Verfahrensinformation
Anwohner aus Zeuthen und aus Mahlow klagen auf Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses „Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld“ vom 13. August 2004, hilfsweise auf Untersagung des unabhängigen Parallelbetriebs auf den beiden Start- und Landebahnen. Sie machen geltend, dass der Planfeststellungsbeschluss an einem grundlegenden Fehler leide, weil das beklagte Land Brandenburg (Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft) und die beigeladene Flughafen Berlin Brandenburg GmbH die Auswirkungen des Flugbetriebs wider besseres Wissen ausgehend von geradlinigen und nicht ‑ wie für den unabhängigen Bahnbetrieb geboten ‑ von um mindestens 15° divergierenden Abflugstrecken ermittelt und in die Abwägung eingestellt hätten.
Pressemitteilung Nr. 77/2012 vom 31.07.2012
Flughafen Berlin Brandenburg: Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau des Flughafens hat Bestand - Klagen wegen behaupteter Täuschung über Flugrouten abgewiesen
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute die Klagen der Gemeinde Kleinmachnow, einer Wohnungsbaugesellschaft und von insgesamt 21 Anwohnern gegen den Planfeststellungsbeschluss „Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld“ vom 13. August 2004 abgewiesen.
Die erste Gruppe von Klägern hat im Dezember 2010 bzw. März 2011 Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss erhoben und Wiedereinsetzung in die Klagefrist beantragt. Zur Begründung haben sie geltend gemacht, das beklagte Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft des Landes Brandenburg und die beigeladene Flughafen Berlin Brandenburg GmbH seien im Planfeststellungsverfahren wider besseres Wissen von nicht realistischen Abflugrouten ausgegangen und hätten sie dadurch vorsätzlich über die Auswirkungen des Fluglärms getäuscht.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung abgelehnt und die Klagen als verfristet abgewiesen. Ist - wie hier - seit dem Ende der Klagefrist mehr als ein Jahr verstrichen, ist der Wiedereinsetzungsantrag nur zulässig, wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 60 Abs. 3 VwGO). Ein Fall höherer Gewalt wäre hier allenfalls dann gegeben, wenn der Beklagte bei den Klägern einen Irrtum über die Möglichkeit der eigenen Betroffenheit oder die hinreichenden Erfolgsaussichten einer Klage erregt oder arglistig über einen für den Erfolg der Klage relevanten Umstand getäuscht hätte.
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Kläger hätten jedenfalls innerhalb der Jahresfrist zulässige Klagen erheben können. Da die Flugrouten nicht im Planfeststellungsverfahren zusammen mit der Entscheidung über den Ausbau des Flughafens, sondern vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung durch Rechtsverordnung festgelegt werden, kann unabhängig von der für das Planfeststellungsverfahren erstellten Flugroutenprognose jeder Klage gegen die Anlegung oder den Ausbau eines Flughafens erheben, der durch Fluglärm abwägungserheblich betroffen werden kann. Das ist der Fall, wenn sein Grundstück innerhalb des Einwirkungsbereichs des Flughafens liegt und weder aus tatsächlichen noch rechtlichen Gründen auszuschließen ist, dass ein zu seiner Betroffenheit führendes Flugverfahren festgelegt wird. Über die Möglichkeit einer solchen Betroffenheit hat der Beklagte bei den Klägern keinen Irrtum erregt. Er hat zwar nicht offen gelegt, dass die Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) für einen unabhängigen Bahnbetrieb nicht parallele, sondern aus Sicherheitsgründen um mindestens 15° divergierende Abflugrouten planen würde; die Festlegung divergierender Abflugrouten war aber unabhängig hiervon nicht ausgeschlossen. Dies war auch nicht nur eine theoretische Möglichkeit.
Die Kläger durften auch nicht annehmen, dass eine Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss in der Sache keine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben würde. Wie die fristgerecht erhobenen Klagen gezeigt haben, war die Standortentscheidung unabhängig von dem 15°-Erfordernis einer Vielzahl grundsätzlicher Einwendungen ausgesetzt.
Der Beklagte hat die Kläger auch nicht arglistig über einen für den Erfolg der Klage relevanten Umstand getäuscht. Der Planfeststellungsbeschluss leidet wegen der Nichtberücksichtigung der 15°-Divergenz nicht an einem Abwägungsfehler, der zu seiner Aufhebung geführt hätte. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 13. Oktober 2011 zum Nachtflugbetrieb (BVerwG 4 A 4001.10 Rn. 159) dargelegt hat, war die für den abhängigen Bahnbetrieb erstellte Grobplanung der Flugrouten ausreichend, um die Lärmbetroffenheiten auch bei unabhängigem Bahnbetrieb abzuschätzen.
Die von den Klägern vorgelegten Urkunden, insbesondere das sogenannte Herberg-Schreiben und das zuletzt vorgelegte Protokoll einer Koordinierungssitzung der Beigeladenen, führen nicht zu einer anderen Beurteilung des Planfeststellungsbeschlusses. Da die Grobplanung mit geradlinigen Abflugrouten für die Abwägung ausreichend war, durften bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit einer neuen Grobplanung auch verfahrensökonomische Erwägungen berücksichtigt werden. Der Behauptung der Kläger, man habe der Abwägung die geraden Abflugrouten zugrunde gelegt, weil man befürchtete, dass sich der Standort Schönefeld bei Zugrundelegung abknickender Abflugrouten nicht mehr durchsetzen lassen würde, musste der Senat nicht nachgehen. Die Motive und Vorstellungen der Entscheidungsträger hätten nach den gesetzlichen Regelungen angesichts des in der Sache vertretbaren Ergebnisses allenfalls dann zu einem Erfolg der Klagen führen können, wenn sie offensichtlich wären, d.h. sich aus den vorliegenden Verwaltungsvorgängen, der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses oder sonstigen Unterlagen ergäben. Für die Behauptung der Kläger gibt es jedoch weder in den Verwaltungsvorgängen noch in den von ihnen vorgelegten Urkunden Anhaltspunkte. Die behaupteten Motive lagen in der damaligen Planungssituation - noch vor Stellung des Planfeststellungsantrags - im Übrigen auch nicht nahe.
Eine zweite Gruppe von Klägern hatte bereits 2004 Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss erhoben. Mit ihren im Januar 2011 erhobenen Restitutionsklagen haben sie beantragt, das rechtskräftige Urteil des Senats vom 16. März 2006 aufzuheben und ihr damaliges Klageverfahren wiederaufzunehmen. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Klagen als zulässig angesehen, aber das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes verneint. Ein solcher läge hier nur vor, wenn die von den Klägern vorgelegten Urkunden eine ihnen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden. Das ist nicht der Fall. Dass die DFS für den unabhängigen Bahnbetrieb nicht an den parallelen Abflugrouten festhalten, sondern divergierende Abflugrouten planen würde, war nicht neu; dies ergab sich bereits aus den in den damaligen Verwaltungsvorgängen vorhandenen Schreiben der DFS. Die sich aus den Urkunden ergebenden neuen Tatsachen, insbesondere die Existenz des Herberg-Schreibens, führen nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung des Planfeststellungsbeschlusses.
Die dritte und letzte Gruppe von Klägern hat beantragt, den bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss zurückzunehmen, hilfsweise den unabhängigen Parallelbetrieb der beiden Start- und Landebahnen zu untersagen. Diese Klagen hat das Bundesverwaltungsgericht als unbegründet abgewiesen. Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an einem Rechtsfehler, der zu einem Rücknahmeanspruch führen könnte. Der Beklagte hat die Planunterlagen allerdings nicht in allen Gemeinden ausgelegt, in denen dies erforderlich gewesen wäre. Im Planfeststellungsverfahren muss jeder beteiligt werden, der nach den zur Klagebefugnis dargelegten Kriterien abwägungserheblich betroffen werden kann. Die Planunterlagen hätten jedenfalls in Teltow, ausgehend von der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Schwelle zur Abwägungserheblichkeit vermutlich auch in Kleinmachnow, möglicherweise darüber hinaus in einzelnen weiteren Gemeinden ausgelegt werden müssen. Die genaue Abgrenzung des Auslegungsgebiets kann offen bleiben, denn der Fehler bei der Auslegung ist für die Zulassung des Vorhabens nicht kausal geworden. Gleiches gilt für einen weiteren Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung. Der Untersuchungsraum „Mensch“ hätte ebenfalls nicht auf der Grundlage der prognostizierten Flugrouten abgegrenzt werden dürfen; er hätte den gesamten Einwirkungsbereich des Flughafens umfassen müssen. Die Berücksichtigung der fehlenden Kausalität begegnet keinen unionsrechtlichen Bedenken. Der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie, die einer Kausalitätsprüfung möglicherweise entgegenstehen könnte, sind Vorgaben für ein nach nationalem Recht zusätzlich zur Anfechtung eröffnetes Rücknahmeverfahren nicht zu entnehmen.
Im Übrigen ist die Zulassung des Vorhabens am Standort Schönefeld - wie dargelegt - rechtmäßig. Ein etwaiger Abwägungsmangel bei der Auswahl der Bahnkonfiguration würde die Kläger nicht in eigenen Rechten verletzen. Als maßgeblich hat der Beklagte nur Betroffenheiten bis hinab zu einem Dauerschallpegel von 62 dB(A) angesehen. Dieser Wert wird bei den Klägern nicht erreicht. Eine Untersagung des unabhängigen Parallelbetriebs können die Kläger ebenfalls nicht verlangen; die Zulassung des Vorhabens mit dem Ziel, einen unabhängigen Parallelbetrieb beider Bahnen zu ermöglichen, ist rechtmäßig.
BVerwG 4 A 5000.10 - Urteil vom 31. Juli 2012
BVerwG 4 A 5001.10 - Urteil vom 31. Juli 2012
BVerwG 4 A 5002.10 - Urteil vom 31. Juli 2012
BVerwG 4 A 7000.11 - Urteil vom 31. Juli 2012
BVerwG 4 A 6001.11 - Urteil vom 31. Juli 2012
BVerwG 4 A 6002.11 - Urteil vom 31. Juli 2012
BVerwG 4 A 7001.11 - Urteil vom 31. Juli 2012
BVerwG 4 A 7002.11 - Urteil vom 31. Juli 2012
BVerwG 4 A 7003.11 - Urteil vom 31. Juli 2012
Beschluss vom 29.03.2011 -
BVerwG 4 A 7001.11ECLI:DE:BVerwG:2011:290311B4A7001.11.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 29.03.2011 - 4 A 7001.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:290311B4A7001.11.0]
Beschluss
BVerwG 4 A 7001.11
In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. März 2011
durch die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp
als Berichterstatterin gemäß § 87a Abs. 1 und 3 VwGO
beschlossen:
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Verfahren vorläufig auf 15 000 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 und § 63 Abs. 1 GKG).
