Verfahrensinformation

Die Klägerin bietet auf der Grundlage eines eigenen Funknetzes regional begrenzt Sprachtelefondienst und einen funkgestützten Internetzugang an. Die dafür benötigten Funkfrequenzen im 2,6-GHz-Band waren ihr seit dem Jahr 1999, befristet bis zum 31. Dezember 2007, zugeteilt worden. Ihre Bemühungen um eine Verlängerung dieser von ihr übergangsweise weiterbenutzten Frequenzen blieben bislang erfolglos.


Mit der vorliegenden Klage wendet die Klägerin sich gegen Frequenzverlagerungsbescheide, mit denen die Bundesnetzagentur zwei Mobilfunknetzbetreibern neue Frequenzen im 900-MHz-Bereich gegen Rückgabe anderer Frequenzen zugeteilt hat. Die Klägerin beruft sich darauf, dass ihr (auch) insoweit ein Anspruch auf Teilnahme an einem diskriminierungsfreien Vergabeverfahren zustehe. Nachdem sie in den Vorinstanzen unterlegen ist, verfolgt sie ihren Anspruch mit der Revision weiter.


Pressemitteilung Nr. 5/2011 vom 26.01.2011

Klage gegen Verlagerung von Funkfrequenzen erfolglos

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute die Abweisung der Klage eines Telekommunikationsunternehmens bestätigt, das sich gegen eine sog. Frequenzverlagerung durch die Bundesnetzagentur gewandt hatte.


Die Klägerin bietet auf der Grundlage eines eigenen Funknetzes Sprachtelefondienst und einen funkgestützten Internetzugang an. Die dafür benötigten Funkfrequenzen im 2600-MHz-Band waren ihr seit dem Jahr 1999 zugeteilt worden; tatsächlich nutzt sie sie allerdings nur zu einem geringen Teil. Die Bemühungen der Klägerin um eine Verlängerung der schon am 31. Dezember 2007 ausgelaufenen und seither für sie nur noch übergangsweise verfügbaren Frequenznutzungsrechte blieben bislang erfolglos.


Im Februar 2006 entschied die Bundesnetzagentur nach vorheriger Anhörung der Marktteilnehmer, ehemals militärisch genutzte Frequenzen im 900-MHz-Bereich den beigeladenen Mobilfunknetzbetreibern E-Plus und O2 zuzuteilen. Das Frequenznutzungskonzept der Behörde sah vor, dass die beiden Mobilfunknetzbetreiber andere Frequenzen aus dem 1800-MHz-Band zurückzugeben hatten, deren Neuzuteilung alsdann einem Vergabeverfahren vorbehalten sein sollte. Die Klägerin machte demgegenüber geltend, dass ihr bereits hinsichtlich der - von ihr als höherwertig erachteten - 900-MHz-Frequenzen ein Anspruch auf Teilnahme an einem diskriminierungsfreien Vergabeverfahren zustehe. Die Klage blieb vor dem Verwaltungsgericht Köln und dem Oberverwaltungsgericht Münster ohne Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.


Die Entscheidung der Bundesnetzagentur, bestimmte Funkfrequenzen zur Förderung eines nachhaltigen Wettbewerbs zwischen den vorhandenen vier deutschen Mobilfunknetzbetreibern einem oder mehreren von ihnen direkt zuzuteilen und erst im Austausch freigegebene - gleichwertige - Frequenzen einem Vergabeverfahren zuzuführen, kann mit den regulatorischen Zielen des Telekommunikationsgesetzes vereinbar sein. Unabhängig davon, ob im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für ein derartiges Vorgehen der Bundesnetzagentur erfüllt sind und ob sie ihr diesbezügliches Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat, wurden durch die gewählte Verfahrensgestaltung hier jedenfalls keine subjektiven Rechte der Klägerin verletzt. Denn sie erfüllte in dem dafür maßgeblichen Zeitpunkt der angegriffenen (abschließenden) Entscheidung der Bundesnetzagentur über die Frequenzverlagerung nicht die Zuteilungsvoraussetzungen an sich, nachdem sie auch nicht ansatzweise ein eigenes Konzept für eine effiziente Nutzung der begehrten Frequenzen aus dem 900-MHz-Bereich entwickelt hatte.


BVerwG 6 C 2.10 - Urteil vom 26.01.2011

Vorinstanz:

, - vom -


Urteil vom 26.01.2011 -
BVerwG 6 C 2.10ECLI:DE:BVerwG:2011:260111U6C2.10.0

Leitsätze:

1. Entschließt sich die Bundesnetzagentur zur Förderung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG) dazu, ein nach § 55 Abs. 9 TKG grundsätzlich vergabefähiges Frequenzspektrum im Wege der Frequenzverlagerung bestimmten Marktteilnehmern unmittelbar zuzuteilen und erst die von diesen im Austausch zurückzugebenden Frequenzen gegebenenfalls einem Vergabeverfahren zuzuführen, bedarf es dafür einer Beschlusskammerentscheidung nach § 132 Abs. 1 TKG.

2. Die Aufhebung einer Frequenzzuteilung kann im Wege der Drittanfechtungsklage nur verlangt werden, wenn die Zuteilung an den Kläger selbst jedenfalls möglich erscheint. Für die Erfüllung der Zuteilungsvoraussetzungen in seiner Person ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung der Bundesnetzagentur maßgeblich.

  • Rechtsquellen
    TKG §§ 55, 132
    VwGO § 42 Abs. 2
    VwVfG § 51 Abs. 1 Nr. 1

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 26.05.2009 - AZ: OVG 13 A 424/08
    VG Köln - 30.11.2007 - AZ: VG 11 K 5392/06 

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 26.01.2011 - 6 C 2.10 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:260111U6C2.10.0]

Urteil

BVerwG 6 C 2.10

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 26.05.2009 - AZ: OVG 13 A 424/08
  • VG Köln - 30.11.2007 - AZ: VG 11 K 5392/06 

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Graulich, Vormeier, Dr. Bier und Dr. Möller
für Recht erkannt:

  1. Die Revision der Klägerin gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. Mai 2009 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe

I

1 Die Klägerin wendet sich gegen Frequenzverlagerungsbescheide der Bundesnetzagentur an die Beigeladenen.

2 Seit 1999 wurden der Klägerin, befristet bis zum 31. Dezember 2007, insgesamt 36 regionale Frequenzen für den ortsfesten Betrieb von Funkanlagen im 2600-MHz-Band zugeteilt. Auf dieser Grundlage bietet sie in vier Regionen Sprachtelefondienst und einen funkgestützten Internetzugang an. Die übrigen regionalen Frequenzen nutzt sie nicht. Der Antrag der Klägerin auf Verlängerung der Frequenzzuteilungen wurde mit Bescheid der Bundesnetzagentur vom 4. November 2005 abgelehnt; der diesbezügliche Verpflichtungsrechtsstreit ist noch nicht rechtskräftig entschieden.

3 Die Beigeladene zu 1 als Inhaberin der E1-Lizenz vom 4. Mai 1993 (ABl. BMPT S. 229) und die Beigeladene zu 2, der am 15. Mai 1997 die E2-Lizenz (ABl. BMPT S. 680) erteilt worden ist, betreiben in Deutschland digitale zellulare Mobilfunknetze nach dem europäischen Telekommunikationsstandard DCS 1800.

