Beschluss vom 06.01.2021 -
BVerwG 1 WNB 3.20ECLI:DE:BVerwG:2021:060121B1WNB3.20.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 06.01.2021 - 1 WNB 3.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:060121B1WNB3.20.0]

Beschluss

BVerwG 1 WNB 3.20

  • TDG Süd 4. Kammer - 27.05.2020 - AZ: TDG S 4 SL 1/19 und TDG S 4 RL 2/20

In dem Antragsverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt
am 6. Januar 2021 beschlossen:

  1. Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Truppendienstgerichts Süd vom 27. Mai 2020 - TDG S 4 SL 1/19 - wird aufgehoben.
  2. Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.

Gründe

1 Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, über die der Senat in der Besetzung ohne ehrenamtliche Richter entscheidet (§ 22b Abs. 4 Satz 1 WBO), ist gemäß § 22 Abs. 1 Satz 7 SGleiG i.V.m. § 22a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 WBO zuzulassen. Die vorliegende Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil sie dem Senat Gelegenheit zur Klärung der Fragen geben kann, ob ein Antrag auf Beteiligung nach § 19 Abs. 1 Satz 4 SGleiG einer Form bedarf und welchen Inhalt eine Unterrichtung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGleiG zur Wahrnehmung der Beteiligungsrechte aus § 19 Abs. 1 Satz 3 und 4 SGleiG haben muss.

Rechtsbehelfsbelehrung


Das Beschwerdeverfahren wird unter dem Aktenzeichen BVerwG 1 WRB 1.21 als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Rechtsbeschwerde bedarf es nicht.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in der vorgeschriebenen elektronischen Form (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 55a VwGO) einzureichen.
Der Beschwerdeführer muss sich im Rechtsbeschwerdeverfahren, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder durch eine Person vertreten lassen, welche die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz hat oder die Voraussetzungen des § 110 des Deutschen Richtergesetzes erfüllt (§ 22a Abs. 5 Satz 1 WBO).

Beschluss vom 29.04.2021 -
BVerwG 1 WRB 1.21ECLI:DE:BVerwG:2021:290421B1WRB1.21.0

Leitsätze:

1. Der Anspruch der militärischen Gleichstellungsbeauftragten auf unverzügliche und umfassende Unterrichtung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGleiG) ist darauf gerichtet, sie zur Durchführung ihrer Aufgaben in zeitlicher und sachlicher Hinsicht auf dem gleichen Informationsstand wie die Dienststellenleitung zu halten, um ihr eine sachgerechte und aktive Mitwirkung im Entscheidungsprozess zu ermöglichen.

2. Der Antrag, bei einer Personalmaßnahme nach § 19 Abs. 1 Satz 4 SGleiG beteiligt zu werden, unterliegt keinem Formerfordernis. Wird die Gleichstellungsbeauftragte im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung nicht darüber informiert, dass eine solche Personalmaßnahme beabsichtigt ist, so kann ihr das Fehlen eines Antrags nicht entgegengehalten werden.

3. Zu den erforderlichen Unterlagen, die der Gleichstellungsbeauftragten zur Verfügung zu stellen sind (§ 20 Abs. 1 Satz 2 SGleiG), kann auch die Anschuldigungsschrift aus einem Disziplinarverfahren gehören.

  • Rechtsquellen
    SGleiG § 19 Abs. 1, § 20 Abs. 1, § 22
    WDO § 9

  • TDG Süd 4. Kammer - 27.05.2020 - AZ: TDG S 4 SL 1/19 und TDG S 4 RL 2/20

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 29.04.2021 - 1 WRB 1.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:290421B1WRB1.21.0]

Beschluss

BVerwG 1 WRB 1.21

  • TDG Süd 4. Kammer - 27.05.2020 - AZ: TDG S 4 SL 1/19 und TDG S 4 RL 2/20

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt,
die ehrenamtliche Richterin Oberfeldarzt Behrend und
den ehrenamtlichen Richter Hauptbootsmann Sarnow
am 29. April 2021 beschlossen:

  1. Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Truppendienstgerichts Süd vom 27. Mai 2020 aufgehoben.
  2. Es wird festgestellt, dass das Amt für Heeresentwicklung bei der Entscheidung über die Abstellung von Oberst i.G. A für die Besetzung des Dienstpostens Nr. ... den Informationsanspruch der Antragstellerin verletzt hat.
  3. Die der Antragstellerin im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und vor dem Truppendienstgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden dem Bund auferlegt.

Gründe

I

1 Die Antragstellerin ist militärische Gleichstellungsbeauftragte beim Amt für Heeresentwicklung. Sie beanstandet, bei der Besetzung eines Auslandsdienstpostens nicht rechtzeitig und umfassend informiert worden zu sein.

