Beschluss vom 28.08.2025 -
BVerwG 1 WB 29.24ECLI:DE:BVerwG:2025:280825B1WB29.24.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 28.08.2025 - 1 WB 29.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:280825B1WB29.24.0]
Beschluss
BVerwG 1 WB 29.24
In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Scheffczyk, den ehrenamtlichen Richter Brigadegeneral Wiesner und den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Sendner am 28. August 2025 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Gründe
I
1 Das Verfahren betrifft einen Konkurrentenstreit um einen nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstposten beim Heereshauptverbindungsstab USA.
2 Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat im Dienstgrad Oberst (Besoldungsgruppe A 16) und wird derzeit als Leiter der Gruppe ... im Amt ... in ... verwendet.
3 Der ... geborene Beigeladene ist ebenfalls Berufssoldat. Im Zeitpunkt der hier gegenständlichen Auswahlentscheidung hatte er den Dienstgrad Oberstleutnant (Besoldungsgruppe A 15) inne. Seit Oktober 2023 wurde er als Sachgebietsleiter ... im Kommando ... verwendet.
4 Der nach Besoldungsgruppe A 16 dotierte Dienstposten des Deputy Commanding Officer (DCO) beim Heereshauptverbindungsstab USA, ... war als neuer Dienstposten zum 1. Juni 2024 erstmals durch die Bundeswehr zu besetzen. Nach der "Position Description Deputy Commanding Officer of the United States Army ..." der US-Army (Positionsbeschreibung) ist hierfür ein Offizier mit dem Dienstgradäquivalent "COL" gemäß NATO-Standardisierungsabkommen, also ein Stabsoffizier im Dienstgrad Oberst, vorzusehen.
5 Am 23. Mai 2024 entschied der Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung ..., den Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen. Der Auswahlentscheidung liegt die Organisationsgrundentscheidung "Querversetzung/Aufsteigende" vom 27. März 2024 und ein Planungsbogen für das Auswahlverfahren zugrunde, der sich in eine Dienstpostenbeschreibung, eine mit einer Auswahlempfehlung schließende Kandidatenvorstellung sowie ein Protokoll mit der Auflistung der Stellungnahmen der beteiligten Stellen gliedert. In die engere Wahl waren der Beigeladene und der Antragsteller gezogen worden. Sechs weitere Offiziere, alle im Dienstgrad Oberst, hätten zwar alle zwingenden Auswahlkriterien erfüllt, haben jedoch aus persönlichen Gründen auf eine Mitbetrachtung verzichtet.
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Im Punkt Dienstpostenbeschreibung weist der Planungsbogen folgende, der Positionsbeschreibung entnommene Hauptaufgaben des Dienstpostens aus:
"-
Verantwortlich für alle Angelegenheiten im Zusammenhang mit Lehre, Ausbildung und Entwicklung der Führungsfähigkeiten der Vorgesetzten für die Bereiche Spezialkräfte, Civil affairs und Psychologischer Operationen.
- POC [Point of Contact] für Ausbildungsvorhaben mit Verbündeten.
- Überwacht die Akkreditierungsprozesse des Centers of Excellence."
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Das Anforderungsprofil nennt ein dienstpostenunabhängiges Kriterium sowie elf dienstpostenbezogene Voraussetzungen, darunter vier, die als nur "wünschenswert" bezeichnet sind. Zu den zwingenden dienstpostenbezogenen Voraussetzungen zählt die folgende:
"Vwdg mit Erfahrungen in einem MN Corps (einschl. MN KdoOpFü u. USAREUR) od. im Rahmen NATO-KdoStruktur/NATO-Streitkräftestruktur (ACO, JFC/JHQ, LCC, SOFCOM, NSHQ)."
8 Im Vergleich der dienstlichen Beurteilungen wird das Gesamturteil der jeweils aktuellen Regelbeurteilung aus dem Jahre 2023 angeführt, das beim Beigeladenen auf "B +", beim Antragsteller auf "D 0" lautet.
