Urteil vom 27.10.2005 -
BVerwG 2 WD 4.05ECLI:DE:BVerwG:2005:271005U2WD4.05.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 27.10.2005 - 2 WD 4.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:271005U2WD4.05.0]
Urteil
BVerwG 2 WD 4.05
In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 27. Oktober 2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Pietzner,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
sowie
Fregattenkapitän Brück,
Fregattenkapitän Eckstein
als ehrenamtliche Richter,
Leitender Regierungsdirektor ...
als Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwalts,
Rechtsanwalt ...,
als Verteidiger,
...
Protokollführerin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- Das Urteil der 10. Kammer des Truppendienstgerichts Nord vom 11. November 2004 wird insoweit aufgehoben, als es die Gewährung eines Unterhaltsbeitrages ausschließt.
- Die Kosten des Berufungsverfahrens werden zu zwei Dritteln dem früheren Soldaten und zu einem Drittel dem Bund auferlegt, der auch ein Drittel der dem früheren Soldaten darin erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen hat.
Gründe
I
1 Der ... Jahre alte frühere Soldat erlangte 1987 die allgemeine Hochschulreife. Aufgrund seiner Bewerbung und Verpflichtung für den freiwilligen Dienst in der Bundeswehr wurde er am 3. Juli 1987 als Flieger in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit übernommen. Die Festsetzung seiner Dienstzeit erfolgte zunächst auf fünf, dann auf fünfzehn und schließlich auf 17 Jahre. Danach hätte die Dienstzeit mit Ablauf des 30. Juni 2004 geendet. Der frühere Soldat wurde jedoch mit der Diagnose „Leistungsfunktionsstörung“ wegen Dienstunfähigkeit gemäß § 55 Abs. 2 SG vorzeitig zum 31. August 2003 aus dem Dienstverhältnis entlassen.
2 Der Soldat war während seiner Dienstzeit am 5. April 1995 zum Stabsarzt und am 13. August 1998 zum Oberstabsarzt befördert worden.
3 Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums der Zahnmedizin war ihm am 28. Februar 1995 die Approbation als Zahnarzt erteilt worden. Sodann war er mit Wirkung ab 5. April 1995 als Sanitätsstabsoffizier Zahnarzt zunächst zur M...staffel E., dann mit Wirkung ab 1. Juli 1997 von dort zur M...staffel G. versetzt worden. Aufgrund einer Organisationsänderung erfolgte zum 1. Januar 1998 die Versetzung zum M...zentrum G.
4 Der frühere Soldat wurde dreimal planmäßig beurteilt, wobei seine dienstlichen Leistungen zur letzten Beurteilung hin eine fallende Tendenz aufwiesen. In der letzten planmäßigen Beurteilung vom 13. August 1999 erhielt er in den 16 Einzelmerkmalen dreimal die Wertung „5“, siebenmal die Wertung „4“ und sechsmal die Wertung „3“. Seine „Eignung und Befähigung“ wurden zweimal („Eignung zur Menschenführung/Teambefähigung“, „Befähigung zur Einsatz- und Betriebsführung“) mit „b“, einmal („Verantwortungsbewusstsein“) mit „c“ und einmal („geistige Befähigung“) mit „d“ beurteilt. Im Abschnitt „Herausragende charakterliche Merkmale, Kameradschaft, berufliches Selbstverständnis, Bewährung im Einsatz und ergänzende Angaben“ wurde der frühere Soldat wie folgt beschrieben:
5 „OSA ... ist ein engagierter Zahnmediziner, der sein Handeln an der optimalen Erfüllung der Anforderungen seines Dienstpostens orientiert. Er ist ein motivierter und einsatzwilliger ...offizier, dessen Handeln noch gelegentliche Unsicherheiten im Umgang mit bestehenden Vorschriften offenbart. ... verfolgt sowohl seine fachliche als auch berufliche Weiterbildung mit äußerstem Elan und Vehemenz, und ist bereit, auch für dienstliche Belange persönliche Belastungen auf sich zu nehmen. OSA ... zeigt vorbehaltlos Identifikation mit seinem Beruf als Zahnarzt, und sollte noch bestehende Unsicherheiten in seiner Position als ...offizier und somit als Vorbild und Leitfigur für die ihm unterstellten Soldaten mit zunehmender Reife abstellen können.“
6 In der erstinstanzlichen Hauptverhandlung hat Oberstabsarzt der Reserve H. als Leumundszeuge und ehemaliger nächster Disziplinarvorgesetzter des früheren Soldaten unter anderem ausgesagt, dass dieser als sein Vertreter häufiger Probleme mit Entscheidungen gehabt habe, die er als Disziplinarvorgesetzter und Leiter des ...zentrums zu treffen hatte. Er habe Vorgaben und Regelungen mit einem hohen Maß an Unbedarftheit missachtet bzw. nach eigenem Empfinden reagiert. So habe er beispielsweise Probleme mit dem pünktlichen Dienstbeginn gehabt; und im Bereich der Materialbestellung habe es immer wieder Unstimmigkeiten gegeben. Wenn es um seine Rechte ging, habe er sich dagegen gut ausgekannt. Oberstabsarzt der Reserve Ha. hat sich als weiterer Leumundszeuge und ehemaliger nächster Disziplinarvorgesetzter vor der Truppendienstkammer im wesentlichen dahingehend geäußert, dass er zwar fachlich über den früheren Soldaten nichts sagen könne, dass sich aber ansonsten seine Einschätzung mit derjenigen des Oberstabsarztes der Reserve H. decke. Größere Spannungen habe es zwischen ihm und dem früheren Soldaten nicht gegeben. Der frühere Soldat habe als ...offizier allerdings die Übernahme von Verantwortung gescheut. Im Umgang mit den Soldaten der Zahnarztgruppe habe er ebenso Probleme gehabt wie - bis zu einem klärenden Gespräch - mit der Pünktlichkeit zum Dienstbeginn.
7 Dem früheren Soldaten wurde am 2. Januar 1991 vom Chefarzt des Bundeswehrkrankenhauses H. eine förmliche Anerkennung wegen vorbildlicher Pflichterfüllung erteilt, weil er während des Sommersemesters 1990 durch überdurchschnittlichen Einsatz eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Kursen absolviert habe. Der Auszug aus dem Disziplinarbuch vom 31. Mai 1999 weist hinsichtlich disziplinarer Ahndungen keine Einträge auf. In der Zentralregisterauskunft vom 24. Januar 2005 findet sich keine Eintragung.
8 Der frühere Soldat ist berechtigt, die Schützenschnur in Bronze sowie das Abzeichen für Leistungen im Truppendienst in Gold zu tragen.
9 Wegen der Vorfälle, die Gegenstand des Verfahrens sind, enthob der Amtschef ...amt (AChef MA) den früheren Soldaten am 1. März 2002 gemäß § 126 Abs. 1 WDO vorläufig des Dienstes und verbot ihm, Uniform zu tragen; gleichzeitig ordnete er nach § 126 Abs. 2 Satz 1 WDO die Einbehaltung der Hälfte der Dienstbezüge ab dem 1. April 2002, spätestens ab dem auf die Zustellung folgenden nächsten Fälligkeitstag, an. Mit Verfügung vom 16. Juli 2003 hob der AChef MA die Anordnung über den Einbehalt der Dienstbezüge mit Ablauf des 31. August 2002 (gemeint 2003) auf und ordnete gleichzeitig gemäß § 126 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 WDO die Einbehaltung eines Drittels des jeweiligen Ruhegehalts des früheren Soldaten ab dem 1. September 2003 an; am 16. Oktober 2003 änderte er diese Anordnung dahingehend ab, dass rückwirkend ab dem 1. September 2003 lediglich 30 Prozent des jeweiligen Ruhegehalts einbehalten bleiben.
