Verfahrensinformation



Der Kläger, ein Journalist, begehrt vom Bundesnachrichtendienst (BND), ihm Auskünfte im Zusammenhang mit dessen Öffentlichkeitsarbeit zur militärischen Situation in der Ukraine und zum Ursprung des Corona-Virus zu erteilen.


Anlass für die Anfragen zum Ukraine-Krieg war ein in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 25. Mai 2024 erschienener Artikel, in dem darüber berichtet wurde, dass der stellvertretende Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Roderich Kiesewetter, MdB, behauptet habe, der BND verbreite eine bewusst negative Einschätzung der militärischen Situation in der Ukraine, um die öffentliche Meinung dahingehend zu beeinflussen, dass Waffenlieferungen nichts (mehr) brächten.


Hintergrund der Anfragen zum Ursprung der COVID-19-Pandemie war ein im März 2025 in der Süddeutschen Zeitung und der Zeit erschienener gleichlautender Artikel, wonach der BND seit dem Jahr 2020 über Informationen und Auswertungen zum Ursprung des SARS-CoV-2-Virus in einem chinesischen Labor verfügt habe und die Bundesregierungen davon Kenntnis gehabt hätten.


Der BND verweigert die begehrten Auskünfte mit der Begründung, einem presserechtlichen Anspruch des Klägers stünden jeweils überwiegende öffentliche und/oder private Belange entgegen. Die Auskünfte könnten insbesondere seine Funktionsfähigkeit und die auswärtigen Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigen. Im Hinblick auf mehrere Anfragen sei (auch) das Recherche- und Redaktionsgeheimnis anderer Medien und Medienvertreter vorrangig.


Urteil vom 25.09.2025 -
BVerwG 10 A 3.24ECLI:DE:BVerwG:2025:250925U10A3.24.0

Presserechtlicher Auskunftsanspruch zu Hintergrundgesprächen des BND über die Einschätzung der militärischen Situation in der Ukraine

Leitsatz:

Die Teilnahme eines Journalisten an einem Einzelhintergrundgespräch, bei dem im Wesentlichen nur seitens der Behörde Informationen vermittelt und keine Fragen beantwortet werden, fällt in den Schutzbereich des Grundrechts der Pressefreiheit.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 5 Abs. 1 Satz 2
    VwGO § 91

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 25.09.2025 - 10 A 3.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:250925U10A3.24.0]

Urteil

BVerwG 10 A 3.24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2025 durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Rublack und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Schemmer, Dr. Löffelbein, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Bähr und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Naumann für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger ist Journalist der Berliner Zeitung "Der Tagesspiegel". Er begehrt vom Bundesnachrichtendienst (BND) Auskünfte über mit Medienvertretern seit Jahresanfang 2024 geführte Einzelhintergrundgespräche zur militärischen Situation in der Ukraine.

2 Hintergrund der Recherchen des Klägers sind kritische Äußerungen des CDU-Bundestagsabgeordneten Roderich Kiesewetter aus dem Jahr 2024, wonach hinsichtlich des Ukrainekriegs "pessimistische Lagebilder" aus - mutmaßlich deutschen - Geheimdienstkreisen "bewusst gestreut" würden, um zu suggerieren, dass die Situation aussichtslos sei und eine militärische Unterstützung der Ukraine nichts mehr bringe. Die begehrten Auskünfte waren überwiegend bereits Gegenstand der Senatsbeschlüsse vom 12. September 2024 (10 VR 1.24 ) und vom 6. November 2024 (10 VR 3.24 ).

3 Mit Schriftsatz vom 7. Januar 2025 hat der Kläger begehrt, die Erweiterung seiner Klage um die Frage zuzulassen, ob der BND bei Einzelhintergrundgesprächen mit Medienvertretern zu seinen Erkenntnissen auch Einschätzungen bzw. Prognosen über zukünftige Entwicklungen "zum angefragten Thema" abgebe. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 10. März 2025 in die Klageänderung eingewilligt.