Urteil vom 31.07.2012 -
BVerwG 4 A 7001.11ECLI:DE:BVerwG:2012:310712U4A7001.11.0
Leitsätze:
1. Im luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsverfahren muss jeder beteiligt werden und Einwendungen erheben können, der durch Fluglärm abwägungserheblich betroffen werden kann, weil sein Grundstück innerhalb des Einwirkungsbereichs des Flughafens liegt und weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen auszuschließen ist, dass ein zu seiner Betroffenheit führendes Flugverfahren festgelegt wird.
2. Die Umweltverträglichkeitsprüfung muss sich räumlich auf den gesamten Einwirkungsbereich des Flughafens erstrecken, in dem abwägungserhebliche Auswirkungen des Vorhabens möglich sind.
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Rechtsquellen
VerkPBG § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 5 Abs. 1, § 11 Abs. 2 VwVfG § 45, § 46, § 48 Abs. 1, § 49, § 51, § 72 Abs. 1, § 73 Abs. 2, Abs. 5, § 75 Abs. 2 UVPG § 2 Abs. 1, § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4, § 9 Abs. 1, Abs. 3 Satz 3, § 14f Abs. 3 Satz 3, § 16 Abs. 2 und 4 LuftVG § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 3, § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4, Abs. 8, § 32 Abs. 4 Nr. 8, Abs. 4c LuftVO § 27a Abs. 2 UVP-RL Art. 6, Art. 11 UVP-RL a.F. Art. 6, Art. 10a Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung (LEP FS 2003) -
Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 31.07.2012 - 4 A 7001.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:310712U4A7001.11.0]
Urteil
BVerwG 4 A 7001.11
In den Verwaltungsstreitsachen hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juli 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Jannasch,
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp und Dr. Bumke und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz
für Recht erkannt:
- Die Klagen werden abgewiesen.
- Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen zu 1 tragen die Kläger jedes Verfahrens - jeweils gesamtschuldnerisch - 1/3. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2 und 3 sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
I
1 Die Kläger begehren mit ihrem Hauptantrag die Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses „Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld“ vom 13. August 2004 (PFB) i.d.F. des Planergänzungsbeschlusses „Lärmschutzkonzept BBI“ vom 20. Oktober 2009 (PEB), mit ihrem Hilfsantrag eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um ein Verbot des unabhängigen Parallelbetriebs der beiden Start- und Landebahnen. Die Kläger sind Eigentümer selbstgenutzter Wohngrundstücke. Die Grundstücke der Kläger der Verfahren BVerwG 4 A 7001.11 und 7003.11 liegen jeweils in Zeuthen und zwar etwa 7,5 bzw. 9 km östlich der Mitte der Südbahn. Das Grundstück der Kläger des Verfahrens BVerwG 4 A 7002.11 liegt in Mahlow, Siedlung ..., etwa 7,5 km westlich der Mitte der Nordbahn.
2 Im Planfeststellungs- und im Planergänzungsverfahren wurden die Auswirkungen des Flugbetriebs ausgehend von einer Grobplanung der An- und Abflugrouten ermittelt, die die Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) im November 1997 bzw. März 1998 im Rahmen einer beim Beklagten eingerichteten „Arbeitsgruppe An- und Abflugverfahren EDDB“ erstellt hatte. Die Abflugrouten sollten hiernach in beiden Betriebsrichtungen zunächst mehrere Kilometer parallel in gerader Verlängerung der jeweiligen Bahn verlaufen. Die DFS ging bei dieser Grobplanung, ohne hierauf ausdrücklich hinzuweisen, davon aus, dass die beiden Bahnen des Flugplatzes nicht unabhängig voneinander genutzt werden sollten. Mit Schreiben vom 20. August 1998 kam sie auf eine Prüfbitte der Arbeitsgruppe zurück und teilte mit, dass der vorgesehene Achsabstand (1 900 m) und der Schwellenversatz (1 250 m) keine nachteiligen Auswirkungen auf die gleichzeitige unabhängige Durchführung des IFR-Flugverkehrs hätten. Zugleich wies sie „deutlich“ darauf hin, dass die gleichzeitige unabhängige Durchführung von IFR-Abflügen von beiden Pisten unmittelbar nach dem Start eine Divergenz der Abflugkurse von mindestens 15° erfordere. Ebenso müssten die Abflugkurse um mindestens 30° von den Fehlanflugkursen der jeweils anderen Piste abweichen. Da derartige Präzisierungen in der übergebenen Grobplanung nicht berücksichtigt worden seien, sei bei der weiteren Verwendung dieser Unterlagen ein entsprechender Toleranzbereich zu berücksichtigen. Der Beklagte bat die Projektplanungsgesellschaft (PPS) als Rechtsvorgängerin der Vorhabenträgerin, der Beigeladenen zu 1, diese Vorgaben der DFS bei den weiteren Planungen zu berücksichtigen. Die PPS erwiderte, dass sie die Forderung der DFS bei der Konstruktion der Standard Instrument Departures (SID) nicht berücksichtigt habe. Sie gehe davon aus, dass die Hinweise der DFS nicht zu einer Veränderung der Streckengeometrie führten; anderenfalls müsste kurzfristig ein Klärungsgespräch mit der DFS herbeigeführt werden. Ein solches Gespräch fand am 29. September 1998 bei der DFS in Offenbach statt; ein Ergebnisprotokoll liegt nicht vor. In einem nicht zu den Verwaltungsvorgängen gelangten Schreiben vom 7. Oktober 1998 (im Folgenden: H.-Schreiben) wandte sich der Geschäftsführer der PPS, Herr Dr. H., an den Unterabteilungsleiter Herrn E. im Bundesverkehrsministerium mit der Bitte um Unterstützung bei der Lösung eines Problems mit der DFS. In einer schriftlichen Stellungnahme zum Datenerfassungssystem habe die DFS festgestellt, dass bei gleichzeitiger unabhängiger Durchführung von IFR-Abflügen eine Divergenz der Abflugkurse von 15° erforderlich werde. Das Ministerium werde gebeten, Einfluss auf die DFS dahingehend zu nehmen, dass diese ihre Stellungnahme zum vorliegenden Datenerfassungssystem modifiziere. Die DFS nahm mit Schreiben vom 26. Oktober 1998 unter Bezugnahme auf die Besprechungen vom 30. März und 29. September 1998 erneut Stellung. Sie legte dar, dass die von der PPS zugrunde gelegte Streckengeometrie grundsätzlich den derzeitigen Planungen der DFS entspreche. IFR-Anflüge könnten bei dem geplanten Bahnabstand unabhängig voneinander durchgeführt werden. Sie wies jedoch darauf hin, dass, um parallele Abflüge gleichzeitig von beiden Pisten zu gewährleisten, generell eine Divergenz der Abflugwege von 15° erforderlich wäre. Dies bedeute, dass es bei den vorliegenden Abflugverfahren während der Verkehrsspitzen zu Abflugverzögerungen kommen könne. Weiter wies sie darauf hin, dass die Flugverfahren nicht Gegenstand einer Planfeststellung seien, sondern jederzeit optimiert werden könnten. Die Festlegung der für die Inbetriebnahme des neuen Bahnsystems notwendigen Flugverfahren werde erst kurz vor Betriebsaufnahme erfolgen.
3 In der Folgezeit erstellte die PPS die Planunterlagen auf der Grundlage der von der DFS erstellten Grobplanung der Flugrouten; den Gutachten zu den flugroutenabhängigen Auswirkungen des Flugbetriebs liegt ebenfalls diese Grobplanung zugrunde.
4 Im Anhörungsverfahren gab die DFS am 3. Juli 2000 eine Stellungnahme als Trägerin öffentlicher Belange ab. Sie wiederholte fast wortgleich den Inhalt ihrer Stellungnahme vom 26. Oktober 1998.
5 Im Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 legte der Beklagte dar, dass die Herstellung eines unabhängig benutzbaren Parallelbahnsystems ein wesentlicher Grund für den Ausbau des Flughafens sei. Um das den Planungen zugrunde liegende Verkehrsaufkommen von 360 000 Flugbewegungen bewältigen zu können, sei es erforderlich, dass die beiden Bahnen unabhängig voneinander betrieben werden könnten (PFB S. 336 Abs. 1, 409 Abs. 5). Er wies darauf hin, dass die Flugrouten in einem separaten Verfahren festgelegt würden. Die dem Datenerfassungssystem (DES) zugrunde gelegten Flugrouten bezeichnete er als „durchaus plausible und auch hinreichend konkrete Grundlage für die Ermittlung der Auswirkungen des Ausbauvorhabens“ (PFB S. 414). Auch die Schutz- und Entschädigungsgebiete legte er auf der Grundlage dieser Flugrouten fest. Bei geänderten An- und Abflugverfahren behielt er sich vor, die festgelegten Schutz- und Entschädigungsgebiete neu auszuweisen, wenn sich der Dauerschallpegel an der äußeren Grenze des Schutzgebiets an den Schnittpunkten mit den An- und Abflugstrecken um mehr als 2 dB(A) ändert (A II 5.1.9 Nr. 1 PFB).
6 Am 6. September 2010 stellte die DFS der Fluglärmkommission eine neue Flugroutenplanung vor; danach sollten die von der Nordbahn startenden Flugzeuge in Betriebsrichtung Westen um erheblich mehr als 15° abknicken und Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow überfliegen. Die Abflüge von der Südbahn sollten in beiden Betriebsrichtungen um etwa 15° nach Süden abknicken.