10 Der frühere Soldat ist ledig und hat keine Kinder. Seine Dienstzeitversorgungsbezüge errechnen sich aus der 7. Dienstaltersstufe der Besoldungsgruppe A 14 des Bundesbesoldungsgesetzes. Die monatlichen Übergangsgebührnisse betragen - nach Kürzung gemäß § 13 b SVG und nach Einbehaltung von 30 Prozent entsprechend der Verfügung des AChef ..A vom 16. Oktober 2003 - 1.16 5 ,08 € netto. Die - nach § 13 b SVG gekürzte und bislang nach § 82 Abs. 2 WDO einbehaltene - Übergangsbeihilfe beläuft sich auf 13.402,92 €.
11 Seit dem 1. August 2005 ist der frühere Soldat als selbständiger Zahnarzt tätig. Wesentliche Einkünfte erzielt er hieraus - nach seinen Angaben - bislang nicht. Die von ihm zu zahlende Miete wird von seiner Lebensgefährtin getragen.
II
12 1. Das - teilweise - sachgleiche Strafverfahren gegen den früheren Soldaten wegen Betruges wurde zunächst durch Beschluss des Amtsgerichts I. vom 28. Oktober 2002 - 62 Ds 315 Js 20636/00 (180/02) - gemäß § 153 a Abs. 2 StPO vorläufig und schließlich durch Beschluss vom 27. Juli 2003 nach Erfüllung der Auflage, 600 € an den Deutschen Kinderschutzbund e.V., Ortsverband I., zu zahlen, endgültig eingestellt.
13 2. Das gerichtliche Disziplinarverfahren wurde mit Verfügung des AChef ...A vom 21. Dezember 1999, die dem früheren Soldaten am 5. Januar 2000 zugestellt wurde, ordnungsgemäß eingeleitet. Die in der Anschuldigungsschrift vom 5. September 2000 enthaltenen Vorwürfe wurden durch - in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung getroffenen - Beschluss der 10. Kammer des Truppendienstgerichts Nord vom 10. November 2004 gemäß § 107 Abs. 2 Satz 1 WDO ausgeklammert.
14 In der bereits zuvor zugestellten Nachtragsanschuldigungsschrift vom 21. November 2003 wurde dem früheren Soldaten folgender Sachverhalt zur Last gelegt:
15 „1. Der Soldat behandelte die Zeugin S. privatzahnärztlich an 17 Tagen im Zeitraum vom 08.09.1998 - 28.10 .1998 in den Diensträumen der Zahnarztgruppe ...zentrum G. unter Nutzung von Personal, Einrichtung, Gerät und Material des Dienstherrn, ohne die hierzu erforderliche Nebentätigkeitsgenehmigung besessen zu haben. Die konkreten Behandlungstermine ergeben sich aus den als Beweismittel beigefügten Honorarabrechnungen des Soldaten.
16 2. Mit den Behandlungsrechnungen vom 18.12.1998 (Rech-Nr. ...), 21.12.1999 (Rech-Nr. ...) und 01.06.2000 (Rech-Nr. ...) über ein zahnärztliches Gesamthonorar in Höhe von 70.890,32 DM stellte der frühere Soldat den Zeugen S. und R. auch jene, im wesentlichen Ermittlungsergebnis zu AnschPkt 2 konkret bezeichneten Einzelpositionen über einen (Teil-)Betrag von 12.907,47 DM in Rechnung, obwohl er wusste, dass diese Leistungen entweder überhaupt nicht erbracht bzw. schon zu einem früheren Zeitpunkt liquidiert worden sind oder aber die Voraussetzungen der geltend gemachten Gebührentatbestände - etwa wegen der Einordnung der abgerechneten Leistung als Kunstfehler - evident nicht vorgelegen haben.
17 3. Entgegen der ihm sinngemäß bekannten Ziffern 19 und 26 der sog. Inanspruchnahmerichtlinie BMVg InSan II 3 - Az.: 42-01-01/02 in der Fassung vom 01.12.1997, welche eine Meldepflicht über die im abgelaufenen Kalendermonat bzw. zurückliegenden Quartal erstellten Rechnungen für privatzahnärztliche Leistungen nebentätiger Bundeswehrärzte begründen, zeigte der frühere Soldat die unter dem 18.12.1998 durch Rechnungen mit den Nr. ..., unter dem 21.12.1998 durch Rechnungen mit den Nr. ... und unter dem 01.06.2000 durch Rechnungen mit den Nr. ... geltend gemachten Honorarforderungen nicht der zur Berechnung und Durchführung von Kostenerstattung und Vorteilsausgleich zuständigen Truppenverwaltung an. Statt dessen erklärte der frühere Soldat in seinen Monatsmeldungen vom 07.04.2000 und 15.09 .2000 für Dezember 1999 und Juni 2000 gegenüber der Truppenverwaltung bewusst wahrheitswidrig Fehlanzeige. In seiner Meldung für das zweite Quartal 2000 zeigte er darüber hinaus wider besseres Wissen unter dem 30.07.2000 - wegen eines angeblichen Honorarverzichts - lediglich Sachkosten in Höhe von 280,80 DM (Rech-Nr. ...) an.
18 Durch Einbehalt des gemäß Ziffer 18 Abs. 2, lit. a, zweite Strichaufzählung der Inanspruchnahmerichtlinie abzuführenden Kostenerstattungsbetrages von 20 % der (rechtmäßig erhobenen) Bruttohonorarforderung in Höhe von jeweils:
19 - 2.466,90 DM (Rech-Nr. ...)
20 - 2.961,78 DM (Rech-Nr. ...)
21 - 4.443,52 DM (Rech-Nr. ...)
22 sowie des gemäß Ziffer 20 Absatz 1 der Inanspruchnahmerichtlinie abzuführenden Vorteilsausgleichs von weiteren 20 % der im Kalenderjahr nach Durchführung der Kostenerstattung verbleibenden Einnahmen in Höhe von zusätzlich jeweils:
23 - 1.973,52 DM (Rech-Nr. ...),
24 - 2.369,42 DM (Rech-Nr. ...),
25 - 3.554,81 DM (Rech-Nr. ...)
26 verschaffte sich der frühere Soldat zu Lasten des Dienstherrn einen rechtswidrigen Vermögensvorteil in Höhe von insgesamt 17.769,94 DM.
27 4. Der frühere Soldat forderte die Zeugin S. anlässlich ihrer Behandlung im Dezember 1998 im ...zentrum G. auf, niemandem Kenntnis von der unter dem 18.12.1998 erhobenen Honorarforderungen zu verschaffen, da er diese vorschriftswidrig nicht bei seinem Dienstherrn angezeigt habe.