4 Der Kläger hat im gerichtlichen Verfahren weitere Auskünfte begehrt, insbesondere Einschätzungen zur mutmaßlichen Herkunft des Corona-Virus in China und Einschätzungen zur Wahrscheinlichkeit eines militärischen Angriffs von Russland auf NATO-Mitgliedstaaten. Mit Beschluss vom 25. September 2025 hat der Senat diese Streitstoffe von dem vorliegenden Verfahren abgetrennt und unter den Aktenzeichen BVerwG 10 A 5.25 und 10 A 6.25 fortgeführt.

5 Zur Klagebegründung macht der Kläger geltend: Die wesensprägenden Eigenschaften der Einzelhintergrundgespräche rechtfertigten es, die dabei übermittelten Informationen als Eigeninformationen des BND zu qualifizieren. Das Einlassen auf derartige Informationsgespräche beim BND verdiene deshalb nicht die Bezeichnung als Recherche. Er, der Kläger, nehme demgegenüber das Informationsinteresse der Presse im Zusammenhang mit seinen Recherchen wahr, die die Beziehungen zwischen Nachrichtendiensten und Presse transparent machen sollten. Die Praxis des BND bei der Informationserteilung in Hintergrundgesprächen könne sich negativ auf eine Information der Öffentlichkeit auswirken. Die vereinbarte Vertraulichkeit schließe nicht aus, dass über die von der Behörde erlangten Informationen berichtet werde. Regelmäßig seien die Hintergrundgespräche auch darauf angelegt, gezielt amtliche Informationen in die Öffentlichkeit zu tragen. Vermieden werden solle dabei, dass die Behörde als Informationsquelle benannt werde. Ein erheblicher Teil der investigativen Recherchen im staatlichen Bereich speise sich aus diesen Quellen. Leitenden Behördenvertretern werde dadurch ermöglicht, im Wege "selektiver Informationsvermittlung" gezielt mit bestimmten Medien oder Journalisten zu kooperieren, während andere von einer Informationserteilung ausgeschlossen seien. Das Bundesverwaltungsgericht übergehe in seiner Rechtsprechung den Umstand, dass Behörden hier aus einem geschützten Informantenstatus für die Öffentlichkeit unerkannt öffentliche Berichterstattung initiierten. Der staatliche Urheber von Informationen werde gegenüber der Öffentlichkeit verschleiert.

6 Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu folgenden Fragen zu erteilen:

  1. An welche Medien hat der BND seit Jahresanfang 2024 in sogenannten vertraulichen Einzelhintergrundgesprächen Eigeninformationen zur militärischen Situation in der Ukraine erteilt?
  2. Trifft es zu, dass der BND in mehreren der zu 1 bezeichneten sogenannten vertraulichen Einzelhintergrundgesprächen zur militärischen Situation in der Ukraine eine Einschätzung zu einem militärischen Sieg der Ukraine über Russland abgegeben hat?
  3. Gegenüber welchen Medien hat der BND seit Jahresanfang 2024 in sogenannten vertraulichen Einzelhintergrundgesprächen eine Einschätzung zu einem militärischen Sieg der Ukraine über Russland abgegeben?
  4. Gibt der BND bei Einzelhintergrundgesprächen mit Medienvertretern zu Erkenntnissen des BND zumindest gelegentlich auch Einschätzungen und/​oder Prognosen über zukünftige Entwicklungen zum angefragten Thema ab?

7 Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

8 Sie tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen.

II

9 Die Klage, für die das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz zuständig ist, ist unbegründet. Dem Kläger stehen auf der Grundlage des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs der Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG die begehrten Auskünfte nicht zu. Der Kläger ist nach Maßgabe des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs der Presse zwar grundsätzlich anspruchsberechtigt (1.). Es sind aber Ausschlussgründe gegeben (2.).

10 1. Der Kläger unterfällt dem persönlichen Anwendungsbereich des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

11 Das Grundrecht der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verleiht in seiner objektiv-institutionellen Dimension und in Ermangelung einer einfachgesetzlichen bundesrechtlichen Regelung den Presseangehörigen einen verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch gegenüber Bundesbehörden, soweit auf diese die Landespressegesetze mit den in ihnen enthaltenen Auskunftsanspruchsnormen wegen der entgegenstehenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes keine Anwendung finden. Aufgrund dieses verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs können Presseangehörige auf hinreichend bestimmte Fragen behördliche Auskünfte verlangen, soweit die entsprechenden Informationen bei der Behörde vorhanden sind (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 7. November 2024 ‌- 10 A 5.23 - BVerwGE 183, 385 Rn. 10 m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

12 2. Es liegen aber überwiegende private und öffentliche Interessen vor, die dem verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch des Klägers entgegenstehen.