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Zum Antragsteller wird unter 2.2. zusammenfassend ausgeführt:
"[Der Antragsteller] hat um Mitbetrachtung für den in Rede stehenden Dienstposten gebeten. Er erfüllt das zwingende Kriterium 'Vwdg mit Erfahrungen in einem MN Corps (einschl. MN KdoOpFü u. USAREUR) od. im Rahmen NATO-KdoStruktur/NATO-Streitkräftestruktur (ACO, JFC/JHQ, LCC, SOFCOM (NSHQ))' nicht und ist zudem - auch unter Berücksichtigung des höheren Statusamtes - aktuell nicht im Wesentlichen leistungsgleich beurteilt. Dem folgend wird er nicht weiter mitbetrachtet."
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Zum Beigeladenen, der alle zwingenden Kriterien der Bedarfsträgerforderungen vollumfänglich erfülle, heißt es in der abschließenden Auswahlempfehlung:
"Im Rahmen des weiten Ermessens des Dienstherrn wird [der Beigeladene] aufgrund seiner besonderen Eignung für die Besetzung des in Rede stehenden Dienstpostens Deputy Commanding Officer beim HHVbStab USA - USA ... empfohlen."
11 Der Beigeladene trat den Dienst am 11. Juli 2024 an und wurde im Folgenden zum Oberst befördert.
12 Mit Bescheid des Bundesamts für das Personalmanagement vom 6. Juni 2024 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass er mitbetrachtet worden sei, sich jedoch nicht durchgesetzt habe, weil er mindestens ein zwingendes Kriterium der Bedarfsträgerforderungen für den Dienstposten nicht erfülle.
13 Gegen die Auswahlentscheidung hat der Antragsteller unter dem 18. Juni 2024 Beschwerde erhoben und mit Schreiben vom 22. Juni 2024 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Antrag mit einer Stellungnahme vom 8. Juli 2024 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
14 Der Antragsteller macht geltend, bei der Personalauswahl sei das Prinzip der Bestenauslese missachtet und damit sein Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt worden. Es treffe nicht zu, dass er ein zwingendes Kriterium der Bedarfsträgerforderungen nicht erfülle. Die Bedarfsträgerforderungen ergäben sich aus der Positionsbeschreibung der US-Armee, wo eine NATO-Verwendung nicht genannt werde; dieses Erfordernis sei konstruiert worden, um dem Beigeladenen einen Vorteil zu verschaffen. Die US-Positionsbeschreibung fordere zudem einen Offizier im Range Oberst; der Beigeladene sei als einziger Oberstleutnant mitbetrachtet worden. Im Planungsbogen finde sich keine ordnungsgemäße Herleitung der Anforderungen für den neu geschaffenen Dienstposten. Nicht nachvollziehbar sei, warum es für den Dienstposten einer besonderen Erfahrungskompetenz bei NATO-Prozessen bedürfe. Im Übrigen erfülle er das Kriterium der Erfahrung in einem Multinationalen Corps im Rahmen der NATO-Kommandostruktur durch seinen Einsatz als Chief of Staff beim Train Advise Assist Command - North (COS TAAC-N). Jedenfalls kompensiere er mit seinen Verwendungen und Zusatzqualifikationen das Nichtvorliegen einer formalen NATO-Verwendung. Er bezweifle auch, dass der Beigeladene mit der Verwendung als Executive Officer Deputy Chief of Staff Operations beim NATO Special Operations Headquarters Joint Force Command (XO DCOS Ops NSHQ JFC) den Erfahrungshintergrund NATO-Kommandostruktur vorweise. Der Verdacht einer Bevorzugung des Beigeladenen durch General ... liege nahe, da dieser in dessen unmittelbarem Arbeitsumfeld verwendet worden sei. Es verwundere, dass bei dem Vorbehalt einer Leitungsentscheidung keine Alternative vorgelegt, sondern einzig der Beigeladene vorgeschlagen worden sei; es handele sich deshalb im Grunde nicht um eine Entscheidung, sondern lediglich um die ministerielle Billigung der auf Ebene des Bundesamts für das Personalmanagement getroffenen Entscheidung. Schließlich hätten bereits im Dezember 2023 persönliche Unterredungen des Commanding General des United States Army Special Operations Command per Videokonferenz mit ihm und zwei weiteren Kandidaten, darunter dem Beigeladenen, stattgefunden. Hier habe er den Eindruck gewonnen, dass der US-General ihn bevorzuge. Ein Ergebnis der Gespräche habe er Mitte Januar 2024 erhalten sollen, jedoch tatsächlich nie erhalten.