2 Im September 2018 beauftragte das Kommando Heer das Amt für Heeresentwicklung, geeignetes Personal für die Besetzung des Auslandsdienstpostens eines höchsten Beraters des Kommandeurs ... zu benennen. Hierüber wurde die Antragstellerin mit E-Mail vom 10. September 2018 informiert.

3 Unter dem 26. September 2018 fertigte die S 1-Abteilung des Amts für Heeresentwicklung eine Entscheidungsvorlage für den Chef des Stabes. Darin heißt es, von den ursprünglich betrachteten 23 Personen kämen nur fünf namentlich genannte Oberste in Frage. Aktuell erfülle von diesen keiner die Besetzungsvoraussetzungen. Diese Entscheidungsvorlage zeichnete die Antragstellerin mit.

4 Daraufhin beantragte das Amt für Heeresentwicklung beim Kommando Heer eine Terminverlängerung bis Mitte/Ende Oktober 2018; auch hierüber wurde die Antragstellerin informiert. Nicht in Kenntnis gesetzt wurde sie über die anschließende Überlegung, für den Dienstposten den bislang nicht als Bewerber genannten Oberst i.G. A auszuwählen, gegen den zum damaligen Zeitpunkt ein gerichtliches Disziplinarverfahren wegen des Vorwurfs sexistischer Äußerungen anhängig war.

5 Über die beabsichtigte Auswahl von Oberst i.G. A wurde die Antragstellerin nach ihren Angaben auf ihre Nachfrage hin erst am 30. November 2018 mündlich durch den Leiter der S 1-Abteilung des Amts für Heeresentwicklung informiert. Dieser bestätigte, dass gegen Oberst i.G. A ein Disziplinarverfahren wegen des Vorwurfs verbaler sexueller Belästigung anhängig sei.

6 In der Entscheidungsvorlage für den Chef des Stabes vom 30. November 2018 wird Oberst i.G. A als einziger Kandidat für die Besetzung des Dienstpostens genannt. Er sei zwar wegen eines laufenden truppendienstlichen Ermittlungsverfahrens bisher nicht mitbetrachtet, ein Ausnahmeantrag vom Kommando Heer sei jedoch bereits genehmigt worden. Die Entscheidungsvorlage ist von der Antragstellerin nicht mitgezeichnet. Auf dem Vorblatt notierte der Leiter der Abteilung S 1, die Antragstellerin sei durch ihn "ins Boot geholt".

7 Am 30. November 2018 meldete das Amt für Heeresentwicklung Oberst i.G. A für die Teilnahme an der Führereinweisung und am 4. Dezember 2018 für die Besetzung des Dienstpostens. Diese Meldungen erhielt die Antragstellerin nachrichtlich.

8 Mit Schreiben vom 3. Dezember 2018 legte die Antragstellerin beim Dienststellenleiter des Amts für Heeresentwicklung Einspruch gegen die "Personalmaßnahme Oberst i.G. A" ein. Sie sei in dieser Angelegenheit nicht umfassend informiert worden. Sie habe Anspruch darauf, sich auf der gleichen Materialgrundlage wie die Dienststellenleitung eine Meinung zu bilden. Die Einbindung zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die Entscheidung bereits verfestigt habe oder sogar leitungsgebilligt sei, werde dem nicht gerecht. Dies gelte insbesondere, wenn Beförderungshemmnisse vorlägen, die zum Beispiel auf einer sexuellen Belästigung beruhten.

9 Mit Bescheid vom 31. März 2019, zugestellt am 15. April 2019, wies der Inspekteur des Heeres den Einspruch zurück. Das Amt für Heeresentwicklung habe die Antragstellerin in den Entscheidungsprozess zur Besetzung des Dienstpostens umfassend und rechtzeitig eingebunden und sie an dem relevanten Schriftverkehr beteiligt. Der Antragstellerin stehe kein Anspruch auf Mitteilung der gegen Oberst i.G. A bestehenden Verdachtsmomente zu. Ihr Informationsanspruch im Hinblick auf Disziplinarverfahren sei in Nr. 4173 ZDv A-1442/1 abschließend geregelt. Danach sei der Gleichstellungsbeauftragten von der Dienststelle nur quartalsweise eine Übersicht zur disziplinaren Lage in ihrem Zuständigkeitsbereich in anonymisierter Form zur Verfügung zu stellen.