28 5. Der frühere Soldat fertigte
29 a) auf den 08.09., 11.09., 15.09., 23.09., 28.09.1998 und 28.10 .1998 datierende Rechnungen einer tatsächlich nicht existenten Firma ‚Ho. Dental Technik’ unter Nutzung der Adresse und Telefonnummern des ...zentrums G. und unter Angabe von Namen und Anschriften eines ihm in der Zeit von 01.04. - 30.09.1998 unmittelbar unterstellten Grundwehrdienstleistenden, des HG d.R. F. Hö., sowie
30
b) auf den 16.08., 17.08., 02.09., 07.09., 09.09.1999 ausgestellte Rechnungen der gleichfalls tatsächlich nicht existenten Firma ‚...-Dental Technik’
an.
31 Der frühere Soldat legte diese Rechnungen den Zeugen S. und R. mit den Behandlungsrechnungen vom 18.12.1998 und 21.12 .1999 vor, um bei diesen die irrige Annahme zu erzeugen, dass im Rahmen ihrer privatzahnärztlichen Behandlungen zahntechnische Arbeiten von diesen ‚Dentallaboratorien’ ausgeführt und ihm - dem früheren Soldaten - in Rechnung gestellt worden seien.
32 6. Der frühere Soldat bot dem HG d.R. Hö. am 11.09.2000 telefonisch einen Geldbetrag in Höhe von 5.000,00 DM an, nachdem er dessen Namen, Anschrift und Berufsbezeichnung zur Verfertigung der unter Anschuldigungspunkt 5a) bezeichneten Rechnungsnachahmung verwendet hatte, um ihn zur nachträglichen Duldung dieses Verhaltens zu veranlassen.
33 7. Nachdem die Zeugin S. hinsichtlich der unter dem 01.06.2000 durch die Rechnungen mit den Nummern ... geltend gemachten Honorarforderungen in Höhe von insgesamt 31.296,36 DM die Zahlung verweigerte, suchte der frühere Soldat die Zeugin etwa im Zeitraum Juli/August 2000 zum Teil mehrfach täglich in massiver Art und Weise - etwa mittels Sturmklingeln oder durch das Auflauern in der Tiefgarage - an deren Arbeitsplatz auf, wo er sie zur Begleichung der unbezahlten Rechnungen aufforderte, wobei die Zeugin dieses Verhalten als zielgerichtet ausgeübten Psychoterror empfand.“
34 Hinsichtlich der in der Nachtragsanschuldigungsschrift vom 21. November 2003 enthaltenen Vorwürfe hat die 10. Kammer des Truppendienstgerichts Nord den früheren Soldaten mit Urteil vom 11. November 2004 - Az.: N 10 VL 50/00 - wegen eines Dienstvergehens zur Aberkennung des Ruhegehalts verurteilt und die Gewährung eines Unterhaltsbeitrags ausgeschlossen. Dabei hat sie die nachfolgenden tatsächlichen Feststellungen getroffen:
35 „Zu NAnschPkt 1:
36 Wie sich aus den vom früheren Soldaten selbst erstellten Rechnungen vom 18.12.1998 ergibt, behandelte er die Zeugin S. am 08., 09., 10., 11., 15., 16., 17., 24., 25., 28. und 30.09.1998 sowie am 02., 14., 15., 16., 27. und 28.10.1998 privatzahnärztlich.
37 Eine Nebentätigkeitsgenehmigung und eine Erlaubnis zur Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und/oder Material des Dienstherrn besaß der frühere Soldat anläßlich der o.g. Behandlungstermine noch nicht. Diese wurden ihm vom ...arzt der ... erst unter dem 07.12.1998 erteilt.
38 Alle Behandlungen fanden nach Aussage der Zeugin S. in den Diensträumen der Zahnarztgruppe des ...zentrums G. während der Dienstzeit des früheren Soldaten - zumeist zwischen 09.00 - 12.00 Uhr - statt. Darüber hinaus ließ sich der frühere Soldat hierbei entweder von einem seinerzeit Grundwehrdienstleistenden - den HG Hö. - oder den zivilen Zahnarzthelferinnen G. und M. assistieren.
39 Zu NAnschPkt 2:
40 Im Zeitraum 1998 - 2000 behandelte der frühere Soldat die Zeugen S. und R. zahnärztlich als Privatpatienten in den Diensträumen des ...zentrums G. und stellte ihnen anschließend seine ‚Leistungen’ gem. Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) bzw. Ärzte (GOÄ) in Rechnung.
41 Durch Rechnung vom 18.12.1998 (Rechng.-Nr. ...) beanspruchte der frühere Soldat für die in den Monaten September/Oktober 1998 durchgeführte Behandlung der Zeugin S. ein Bruttohonorar in Höhe von 15.516,32 DM. Nach ihrer internen Abrechnung mit der privaten Krankenversicherung und Beihilfestelle beglich die Zeugin S. diesen Zahlungsanspruch durch Übergabe eines Verrechnungsschecks in Höhe von 12.599,65 DM, der dem Konto des früheren Soldaten bei der ...-Bank daraufhin am 28.01.1999 gutgeschrieben wurde.
42 Die Rechnungslegung für die im Jahre 1999 erfolgten Behandlungen des Zeugen R. erfolgte unter dem 21.12.1999. Der frühere Soldat forderte an diesem Tage durch Rechnungen Nr. ... ein Bruttohonorar in Höhe von 24.077,64 DM. Durch Überweisung vom 11. und 19.04.2000 in Höhe von jeweils 7.223,29 DM und 16.854,35 DM erfüllte der Zeuge R. die Honorarforderungen des früheren Soldaten in vollem Umfang.
43 Schließlich forderte der frühere Soldat von der Zeugin S. für eine erneute Behandlung im Zeitraum Januar - März 2000 am 01.06 .2000 (Rechng.-Nr. ...) ein weiteres zahnärztliches (Gesamt-) Honorar in Höhe von 31.296.36 DM.
44 Nachdem sowohl die private Krankenversicherung als auch die zuständige Beihilfestelle der Zeugin die (anteilige) Erstattung der vorgenannten Rechnungen verweigerten, lehnte die Zeugin dem früheren Soldaten gegenüber die Erfüllung seiner Honorarforderung in gesamter Höhe ab.
45 Unter Berücksichtigung des vom Gebührenreferenten der Zahnärztekammer S... am 22.09.2003 erstellten Gutachtens handelt es sich bei den nachfolgend aufgeführten Einzelpositionen, die der Sachverständige in der Beweisaufnahme eingehend erläuterte, um Fälle eines offensichtlichen Abrechnungsbetruges:
46
Lfd.-Nr.
Rech.-Nr.
Behandlungstag
Position
Begründung
Betrag
1
...
08.09.1998
Ä 34
Voraussetzung für das Geltendmachen dieser Nummer ist die Feststellung einer lebensverändernden oder lebensbedrohenden Erkrankung. Dies war vorliegend nicht der Fall.
119,70
2
...
Laborrechnung FH 10532
Die Laborrechnung stimmt mit den gemäß Behandlungsrechnung erbrachten Leistungen nicht überein.
660,28
3
...
25.09.1998
GOZ 221
Diese Leistung wurde der Patientin bereits am Vortag in Rechnung gestellt.
121, 22
4
...
14.10.1998
GOZ 241
Diese Gebührenziffer ist deshalb nicht in Ansatz zu bringen, weil Zahn 23 bereits eine Woche zuvor umfassend behandelt wurde.
178,64
5
...
15.10.1998
Laborrechnung FH 11507
Die auf der Laborrechnung berechneten Leistungen sind bei einer Schleimhaut getragenen Kunststoff-Teilprothese, die mit gebogenen Klammern gehalten wird, zahnmedizinisch höchst unsinnig (Kunstfehler).