15
Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
16 Die Positionsbeschreibung der US-Army sei wesentliche, aber nicht ausschließliche Grundlage für die festgelegten Bedarfsträgerforderungen. Diese müssten auch vor dem Hintergrund gesehen werden, dass der Dienstposten bisher fortlaufend durch Angehörige der US-Streitkräfte besetzt worden sei. Bei der Besetzung durch die Bundeswehr sei aus Sicht des Bedarfsträgers zwingend gewesen, dass eine sachgerechte Aufgabenerfüllung nur nach Maßgabe der erarbeiteten Kriterien erfolgen könne. Die tiefe Integration in die US-Streitkräfte in den Bereichen Lehre und Ausbildung bis hin zur Überwachung von Akkreditierungsprozessen erfordere Wissens- und Erfahrungsträger, die im multinationalen Rahmen bzw. bei Dienststellen der NATO verwendet worden seien. Es sei dem Bedarfsträger darauf angekommen, dass der Auszuwählende bereits über praktische Erfahrungen auf diesen Gebieten im internationalen Umfeld bzw. den US/NATO-Strukturen verfüge, weil es sich um eine herausgehobene Verantwortung in der Ausbildung der Spezialkräfte handele. Der Antragsteller weise ausschließlich nationale Verwendungen auf. Diese seien nicht mit Verwendungen in einem Multinationalen Corps oder in einer NATO-Kommandostruktur/NATO-Streitkräftestruktur vergleichbar. Eine besondere Auslandsverwendung des Antragstellers abseits dieser Themengebiete genüge nicht. Der Beigeladene erfülle dagegen mit seiner Verwendung als Executive Officer des DCOS Ops DDO/DtA ... dieses Kriterium. Die Videointerviews mit dem US-Kommandeur hätten außerhalb des formalen Auswahlprozesses stattgefunden und ein grundsätzliches Kennenlernen potenzieller Kandidaten bezweckt, jedoch keinen Einfluss auf die erfolgte Auswahl gehabt.
17 Der Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt.
18 Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalgrundakten des Antragstellers und des Beigeladenen haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
19 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
20 1. Der Antragsteller hat lediglich den prozessualen Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gestellt, ohne einen konkreten Sachantrag zu formulieren. Sein Rechtsschutzbegehren ist daher im Lichte seines Sachvortrages dahin auszulegen (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 86 Abs. 3, § 88 VwGO), dass er die Aufhebung der Auswahlentscheidung des Staatssekretärs vom 23. Mai 2024 und eine Verpflichtung des Bundesministeriums der Verteidigung, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Besetzung des Dienstpostens zu entscheiden, begehrt.
21 2. Der Antrag ist zulässig.
22 a) Bei der Besetzung eines Dienstpostens handelt es sich um eine truppendienstliche Verwendungsentscheidung, für die im Streitfall der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten eröffnet ist (§ 82 Abs. 1 SG, § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO). Der von dem Antragsteller geltend gemachte Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG (unten II.3.a)aa)) zählt zu den staatsbürgerlichen Rechten, auf die sich der Soldat wie jeder andere Staatsbürger berufen kann (§ 6 Satz 1 SG). Als Recht, das im Zweiten Unterabschnitt des Ersten Abschnitts des Soldatengesetzes geregelt ist, kann dessen Verletzung im Wehrbeschwerdeverfahren - hier: unmittelbar vor dem Bundesverwaltungsgericht (§ 21 Abs. 1 Satz 1 WBO) – gerügt werden.