10 Hiergegen hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 14. Mai 2019 die Entscheidung des Truppendienstgerichts beantragt. Ihr Anspruch auf umfassende Unterrichtung sei verletzt, weil sie ausschließlich mündlich, nicht anhand der einschlägigen Unterlagen und zudem zu spät informiert worden sei. Wegen des schwebenden Disziplinarverfahrens habe der Einplanung von Oberst i.G. A ein Hindernis entgegengestanden. Sie sei weder über den Antrag auf Ausnahmegenehmigung noch über die Stellungnahme des Kommandos Heer hierzu informiert worden. Eine sachgerechte Ermessungsausübung, warum die Dienststelle insoweit eine Ausnahme angenommen habe, sei nicht kommuniziert worden. Ihr Aufgabenbereich sei betroffen, weil insbesondere der Schutz anderer Teilnehmer an Auslandseinsätzen Aufgabe der Gleichstellungsbeauftragten sei. In der Quartalsübersicht über die Disziplinarlage vom Januar 2019 sei der Fall nur als das "persönliche Verhalten" eines Obersten skizziert worden, ohne dass Angaben zum Geschlecht des Opfers oder andere Erläuterungen gemacht worden seien. Dass es sich um den Fall einer verbalen sexuellen Belästigung gehandelt habe, habe sie nur auf Nachfrage von dem S 1-Offizier erfahren. Dieser habe sie nicht frühzeitig, sondern erst zu einem Zeitpunkt informiert, als die Entscheidung bereits unterschriftsreif gewesen sei. Sie beantrage die Einführung der Anschuldigungsschrift und des zu erwartenden Urteils gegen Oberst i.G. A, weil sie die gleichstellungsrelevanten Aspekte des Verfahrens andernfalls nicht beurteilen könne.

11 Mit Beschluss vom 27. Mai 2020 hat das Truppendienstgericht Süd den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Der Informationsanspruch der Antragstellerin sei nicht verletzt. Sie sei über den Auftrag zur Besetzung des Dienstpostens informiert worden und habe die Vorlage vom 26. September 2018 mitgezeichnet. Damit sei die Dienststelle bereits über ihre gesetzliche Verpflichtung hinausgegangen. Bei Kommandierungen stehe der militärischen Gleichstellungsbeauftragten gemäß § 19 Abs. 1 Satz 4 SGleiG nur auf ihren Antrag ein Rechtsanspruch auf Beteiligung zu. Einen solchen Antrag habe sie nicht gestellt. Zudem habe sie der S 1-Abteilungsleiter am 30. November 2018 zumindest mündlich über den Sachstand und die Ergebnisse der Prüfungen informiert, bevor die Entscheidungsvorlage dem Chef des Stabes vorgelegt worden sei. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf Information über die Hintergründe des gerichtlichen Disziplinarverfahrens gegen Oberst i.G. A. Der Informationsanspruch aus § 20 SGleiG sei auf die zur Erfüllung der Aufgaben der militärischen Gleichstellungsbeauftragten erforderlichen Informationen begrenzt. Ihr Aufgabenbereich ergebe sich aus § 19 Abs. 1 SGleiG, wonach auch der Beschäftigtenschutz vor sexueller Belästigung im Dienst erfasst sei. Nach der Gesetzesbegründung seien damit in erster Linie Maßnahmen der Prävention gemeint. Eine Mitwirkung im repressiven Bereich, also im Disziplinarverfahren, sei nicht vorgesehen. Hierfür bedürfe es einer ausdrücklichen Ermächtigungsgrundlage, weil § 9 WDO enge Grenzen für eine Auskunftserteilung setze. Dementsprechend seien in der ZDv A-1442/1 stark eingeschränkte Regelungen zur Information über Disziplinarverfahren getroffen worden. Ob die vorgeschriebene Quartalsunterrichtung fehlerhaft gewesen sei, sei unerheblich, weil insoweit zunächst ein eigenes Einspruchsverfahren erforderlich sei. Schließlich bezögen sich die Vorwürfe gegen Oberst i.G. A. auf Ereignisse in seiner Vorverwendung, so dass allenfalls die militärische Gleichstellungsbeauftragte dieser Dienststelle zuständig sei.

12 Auf die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat die Rechtsbeschwerde mit Beschluss vom 6. Januar 2021, zugestellt am 18. Januar 2021, zugelassen.