545,46
6
...
04.05.1999
Ä 15
Es ist keine Leistungserbringung erkennbar.
99,18
7
...
04.05.1999
Ä 34
Es lag keine lebensverändernde oder lebensbedrohliche Erkrankung vor.
99,18
8
...
04.05.1999
Ä 2698
Für die Berechnung der Schiene nach Ä 2698 fehlt eine Datum bezogene Laborrechnung. Diese liegt lediglich mit Datum ca. vier Monate später vor.
495,90
9
...
04.05.1999
Ä 2699
Die Geltendmachung ist nur im Falle eines gebrochenen Kiefers möglich. Ein Kieferbruch lag beim Patienten jedoch nicht vor.
727,32
10
...
04.05.1999
Ä 2701
Es hätte dann an diesem Tage die dritte Schiene eingegliedert worden sein müssen. Hier handelt es sich sehr offensichtlich um bewusste Falschabrechnung.
595,08
11
...
Verbrauchs-
material
Der Verbrauch von 23 Ampullen Anästhetikum in zwei Sitzungen ist zahnmedizinisch ein Kunstfehler, da die Höchstdosis ca. vier Ampullen beträgt.
75,90
12
...
11.05.1999
Ä 15
Es ist keine Leistungserbringung erkennbar.
119,70
13
...
11.05.1999
Ä 34
Es lag keine lebensverändernde oder lebensbedrohliche Erkrankung vor.
119,70
14
...
11.05.1999
GOZ 518/519
Die medizinisch nicht indizierten Leistungen wurden an diesem Tage zweimal abgerechnet.
348,48
15
...
21.05.1999
4 x A 2697
Der Berechnung steht keine erbrachte Leistung gegenüber.
558,60
16
...
Verbrauchs-
material
Die Verabreichung von 22 Ampullen Anästhetikum am 11.05.1999 entspricht einer Letal-Dosis.
72,60
17
...
17.12.1999
Ä 34
Es lag keine lebensverändernde oder lebensbedrohliche Erkrankung vor.
119,70
18
...
17.12.1999
Ä 15
Es ist keine Leistungserbringung erkennbar.
119,70
19
990008
Laborrechnung Nr. 2.010
Nr. 2.011
Nr. 2.012
Die Inhalte dieser Laborrechnungen sind inhaltlich und zeitlich in keinen logischen Zusammenhang mit den Liquidationsdaten zu bringen.
2.450,25
20
...
07.01.2000
Ä 34
Es lag keine lebensverändernde oder lebensbedrohliche Erkrankung vor.
99,18
21
...
07.01.2000
Ä 2732
Es ist unklar, warum eine Gaumenplastik erfolgte.
524,40
22
...
07.01.2000
Ä 2698
Für die angeblich erbrachten Leistungen fehlt jegliche korrespondierende Laborrechung.
495,90
23
...
07.01.2000
Ä 2699
Die Leistung ist nur am gebrochenen Kiefer berechnungsfähig, was im Zusammenhang mit der Vielzahl der anderen berechneten operativen Leistungen in dieser Sitzung nicht vorstellbar ist.
727,32
24
...
Laborrechnung
Nr. 2.106
Der Leistungsinhalt der Laborrechnung stimmt nicht mit dem Inhalt der Behandlungsrechnung überein.
1.174,59
25
...
21.01.2000
Laborrechnung
Nr. 2.107
Der Leistungsinhalt der Laborrechnung stimmt nicht mit dem Inhalt der Behandlungsrechnung überein.
781,88
26
...
Laborrechnung
Nr. 2.109
Die Leistungsinhalte der Laborrechnung finden keine Entsprechung in der Liquidation.
945,49
47 Zu NAnschPkt 3:
48 Im Zusammenhang mit dem bewiesenen zugrundeliegenden Sachverhalt ist auf die Richtlinien BMVg InSan II 3 - Az.: 42-01-01/02 in der Fassung vom 01.12.1997 hinzuweisen.
49 Diese bestimmten, daß privatärztliche bzw. privatzahnärztliche Leistungen im Zusammenhang mit einer Nebentätigkeit nur gegen Kostenerstattung zulässig sind. Ziffer 18 Abs. 2 dieser Richtlinie legt insofern einen Erstattungssatz von 20 v. H. der Bruttohonorarforderung (einschließlich der gesondert berechenbaren Materialkosten) fest.
50 Außerdem ist für die im Rahmen der Nebentätigkeit erbrachten privatzahnärztlichen Leistungen ein Vorteilsausgleich durchzuführen. Insofern hat der eine Nebentätigkeit ausübende Bundeswehrarzt nach Ziff. 20 der Inanspruchnahmerichtlinien einen weiteren Betrag von 20 v. H. der im Kalenderjahr erbrachten Einnahmen, die ihm nach Durchführung der Kostenerstattung verbleiben, an den Dienstherrn abzuführen.
51 Bei der Berechnung von Kostenerstattung und Vorteilsausgleich sind im vorliegenden Fall folgende Besonderheiten zu beachten: Zum einen ist berücksichtigt worden, daß das Bruttohonorar auch die als Fremdleistungen ausgewiesenen Laborrechnungen umfaßt. Diesbezüglich steht nach der Beweisaufnahme fest, daß die Firmen ‚Ho. Dental Technik’ und ‚...-Dental Technik’ nie existiert haben; die abgerechneten Laborarbeiten sind entweder fingiert oder der frühere Soldat hatte sie mit den im ...zentrum G. vorhandenen technischen Möglichkeiten selbst erbracht; hingegen war in seiner damaligen Privatwohnung ...straße ... ein Labor oder eine labormäßige Einrichtung nicht vorhanden. Das hat der Zeuge ... Hoc. bestätigt, der die Durchsuchung der vorgenannten Wohnung seinerzeit geleitet hatte.
52 Andererseits sind die ursprünglichen Honorarforderungen des früheren Soldaten in Höhe von insgesamt 70.890,32 DM zu ‚bereinigen’. Allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen folgend, kann der Dienstherr nur an solchen Honorarforderungen des nebentätigen Bundeswehrarztes partizipieren, die sachlich und gebührenrechtlich begründet - d.h. beanstandungsfrei - sind.
53 Im Umkehrschluß bedeutet dies, daß bei der Ermittlung der Bruttohonorarsumme solche (Teil-) Forderungen unberücksichtigt bleiben müssen, die auf Betrug oder einem anderen offensichtlichen Abrechnungsfehler basieren.
54 Im vorerwähnten Gutachten vom 22.09.2003 sind neben den unter NAnschPkt 2 aufgelisteten Abrechnungsbetrügereien auch folgende nichtabrechnungsfähige Positionen unter Berücksichtigung der einschlägigen Erläuterungen des Sachverständigen während der Beweisaufnahme erkannt worden:
55
Rech.-Nr.
Beh.-Tag
Leistung
Betrag in DM
...
08.09.98
Ä 2430
117,44
08.09.98
GOZ 323
164,56
08.09.98
GOZ 305
27,83
09.09.98
GOZ 330
16,45
09.09.98
Ä 5
20,98
10.09.98
GOZ 329
13,92
11.09.98
GOZ 329
13,92
Laborrechnung FH 10389 (anteilig)
128,78
Materialkosten (ca.)
55,00
...