4 Nachdem das Bundesministerium der Verteidigung als E-GSM-Bänder bezeichnete, ehemals militärisch genutzte Frequenzbereiche von 880 bis 890 bzw. 925 bis 935 MHz freigegeben hatte, eröffnete die Bundesnetzagentur mit Verfügung Nr. 31/2005 vom 4. Mai 2005 (ABl. BNetzA S. 746) eine Anhörung zur „Vergabe weiteren Spektrums für den digitalen zellularen öffentlichen Mobilfunk unterhalb von 1,9 GHz (GSM-Konzept)“ und gab den interessierten Kreisen Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 4. Juli 2005. Das Konzept sah vor, in den Frequenznutzungsteilplänen 226 und 227 die Frequenznutzung „Militärische Funkanwendungen“ durch die Nutzung „Digitaler zellularer Mobilfunk“ zu ersetzen, die E-GSM-Frequenzen im Rahmen bestehender Lizenz- und Frequenznutzungsrechte auf die Beigeladenen zu verlagern und ein von diesen im Gegenzug freizugebendes Spektrum im Bereich von 1800 MHz dem Markt bedarfsgerecht und diskriminierungsfrei zur Verfügung zu stellen. Die Klägerin gab hierzu keine Stellungnahme ab. Mit Verfügung Nr. 87/2005 vom 30. November 2005 (ABl. BNetzA S. 1807) veröffentlichte die Bundesnetzagentur die überarbeiteten Frequenznutzungsteilpläne 226 und 227 und bestätigte mit Verfügung Nr. 88/2005 vom selben Tag (ABl. BNetzA S. 1852) ihr GSM-Konzept. In diesem Dokument heißt es, das Konzept sei keine förmliche Entscheidung und keine unmittelbar die Rechtslage gestaltende Regelung, sondern Ausdruck planerischen Ermessens und bilde eine Klammer zwischen den einschlägigen Frequenznutzungsteilplänen und den Frequenzzuteilungen.

5 Auf dieser Grundlage erließ die Bundesnetzagentur am 3. Februar 2006 die umstrittenen Frequenzverlagerungsbescheide gegenüber den Beigeladenen. Darin wurden der Beigeladenen zu 1 Funkfrequenzen von 880,1 MHz bis 885,1 MHz (Unterband) sowie 925,1 MHz bis 930,1 MHz (Oberband) und der Beigeladenen zu 2 Funkfrequenzen von 885,1 MHz bis 890,1 MHz (Unterband) sowie 930,1 MHz bis 935,1 MHz (Oberband) mit sofortiger Wirkung nach Maßgabe besonderer Nutzungsbestimmungen zugeteilt. Ihnen wurde aufgegeben, die bestehende Nutzung bestimmter Funkfrequenzen im Spektrum von 1800 MHz, auf die sie zu verzichten hatten, bis zum 31. Januar 2007 zu beenden. Die bestehenden Rechte und Verpflichtungen der Frequenzzuteilungsinhaber im Übrigen wurden hierdurch ausdrücklich nicht berührt.

6 Die Klägerin legte gegen die Frequenzverlagerungsbescheide Widerspruch ein, da die Zuteilung der E-GSM-Frequenzen an die Beigeladenen nicht auf einem chancengleichen Vergabeverfahren beruhe, für welches auch sie, die Klägerin, eine Bewerbung anstrebe. Nach Zurückweisung des Widerspruchs durch Widerspruchsbescheid der Bundesnetzagentur vom 4. Dezember 2006 hat die Klägerin die vorliegende Klage auf Aufhebung der ergangenen Bescheide und Verpflichtung der Beklagten zur Eröffnung eines Vergabeverfahrens erhoben. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin mit folgender Begründung zurückgewiesen: Die Drittanfechtungsklage sei unzulässig. Es fehle an der Klagebefugnis, da die Klägerin weder im Rahmen der Anhörung zum GSM-Konzept der Bundesnetzagentur noch bis zum Erlass der Frequenzverlagerungsbescheide bzw. des Widerspruchsbescheides ein konkretes eigenes Nutzungsinteresse an den hier streitbefangenen Frequenzen geltend gemacht habe.

7 Zur Begründung der - vom Senat zugelassenen - Revision macht die Klägerin geltend: In dem angefochtenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts, der in verfahrensrechtlicher Hinsicht auf einer Verletzung von § 86 Abs. 1 VwGO, § 108 Abs. 1 VwGO, § 108 Abs. 2 VwGO i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG sowie auf der fehlerhaften Anwendung des § 130a VwGO über das vereinfachte Berufungsverfahren beruhe, werde ihr die Klagebefugnis zu Unrecht abgesprochen. Denn die Möglichkeit einer eigenen Verletzung in ihrem Recht auf Teilnahme an einem chancengleichen und diskriminierungsfreien Vergabeverfahren sei jedenfalls nicht auszuschließen. Die Bundesnetzagentur habe die angefochtenen Zuteilungen außerhalb der gesetzlich vorgegebenen Verfahren vorgenommen. Einen konkreten Frequenzbedarf habe sie, die Klägerin, jedenfalls für den 2600-MHz-Bereich geltend gemacht; dieser Bedarf hätte im Rahmen einer frequenzbereichsübergreifenden Gesamtbetrachtung auch für den hier in Rede stehenden Frequenzbereich berücksichtigt werden müssen. Der Umstand, dass sie bislang einen nicht-mobilen breitbandigen Internetzugangsdienst auf regionaler Basis anbiete, schließe die Möglichkeit nicht aus, dass sie ihr Angebot auf einen bundesweiten mobilen Internetzugang umstelle. In der Sache hätte der Klage schon deshalb stattgegeben werden müssen, weil die Bundesnetzagentur das von ihr reklamierte Ermessen hinsichtlich der Anordnung eines Vergabeverfahrens bislang nicht ordnungsgemäß ausgeübt habe. Die Veröffentlichung eines rechtlich unverbindlichen Konzeptes genüge nicht den Anforderungen an die Ausübung planerischen Ermessens. Zudem seien die den Beigeladenen zugeteilten Frequenzen im Bereich von 900 MHz und die von diesen im Gegenzug freigegebenen Frequenzen im Bereich von 1800 MHz technisch und wirtschaftlich nicht gleichwertig.

8 Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts vom 26. Mai 2009 und des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 30. November 2007
1. die gegenüber den Beigeladenen erlassenen Frequenzverlagerungsbescheide vom 3. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2006 aufzuheben und
2. die Beklagte zu verpflichten, für die Frequenzen 880,1 MHz bis 890,1 MHz sowie 925,1 MHz bis 935,1 MHz ein Vergabeverfahren zu eröffnen.

9 Die Beklagte und die Beigeladenen beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

10 Sie verteidigen die angegriffene Berufungsentscheidung.

II

11 Die Revision ist unbegründet. Der angefochtene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts steht zwar, soweit er der Klage mangels Klagebefugnis die Zulässigkeit abspricht, nicht mit Bundesrecht in Einklang (1.), erweist sich aber im Ergebnis als zutreffend (2.).

12 1. Die Anfechtungsklage gegen die den Beigeladenen erteilten Frequenzverlagerungsbescheide ist zulässig.

13 a) Das Klagebegehren, das darauf gerichtet ist, die Beigeladenen aus ihrer Rechtsposition zu verdrängen, um selbst - jedenfalls potentiell nach Maßgabe eines Vergabeverfahrens - an ihre Stelle zu treten, ist auf der ersten Stufe als Anfechtungsklage statthaft. Denn erst die erfolgreiche Anfechtung der Drittbegünstigung schafft die Grundlage dafür, gegebenenfalls in einem zweiten Schritt die eigene Zulassung im Wege der Verpflichtungsklage durchzusetzen (zur Konkurrentenverdrängungsklage im Zusammenhang mit der Verteilung von Funkfrequenzen s. Geppert, in: BeckTKG, 3. Aufl. 2006, § 61 Rn. 63; Hahn/Hartl, in: Scheurle/Mayen, TKG, 2. Aufl. 2008, § 61 Rn. 39; Heine/Neun, MMR 2001, 352 <355 f.>, sowie allgemein Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 42 Abs. 2 Rn. 303).

14 b) Die Anfechtungsklage ist auch im Übrigen zulässig; insbesondere fehlt der Klägerin nicht die Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO. Diese ist davon abhängig, dass die Klägerin, die nicht selbst Adressatin der angefochtenen Frequenzverlagerungsbescheide ist, ihr Begehren auf eine öffentlich-rechtliche Norm stützen kann, die nach dem in ihr enthaltenen Entscheidungsprogramm auch sie als Dritte schützt. Insoweit ist entscheidend, dass sich aus individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich hinreichend von der Allgemeinheit unterscheidet. Die Verletzung eigener Rechte muss auf der Grundlage des Klagevorbringens möglich, das heißt sie darf nicht offensichtlich und nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen sein (stRspr; s. nur: Urteile vom 10. Oktober 2002 - BVerwG 6 C 8.01 - BVerwGE 117, 93 <95 f.> = Buchholz 442.066 § 30 TKG Nr. 1 S. 3 und vom 28. November 2007 - BVerwG 6 C 42.06 - BVerwGE 130, 39 Rn. 11 = Buchholz 442.066 § 132 TKG Nr. 1, jeweils m.w.N.).