13 In ihrer am 18. Februar 2021 beim Bundesverwaltungsgericht eingegangenen Begründung macht die Antragstellerin geltend, dass sie unzureichend beteiligt worden sei. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der allgemeine Unterrichtungsanspruch der Vertrauensperson über die Fälle der förmlichen Beteiligung hinaus nach § 20 Abs. 1 SBG für die allgemeinen Aufgaben der Vertretung greife, sei auf den Unterrichtungsanspruch aus § 20 SGleiG zu übertragen. Ihr Aufgabenbereich sei in mehrfacher Hinsicht betroffen. Werde ihr - wie hier - eine für die fragliche Maßnahme relevante Information über anhängige Disziplinarverfahren verschwiegen, könne sich die Dienststelle auf einen fehlenden Antrag nach § 19 Abs. 1 Satz 4 SGleiG nicht berufen, weil sie die Antragstellung in unzulässiger Weise behindert und vereitelt habe. Im Übrigen sei der Antrag auf Beteiligung nicht formgebunden. Es stelle sich auch die Frage, ob Disziplinarverfahren mit Bezug zu den Tätigkeitsfeldern der Gleichstellungsbeauftragten zu den personellen Maßnahmen nach § 19 Abs. 1 Satz 2 SGleiG zählten. Sie begehre zudem keine Mitwirkung im Verfahren nach der Wehrdisziplinarordnung, sondern eine Unterrichtung über eine Personalmaßnahme, für deren Beurteilung das Disziplinarverfahren von entscheidender Bedeutung sei. Im Übrigen beziehe sie sich auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde, in der sie Mängel der Sachverhaltsaufklärung geltend gemacht habe. So habe das Truppendienstgericht der Frage nachgehen müssen, ob ihre mündliche Nachfrage vom 30. November 2018 einen Antrag auf Mitwirkung darstelle. Außerdem habe es aufklären müssen, ob Gegenstand des Disziplinarverfahrens der Verdacht gleichstellungsrelevanter Dienstvergehen gewesen sei, und ggf. die dortigen Vorgänge beiziehen müssen. Ferner sei das rechtliche Gehör verletzt, weil ein rechtlicher Hinweis des Gerichts zu den Gesichtspunkten erforderlich gewesen sei, auf die es seine Entscheidung zu stützen beabsichtige.

14 Das Bundesministerium der Verteidigung und der Bundeswehrdisziplinaranwalt unterstützen die Rechtsbeschwerde. Das Truppendienstgericht verkenne die Beteiligungstatbestände nach §§ 19, 20 SGleiG, wenn es annehme, dass die Dienststelle bereits über die ihr gesetzlich obliegende Pflicht zur Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten hinausgegangen sei. Bei der Vorlage vom 30. November 2018 habe die Antragstellerin - wie bei der Vorlage vom 26. September 2018 - beteiligt werden müssen, da es sich um eine Personalangelegenheit handele. Mit dieser Vorlage sei das Lagebild, wie es in der ersten Vorlage dargestellt worden sei, korrigiert worden. Der Vorschlag, Oberst i.G. A für den Dienstposten abzustellen, sei nur möglich gewesen, weil dieser aufgrund einer Ausnahmegenehmigung trotz des laufenden Disziplinarverfahrens habe berücksichtigt werden können. Das Truppendienstgericht gehe außerdem rechtsfehlerhaft davon aus, dass die mündliche Information über den Sachstand dem Beteiligungsanspruch der Gleichstellungsbeauftragten genüge. Auch sei die Information zu einem Zeitpunkt erfolgt, die dem Anspruch auf frühzeitige und umfassende Unterrichtung nicht gerecht werde. Das Truppendienstgericht setze sich auch nicht mit der Frage auseinander, ob die Antragstellerin allein deshalb habe beteiligt werden müssen, weil sie bereits bei der Vorlage vom 26. September 2018 beteiligt und diese Vorlage abgeändert worden sei. Auch bei dem Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung für die Mitbetrachtung von Oberst i.G. A handele es sich um eine beteiligungspflichtige Personalangelegenheit. Eine Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten an einem laufenden Disziplinarverfahren sei nicht Gegenstand des Verfahrens.

15 Der Bundeswehrdisziplinaranwalt widerspricht der Beiziehung der Akten des gerichtlichen Disziplinarverfahrens und schließt sich im Übrigen der Stellungnahme des Bundesministeriums der Verteidigung an.

16 Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Verfahrensakten des Truppendienstgerichts haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

17 Die fristgerecht begründete (§ 22b Abs. 5 Satz 2 WBO) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

18 Der Beschluss des Truppendienstgerichts Süd vom 27. Mai 2020 ist aufzuheben und festzustellen, dass das Amt für Heeresentwicklung bei der Entscheidung über die Abstellung von Oberst i.G. A für die Besetzung des Dienstpostens Nr. ... den Informationsanspruch der Antragstellerin verletzt hat. Da es hierfür keiner weiteren Sachaufklärung bedarf, kann der Senat - auf der Grundlage der in dem angefochtenen Beschluss getroffenen tatsächlichen Feststellungen (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO) - in der Sache selbst entscheiden (§ 22a Abs. 6 Satz 2 WBO). Auf die von der Antragstellerin außerdem erhobenen Verfahrensrügen kommt es hierbei nicht an.

