Beschluss vom 28.08.2025 -
BVerwG 2 WD 28.25ECLI:DE:BVerwG:2025:280825B2WD28.25.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 28.08.2025 - 2 WD 28.25 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:280825B2WD28.25.0]
Beschluss
BVerwG 2 WD 28.25
- TDG Süd 5. Kammer - 02.04.2025 - AZ: S 5 VL 14/22
In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Burmeister und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Henke am 28. August 2025 beschlossen:
- Die Berufung des früheren Soldaten gegen das Urteil der 5. Kammer des Truppendienstgerichts Süd vom 2. April 2025 wird verworfen.
- Der frühere Soldat trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der ihm darin erwachsenen notwendigen Auslagen.
Gründe
I
1 1. Das Truppendienstgericht hat dem früheren Soldaten mit Urteil vom 2. April 2025 wegen eines Dienstvergehens das Ruhegehalt aberkannt. Das Urteil ist in der Hauptverhandlung am 2. April 2025 in Anwesenheit des Verteidigers und in Abwesenheit des früheren Soldaten verkündet worden. Eine Ausfertigung und eine Abschrift des Urteils mit Gründen wurden dem Verteidiger am 22. April 2025 zugestellt. Eine Zustellung an den früheren Soldaten erfolgte nicht. Er hat am 22. April 2025 von seinem Verteidiger eine Abschrift des Urteils erhalten.
2 2. Der Verteidiger hat für den Soldaten am 9. April 2025 beim Truppendienstgericht Berufung eingelegt und diese mit einem dort am 20. Mai 2025 eingegangenen Schriftsatz begründet. Die Begründung lautet: "Gerügt wird die Verletzung formellen und materiellen Rechts."
3 3. Die Bundeswehrdisziplinaranwaltschaft ist der Ansicht, die Berufung sei nicht hinreichend begründet worden.
II
4 Die Berufung ist als unzulässig zu verwerfen.
5 1. Nach § 123 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 122 Abs. 1 Satz 1 WDO in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Neuordnung des Wehrdisziplinarrechts und zur Änderung weiterer soldatenrechtlicher Vorschriften (3. WehrDiszNOG) vom 17. Dezember 2024 (BGBl. I Nr. 424) kann das Bundesverwaltungsgericht die Berufung durch Beschluss als unzulässig verwerfen, wenn sie nicht in der gesetzlichen Form oder Frist eingelegt und begründet worden ist. Gemäß § 120 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und 2 WDO ist die Berufung bis zum Ablauf einer Woche nach Verkündung des Urteils beim Truppendienstgericht einzulegen, wenn der Soldat bei der Verkündung des Urteils anwesend oder vertreten war. Nach § 121 Abs. 1 Satz 1 WDO ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Truppendienstgericht anzugeben, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Änderungen beantragt werden. Die Anträge sind gemäß § 121 Abs. 1 Satz 2 WDO zu begründen. Die Begründung ist zwingend innerhalb der Monatsfrist einzureichen (vgl. BR-Drs. 242/24 S. 119).
6 2. Vorliegend wurde die Berufung zwar fristgerecht eingelegt, aber innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nicht hinreichend begründet.
7 a) Die den Lauf der Berufungsbegründungsfrist auslösende Zustellung der Ausfertigung des Urteils mit Gründen hat nach § 113 Abs. 2 WDO, der im Wesentlichen § 111 Abs. 2 WDO a. F. entspricht (vgl. BR-Drs. 242/24 S. 116), an den Soldaten und an die Wehrdisziplinaranwaltschaft zu erfolgen. Nach bisheriger Rechtsprechung des Senats zu § 111 Abs. 2 WDO a. F. ist die Urteilsausfertigung auch dann unmittelbar dem Soldaten zuzustellen, wenn sein Verteidiger über eine Vollmacht zur Entgegennahme von Zustellungen verfügt. Denn es komme für den Beginn der Berufungsbegründungsfrist auf den Zeitpunkt der Zustellung der Urteilsausfertigung an den Soldaten, nicht an seinen Verteidiger, an (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 2002 - 2 WDB 5.02 - juris Rn. 8 m. w. N.).
8 b) Es kann offenbleiben, ob an dieser mit den Besonderheiten der bisherigen Wehrdisziplinarordnung begründeten Rechtsprechung nach der Änderung durch das 3. WehrDiszNOG festzuhalten ist. Zwar wurde im vorliegenden Fall nur dem Verteidiger, nicht hingegen dem früheren Soldaten eine Urteilsausfertigung mit Gründen zugestellt. Das Urteil gilt aber nach § 5 Abs. 3 WDO spätestens am 22. April 2025 als an den früheren Soldaten zustellt. Denn an diesem Tag hat er nach den Angaben seines Verteidigers eine Abschrift des Urteils erhalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. November 1978 - 2 WD 33.77 - BVerwGE 63, 155 <157 f.> zu § 82 Abs. 4 WDO a. F.).
9 c) Die Berufung wurde innerhalb eines Monats nach dem 22. April 2025 nicht hinreichend begründet.
10 Der Berufungsbegründungszwang hat zum einen das Ziel, das Gericht und die anderen Verfahrensbeteiligten alsbald von den Angriffen des Berufungsführers gegen das angefochtene Urteil zu unterrichten, um eine zügige Vorbereitung der Berufungshauptverhandlung sowie auch den anderen Verfahrensbeteiligten zu ermöglichen, sich mit diesen Angriffen konkret auseinanderzusetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2005 - 2 WD 25.04 - juris Rn. 4). Zum anderen hat der Begründungszwang den Sinn, die leichtfertige Einlegung aussichtsloser Berufungen zu verhindern (BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 1982 - 2 WDB 5.82 - S. 3). Der Berufungsführer soll dazu angehalten werden, sich selbst darüber klar zu werden, was er konkret gegen das angefochtene Urteil einwenden kann (BVerwG, Beschluss vom 18. Juni 1974 - 2 WDB 13.74 - S. 4). Daher muss sich die Berufungsbegründung mit den Urteilsgründen auseinandersetzen (BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 1988 - 2 WDB 5.88 - BVerwGE 86, 10 <12>). Durch die Notwendigkeit einer Begründung soll der Berufungsführer gezwungen werden, substantiierte Gegenausführungen zu machen und sich dabei ggf. selbst von der Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels zu überzeugen (BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 1982 - 2 WDB 5.82 - S. 3). Daher muss er im Einzelnen ausführen, weshalb die Erwägungen des angefochtenen Urteils unrichtig sein sollen (BVerwG, Beschlüsse vom 24. Mai 1982 - 2 WDB 5.82 - S. 3 und vom 20. Juni 2025 - 2 WD 18.25 - juris Rn. 11).
11 Die bloße Begründung "Gerügt wird die Verletzung formellen und materiellen Rechts" genügt dafür nicht. Diese Formel lässt wegen ihrer Pauschalität keinen Rückschluss auf konkret gerügte Rechtsfehler zu. Nach Ablauf der Monatsfrist ist auch keine nachträgliche Begründung mehr möglich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Mai 2025 - 2 WD 13.25 - juris Rn. 9 m. w. N.).
12 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 2 Satz 1, § 144 Abs. 5 Satz 2 WDO.