Verfahrensinformation

Der Kläger ist Inhaber eines Waffenscheins, der ihn zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen berechtigt. Er ist Mitglied einer Rockergruppe (Bandidos MC Passau) und deren Präsident. Nachdem diese Mitgliedschaft dem Landratsamt als zuständiger Waffenbehörde bekannt geworden war, widerrief es die auf den Kläger ausgestellte waffenrechtliche Erlaubnis. Es stützte sich dafür auf eine Vorschrift des Waffengesetzes, nach der waffen- und sprengstoffrechtliche Erlaubnisse zurückzunehmen sind, wenn der Inhaber die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird oder Waffen oder Munition Personen überlassen wird, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind. Auf die Klage des Klägers hat das Verwaltungsgericht Regensburg die Entscheidung der Waffenbehörde aufgehoben. Auf die Berufung des beklagten Freistaats Bayern hat der Verwaltungsgerichtshof München hingegen die Klage abgewiesen: Mitglieder u. a. der Bandidos MC bewegten sich in einem kriminellen Umfeld, in dem typische Delikte der Organisierten Kriminalität wie Aktivitäten im Rotlichtmilieu, Rauschgifthandel, Bedrohung oder Körperverletzung begangen würden. Mitglieder einer solchen Gruppe in hervorgehobener Position als Präsident, Vizepräsident oder sonstiger Funktionsträger seien waffenrechtlich unzuverlässig, auch wenn sie selbst oder die Ortsgruppe, der sie angehörten, bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten seien. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.


Pressemitteilung Nr. 5/2015 vom 28.01.2015

Waffenrechtliche Unzuverlässigkeit wegen Mitgliedschaft bei den „Bandidos“

Waffenrechtliche Erlaubnisse, die einem Mitglied des Bandidos Motorcycle Club (MC) erteilt worden waren, können auch dann wegen waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit widerrufen werden, wenn weder dieses Mitglied noch die Teilgruppierung (Chapter) der Bandidos, der er angehört, bisher strafrechtlich in Erscheinung getreten sind. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute in drei Fällen entschieden.


Die Kläger der drei Verfahren sind jeweils im Besitz waffenrechtlicher Erlaubnisse. Sie sind Mitglied verschiedener Chapter des Bandidos MC (Bandidos MC Regensburg, Bandidos MC Passau) mit der Funktion eines Präsidenten oder Vizepräsidenten. Nachdem diese Mitgliedschaften dem Landratsamt als zuständiger Waffenbehörde bekannt geworden war, widerrief es allein wegen dieser Mitgliedschaft die auf die Kläger ausgestellten waffenrechtlichen Erlaubnisse. Es stützte sich dafür auf eine Vorschrift des Waffengesetzes, nach der waffenrechtliche Erlaubnisse zu widerrufen sind, wenn der Inhaber die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er Waffen missbräuchlich verwenden oder Personen überlassen wird, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über die Waffen nicht berechtigt sind. Auf die Klagen der Kläger hob das Verwaltungsgericht Regensburg die Entscheidungen des Landratsamtes auf. Auf dessen Berufung wies der Verwaltungsgerichtshof München hingegen die Klagen ab. Mitglieder des Bandidos MC oder anderer vergleichbarer Rockergruppen, wie beispielsweise der Hells Angels, in hervorgehobener Position als Präsident, Vizepräsident oder sonstiger Funktionsträger seien waffenrechtlich unzuverlässig, auch wenn sie selbst oder das Chapter, der sie angehörten, bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten seien.


Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision der Kläger zurückgewiesen. Die waffenrechtlichen Erlaubnisse durften widerrufen werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat für das Bundesverwaltungsgericht bindend Tatsachen festgestellt, aus denen sich angesichts der Gefährlichkeit von Waffen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die zukünftige Möglichkeit der missbräuchlichen Verwendung von Waffen oder ihrer Überlassung an Nichtberechtigte und damit die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit der Kläger ergibt. Auch die Gruppenzugehörigkeit einer Person kann als (personenbezogener) Umstand für deren waffenrechtliche Zuverlässigkeit relevant sein. Nach den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs sind von Mitgliedern der Bandidos gehäuft Straftaten unter zum Teil erheblicher Gewaltanwendung begangen worden, die maßgeblich auf die szenetypischen Rivalitäten zwischen den Bandidos und anderen Rockergruppierungen zurückzuführen sind. Es besteht wie bei anderen Mitgliedern der Bandidos die nicht entfernt liegende Möglichkeit, dass die Kläger – selbst wenn sie dies persönlich nicht anstreben sollten oder sogar für sich vermeiden wollten - künftig in die Austragung solcher Rivalitäten und in hiermit einhergehende gewalttätige Auseinandersetzungen einbezogen werden. Tritt dieser Fall ein, liegt es wiederum nicht fern, dass sie hierbei - ob beabsichtigt oder unter dem Druck der Situation - Waffen missbräuchlich verwenden oder Nichtberechtigten überlassen. Für diese Prognose ist auf die Bandidos allgemein und nicht auf das jeweilige Chapter abzustellen. Aufgrund der Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist davon auszugehen, dass die Tendenz zur gewalttätigen Austragung szeneinterner Rivalitäten für die Bandidos schlechthin, nicht nur für einzelne Chapter prägend ist, und dass zudem aufgrund der Vernetzung der Chapter untereinander wechselseitige Unterstützung bei Auseinandersetzungen angefordert wird.


