Beschluss vom 29.01.2019 -
BVerwG 1 B 5.19ECLI:DE:BVerwG:2019:290119B1B5.19.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 29.01.2019 - 1 B 5.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:290119B1B5.19.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 5.19

  • VG Dresden - 09.04.2015 - AZ: VG 3 K 186/13
  • OVG Bautzen - 18.10.2018 - AZ: OVG 3 A 756/16

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. Januar 2019
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Fleuß
beschlossen:

  1. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten wird abgelehnt.
  2. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 18. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.
  3. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  4. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 A. Der Klägerin kann die beantragte Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Gründen keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

2 B. Die Revision ist nicht wegen der mit der Beschwerde geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

3 Einer Rechtssache kommt eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschlüsse vom 1. April 2014 - 1 B 1.14 - AuAS 2014, 110 und vom 10. März 2015 - 1 B 7.15 - juris Rn. 3).

4 Gemessen daran rechtfertigt die von der Beschwerde aufgeworfene Frage,
ob und in welchem Umfang i.R.d. § 55 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG Interessen eines durch eine Ausweisung mitbetroffenen, minderjährigen Kindes (das ausländisch ist und sich nicht erlaubt in Deutschland aufhält) zu berücksichtigen sind,
keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Nach § 55 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG wiegt bei einer Ausweisung das Ausweisungsinteresse u.a. schwer, wenn die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind bzw. ist. Dabei differenziert die Norm nicht nach der Qualität des Aufenthalts. Ob die Belange oder das Wohl eines Kindes durch eine Ausweisung tatsächlich betroffen sind, hängt aber stets von einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ab und ist damit einer weiteren grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.

5 Soweit das Berufungsgericht ein schwerwiegendes Bleibeinteresse der Klägerin mit der Begründung verneint hat, dass sich das Kind der Klägerin nicht im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und die Klägerin aus diesem Grunde auch nicht die Voraussetzungen für ein schwerwiegendes Bleiberecht nach § 55 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG erfülle, verkennt dies den systematischen, nicht klärungsbedürftigen Auffangcharakter der Regelung in § 55 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG, die gerade dann zur Anwendung kommt, wenn kein spezieller in den Absätzen 1 und 2 geregelter Minderjährigenschutz greift. Das Berufungsgericht hat sich unabhängig davon aber im Rahmen seiner weiteren Ausführungen zu Art. 6 GG und Art. 8 EMRK und zur Frage der Verhältnismäßigkeit der Sache nach eingehend mit den schutzwürdigen Interessen auch des Kindes der Klägerin auseinandergesetzt. Dabei hat es insbesondere gewürdigt, dass zum Kindesvater keinerlei schützenswerte familiäre Lebensgemeinschaft mehr besteht und schutzwürdigen Interessen der Klägerin und ihres Kindes auch mit Blick darauf, dass ihrem Kind in Zukunft möglicherweise eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden könnte, durch Erteilung einer Duldung oder eine Änderung der Befristungsentscheidung Rechnung getragen werden könne. Dass die Beschwerde diese Einschätzung aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls nicht teilt, rechtfertigt keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.

6 2. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

7 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren gründet auf § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.