Eintritt der behaupteten Finanzierungslücke angesichts des Hinweises der Beigeladenen, dass die endgültige Höhe der Fördermittel vom Zeitpunkt der Baumaßnahmen sowie den jeweiligen Förderungszeiträumen abhängt, bereits ungewiss ist und selbst in diesem Fall die Ablehnung einer ausschließlichen Staatsfinanzierung nicht ausschließt, dass das Königreich Dänemark oder die Bundesrepublik Deutschland notfalls Teile der Kosten übernehmen. Entgegen der weiteren Rüge der Klägerin hat der Senat damit nicht festgestellt, dass eine solche Kostenübernahme tatsächlich erfolgt, sondern nur, dass sie - sofern sie überhaupt erforderlich wird - nicht von vornherein ausscheidet. Da Maßstab der gerichtlichen Überprüfung nicht die auch unter Einbeziehung sämtlicher Eventualitäten gesicherte Finanzierung, sondern lediglich ist, ob dem geplanten Vorhaben unüberwindbare finanzielle Hindernisse entgegenstehen, d.h., ob die Finanzierbarkeit ausgeschlossen ist, bedurfte es insoweit weder weitergehender Feststellungen noch widerspricht die Entscheidung dem Umstand, dass von dänischer und deutscher Seite keine reine Haushaltsfinanzierung vorgesehen ist.

4 Soweit die Klägerin rügt, der Senat habe nicht auf eine Ergänzung eventuell noch fehlender tatsächlicher Sachverhaltsangaben hingewirkt, verkennt sie, dass gemäß § 18e Abs. 5 Satz 1 AEG in der Fassung des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich vom 29. November 2018 (BGBl. I 2237) der Kläger bereits innerhalb der Begründungsfrist fundiert die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen zu benennen und den Prozessstoff substantiiert darzulegen hat. Aufgabe des Gerichts ist es hingegen nicht, Klägern - ungeachtet des einer geordneten und konzentrierten Verfahrensführung dienenden Vertretungszwangs gemäß § 67 Abs. 4 VwGO - gleichsam beratend zur Seite zu stehen und das gerade in planfeststellungsrechtlichen Verfahren regelmäßig umfangreiche Vorbringen auf etwaigen Ergänzungsbedarf durchzusehen. Die Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO verlangt im Übrigen nicht, dass das Gericht den Beteiligten vorab seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs mitteilt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. November 2012 - 9 BN 2.12 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 111 Rn. 2). Ebenso wenig dient die mündliche Verhandlung dazu, jegliches Vorbringen der Beteiligten zu erörtern. Weder eine fehlende Erwähnung durch das Gericht noch schriftsätzlich formulierte Annahmen des Klägers können daher ein Vertrauen begründen, das Gericht unterstelle dessen Vortrag als zutreffend. Auf die fehlende Substantiierung des Vorbringens zu einer vermeintlichen Beanstandung des Europäischen Rechnungshofs hinsichtlich der Verwendung von Fördergeldern durch die Beigeladene hat im Übrigen Letztere bereits in ihrer Klageerwiderung vom 26. September 2019 (S. 16) hingewiesen, ohne dass die Klägerin ihren Vortrag nachfolgend konkretisiert hat. Ein zusätzlicher Hinweis des Gerichts war auch deshalb nicht erforderlich.

5 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil sich die Höhe der Gerichtsgebühr nicht nach dem Streitwert bemisst, sondern unmittelbar aus Nr. 5400 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG ergibt.