7 Mit Schreiben vom 15. Dezember 2010 beantragten die Kläger beim Beklagten, den Planfeststellungsbeschluss zurückzunehmen, hilfsweise ein Planergänzungsverfahren einzuleiten und der Beigeladenen zu 1 den unabhängigen Parallelbetrieb der beiden Start- und Landebahnen zu untersagen. Zur Begründung machten sie geltend, der Planfeststellungsbeschluss lasse unberücksichtigt, dass die ihm zugrunde liegenden geradlinigen Abflugrouten mit dem zugelassenen und bezweckten unabhängigen Parallelbetrieb unvereinbar seien; er verkenne daher die Lärmbetroffenheiten. Dies sei dem Beklagten und der Beigeladenen zu 1 von Anfang an bekannt gewesen. Daher stünden weder Vertrauensschutz noch ein Vorrang der Planergänzung bzw. nachträglicher Lärmschutzauflagen einer Rücknahme entgegen. Das Rücknahmeermessen sei zu Gunsten der Kläger auf Null reduziert. Jedenfalls stehe ihnen ein Anspruch auf Untersagung des Parallelbetriebs auf der Grundlage des Auflagenvorbehalts in A II 5.1.9 Nr. 1 PFB zu; diese Regelung sei drittschützend und ermögliche auch aktiven Schallschutz bis hin zum Teilwiderruf der Betriebsregelungen. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Nebenbestimmung lägen vor. Durch die 15°-Vorgabe seien direkte Überflüge über ihre Grundstücke absehbar. Geradlinige Abflüge könnten nur durch ein Verbot des unabhängigen Parallelbetriebs erreicht werden. Vertrauensschutzerwägungen führten auch hier zu einer Ermessensreduktion auf Null.
8 Mit Bescheiden vom 21. Februar 2011 - zugegangen am 23. Februar 2011 - lehnte der Beklagte den Haupt- und den Hilfsantrag ab. Zur Begründung führte er aus, der Planfeststellungsbeschluss sei rechtmäßig; er habe seiner Abwägung geradlinige Flugrouten zugrunde legen dürfen. Die DFS sei während des Planfeststellungsverfahrens nie von ihrer Grobplanung aus dem März 1998 abgerückt. Im Planfeststellungsbeschluss sei der vorläufige Charakter der Flugroutenprognose gesehen und ihm sei durch den Auflagenvorbehalt in A II 5.1.9 Nr. 1 PFB Rechnung getragen worden. Die Planungsüberlegungen der DFS seien auch noch nicht abgeschlossen. Die 15°-Regel sei nicht verbindlich, und die Divergenz könne auch durch Einzelfreigaben nach § 26 Abs. 2 LuftVO oder separate Flugrouten in Spitzenzeiten hergestellt werden. Eine Divergenz von 7,5° in jede Richtung in Spitzenzeiten (maximal 10 % der Abflüge) habe praktisch keine Auswirkungen auf die Lärmbelastung im Flughafenumfeld. Sollten tatsächlich divergierende Flugrouten festgesetzt werden, so werde die Planfeststellungsbehörde die Schutz- und Entschädigungsgebiete unabhängig von der in A II 5.1.9 Nr. 1 PFB eigentlich geforderten 2 dB(A)-Veränderung neu festsetzen. Für eine Untersagung des unabhängigen Parallelbetriebs bleibe kein Raum; für den Fall einer Änderung der An- und Abflugverfahren sehe A II 5.1.9 Nr. 1 PFB vorrangig die Neufestsetzung der Schutz- und Entschädigungsgebiete vor.
9 Am 23. März 2011 haben die Kläger Klage erhoben. Zur Begründung wiederholen und vertiefen sie ihre Ausführungen aus der Antragsbegründung. Ergänzend führen sie aus, die fehlerhafte Flugroutenprognose mache die Standortauswahl abwägungsfehlerhaft. Für die Standortentscheidung sei, anders als vielleicht für das Betriebskonzept, nicht das Gesamtlärmaufkommen unabhängig von dessen Verteilung ausschlaggebend gewesen, sondern die konkrete Anzahl der in der 62 dB(A)-Kontur Lebenden. Die Standortentscheidung stehe zudem unter der Voraussetzung, dass die Lärmkonflikte durch ein ordnungsgemäßes Lärmschutzkonzept bewältigt würden. Das Lärmschutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses erweise sich aber wegen der fehlerhaften Flugroutenprognose insgesamt als untauglich. Die Festsetzung der Schutz- und Entschädigungsgebiete habe der Senat bereits beanstandet. Nichts anderes gelte für die Bahnkonfiguration; bei dieser seien Lärmbetroffenheiten einwohnergenau betrachtet worden, so dass Verschiebungen der der Betrachtung zugrunde gelegten Flugrouten auch bei kleineren Veränderungen der Lärmbetroffenheiten zu Abwägungsfehlern führten. Schließlich könne nur durch die Rücknahme eine verfassungs- sowie unionsrechtswidrige Umgehung des Anhörungsrechts der Kläger verhindert werden.
10 In der mündlichen Verhandlung über Klagen gegen den Planergänzungsbeschluss am 21. September 2011 hat der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss um eine Nebenbestimmung in A II 5.1.10 PFB ergänzt. Danach sollen die Schutzgebiete den festzulegenden Flugrouten unabhängig von einer Pegelveränderung von 2 dB(A) angepasst werden. Am 10. Februar 2012 (BAnz Nr. 45 S. 1086) hat das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) die Flugverfahren für den Verkehrsflughafen Berlin Brandenburg festgelegt.
11
Die Kläger beantragen,
den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 21. Februar 2011 den Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 insoweit zurückzunehmen, als er nicht das Vorhaben der Beigeladenen zu 2 und 3 planfestgestellt hat,
hilfsweise
den Beklagten zu verpflichten, der Beigeladenen unter Aufhebung des Bescheides vom 21. Februar 2011 auf der Grundlage des Auflagenvorbehalts in Teil A II 5.1.9 Ziffer 1 Satz 1 des Planfeststellungsbeschlusses den unabhängigen Parallelbetrieb der beiden Start- und Landebahnen zu untersagen.
12
Der Beklagte und die Beigeladene zu 1 beantragen,
die Klagen abzuweisen.
13 Die Beigeladenen zu 2 und 3 haben keinen Antrag gestellt.
14 Der Beklagte ist der Auffassung, aus dem Urteil des Senats vom 13. Oktober 2011 (BVerwG 4 A 4001.10 - BVerwGE 141, 1) folge, dass neben dem Betriebskonzept auch die Standortauswahl und die Bahnkonfiguration nicht zu beanstanden seien; auch insoweit sei die Flugroutenprognose hinreichend aussagekräftig gewesen. Fehler bei der Schutzgebietsausweisung führten entgegen der Auffassung der Kläger nur zu Planergänzungsansprüchen. Hinsichtlich des Hilfsantrags bestünden bereits Bedenken gegen die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts. Die Kläger hätten auch keinen Anspruch auf Untersagung des Parallelbetriebs. A II 5.1.9 Nr. 1 PFB sehe für eine Änderung der Flugrouten ausschließlich eine Anpassung der Schutzgebiete vor. Vertrauensschutz auf einen Bestand der Flugrouten könnten die Kläger nicht beanspruchen. Eine Untersagung sei auch unverhältnismäßig.
15 Die Beigeladene zu 1 meint, die Rücknahmevorschrift des § 48 VwVfG sei auf Planfeststellungsbeschlüsse nicht anwendbar. Einer Rücknahme stehe im Übrigen die formelle und materielle Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses sowie schutzwürdiges Vertrauen der Beigeladenen in seinen Bestand entgegen. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für den Hilfsantrag sei zweifelhaft.
II
16 A. Hauptantrag
17 I. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts
18 Das Bundesverwaltungsgericht ist für die Entscheidung über den auf Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Hauptantrag gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 5 Abs. 1, § 11 Abs. 2 VerkPBG zuständig. Nach § 5 Abs. 1 VerkPBG entscheidet es im ersten und letzten Rechtszug über Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben nach § 1 VerkPBG. Die Vorschrift erfasst alle Verwaltungsstreitsachen, die einen unmittelbaren Bezug zu konkreten Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben nach § 1 VerkPBG haben (Beschlüsse vom 18. Mai 2000 - BVerwG 11 A 6.99 - Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 11 - juris Rn. 12 und vom 6. August 2001 - BVerwG 4 VR 23.01 u.a. - Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 14 - juris Rn. 4). Ein solcher unmittelbarer Bezug zum Planfeststellungsverfahren für den Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld - ein Vorhaben i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VerkPBG - ist hier gegeben. Über die Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004 wird zwar nicht im ursprünglichen Planfeststellungsverfahren, sondern in einem neuen, selbständigen Verwaltungsverfahren entschieden. Gegenstand des Rücknahmeverfahrens ist jedoch die ursprüngliche Rechtmäßig- bzw. Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses; die Rücknahme soll dem Ausbau des Flughafens mit Wirkung ex tunc die Grundlage entziehen. Dadurch unterscheidet sich eine Klage auf Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses von einer Klage auf Erlass nachträglicher Schutzauflagen nach § 75 Abs. 2 VwVfG oder auf Erlass von Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung derartiger Schutzauflagen, auf die sich die Zuständigkeit nach § 5 Abs. 1 VerkPBG nicht erstreckt (Beschluss vom 18. Mai 2000 a.a.O.; Urteil vom 10. August 2000 - BVerwG 4 A 11.99 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 158 - juris Rn. 32; Beschluss vom 24. Juni 2010 - BVerwG 9 A 36.08 - Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 18, jeweils zu § 75 Abs. 2 VwVfG; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Juni 2012 - OVG 12 S 27.12 - ZUR 2012, 505 zu Aufsichtsmaßnahmen).
19 Das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz hat die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nicht unbefristet begründet. Nach § 1 Abs. 1 VerkPBG gelten die besonderen Vorschriften des Gesetzes nur bis zum Ablauf des 17. Dezember 2006, vorbehaltlich einer Übergangsvorschrift für Vorhaben, für die - wie hier - das Planungsverfahren vor diesem Zeitpunkt begonnen wurde (§ 11 Abs. 2 VerkPBG). Die Bejahung der Zuständigkeit für zeitlich unbegrenzt mögliche Klagen auf Rücknahme eines unter Geltung des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes erlassenen Planfeststellungsbeschlusses darf nicht zu einer erstinstanzlichen Dauerzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für bestimmte Vorhaben führen. Im vorliegenden Fall ist der erforderliche unmittelbare Bezug zu einem Planfeststellungsverfahren für ein Vorhaben i.S.d. § 1 VerkPBG jedoch auch in zeitlicher Hinsicht noch gegeben.