15 Die Klägerin kann sich auf die drittschützende Wirkung des § 55 Abs. 1 Satz 3 TKG berufen, wonach die Frequenzzuteilung diskriminierungsfrei auf der Grundlage nachvollziehbarer und objektiver Verfahren erfolgt. Wie der Senat bereits entschieden hat, entfaltet das Diskriminierungsverbot innerhalb eines nach § 55 Abs. 9 Satz 1 TKG angeordneten Vergabeverfahrens drittschützende Wirkung für denjenigen, der sich an der Frequenzvergabe beteiligt oder beteiligen will und sich auf seinen Anspruch auf chancengleiche Teilnahme beruft (s. Urteil vom 1. September 2009 - BVerwG 6 C 4.09 - BVerwGE 134, 368 Rn. 18 = Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 1). Drittschutz entfaltet § 55 Abs. 1 Satz 3 TKG darüber hinaus aber auch für einen Marktteilnehmer, der, wie hier die Klägerin, gegenüber einer von der Bundesnetzagentur außerhalb eines Vergabeverfahrens ausgesprochenen Einzelzuteilung von Frequenzen auf der Durchführung eines chancengleichen Vergabeverfahrens besteht. Auch in dieser Konstellation dient die besagte Norm über dem öffentlichen Interesse hinaus dem Interesse des einzelnen Zuteilungsbewerbers, denn die hoheitliche Verteilung knapper Ressourcen findet in einem durch Grundrechte (Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG) geschützten Raum statt (s. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 11. Oktober 2010 - 1 BvR 1425/10 - NVwZ 2011, 113 <114>; Heine/Neun, a.a.O. S. 357).

16 Die Klägerin zählt entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts auch zu dem sich hinreichend von der Allgemeinheit abhebenden Personenkreis, der zur Erhebung der (Dritt-)Anfechtungsklage gegen die anderweitige Frequenzzuteilung klagebefugt ist. Regelmäßig werden diesem Personenkreis allerdings nur diejenigen angehören, die zuvor bei der Bundesnetzagentur nach § 55 Abs. 3 TKG die Zuteilung der betreffenden Frequenzen an sich selbst beantragt hatten. Denn im Rahmen des diskriminierungsfrei auszugestaltenden Frequenzzuteilungsverfahrens hebt das Gesetz den mit einer Beibringungslast des Antragstellers hinsichtlich der subjektiven Voraussetzungen für eine effiziente und störungsfreie Frequenznutzung verbundenen Zuteilungsantrag (s. § 55 Abs. 4 TKG) in besonderer Weise hervor. Die Anknüpfung der Klagebefugnis an einen eigenen Zuteilungsantrag setzt aber voraus, dass alle Interessierten gleichmäßig Gelegenheit zur Antragstellung hatten. Sind Frequenzen im Sinne des § 55 Abs. 9 Satz 1 TKG (voraussichtlich) nicht in ausreichendem Umfang verfügbar, erfolgt die Feststellung des tatsächlichen Frequenzbedarfs nach der Praxis der Bundesnetzagentur regelmäßig in einem mehrstufigen Verfahren. Dieses wird von Amts wegen mit einer Frequenzbedarfsabfrage eröffnet, das heißt der öffentlichen Aufforderung, Interesse für eine konkrete Frequenznutzung zu bekunden. Übersteigt danach der Frequenzbedarf potentiell die verfügbaren Frequenzen, eröffnet die Bundesnetzagentur ein Antragsverfahren durch Bekanntgabe einer Antragsfrist und der Antragsvoraussetzungen im Amtsblatt. Die Eröffnung eines solchen Zeitfensters, in dem alle Anträge als gleichzeitig eingegangen behandelt werden, räumt allen Bewerbern eine gleichmäßige Chance auf Zugang zu der knappen Ressource ein (s. Hahn/Hartl, a.a.O. § 55 Rn. 68; vgl. auch allgemein BVerfG, Kammerbeschluss vom 11. Oktober 2010 a.a.O.).

17 Ein derartiges „objektives Verfahren“ (§ 55 Abs. 1 Satz 3 TKG) zur Bedarfsermittlung, das es grundsätzlich rechtfertigen könnte, auch den späteren gerichtlichen Drittschutz auf die Teilnehmer an diesem Verfahren zu begrenzen, hat die Bundesnetzagentur indessen hier gerade nicht durchgeführt; sie hat vielmehr die umstrittenen Frequenzen den Beigeladenen im Wege der sog. Frequenzverlagerung unmittelbar zugeteilt. Bei einer solchen Verfahrensgestaltung, mag sie sich nach näherer Prüfung als rechtmäßig erweisen oder nicht, kann die Klagebefugnis für eine Drittanfechtungsklage nicht davon abhängig sein, ob die Klägerin ihrerseits die Frequenzzuteilung an sich beantragt hatte. Denn in Ermangelung einer Fristvorgabe für die Stellung von Zuteilungsanträgen wäre das Ergebnis sonst von Zufälligkeiten abhängig, die mit dem Gebot der Transparenz und Diskriminierungsfreiheit, auch im Hinblick auf die gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen (s. Art. 5 Abs. 2, Art. 7 Abs. 3 sowie Erwägungsgründe 12, 22 der Richtlinie 2002/20/EG über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste - Genehmigungsrichtlinie, GRL) nicht zu vereinbaren wären.

18 Unter den hier vorliegenden Umständen folgt die Betroffenheit der Klägerin in eigenen Rechten bereits daraus, dass sie substantiiert geltend machen kann, durch eine von ihr als rechts- und zweckwidrig angesehene Verfahrensgestaltung der Bundesnetzagentur an der rechtzeitigen Stellung eines eigenen Zuteilungsantrags gehindert worden zu sein. Auch die Verletzung eigener Rechte der Klägerin erscheint auf der Grundlage des Klagevorbringens jedenfalls möglich. Nach dem Klagevorbringen ist es nicht von vornherein nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass die Frequenzzuteilung zugunsten der Beigeladenen, verbunden mit dem Ausschluss eines eigenen Frequenznutzungsrechts durch die Klägerin, in deren Rechtsstellung rechtswidrig eingreift.

19 2. Die Revision der Klägerin ist gleichwohl zurückzuweisen, weil die Klage - sowohl mit dem Anfechtungsbegehren gegen die Frequenzverlagerungsbescheide als auch mit dem Verpflichtungsbegehren auf Erlass einer Vergabeanordnung für die umstrittenen Frequenzen - unbegründet ist und der angefochtene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts sich daher im Ergebnis als zutreffend erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO).

20 a) Die Zurückweisung der Revision nach § 144 Abs. 4 VwGO ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die auf § 130a VwGO gestützte, ohne mündliche Verhandlung ergangene Berufungsentscheidung gegen § 101 Abs. 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO und damit zugleich gegen die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs verstieße (zur Unanwendbarkeit des § 144 Abs. 4 VwGO in einem solchen Fall: Urteil vom 30. Juni 2004 - BVerwG 6 C 28.03 - BVerwGE 121, 211 <221> = Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 64 S. 58). Die Rechtssache wies auf der Grundlage des insoweit maßgeblichen Rechtsstandpunktes des Oberverwaltungsgerichts keinen außergewöhnlich hohen Schwierigkeitsgrad auf, der ein Absehen von der mündlichen Verhandlung ausgeschlossen hätte (s. Urteil vom 30. Juni 2004 a.a.O. S. 217 bzw. S. 56). Denn die komplexen rechtlichen und tatsächlichen Fragen, die mit der Prüfung der Rechtmäßigkeit der umstrittenen Frequenzverlagerung verbunden gewesen wären, stellten sich dem Oberverwaltungsgericht nicht, da es die Klage mangels Klagebefugnis bereits für unzulässig hielt. Die insofern in den Entscheidungsgründen abgehandelte Problematik weist keinen Schwierigkeitsgrad auf, der dem einstimmig beschlossenen Vorgehen nach § 130a VwGO entgegenstünde.