BVerwG 6 C 1.14 - Urteil vom 28. Januar 2015

Vorinstanzen:

VGH München, 21 BV 12.1280 - Urteil vom 10. Oktober 2013 -

VG Regensburg, RN 4 K 12.156 - Urteil vom 08. Mai 2012 -

BVerwG 6 C 2.14 - Urteil vom 28. Januar 2015

Vorinstanzen:

VGH München, 21 B 12.960 - Urteil vom 10. Oktober 2013 -

VG Regensburg, RN 4 K 11.229 - Urteil vom 29. November 2011 -

BVerwG 6 C 3.14 - Urteil vom 28. Januar 2015

Vorinstanzen:

VGH München, 21 B 12.964 - Urteil vom 10. Oktober 2013 -

VG Regensburg, RN 4 K 11.93 - Urteil vom 14. Juni 2011 -


Urteil vom 28.01.2015 -
BVerwG 6 C 3.14ECLI:DE:BVerwG:2015:280115U6C3.14.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 28.01.2015 - 6 C 3.14 - [ECLI:DE:BVerwG:2015:280115U6C3.14.0]

Urteil

BVerwG 6 C 3.14

  • VG Regensburg - 14.06.2011 - AZ: VG RN 4 K 11.93
  • VGH München - 10.10.2013 - AZ: VGH 21 B 12.964

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Graulich, Dr. Möller, Hahn und Prof. Dr. Hecker
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger ist Inhaber eines kleinen Waffenscheins gemäß § 10 Abs. 4 Satz 4 WaffG. Das Landratsamt nahm diesen mit der Begründung zurück, es sei bekannt geworden, dass der Kläger Mitglied der "Bandidos MC Passau" sei. Auf seine Klage hat das Verwaltungsgericht den Rücknahmebescheid aufgehoben.

2 Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Die Stellung des Klägers als Präsident des "Bandidos MC Passau" rechtfertige die Annahme, dass er im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG unzuverlässig sei. Dies folge aus der Eigenart der "Bandidos" als einer Gruppierung, die regelmäßig in gewalttätige Auseinandersetzungen mit anderen Rockergruppierungen verwickelt sei und eine Nähe zur Organisierten Kriminalität aufweise. Unerheblich sei, dass der Kläger persönlich nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten oder sonst auffällig geworden sei.

3 Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das Berufungsgericht lasse außer Acht, dass weder der Kläger noch der "Bandidos MC Passau" bisher negativ auffällig geworden seien. Es begründe seine angebliche Unzuverlässigkeit mit allgemeinen Mutmaßungen und zum Teil unzutreffenden tatsächlichen Annahmen über einen Vorfall im ‌Oktober 2012. Da der "Bandidos MC Passau" nicht unter § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG falle, sei die Mitgliedschaft des Klägers nicht ausreichend zur Begründung seiner Unzuverlässigkeit. Dafür, dass der Kläger sich in einem kriminellen, gewaltorientierten Milieu bewege, läge kein Nachweis vor. Dass einzelne Mitglieder von Rockergruppierungen straffällig geworden seien, dürfe nicht dem Kläger angelastet werden.

4 Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

II

5 Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen, weil das angefochtene Urteil nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts beruht (§ 144 Abs. 2, § 137 Abs. 1 VwGO).

6 1. Die Rücknahme des kleinen Waffenscheins des Klägers ist durch § 45 Abs. 1 WaffG gedeckt. Nach dieser Vorschrift ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Erlaubnis hätte versagt werden müssen. Letzteres ist aufgrund der Mitgliedschaft des Klägers im "Bandidos MC Passau" der Fall. Die Mitgliedschaft rechtfertigt die Annahme, dass er Waffen und Munition missbräuchlich verwenden (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG) und nicht berechtigten Personen überlassen wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c WaffG).