19 1. Das Truppendienstgericht hat den Antrag zutreffend als zulässig erachtet.

20 a) Der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten ist gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 und 7 des Gesetzes zur Gleichstellung von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr (Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetz - SGleiG) vom 27. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3822), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1626), eröffnet.

21 b) Die Antragstellerin hat keinen bestimmten Sachantrag gestellt. Ihr Rechtsschutzbegehren ist dahingehend auszulegen, dass sie die Feststellung beantragt, dass das Amt für Heeresentwicklung bei der Entscheidung über die Abstellung von Oberst i.G. A. für die Besetzung des Dienstpostens Nr. ... ihren Informationsanspruch aus § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGleiG verletzt hat.

22 Ein solcher Feststellungsantrag ist gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 SGleiG, wonach die Anrufung des Gerichts darauf gestützt werden kann, dass die Dienststelle Rechte der Gleichstellungsbeauftragten verletzt hat, statthaft. Es handelt sich dabei - analog zu der entsprechenden Regelung in § 34 Abs. 3 Nr. 1 des Gesetzes für die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesverwaltung und in den Unternehmen und Gerichten des Bundes (Bundesgleichstellungsgesetz - BGleiG) - um einen gesetzlich besonders ausgeformten Organstreit, dessen Gegenstand auf die Feststellung eines konkreten Rechtsverstoßes durch ein bestimmtes Handeln oder Unterlassen der Dienststellenleitung beschränkt ist (vgl. zu § 22 Abs. 3 Nr. 1 BGleiG a.F. BVerwG, Urteil vom 8. April 2010 - 6 C 3.09 - BVerwGE 136, 263 Rn. 12). Das vorliegende Anlassverfahren ist zudem über den Einzelfall hinaus geeignet, Inhalt und Reichweite der Aufgaben und Beteiligungsrechte der militärischen Gleichstellungsbeauftragten zu klären (zur entsprechenden Funktion des Beschwerdeverfahrens nach § 17 SBG, vertretungsrechtliche Zuständigkeiten, Befugnisse und Pflichten zu klären, vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2019 - 1 WRB 7.18 - BVerwGE 167, 235 Rn. 21 m.w.N.; für das vorgerichtliche Verfahren siehe auch § 21 Abs. 2 Satz 2 SGleiG, der die Berücksichtigung eines begründeten Einspruchs "bei weiteren vergleichbaren Fällen" anordnet).

23 2. Entgegen der Auffassung des Truppendienstgerichts ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung auch begründet. Das Amt für Heeresentwicklung hat bei der Entscheidung über die Abstellung von Oberst i.G. A zum ... den Informationsanspruch der Antragstellerin verletzt.

24 a) aa) § 20 Abs. 1 SGleiG räumt der Gleichstellungsbeauftragten zur Durchführung ihrer Aufgaben einen weitreichenden Informationsanspruch ein, der in den einzelnen Sätzen dieser Bestimmung in verschiedene Formen der Informationserteilung aufgefächert ist. Hiervon sind vorliegend der Anspruch auf unverzügliche und umfassende Unterrichtung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGleiG) und der Anspruch, die erforderlichen Unterlagen und Auskünfte zu erhalten (§ 20 Abs. 1 Satz 2 SGleiG), betroffen.

25 bb) Durch die Ausrichtung an ihren Aufgaben ist der Informationsanspruch der Gleichstellungsbeauftragten mit der Aufgabennorm des § 19 Abs. 1 SGleiG verknüpft.

26 Danach hat die Gleichstellungsbeauftragte die allgemeine Aufgabe, den Vollzug des Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetzes (sowie des Soldatinnen- und Soldaten-Gleichbehandlungsgesetzes in Bezug auf das Verbot Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts in Form von Belästigungen und sexuellen Belästigungen) in der Dienststelle zu fördern und zu unterstützen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 SGleiG). Diese allgemeine Aufgabe richtet sich auf die Ziele und Grundsätze des Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetzes (§ 1 und 2 SGleiG) und die ihrer Verwirklichung dienenden Maßnahmen zur Gleichstellung von Soldatinnen und Soldaten (Abschnitt 2 des SGleiG) und zur Vereinbarkeit von Familie und Dienst für Soldatinnen und Soldaten (Abschnitt 3 des SGleiG). Im Übrigen, also darüber hinaus, wirkt die Gleichstellungsbeauftragte bei allen personellen, organisatorischen und sozialen Maßnahmen ihrer Dienststelle mit, welche die Gleichstellung von Soldatinnen und Soldaten, die Vereinbarkeit von Familie und Dienst sowie den Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betreffen (§ 19 Abs. 1 Satz 2 SGleiG). Die Gleichstellungsbeauftragte ist bei alledem, nicht nur in den hervorgehobenen Beispielsfällen, frühzeitig zu beteiligen (§ 19 Abs. 1 Satz 3 SGleiG). Bei Entscheidungen über Versetzungen, Kommandierungen und Beförderungen hat sie auf ihren Antrag hin das Recht auf Beteiligung (§ 19 Abs. 1 Satz 4 SGleiG).