21 b) Die Anfechtungsklage gegen die den Beigeladenen erteilten Frequenzverlagerungsbescheide ist unbegründet. Unabhängig davon, dass die angefochtenen Bescheide objektiv nicht in jeder Hinsicht rechtmäßig sind (aa), verletzen sie die Klägerin nicht in deren eigenen Rechten (bb).

22 aa) Für eine Frequenzverlagerung, unter der die Beklagte die Zuteilung von Frequenzen Zug um Zug gegen die Rückgabe von dem Begünstigten bisher zugeteilten Frequenzen versteht, hält das Telekommunikationsgesetz keine ausdrückliche Rechtsgrundlage bereit.

23 (1) Die einschlägige Rechtsgrundlage kann, jedenfalls unter Umständen wie den hier vorliegenden, nicht in der Regelung über das Wiederaufgreifen des Verfahrens wegen nachträglicher Änderung der Sach- oder Rechtslage zugunsten des Betroffenen (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG) gefunden werden. Soweit diese Norm neben den speziellen Frequenzzuteilungsregeln der §§ 55 ff. TKG überhaupt ergänzend anwendbar ist, liegen ihre Voraussetzungen im Streitfall nicht vor. Insbesondere hat sich die der E1-Lizenz der Beigeladenen zu 1 und der E2-Lizenz der Beigeladenen zu 2 zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nicht dadurch zugunsten der Lizenznehmer geändert, dass mit der Änderung der Frequenznutzungsteilpläne 226 und 227 durch Verfügung Nr. 87/2005 der Bundesnetzagentur vom 30. November 2005 die sog. E-GSM-Bänder zusätzlich dem digitalen zellularen Mobilfunk gewidmet worden sind. Die mit der Lizenzvergabe zugesicherten Frequenznutzungsrechte erstrecken sich nicht auf GSM-Frequenzen in beliebigen Frequenzbereichen, sondern auf den in den beiden E-Lizenzen festgelegten Frequenzbereich 1710 bis 1880 MHz. An der den Lizenzen insoweit zugrunde liegenden Sach- und Rechtslage hat sich weder zugunsten noch zuungunsten der Beigeladenen Wesentliches geändert, nachdem der dort ausgewiesene Frequenzbereich für die Mobilfunknutzung nach wie vor zur Verfügung steht.

24 (2) Als Rechtsgrundlage für die angegriffenen Bescheide, die den Beigeladenen neue Frequenzen im Bereich 900 MHz - unter der Bedingung des Verzichts auf die Nutzung bestehender Frequenzen im Bereich 1800 MHz - zugeteilt haben, kommt in Ermangelung anderer vorrangiger Normen nur die Regelung über die Einzelzuteilung von Frequenzen (§ 55 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 TKG) in Betracht.

25 Unbeschadet der im Verfahren der Drittanfechtung nicht zu vertiefenden Frage, ob die Beigeladenen die Zuteilung der umstrittenen Frequenzen ihrerseits beantragt hatten, steht die Regelung in § 55 Abs. 9 TKG über die Durchführung eines Vergabeverfahrens der Einzelzuteilung an die Beigeladenen jedenfalls nicht von vornherein entgegen. In den dort beschriebenen Fällen einer Frequenzknappheit „kann“ die Bundesnetzagentur anordnen, dass der Zuteilung der Frequenzen ein Vergabeverfahren voranzugehen hat; die Knappheit kann sich entweder aus bereits feststehenden Umständen (Vorliegen mehrerer Anträge für eine Frequenz, § 55 Abs. 9 Satz 1 Alt. 2) oder aufgrund einer Prognose der Bundesnetzagentur (keine ausreichende Verfügbarkeit von Frequenzen, § 55 Abs. 9 Satz 1 Alt. 1) ergeben. Dies schließt es zwar regelmäßig aus, Frequenzen ohne die (prognostische) Beurteilung einer möglichen Frequenzknappheit im Wege der Einzelzuteilung zu vergeben. Denn im Falle einer Frequenzknappheit ist die Ermessensentscheidung („kann“) der Bundesnetzagentur infolge der Grundrechtsbindung (Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG) und des gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbotes (Art. 5 Abs. 2, Art. 7 Abs. 3 GRL) regelmäßig im Sinne des Erlasses einer Vergabeanordnung vorgeprägt (so auch Wegmann, in: BerlkommTKG, 2. Aufl. 2009, § 55 Rn. 52; Kroke, in: Wilms/Masing/Jochum, TKG, § 55 Rn. 74; Göddel, in: BeckTKG, 3. Aufl. 2006, § 55 Rn. 10). Allerdings spricht schon der Gesetzeswortlaut als Kann-Vorschrift dafür, dass unter Umständen trotz Frequenzknappheit vom Erlass einer Vergabeanordnung abgesehen werden darf (so auch Kroke a.a.O.; s. auch Schuster/Müller, MMR 2000, 26 <27>).

26 Systematik und Zweck des Gesetzes streiten dafür, dass die Bundesnetzagentur ausnahmsweise befugt ist, freigewordene Frequenzen ohne diesbezügliche Bedarfsermittlung einem vorhandenen Zuteilungsinhaber - im Austausch gegen von ihm zurückzugebende und dem Markt zur Verfügung zu stellende - Frequenzen einzeln zuzuteilen, wenn dies mit Rücksicht auf die Regulierungsziele (§ 2 Abs. 2 TKG) geboten erscheint. So dienen nach der Aufgabenzuweisung des § 52 Abs. 1 TKG nicht nur die frequenzplanungsrechtlichen Maßnahmen der Bundesnetzagentur, sondern auch die einzelnen Frequenzzuteilungen dem Zweck, eine effiziente und störungsfreie Nutzung der Frequenzen sicherzustellen und die übrigen Regulierungsziele zu erreichen; zu letzteren zählen insbesondere die Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs und die Förderung einer nachhaltigen Wettbewerbsorientierung der Telekommunikationsmärkte (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG). Einen Anhaltspunkt dafür, dass die Bundesnetzagentur bei der Frequenzzuteilung dem qualitativen Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit den Vorrang gegenüber einem quantitativ uneingeschränkten Marktzutritt möglichst vieler Wettbewerber einräumen darf, liefern aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht Art. 5 Abs. 5 und Art. 7 GRL. Diese Vorschriften behandeln die Frequenzknappheit ausdrücklich unter dem Gesichtspunkt einer „Beschränkung der Einräumung von Nutzungsrechten für Funkfrequenzen“. Obwohl § 55 Abs. 9 TKG diesen besonderen Aspekt einer Knappheit nicht ausdrücklich anspricht, darf die Bundesnetzagentur bei gemeinschaftsrechtskonformer Gesetzesanwendung die zu erteilenden Nutzungsrechte für ein bestimmtes Frequenzspektrum gezielt zahlenmäßig beschränken und damit eine „künstliche“ Knappheit hervorrufen. Dies erklärt sich daraus, dass sie angesichts der in § 52 Abs. 1 TKG beschriebenen Zielsetzung dafür Sorge tragen muss, dass der einzelne Frequenzzuteilungsempfänger ein ausreichend großes und auch sonst geeignetes Frequenzspektrum erhält, um es auch tatsächlich in einem wirtschaftlich sinnvollen Rahmen nutzen zu können (s. Marwinski, in: Arndt/Fetzer/Scherer, TKG, § 55 Rn. 47). Auch wenn der hier vorliegende Fall einer Frequenzverlagerung kein unmittelbarer Anwendungsfall einer Beschränkung von Nutzungsrechten ist, spricht der Rechtsgedanke der Art. 5, 7 GRL dafür, dass die Bundesnetzagentur zur Förderung eines nachhaltigen Wettbewerbs befugt sein kann, das Frequenzspektrum vorhandener Marktteilnehmer durch neu freiwerdende Frequenzen zweckmäßig zu arrondieren, soweit die berechtigten Interessen der übrigen Marktteilnehmer durch einen Ausgleich an anderer Stelle angemessen berücksichtigt werden.