13 a) Der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch fordert eine einzelfallbezogene Abwägung des Informationsinteresses der Presse mit den gegenläufigen schutzwürdigen Interessen im Einzelfall. Dabei kommt eine Bewertung des Informationsinteresses der Presse grundsätzlich nicht in Betracht. Zudem darf der Anspruch in seinem materiellen Gehalt nicht hinter demjenigen der im Wesentlichen inhaltsgleichen, auf eine Abwägung zielenden Auskunftsansprüche nach den Landespressegesetzen zurückbleiben. Entscheidend ist, ob dem Informationsinteresse der Presse schutzwürdige Interessen von solchem Gewicht entgegenstehen, die den Anspruch auf Auskunft ausschließen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Juli 2021 - 6 A 10.20 - BVerwGE 173, 118 Rn. 18 und vom 9. November 2023 - 10 A 2.23 - NVwZ 2024, 573 Rn. 12, jeweils m. w. N.).

14 b) Der Beantwortung der Frage 1 steht das von der Pressefreiheit geschützte Recherchegeheimnis der betroffenen Medien entgegen. Die Pressefreiheit umfasst auch den Vorgang der Informationsbeschaffung. Hierzu gehört die Teilnahme von Medien und ihrer Vertreter an (Einzel-)Hintergrundgesprächen des BND. Die Pressefreiheit des Klägers steht somit in einem Konflikt mit der Pressefreiheit der von seiner Anfrage betroffenen Medien, wobei sich auch öffentlich-rechtliche Medien auf den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG im Rahmen der Rundfunkfreiheit berufen können (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. April 2023 - 1 BvR 601/23 - NVwZ 2024, 55 Rn. 9). Dieser Konflikt kann nur durch eine Abwägung zwischen den gegenläufigen verfassungsrechtlich geschützten Interessen mehrerer Träger der Pressefreiheit gelöst werden. Maßgeblich ist hierbei, ob die Offenlegung der begehrten Informationen einen hinreichend konkreten Bezug zu den Recherchen der betroffenen Medien herstellen kann, der die Annahme einer Gefahr der Aufdeckung der Recherche durch Dritte rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 9. November 2023 - 10 A 2.23 - BVerwGE 181, 24 Rn. 22 ff. m. w. N.). Dies ist hier der Fall.

15 aa) Der Senat hat mit Beschluss vom 12. September 2024 - 10 VR 1.24 - die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, in wie vielen der sogenannten vertraulichen Einzelhintergrundgespräche der BND seit Jahresanfang 2024 Informationen zur militärischen Situation in der Ukraine an Medienvertreter erteilt hat. Zur Begründung hat er angeführt, dass im Hinblick auf die erbetenen bloßen Zahlenangaben kein Ausschlussgrund erkennbar sei, der der Preisgabe der Informationen entgegenstehen könnte (BVerwG, Beschluss vom 12. September 2024 - 10 VR 1.24 - ‌NVwZ 2024, 1773 Rn. 23). Daraufhin übermittelte die Beklagte dem Kläger am 25. September 2024 die Auskunft, dass der BND seit Jahresanfang 2024 in acht sogenannten Einzelhintergrundgesprächen Informationen zur militärischen Situation in der Ukraine an Medienvertreter erteilt habe (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. November 2024 - 10 VR 3.24 - juris Rn. 2).

16 Vor diesem Hintergrund beruft sich die Beklagte zur Begründung ihrer Auskunftsverweigerung zu Recht auf das Recherchegeheimnis der betroffenen Medien. Der hinreichend konkrete Bezug zu den Recherchen der Medienvertreter ergibt sich aus der personellen, thematischen wie zeitlichen Umgrenzung des klägerischen Begehrens. Dem Kläger ist die niedrige Anzahl der Einzelhintergrundgespräche zur militärischen Situation in der Ukraine bekannt. Das Recherchethema ist inhaltlich klar umrissen und zeitlich (ab Jahresbeginn 2024) stark eingegrenzt. Die Nennung der beteiligten Medien würde den betroffenen Personenkreis weiter erheblich konkretisieren, so dass die Gefahr der Aufdeckung der Recherche(n) besteht. Demgegenüber hat der Kläger nichts Konkretes vorgetragen, um den Ausschlussgrund zu entkräften. Er beschränkt sich auf pauschale Vermutungen.

