Verfahrensinformation

Der Kläger ist Ruhestandsbeamter und stand im Dienst des Bundes. Nachdem er eine Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz begründet hatte, beantragte er bei seinem Dienstherrn, seinen Lebenspartner bei der Gewährung von krankheitsbedingten Beihilfen wie einen Ehegatten zu behandeln. Die Beklagte lehnte dies ab. Klage und Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg. Mit der Revision wendet sich der Kläger gegen die abweisenden Urteile mit der Begründung, er würde unter Verstoß gegen Verfassungs- und Europarecht wegen seiner sexuellen Identität diskriminiert.


Pressemitteilung Nr. 97/2010 vom 29.10.2010

Lebenspartnerschaft und Beihilfe

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 28. Oktober 2010 in mehreren Fällen über die Gleichstellung von Beamtinnen und Beamten, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, mit verheirateten Beamtinnen und Beamten entschieden.


Es hat in drei Verfahren beschlossen, dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob die einem Beamten von seinem Dienstherrn gewährte Beihilfe für krankheitsbedingte Aufwendungen in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf fällt. Die Kläger hatten geltend gemacht, dass ihnen Leistungen der beamtenrechtlichen Krankenversorgung (Beihilfe) auch für ihre Lebenspartner in gleicher Weise zustünden wie verheirateten Beamten.


Die Richtlinie verbietet eine unmittelbare Diskriminierung unter anderem wegen der sexuellen Ausrichtung. Sie führt dazu, dass entgegenstehendes nationales Recht unangewendet zu bleiben hat; zugleich bildet sie die Grundlage für den Anspruch einer diskriminierten Person, dieselbe Leistung zu erhalten wie die Personen, mit denen sie sich in einer vergleichbaren Lage befindet.


Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts befinden sich verheiratete und verpartnerte Beamte hinsichtlich der für die Gewährung von Beihilfe maßgeblichen Umstände in einer vergleichbaren Lage. Da die Versagung der Beihilfe für Lebenspartner von Beamten eine weniger günstige Behandlung darstellt, sieht es auch eine unmittelbare Diskriminierung als gegeben an. Zweifel an der Anwendbarkeit der Richtlinie hat es jedoch deshalb, weil die Richtlinie nicht für "Leistungen jeder Art seitens der staatlichen Systeme oder der damit gleichgestellten Systeme einschließlich der staatlichen Systeme der sozialen Sicherheit oder des sozialen Schutzes" (Art. 3 Abs. 3 Richtlinie) gilt und die Beihilfe des Dienstherrn dazu gehören könnte. Über diese Frage hat der Europäische Gerichtshof bisher nicht entschieden.


BVerwG 2 C 23.09

Vorinstanzen:

OVG Koblenz, OVG 10 A 10595/08 - Beschluss vom 17.12.2008 -

VG Koblenz, VG 2 K 256/07 - Beschluss vom -

BVerwG 2 C 46.09

Vorinstanz:

VG Berlin, VG 5 A 177.05 - Urteil vom 06.05.2009 -

BVerwG 2 C 53.09

Vorinstanz:

VG Berlin, VG 26 A 150.06 - Urteil vom 16.06.2009 -


Beschluss vom 03.06.2009 -
BVerwG 2 B 25.09ECLI:DE:BVerwG:2009:030609B2B25.09.0

Beschluss

BVerwG 2 B 25.09

  • OVG Rheinland-Pfalz - 17.12.2008 - AZ: OVG 10 A 10595/08

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. Juni 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kugele und Dr. Burmeister
beschlossen:

  1. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz über die Nichtzulassung der Revision gegen seinen Beschluss vom 17. Dezember 2008 wird aufgehoben.
  2. Die Revision wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.

Gründe

1 Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die angestrebte Entscheidung erscheint geeignet, zur Klärung der Frage beizutragen, ob der Ausschluss von Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern von der Beihilfeberechtigung mit dem Verbot der Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung vereinbar ist.

Rechtsbehelfsbelehrung


Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 2 C 23.09 fortgesetzt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung vom 26. November 2004, BGBl I S. 3091) einzureichen.
Für die Beteiligten besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Die Beteiligten müssen sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt einschließlich Diplomjuristen im höheren Verwaltungsdienst oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt einschließlich Diplomjuristen im höheren Verwaltungsdienst anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss vom 18.05.2010 -
BVerwG 2 C 23.09ECLI:DE:BVerwG:2010:180510B2C23.09.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 18.05.2010 - 2 C 23.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:180510B2C23.09.0]

Beschluss

BVerwG 2 C 23.09

  • OVG Rheinland-Pfalz - 17.12.2008 - AZ: OVG 10 A 10595/08

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Mai 2010
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Groepper und Dr. Heitz,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister und Dr. Hartung
beschlossen:

Das Gesuch des Klägers, den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert für befangen zu erklären, wird abgelehnt.

Gründe

1 1. Der Senat entscheidet über das Befangenheitsgesuch in der Besetzung, die sich durch das Ausscheiden des abgelehnten Richters ergibt. Dabei folgt aus dem Beschluss des Präsidiums des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. März 2010, dass Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister in den bereits geladenen Verfahren BVerwG 2 C 10.09 , 21.09 und 23.09 weiterhin dem 2. Senat angehört. Nach dem Geschäftsverteilungsplan des 2. Revisionssenats in der Fassung vom 25. März 2010 ist vorgesehen, dass in den bereits terminierten Revisionssachen BVerwG 2 C 10.09 , 21.09 und 23.09 , in denen Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister Berichterstatter bleibt, Richter Groepper Mitberichterstatter bleibt und Richterin Thomsen nicht mitwirkt. Da dem Senat außer dem Vorsitzenden und für die genannten drei Sachen Richter Dr. Burmeister weitere vier Richter angehören, hätte der Geschäftsverteilungsplan auch regeln müssen, dass außer der Richterin Thomsen ein weiteres Senatsmitglied ausscheidet. Die insoweit unvollständige Textfassung des Geschäftsverteilungsplans beruht auf einem offensichtlichen Versehen. Aus der Formulierung, dass Richter Dr. Burmeister Berichterstatter „bleibt“ und Richter Groepper Mitberichterstatter „bleibt“, ergibt sich ersichtlich, dass sich in den drei im Geschäftsverteilungsplan genannten Verfahren die Mitwirkung der Richter nach der Fassung des Geschäftsverteilungsplans richten sollte, die bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Richters Dr. Burmeister aus dem Senat gegolten hatte. Nach § 8 des Geschäftsverteilungsplans des 2. Revisionssenats in der Fassung vom 16. Dezember 2009 wirkten in den Sachen, in denen Richter Dr. Burmeister Berichterstatter war, Richterin Thomsen und Richter Dr. Maidowski nicht mit.

2 Für den abgelehnten Richter Herbert rückt die nach dem Geschäftsverteilungsplan nicht mitwirkende Richterin Thomsen gemäß § 10 Satz 2 des Geschäftsverteilungsplans des 2. Revisionssenats als das nach dem allgemeinen Dienstalter nächstjüngere Senatsmitglied, das sonst nicht mitwirkt, nach.