27 Ein zusätzliches systematisches Argument dafür, dass eine derartige Frequenzverlagerung als Ausfluss des in § 55 Abs. 9 Satz 1 TKG eingeräumten Ermessens zulässig sein kann, lässt sich dem Rechtsgedanken des § 55 Abs. 5 Satz 2 TKG entnehmen. Danach hat der Antragsteller keinen Anspruch auf eine bestimmte Einzelfrequenz. Unmittelbar betrifft diese Vorschrift den Fall, dass mehrere Anträge für eine bestimmte Frequenz oder ein bestimmtes Frequenzband eingehen. Gelingt es der Bundesnetzagentur in einem solchen Fall, sämtlichen Antragstellern gleichwertige Frequenzen aus dem verfügbaren Frequenzspektrum zuzuteilen, kann sie die Durchführung eines Vergabeverfahrens vermeiden, da § 55 Abs. 9 Satz 1 TKG die Befugnis zum Erlass einer Vergabeanordnung unbeschadet des - Einzelfrequenzansprüche ausschließenden - § 55 Abs. 5 TKG einräumt (s. Marwinski, a.a.O. Rn. 44). Über diesen unmittelbaren Anwendungsfall hinaus lässt der Rechtsgedanke des § 55 Abs. 5 Satz 2 TKG aber auch generell darauf schließen, dass der Kern des Nutzungsrechts nicht von der Nutzung einer bestimmten Frequenz abhängig ist (in diesem Sinne auch VG Köln, Urteil vom 15. Juni 2007 - 11 K 572/07 - juris Rn. 63). Das untermauert die These, dass ein neu hinzutretender Zuteilungspetent im Interesse einer nachhaltigen Wettbewerbsförderung gegebenenfalls hinnehmen muss, dass nicht bereits (in einem ersten Schritt) seine „Wunschfrequenzen“, sondern erst (in einem zweiten Schritt) gleichwertige andere im Austausch freigegebene Frequenzen einem Vergabeverfahren zugeführt werden, an dem auch er sich beteiligen kann.

28 (3) Auch unter der Prämisse, dass § 55 Abs. 9 Satz 1 TKG im Falle einer (potentiellen) Knappheitssituation die Einzelzuteilung der betreffenden Frequenzen nicht unter allen Umständen „sperrt“, genügen die angefochtenen Frequenzverlagerungsbescheide nicht den insoweit an sie zu stellenden Anforderungen.

29 In formeller Hinsicht hat die Bundesnetzagentur zwar durch die öffentliche Anhörung zu ihrem GSM-Konzept (Verfügung 31/2005, ABl. S. 746) ein offenes und transparentes Verfahren gewählt, das allen interessierten Marktteilnehmern Gelegenheit zur Stellungnahme bot. Anlass zu durchgreifenden Bedenken bestehen aber deshalb, weil die Bundesnetzagentur über ihr Konzept der Frequenzverlagerung keine Beschlusskammerentscheidung getroffen hat, bevor sie die hier umstrittenen Bescheide erließ. Gemäß § 132 Abs. 1 Satz 1 TKG ist u.a. „in den Fällen des § 55 Abs. 9“ das förmliche Beschlusskammerverfahren vorgeschrieben. Das schließt zwar nicht aus, dass bestimmte Verfahrensfragen, die gewissermaßen noch im Vorfeld der Entscheidung über die Anordnung eines Vergabeverfahrens liegen, abgeschichtet und vorab geklärt werden, bevor die Beschlusskammer mit der Angelegenheit befasst wird. So mag etwa die Bundesnetzagentur Frequenzen, deren Zuteilung nicht „gleichsam reflexartig“ stets unmittelbar nach Eintritt der Verfügbarkeit erfolgen muss (Hahn/Hartl, a.a.O. Rn. 69), zunächst zurückhalten dürfen, bis ein ausreichend vergabefähiges Frequenzspektrum verfügbar ist. Ebenso lässt sich dem schon erwähnten § 55 Abs. 5 Satz 2 TKG entnehmen, dass für einzelne Antragsteller unter Umständen andere als die jeweiligen „Wunschfrequenzen“ vorgesehen werden dürfen, um - unter Vermeidung eines Vergabeverfahrens - alle Zuteilungspetenten aus dem verfügbaren Frequenzspektrum befriedigen zu können. Solche und ähnliche Maßnahmen „im Vorfeld“ mögen als Angelegenheiten der allgemeinen Verwaltung außerhalb der in § 132 Abs. 1 Satz 1 TKG geregelten Zuständigkeit der Beschlusskammer liegen.

30 Von derartigen vorbereitenden, frequenzordnenden bzw. -bereinigenden Maßnahmen unterscheidet sich die hier umstrittene Vorgehensweise der Bundesnetzagentur aber dadurch, dass mit den E-GSM-Bändern ein funktionell zusammengehöriger Frequenzbereich gleichzeitig frei geworden war, der als solcher dem Markt nach objektiven Kriterien - erforderlichenfalls unter Zwischenschaltung eines Vergabeverfahrens - ohne weiteres hätte zur Verfügung gestellt werden können. Dass dies nicht geschehen ist, beruhte darauf, dass sich die Bundesnetzagentur aufgrund einer Abwägung, orientiert an den Regulierungszielen der Sicherstellung chancengleichen Wettbewerbs und der Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG), dafür entschieden hat, hinsichtlich der E-GSM-Frequenzen von einer Vergabe abzusehen und diese erst später in Bezug auf damals noch gar nicht verfügbare, von den Beigeladenen noch zurückzugebende Frequenzen durchzuführen. In einer solchen Konstellation betrifft nicht erst der - zeitlich aufgeschobene und in seinem Bezugsgegenstand modifizierte - Erlass der Vergabeanordnung, sondern schon die Entscheidung, bezüglich der ursprünglich frei gewordenen Frequenzen ausnahmsweise von einer Vergabe abzusehen, den Anwendungsbereich des § 50 Abs. 9 TKG. Die ausdrücklich unter Inanspruchnahme „planerischen Ermessens“ aus „regulatorischen Erwägungen“ getroffene Entscheidung (s. Verfügung 88/2005, ABl. S. 1852 <1854>) war daher gemäß § 132 Abs. 1, § 135 Abs. 3 TKG von der Beschlusskammer aufgrund mündlicher Verhandlung durch Verwaltungsakt zu treffen (vgl. auch Urteil vom 1. September 2009 a.a.O. Rn. 23 ff.); nur auf der Grundlage einer solchen Beschlusskammerentscheidung war die Bundesnetzagentur zum Erlass von Frequenzverlagerungsbescheiden berechtigt.

31 In materieller Hinsicht müssen Regelungen, die die Verfügbarkeit von Frequenzen beschränken und dabei eine Verfestigung der Strukturen des nationalen Marktes und der Position der bereits auf diesem Markt tätigen Betreiber zur Folge haben, zur Erreichung wichtiger, im Interesse der Allgemeinheit liegender Ziele erforderlich und angemessen sein und dürfen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzen (vgl. EuGH, Urteil vom 31. Januar 2008 - C-380/05 - Slg. 2008, I-349 Rn. 93 ff.). Insofern hängt die Ausgewogenheit des GSM-Konzepts der Bundesnetzagentur wesentlich davon ab, dass einerseits das den Beigeladenen freihändig zugeteilte Frequenzspektrum im Bereich 900 MHz und andererseits das von ihnen zurückzugebende Frequenzspektrum im Bereich 1800 MHz, das dem Markt im Wege eines Vergabeverfahrens zur Verfügung gestellt werden soll, „gleichwertig“ sind. Der von der Beklagten dabei in den Vordergrund gerückte frequenzplanungsrechtliche Gesichtspunkt, dass sowohl die 900-MHz-Frequenzen als auch die 1800-MHz-Frequenzen im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung dem gleichen Nutzungszweck, nämlich dem digitalen zellularen Mobilfunk, gewidmet waren, ist dafür zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung. Die Beurteilung der Gleichwertigkeit muss darüber hinaus auch Aspekte der tatsächlichen, insbesondere wirtschaftlichen Nutzbarkeit der Frequenzen für die interessierten Unternehmen einschließen, da nur so eine Diskriminierungsfreiheit (Art. 5 Abs. 2, Art. 7 Abs. 3 GRL) gewährleistet ist. Die dafür maßgeblichen Umstände sind von der Beschlusskammer aufzuklären und zu bewerten. Für die revisionsgerichtliche Überprüfung fehlt es insoweit an tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, die dieses - von seinem Standpunkt aus konsequent - in dem angefochtenen Beschluss nicht getroffen hat.