23 b) Der Rechtsstreit hat sich nicht dadurch erledigt, dass der strittige Dienstposten inzwischen mit dem Beigeladenen besetzt und dieser zum Oberst befördert worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verfestigt sich eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; er müsste es vielmehr hinnehmen, von dem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn der Antragsteller bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen worden wäre (stRspr, vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 25. April 2007 - 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 39 m. w. N.).
24 3. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die Entscheidung des Staatssekretärs im Bundesministerium der Verteidigung vom 23. Mai 2024, den Dienstposten des Deputy Commanding Officer (DCO) beim Heereshauptverbindungsstab USA mit dem Beigeladenen zu besetzen, verletzt den Antragsteller nicht in seinem Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf erneute Entscheidung über die Dienstpostenbesetzung (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 19 Abs. 1 Satz 4 WBO).
25
a) Für soldatenrechtliche Konkurrentenstreitigkeiten gelten die folgenden Grundsätze (vgl. zusammenfassend BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2023 - 1 WB 25.22 - BVerwGE 179, 57 Rn. 34 bis 36, 45 und 52):
aa) Nach der Rechtsprechung zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Bewerbungsverfahrensanspruch, der Bewerbern um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung in die Bewerberauswahl gibt; die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102>). § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus auf Verwendungsentscheidungen. Der Senat hat deshalb einen dem Beamtenrecht entsprechenden Bewerbungsverfahrensanspruch auch für soldatenrechtliche Konkurrenzverhältnisse anerkannt (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2013 - 1 WB 60.11 - NVwZ 2013, 1227 Rn. 40 m. w. N.). Allerdings beschränkt sich die Geltung des Grundsatzes der Bestenauslese im Bereich der Verwendungsentscheidungen auf Entscheidungen über höherwertige, die Beförderung in einen höheren Dienstgrad oder die Einweisung in die Planstelle einer höheren Besoldungsgruppe vorprägende Verwendungen (vgl. klarstellend BVerwG, Beschluss vom 30. Januar 2014 - 1 WB 1.13 - juris Rn. 32). Der Grundsatz der Bestenauslese gilt dabei nicht nur, wenn ausschließlich Förderungsbewerber betrachtet werden, sondern einheitlich für alle Kandidaten auch dann, wenn der Dienstherr - wie hier - bei der das Auswahlverfahren steuernden Organisationsgrundentscheidung sein Ermessen dahingehend ausübt, sowohl Bewerber, für die der Dienstposten eine höherwertige Verwendung bedeuten würde, als auch Bewerber, die bereits einen entsprechend bewerteten Dienstposten innehaben, in das Auswahlverfahren einzubeziehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Februar 2022 - 1 WB 40.21 - BVerwGE 175, 53 Rn. 23 m. w. N.).
26 bb) Aus Art. 33 Abs. 2 i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt ferner die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrundeliegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, um eine sachgerechte Kontrolle durch den unterlegenen Bewerber und ggf. durch das Gericht zu ermöglichen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 <1179>). Dem folgend hat der Senat eine entsprechende Verpflichtung zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen auch für Entscheidungen angenommen, die ein Konkurrenzverhältnis um eine höherwertige militärische Verwendung betreffen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. April 2007 - 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 50 und vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 Rn. 36).
27 Unter dem Blickwinkel der "verfahrensbegleitenden Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG" (BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178) ist zudem für die Organisationsgrundentscheidung ein Nachweis erforderlich, der verhindert, dass die Grundlagen der Auswahlentscheidung nachträglich zulasten einzelner Bewerber verändert werden; denn mit der Festlegung des Modells, nach dem die Auswahl erfolgen soll, wird zugleich eine (Vor-)Entscheidung über den Auswahlmaßstab getroffen (vgl. näher BVerwG, Beschluss vom 24. Februar 2022 - 1 WB 40.21 - BVerwGE 175, 53 Rn. 25).