7 a. Die Anwendung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist nicht durch die organisationsbezogenen Regelvermutungen des § 5 Abs. 2 Nr. 2 und 3 WaffG gesperrt. Aus ihnen folgt nicht, dass andere als die dort normierten Gruppenzugehörigkeiten keine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit begründen könnten.

8 Die Regelvermutungen in § 5 Abs. 2 WaffG spiegeln die typisierende Einschätzung des Gesetzgebers wider, das Risiko des Waffenbesitzes sei für gewöhnlich nicht hinnehmbar, sofern eine Person einen der von der Vorschrift normierten Tatbestände erfülle; dies soll losgelöst davon gelten, ob zusätzlich die in § 5 Abs. 1 WaffG aufgeführten Voraussetzungen vorliegen. § 5 Abs. 2 WaffG erweitert so den absoluten Unzuverlässigkeitsbegriff des § 5 Abs. 1 WaffG und engt diesen nicht etwa ein, so wie auch die verschiedenen in § 5 Abs. 2 WaffG geregelten Fallgruppen selbständig nebeneinander stehen und wechselseitig keine Ausschlusswirkungen begründen (BVerwG, Urteil vom 30. September 2009 ‌ - 6 C 29.08 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 100 Rn. 13 ff.). Eine andere Sichtweise würde Schutzlücken aufreißen, die sachlich nicht erklärlich wären und dem Regelungszweck des Gesetzes widersprächen, Risiken des Waffenbesitzes auf ein Mindestmaß zu beschränken.

9 Daher kommt es insbesondere nicht darauf an, dass es sich beim "Bandidos MC Passau" nicht um einen unanfechtbar verbotenen Verein im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a WaffG handelt.

10 b. Der Einwand des Klägers, er sei in strafrechtlicher wie in waffenrechtlicher Hinsicht unbescholten und folglich zuverlässig, hindert die Anwendung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht. Die Vorschrift verlangt eine Prognose. Entscheidend ist, ob Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass zukünftig eine der in der Vorschrift aufgeführten Verhaltensweisen verwirklicht wird. Rechtskonformes Verhalten einer Person in der Vergangenheit ist wie jeder andere Umstand, der beurteilungsrelevant sein kann, in diese Prognose miteinzubeziehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2008 - 6 B 4.08 - juris Rn. 5). Es ist aber möglich, dass sonstige Umstände zu dem Schluss führen, die Person werde eine Verhaltensweise im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen.

11 c. Die von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verlangte Prognose ist auf diejenige Person zu beziehen, deren Zuverlässigkeit in Frage steht. Die Unzuverlässigkeit anderer, selbst nahestehender Personen rechtfertigt als solche nicht den Schluss auf ihre Unzuverlässigkeit. Individuelle Verhaltenspotentiale werden allerdings durch das soziale Umfeld mitbestimmt. Daher bestehen keine Bedenken dagegen, die Gruppenzugehörigkeit einer Person - ein personenbezogenes Merkmal - als Tatsache heranzuziehen, welche die Annahme der Unzuverlässigkeit stützt. Gefordert ist jedoch, dass zwischen der Annahme der Unzuverlässigkeit und der Gruppenzugehörigkeit eine kausale Verbindung besteht. Gerade die Gruppenzugehörigkeit der Person muss die Prognose tragen, dass diese künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen wird. Nicht ausreichend ist, dass solche Verhaltensweisen innerhalb der Gruppe regelmäßig vorgekommen sind oder noch immer vorkommen. Vielmehr müssen bestimmte Strukturmerkmale der Gruppe die Annahme rechtfertigen, dass gerade auch die Person, die in Rede steht, sie künftig verwirklichen wird.

12 d. Die Mitgliedschaft in einer örtlichen Organisationseinheit der Rockergruppierung "Bandidos" rechtfertigt auch dann die Annahme der Unzuverlässigkeit im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG, wenn keine sonstigen Tatsachen für die Unzuverlässigkeit der betreffenden Person sprechen oder sogar ‌- wie im vorliegenden Fall die bisherige Unbescholtenheit des Klägers - andere Tatsachen dagegen sprechen.

13 Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, die insoweit nicht in einer § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise mit Verfahrensrügen angegriffen sind und den Senat daher binden (§ 137 Abs. 2 VwGO), sind von Mitgliedern der "Bandidos" gehäuft Straftaten unter zum Teil erheblicher Gewaltanwendung begangen worden. Aus den vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen ergibt sich weiter, dass die "Bandidos" ebenso wie eine Reihe anderer Gruppierungen Machtzuwachs innerhalb der Rockerszene anstreben und entsprechende Ansprüche regelmäßig mit Gewalt durchzusetzen versuchen. Insbesondere zwischen den "Hells Angels MC" und den "Bandidos" ist es danach zu gewalttätigen Auseinandersetzungen bis hin zu Schießereien gekommen. Generell werden nach dem angefochtenen Urteil Streitigkeiten aller Art innerhalb der Rockerszene, der die "Bandidos" zugehören, regelmäßig mit Gewalt ausgetragen. Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass innerhalb von Rockergruppierungen wie den "Bandidos" ein strenger Ehrenkodex sowie ein einheitliches, formalisiertes Aufnahmeritual gilt, ein starkes Maß innerer Verbundenheit vorherrscht und die verschiedenen örtlichen Organisationseinheiten miteinander vernetzt sind.