15.09.98
GOZ 329
13,92
15.09.98
GOZ 305
30,25
15.09.98
GOZ 810
3,79
15.09.98
GOZ 518
158,40
16.09.98
GOZ 810
3,79
17.09.98
GOZ 010
35,42
17.09.98
Insoweit wären berechnungsfähig
(- 15 %)
GOZ 009
30,10
...
24.09.98
Ä 5
20,98
24.09.98
Ä 3
39,33
24.09.98
GOZ 403
17,71
24.09.98
GOZ 404
11,39
24.09.98
GOZ 810
7,59
25.09.98
Ä 2000
55,11
28.09.98
Ä 2006
33,03
...
28.09.98
Ä 5
20,98
28.09.98
Ä 3
39,33
Laborrechnung FH 10893 (anteilig)
82,19
...
02.10.98
Ä 2702
78,66
14.10.98
GOZ 010
17,71
15.10.98
Ä 2702
58,14
16.10.98
GOZ 403
8,85
16.10.98
GOZ 810
3,79
...
04.05.99
Ä 2732
775,20
...
11.05.99
Ä 2702
78,66
11.05.99
(berechnungsfähig GOZ 403 = 51,87)
Ä 2009
79,80
12.05.99
Ä 2702
157,32
12.05.99
GOZ 706
103,73
21.05.99
Ä 2702
157,32
25.05.99
Ä 2702
157,32
25.05.99
GOZ 706
103,73
25.05.99
Ä 5
20,98
56
...
28.05.99
Ä 2702
157,32
01.07.99
(berechnungsfähig: GOZ 203 = 21,18) GOZ 305
30,35
01.07.99
GOZ 701
308,00
01.07.99
Ä 2700
91,77
02.07.99
Ä 2702
78,66
02.07.99
Ä 1
20,98
02.07.99
Ä 5
20,98
02.07.99
(berechnungsfähig: 2x GOZ 203 = 18,00) 8x GOZ 203
65,78
12.08.99
Ä 2702
78,66
12.08.99
GOZ 305
30,25
...
01.07.00
Ä 2651
213,18
...
14.01.00
(berechnungsfähig: GOZ 331 = 26,22) Ä 2005
104,88
14.01.00
Ä 2702
198,36
17.01.00
Ä 2702
157,32
...
21.01.00
GOZ 518
158,40
21.01.00
GOZ 519
190,08
21.01.00
GOZ 403
17,71
21.01.00
GOZ 404
11,39
21.01.00
GOZ 810
7,59
...
04.02.00
GOZ 518
158,40
04.02.00
GOZ 519
190,08
04.02.00
(berechnungsfähig: GOZ 403 = 28,73)
Ä 2009
239,40
04.02.00
1/2 GOZ 325
103,95
...
11.02.00
(berechnungsfähig: GOZ 415 = 45,00)
Ä 2005
209,76
11.02.00
Ä 2702
157,32
...
18.02.00
Ä 2702
157,32
18.02.00
(berechnungsfähig: GOZ 415 = 70,00)
Ä 2009
279,30
...
18.02.00
Ä 2697
558,60
18.02.00
GOZ 325
207,90
...
25.02.00
Ä 2005
209,76
25.02.00
Ä 2702
157,32
25.02.00
Ä 3
39,33
25.02.00
Ä 5
20,98
25.02.00
GOZ 241
112,20
57 Nach Abzug sowohl der unter NAnschPkt 2 aufgeführten Einzelpositionen als auch der ‚groben Abrechnungsfehler’ ergaben sich der Nachtragsanschuldigungsschrift zufolge als Berechnungsgrundlage für die Durchführung von Kostenerstattung und Vorteilsausgleich ursprünglich folgende Bruttohonorarsummen:
58
Rech-Betrag
in DM
Betrugssumme
in DM
Abrechnungsfehler
in DM
bereinigte
Honorar-forderung
in DM
1998
15.516,32
1.807,68
1.374,14
12.334,50
1999
24.077,64
6.141,59
3.127,17
14.808,88
2000
31.296,36
4.958,20
4.120,57
22.217,59
Gesamt
70.890,32
12.907,47
8.621,88
49.360,97
59 Demgegenüber hat sich der frühere Soldat in der Beweisaufnahme im Rahmen der Erörterung des von Dr. Ru. vorgelegten Gutachtens in einzelnen Positionen wie folgt verbessert:
60 Im Vergleich mit der zum Komplex ‚Abrechnungsbetrug’ in der Nachtragsanschuldigungsschrift enthaltenen Tabelle sind die dortigen ursprünglichen Positionen 4, 6, 8, 20 und 29 über insgesamt 532,12 DM gestrichen worden.
61 Im Vergleich mit der in der Nachtragsanschuldigungsschrift enthaltenen Auflistung ‚nichtabrechnungsfähiger Positionen’ ist dem früheren Soldaten aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme durch Streichungen und als ‚berechnungsfähig - wenn auch über einen jeweils geringeren Betrag - anzuerkennenden’ diversen Positionen eine Gesamtsumme von 1.249,09 DM gutzuschreiben.
62 Die Abschlusstabelle ist somit um insgesamt 1.781,21 DM zugunsten des früheren Soldaten zu berichtigen.
63 Zu NAnschPkt 4:
64 Die Zeugin S. hat den zugrundeliegenden Sachverhalt in der Beweisaufnahme vollinhaltlich bestätigt.
65 Zu NAnschPkt 5a:
66 Der Zeuge Hö. hat in der Hauptverhandlung bestätigt, niemals ein Dentallabor besessen oder betrieben zu haben.
67 Zu NAnschPkt 5b:
68 Es hat auch kein ‚...-Dental Technik’ Labor existiert.
69 Auch der Zeuge ... Hoc., der seinerzeit die Durchsuchung der damaligen Privatwohnung des früheren Soldaten in der ...straße ... geleitet hatte, hat bestätigt, daß auch dort kein Dentallabor oder überhaupt Gerät vorhanden gewesen sei, das auf die Ausführung zahntechnischer Arbeiten hätte hindeuten können.
70 Zu NAnschPkt 6:
71 Diesbezüglich erklärte der Zeuge Hö., von der Zeugin S. informiert worden zu sein, daß sie von dem früheren Soldaten eine Rechnung erhalten hätte, in der Leistungen eines ‚Ho.-Dentallabors’ aufgeführt worden wären. Er- der Zeuge Hö. - sei ‚aus allen Wolken gefallen’, weil er ja nie ein eigenes Labor betrieben hätte. Schließlich hätte er den früheren Soldaten angerufen, der ihm erklärt hätte, daß ihm kein anderer Name als der des Zeugen im Zusammenhang mit der zu erstellenden Rechnung eingefallen sei. Überhaupt sei doch alles ‚gar nicht so schlimm’, denn sein - des früheren Soldaten - Anwalt hätte ihn dahingehend beraten, daß dem Zeugen nichts passieren könnte. Der frühere Soldat hätte ihm - dem Zeugen - dann angeboten, einen Geldbetrag in Höhe von 5.000,00 DM sofort aufs Konto zu überweisen, um ihn zur nachträglichen Duldung des unter NAnschPkt 5a beschriebenen Verhaltens zu veranlassen.
72 Er hätte dies sofort entschieden abgelehnt und dem früheren Soldaten vorgeworfen, daß es sich um Urkundenfälschung und Steuerhinterziehung handeln würde. Darüber hinaus hätte er den früheren Soldaten aufgefordert, im Namen ‚Ho.’ ausgestellte Rechnungen zu annullieren.