3 2. Das Gesuch, den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, ist unbegründet.

4 Wegen Besorgnis der Befangenheit kann ein Richter abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO). Danach ist es einerseits nicht notwendig, dass der Richter tatsächlich befangen ist. Andererseits reicht die rein subjektive Vorstellung eines Beteiligten, der Richter werde seine Entscheidung an persönlichen Motiven orientieren, nicht aus, wenn bei objektiver Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund für die Befürchtung ersichtlich ist. Die Besorgnis der Befangenheit ist dann gerechtfertigt, wenn aus der Sicht des Beteiligten hinreichend objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (Urteil vom 5. Dezember 1975 - BVerwG 6 C 129.74 - BVerwGE 50, 36 <38 f.> = Buchholz 448.0 § 34 WPflG Nr. 48; vgl. auch Beschlüsse vom 3. April 1997 - BVerwG 6 AV 1.97 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 55 <S. 4>, vom 9. Mai 2003 - BVerwG 2 AV 1.03 , 2.03 und 3.03 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 63, vom 14. August 2003 - BVerwG 2 AV 4.03 - juris - und vom 3. November 2009 - BVerwG 2 A 1.08 ).

5 Die vom Kläger vorgetragenen Gründe geben nach Maßgabe dessen keinen Anlass, an der Unvoreingenommenheit des Vorsitzenden Richters am Bundesverwaltungsgericht Herbert zu zweifeln.

6 In einem Rechtsgespräch, wie es vor dem Senat geführt wird, ist es üblich, die Rechtsstandpunkte der Beteiligten nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern sich, wenn hierzu Anlass besteht, auch argumentativ mit ihnen auseinanderzusetzen, um den Parteien Gelegenheit zu geben, ihren Rechtsstandpunkt zu verdeutlichen und zu vertiefen. Das Rechtsgespräch wird dabei inhaltlich in hohem Maße von den Fragen bestimmt, die der Senat in seiner Vorberatung erörtert hat. Daher ist es sinnvoll, das Rechtsgespräch so zu führen, dass alle im Senat diskutierten Meinungen unabhängig von ihrer Mehrheitsfähigkeit mit den Beteiligten erörtert werden, und zwar auch dann, wenn ein Beteiligter bereits mit Nachdruck zum Ausdruck gebracht hat, er halte sie für unzutreffend.

7 Für alle Prozessbeteiligten war klar, dass im Mittelpunkt der Diskussion die Frage stehen würde, ob die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 1. April 2008 (Rs C-267/06 - Maruko) und der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2009 (1 BvR 1164/07) gegenüber früheren Entscheidungen des beschließenden Senats und den früheren Kammerentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die Rechtslage zu Gunsten des Klägers geändert hatten. Dem Vorsitzenden und dem ganzen Senat war die auf beide Entscheidungen gestützte und auch mündlich ausführlich dargelegte Auffassung des Klägers bekannt, dass die angegriffene nationale Regelung eine nicht rechtfertigungsfähige unmittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung darstelle. Im Rechtsgespräch hat der Vorsitzende zu bedenken gegeben, dass sowohl der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften als auch das Bundesverfassungsgericht in den beiden genannten Entscheidungen auf die besondere Bedeutung der Vergleichbarkeit der Lage von Eheleuten und Lebenspartnern hingewiesen haben. Der Europäische Gerichtshof hat in Rn. 72 ausgeführt, falls sich Ehegatte und Lebenspartner in Bezug auf die Hinterbliebenenversorgung in einer vergleichbaren Situation befänden, stelle eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende eine unmittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung dar. Das Bundesverfassungsgericht hat - wie es bei der Prüfung des Art. 3 Abs. 1 GG üblich ist - in Rn. 106 ff., insbesondere in Rn. 112 seiner Entscheidung vom 7. Juli 2009 geprüft, ob die Lage von Eheleuten und Lebenspartnern vergleichbar ist, und dabei in vorhandenen Lücken in der Erwerbsbiographie von Eheleuten keinen Grund für die Unterscheidung gesehen.

8 Der Senat musste sich also mit der Frage der Vergleichbarkeit in jedem Falle auseinandersetzen. Aus der Tatsache, dass der Vorsitzende diesen Gesichtspunkt auch im Anschluss an den Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers erneut aufgeworfen hatte, konnte nicht geschlossen werden, dass er selbst einen bestimmten Standpunkt zur Auslegung der beiden Entscheidungen vertrat und insoweit bereits festgelegt war.

9 Der ebenfalls geltend gemachte Grund, der Vorsitzende habe andere Auffassungen nicht zur Kenntnis nehmen wollen, ist ebenfalls unbegründet. Richtig ist lediglich, dass der Vorsitzende die Frage der unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung in diesem Verfahrensstadium nicht erörtern wollte, weil nach seinem pflichtgemäßen Ermessen zu diesem Zeitpunkt richtig zunächst weiter auf die Frage der Vergleichbarkeit einzugehen war. Den Äußerungen des Vorsitzenden war weder zu entnehmen, dass er die Auffassung des Klägers nicht zur Kenntnis genommen hatte, noch, dass sie zu keinem anderen Zeitpunkt mehr erörtert werden sollte.

10 Der Befangenheitsantrag kann auch nicht mit Erfolg darauf gestützt werden, der Vorsitzende habe für die Nichtteilnahme der Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen eine unzutreffende Begründung gegeben. Der abgelehnte Richter hat in seiner dienstlichen Stellungnahme dargelegt, er habe zu Beginn der Verhandlung darauf hingewiesen, Frau Richterin Thomsen sei sowohl durch den Geschäftsverteilungsplan für den Senat als auch durch ihre Urlaubsabwesenheit an einer Mitwirkung an dem Verfahren gehindert. Selbst eine unzutreffende Auskunft über die Gründe ihrer Verhinderung wäre bei objektiver Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise nicht geeignet, Zweifel an der Unvoreingenommenheit des abgelehnten Richters zu wecken.

Beschluss vom 13.07.2010 -
BVerwG 2 C 23.09ECLI:DE:BVerwG:2010:130710B2C23.09.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.07.2010 - 2 C 23.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:130710B2C23.09.0]

Beschluss

BVerwG 2 C 23.09

  • OVG Rheinland-Pfalz - 17.12.2008 - AZ: OVG 10 A 10595/08

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Juli 2010
durch die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister, Buchheister,
Dr. Maidowski sowie Dr. Hartung
beschlossen:

Die Gegenvorstellung gegen den Beschluss vom 18. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Gründe

1 Die Gegenvorstellung, deren Zulässigkeit vom Senat unterstellt wird, ist unbegründet.

2 1. Der Senat hat in dem Beschluss vom 18. Mai 2010 unter Ziffer 1 zunächst über die Besetzungsrüge entschieden, bevor er unter Ziffer 2 das Befangenheitsgesuch behandelt hat. Eines gesonderten Beschlusses oder einer gesonderten Beschlussformel bedurfte es nicht.