20 II. Begründetheit
21 Die Klagen auf Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses sind zulässig, aber nicht begründet.
22 1. Anwendbarkeit des § 48 VwVfG
23 Gemäß § 1 Abs. 1 VwVfGBbg i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt der Behörden des Landes Brandenburg, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. § 48 VwVfG findet auch auf Planfeststellungsbeschlüsse Anwendung. Für § 49 VwVfG, die Vorschrift über den Widerruf von Verwaltungsakten, hat das Bundesverwaltungsgericht dies bereits entschieden (Urteil vom 21. Mai 1997 - BVerwG 11 C 1.96 - BVerwGE 105, 6 <10 ff.>). Für § 48 VwVfG gilt nichts anderes. § 72 Abs. 1 VwVfG schließt - im Gegensatz zu den ausdrücklich genannten Vorschriften wie etwa § 51 VwVfG - weder § 48 noch § 49 VwVfG von der Anwendbarkeit auf Planfeststellungsbeschlüsse aus. Auch § 9 Abs. 3 LuftVG, § 75 Abs. 2 VwVfG stehen nicht entgegen. Diese Vorschriften beschränken sich auf die Regelung der Auswirkungen der Bestandskraft von Planfeststellungsbeschlüssen; sie enthalten keine Aussage zu den in § 48 und § 49 VwVfG geregelten Durchbrechungen der Bestandskraft selbst. Schließlich kann aus dem Charakter des Planfeststellungsbeschlusses als Abwägungs- und Planungsentscheidung nicht gefolgert werden, dass er nur durch eine erneute Planungs- und Abwägungsentscheidung aufgehoben werden kann. Die Rücknahme stellt sich nicht anders als die Aufhebung im Anfechtungsverfahren nicht als planerisch-gestaltende Maßnahme, sondern lediglich als Rückführung auf den ursprünglichen Rechtszustand dar (Urteil vom 21. Mai 1997 a.a.O. <12>).
24 Der Anspruch auf Rücknahme eines Planfeststellungsbeschlusses kann allerdings nicht weitergehen als der Aufhebungsanspruch bei fristgemäßer Anfechtung; die Planerhaltungsvorschriften modifizieren auch den Rücknahmeanspruch. Mängel bei der Abwägung und Verletzungen von Verfahrens- oder Formvorschriften, die im Anfechtungsverfahren gemäß § 10 Abs. 8 Satz 1, Satz 2 Halbs. 2 LuftVG, § 1 Abs. 1 VwVfGBbg i.V.m. § 45 und § 46 VwVfG weder zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses noch zur Feststellung seiner Rechtswidrig- und Nichtvollziehbarkeit führen, begründen weder einen Anspruch auf Rücknahme noch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses.
25 2. Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses
26 Ausgehend hiervon können die Kläger weder die Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses noch eine ermessensfehlerfreie Entscheidung des Beklagten über die Rücknahme verlangen. Der Planfeststellungsbeschluss weist keinen Rechtsfehler auf, der zu einem solchen Anspruch führen könnte.
27 2.1 Verfahren
28 Der Planfeststellungsbeschluss leidet allerdings an einem Fehler bei der Öffentlichkeitsbeteiligung (2.1.1) und bei der Abgrenzung des Untersuchungsraums Mensch im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung (2.2.2). Diese Fehler sind jedoch auf das Abwägungsergebnis offensichtlich nicht von Einfluss gewesen (§ 10 Abs. 8 Satz 2 Halbs. 2 LuftVG, § 1 VwVfGBbg i.V.m. § 46 VwVfG).
29 2.1.1 Öffentlichkeitsbeteiligung
30 Der Beklagte hat die Öffentlichkeit nicht in allen Gemeinden beteiligt, in denen dies erforderlich gewesen wäre (2.1.1.1).
31 2.1.1.1 Abgrenzung des Auslegungsgebiets
32 Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LuftVG, § 73 Abs. 2 VwVfG ist der Plan - nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung (§ 73 Abs. 5 VwVfG) - in den Gemeinden auszulegen, in denen sich das Vorhaben auswirkt bzw. voraussichtlich auswirkt. Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist Einwendungen gegen den Plan erheben (§ 10 Abs. 4 Satz 1 VwVfG). Auch im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung ist die Öffentlichkeit auf diese Weise zu beteiligen (§ 9 Abs. 1 UVPG). Da die tatsächlichen Auswirkungen des Vorhabens im Zeitpunkt der Planfeststellung nicht feststehen, ist für die Bestimmung der Gemeinden, in denen der Plan auszulegen ist, eine Prognose erforderlich (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 73 Rn. 41 f.; Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 73 Rn. 30). Anders als für die Abwägung (Urteil vom 13. Oktober 2011 - BVerwG 4 A 4001.10 - BVerwGE 141, 1 Rn. 147) kann sich diese Prognose nicht auf die Betrachtung bestimmter Flugrouten beschränken, die Art und Ausmaß der zu erwartenden Betroffenheiten in der für die Abwägung relevanten Größenordnung realistisch abbilden. Die Flugverfahren werden nicht zusammen mit der Entscheidung über die Anlegung oder den Ausbau des Flughafens im Planfeststellungsverfahren, sondern in einem gesonderten Verfahren vom BAF auf der Grundlage von Vorarbeiten der DFS durch Rechtsverordnung festgelegt (§ 32 Abs. 4 Nr. 8, Abs. 4c LuftVG, § 27a Abs. 2 Satz 1 LuftVO). Müssen die Flugverfahren für ein neues Bahnsystem festgelegt werden, kann dies erst nach der Planfeststellung der neuen Bahnen geschehen; auch nach Inbetriebnahme des Bahnsystems können die Flugverfahren geändert werden. Die Ermittlung der Lärmbetroffenheiten und anderer Auswirkungen des Flugbetriebs im Planfeststellungsverfahren ist deshalb systemimmanent mit der Unsicherheit behaftet, dass die Flugrouten für die An- und Abflüge nicht feststehen (Urteil vom 13. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 147). In einer solchen Situation muss im Planfeststellungsverfahren jeder beteiligt werden und Einwendungen erheben können, der durch Fluglärm abwägungserheblich betroffen werden kann, weil sein Grundstück innerhalb des Einwirkungsbereichs des Flughafens liegt und weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen auszuschließen ist, dass ein zu seiner Betroffenheit führendes Flugverfahren festgelegt wird. Soweit es um das subjektive Recht auf fehlerfreie Abwägung der eigenen Belange geht, ist eine Repräsentation durch exemplarisch ermittelte andere Betroffene nicht möglich. Das subjektive Recht steht jedem Einzelnen zu, dessen schutzwürdige Belange mehr als geringfügig betroffen werden können. Insoweit gilt für die Öffentlichkeitsbeteiligung nichts anderes als für die Klagebefugnis (vgl. hierzu Urteil vom 31. Juli 2012 - BVerwG 4 A 5000.10 u.a. - Rn. 45 ff. <B.II.1>). Der Plan muss in allen Gemeinden ausgelegt werden, in denen abwägungserhebliche Betroffenheiten möglich sind.
33 Die Abgrenzung des Auslegungsgebiets hängt nicht nur von den Flugrouten und deren Belegung, sondern auch davon ab, wie die Schwelle zur Abwägungserheblichkeit von Fluglärm zu bestimmen ist. Ob die Abwägungserheblichkeit von Lärmbeeinträchtigungen, die einen Leq(3), Tag = 55 dB(A) nicht erreichen, von vornherein verneint werden kann, ist zweifelhaft. Der Beklagte hat dies im Planfeststellungsbeschluss jedoch auch nicht getan. Er hat, soweit es um Fluglärm geht, als voraussichtlich betroffen alle Bereiche definiert, die innerhalb der Leq(3), Tag = 55 dB(A)-Kontur oder innerhalb des Untersuchungsraums Mensch der Umweltverträglichkeitsprüfung liegen (PFB S. 319). Der Untersuchungsraum Mensch (Beiakte 430, Plan N 4.4-1) umschließt in einem Rechteck die 55 dB(A)-Kontur (Beiakte 422, Plan M 4.1-7), er geht insbesondere in seiner Längsausdehnung über diese Kontur hinaus. Für 111 innerhalb des Untersuchungsraums Mensch gelegene Immissionsorte sind die Änderungen des Dauerschallpegels ermittelt worden (Beiakte 421, Plan M 2.1-6; Beiakte 422, Gutachten M 4.1, S. 100 ff., Tabelle 10-2). Für Immissionsorte am äußersten Rand des Untersuchungsraums Mensch haben sich Dauerschallpegel bis hinab zu einem Leq(3), Tag = 50 dB(A) und vereinzelt sogar darunter ergeben. Auch diese Belastungen hat der Beklagte in die Abwägung einbezogen (PFB S. 611 - 613). Ausgehend von diesen Kriterien für die Abwägungserheblichkeit des Fluglärms - der Senat hat die Abwägung in seinem Urteil vom 16. März 2006 (BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116) insoweit nicht beanstandet - kann jedenfalls für Teltow, vermutlich auch für Kleinmachnow, möglicherweise darüber hinaus für einzelne weitere Gemeinden nicht ausgeschlossen werden, dass bei von der Grobplanung abweichenden Flugverfahren jedenfalls Teile des Gemeindegebiets von abwägungserheblichem Fluglärm betroffen werden. Die Planunterlagen hätten auch in diesen Gemeinden ausgelegt werden müssen.
34 Die genaue Abgrenzung des Auslegungsgebiets kann offen bleiben. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass sich die Kläger, in deren Gemeinden der Plan ausgelegt war, auf die fehlende Beteiligung der Öffentlichkeit in anderen Gemeinden berufen können. Denn gemäß § 10 Abs. 8 Satz 2 Halbs. 2 LuftVG, § 1 VwVfGBbg i.V.m. § 46 VwVfG kann die Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses nicht allein wegen einer Verletzung von Verfahrensvorschriften beansprucht werden, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Verfahrensfehler eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht (Urteile vom 8. Juni 1995 - BVerwG 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339 <361 f.>, vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <250>, vom 13. Dezember 2007 - BVerwG 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 Rn. 38 und vom 24. November 2011 - BVerwG 9 A 23.10 - juris Rn. 68 m.w.N. <zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen>).