17 bb) Soweit der Kläger vorträgt, die Teilnahme von Journalisten an Einzelhintergrundgesprächen sei keine Recherche, weil ihnen dort im Wesentlichen nur Eigeninformationen des BND vermittelt und keine Fragen beantwortet würden, kann er damit nicht durchdringen. Zur Beschaffung von Informationen gehört auch die Teilnahme von Medienvertretern an den vom BND durchgeführten Einzelhintergrundgesprächen. Diese Tätigkeit fällt in den Schutzbereich des Grundrechts der Pressefreiheit (vgl. zu sog. Kennenlernterminen beim BND: BVerwG, Urteil vom 8. Juli 2021 - 6 A 10.20 - BVerwGE 173, 118 Rn. 31). Die Medien sind zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben auf die Erteilung von Auskünften durch öffentliche Stellen angewiesen. Diese Form der Informationsbeschaffung kann das einzige zur Verfügung stehende Mittel der Recherchearbeit sein, wenn private Informanten oder andere Mittel der verdeckten Recherche nicht zur Verfügung stehen (BVerwG, Urteile vom 8. Juli 2021 - 6 A 10.20 - BVerwGE 173, 118 Rn. 40 und vom 9. November 2023 - 10 A 2.23 - BVerwGE 181, 24 Rn. 25). Die Unterstellungen des Klägers zur Öffentlichkeitsarbeit des BND zwingen daher nicht zu einem Überdenken dieser gefestigten Rechtsprechung, so dass es auf die tatsächliche und rechtliche Einordnung sogenannter Eigeninformationen nicht ankommt.

18 c) Einer Auskunft zu Frage 2 stehen überwiegende öffentliche Interessen in Form des Schutzes der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland entgegen. Hier geht es um die Einschätzung des BND zu einem militärischen Sieg der Ukraine über Russland und damit um den Inhalt seiner Öffentlichkeitsarbeit.

19 Der Schutz der auswärtigen Interessen der Bundesrepublik Deutschland kann die Erteilung einer presserechtlichen Auskunft als überwiegendes öffentliches Interesse ausschließen (BVerwG, Urteil vom 7. November 2024 - 10 A 5.23 - ‌BVerwGE 183, 385 Rn. 18). Da der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch der Presse nicht positiv-rechtlich normiert ist, fehlt insoweit zwar eine ausformulierte Regelung, die - wie beispielsweise § 3 Nr. 1 Buchst. a IFG - den Informationszugang sperrt, wenn das Bekanntwerden bestimmter Informationen nachteilige Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland haben kann. Schon deren Nennung an erster Stelle der Aufzählung besonderer öffentlicher Belange in § 3 IFG unterstreicht jedoch den hohen Stellenwert des Schutzes der auswärtigen Beziehungen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Dezember 2016 - 6 S 22/16 - ZD 2017, 489 Rn. 9), die unbeschadet einfachrechtlicher Positivierung zu wahren sind (BVerwG, Beschluss vom 12. September 2024 - 10 VR 1.24 - NVwZ 2024, 1773 Rn. 27). Der Schutz auswärtiger Beziehungen ist auch ohne ausdrückliche Benennung unter das in die Abwägung einzubeziehende Auskunftsverweigerungsrecht wegen überwiegender öffentlicher Interessen im Sinne der Landespressegesetze zu subsumieren.