3 Richter Dr. B. war - wie sich auch dem Rechtsgedanken des § 222b Abs. 2 Satz 1 StPO entnehmen lässt - nicht daran gehindert, an dem Beschluss über die Besetzungsrüge mitzuwirken. Denn seine Berechtigung zur Mitwirkung war nicht wegen einer von einem Verfahrensbeteiligten geäußerten Besorgnis der Befangenheit, sondern im Hinblick auf den Beschluss des Präsidiums zur Geschäftsverteilung bezweifelt worden.

4 Auch der Einwand, der Senat habe sich mit dem Beschluss des Präsidiums zur Geschäftsverteilung nicht zutreffend auseinandergesetzt, geht fehl. Die Zuweisung terminierter Verfahren an den Richter Dr. B. beruht ungeachtet des Umstands, dass die drei betroffenen Verfahren ausdrücklich genannt werden, auf dem abstrakt-generellen Gesichtspunkt, dass es aus Gründen der Arbeitsökonomie und der Verfahrensbeschleunigung sinnvoll ist, dem Berichterstatter bereits zur mündlichen Verhandlung terminierte und von diesem weitgehend bearbeitete Verfahren auch bei einem Senatswechsel zu belassen. Dass nach diesem Grundsatz nicht in jedem Fall eines Senatswechsels verfahren werden muss, ändert nichts daran, dass es sich um eine abstrakt-generelle Regelung handelt, deren Heranziehung im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden ist. Der Hinweis des Klägers, dass schon vor der Terminierung der betreffenden Verfahren eine den Senatswechsel betreffende Anfrage an das Bundesministerium der Verteidigung gerichtet worden sei, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Dieses Schreiben sollte lediglich die Voraussetzungen für einen Senatswechsel klären; der durch den Präsidiumsbeschluss vom 26. März 2010 herbeigeführte Senatswechsel lag zeitlich nach der - am 12. März 2010 erfolgten - Terminierung der betreffenden Verfahren und vermag ebenso wenig wie seine Vorbereitung infrage zu stellen, dass es sinnvoll war, es bei dem bisherigen Berichterstatter zu belassen.

5 Fehl geht schließlich auch die Kritik an der Einschätzung des Senats, die Formulierung des senatsinternen Geschäftsverteilungsplans beruhe auf einem offensichtlichen Versehen. Dass der Geschäftsverteilungsplan in seiner Wortwahl differenziert formuliert ist und anders gedeutet werden könnte als der Senat ihn versteht, rechtfertigt nicht den vom Kläger in den Raum gestellten Manipulationsvorwurf. Es bleibt dabei: Dem Senat ist bei dem Beschluss über die Geschäftsverteilung das offensichtliche Versehen unterlaufen, die gewünschte Beibehaltung der zuvor geltenden Mitwirkungsregelung unzureichend zum Ausdruck gebracht zu haben.

6 2. Der mit der Gegenvorstellung angegriffene Beschluss ist auch materiell nicht zu beanstanden. In dem in der mündlichen Verhandlung geführten Rechtsgespräch werden alle aus der Sicht der Beteiligten sowie der Senatsmitglieder relevanten Aspekte ergebnisoffen angesprochen, ohne dass aus der vom Vorsitzenden im Rahmen seiner Sitzungsleitung hierfür gewählten Gliederung inhaltliche Präferenzen oder gar die mangelnde Bereitschaft abgeleitet werden kann, Standpunkte der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis nehmen zu wollen. Wenn ein rechtlicher Aspekt dabei so angesprochen wird, „als wäre hierüber überhaupt noch nicht gesprochen worden“, so spricht dies nicht gegen, sondern für die Ergebnisoffenheit des Rechtsgesprächs. Auch der Umstand, dass der Vorsitzende an der von ihm gewählten sachlichen Gliederung des Gesprächs festhält, bietet keinerlei Grundlage für die Annahme, die Diskussion über ein nach dieser Gliederung erst später zu behandelndes Thema solle unterbunden werden.

7 Auch die neuerlichen Ausführungen zu der Frage, wann, mit welchen Formulierungen und in welcher Reihenfolge der Vorsitzende die anwesende Sitzgruppe und damit das Fehlen einzelner Senatsmitglieder (Richterin T. sowie Richter Dr. M.) erläutert hat, stellen die Ausführungen des angegriffenen Beschlusses hierzu nicht in Frage. Der Umstand, dass für das Fehlen eines Richters mehrere Ursachen benannt werden, ist bei der gebotenen objektiven Betrachtung nicht als Versuch der Verschleierung oder Irreführung, sondern als Bemühen um vollständige Information der Verfahrensbeteiligten zu sehen. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen dies oder eine - unterstellt - missverständliche oder unzutreffende Erklärung zu diesem Aspekt die Besorgnis der Befangenheit begründen könnte. Die Einholung einer weiteren dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden war deshalb nicht erforderlich.

Beschluss vom 05.10.2010 -
BVerwG 2 C 23.09ECLI:DE:BVerwG:2010:051010B2C23.09.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 05.10.2010 - 2 C 23.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:051010B2C23.09.0]

Beschluss

BVerwG 2 C 23.09

  • OVG Rheinland-Pfalz - 17.12.2008 - AZ: OVG 10 A 10595/08

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. Oktober 2010
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen sowie
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister, Dr. Maidowski
und Dr. Hartung
beschlossen:

  1. 1. Das Gesuch des Klägers vom 27. Juli 2010, den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert für befangen zu erklären, wird abgelehnt.
  2. 2. Die Gegenvorstellung des Klägers vom 27. Juli 2010 gegen den Beschluss des Senats vom 13. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Gründe

1 1. Der Senat entscheidet über das Befangenheitsgesuch und die Gegenvorstellung in folgender Besetzung: Nachdem Richter am Bundesverwaltungsgericht Groepper in den Ruhestand getreten und Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt durch Beschluss des Präsidiums vom 28. Juni 2010 zum 2. August 2010 dem 2. Senat zugewiesen worden ist, wird damit Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Maidowski gem. § 10 Satz 2 des Beschlusses über die Geschäftsverteilung des 2. Revisionssenats im Geschäftsjahr 2010 (vom 16. Dezember 2009) zu dem nach dem allgemeinen Dienstalter nächst jüngeren, ansonsten nicht am Verfahren mitwirkenden Senatsmitglied, das den wegen des gegen ihn gerichteten Befangenheitsantrags ausgeschlossenen Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert vertritt. Die übrigen mitwirkenden Richter ergeben sich aus der Darstellung in den Beschlüssen vom 18. Mai und 13. Juli 2010.

2 2. Das erneute Gesuch des Klägers vom 27. Juli 2010, den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert für befangen zu erklären, wird abgelehnt. Auch nach Würdigung des schriftsätzlichen Vortrags vom 27. Juli 2010, der weitgehend früheren Vortrag wiederholt und vertieft, sieht das Gericht keinen Anlass, von seiner bisherigen rechtlichen Würdigung im Beschluss vom 18. Mai 2010 abzuweichen. Dass die Ausführungen des Senats im Beschluss vom 13. Juli 2010 nach Einschätzung des Klägers seiner Begründung nicht gerecht werden sollen, ändert nichts daran, dass der Senat alle Argumente des Klägers zur Kenntnis genommen und gewürdigt hat.