32 bb) Unabhängig von den vorstehenden Bedenken gegen die objektive Rechtmäßigkeit der angefochtenen Frequenzverlagerungsbescheide muss der Anfechtungsklage der Erfolg deshalb versagt bleiben, weil die Bescheide keine subjektiven Rechte der Klägerin verletzen.

33 (1) In Anbetracht der Wechselbezüglichkeit des Anfechtungs- und des Verpflichtungsbegehrens in der Konstellation der Konkurrentenverdrängungsklage kann der übergangene Bewerber die Aufhebung der zugunsten seiner Konkurrenten ergangenen Entscheidung nur verlangen, wenn die Zuteilung des begehrten Rechts an ihn selbst jedenfalls möglich erscheint (vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200; BVerwG, Urteile vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <373> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 8 f. und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - juris Rn. 24).

34 Für die Erfüllung der Zuteilungsvoraussetzungen in der eigenen Person der Klägerin ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier des Widerspruchsbescheides, maßgeblich. Dieser Beurteilungszeitpunkt entspricht der Regel bei der (Dritt-)Anfechtungsklage (s. Beschlüsse vom 11. Januar 1991 - BVerwG 7 B 102.90 - Buchholz 406.25 § 4 BImSchG Nr. 5 S. 2, vom 18. März 1998 - BVerwG 1 B 33.98 - GewArch 1998, 254, vom 3. November 2006 - BVerwG 10 B 19.06 - Buchholz 424.01 § 41 FlurbG Nr. 8 S. 1 f.; Urteile vom 6. April 2000 - BVerwG 3 C 6.99 - Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 4 S. 6 und vom 24. Juni 2010 - BVerwG 3 C 14.09 - NVwZ 2011, 115 Rn. 11). Bei der Anfechtung eines Frequenzzuteilungsbescheides besteht kein Anlass, von dieser Regel abzuweichen. Der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der letzten Verwaltungsentscheidung lässt sich insbesondere nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass das (komplementäre) Verpflichtungsbegehren der Klägerin nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu beurteilen ist. Zwar dient die Anfechtungsklage dazu, den Weg für die - potentielle - Frequenzzuteilung an die Klägerin freizumachen; das ändert aber nichts daran, dass sie nur Erfolg haben kann, wenn die Beklagte im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung durch ein subjektives Recht der Klägerin gehindert war, den Beigeladenen die strittigen Frequenzen zuzuteilen. Andernfalls war die zu deren Gunsten getroffene Entscheidung jedenfalls nicht im Verhältnis zur Klägerin rechtswidrig. Sie kann - auch unter dem Gesichtspunkt des schutzwürdigen Interesses der Beigeladenen an Investitionssicherheit - selbst unter der Voraussetzung nicht wieder entzogen werden, dass erst nachträglich die Klägerin ihrerseits die Zuteilungsvoraussetzungen erfüllt (in diesem Sinne überzeugend für die damals entschiedene Fallkonstellation: Urteil vom 6. April 2000 a.a.O. S. 6 f.).

35 (2) Vor diesem Hintergrund scheitert die behauptete Verletzung der Klägerin in eigenen Rechten daran, dass im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides am 4. Dezember 2006 die Voraussetzungen für eine Frequenzzuteilung an sie nicht erfüllt waren. Denn jedenfalls war in diesem Zeitpunkt eine effiziente und störungsfreie Frequenznutzung durch die Klägerin nicht im Sinne des § 55 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 TKG sichergestellt. Diese Regelung verknüpft das objektive Sicherstellungserfordernis mit der Person des Antragstellers, indem es durch ihn zu gewährleisten ist; fehlt es an der insoweit erforderlichen Darlegung, ist die effiziente und störungsfreie Frequenznutzung durch den Antragsteller nicht gesichert (Göddel a.a.O., § 55 Rn. 15). Dabei erstreckt sich die Darlegungslast sowohl auf die persönlichen Voraussetzungen der Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Fachkunde als auch auf die Vorlage eines schlüssigen Konzepts für die beabsichtigte Nutzung der zuzuteilenden Frequenzen (s. Marwinski, a.a.O. § 55 Rn. 27). Die sich daraus ergebenden Anforderungen haben im vorliegenden Fall nicht deshalb außer Betracht zu bleiben, weil die Bundesnetzagentur, wie oben erwähnt, vor der Frequenzzuteilung an die Beigeladenen ein Bedarfsermittlungsverfahren nicht durchgeführt hat. Unbeschadet dessen, dass bei dieser Verfahrensgestaltung vor Erlass der Frequenzverlagerungsbescheide ein „Zeitfenster“ für die Stellung von Zuteilungsanträgen nicht eröffnet war, hätte die Klägerin, nachdem sie gegen die Bescheide unter Berufung auf ein eigenes Nutzungsinteresse an den 900-MHz-Frequenzen Widerspruch eingelegt hatte, ihr eigenes Nutzungskonzept bis spätestens zu dem für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides konkretisieren müssen.

36 Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat die Klägerin in dem Zeitraum bis zum Ergehen des Widerspruchsbescheides ein eigenes Nutzungskonzept, bezogen auf die hier umstrittenen Frequenzen im Bereich 900 MHz, gegenüber der Bundesnetzagentur nicht entwickelt. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin weder im Rahmen der im Mai 2005 eröffneten Anhörung zum GSM-Konzept noch vor Erlass der Frequenzverlagerungsbescheide am 3. Februar 2006 ein Interesse an den streitbefangenen Frequenzen geltend gemacht hat und es bis zum Ergehen des Widerspruchsbescheides bei der (in der Widerspruchsbegründung enthaltenen) Absichtserklärung hat bewenden lassen, sie strebe bei Durchführung eines Vergabeverfahrens eine Bewerbung für diese Frequenzen an. Die Klägerin hat diese Feststellungen nicht durch Verfahrensrügen schlüssig angegriffen. Soweit sie Verstöße gegen die Amtsaufklärungspflicht und die Gehörspflicht rügt, räumt sie vielmehr selbst ein, dass sie in dem hier maßgeblichen Zeitraum einen konkreten Frequenzbedarf (lediglich) im Frequenzbereich 2600 MHz geltend gemacht hatte, auf den sich die ihr seit 1999 zugeteilten und am 31. Dezember 2007 ausgelaufenen Frequenznutzungsrechte bezogen.

37 Das Fehlen eines Nutzungskonzepts in Bezug auf die 900-MHz-Frequenzen lässt sich nicht mit dem Argument in Frage stellen, dass die Frequenzvergabe in den Bereichen von 2600 MHz bzw. 900 MHz Gegenstand eines „Gesamtkonzepts“ der Bundesnetzagentur gewesen sei, so dass ein für den ersteren Bereich geltend gemachter Frequenzbedarf ohne weiteres auch für den letzteren Bereich habe berücksichtigt werden müssen. Auch wenn die Vergabemodalitäten in den verfügbaren Frequenzspektren in einem konzeptionellen Zusammenhang gestanden haben mögen, ändert dies nichts an der Notwendigkeit, die effiziente und störungsfreie Nutzung gerade der konkret zuzuteilenden Frequenzen sicherzustellen. Wie zwischen den Beteiligten im Grundsatz nicht streitig ist, unterscheiden sich die Frequenzen im 900-MHz-Bereich, zu dem die hier umstrittenen Frequenzen gehören, und der Frequenzbereich von 2600 MHz, in dem der bisherige Geschäftsbetrieb der Klägerin stattfand und der auch Gegenstand des zeitgleich mit dem „GSM-Konzept“ bekanntgegebenen „UMTS-Konzepts“ der Bundesnetzagentur ist, erheblich in den physikalischen Ausbreitungseigenschaften und den sich daraus ergebenden Folgerungen für den Netzaufbau (s. dazu die von der Klägerin selbst vorgelegte Mitteilung Nr. 663/2008 der Bundesnetzagentur vom 19. November 2008, ABl. BNetzA S. 3649 <3656 f.>). Selbst wenn die Klägerin im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt ihre Fähigkeit zu einer effizienten und störungsfreien Frequenznutzung im Bereich von 2600 MHz belegt haben sollte, hätte das daher nicht ohne weiteres darauf schließen lassen, dass ihr Nutzungskonzept auch eine effiziente und störungsfreie Nutzung der nunmehr begehrten Frequenzen im Bereich von 900 MHz sicherstellte.