73 Zudem wies der Zeuge darauf hin, daß er am 14.09.2000 auf dem Polizeikommissariat Sch. gegen den früheren Soldaten Strafanzeige wegen des Verdachts der Urkundenfälschung gestellt hätte.
74 Zu NAnschPkt 7:
75 Den zugrundeliegenden Sachverhalt hat die Zeugin Stein in allen Einzelheiten bestätigt.
76 Die Kammer hat keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeuginnen und Zeugen und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen.
77 Zudem erwiesen sich die Ausführungen des Sachverständigen Dr. Ru., der das von ihm vorgelegte Gutachten detailliert erläuterte, als schlüssig, nachvollziehbar und überzeugend. Zusammenfassend ist er zu folgenden Ergebnissen gelangt:
78 ‚In den geprüften Rechnungen finden sich multiple Fehler.
79 Ein kleiner Teil sind gebührenrechtliche Fehler, die bei einer Miss-Interpretation der Gebührenordnung unterlaufen können.
80 Der größere Teil der fehlerhaften Berechnungen ist auch für einen weniger versierten Zahnarzt offensichtlich.
81 Vielfach wurden unzulässige Zugriffe auf (hoch bewertete) GOÄ-Positionen vorgenommen, überwiegend im chirurgischen Bereich, der ex post schwerer nachvollziehbar ist.
82 Zum Teil wurden die GOÄ-Ziffern in einer Weise ausgeweitet, daß die tatsächliche Erbringung der berechneten Leistungen höchst zweifelhaft, unwahrscheinlich und zum Teil Kunstfehler-behaftet ist.
83 Die berechneten Anästhesien und die dazu berechneten Materialien wären in ihrer körperlichen Auswirkung oftmals lebensgefährdend.
84 Im Bereich der berechneten Schienen werden grobe Abrechnungsfehler festgestellt, die auch unter denkbaren Konstellationen nicht nachvollziehbar sind.
85 Die dazu erstellten Labor-Rechnungen sind überwiegend unstimmig zu den Liquidations-Inhalten und teilweise auch sachlich falsch.
86 Gutachterlicherseits bestehen begründete Anhalte für vorsätzlich falsche Abrechnung.
87 Der Verdacht erstreckt sich auch auf den Umfang berechneter Füllungs- und Wurzelbehandlungsmaßnahmen.’
88 Diese Erkenntnisse des Sachverständigen sind in der Beweisaufnahme bestätigt worden.
89 Der ehemalige Beratende Zahnarzt des ...abschnitts ..., Flottenarzt d.R. Dr. O., hat als sachverständiger Zeuge in der Hauptverhandlung ausgesagt.
90 Als ehemalige Disziplinarvorgesetzte und Leumundszeugen sind die Oberstabsärzte d.R. H. und Dr. Ha. in der Hauptverhandlung vernommen worden.
91 Als Ergebnis der Beweisaufnahme hält die Kammer das dem früheren Soldaten durch die Nachtragsanschuldigungsschrift zur Last gelegte Verhalten in allen Punkten - wie angeschuldigt - für bewiesen.“
92 Die Truppendienstkammer wertete das Verhalten des früheren Soldaten als vorsätzlichen Verstoß gegen die Pflichten zum treuen Dienen (§ 7 SG), seinen Vorgesetzten zu gehorchen (§ 11 Abs. 1 SG i.V.m. dem Erlass des Bundesministers der Verteidigung (BMVg) vom 1. März 1996 i.d.F. vom 1. Dezember 1997- InSan II 3 - Az.: 42-01-01/02), in dienstlichen Angelegenheiten die Wahrheit zu sagen (§ 13 Abs. 1 SG), durch sein Verhalten der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erfordert (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG), sich außer Dienst, außerhalb dienstlicher Unterkünfte und Anlagen so zu verhalten, dass er die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG), vor Übernahme einer Nebentätigkeit die Genehmigung des Dienstherrn einzuholen (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SG) sowie bei der Ausübung von Nebentätigkeiten Einrichtungen, Personal und Material des Dienstherrn nur (bei Vorliegen eines öffentlichen oder wissenschaftlichen Interesses) mit dessen Genehmigung und gegen Entrichtung eines angemessenen Entgelts in Anspruch zu nehmen (§ 20 Abs. 4 Satz 1 SG).
93 Die Gewährung eines Unterhaltsbeitrages hat die Truppendienstkammer in ihrem Urteil gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1, § 65 Abs. 2 Satz 2 WDO mit der Begründung ausgeschlossen, der frühere Soldat habe sich durch die im Dienstvergehen offenbar gewordenen gravierenden Mängel an moralischer Integrität, Persönlichkeit und Charakter als nicht würdig erwiesen. Er habe ein vielfältiges Fehlverhalten gezeigt, wobei er wiederholt betrügerisch-kriminell gehandelt und selbst nicht vor dem Dienstherrn Halt gemacht habe.
94 Gegen dieses dem früheren Soldaten am 16. Dezember 2004 zugestellte Urteil hat sein Verteidiger mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2004, der am selben Tag bei der Truppendienstkammer eingegangen ist, Berufung eingelegt und diese auf die Maßnahmebemessung beschränkt.
95 Zur Begründung hat er vorgetragen, bei der Verhängung der Höchstmaßnahme würden 17 Jahre „Dienstzeit“ und ein „Werdegang“ zum Oberstabsarzt „ausgelöscht“. Der erkennende Senat habe jedoch in seiner Entscheidung vom 18. Juni 2003 (BVerwG 2 WD 50.02 ) in Fällen der Schädigung des Vermögens des Dienstherrn durch Nebentätigkeit und Nichtabführung eines angemessenen Entgeltes für die Nutzung dienstlicher Einrichtungen die Grundsätze der Rechtsprechung „für den unberechtigten Zugriff auf Vermögen des Dienstherrn“ für anwendbar erklärt. Das führe je nach Dienststellung zum geschützten Vermögen zwar zu einer Degradierung oder auch Entfernung aus dem Dienstverhältnis. Der Senat habe jedoch insbesondere in seinem Urteil vom 27. August 2003 (BVerwG 2 WD 5.03 ) vor einer „Automatik“ gewarnt und Flexibilität „nach oben und unten“ angemahnt. Schon deshalb müsse das angefochtene Urteil einer Überprüfung durch den Senat unterworfen werden. Bei der Entscheidung vom 18. Juni 2003 sei es immerhin um einen Oberstarzt gegangen, der zusätzlich zur Vermögensschädigung im Rahmen seiner Nebentätigkeit „an einer Vielzahl von Werktagen unerlaubt seine Dienststelle für mehrere Stunden“ verlassen habe, um einer nicht genehmigten betriebsärztlichen Vertretung nachzugehen. Der Oberstarzt sei um einen Dienstgrad herabgesetzt worden.
96 In der Berufungshauptverhandlung vor dem erkennenden Senat hat der frühere Soldat mit Zustimmung des Vertreters des Bundeswehrdisziplinaranwalts die eingelegte Berufung dahingehend beschränkt, dass sie sich nur noch gegen den Ausschluss der Gewährung eines Unterhaltsbeitrages richtet.
III
97 1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, ihre Förmlichkeiten sind gewahrt (§ 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 WDO).