3 3. Die erneute Gegenvorstellung des Klägers zur unrichtigen Besetzung des Gerichts ist nunmehr unzulässig und zurückzuweisen. Der Senat hat den Rechtsstandpunkt des Klägers zur Besetzung des Gerichts bereits zur Kenntnis genommen, Bedenken an der Zulässigkeit derartiger Gegenvorstellungen zurückgestellt und sie unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung prozessualen Unrechts durch Beschluss vom 13. Juli 2010 in der Sache gewürdigt. Durch die erneute Gegenvorstellung wird deutlich, dass der Kläger nun in einen rechtlichen Dialog über die Richtigkeit des vom Senat vertretenen Rechtsstandpunktes eintreten will. Ungeachtet dessen hält der Senat an seinem bereits dargelegten Rechtsstandpunkt fest.

Beschluss vom 28.10.2010 -
BVerwG 2 C 23.09ECLI:DE:BVerwG:2010:281010B2C23.09.0

Leitsatz:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Vorabentscheidung die Frage vorgelegt, ob die Richtlinie 2000/78/EG auf die Vorschriften zur Gewährung von Beihilfe für Beamte in Krankheitsfällen Anwendung findet.

  • Rechtsquellen
    BhV § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 4 Nr. 3
    BBhV § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 4 Abs. 1
    VwGO § 43 Abs. 2 Satz 1
    AEUV Art. 157, Art. 267
    Richtlinie 2000/78/EG Erwägungsgrund Nr. 13, Art. 2 Abs. 2 Buchst. i Doppelbuchst. ii, Art. 3 Abs. 1 Buchst. c, Artikel 3 Abs. 3

  • OVG Rheinland-Pfalz - 17.12.2008 - AZ: OVG 10 A 10595/08
    VG Koblenz - 11.10.2007 - AZ: VG 2 K 256/07.KO

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.10.2010 - 2 C 23.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:281010B2C23.09.0]

Beschluss

BVerwG 2 C 23.09

  • OVG Rheinland-Pfalz - 17.12.2008 - AZ: OVG 10 A 10595/08
  • VG Koblenz - 11.10.2007 - AZ: VG 2 K 256/07.KO

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 28. Oktober 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister und Dr. Hartung
beschlossen:

  1. Das Verfahren wird ausgesetzt.
  2. Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Artikel 267 AEUV folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
  3. Findet die Richtlinie 2000/78/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf Anwendung auf nationalstaatliche Vorschriften zur Gewährung von Beihilfe für Beamte in Krankheitsfällen.

Gründe

I

1 Der Kläger ist Ruhestandsbeamter und stand im Dienst der Beklagten. Im Januar 2005 begründete er eine Lebenspartnerschaft. Seinen im Juli 2006 gestellten Antrag, seinen Lebenspartner in die Beamtenversorgung aufzunehmen, deutete die Beklagte dahingehend, dass er dessen Berücksichtigung bei der Beihilfe anstrebe. Sie lehnte den Antrag ab und wies den dagegen erhobenen Widerspruch zurück. Der Kläger hat seinen Lebenspartner im Hinblick auf diese ungeklärte Situation in vollem Umfang privat krankenversichert.

2 Die Klage auf Feststellung, dass der Lebenspartner beihilferechtlich wie ein Ehegatte zu behandeln sei, ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben. Zur Begründung führte das Berufungsgericht im Wesentlichen aus:

3 Der Lebenspartner könne einem Ehegatten nicht gleichgestellt werden. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Beihilfevorschriften des Bundes (BhV) sei weder unmittelbar noch analog auf den Lebenspartner eines Beamten anwendbar, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle.

4 Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege nicht vor, weil die Nichtberücksichtigung von Lebenspartnern durch Art. 6 Abs. 1 GG gerechtfertigt sei. Diese Verfassungsbestimmung enthalte neben einem Abwehrrecht eine Institutsgarantie für die Ehe und verpflichte den Staat, die Ehe zu fördern. Dieser Förderauftrag berechtige dazu, die Ehe gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen.

5 Art. 33 Abs. 5 GG verlange ebenfalls keine Einbeziehung von Lebenspartnern in die Beihilferegelung, weil die Beihilfegewährung vom Alimentationsprinzip nicht erfasst werde. Auch nach Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft erfasse der Begriff der Familie im Sinne des Alimentationsprinzips nicht den Lebenspartner des Beamten, weil die Alimentation nur nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 5 GG und der aus Art. 6 Abs. 1 GG abzuleitenden Wertentscheidung zu gewähren sei.

6 Soweit der Kläger dem entgegen halte, allein die Berufung auf Art. 6 Abs. 1 GG ohne zusätzliche sachliche Begründung reiche nicht aus, könne das Gericht dem nicht folgen. Dass die Förderung von Ehen im Hinblick auf die Fortpflanzung und Erziehung von Kindern für die Zukunft einer jeden Gesellschaft von grundlegender Bedeutung sei und dass hierfür Lebenspartnerschaften typischerweise nicht geeignet seien, lasse sich nicht in Abrede stellen. Es treffe auch nicht zu, dass die höchstrichterlichen Erwägungen zum Familienzuschlag der Stufe 1 (nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG) auf die Beihilfe nicht übertragbar seien.

7 Ein Verstoß gegen die Richtlinie 2000/78/EG liege ebenfalls nicht vor. Dabei könne offenbleiben, inwieweit die Beihilfegewährung überhaupt das Entgelt betreffe und der Geltungsbereich der Richtlinie eröffnet sei. Denn selbst wenn dies bejaht würde, liege keine Diskriminierung vor. Der Kläger befinde sich in Bezug auf die Beihilfegewährung für seinen Lebenspartner nicht in einer Situation, die mit der eines Ehegatten vergleichbar sei. Das Bundesverfassungsgericht habe mit Beschluss vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 1830/06 - (NJW 2008, 2325) ausdrücklich festgestellt, dass der Bundesgesetzgeber bewusst von einer umfassenden Gleichstellung abgesehen habe.

8 Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger, die Beihilferegelung in ihrer früheren wie gegenwärtigen Fassung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, § 2 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit §§ 7, 24 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes - AGG - vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1897), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) sowie gegen die Richtlinie 2000/78/EG.

9 Der Kläger beantragt unter Aufrechterhaltung des Vorbehalts gegen die Besetzung des Senats und die Unvoreingenommenheit des Vorsitzenden Richters,
den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Dezember 2008 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 11. Oktober 2007 aufzuheben sowie unter Aufhebung des Bescheides der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 8. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Februar 2007 festzustellen, dass der Lebenspartner des Klägers beihilferechtlich wie ein Ehegatte zu behandeln ist,
hilfsweise: zu behandeln gewesen ist.

10 Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11 Sie teilt die Rechtsauffassung der Vorinstanzen.