38 c) Da somit die Drittanfechtungsklage gegen die Zuteilung der umstrittenen Frequenzen an die Beigeladenen keinen Erfolg hat, ist auch die auf den Erlass einer Vergabeanordnung für die umstrittenen Frequenzen gerichtete Verpflichtungsklage - jedenfalls - unbegründet, da diese Frequenzen nicht mehr verfügbar sind (§ 55 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 TKG).

39 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Beschluss vom 16.03.2011 -
BVerwG 6 C 7.11ECLI:DE:BVerwG:2011:160311B6C7.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.03.2011 - 6 C 7.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:160311B6C7.11.0]

Beschluss

BVerwG 6 C 7.11

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. März 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge und Dr. Bier
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen das Urteil des Senats vom 26. Januar 2011 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rügeverfahrens.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge der Klägerin ist unbegründet.

2 Gemäß § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO setzt eine erfolgreiche Anhörungsrüge voraus, dass das Gericht den Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Die Garantie des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verpflichtet das Gericht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Der Gehörsanspruch verlangt allerdings nicht, dass das Gericht das gesamte - im vorliegenden Fall sehr umfangreiche - schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten in den Urteilsgründen wiedergibt und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt ausdrücklich Stellung nimmt. Vielmehr konnte sich der Senat auf die Darstellung und Würdigung derjenigen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, die für seine Überzeugungsbildung leitend gewesen sind und auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankam. Danach wird der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör in dem Urteil vom 26. Januar 2011 zur Überzeugung des Senats nicht verletzt.

3 Da es nicht Sinn des Rechtsbehelfs des § 152a VwGO ist, den Senat zu einer Ergänzung oder Erläuterung seines Urteils zu veranlassen, sind lediglich folgende Hinweise angezeigt:

4 Der Senat hat in seinem Urteil tragend darauf abgestellt, dass die Anfechtungsklage gegen die umstrittenen Frequenzzuteilungen zugunsten der Beigeladenen - unbeschadet der Frage ihrer objektiver Rechtmäßigkeit - nur hätte Erfolg haben können, wenn die Klägerin im dafür maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, des Widerspruchsbescheides der Bundesnetzagentur vom 4. Dezember 2006, die Zuteilungsvoraussetzungen in eigener Person erfüllt hätte. Die Zuteilungsvoraussetzungen, zu denen neben der Übereinstimmung der vorgesehenen Nutzung mit dem Frequenznutzungsplan (§ 55 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 TKG) die Sicherstellung einer effizienten und störungsfreien Frequenznutzung zählt (§ 55 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 TKG), lagen nach Ansicht des Senats im maßgeblichen Zeitpunkt nicht vor, weil die Klägerin ein schlüssiges Konzept für eine effiziente Nutzung der umstrittenen Frequenzen aus dem 900-MHz-Band bis dahin nicht entwickelt hatte. Unter dieser rechtlichen Prämisse waren die von der Klägerin mit der Anhörungsrüge vorgetragenen Gesichtspunkte, soweit sie nicht in dem Urteil berücksichtigt worden sind, für dieses nicht erheblich.

5 Soweit sich die Klägerin auf die Unmöglichkeit beruft, Vergabe- und Nutzungsbedingungen im Sinne von § 61 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 bis 4 TKG einzuhalten, die die Bundesnetzagentur in Ermangelung einer Vergabeanordnung (§ 55 Abs. 9 TKG) nicht festgelegt hatte, verkennt sie, dass der Senat eine derartige Anforderung nicht aufgestellt hat. Das Erfordernis einer effizienten und störungsfreien Frequenznutzung durch den Antragsteller (§ 55 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 TKG) gilt für jegliche Frequenzzuteilungen und nicht nur für solche, die auf der Grundlage eines nach § 55 Abs. 9 i.V.m. § 61 TKG durchgeführten Vergabeverfahrens vorgenommen werden. Das von der Bundesnetzagentur am 30. November 2005 veröffentlichte sog. GSM-Konzept sah u.a. vor, die E-GSM-Bänder im Frequenzbereich von 900 MHz für die Nutzungsart „Digitaler zellularer Mobilfunk“ zu widmen. Das Urteil des Senats beruht auf der Annahme, dass die Klägerin, die bislang Frequenzen im 2600-MHz-Band für den ortsfesten Betrieb von Funkanlagen - in geringem Umfang - nutzte, jedenfalls bis zum Ergehen des Widerspruchsbescheides am 4. Dezember 2006 gehalten und auch in der Lage war, konkrete, eine Effizienzprüfung ermöglichende Vorstellungen für die Nutzung der von ihr erstrebten 900-MHz-Frequenzen zu entwickeln.

6 Das Fehlen eines eigenen Nutzungskonzepts durch die Klägerin war nach dem in dem Urteil klar zum Ausdruck gebrachten Rechtsstandspunkt des Senats auch unter der Prämisse ausschlaggebend, dass die Entscheidung der Bundesnetzagentur, die betreffenden Frequenzen ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens unmittelbar den Beigeladenen zuzuteilen, (objektiv) rechtswidrig war. Dagegen kam es in diesem Zusammenhang auf den Umstand, dass die Klägerin Rechtsschutz erst gegen die Frequenzverlagerungsbescheide an die Beigeladenen und nicht schon unmittelbar gegen das nach ihrer Ansicht rechtswidrige Absehen von einem Vergabeverfahren geltend machen konnte, auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Senats ebenso wenig an wie auf die Frage, ob die umstrittenen 900-MHz-Frequenzen für den Geschäftsbetrieb der Klägerin hätten geeignet sein können oder nicht.

7 Schließlich hat der Senat auch die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen insoweit zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen, als sie für die Entscheidung von Bedeutung waren. Auf die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat er nur insoweit abgestellt, als daraus zu entnehmen war, dass die Klägerin es bis zum Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides bezüglich der 900-MHz-Frequenzen bei der Absichtserklärung aus der Widerspruchsbegründung vom 20. März 2006 hatte bewenden lassen, sie strebe bei Durchführung eines Vergabeverfahrens eine Bewerbung für diese Frequenzen an. Die Richtigkeit dieser tatsächlichen Feststellung hatte die Klägerin, auch wenn über die rechtliche Bewertung des Vorgangs Streit bestand, nicht in Zweifel gezogen.

8 Damit hat der Senat den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs insgesamt in dem gebotenen Umfang gewährleistet. Das rechtliche Gehör erforderte demgegenüber nicht, dass der Senat bei der Würdigung des von ihm pflichtgemäß zur Kenntnis genommenen und in Erwägung gezogenen Prozessstoffs den Vorstellungen der Klägerin folgte.

9 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Beschluss vom 03.05.2011 -
BVerwG 6 KSt 1.11ECLI:DE:BVerwG:2011:030511B6KSt1.11.0

Leitsatz:

Gegenvorstellungen gegen die Kostenentscheidung in einem rechtskräftigen Urteil sind nicht statthaft und deshalb unzulässig.

  • Rechtsquellen
    VwGO § 158

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 26.05.2009 - AZ: OVG 13 A 424/08

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 03.05.2011 - 6 KSt 1.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:030511B6KSt1.11.0]

Beschluss

BVerwG 6 KSt 1.11

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 26.05.2009 - AZ: OVG 13 A 424/08

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. Mai 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge und Dr. Bier
beschlossen:

Die Gegenvorstellungen der Klägerin gegen die Kostenentscheidung in dem Urteil des Senats vom 26. Januar 2011 werden verworfen.