35 Ausgehend von dem Abwägungskonzept, das dem Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung (LEP FS) vom 28. Oktober 2003 (GVBl Bbg II S. 593) und der Zulassung des Vorhabens im Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 zugrunde liegt, und der im Planfeststellungsverfahren erfolgten Beteiligung der Öffentlichkeit - für den LEP FS 2003 war eine Umweltprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung noch nicht erforderlich (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 151) - kann ausgeschlossen werden, dass der Ausbau des Flughafens nach einer Beteiligung der Öffentlichkeit in Teltow und den in Betracht kommenden weiteren Gemeinden nicht zugelassen worden wäre oder die Abwägung der in Betracht kommenden Bahnkonfigurationen zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Die Entscheidung über die Wahl des Flughafenstandorts ist im LEP FS 2003 getroffen worden (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 54). Für den Vergleich mit dem bestehenden Berliner Flughafensystem waren im Rahmen der Landesplanung die Betroffenheiten innerhalb der nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm i.d.F. der Bekanntmachung vom 30. März 1971 (BGBl I S. 282 mit späteren Änderungen - im Folgenden: FluglärmG a.F.) berechneten 62 dB(A)-Kontur maßgebend (vgl. Urteile vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 109 f. und vom 31. Juli 2012 - BVerwG 4 A 5000.10 u.a. - Rn. 66 <B.IV.1.1>). Das Gebiet, in dem der Plan ausgelegt war, umschließt - mit Ausnahme der Gemeinde Teltow, in der der Plan nicht ausgelegt war - die möglichen 62 dB(A)-Konturen; es geht in weiten Teilen sogar deutlich darüber hinaus. Die für die Grobplanung der Flugrouten berechnete 62 dB(A)-Kontur hat eine Längsausdehnung von etwa 27 km; sie ist im Westen länger als im Osten (Beiakte 421, Plan M 3-4). Die Planunterlagen waren im Nordwesten des Flughafens u.a. im Amt Ludwigsfelde Land, dem u.a. die Gemeinden Ahrensdorf, Großbeeren und Osdorf angehörten, im Amt Stahnsdorf und im Berliner Bezirk Tempelhof-Neukölln, im Nordosten im großflächigen Berliner Bezirk Treptow-Köpenick, im Amt Rüdersdorf und in der Gemeinde Woltersdorf, im Südosten in den Ämtern Grünheide, Spreenhagen, Unteres Dahmeland und Mittenwalde, in der Stadt Königs Wusterhausen und der Gemeinde Wildau und im Südwesten in den Ämtern Zossen, Rangsdorf, Trebbin und Ludwigsfelde-Land mit den Gemeinden Genshagen, Gröben, Kerzendorf, Löwenbruch, Siethen und Wietstock ausgelegt (PFB S. 235 - 239). Beteiligt wurde die Öffentlichkeit mithin nicht nur in einem langgezogenen Gebiet, das die für die Grobplanung der Flugrouten ermittelten Betroffenheiten abdeckt; das Auslegungsgebiet erstreckte sich vielmehr im Norden bis an die nördliche Grenze der Berliner Bezirke Tempelhof-Neukölln und Treptow-Köpenick, im Süden bis nach Mittenwalde und Zossen. Lediglich Teile des westlichen Siedlungsgebiets von Teltow könnten bei von der Grobplanung abweichenden Flugrouten innerhalb einer 62 dB(A)-Kontur liegen. Angesichts der erheblichen Toleranzen, mit denen der Träger der Landesplanung bei dem Vergleich der Lärmbetroffenheiten mit dem bestehenden Berliner Flughafensystem gearbeitet hat (Urteil vom 31. Juli 2012 - BVerwG 4 A 5000.10 u.a. - Rn. 67 <B.IV.1.1>), hätten diese Betroffenheiten weder das Abwägungsergebnis des Trägers der Landesplanung noch die Durchsetzung des zielförmig festgelegten Standorts in der fachplanerischen Abwägung des Beklagten in Frage stellen können. Die übrigen Gemeinden, in denen der Plan möglicherweise zusätzlich hätte ausgelegt werden müssen, liegen unabhängig von den Flugrouten weit außerhalb der möglichen 62 dB(A)-Konturen am äußersten Rand des möglichen Einwirkungsbereichs.
36 Für den Vergleich mit den Alternativstandorten Sperenberg und Jüterbog hat der Träger der Landesplanung es bei der Feststellung belassen, dass aufgrund der geringen Besiedlungsdichte des äußeren Entwicklungsraums ein Neubaustandort zu einer deutlich geringeren Anzahl von Betroffenen würde führen können als ein Standort im dichter besiedelten engeren Verflechtungsraum (Nr. 5.2 zu Z 1 LEP FS 2003). Dem hat er entgegengehalten, dass ein stadtfernerer Standort die hoch zu gewichtenden Kriterien der Nähe zum Hauptaufkommensgebiet, der Verkehrsanbindung und der Schaffung wirtschaftlicher Entwicklungspotentiale in deutlich geringerem Maße erfüllen könnte als ein stadtnaher Standort wie Schönefeld (Nr. 6 zu Z 1 LEP FS 2003; Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 156). Dass das Ergebnis der Abwägung des Trägers der Landesplanung oder die Durchsetzung des zielförmig festgelegten Standorts in der fachplanerischen Abwägung des Beklagten hätte in Frage gestellt werden können, wenn auch die Öffentlichkeit in Teltow, Kleinmachnow und gegebenenfalls weiteren möglicherweise betroffenen Gemeinden beteiligt worden wäre, kann ausgeschlossen werden. Die raumplanerische Einordnung des Standorts als Standort im dichter besiedelten engeren Verflechtungsbereich, aber außerhalb des Verdichtungsbereichs hätte sich durch die Beteiligung der Öffentlichkeit in weiter entfernten Gemeinden nicht verändert. Für die fachplanerische Abwägung hat der Beklagte in erster Linie auf die Betroffenheiten innerhalb des Tag- und des Nachtschutzgebiets abgestellt (PFB S. 605, 613; Urteil vom 31. Juli 2012 - BVerwG 4 A 5000.10 u.a. - Rn. 81 ff. <B.IV.1.2.1>). Die Anzahl der nur abwägungserheblich Betroffenen und die Fläche des insoweit betroffenen Gebiets hat er nicht ermitteln lassen. Angesichts der hohen Gewichtung der schweren Betroffenheiten hätte eine zusätzliche Beteiligung weiterer möglicherweise am unteren Rande der Abwägungserheblichkeit Betroffener das Abwägungsergebnis nicht verändern können. Die Öffentlichkeit in den genannten Gemeinden musste im Übrigen nicht beteiligt werden, weil sich ihre Betroffenheit mit den ausgehend von der Grobplanung der Flugrouten ermittelten Betroffenheiten kumuliert hätte, sondern weil bei der Öffentlichkeitsbeteiligung alternativen Flugroutengestaltungen und damit alternativen Betroffenheiten Rechnung getragen werden musste. Die neuen Einwender hätten keine anderen Betroffenheiten als die im Planfeststellungsverfahren beteiligten Einwender geltend machen können. Zusätzlich hätten sie lediglich geltend machen können, die Planfeststellungsbehörde müsse Vorgaben für die Festlegung der Flugverfahren prüfen, um die Abgewogenheit der Vorhabenzulassung am Standort Schönefeld auch für den Fall sicherzustellen, dass von der prognostischen Grobplanung abweichende Flugverfahren festgelegt werden (vgl. Urteil vom 31. Juli 2012 - BVerwG 4 A 5000.10 u.a. - Rn. 51 <B.II.1>). Das Fehlen einer solchen Vorgabe hätte aber nicht zu einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, sondern allenfalls zu seiner Ergänzung führen können.
37 Dass die Abwägung der möglichen Bahnkonfigurationen zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, kann ebenfalls ausgeschlossen werden. Die Gemeinden, die möglicherweise zusätzlich hätten beteiligt werden müssen, liegen nördlich der bereits vorhandenen Nordbahn. Eine Parallelverschiebung dieser Bahn war nicht Gegenstand der Konfigurationsanalyse (Beiakte 425, M 12). Unabhängig hiervon wurden in dieser Analyse nur Betroffenheiten bis hinab zu einem Dauerschallpegel von Leq(3), Tag = 62 dB(A) als abwägungserheblich angesehen (PFB S. 635 f.). Diese Kontur (Beiakte 422, Plan M 4.1-10) ist wegen des anderen Berechnungsverfahrens mit einer Längsausdehnung von weniger als 20 km deutlich kürzer als die nach dem Fluglärmschutzgesetz a.F. berechnete 62 dB(A)-Kontur (Beiakte 421, Plan M 3-4; vgl. auch Urteil vom 31. Juli 2012 - BVerwG 4 A 5000.10 u.a. - Rn. 66 <B.IV.1.1>). Weder die Gemeinde Teltow noch die anderen Gemeinden, deren Öffentlichkeit möglicherweise zusätzlich hätte beteiligt werden müssen, liegen innerhalb des für die Konfigurationsanalyse relevanten Gebiets.
38 Die Berücksichtigung der fehlenden Kausalität des Verfahrensfehlers für das Entscheidungsergebnis ist auch mit Unionsrecht vereinbar; daran besteht im vorliegenden Fall kein vernünftiger Zweifel. Die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit in den genannten Gemeinden dürfte allerdings gemäß Art. 6 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl EG Nr. L 175 S. 40) in der durch die Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 (ABl EG Nr. L 73 S. 5) geänderten Fassung auch gemeinschaftsrechtlich geboten gewesen sein. Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen es bei Anfechtungsklagen mit Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABI EG 2012 Nr. L 26 S. 1) - vormals Art. 10a UVP-RL in der durch die Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie geänderten Fassung (Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten, ABl EG Nr. L 156 S. 17) - vereinbar ist, der Klage den Erfolg zu versagen, wenn ein Verfahrensfehler nicht in dem dargelegten Sinne für das Entscheidungsergebnis kausal geworden ist, kann offen bleiben (vgl. hierzu den Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Januar 2012 - BVerwG 7 C 20.11 - ZUR 2012, 248). Gleiches gilt für die Frage, ob die Anwendbarkeit des Art. 11, vormals 10a UVP-RL in zeitlicher Hinsicht auch dann zu bejahen ist, wenn vor Ablauf der Umsetzungsfrist (25. Juni 2005) das Planfeststellungsverfahren eingeleitet wurde und auch der Planfeststellungsbeschluss ergangen ist, das Gericht aber erst nach Ablauf der Umsetzungsfrist über die Anfechtungsklage entscheidet. Art. 11 Abs. 1, vormals 10a Abs. 1 UVP-RL regelt den Zugang zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren nur für die Anfechtung von Entscheidungen, Handlungen und Unterlassungen, für die die Bestimmungen der UVP-Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Im vorliegenden Verfahren geht es nicht um die Anfechtung des Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004. Der Planfeststellungsbeschluss ist den Klägern gegenüber unanfechtbar geworden und zwar bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie. Die Kläger haben von der Möglichkeit, den Planfeststellungsbeschluss anzufechten, keinen Gebrauch gemacht. Die Prüfung der materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses erfolgt hier in einem nach nationalem Recht zusätzlich zur Anfechtung eröffneten Rücknahmeverfahren, in dem ein rechtswidriger Planfeststellungsbeschluss nach pflichtgemäßem Ermessen zurückgenommen werden kann, abgesehen vom Ausnahmefall einer Ermessensreduzierung auf Null aber nicht zurückgenommen werden muss. Anforderungen an ein solches, zusätzlich zur Anfechtung eröffnetes, auf Rücknahme der Planungsentscheidung gerichtetes Verfahren sind Art. 11, vormals 10a UVP-RL, soweit es um die Relevanz von Verfahrensfehlern für den Erfolg der Klage geht, nicht zu entnehmen. Das gilt jedenfalls, wenn es - wie hier - um eine bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie unanfechtbar gewordene Entscheidung geht und die gerichtliche Entscheidung im Anfechtungsprozess nicht auf einer unrichtigen Auslegung des Gemeinschaftsrechts beruht (vgl. EuGH, Urteile vom 13. Januar 2004 - Rs. C-453/00, Kühne & Heitz - Slg. 2004, I-837 und vom 12. Februar 2008 - Rs. C-2/06, Kempter - Slg. 2008, I-411). Letzteres war hier schon deshalb nicht der Fall, weil die Kläger im Anfechtungsprozess die Frage, ob die Öffentlichkeit in räumlicher Hinsicht ausreichend beteiligt wurde, weder nach nationalem Recht noch nach Gemeinschaftsrecht aufgeworfen hatten.