II

12 Der Senat ist zur Entscheidung befugt. Die gegen dessen rechtmäßige Besetzung vom Kläger erhobenen Bedenken teilt er aus den in den Senatsbeschlüssen vom 18. Mai 2010, 13. Juli 2010 und 5. Oktober 2010 bereits dargelegten Gründen weiterhin nicht.

13 Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung des § 94 VwGO auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Artikel 267 AEUV zur Klärung der Frage vorzulegen, ob die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl L 303 vom 2. Dezember 2000, S.16 bis 22) Anwendung auf mitgliedstaatliche Vorschriften zur Gewährung von Beihilfe für Beamte in Krankheitsfällen Anwendung findet. Die Vorabentscheidung dieser Frage ist erforderlich, weil ihre Beantwortung für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich ist.

14 1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Dem Kläger kann nicht entgegengehalten werden, bei der Beklagten nicht unter Vorlage entsprechender Nachweise konkrete Beihilfeleistungen für seinen Lebenspartner beantragt und keinen ablehnenden Bescheid abgewartet zu haben, gegen den er dann Verpflichtungsklage hätte erheben können. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO besagt zwar, dass eine Feststellung durch Urteil nicht verlangt werden kann, wenn der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage hätte geltend machen können. Die Beklagte hat jedoch eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie entsprechende Beihilfeanträge in der Vergangenheit schon wegen der vollständigen Abdeckung krankheitsbedingter Aufwendungen durch die vom Kläger für seinen Lebensgefährten abgeschlossene Privatkrankenversicherung abgelehnt haben würde. Da der Kläger den vollen Krankenversicherungsschutz für seinen Lebenspartner jedoch nur deshalb vorhält, weil die Beklagte die Auffassung vertritt, sie sei bereits dem Grunde nach zur Bewilligung von Beihilfe für Lebenspartner nicht verpflichtet, ist es ihm nicht zumutbar, Gestaltungsklagen zu erheben. Sie würden bereits wegen des umfassenden Krankenversicherungsschutzes des Lebenspartners ohne Erfolg bleiben und damit nicht zur Klärung der für den Kläger wirtschaftlich wichtigen Frage nach der Erstattungsfähigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen für seinen Lebenspartner führen. Die Feststellungsklage gleichwohl für unzulässig zu halten, würde deshalb gegen den Grundsatz effektiver Rechtsschutzgewährleistung verstoßen.

15 2. Der Erfolg der Revision ist von der Beantwortung der Vorlagefrage abhängig.

16 a) Nach den mitgliedstaatlichen Vorschriften hat der Kläger keinen Beihilfeanspruch für die Aufwendungen für seinen Lebenspartner.

17 Auf den Anspruch des Klägers finden die Beihilfevorschriften in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. November 2001 nach dem Stand der 28. Änderungsverwaltungsvorschrift vom 30. Januar 2004 Anwendung, soweit dies krankheitsbedingte Aufwendungen für den Zeitraum vor Inkrafttreten der Bundesbeihilfeverordnung am 14. Februar 2009 betrifft.

18 Die früheren Beihilfevorschriften sind nach der Rechtsprechung des Senats zwar wegen Verstoßes gegen den Gesetzesvorbehalt nichtig, aber bis zum Inkrafttreten der Bundesbeihilfeverordnung weiter anwendbar (Urteile vom 17. Juni 2004 - BVerwG 2 C 50.02 - BVerwGE 121, 103 <105 ff.>, vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 24.07 - Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 126 Rn. 10 f., vom 26. Juni 2008 - BVerwG 2 C 2.07 - BVerwGE 131, 234 <235 ff.> = Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 17 und vom 18. Februar 2009 - BVerwG 2 C 23.08 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 18). Der Kreis der Beihilfeberechtigten und der einbezogenen Familienmitglieder ist vom Gesetzgeber zu bestimmen (Urteil vom 3. Juni 2009 - BVerwG 2 C 27.08 - Buchholz 237.7 § 88 NWLBG Nr. 6, LS und Rn. 9). Auch insoweit genügte § 79 BBG a.F. nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

19 Gleichwohl sind die Beihilfevorschriften nach dem Stand der 27. und 28. Änderungsverwaltungsvorschrift vom 17. Dezember 2003 und 30. Januar 2004 (GMBl 2004 S. 227 und 379) grundsätzlich weiter anwendbar (Urteile vom 17. Juni 2004 a.a.O., vom 28. Mai 2008 a.a.O., vom 26. Juni 2008 a.a.O. und vom 18. Februar 2009 a.a.O.) und wie Gesetze auszulegen (Urteil vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 9.07 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 15 und vom 18. Februar 2009 a.a.O.).

20 Danach kann der Kläger als Ruhestandsbeamter (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 BhV) allein deshalb keine Beihilfeansprüche geltend machen, weil sein Lebenspartner - anders als ein Ehegatte - nicht zu den berücksichtigungsfähigen Angehörigen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BhV gehört. Diese Einschränkung gilt auch nach der Neuregelung durch die Bundesbeihilfeverordnung (a.a.O.) gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 4 BBhV. Dessen Absatz 1 Satz 1 lautet:
„Ehegattinnen und Ehegatten von Beihilfeberechtigten sind berücksichtigungsfähig, wenn der Gesamtbetrag ihrer Einkünfte … 17 000 Euro nicht übersteigt“

21 § 2 BBhV „Beihilfeberechtigte“ lautet:
(1) Soweit nicht die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmen, ist beihilfeberechtigt, wer im Zeitpunkt der Leistungserbringung
1. Beamtin oder Beamter
2. Versorgungsempfängerin oder Versorgungsempfänger ..
3…
ist.“

22 Da der Kläger lediglich die Feststellung begehrt, beihilferechtlich sowohl für die Vergangenheit wie zukünftig „wie ein Ehegatte“ behandelt zu werden, braucht der Frage nicht nachgegangen zu werden, ob die übrigen Voraussetzungen für einen Beihilfeanspruch für Aufwendungen eines Ehegatten vorliegen.

23 b) Unionsrechtlich wäre nach der Rechtsauffassung des Senats aufgrund der Richtlinie 2000/78/EG im Hinblick auf den vom Gerichtshof der Europäischen Union geforderten konkreten Vergleich der Lebenssituation in Bezug auf die begehrte Leistung (EuGH, Urteil vom 1. April 2008 - Rs. C-267/06, Maruko - NJW 2008, 1649; BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 2 C 10.09 -) die Gleichbehandlung eines verpartnerten Beamten mit einem verheirateten Beamten geboten, wenn die Beihilfe dem Anwendungsbereich der Richtlinie unterfiele. Die Vorlagefrage ist daher entscheidungserheblich, weil dem Kläger dann aufgrund der Richtlinie ein Beihilfeanspruch dem Grunde nach zustünde. Dies gilt auch dann, wenn sich eine unterschiedliche Behandlung zwischen Ehegatten und Lebenspartnern bereits aufgrund europäischen Primärrechts verbieten sollte.

24 aa) Die Situation einerseits der Lebenspartner und andererseits der Ehegatten ist in Bezug auf die begehrte Leistung, nämlich die Beihilfe für Beamte in Krankheitsfällen, vergleichbar.