98 2. Der frühere Soldat hat das von ihm eingelegte Rechtsmittel durch seinen Verteidiger in der Berufungshauptverhandlung mit Zustimmung des Vertreters des Bundeswehrdisziplinaranwalts (§ 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 303 StPO) wirksam dahingehend beschränkt, dass er nur noch den von der Truppendienstkammer vorgenommenen Ausschluss der Gewährung eines Unterhaltsbeitrages, jedoch nicht mehr die Aberkennung des Ruhegehalts angreift. Dies ist zulässig. Denn nach der Rechtsprechung des Senats kann die Berufung auf die Gewährung eines Unterhaltsbeitrages beschränkt werden (vgl. Urteile vom 3. Oktober 1969 - BVerwG 2 WD 30.69 -, vom 2. Dezember 1970 - BVerwG 1 WD 7.70 - <BVerwGE 43, 147 = NZWehrr 1972, 23> und vom 21. September 2004 - BVerwG 2 WD 11.04 - <NZWehrr 2005, 39 = DÖV 2005, 345 = DokBer 2005, 125 = ZBR 2005, 211>). Der Senat ist demzufolge an die tatsächlichen Feststellungen der Truppendienstkammer und deren rechtliche Würdigung als Dienstvergehen gebunden. Die - aufgrund der erfolgten wirksamen Berufungsbeschränkung nunmehr rechtskräftige - Aberkennung des Ruhegehaltes steht ebenfalls nicht mehr zur Überprüfung durch den Senat.
99 3. Die Berufung hat in dem aus dem Tenor der Entscheidung ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Senat ist trotz verbleibender (Rest-)Zweifel nicht zu der Feststellung gelangt, dass der frühere Soldat eines Unterhaltsbeitrages im Sinne des § 63 Abs. 3 Satz 1 WDO unwürdig ist.
100 Ob ein Soldat nach dieser gesetzlichen Bestimmung eines Unterhaltsbeitrages nicht würdig ist, muss im Einzelfall vom Gericht festgestellt werden; bloße Zweifel reichen nicht aus. Dabei ist, wie sich aus dem Wortlaut und dem Zweck der Regelung ergibt, auf die Person des Soldaten („der Verurteilte“) und damit zugleich auch auf sein (Gesamt-)Verhalten abzustellen. Der Unterhaltsbeitrag ist im Wehrdisziplinarrecht - ebenso wie im Beamtendisziplinarrecht (vgl. dazu u.a. Urteil vom 12. Januar 1977 - BVerwG 1 D 55.76 - <BVerwGE 53, 237 [238]>; Beschlüsse vom 11. Juli 1957 - BDH 2 DB 1857 - <BDHE 4, 80 [81]>, vom 26. März 1958 - BDH 1 DB 6.58 - <BDHE 3, 83 [84]> und vom 31. Oktober 1988 - BVerwG 1 DB 16.88 - <BVerwGE 86, 78 = NVwZ 1989, 263 [f.]> m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Juli 2003 - DB 17 S 6/03 - <ESVGH 54, 62 [LS]>) - Ausdruck einer das Dienstverhältnis überdauernden Fürsorgepflicht des Dienstherrn (Urteile vom 2. Dezember 1970 - BVerwG 1 WD 7.70 - <BVerwGE 43, 147 = NZWehrr 1972, 23> und vom 21. September 2004 - BVerwG 2 WD 11.04 - <a.a.O. m.w.N.>; Dau, WDO, 4. Aufl. 2002, § 63 RNr. 8 m.w.N.). Die Zweckbestimmung des Unterhaltsbeitrages besteht seit jeher in der materiellen Unterstützung des aus dem Dienstverhältnis Entfernten zur Verhinderung einer wirtschaftlichen Notlage und der damit verbundenen Konsequenzen. An dieser Zwecksetzung hat auch die seit dem 1. Januar 2002 geltende Neufassung der Unterhaltsbeitrags-Regelung durch das Zweite Gesetz zur Neuordnung des Wehrdisziplinarrechts (2. WehrDiszNOG) uneingeschränkt festgehalten (vgl. dazu auch Bachmann, NZWehrr 2001, 177 <196>; BT-Druck 14/4659, S. 36 zum sachgleichen § 10 BDG). Während vorher jedoch die Gewährung des Unterhaltsbeitrages einer ausdrücklichen Bewilligung durch das Gericht bedurfte, ist sie nach der - im vorliegenden Falle geltenden - Neuregelung eine unmittelbare gesetzliche Rechtsfolge der Verhängung der disziplinargerichtlichen Höchstmaßnahme. Nur der Ausschluss oder die Verlängerung (über die im Gesetz als Regelfall vorgesehene Dauer von sechs Monaten hinaus) bedürfen einer Entscheidung des Gerichts. Die durch das 2. WehrDiszNOG vorgenommene Umkehr von „Regel und Ausnahme“ - die Gewährung des Unterhaltsbeitrages ist nunmehr die vom Gesetz ausdrücklich vorgesehene regelmäßige Rechtsfolge, seine Versagung die Ausnahme - muss bei der Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale strikt beachtet werden. Dies muss demzufolge auch bei der Bestimmung dessen, was als „unwürdig“ anzusehen ist, Beachtung finden. Als Bestandteil eines Ausnahmetatbestandes ist der Begriff einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich. Anderenfalls würde das Regel-Ausnahme-Verhältnis gleichsam „auf den Kopf gestellt“. Daraus ist die Schlussfolgerung zu ziehen, dass eine „Nichtwürdigkeit“ nicht bereits dann vorliegt, wenn die disziplinare Höchstmaßnahme verhängt wird. Denn das Gesetz geht im Falle der Verhängung der Höchstmaßnahme gerade davon aus, dass die Gewährung eines Unterhaltsbeitrages grundsätzlich für sechs Monate zu erfolgen hat. Aus dem dargelegten Gesetzeszweck und dem Regelungszusammenhang folgt deshalb, dass nur solche Umstände eine „Nichtwürdigkeit“ begründen, die nach der Art und dem Gewicht des Fehlverhaltens sowie nach der Persönlichkeit des Soldaten und dem Maß seiner Schuld jeden Grund für die nachwirkende Fürsorgepflicht des Dienstherrn entfallen lassen. Dies kommt insbesondere in Fällen besonders treuwidrigen Verhaltens und vor allem dann in Betracht, wenn das Gesamtverhalten des (früheren) Soldaten den Schluss zulässt, dass er jedes ernsthafte Interesse für die dienstlichen Belange vermissen lässt und dass es bei ihm bereits seit längerem an dem unabdingbaren Mindestmaß an Verantwortung für die dienstlichen Bedürfnisse fehlt (vgl. Urteil vom 21. September 2004 - BVerwG 2 WD 11.04 - <a.a.O.>, m.w.N.).
101 Das Vorliegen solcher Umstände hat der Senat im vorliegenden Falle nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen können.