28 cc) Bei einem freien und besetzbaren Dienstposten liegt es im Organisationsermessen des Dienstherrn, wie er die Art des Dienstpostens bestimmt (vgl. zum gesamten Folgenden BVerwG, Beschlüsse vom 28. September 2017 - 1 WB 44.16 u. a. - juris Rn. 29 und vom 19. Juli 2018 - 1 WB 3.18 - NVwZ-RR 2019, 58 Rn. 31). Der Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG wird nicht verletzt, wenn für die Besetzung des Dienstpostens bestimmte dienstrechtliche und/oder haushaltsrechtliche Voraussetzungen aufgestellt sind (BVerwG, Beschluss vom 6. Januar 2012 - 1 WDS-VR 7.11 - juris Rn. 31 m. w. N.). Der Dienstherr ist insbesondere berechtigt, im Einzelnen die Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung in Bezug auf den Aufgabenbereich des Dienstpostens im Vorfeld einer Auswahlentscheidung in einem Anforderungsprofil zu konkretisieren; insofern muss der Inhalt dieses Anforderungsprofils mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar sein (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. November 2011 - 2 BvR 2305/11 - NVwZ 2012, 368 Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 19). Dabei fällt die Entscheidung darüber, welchen "Zuschnitt" ein Dienstposten haben soll, welche Zuständigkeiten ihm im Einzelnen zugewiesen sind und welche Fachkenntnisse zur Erfüllung der Aufgaben auf dem Dienstposten erforderlich sind, in das Organisationsermessen des Dienstherrn, das hinsichtlich der Maßgaben militärischer Zweckmäßigkeit nicht, im Übrigen nur auf sachfremde Erwägungen gerichtlich überprüfbar ist (BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 18 und Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 39.07 - BVerwGE 133, 1 Rn. 42).
29 Festlegungen des Anforderungsprofils oder einer Aufgabenbeschreibung für den Dienstposten entfalten Bindungswirkung für die Festlegung und Gewichtung der Leistungsmerkmale im Auswahlverfahren. Ob die zuständige Stelle ihre Auswahlentscheidung an dem Anforderungsprofil bzw. an der Aufgabenbeschreibung ausgerichtet hat, ist gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar (stRspr, z. B. BVerwG, Urteil vom 16. August 2001 - 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <61> und Beschluss vom 25. September 2012 - 1 WB 44.11 - juris Rn. 30).
30 dd) Werden mehrere Bewerber allen Anforderungskriterien gerecht, so haben - in der Regel durch dienstliche Beurteilungen ausgewiesene - Abstufungen der Qualifikation Bedeutung (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. April 2007 - 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 55 und vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 39.07 - BVerwGE 133, 1 Rn. 42; für das Beamtenrecht Urteil vom 16. August 2001 - 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <61>). Zur Ermittlung des Leistungsstands konkurrierender Bewerber ist dabei in erster Linie auf die zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellsten Beurteilungen abzustellen, weshalb der letzten dienstlichen Beurteilung regelmäßig eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt; zur abgerundeten Bewertung des Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsbildes und seiner Kontinuität ist es darüber hinaus zulässig, in die Auswahlentscheidung auch frühere Beurteilungen bis zu den beiden letzten planmäßigen Beurteilungen vor der aktuellen Beurteilung mit einzubeziehen.
31 b) Nach diesen Maßgaben verletzt die angefochtene Auswahlentscheidung keine Rechte des Antragstellers.
32 aa) Es liegen keine formellen Fehler vor.
33 (1) Nach der Weisung des damaligen Staatssekretär ... vom 18. Mai 2012 hat sich die Leitung des Bundesministeriums der Verteidigung die Auswahlentscheidung für A 16-Dienstposten bei der NATO vorbehalten. Hiernach war der Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung für die Auswahlentscheidung zuständig. Gemäß Nr. 235 Satz 1 der ZDv A-1340/46 zur "Auswahl militärischen Personals für Dienstposten der Dotierung A 16 bis B 3" haben in diesem Fall die ansonsten für die Auswahlentscheidung Verantwortlichen der Leitung einen Besetzungsvorschlag für den jeweiligen Dienstposten vorzulegen. Dies ist hier mit dem Vorschlag des Präsidenten des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 21. Mai 2024 geschehen.