25 Die Vergleichbarkeit beurteilt sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zwar nach nationalem Recht, sie ist aber von den Gerichten der Mitgliedstaaten - unter Beachtung der unionsrechtlichen Vorgaben zur Auslegung nationalen Rechts - zu entscheiden. Ist auf dieser Grundlage anzunehmen, dass sich die Angehörigen beider Familienstände in einer vergleichbaren Lage befinden, stellt die Benachteiligung von Lebenspartnern eine unmittelbare und nicht nur eine mittelbare Diskriminierung dar (vgl. EuGH, Urteil vom 1. April 2008 a.a.O. Rn. 73).

26 Beihilfe wird nicht ausnahmslos für Aufwendungen eines jeden Ehegatten gewährt, sondern es müssen weitere Voraussetzungen erfüllt sein, die in § 5 Abs. 4 Nr. 3 BhV (jetzt: § 4 Abs. 1 BBhV, vgl. auch § 80 Abs. 1 Satz 3 BBG) normiert sind und sich mit der Unterhaltspflicht des Beamten gegenüber seinem Ehegatten und der Unterhaltsbedürftigkeit des Ehegatten umschreiben lassen:

27 Nach § 5 Abs. 4 Nr. 3 BhV in der hier maßgeblichen Fassung sind Aufwendungen, die für den Ehegatten des Berechtigten entstanden sind, dann nicht beihilfefähig, wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 Einkommensteuergesetz) des Ehegatten im Vorvorkalenderjahr vor der Stellung des Beihilfeantrags 18 000 € übersteigt, es sei denn, dass dem Ehegatten trotz ausreichender und rechtzeitiger Krankenversicherung wegen angeborener Leiden oder bestimmter Krankheiten aufgrund eines individuellen Ausschlusses keine Versicherungsleistungen gewährt werden oder dass die Leistungen hierfür auf Dauer eingestellt worden sind (Aussteuer). Ferner kann die oberste Dienstbehörde in anderen besonderen Ausnahmefällen, die nur bei Anlegung des strengsten Maßstabes anzunehmen sind, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Inneren die Gewährung von Beihilfe zu lassen.

28 Hierdurch definieren die Beihilfevorschriften selbst die Situation, die vom Gericht zu vergleichen ist. Ein Beihilfeanspruch besteht danach bei Unterhaltsbedürftigkeit des Ehegatten eines Beihilfeberechtigten wegen zu geringen Einkommens oder wegen unverschuldet unzureichenden Krankenversicherungsschutzes. Ehegatten und Lebenspartner unterscheiden sich hinsichtlich ihrer gegenseitigen Unterhaltspflichten für Aufwendungen für die medizinische Betreuung nach deutschem Unterhaltsrecht nicht.

29 Entgegen der Auffassung der Revision kommt es für die Beihilfeberechtigung deshalb nicht darauf an, ob die Ehe - möglicherweise anders als die Eingetragene Lebenspartnerschaft - typisierend auf Kinder angelegt ist. Dies ist für das Bestehen des Beihilfeanspruchs ohne Belang.

30 bb) Ein Beihilfeanspruch aufgrund der Richtlinie setzt voraus, dass die Beihilfe für Beamte in Krankheitsfällen unionsrechtlich Entgeltbestandteil im Sinne des Artikel 157 AEUV mit der Folge ist, dass sie dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG unterfällt. Diese Voraussetzung wäre nicht erfüllt, wenn die Beihilfe für Beamte als eine Leistung des allgemeinen staatlichen Systems der sozialen Sicherheit oder des sozialen Schutzes oder eine gleichgestellte Leistung anzusehen wäre mit der Folge, dass sie der Richtlinie nicht unterfällt.

31 Zwar gilt die Richtlinie 2000/78/EG nach ihrem Artikel 3 Abs. 1 Buchst. c für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Entlassungsbedingungen und des Arbeitsentgelts. Jedoch bestimmt Artikel 3 Abs. 3 der Richtlinie ausdrücklich, dass die Richtlinie nicht gilt für Leistungen jeder Art seitens der staatlichen Systeme oder der damit gleichgestellten Systeme einschließlich der staatlichen Systeme der sozialen Sicherheit oder des sozialen Schutzes. Die gleiche Einschränkung findet sich im Erwägungsgrund Nr. 13 der Richtlinie 2000/78/EG. Danach findet die Richtlinie weder Anwendung auf die Sozialversicherungs- und Sozialschutzsysteme, deren Leistungen nicht einem Arbeitsentgelt in dem Sinne gleichgestellt werden, der diesem Begriff für die Anwendung des Artikels 141 des EG-Vertrags gegeben wurde, noch auf Vergütungen jeder Art seitens des Staates, die den Zugang zu einer Beschäftigung oder die Aufrechterhaltung eines Beschäftigungsverhältnisses zum Ziel haben. Nach Artikel 141 des EG-Vertrags in der Fassung des Amsterdamer Vertrags (nunmehr Artikel 157 AEUV) sind unter Entgelt im Sinne dieses Artikels die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Arbeitgeber auf Grund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt.

32 Die danach entscheidungserhebliche Frage der Einordnung der Beihilfe ist bislang in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union noch nicht geklärt und lässt sich auch nicht eindeutig beantworten. Dies wäre nur der Fall, wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt. Um die Vorlagepflicht des nationalen Gerichts nach Artikel 267 AEUV auszulösen, genügt es, dass es zu der Rechtsfrage verschiedene, vertretbare Auffassungen gibt (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. C-283/81 CILFIT - amtl. Slg. 1982, I-03415 = NJW 1983, S. 1257 <1258>).

33 In der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gibt es eine Reihe von Entscheidungen, die betriebliche Alterssicherungssysteme zum Gegenstand haben und deren Entgeltcharakter in Abgrenzung zu den Systemen der gesetzlichen Alterssicherung bejaht worden ist. Eine Entscheidung, die sich mit einem System der Sicherung in Krankheitsfällen befasst, liegt indes nicht vor. Die vom Gerichtshof in den Entscheidungen zu Alterssicherungssystemen entwickelten Abgrenzungskriterien sind zudem allenfalls eingeschränkt auf Krankensicherungssysteme übertragbar.

34 So hat der Gerichtshof der Europäischen Union im Urteil vom 17. Mai 1990 - Rs. C-262/88, Barber - (amtl. Slg. 1990, I-01889 = NJW 1991, 2204 <2205>) hervorgehoben, dass der Begriff des Entgelts im Sinne von Artikel 119 Abs. 2 EG-Vertrag alle gegenwärtigen oder künftigen in bar oder in Sachleistungen gewährten Vergütungen umfasst, vorausgesetzt, dass sie der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer wenigstens mittelbar aufgrund des Dienstverhältnisses gewährt (Rn. 12). In Abgrenzung zu einer Leistung der sozialen Sicherung können insbesondere solche Altersrenten nicht einbezogen werden, die unmittelbar durch Gesetz geregelt sind, keinerlei vertragliche Vereinbarungen innerhalb des Unternehmens oder des betroffenen Gewerbezweigs zulassen und zwingend für allgemein umschriebene Gruppen von Arbeitnehmern gelten (Rn. 22). Deshalb fallen Renten, die aufgrund eines an die Stelle des gesetzlichen Systems getretenen betrieblichen Systems gezahlt werden, in den Anwendungsbereich von Artikel 119 EG-Vertrag (Rn. 28).