39 2.1.1.2 Anhörung der Kläger
40 Die Anhörung der Kläger ist hingegen nicht zu beanstanden. In ihren Wohnortgemeinden war der Plan ordnungsgemäß ausgelegt.
41 Die ausgelegten Planunterlagen haben auch die erforderliche Anstoßwirkung entfaltet. Die ausgelegten Unterlagen müssen geeignet sein, den potentiell Betroffenen das Interesse an der Erhebung von Einwendungen bewusst zu machen (Urteil vom 13. Oktober 2011 - BVerwG 4 A 4001.10 - <insoweit nicht veröffentlicht in BVerwGE 141, 1> juris Rn. 30 m.w.N.). Sie müssen Dritten die Beurteilung ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umwelteinwirkungen des Vorhabens betroffen werden können (§ 9 Abs. 3 Satz 3 UVPG). Die ausgelegten Unterlagen genügten diesen Anforderungen. Die Möglichkeit, durch den Flugbetrieb abwägungserheblich betroffen zu werden, ergab sich aus der Lage der klägerischen Grundstücke im Verhältnis zu den Start- und Landebahnen - diese war dem Orientierungsplan A III 4-1 (Beiakte 385) zu entnehmen - und den für die Grobplanung der Flugrouten dargestellten Lärmkonturen bis hinab zu einem Dauerschallpegel von Leq(3), Tag = 55 dB(A). Dass die Flugverfahren anders festgelegt werden konnten als im Plan M 2.1-5 (Beiakte 421) dargestellt und für die Darstellung der Lärmkonturen angenommen, ergab sich unabhängig von den Anforderungen an die Abflugrouten bei unabhängigem Bahnbetrieb aus der Rechtslage. Die Flugverfahren sind - wie bereits dargelegt - nicht Gegenstand der Planfeststellung. Ein Hinweis hierauf wäre allerdings wünschenswert gewesen; er hätte Fehlvorstellungen der Betroffenen vermeiden können. Die Rechtslage musste den Klägern allerdings auch ohne einen solchen Hinweis bekannt sein. Der Einwirkungsbereich, innerhalb dessen abwägungsrelevante Beeinträchtigungen bei von der Grobplanung abweichenden Flugverfahren nicht auszuschließen waren, ließ sich durch eine Verschwenkung der Lärmkonturen hinreichend abschätzen. Die Grundstücke der Kläger lagen im Übrigen nicht weit außerhalb der ausgelegten Leq(3), Tag = 55 dB(A)-Kontur; für keinen der Kläger betrug der Abstand seines Grundstücks von dieser Kontur mehr als 1 500 m. Bereits aus diesem Grund lag es nicht fern, dass es auch bei ihnen möglicherweise zu abwägungserheblichen Beeinträchtigungen kommen würde.
42 2.1.2 Untersuchungsraum Mensch
43 Die Umweltverträglichkeitsprüfung leidet an einem weiteren Fehler, der für die materielle Rechtsposition der Kläger hätte relevant sein können. Der Untersuchungsraum Mensch (Beiakte 430, Plan N 4.4-1) hätte für die betriebsbedingten Auswirkungen des Vorhabens nicht auf der Grundlage der Grobplanung der Flugrouten abgegrenzt werden dürfen; er hätte den gesamten räumlichen Bereich umfassen müssen, in dem abwägungserhebliche Beeinträchtigungen möglich sind, jedenfalls aber den 15°-Toleranzbereich.
44 Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG umfasst die Umweltverträglichkeitsprüfung die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf die im Gesetz genannten Schutzgüter. Sie erfordert u.a. eine Beschreibung der Umwelt und ihrer Bestandteile im Einwirkungsbereich des Vorhabens (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 UVPG). Um den Einwirkungsbereich des Vorhabens zu bestimmen, ist eine Prognose der voraussichtlichen Auswirkungen erforderlich (Bunge, in: Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, Stand Juni 2012, § 1 Rn. 18, § 2 Rn. 78; Appold, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 2 Rn. 55). Diese Prognose darf sich nicht auf die Betrachtung bestimmter, für die Lärmbetroffenheiten repräsentativer Flugrouten beschränken; die Umweltverträglichkeitsprüfung muss sich vielmehr räumlich auf den gesamten Einwirkungsbereich des Flughafens erstrecken, in dem abwägungserhebliche Auswirkungen des Vorhabens möglich sind. Eine Beschränkung ihres Prüfungsumfangs kommt in Betracht, wenn bereits bei der Auswahl des Flughafenstandorts auf der Ebene der Landesplanung eine Umweltprüfung stattgefunden hat (vgl. § 14f Abs. 3 Satz 3, § 16 Abs. 2 und 4 UVPG). Das war hier jedoch nicht der Fall (Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 74, 151). Allerdings muss nicht der gesamte Einwirkungsbereich des Flughafens in derselben Intensität untersucht werden. Eine detaillierte Ermittlung und Beschreibung der betriebsbedingten Auswirkungen des Vorhabens ist in der Regel nur für die der Planfeststellung zugrunde gelegte, mit dem BAF oder der DFS abgestimmte Grobplanung der Flugrouten erforderlich. Darüber hinaus ist es erforderlich, in der Regel aber auch ausreichend, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung die im Rahmen der Abwägung zu treffende Entscheidung vorbereitet, ob sich die Zulassung des Vorhabens nur rechtfertigen lässt, wenn bestimmte Gebiete von erheblichen Beeinträchtigungen durch Fluglärm verschont bleiben (vgl. Urteil vom 31. Juli 2012 - BVerwG 4 A 5000.10 u.a. - Rn. 51 <B.II.1.>).
45 Im vorliegenden Fall hätte die Umweltverträglichkeitsprüfung jedenfalls den von der DFS für die Abflugrouten geforderten 15°-Toleranzbereich in den Untersuchungsraum Mensch einbeziehen müssen. Für das Schutzgut Mensch sind nicht nur die Lärmbeeinträchtigungen der Wohn- und Wohnumfeldnutzungen in den Siedlungsgebieten relevant; zu ermitteln sind auch die Auswirkungen des Flugbetriebs auf die Erholungs- und Freizeitnutzungen. Insoweit lässt sich die Wertigkeit von Flächen erst nach deren Erfassung in der Umweltverträglichkeitsprüfung beurteilen; eine Grobanalyse der Siedlungsstrukturen innerhalb des 15°-Toleranzbereichs ist hierfür - anders als für die Wohn- und Wohnumfeldnutzungen in den Siedlungsgebieten - nicht ausreichend.
46 Auch dieser Fehler ist für die Zulassung des Vorhabens am Standort Schönefeld jedoch nicht kausal geworden. Dass eine Einbeziehung des 15°-Toleranzbereichs das Gewicht des Schutzguts Mensch abwägungserheblich verändert hätte, kann ausgeschlossen werden. Für die Siedlungsflächen ist das bereits dargelegt worden (Urteile vom 13. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 150 und vom 31. Juli 2012 - BVerwG 4 A 5000.10 u.a. - Rn. 68 ff., 78 ff. <B.IV.1.1 und 1.2 >); im Übrigen kann auf die Ausführungen zur materiellen Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses Bezug genommen werden (vgl. A.II.2.2.1). Die schutzbedürftigen Einrichtungen befinden sich in aller Regel innerhalb der Siedlungsflächen. Auch für die Flächen für Erholung und Freizeit gilt im Ergebnis nichts anderes. Die Umweltverträglichkeitsstudie - Schutzgut Mensch (Beiakte 429, N 5) - hat die Flächen für Erholungsnutzung und Freizeitinfrastruktur nach vier Bedeutungs- bzw. Empfindlichkeitsstufen bewertet und kartiert (Beiakte 430, Pläne 5.4-1 und 5.4 -2). Im Nahbereich des Flughafens, d.h. östlich der Siedlungsachse Berlin-Lichtenrade, Blankenfelde-Mahlow und westlich der Siedlungsachse Bohnsdorf, Schulzendorf, Eichwalde, Zeuthen liegen nach den Plänen 5.4-1 und 5.4 -2 weder unter den geradlinigen noch unter um bis zu 15° abknickenden Abflugrouten größere oder zusammenhängende Erholungsgebiete. In Betriebsrichtung Osten überqueren die geradlinigen Abflugrouten östlich der genannten Siedlungsachse abgesehen von weiteren Siedlungsflächen nahezu ausschließlich Erholungsgebiete der höchsten Wertigkeitsstufe. Für die Erholungsnutzungen können um bis zu 15° abknickende Abflugrouten nicht ungünstiger sein. In Betriebsrichtung Westen überqueren die geradlinigen Abflugrouten westlich der Siedlungsachse Lichtenrade, Blankenfelde-Mahlow Erholungsflächen der zweithöchsten, aber kaum der höchsten Kategorie. Dass dies bei nach Süden abknickenden Abflugrouten, insbesondere im Nordosten des Rangsdorfer Sees ungünstiger wäre, ist möglich. Schon im untersuchten Raum ist erkennbar, dass um 15° abknickende Routen in das der höchsten Wertigkeitsstufe zugerechnete Erholungsgebiet der Dahlewitzer Heide führen würden. Diese zusätzliche Belastung würde jedoch dadurch kompensiert, dass die abknickende Route Siedlungsgebiete der höchsten Wertigkeitsstufe in Blankenfelde entlasten würde (vgl. Urteil vom 13. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 159). Eine nach Norden abknickende Abflugroute würde ein festgesetztes Landschaftsschutzgebiet überqueren; das gilt jedoch auch für die geradlinigen Abflugrouten (vgl. Beiakte 417, Plan I 1-4). Anhaltspunkte dafür, dass die abknickende Route für die Erholungs- und Freizeitnutzungen erheblich ungünstiger sein könnte, sind nicht ersichtlich.