34 (2) Der Planungsbogen weist die Beteiligung des Beratungsgremiums (Nr. 205, 206 ZDv A-1340/46) und der Gleichstellungsbeauftragten (Nr. 207 ZDv A-1340/46) aus. Eine Anhörung des Personalrats war nicht geboten. § 24 Abs. 4 Satz 2 SBG schließt die Beteiligung der Vertrauensperson bzw. des Personalrats (§ 63 Abs. 1 Satz 1 SBG) bei Dienstposten der Besoldungsgruppe A 16 und höher auch bei einer Entscheidung über die Verwendung im Vorfeld einer späteren Beförderung aus (vgl. zu § 23 Abs. 3 Satz 2 SBG a. F. BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 2011 - 1 WB 60.10 - juris Rn. 29 ff.).
35 (3) Erfüllt ist schließlich auch die Dokumentationspflicht.
36 Der für die Auswahlentscheidung zuständige und damit primär dokumentationspflichtige Staatssekretär hat sich mit der Unterzeichnung des Planungsbogens für das Auswahlverfahren dessen Inhalt zu eigen gemacht und damit diejenigen Erwägungen fixiert, die der gerichtlichen Kontrolle zugrunde zu legen sind. Dies gilt insbesondere für die Organisationsgrundentscheidung "Aufsteigende/Querversetzung", die den Maßstab des Leistungsprinzips (Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG) auslöst, für das Anforderungsprofil des Dienstpostens, für die als maßgeblich erachteten Eignungsmerkmale der Bewerber und für die Gesichtspunkte, die für die Entscheidung zugunsten des Beigeladenen und für die Nichtauswahl des Antragstellers den Ausschlag gegeben haben.
37 Aus den Auswahlunterlagen ergibt sich auch, dass die Organisationsgrundentscheidung bereits im März 2024 und damit deutlich vor der Auswahlentscheidung getroffen wurde. Anhaltspunkte für eine Manipulation zugunsten des Beigeladenen sind nicht ersichtlich. Die Tatsache, dass es sich nach der Positionsbeschreibung um einen Dienstposten für Oberste handelt, steht einer Organisationsgrundentscheidung nicht entgegen, die neben Querversetzungs- auch Förderungsbewerber zulässt. Es genügt, wie auch sonst, dass der ausgewählte Kandidat im Zusammenhang mit der Versetzung auf den Dienstposten in den entsprechenden Dienstgrad befördert wird.
38 bb) Die Nichtauswahl des Antragstellers begegnet auch materiell-rechtlich keinen Bedenken.
39 (1) Dies gilt zunächst für den Ausschluss des Antragstellers von der weiteren Betrachtung im Leistungsvergleich, weil er das zwingende Kriterium einer Verwendung mit Erfahrungen in einem Multinationalen Corps (einschließlich Multinationales Kommando Operative Führung und USAREUR) oder im Rahmen einer NATO-Kommandostruktur bzw. NATO-Streitkräftestruktur (ACO, JFC/JHQ, LCC, SOFCOM (NSHQ)) nicht erfüllt.
40 (a) Die Aufnahme dieses zwingenden Kriteriums in das Anforderungsprofil ist von dem Organisationsermessen des Dienstherrn (siehe oben II.3.a)cc)) gedeckt.