20 Die Pflege auswärtiger Beziehungen fällt innerhalb des Verfassungsgefüges der Bundesrepublik Deutschland in die Verbandskompetenz des Bundes (Art. 32 Abs. 1 GG), beim Bund zuvörderst der Bundesregierung. Deswegen steht ihr in diesem Bereich auch ein weit bemessener Spielraum eigener Gestaltung zu (BVerfG, Urteil vom 7. Mai 2008 - 2 BvE 1/03 - BVerfGE 121, 135 <158>), der sich weitgehend der gerichtlichen Kontrolle entzieht (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2009 - 7 C 22.08 - NVwZ 2010, 321 Rn. 15). Bei der Wahrnehmung der auswärtigen Beziehungen bedient sich die Bundesregierung u. a. des BND, welcher gemäß § 1 Abs. 2 BNDG Erkenntnisse sammelt, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind. Hierbei untersteht er der Aufsicht des Bundeskanzleramts gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 BNDG (BVerwG, Urteil vom 7. November 2024 - 10 A 5.23 - BVerwGE 183, 385 Rn. 18). Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung der Beklagten plausibel, dass Informationen über etwaige Beurteilungen des BND zur militärischen Situation in der Ukraine gegenüber Medienvertretern in Hintergrundgesprächen wie auch über eine Einschätzung des BND zur Aussicht auf einen Sieg der Ukraine über Russland die Stellung und Wahrnehmung der Bundesrepublik Deutschland in der internationalen Gemeinschaft beeinträchtigen könnten. Dies gilt verstärkt für die vom Kläger vermutete Mitbeeinflussung der Darstellung der militärischen Situation in der Ukraine (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. September 2024 - 10 VR 1.24 - NVwZ 2024, 1773 Rn. 28 und vom 6. November 2024 - 10 VR 3.24 - juris Rn. 8). Vor diesem gravierenden öffentlichen Interesse muss im Einzelfall das von der Pressefreiheit des Klägers getragene Auskunftsinteresse zurückstehen. Umstände, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, hat der Kläger auch im Hauptsacheverfahren nicht geltend gemacht.

21 d) In Frage 3 fasst der Kläger lediglich die Fragen 1 und 2 noch einmal in einer Frage zusammen. Einer Auskunft stehen deshalb auch hier - aus den dargelegten Gründen - das Recherchegeheimnis der betroffenen Medien und der Schutz der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland entgegen.

22 e) Im Hinblick auf Frage 4 zu Einschätzungen und/​oder Prognosen über zukünftige Entwicklungen "zum angefragten Thema" ist ebenfalls der Ausschlussgrund des Schutzes der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland gegeben. Das angefragte Thema kann vor dem Hintergrund der mit der Klageerhebung zunächst lediglich gestellten Fragen 1 bis 3 nur als Klageerweiterung mit Blick auf die militärische Situation in der Ukraine verstanden werden (§§ 133, 157 BGB). Insoweit ergänzt der Kläger lediglich seine Frage 2. Dies führt nicht zu einem Wegfall des Ausschlussgrundes, weil, wie die Beklagte nachvollziehbar ausführt, auch der Beantwortung der ergänzten Frage ein gravierendes öffentliches Interesse im Einzelfall entgegensteht.

23 f) In ein umfassenderes Verständnis der Frage 4, abstrakt und losgelöst von der Ukraine, wie vom Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, hat die Beklagte nicht gemäß § 91 VwGO eingewilligt. Ihr Schriftsatz vom 10. März 2025 bezieht sich ausdrücklich auf Einzelhintergrundgespräche zur militärischen Situation in der Ukraine. Eine Klageänderung ist insoweit auch nicht sachdienlich. Die Sachdienlichkeit setzt voraus, dass der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt (BVerwG, Urteile vom 28. April 1999 - 4 C 4.98 - ‌BVerwGE 109, 74 <78 f.> und vom 18. August 2005 - 4 C 13.04 - BVerwGE 124, 132 <136>) oder dass - bei neuem Streitstoff - das Ergebnis der bisherigen Prozessführung verwertet werden kann (BVerwG, Urteile vom 5. August 1982 - 5 C 102.81 - Buchholz 436.51 § 62 JWG Nr. 1 S. 3 und vom 23. Februar 2017 - 7 C 31.15 - NVwZ 2017, 1775 Rn. 29; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 91 Rn. 31). Dies ist hier nicht der Fall. Neuer Streitstoff, der losgelöst von der militärischen Situation in der Ukraine, in das Klageverfahren eingeführt wird, kann nicht an der bisherigen Prozessführung zum Thema Ukraine anknüpfen und teilhaben.

24 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.