35 Unter Anwendung der in diesem Urteil entwickelten Kriterien ist festzustellen, dass die Beihilfe den Beamten zwar zumindest mittelbar aufgrund eines Dienstverhältnisses gewährt wird. Sie ist jedoch nach der oben zitierten Rechtsprechung des Senats durch Gesetz zu regeln, wobei die hier anwendbaren Verwaltungsvorschriften nur für eine Übergangszeit fortgelten und wie Gesetze auszulegen sind. Auch lassen die staatlichen Beihilfevorschriften keinerlei vertragliche Vereinbarungen zu und gelten zwingend für eine allgemein umschriebene Gruppe von Arbeitnehmern, nämlich für Beamte. Gegenstand dieser Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union waren zudem Richtlinien, die Ausnahmen für die Vergangenheit vorsahen, aus denen sich unmittelbar ergab, dass sie für die Zukunft auch für solche Renten gelten sollten, die aufgrund eines an die Stelle des gesetzlichen Systems getretenen betrieblichen Systems gezahlt werden. Demgegenüber nimmt die hier zur Prüfung stehende Richtlinie 2000/78/EG nach ihrem Artikel 3 Abs. 3 ausdrücklich auch die den staatlichen Systemen gleichgestellten Systeme der sozialen Sicherheit oder des sozialen Schutzes von ihrem Anwendungsbereich aus.

36 In dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 23. Oktober 2003 - Rs. C-4/02, Schönheit und Becker (amtl. Slg. 2003, I-12575) ging es um die Beamtenversorgung. Dabei galt auch hier die Besonderheit, dass die zur Überprüfung gestellten Richtlinien nach ihrem Wortlaut auch auf betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit Anwendung finden, die als Ersatzleistungen an die Stelle der gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit treten, selbst wenn der Beitritt zu diesen Systemen Pflicht ist. Der Gerichtshof hat entschieden, dass die Beamtenversorgung in den Anwendungsbereich der Artikel 119 EG-Vertrag bzw. Artikel 141 Abs. 1 und 2 EG fällt (Rn. 58, 63). Er hat zunächst erneut darauf hingewiesen, dass nur das Kriterium, dass das Ruhegehalt dem Betreffenden aufgrund seines Dienstverhältnisses mit seinem früheren Arbeitgeber gezahlt wird, d. h. das Kriterium der Beschäftigung, entscheidend sein kann (Rn. 56). Zur Abgrenzung gegenüber den von den gesetzlichen Systemen der sozialen Sicherheit gewährten Renten, die keine Entgelte im Sinne des Artikels 119 EG-Vertrag oder des Artikels 141 EG sind, kann jedoch nicht ausschließlich auf dieses Kriterium abgestellt werden (Rn. 57). Allerdings können Erwägungen der Sozialpolitik, der Staatsorganisation und der Ethik oder gar den Haushalt betreffende Überlegungen, die bei der Festlegung eines Systems durch den nationalen Gesetzgeber tatsächlich oder möglicherweise eine Rolle gespielt haben, nicht ausschlaggebend sein, wenn die Versorgung nur für eine besondere Gruppe von Arbeitnehmern gilt, wenn sie unmittelbar von der abgeleisteten Dienstzeit abhängt und wenn ihre Höhe nach den letzten Bezügen berechnet wird (Rn. 58, 59). Diese Kriterien hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 10. Juni 2010 - Rs. C-395/08, (Bruno und Pettini - Juris Rn. 45 bis 47), in dem es um die Altersversorgung Teilzeitbeschäftigter ging, noch einmal bestätigt.

37 In Anwendung dieser drei Kriterien ist festzustellen, dass die Beihilfe zwar nur an eine besondere Gruppe von Arbeitnehmern, nämlich an Beamte gezahlt wird, jedoch sie weder von der abgeleisteten Dienstzeit abhängt, noch sich ihre Höhe auf der Grundlage der letzten Bezüge des Bediensteten berechnet.

38 Die Frage, ob die Beihilfe Entgeltbestandteil ist, lässt sich schließlich auch nicht ohne Zweifel anhand des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 1. April 2008 - Rs. C-267/06 - a.a.O. beantworten. In dieser Entscheidung ging es um eine ergänzende Hinterbliebenenversorgung aus einem berufsständischen Pflichtversorgungssystem. Zur Prüfung stand die Richtlinie 2000/78/EG. Zum Begriff des Arbeitsentgelts hat der Gerichtshof ausgeführt (vgl. Rn. 49 bis 57, 61), wann eine Hinterbliebenenversorgung in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG fällt: Sie wird im Rahmen eines berufsständischen Versorgungssystems für eine besondere Gruppe von Arbeitnehmern gewährt. Dieses Versorgungssystem beruht auf einem Tarifvertrag, der die Sozialleistungen ergänzen soll, die nach den allgemein anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften gewährt werden. Weiter wird dieses Versorgungssystem ausschließlich von den Arbeitnehmern und Arbeitgebern der betreffenden Branche unter Ausschluss jeder finanziellen Beteiligung seitens des Staates finanziert und ist nach dem einschlägigen Tarifvertrag für die genannte Gruppe von Arbeitnehmern bestimmt. Schließlich bemisst sich die Höhe der fraglichen Leistung nach der Versicherungsdauer des Arbeitnehmers, der der Ehegatte des Begünstigten war, sowie den gesamten von diesem Arbeitnehmer entrichteten Beiträgen. Eine derartige Versorgung ist daher als Entgelt im Sinne von Artikel 141 EG einzuordnen. Dieses Ergebnis wird weder dadurch in Frage gestellt, dass es sich bei der betreffenden Versorgungseinrichtung um eine öffentliche Anstalt handelt, noch durch die Pflichtzugehörigkeit zu dem System, das den Anspruch auf die Hinterbliebenenversorgung vermittelt.

39 Im Hinblick darauf, dass der Gerichtshof eine Reihe von Voraussetzungen nennt, die in dem entschiedenen Fall gleichzeitig erfüllt waren, ist festzustellen, dass keineswegs alle diese Voraussetzungen auch bei der Beihilfe gegeben sind.