41 Im Organisationsermessen des Dienstherrn steht insbesondere, welche Fachkenntnisse, Befähigungen oder Vorverwendungen er bezogen auf die Erfüllung der Aufgaben auf dem Dienstposten für erforderlich hält. Der Dienstposten beim Heereshauptverbindungsstab USA ist angesiedelt bei der United States Army ... Die Hauptaufgaben des Dienstposteninhabers bestehen darin, dass er verantwortlich für alle Angelegenheiten im Zusammenhang mit Lehre, Ausbildung und Entwicklung der Führungsfähigkeiten der Vorgesetzten für die Bereiche Spezialkräfte, Civil affairs und Psychologischer Operationen ist, die Aufgabe des Point of Contact für Ausbildungsvorhaben mit Verbündeten wahrnimmt und die Akkreditierungsprozesse des Centers of Excellence überwacht. Das Bundesministerium der Verteidigung hat plausibel dargelegt, dass die damit einhergehende tiefe Integration in die US-Streitkräfte in den Bereichen Lehre und Ausbildung bis hin zur Überwachung von Akkreditierungsprozessen Wissens- und Erfahrungsträger erfordere, die im multinationalen Rahmen bzw. bei Dienststellen der NATO verwendet worden seien; es sei dem Bedarfsträger darauf angekommen, dass Bewerber bereits über praktische Erfahrungen auf diesen Gebieten im multinationalen Umfeld bzw. in den NATO-Kommando- bzw. Streitkräftestrukturen verfüge, weil es sich um eine herausgehobene Verantwortung in der Ausbildung der Spezialkräfte handele. Die Forderung nach einer Vorverwendung in einem Multinationalen Corps oder im Rahmen einer NATO-Kommandostruktur bzw. NATO-Streitkräftestruktur beruht damit auf militärischen Zweckmäßigkeitserwägungen, die rechtlich nicht zu beanstanden sind.
42 Bei der Festlegung der Anforderungskriterien war der Dienstherr auch nicht an die Positionsbeschreibung der US Army gebunden. Die dortigen Anforderungen richten sich an Bewerber aus den US-Streitkräften, die über einen anderen Ausbildungs- und Verwendungsaufbau in anderen militärischen Strukturen verfügen. Auch insoweit entspricht es legitimen militärischen Zweckmäßigkeitserwägungen, wenn die Anforderungskriterien für den nunmehr von der Bundeswehr zu besetzenden Dienstposten auf die Voraussetzungen zugeschnitten werden, die gerade deutsche Bewerber erfüllen müssen, um eine sachgerechte Aufgabenwahrnehmung auf dem Dienstposten zu gewährleisten.
43 Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass mit der Forderung nach einer Vorverwendung in einem Multinationalen Corps oder im Rahmen der NATO-Streitkräfte- bzw. NATO-Kommandostruktur der sachfremde Zweck verfolgt worden wäre, ein "Alleinstellungsmerkmal" für einen bevorzugten Bewerber zu schaffen, um eine Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten zu erleichtern (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 18). Dem widerspricht schon die Tatsache, dass ausweislich des Planungsbogens außer dem Beigeladenen sechs weitere in Betracht gezogene Kandidaten, die lediglich aus persönlichen Gründen kein Interesse an dem Dienstposten hatten, alle zwingenden Kriterien - und damit auch das hier strittige Kriterium - erfüllten.
44 (b) Die Auswahlentscheidung nimmt zurecht an, dass der Antragsteller - anders als der Beigeladene - dieses Kriterium nicht erfüllt.
45 Der Beigeladene war von Oktober 2019 bis September 2021 als Executive Officer Deputy Chief of Staff for Operations and Plans (XO DCOS Ops) beim Dienstältesten Deutschen Offizier/Deutscher Anteil ... und damit in einer der in dem Planungsbogen konkret bezeichneten Stellen eingesetzt. Er verfügt damit über die geforderte Vorverwendung in einem Multinationalen Corps bzw. – hier - im Rahmen der NATO-Kommandostruktur/NATO-Streitkräftestruktur.