27 b) Das Truppendienstgericht hat verkannt, dass der Informationsanspruch der Antragstellerin vorliegend in mehrfacher Hinsicht verletzt wurde.

28 aa) Die Abstellung von Oberst i.G. A für einen hervorgehobenen Dienstposten beim ... stellt eine personelle Maßnahme dar, bei der die Antragstellerin mitzuwirken hatte und an der sie deshalb frühzeitig zu beteiligen war (§ 19 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGleiG). Der Aufgabenbereich der Antragstellerin war betroffen, weil gegen Oberst i.G. A disziplinare Ermittlungen und ein anschließendes gerichtliches Disziplinarverfahren wegen des Vorwurfs der verbalen sexuellen Belästigung anhängig war; damit berührt die Entscheidung über die weitere Verwendung von Oberst i.G. A die Aufgabe des Schutzes vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Zu der hier gegenständlichen personellen Maßnahme gehört nicht nur die Entscheidungsvorlage für den Chef des Stabes vom 30. November 2018, mit der Oberst i.G. A als (einziger) Kandidat für die Besetzung des Dienstpostens benannt wurde. Sie umfasst als vorbereitendes Element auch den Antrag auf Erteilung einer Ausnahme von dem grundsätzlichen Ausschluss der Teilnahme an einer besonderen Auslandsverwendung, die während eines schwebenden Disziplinarverfahrens besteht (Nr. 412 Punkt 1 Zentralerlass B-1300/51).

29 bb) Bei dieser Maßnahme war die Antragstellerin daher frühzeitig zu beteiligen (§ 19 Abs. 1 Satz 2 SGleiG) und hierzu unverzüglich zu unterrichten (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGleiG). Entgegen der Auffassung des Truppendienstgerichts ist dies nicht geschehen.

30 Die frühzeitige Beteiligung und unverzügliche Unterrichtung soll der Gleichstellungsbeauftragten den zeitnahen Kenntnisstand verschaffen, den sie für ihre Mitwirkung bereits an der Entscheidungsfindung der Dienststelle benötigt; eine mit der Personalvertretung zeitgleiche Unterrichtung durch die Dienststelle über vorgesehene und bereits beschlossene Maßnahmen soll dadurch für den Aufgabenbereich der Gleichstellungsbeauftragten ausgeschlossen werden (vgl. BT-Drs. 15/3918, S. 25). Die Information hat demnach so rasch zu erfolgen, dass die Gleichstellungsbeauftragte in die Lage versetzt wird, von der ihr gesetzlich eingeräumten Gelegenheit zur aktiven Teilnahme an allen Entscheidungsprozessen zu personellen, organisatorischen und sozialen Angelegenheiten (§ 20 Abs. 1 Satz 3 SGleiG) effektiven Gebrauch zu machen. Dies setzt voraus, dass die Gleichstellungsbeauftragte in ihrem Aufgabenbereich auch in zeitlicher Hinsicht stets auf dem gleichen Informationsstand wie die Leitung der Dienststelle gehalten wird, weil sie andernfalls die ihr obliegende Mitwirkung im Entscheidungsprozess, vor allem durch Beratung der Dienststellenleitung, nicht sachgerecht erbringen kann.

31 Dafür genügte es nicht, wie das Truppendienstgericht meint, dass die Antragstellerin die erste Entscheidungsvorlage vom 26. September 2018 mitgezeichnet hat. Denn diese Vorlage kommt zu dem Ergebnis, dass von den ursprünglich betrachteten 23 Personen nur fünf namentlich genannte Oberste in Frage kämen, von denen aktuell keiner die Besetzungsvoraussetzungen erfülle; unter diesen befindet sich nicht Oberst i.G. A. Dieser war, wie sich aus der vom Truppendienstgericht herangezogenen Entscheidungsvorlage vom 30. November 2018 ergibt, wegen des laufenden disziplinaren Ermittlungsverfahrens bis dahin nicht mitbetrachtet worden. Unabhängig davon, dass die Antragstellerin nicht bloß einmalig zu Beginn einer beteiligungspflichtigen Angelegenheit zu informieren, sondern kontinuierlich auf dem Laufenden zu halten ist, war eine Unterrichtung darüber, dass nunmehr eine Abstellung von Oberst i.G. A beabsichtigt wird, umso mehr angezeigt, als gerade mit dieser Person der Aufgabenbereich der Gleichstellungsbeauftragten unmittelbar berührt wurde. Denn wegen der laufenden disziplinaren Ermittlungen war zu prüfen, ob von dieser Person in der in Rede stehenden Position die Gefahr sexueller Belästigungen von Kameraden oder Kameradinnen ausging. Die Information der Antragstellerin über diese wesentliche Veränderung der personellen Überlegungen hätte erfolgen müssen, noch bevor die Ausnahme für die Teilnahme an einer besonderen Auslandsverwendung trotz des schwebenden Disziplinarverfahrens beantragt wurde; bereits bei der Vorbereitung eines Ausnahmeantrages wäre die Antragstellerin zu beteiligen gewesen.