102 Art und Gewicht des Fehlverhaltens sowie das Maß der Schuld des früheren Soldaten sind zwar so schwerwiegend, dass nach dem insoweit rechtskräftigen Urteil der Truppendienstkammer die Höchstmaßnahme verhängt wurde. Die Schwere des Fehlverhaltens ergibt sich insbesondere daraus, dass der frühere Soldat seinen Dienstherrn über Jahre hinweg über den Umfang seiner - zudem anfangs nicht genehmigten - Nebentätigkeit und damit über die Höhe der abzuführenden Beträge arglistig täuschte, wodurch bei diesem infolge der nicht geleisteten Kostenerstattung und des nicht vorgenommenen Vorteilsausgleichs entsprechend den Inanspruchnahmerichtlinien des BMVg - InSan II 3 - ein beträchtlicher Vermögensschaden entstand. Dieser berechnet sich nach den den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des insoweit rechtskräftigen Urteils der Truppendienstkammer nach einer bereinigten Honorarforderung von mehr als 45.000 DM. Das Gewicht dieses Fehlverhaltens wird noch dadurch erhöht, dass der Soldat darüber hinaus nach den getroffenen rechtskräftigen Feststellungen in betrügerischer Absicht den von ihm behandelten Zeugen S. und R. Rechnungen ausstellte, denen in erheblichem Umfange nicht erbrachte zahnärztliche Leistungen zugrunde lagen und dass er zusätzlich noch Forderungen aufgrund von ihm fingierter Laborrechnungen nicht existierender Labore in erheblichen Umfange geltend machte. Dies führte sowohl bei seinen Patienten als auch bei den zuständigen Krankenkassen zumindest zu einer erheblichen Vermögensgefährdung. Teilweise trat der Vermögensschaden auch bereits ein. Das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn wurde auch dadurch zerstört, dass der frühere Soldat einen anderen Soldaten, den Hauptgefreiten d.R. F. Hö., in seine kriminellen Machenschaften zu verstricken suchte, um seine Straftaten zu verdecken. Diesem schwerwiegenden Fehlverhalten entsprach die von der Truppendienstkammer - zwischenzeitlich rechtskräftig - verhängte Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts.
103 Im Hinblick auf die vorliegend zu treffende Entscheidung über den Unterhaltsbeitrag darf aber nicht außer Betracht bleiben, dass der frühere Soldat auch während des Zeitraums, in dem sich sein Fehlverhalten ereignete, seine originären dienstlichen Pflichten als ...offizier Zahnarzt im ...zentrum G. im Wesentlichen erfüllte. Die zahnärztliche Versorgung wurde nicht erkennbar beeinträchtigt. Jedenfalls haben sich diesbezüglich keine gravierenden Beanstandungen feststellen lassen.
104 Nach der Aufdeckung seines schwerwiegenden Fehlverhaltens hat sich der frühere Soldat zwar zunächst nicht in erkennbarem Maße bemüht, an der lückenlosen Aufklärung vorbehaltlos und umfassend mitzuwirken sowie den angerichteten Schaden auszugleichen. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass der frühere Soldat nach seiner glaubhaften Einlassung in der Berufungshauptverhandlung schon seit längerem erkrankt war und sich jedenfalls seit Oktober 2000 wiederholt stationär behandeln lassen musste. Nach seiner zwischenzeitlich erfolgten Wiedergenesung ist er nunmehr allerdings seit Anfang August 2005 als selbständiger Zahnarzt tätig. Er hat sich in der Berufungshauptverhandlung ausdrücklich dazu bereit erklärt, den eingetretenen Vermögensschaden vorbehaltlich einer rechtlichen Prüfung im Einzelfall und nach Maßgabe seiner finanziellen Möglichkeiten wieder gutzumachen. Zudem hat er dem Senat in der Berufungshauptverhandlung die Überzeugung vermittelt, dass er sein Fehlverhalten einsieht und nachdrücklich bedauert.
105 Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Persönlichkeit des früheren Soldaten muss zudem auch das Leistungsbild während der gesamten Dienstzeit Berücksichtigung finden (vgl. u.a. Urteile vom 10. Juli 1984 - BVerwG 2 WD 60.86 -, vom 23. Januar 1986 - BVerwG 2 WD 26.85 - und vom 21. September 2004 - BVerwG 2 WD 11.04 - <a.a.O.>). Insoweit ist festzustellen, dass der frühere Soldat vor seinem hier festgestellten Fehlverhalten disziplinar- und strafrechtlich nicht negativ in Erscheinung getreten war. Zumindest in seinen ersten Dienstjahren erbrachte er ansprechende dienstliche Leistungen, die sich auch in den Abschlussnoten der ...offizieranwärterlehrgänge A (Note „befriedigend“) und B (Note „gut“) niederschlugen. Auch seine Leistungen während des zahnärztlichen Studiums waren gut. Noch in der letzten planmäßigen Beurteilung vom 13. August 1999 wurde er hinsichtlich seiner dienstlichen Leistungen als ...offizier Zahnarzt zusammenfassend dahingehend charakterisiert, dass er „ein motivierter und einsatzwilliger ...offizier“ sei, der sein Handeln „an der optimalen Erfüllung der Anforderungen seines Dienstpostens“ orientiere. Zwar wiesen seine dienstlichen Leistungen bereits zum damaligen Zeitpunkt eine fallende Tendenz auf. Worin die Gründe dafür im Einzelnen lagen, hat der Senat weder anhand der vorliegenden Beurteilungen noch auf der Grundlage der Bekundungen der von der Truppendienstkammer vernommenen Leumundszeugen und auch nicht durch die in der Berufungshauptverhandlung erfolgte Befragung des früheren Soldaten feststellen können. Der Senat kann insoweit jedenfalls nicht ausschließen, dass die negative Entwicklung der dienstlichen Leistungen des früheren Soldaten auch mit dem damaligen Gesundheitszustand und innerdienstlichen Konflikten im Zusammenhang standen.
106 Angesichts dieser Gesamtumstände hat der Senat nicht feststellen können, dass der frühere Soldat jedes ernsthafte Interesse für die dienstlichen Belange des Dienstherrn hat vermissen lassen und dass es bei ihm an dem unabdingbaren Mindestmaß an Verantwortung für die dienstlichen Bedürfnisse gefehlt hat.
107 Im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 63 Abs. 3 Satz 1 letzter Halbsatz WDO ist nach den erkennbaren Umständen nicht ersichtlich, dass der frühere Soldat nicht bedürftig ist. Er hat glaubhaft dargelegt, dass er seine seit Anfang August 2005 nunmehr betriebene Zahnarztpraxis nur durch Aufnahme von Krediten finanzieren konnte und dass er aus dieser Praxis bislang noch keine nachhaltigen Einkünfte erzielt hat. Seine wirtschaftliche Lage ist gegenwärtig noch so prekär, dass er zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes auf Zahlungen seiner Lebensgefährtin angewiesen ist. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben des früheren Soldaten unzutreffend wären, sind in der Berufungshauptverhandlung nicht geltend gemacht worden und für den Senat auch sonst nicht ersichtlich.
108 Die Kosten des Berufungsverfahrens sind zu zwei Dritteln dem früheren Soldaten und zu einem Drittel dem Bund aufzuerlegen. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass der frühere Soldat die von ihm auf die Maßnahmebemessung beschränkte Berufung in der Berufungshauptverhandlung teilweise zurückgenommen und nur noch die Entscheidung über den Ausschluss der Gewährung eines des Unterhaltsbeitrages angefochten hat. Dies hat zur Folge, dass den Berufungsführer hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Berufung nach § 139 Abs. 2 WDO die Kostenlast trifft. Die übrigen Kosten des Berufungsverfahrens hat der Bund nach § 139 Abs. 1 Satz 1 WDO zu tragen, weil das (verbliebene) Rechtsmittel des früheren Soldaten Erfolg hatte. Die Entscheidung darüber, dass der Bund ein Drittel der dem früheren Soldaten im Berufungsverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen hat, beruht auf § 140 Abs. 4 WDO.