46 Der Antragsteller kann hingegen keine derartige Verwendung vorweisen. Er verfügt zweifellos über wertvolle internationale Erfahrungen, jedoch nicht in Form einer Verwendung in den genannten multinationalen bzw. NATO-Strukturen. Dies gilt auch für seinen Einsatz als Chief of Staff beim Train Advise Assist Command - North (COS TAAC-N). Bei dieser besonderen Auslandsverwendung handelt es sich um eine Ausbildungsmission mit internationalen Partnern, nicht jedoch um eine Verwendung in institutionalisierten Strukturen, wie sie von dem zwingenden Kriterium des Anforderungsprofils verlangt wird. Das Fehlen der geforderten Vorverwendung lässt sich auch nicht, wie der Antragsteller vorschlägt, durch anderweitige Verwendungen und Qualifikationen mit internationalem Bezug kompensieren. Zum einen ist die geforderte Vorverwendung im Hinblick auf den konkreten Dienstposten bewusst als Einsatz gerade in einer institutionalisierten militärischen Struktur (Multinationales Corps oder NATO-Streitkräfte- bzw. NATO-Kommandostruktur) gefasst worden (soeben <a>). Zum anderen hat der Dienstherr mit den Kriterien des Anforderungsprofils Festlegungen getroffen, die für das Auswahlverfahren bindend sind und von denen er nicht zugunsten einzelner Bewerber abweichen darf (siehe oben II.3.a)cc)).
47 (2) Unabhängig davon, dass der Antragsteller damit zu Recht von der weiteren Betrachtung ausgenommen wurde, weil er ein zwingendes Anforderungskriterium nicht erfüllt, wäre er, worauf die Auswahlerwägungen ergänzend abstellen, auch im Leistungsvergleich mit dem Beigeladenen unterlegen.
48 In den dazu zutreffend herangezogenen aktuellen dienstlichen Beurteilungen (siehe oben II.3.a)dd)) aus dem Jahr 2023 lautet das Gesamturteil der Regelbeurteilung beim Beigeladenen auf "B +", beim Antragsteller auf "D 0". Der Beigeladene erzielte damit ein um zwei Notenstufen besseres Gesamturteil als der Antragsteller. Allerdings erfolgte die Beurteilung beim Beigeladenen im Dienstgrad Oberstleutnant (A 15), beim Antragsteller im Dienstgrad Oberst (A 16), also in einem um eine Besoldungsgruppe höheren Statusamt.
49 Die vorliegende Fallkonstellation erfordert keine allgemeine Klärung, in welchem Umfang die Beurteilung in einem höheren Statusamt einen sog. Statuszuschlag rechtfertigt, der sich im Vergleich der Leistungswerte zugunsten des statushöheren Bewerbers auswirkt. Das geltende, 2021 eingeführte Beurteilungssystem der Bundeswehr sieht vor, dass die drei höchsten Notenstufen nur in einem quotierten Umfang vergeben werden dürfen, nämlich die höchste Note A an nicht mehr als 5 Prozent, die zweithöchste Note B an nicht mehr als 10 Prozent und die dritthöchste Note C an nicht mehr als 15 Prozent der beurteilten Soldatinnen und Soldaten (§ 3 Abs. 3 und 4 SLV, Nr. 910 ff. AR A-1340/50). Der Beigeladene hat demnach eine Note innerhalb des zweiten von drei quotierten Wertungsbereichen erzielt, der Antragsteller eine Note außerhalb der quotierten Wertungsbereiche.
50 Unabhängig davon, wie in dem aktuellen Beurteilungssystem ein Statuszuschlag im Einzelnen zu bemessen ist, kann dieser in keinem Fall einen Notenrückstand, wie er hier im Verhältnis des Antragstellers zum Beigeladenen besteht, ausgleichen. Angesichts der schlechthin tragenden Bedeutung, die das aktuelle Beurteilungssystem der Bildung von quotierten Wertungsbereichen und der Einhaltung und Durchsetzung der entsprechenden Quotierungen zumisst, kann ein Statuszuschlag weder die Zäsur zwischen den quotierten Wertungsbereichen und dem nicht quotierten Bereich noch die Zäsuren zwischen den einzelnen Wertungsbereichen überwinden.
51 4. Der Beigeladene, der keinen eigenen Sachantrag gestellt hat, trägt die ihm entstandenen Aufwendungen selbst.