Gründe

I

1 Der Senat hat durch Urteil vom 26. Januar 2011 die Revision der Klägerin gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln zurückgewiesen, weil die mit der Klage angegriffenen, zu Gunsten der beiden Beigeladenen ergangenen Bescheide der beklagten Bundesnetzagentur die Klägerin nicht in deren Rechten verletzen und ihre Klage deshalb ungeachtet einer etwaigen Rechtswidrigkeit der Bescheide unbegründet ist. Der Senat hat die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen der Klägerin auferlegt. Gegen diese Kostenentscheidung wendet sich die Klägerin mit ihren Gegenvorstellungen. Sie macht geltend, der Senat hätte die Kosten des Revisionsverfahrens gemäß § 155 Abs. 4 VwGO der beklagten Bundesnetzagentur auferlegen müssen und die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht für erstattungsfähig erklären dürfen. Die beklagte Bundesnetzagentur habe sie - die Klägerin - durch den pflicht- und rechtswidrigen Erlass der angegriffenen Bescheide in die Klage gedrängt. Die Beigeladenen hätten ihre außergerichtlichen Kosten selbst durch schuldhaftes Verhalten verursacht, indem sie mit ihren Anträgen das schuldhaft rechtswidrige Verhalten der beklagten Bundesnetzagentur unterstützt hätten.

II

2 Die Gegenvorstellungen der Klägerin sind unzulässig. Gegenvorstellungen gegen die Kostenentscheidung in einem rechtskräftigen Urteil sind nicht statthaft.

3 Das Urteil des Senats ist einschließlich der darin getroffenen Kostenentscheidung formell und materiell rechtskräftig. Mit der Rechtskraft ist zu Gunsten der obsiegenden Beteiligten, hier der Beklagten und der Beigeladenen, eine Bindungswirkung eingetreten. Sie schützt aus Gründen der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens die obsiegenden Beteiligten davor, dass die ergangene Entscheidung ohne weiteres wieder in Frage gestellt werden kann. Die Rechtskraft verhindert ferner im öffentlichen Interesse, dass der bereits entschiedene Streit immer wieder den Gerichten unterbreitet werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. November 2008 - 1 BvR 848/07 - BVerfGE 122, 190 <203>). Durch welche Rechtsbehelfe und unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen die Rechtskraft eines Urteils ausnahmsweise durchbrochen werden kann, hat deshalb auch aus Gründen der Rechtsmittelklarheit, die ebenfalls aus dem Gebot der Rechtssicherheit folgt, der Gesetzgeber zu entscheiden (vgl. auch BVerfG, Beschluss des Plenums vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395 <416 f.>). Er hat neben dem hier nicht in Rede stehenden Institut der Wiederaufnahme des Verfahrens mit der Anhörungsrüge des § 152a VwGO einen Rechtsbehelf geschaffen, der in Fällen eines schweren Verfahrensfehlers, nämlich einer Verletzung des rechtlichen Gehörs, unter näher bezeichneten Voraussetzungen die Fortsetzung des abgeschlossenen Verfahrens ermöglicht. Dem lässt sich die Wertung des Gesetzgebers entnehmen, dass es in anderen Fällen eines behaupteten Verfahrensfehlers oder der angeblichen Unrichtigkeit der Entscheidung bei der eingetretenen Rechtskraft bleiben soll. Das schließt es aus, neben der Anhörungsrüge die in ihren Voraussetzungen nicht geregelte Gegenvorstellung als weitere Möglichkeit zuzulassen, die Rechtskraft eines Urteils zu durchbrechen (BGH, Beschluss vom 16. Juni 2008 - AnwZ (B) 31/07 - juris Rn. 1). Die Zulässigkeit einer Gegenvorstellung kann nur in den Fällen in Betracht gezogen werden, in denen das Gericht nach der maßgebenden gesetzlichen Regelung zu einer Abänderung seiner vorangegangenen Entscheidung befugt ist und die Gegenvorstellung ihm Anlass zu einer dahingehenden Prüfung gibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. November 2008 - 1 BvR 848/07 - BVerfGE 122, 190 <201>). Das mag der Fall sein bei formell rechtskräftigen Beschlüssen über die Versagung der Prozesskostenhilfe, weil Anträge auf Prozesskostenhilfe wiederholt gestellt werden können und eine Gegenvorstellung wie ein neuer Antrag Anlass gegeben kann, eine zunächst versagte Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Das mag ferner der Fall sein bei Beschlüssen über die Festsetzung des Streitwerts, die vom Gericht innerhalb gewisser zeitlicher Grenzen von Amts wegen geändert werden kann (§ 63 Abs. 3 GKG).

4 Der Zulassung einer Gegenvorstellung gegen die Kostenentscheidung in einem rechtskräftigen Urteil steht zudem § 158 Abs. 1 VwGO entgegen. Nach dieser Vorschrift kann eine Kostenentscheidung nicht isoliert, sondern nur zusammen mit einem Rechtsbehelf gegen die Entscheidung in der Hauptsache angefochten werden. Die Vorschrift lässt auch eine isolierte Gegenvorstellung gegen eine Kostenentscheidung nicht zu. Sie will verhindern, dass das Gericht sich allein wegen der Kostenentscheidung erstmals oder erneut mit der Sache befassen muss. Die Gegenvorstellungen der Klägerin laufen dem Verbot des § 158 Abs. 1 VwGO zuwider. Sie meint, die Voraussetzungen des § 155 Abs. 4 VwGO seien deshalb erfüllt, weil die beklagte Bundesnetzagentur verfahrensfehlerhafte und deshalb rechtswidrige Bescheide erlassen habe. Hierauf kam es für die Entscheidung in der Hauptsache nicht entscheidungstragend an, weil die Klage schon mangels eigener Rechtsverletzung der Klägerin unbegründet war. Der Senat müsste hingegen auf die Gegenvorstellung der Klägerin nunmehr allein für die Kostenentscheidung entscheidungstragend die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide klären.

5 Davon abgesehen liegen die Voraussetzungen nicht vor, unter denen in der Rechtsprechung die Zulässigkeit einer Gegenvorstellung gegen rechtskräftige Entscheidungen für denkbar gehalten wird. Eine unanfechtbare Entscheidung soll danach auf eine Gegenvorstellung hin allenfalls dann geändert werden können, wenn diese Entscheidung offensichtlich dem Gesetz widerspricht oder grobes prozessuales Unrecht enthält (BSG, Beschluss vom 24. Juli 2006 - B1 KR 6/06 BH- juris Rn. 1) oder wenn diese Entscheidung auf schwerwiegenden Grundrechtsverstößen beruht oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (BFH, Beschluss vom 11. Februar 2011 - XI S 1/11 - juris Rn. 3). Dass diese Voraussetzungen bezogen auf die Kostenentscheidung in dem Revisionsurteil des Senats vorliegen, hat die Klägerin nicht einmal ansatzweise dargelegt. Die Kostenentscheidung hat ihre gesetzliche Grundlage in § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Nach § 155 Abs. 4 VwGO kann das Gericht zwar abweichend von diesen Grundregeln der Kostenverteilung einem Beteiligten Kosten auferlegen, die durch sein Verschulden entstanden sind. Ob das Gericht von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, steht aber in seinem Ermessen. Hier lagen offensichtlich schon die Voraussetzungen des § 155 Abs. 4 VwGO nicht vor. Die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten sind nicht dadurch verursacht, dass die beklagte Bundesnetzagentur möglicherweise rechtswidrige Bescheide erlassen hat, sondern allein dadurch, dass die Klägerin Bescheide angefochten hat, obwohl sie durch diese nicht in ihren Rechten verletzt wurde. Jedenfalls drängte sich die Möglichkeit einer Entscheidung auf der Grundlage des § 155 Abs. 4 VwGO nicht in einer Weise auf, dass das Absehen von dieser Entscheidung als grobes prozessuales Unrecht oder gar als schwerwiegender Grundrechtsverstoß beurteilt werden könnte.