40 Zwar wird die Beihilfe nur für eine besondere Gruppe von Arbeitnehmern gewährt, nämlich für Beamte. Selbst wenn man außer Acht lässt, dass die Beihilfe sich auf Gesetz und nicht unmittelbar auf Tarifvertrag gründet, könnte auch der weitere, vom Gerichtshof der Europäischen Union hervorgehobene Umstand zweifelhaft sein, dass es sich um eine Leistung handeln muss, die Sozialleistungen ergänzen soll, die nach den allgemein anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften gewährt werden. Dies könnte der Besonderheit des Artikel 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG geschuldet sein, die - anders als die in den vorher genannten Urteilen des Gerichtshofs zur Prüfung gestellten Richtlinien - ausdrücklich auch die den staatlichen Systemen gleichgestellten Systeme der sozialen Sicherheit oder des sozialen Schutzes von ihrem Anwendungsbereich ausnimmt. Die Beihilfe ist keine Ergänzung des nach den allgemein anwendbaren mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften gewährten Krankenversicherungsschutzes, sondern Hauptbestandteil des Krankenversicherungsschutzes für Beamte nach dem gegenwärtigen Regelungssystem, das sich als sogenanntes „Mischsystem“ darstellt. Insoweit gibt es in Deutschland zwei nebeneinander stehende Systeme des Schutzes im Krankheitsfall für unterschiedliche Beschäftigtengruppen, die das Europarecht einheitlich als Arbeitnehmer einstuft (einerseits für auf privatrechtlicher Grundlage tätige Arbeitnehmer die gesetzliche Krankenversicherung <Vollversicherung>, andererseits für Beamte das Mischsystem bestehend aus Beihilfe und privater Versicherung). Die beiden Systeme schließen einander grundsätzlich aus: Weder kann ein auf privatrechtlicher Grundlage tätiger Arbeitnehmer in den Genuss von Beihilfeleistungen kommen, noch kann ein Beamter Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung werden (von Ausnahmen beim Wechsel zwischen den beiden Beschäftigungsverhältnissen abgesehen). Soweit die restliche Bevölkerung nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert ist, muss sie Krankheitskosten durch eigenes Einkommen oder Vermögen oder die Leistung einer freiwilligen privaten Krankenversicherung abdecken. Darüber hinaus bieten staatliche Leistungen der Grundsicherung sozialen Schutz für nicht erwerbsfähige Personen oder Personen ohne ausreichendes Einkommen oder Vermögen.

41 Auch wird die Beihilfe nicht ausschließlich von den Arbeitnehmern und Arbeitgebern der betreffenden Branche unter Ausschluss jeder finanziellen Beteiligung seitens des Staates finanziert, sondern ausschließlich vom Staat, also (unionsrechtlich gesehen: allenfalls) vom Arbeitgeber.

42 Ihre Höhe bestimmt sich nicht nach der Versicherungsdauer des Beamten, der der Ehegatte des Begünstigten war bzw. ist, sowie nach entrichteten Beiträgen. Im Gegenteil: Beihilfe erhält der Beamte vom ersten Tag an, und zwar ungeschmälert in der gesetzlich vorgesehenen Höhe, die sich ausschließlich am Familienstand (mit oder ohne Kinder) und anderen, außerhalb der eigenen Leistungen des Beamten liegenden Kriterien (aktiver Dienst oder Ruhestand) orientiert. Die Beihilfe wird insbesondere nicht etwa für Teilzeitbeschäftigte nur anteilig entsprechend ihrer Arbeitszeit bemessen oder für Beamte, die nur sehr kurz im Dienst des Staates stehen, entsprechend ihrer (Betriebs-) Dienstzugehörigkeit nur gekürzt gewährt. Daher sind die für Alterssicherungssysteme vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten Kriterien zur Unterscheidung zwischen Entgeltbestandteilen und Leistungen aus einem System der sozialen Sicherung zur Abgrenzung für Krankensicherungssysteme ungeeignet. Insoweit ist nur der Gerichtshof der Europäischen Union befugt, Abgrenzungskriterien für Krankensicherungssysteme zu entwickeln.

43 Das System der Beihilfe ist nach mitgliedstaatlichem Verfassungsrecht auch nicht notwendiger Bestandteil der geschuldeten Alimentation des Beamten oder - europarechtlich gewendet - seines Entgelts, so dass sich bereits aus diesem Umstand die Anwendbarkeit der Richtlinie 2000/78/EG ergäbe. Zur Bedeutung und Rechtsnatur der Beihilfe hat der Senat im Urteil vom 26. Juni 2008 - BVerwG 2 C 2.07 - (BVerwGE 131, 234 <Rn. 13 und 14>) grundlegend ausgeführt:
„Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht ergänzt die ebenfalls durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn. Die Fürsorgepflicht fordert, dass der Dienstherr den amtsangemessenen Lebensunterhalt der Beamten und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit oder Pflegebedürftigkeit sicherstellt. Er muss dafür Sorge tragen, dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet bleiben, die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten können. Dies ist auf der Grundlage des gegenwärtig praktizierten „Mischsystems“ zu beurteilen, in dem zur Eigenvorsorge der Beamten durch Abschluss einer auf die Beihilfevorschriften abgestimmten Versicherung die ergänzende Beihilfegewährung tritt. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht verlangt weder, dass Aufwendungen der Beamten in Krankheitsfällen durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und ergänzende Beihilfen vollständig gedeckt werden, noch, dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar sind (…).“
Mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG ist der Kernbestand von Strukturprinzipien gemeint, die allgemein oder doch ganz überwiegend während eines längeren, traditionsbildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind (…). Der dargestellte beihilferechtliche Kernbereich des hergebrachten Grundsatzes „Fürsorgepflicht“ hat sich in der Weimarer Zeit herausgebildet. Danach wurden in den Jahren 1922/23 in Preußen und im Reich Notstandsbeihilfen eingeführt, weil die Gehälter der Beamten aufgrund der außergewöhnlichen Geldentwertung in vielen Fällen nicht mehr ausreichten, um die Aufwendungen in Krankheits- , Geburts- und Todesfällen zu decken. Die Gewährung von Beihilfen setzte den Nachweis einer wirtschaftlichen Notlage durch den Beamten voraus (vgl. Erlasse des preußischen Finanzministers vom 25. August 1922, PrJMBl. S. 365, und der Reichsregierung vom 21. April 1923, RBBl. S. 115). Daran änderte sich bis zum Ende der Weimarer Republik im Jahr 1933 nichts (vgl. Erlass der Reichsregierung vom 11. Dezember 1928, RBBl. S. 197; zum Ganzen Schneider, Beihilfenrecht und soziale Krankenversicherung, 1970, S. 60 f. und 74 f.).

44 Von Verfassungs wegen muss die amtsangemessene Alimentation lediglich die Kosten einer Krankenversicherung decken, die zur Abwendung krankheitsbedingter, durch Beihilfeleistungen aufgrund der Fürsorgepflicht nicht ausgeglichener Belastungen erforderlich ist. Die Alimentation wäre erst dann nicht mehr ausreichend, wenn die Krankenversicherungsprämien, die zur Abwendung von krankheitsbedingten und nicht von der Beihilfe ausgeglichenen Belastungen erforderlich sind, einen solchen Umfang erreichten, dass der angemessene Lebensunterhalt des Beamten nicht mehr gewährleistet wäre. Aber selbst bei einer solchen Sachlage wäre verfassungsrechtlich nicht eine Anpassung der nicht verfassungsverbürgten Beihilfe geboten, sondern eine entsprechende Korrektur der Besoldungs- und Versorgungsgesetze, die das Alimentationsprinzip konkretisieren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 2002 - 2 BvR 1053/98 - BVerfGE 106, 225 ff.).