14 Die Praxis der gewaltsamen Austragung der - ihrerseits szenetypischen - Rivalitäten und Konflikte mit anderen Rockergruppierungen muss danach als wesensprägendes Strukturmerkmal der "Bandidos" angesehen werden, das sich bei jeder ihrer örtlichen Organisationseinheiten und bei jedem ihrer Mitglieder zu jedem Zeitpunkt aktualisieren kann. Aufgrund der bundesweiten Vernetzung der örtlichen Organisationseinheiten und des hohen Loyalitätsdrucks, der aus dem starken Verbundenheitsempfinden der "Bandidos" untereinander folgt, erscheint es darüber hinaus möglich, dass ein "Bandidos"-Mitglied einheitsübergreifende Unterstützung bei Auseinandersetzungen leistet.

15 Daher besteht auch für den Kläger die Möglichkeit, dass er - selbst wenn er dies persönlich nicht anstreben sollte oder sogar für sich vermeiden wollte -‌ künftig in gewaltsame Auseinandersetzungen hineingezogen wird. Tritt dieser Fall ein, liegt es wiederum nicht fern, dass er hierbei - ob beabsichtigt oder unter dem Druck der Situation - Waffen missbräuchlich verwenden oder Nichtberechtigten überlassen wird.

16 Dass der Kläger bislang strafrechtlich und waffenrechtlich nicht negativ in Erscheinung getreten ist, rechtfertigt keine abweichende Einschätzung. Die Möglichkeit des Hineinziehens in gewaltsame szeneinterne Auseinandersetzungen ist aus den genannten Gründen auch bei solchen Mitgliedern der "Bandidos" gegeben, die sich bislang rechtskonform verhalten haben. Die Vorstellung, einzelne Mitglieder könnten sich gegen die wesensimmanente Tendenz der Gruppierung zur Gewalttätigkeit stemmen oder ihr zumindest persönlich ausweichen, muss im Lichte des hohen Geschlossenheitsgrades der "Bandidos" und des hieraus resultierenden Konformitätsdrucks als fernliegend eingeschätzt werden. Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, einzelne örtliche Organisationseinheiten könnten für sich eine Sonderexistenz jenseits der gruppentypischen Praxis führen. Den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs kann entnommen werden, dass die örtlichen Einheiten keine unumschränkte Aktionsfreiheit genießen. So wurde etwa das sog. Friedensabkommen mit den "Hells Angels MC" im Jahre 2010 durch eine Führungsgruppe mit Wirkung für alle Untergruppierungen abgeschlossen.

17 e. Zu keinem anderen Ergebnis führt, dass das Hineinziehen des Klägers in gewaltsame szeneinterne Auseinandersetzungen danach zwar möglich, andererseits aber auch nicht gesichert erscheint. An die von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG geforderte Prognose dürfen keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Die Prognose hat sich an dem Zweck des Gesetzes zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz ohnehin verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (BVerwG, stRspr; vgl. etwa Urteil vom 30. September 2009 - 6 C 29.08 - ‌Buchholz 402.5 WaffG Nr. 100 Rn. 17 m.w.N.). Ausgehend hiervon hat der Verwaltungsgerichtshof im angefochtenen Urteil zu Recht angenommen, es sei kein Nachweis erforderlich, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG normierten Unzuverlässigkeitstatbestand verwirklichen wird. Ausreichend ist vielmehr, wie der Senat bereits ausgesprochen hat, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit hierfür besteht (Beschluss vom 31. Januar 2008 - 6 B 4.08 - juris Rn. 5). Die Prognose der Unzuverlässigkeit ist bei Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass die in Rede stehende Person künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen wird. Hiervon ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grundlage seiner Tatsachenfeststellungen zu Recht nicht ausgegangen.

18 f. Ob - wie der Kläger meint - der Verwaltungsgerichtshof von einem unzutreffenden Verständnis des Vorfalls im Oktober 2012 ausgegangen ist, kann auf sich beruhen. Die Prognose seiner Unzuverlässigkeit ist aus den genannten Gründen auch ohne Einbeziehung dieses Vorfalls tragfähig.

19 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.