47 Die fehlende Untersuchung des Einwirkungsbereichs des Flughafens außerhalb des 15°-Toleranzbereichs ist für die Zulassung des Vorhabens am Standort Schönefeld ebenfalls nicht kausal geworden. Da um bis zu 15° abknickende Abflugrouten das Gewicht des Schutzguts Mensch auch unter Berücksichtigung der Erholungsnutzungen nicht abwägungserheblich verändern würden, hätten Erholungsflächen außerhalb des Toleranzbereichs - nicht anders als Siedlungsflächen - allenfalls zu Vorgaben für die Festlegung der Flugverfahren, nicht aber zur Planaufhebung führen können (vgl. Urteil vom 31. Juli 2012 - BVerwG 4 A 5000.10 u.a. - Rn. 51 <B.II.1>).
48 2.2 Materielle Rechtmäßigkeit
49 Der Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 leidet nicht an einem Abwägungsfehler, der bei rechtzeitiger Anfechtung zu einem Aufhebungsanspruch der Kläger geführt hätte. Unter Berufung auf das Erfordernis divergierender Abflugrouten für den unabhängigen Bahnbetrieb hätten sie auch bei rechtzeitiger Anfechtung eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses weder hinsichtlich der Zulassung des Vorhabens am Standort Schönefeld (2.2.1) noch hinsichtlich der Bahnkonfiguration (2.2.2) erreichen können. Etwaige Defizite bei der Ermittlung und Bewertung möglicher Betroffenheiten außerhalb des für den abhängigen Bahnbetrieb zu berücksichtigenden Toleranzbereichs hätten allenfalls zu einem Anspruch auf Planergänzung führen können (2.2.3).
50 2.2.1 Zulassung des Vorhabens am Standort Schönefeld
51 Die für den abhängigen Bahnbetrieb erstellte Grobplanung der Flugverfahren war sowohl für die Wahl des Flughafenstandorts auf der Ebene der Landesplanung (2.2.1.1) als auch für die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde über die Zulassung des Vorhabens am Standort Schönefeld (2.2.1.2) ausreichend, um die Lärmbetroffenheiten auch bei unabhängigem Bahnbetrieb abzuschätzen. Das Festhalten des Beklagten an dieser Grobplanung beruhte auch nicht auf sachfremden Erwägungen (2.2.1.3).
52 2.2.1.1 LEP FS 2003
53 Die Wahl des Flughafenstandorts Berlin-Schönefeld war eine raumordnerische Entscheidung, die auf der Ebene der Landesplanung im Ziel Z 1 LEP FS 2003 gefallen war. Die Planfeststellungsbehörde war an das Ergebnis des landesplanerischen Standortvergleichs gebunden (Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 54). Aus Rechtsschutzgründen unterlag die zielförmige Standortentscheidung der Landesplanung bei Anfechtung des Planfeststellungsbeschlusses jedoch der gerichtlichen Inzidentkontrolle (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 83).
54 Der Träger der Landesplanung musste sich zumindest Klarheit über die flächen- und zahlenmäßige Größenordnung der Lärmbetroffenheiten an den in die Vergleichsbetrachtung einbezogenen Standorten verschaffen. Bereits auf der Grundlage einer Grobanalyse der Siedlungsstrukturen ins Auge fallende gravierende Unterschiede im Ausmaß der Lärmbetroffenheit mussten in die Abwägung eingestellt werden. Der Träger der Landesplanung durfte jedoch von einer genauen numerisch-präzisen Ermittlung der Anzahl der jeweils von Fluglärm voraussichtlich betroffenen Anwohner absehen, wenn offenkundige Disparitäten im Ausmaß der Lärmbelastung nach seiner planerischen Konzeption in der Abwägung kein ausschlaggebendes Gewicht besaßen (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 152 f.).
55 Ausgehend hiervon ist die der Wahl des Flughafenstandorts zugrunde liegende Abwägung des Trägers der Landesplanung nicht zu beanstanden. Wie bereits dargelegt (A.II.2.1.1.1), hat er für die Abwägung zwischen einer Beibehaltung des bestehenden Flughafensystems und dem Ausbau des Flughafens Schönefeld zum Single-Airport die Anzahl der Lärmbetroffenen innerhalb der 62 dB(A)-Kontur ermittelt (Nr. 1 und Nr. 5.4.4.3 zu Z 1 LEP FS 2003), und zwar ausgehend von geradlinigen An- und Abflugrouten und berechnet nach dem Fluglärmschutzgesetz a.F. In der Begründung des LEP FS 2003 wird dargelegt, dass über die drei bestehenden Flughäfen in 2001 insgesamt 12,59 Mio. Passagiere befördert worden seien; durch die damit verbundenen Lärmbelastungen seien in den gegenwärtig vorhandenen Lärmkonturen bis 62 dB(A) insgesamt ca. 136 000 Anwohner betroffen (Nr. 1 zu Z 1 LEP FS 2003). Bei Ausbau des Flughafens Schönefeld für 30 Mio. Passagiere würden 31 000 Anwohner innerhalb der 62 dB(A)-Kontur betroffen (Tabelle in 5.4.4.3 zu Z 1 LEP FS 2003). Für den Gesamtraum ergebe sich durch Um- und Ausbau des Flughafens Schönefeld eine „deutliche Verringerung der Lärmbetroffenheit gemessen an der Anzahl der Anwohner“. Das Ausbauvorhaben führe zu einer „Reduzierung der durch Fluglärm betroffenen Anwohner auf weniger als 30 % gegenüber der gegenwärtigen Situation - verglichen mit heute noch deutlich geringerem Gesamtflugverkehr“ (Nr. 5.4.4.3 zu Z 1 LEP FS 2003). Ihre Zahl verringere sich um „rund 100 000“ (Nr. 6 zu Z 1 LEP FS 2003).
56 Der Träger der Landesplanung hat mithin bei dem Vergleich der Lärmbetroffenheiten nicht auf die konkrete Anzahl, sondern auf die Größenordnung der innerhalb der 62 dB(A)-Kontur Betroffenen abgestellt. Er hat hierbei mit erheblichen Toleranzen gearbeitet. Insbesondere hat er darauf verzichtet, die im Jahr 2001 durch die drei bestehenden Flughäfen bei 12,59 Mio. Passagieren Betroffenen auf einen Prognoseverkehr von 30 Mio. Passagieren hochzurechnen. Er hat die Zahl der im Jahr 2001 durch das bestehende Flughafensystem tatsächlich Betroffenen mit der Zahl der Betroffenen am „Single-Airport“ Schönefeld im Prognosejahr 20XX (30 Mio. Passagiere, 360 000 Flugbewegungen) verglichen. Bei einer Hochrechnung hätte sich die Bilanz wegen der dichteren Besiedlung in der Umgebung der Flughäfen Tegel und Tempelhof noch deutlicher zu Gunsten des Standorts Schönefeld verschoben.
57
Bei einer so groben Abschätzung der Betroffenheiten brauchte der Träger der Landesplanung den unabhängigen Bahnbetrieb mit um bis zu 15° nach Norden oder nach Süden abknickenden Abflugrouten nicht gesondert zu betrachten. Abflugrouten in diesem Korridor würden zwar teilweise andere Gebiete betreffen als die der Berechnung zugrunde gelegten parallelen Abflugwege; diese Gebiete wären jedoch nicht oder jedenfalls nicht erheblich dichter besiedelt als diejenigen, die von parallelen Abflugrouten betroffen wären. Das ergibt sich bereits aus einer Grobanalyse der Siedlungsstruktur der Flughafenumgebung. Betroffen wäre im einen wie im anderen Fall der Randbereich der Metropole Berlin; die dichter besiedelte Metropole selbst wäre nicht betroffen. Für den Nachtflugbetrieb und das insoweit maßgebende Nachtschutzgebiet hat der Senat hierzu in seinem Urteil vom 13. Oktober 2011 (BVerwG 4 A 4001.10 - BVerwGE 141, 1 Rn. 159) dargelegt:
Abflüge in Richtung Westen - das sind etwa 2/3 aller Abflüge -, die um bis zu 15° nach Norden oder Süden abknicken, ändern den Umfang der Betroffenheiten in dem für den passiven Schallschutz relevanten Bereich gegenüber geraden Abflügen allenfalls unerheblich. Bei nach Norden abknickenden Abflügen von der Nordbahn würde Blankenfelde-Mahlow etwas weiter nördlich überflogen. Stärker als bei geraden Abflügen wäre Großbeeren betroffen; im Gegenzug würde Diedersdorf entlastet. Um 15° nach Süden abknickende Abflüge von der Südbahn würden Blankenfelde-Mahlow eher entlasten. Auch eine Berechnung der DFS für die Fluglärmkommission mit dem NIROS-Programm hat ergeben, dass eine abknickende Route unter Lärmschutzgesichtspunkten sogar günstiger wäre als gerade Abflüge (Präsentation „Flugverfahrensvorschläge der Fluglärmkommission für BBI“ vom 14. Februar 2011, http://www.mil.brandenburg.de/sixcms/de-tail.php/484669, Folien 25 ff.). Für Abflüge in Richtung Osten ist die Situation allerdings nicht in gleicher Weise eindeutig. Die Gebiete, die bei um 15° nach Süden abknickenden Abflügen von der Südbahn auf passiven Schallschutz angewiesen wären, dürften etwas dichter besiedelt sein als die von geraden Abflugstrecken betroffenen Gebiete. Der Norden von Eichwalde und Schulzendorf würde entlastet; die Mitte von Schulzendorf, der Süden von Eichwalde und der Nordrand von Zeuthen wären neu auf passiven Schallschutz angewiesen; eine andere Größenordnung der Betroffenheiten insgesamt würde aber hierdurch nicht erreicht. Ein Abknicken von der Nordbahn nach Nordosten würde zu Direktüberflügen von Bohnsdorf in geringer Höhe und damit zu einer nicht unerheblichen Zunahme der besonders starken Betroffenheiten führen. Dass diese unter Lärmschutzgesichtspunkten ungünstigste Variante zur Umsetzung der 15°-Divergenz gewählt werden würde, war jedoch von vornherein unwahrscheinlich. Diese Variante musste deshalb nicht betrachtet werden. Insgesamt bleiben damit die durch die Berücksichtigung der 15°-Toleranz möglichen Veränderungen der Lärmbetroffenheiten in einem Unsicherheitsbereich, der bei der prognostischen Flugroutenplanung für die Regelung des nächtlichen Flugbetriebs ohnehin mitgedacht werden muss.