32 Nicht mehr unverzüglich, sondern deutlich verspätet war deshalb die vom Truppendienstgericht festgestellte mündliche Information der Antragstellerin durch den S 1-Stabsabteilungsleiter am 30. November 2018. Denn zu diesem Zeitpunkt war ausweislich der Entscheidungsvorlage vom 30. November 2018 der Ausnahmeantrag für Oberst i.G. A bereits gestellt und genehmigt. Außerdem erfolgte die Unterrichtung über die entscheidungsreife Vorlage, unmittelbar bevor diese dem Chef des Stabes zur Entscheidung übermittelt wurde; tatsächlich erfolgte die Meldung von Oberst i.G. A an das Einsatzführungskommando für die Teilnahme an der Führereinweisung noch am selben Tage um die Mittagszeit. Der Antragstellerin wurde durch die verspätete Unterrichtung damit entgegen § 20 Abs. 1 Satz 2 SGleiG die Möglichkeit genommen, an dem Entscheidungsprozess aktiv teilzunehmen und an der Entscheidungsfindung mitzuwirken.

33 cc) Die Unterrichtung der Antragstellerin war auch nicht deshalb unnötig, weil bei Entscheidungen über Versetzungen, Kommandierungen und Beförderungen ein Recht auf Beteiligung nur auf Antrag hin besteht (§ 19 Abs. 1 Satz 4 SGleiG) und ein solcher Antrag nach den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Beschlusses nicht gestellt war.

34 Dem Truppendienstgericht ist zwar darin zu folgen, dass sich das Antragserfordernis auch auf personelle Einzelmaßnahmen erstreckt, die - wie hier die Abstellung von Oberst i.G. A - der maßgeblichen Vorbereitung einer dann vom Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr zu verfügenden Kommandierung dienen. Die Gleichstellungsbeauftragte kann jedoch nur dann sachgerecht beurteilen, ob sie einen Antrag auf (weitere) Beteiligung stellen will, wenn sie vorweg Kenntnis über das Ob und den wesentlichen Inhalt der Personalmaßnahme hat, die von der Dienststelle in Erwägung gezogen wird. Diese - die Antragstellung überhaupt erst ermöglichende - Information ist der Gleichstellungsbeauftragten von der Dienststelle unaufgefordert im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung (§ 19 Abs. 1 Satz 3 SGleiG) zu erteilen. Wird dies wie im Falle der Antragstellerin unterlassen, so kann der Gleichstellungsbeauftragten das Fehlen eines Antrags nicht entgegengehalten werden.

35 Auf die Verfahrensrüge der Antragstellerin, das Truppendienstgericht habe der Frage nachgehen müssen, ob ihre mündliche Nachfrage beim S 1-Abteilungsleiter vom 30. November 2018 einen Antrag auf Mitwirkung dargestellt habe, kommt es deshalb nicht an. Grundsätzlich sind jedoch Anträge auf Beteiligung, weil § 19 Abs. 1 Satz 4 SGleiG hierzu keine Aussage trifft, an keine bestimmte Form gebunden.

36 dd) Die vom Truppendienstgericht festgestellte "zumindest mündliche" Information durch den S 1-Stabsabteilungsleiter "über den Sachstand und die Ergebnisse der Prüfungen" stellte schließlich auch keine umfassende Unterrichtung der Antragstellerin im Sinne von § 20 Abs. 1 Satz 1 SGleiG dar.

37 Ebenso wie das Erfordernis der unverzüglichen Unterrichtung in zeitlicher Hinsicht dient das Erfordernis der umfassenden Unterrichtung in sachlicher Hinsicht dazu, die Gleichstellungsbeauftragte in ihrem Aufgabenbereich fortlaufend auf dem gleichen Informationsstand wie die Leitung der Dienststelle zu halten, um ihr eine sachgerechte Mitwirkung im Entscheidungsprozess zu ermöglichen. Dies schließt es nicht aus, dass im Einzelfall eine mündliche Unterrichtung ausreichend sein kann. Sofern die Dienststelle, wie hier, jedoch in einem beteiligungspflichtigen Entscheidungsprozess auf schriftliche Unterlagen (einschließlich Unterlagen in elektronischer Form) zurückgreift oder die Entscheidung durch solche Unterlagen vorbereitet, sind diese auch der Gleichstellungsbeauftragten zur Verfügung zu stellen (§ 20 Abs. 1 Satz 2 SGleiG). Der Antragstellerin hätten deshalb insbesondere der Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für Oberst i.G. A, die erteilte Ausnahmegenehmigung und die Entscheidungsvorlage vom 30. November 2018 einschließlich etwaiger vorhandener vorbereitender Materialien (unverzüglich) in der von der Dienststelle verwendeten Form zugänglich gemacht werden müssen.

38 ee) Ferner hätte die Dienststellenleitung die Gleichstellungsbeauftragte über den Inhalt der disziplinarischen Anschuldigung informieren müssen. Besteht bei Dienststellenleitung und Gleichstellungsbeauftragter ein unterschiedlicher Informationsstand, so macht es der Anspruch der Gleichstellungsbeauftragten auf umfassende Unterrichtung aus § 20 Abs. 1 Satz 1 SGleiG erforderlich, dass ihr nicht nur die für die Dienststellenleitung gefertigte Vorlage, sondern die zu deren Verständnis darüber hinaus objektiv erforderlichen Unterlagen zugänglich gemacht werden. Dieser zum Informationsanspruch des Personalrats anerkannte Grundsatz (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Januar 1994 - 6 P 21.92 - BVerwGE 95, 73 <78>) gilt auch für das Informationsrecht der Gleichstellungsbeauftragten. Daher wäre es - entgegen der Auffassung des Truppendienstgerichts - erforderlich gewesen, der Antragstellerin auch die Anschuldigungsschrift gegen Oberst i.G. A vorzulegen oder sie in anderer Weise umfassend über deren Inhalt zu informieren. Dem steht nicht entgegen, dass eine Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten an Wehrdisziplinarverfahren gesetzlich nicht vorgesehen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. November 2011 - 2 WRB 1.11 - Buchholz 449.7 § 27 SBG Nr. 7 LS 2 und Rn. 17 f.). Der Antragstellerin geht es nicht um eine Beteiligung an dem gerichtlichen Disziplinarverfahren gegen Oberst i.G. A, sondern darum, im Rahmen ihrer Mitwirkung an der beteiligungspflichtigen (§ 19 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGleiG; siehe oben II.2.b.aa) Entscheidung über die Abstellung von Oberst i.G. A die erforderlichen Unterlagen zu erhalten.

39 Der Herausgabe der Anschuldigungsschrift steht § 9 WDO nicht entgegen. Das Amt für Heeresentwicklung zählt zu den Dienststellen im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (vgl. Dau/Schütz, WDO, 7. Aufl. 2017, § 9 Rn. 10), an die Unterlagen aus gerichtlichen Disziplinarverfahren übermittelt werden dürfen, soweit dies - wie hier - zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Empfängers liegenden Aufgaben erforderlich ist (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 WDO). Hatte die Dienststellenleitung des Amts für Heeresentwicklung demnach die Anschuldigungsschrift (oder Auszüge daraus) erhalten, um die Entscheidung über die Abstellung von Oberst i.G. A vorzubereiten und für ihn eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen, so waren diese Unterlagen, um einen gleichen Informationsstand herzustellen, auch der Antragstellerin zur Verfügung stellen. Anderenfalls hätten diese Unterlagen zur Vorbereitung einer sachgerechten Entscheidung angefordert werden müssen.

40 Dies bestätigt auch § 20 Abs. 1 Satz 4 SGleiG, wonach die Gleichstellungsbeauftragte im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben im Einzelfall Einsichtsrecht in die entscheidungsrelevanten Teile von Personalakten mit Ausnahme von Gesundheitsunterlagen hat (ebenso § 29 Abs. 1 Satz 2 SG i.V.m. § 107 Abs. 1 Satz 3 BBG). Da die Anschuldigungsschrift als entscheidungsrelevanter Inhalt der Personalakte (Nr. 1406 Zentralvorschrift A1-1480/0-5001) der Antragstellerin zugänglich wäre, stehen Gesichtspunkte des Persönlichkeits- oder Datenschutzes einer Kenntnisnahme im Rahmen der Mitwirkung an einer Personalmaßnahme nicht entgegen.

41 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 22a Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 und § 20 Abs. 1 Satz 1 WBO.