58 Diese Erwägungen gelten für die Abwägung der Standortalternativen im Hinblick auf die Lärmbetroffenheiten innerhalb der 62 dB(A)-Kontur entsprechend. Die von dieser Kontur umschlossene Fläche ist zwar kleiner als die Fläche des im Planergänzungsbeschluss (Anlage 2 “Schutzgebiete“) festgelegten Nachtschutzgebiets. Die 62 dB(A)-Kontur (Beiakte 421, Plan M 3-4) hat eine Längsausdehnung von etwa 27 km je Bahn, das Nachtschutzgebiet von etwa 34 km. Die genannten Veränderungen der Überflugsituation sind aber bei Betrachtung der 62 dB(A)-Kontur in vergleichbarer Weise relevant.
59 Der Träger der Landesplanung war auch nicht verpflichtet, für um mehr als 15° abknickende Abflugrouten die Zahl der von einem Leq(4) = 62 dB(A) oder mehr Betroffenen zu ermitteln. Ob die Schreiben der DFS vom 20. August und 26. Oktober 1998 an die Planfeststellungsbehörde, in denen die DFS an der bisherigen Grobplanung festgehalten und lediglich die Berücksichtigung eines Toleranzbereichs gefordert hatte (vgl. Urteil vom 13. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 161), dem Träger der Landesplanung bekannt waren oder bekannt sein mussten, kann offen bleiben. Da Abflugrouten, die um bis zu 15° nach Norden oder nach Süden abknicken, einen unabhängigen Parallelbetrieb ermöglichen, ohne Lärmbetroffenheiten auszulösen, die nach dem Abwägungskonzept des LEP FS 2003 die Wahl des Standorts in Frage stellen würden, durfte der Träger der Landesplanung jedenfalls davon ausgehen, dass die Umsetzung seiner Standortentscheidung in dem nachfolgenden Planfeststellungsverfahren und dem Verfahren zur Festlegung der Flugverfahren nicht auf unüberwindbare tatsächliche oder rechtliche Hindernisse stoßen würde (vgl. Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 154 f.).
60 Für den Vergleich zwischen dem Standort Schönefeld und den metropolenferneren Alternativstandorten Sperenberg und Jüterbog hat der Träger der Landesplanung darauf abgestellt, dass ein solcher Neubaustandort aufgrund der geringeren Besiedlungsdichte des äußeren Entwicklungsraumes zu einer deutlich geringeren Anzahl der von Fluglärm betroffenen Anwohner würde führen können als ein Standort im dichter besiedelten engeren Verflechtungsraum (Nr. 5.2 zu Z 1 LEP FS 2003). Beziffert hat er diese Unterschiede nicht. Der Senat hat dies - anders als zuvor das Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg im Normenkontrollverfahren gegen den LEP FS 2003 (Urteil vom 10. Februar 2005 - OVG 3 D 104/03.NE) - nicht beanstandet (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 156 ff.). Für diesen Vergleich war die Frage, ob die Abflugrouten geradlinig verlaufen oder um bis zu 15° abknicken, ohne Relevanz. Auch bei abknickenden Abflugrouten wäre nur der engere Verflechtungsraum, nämlich der Randbereich der Metropole, betroffen; der Verdichtungsbereich, also die dichter besiedelte Metropole selbst, wäre nicht betroffen (vgl. Urteil vom 13. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 159).
61 Von Klägern anderer Verfahren ist geltend gemacht worden (vgl. Urteil vom 31. Juli 2012 - BVerwG 4 A 5000.10 u.a. - Rn. 72 <B.IV.1.1>), dass auf der Grundlage der Planung der DFS vom 6. September 2010 grob geschätzt 80 000 bis 100 000 zusätzliche Lärmbetroffene zu verzeichnen seien. Im Rahmen der Standortentscheidung habe der Träger der Landesplanung berücksichtigen müssen, dass tatsächlich ca. 150 000 Menschen und damit - wegen der größeren Verkehrsmenge - annähernd gleich viele Anwohner wie am Standort Tegel betroffen seien. Abgesehen davon, dass dieser Vortrag von der um mehr als 15° nach Norden abknickenden Abflugroute über Stahnsdorf, Teltow und Kleinmachnow ausgeht, für die der Träger der Landesplanung - wie soeben dargelegt - die Lärmbetroffenheiten nicht ermitteln musste, sind diese Zahlen für die der Abwägung des Trägers der Landesplanung zugrunde liegende 62 dB(A)-Kontur nicht plausibel. Kleinmachnow, Teltow und Stahnsdorf lägen selbst dann nicht innerhalb der 62 dB(A)-Kontur, wenn sie direkt überflogen würden. Dass die Betroffenheiten im Übrigen wesentlich geringer wären als von diesem Vortrag angenommen, ergibt sich bereits aus den Einwohnerzahlen der durch abknickende Routen betroffenen Gemeinden. Die Einwohnerzahlen wurden für die Umweltverträglichkeitsstudie ausgehend vom Stand Dezember 1997 zzgl. des Potentials in genehmigten Bebauungsplangebieten ermittelt (Beiakte 429, N 5 Tabellenanhang, Tabelle 5.4.1-2). Am stärksten wären die Veränderungen bei nach Süden abknickenden Abflügen von der Südbahn in Richtung Osten in den Gemeinden Schulzendorf (ca. 7 750 Einwohner), Eichwalde (ca. 5 410 Einwohner) und Zeuthen (ca. 8 170 Einwohner). Neu betroffen wären nicht die gesamten besiedelten Gebiete dieser Gemeinden, sondern bei großzügiger Schätzung in Schulzendorf 30 %, in Eichwalde 50 % und in Zeuthen 20 %, insgesamt also ungefähr 6 500 bis 7 000 Einwohner. Entlastet würde die Nordhälfte von Eichwalde, also ca. 2 500 bis 3 000 Einwohner und im Köpenicker Ortsteil Schmöckwitz (ca. 2 850 Einwohner) der Süden der größten Siedlungsfläche Karolinenhof, also ca. 500 bis 1 000 Einwohner. Diese Gebiete blieben zwar wegen der Belastung durch die Anflüge bei Betriebsrichtung Westen voraussichtlich innerhalb der 62 dB(A)-Kontur; das Ausmaß ihrer Betroffenheit würde sich aber nicht nur rechnerisch, sondern bei Betriebsrichtung Osten auch spürbar verringern. Ungünstiger als gerade Abflugrouten wären auch abknickende Abflugrouten von der Nordbahn bei Starts in Richtung Westen. Neu belastet würden der Norden von Mahlow und Teile von Großbeeren; diese zusätzlichen Belastungen würden durch die Entlastung des Südens von Mahlow und von Diedersdorf nur zum Teil aufgewogen. Sie lassen sich jedoch durch von der Südbahn abknickende Abflugrouten, die unter Lärmgesichtspunkten eher günstiger als gerade Abflugrouten sind, vermeiden. Insgesamt sind die von den Klägern genannten Zahlen weit überhöht; ihre Einschätzung, dass das Abwägungsgefüge des LEP FS 2003 durch das 15°-Erfordernis aus dem Lot gerate, entbehrt einer tatsächlichen Grundlage.
62 Dem Antrag, Beweis zu der Frage zu erheben, ob die Gebiete, die von 15° nach Norden oder Süden abknickenden Flugrouten betroffen sind, abwägungserheblich anders betroffen sind als die, die von parallelen Abflugrouten betroffen wären, brauchte der Senat nicht nachzugehen. Unter Zugrundelegung des im Urteil vom 13. Oktober 2011 (BVerwG 4 A 4001.10 - BVerwGE 141, 1), insbesondere in Rn. 159, dargelegten rechtlichen Maßstabs, verfügt der Senat unter Heranziehung der Verwaltungsvorgänge und allgemein zugänglicher Quellen über hinreichend eigene Sachkunde zur Beantwortung der Beweisfrage. Die Sachkunde des Senats wird durch die bereits vor Zustellung der Entscheidungsgründe erhobene, auf Hinweis des Gerichts zurückgenommene Anhörungsrüge nicht in Frage gestellt. Lärmberechnungen hat der Senat nicht vorgenommen. Ausreichend war eine Abschätzung der Lärmbetroffenheiten auf der Grundlage einer Grobanalyse der Siedlungsstruktur der Flughafenumgebung i.V.m. den für das Planfeststellungsverfahren ermittelten, in den Verwaltungsvorgängen vorhandenen (Beiakte 429, N 5 Tabellenanhang) Einwohnerzahlen der betroffenen Ortsteile und Gemeinden. Dass die Lärmbelastung von Bohnsdorf bei nach Norden abknickenden Abflügen (vgl. Urteil vom 13. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 159) mit der von Zeuthen bei nach Süden abknickenden Abflügen nicht vergleichbar ist, ergibt sich ohne Weiteres aus der größeren Zahl von Einwohnern (9 119 in Bohnsdorf gegenüber 8 171 in Zeuthen - jeweils Stand Dezember 1997, Beiakte 429, N 5 Tabellenanhang, Tabellen 5.4.1-2 und 5.4 .1-5) auf geringerer Siedlungsfläche und der geringeren Entfernung von der Start- und Landebahn. Die westliche Grenze des Ortsteils Bohnsdorf ist vom Ende der Nordbahn weniger als 2,5 km, die westliche Grenze Zeuthens vom Ende der Südbahn mehr als 5 km entfernt. Welche topographischen Unterschiede bei der dargelegten Grobanalyse der Siedlungsstruktur zu berücksichtigen sein sollten, legen die Kläger nicht dar.
63 2.2.1.2 Planfeststellungsbeschluss
64 Die Entscheidung des Beklagten über die Zulassung des Vorhabens am Standort Schönefeld im Planfeststellungsbeschluss leidet ebenfalls nicht deswegen an einem Abwägungsfehler, weil er an der Grobplanung mit geraden Abflugrouten festgehalten und das 15°-Erfordernis nicht berücksichtigt hat.
65 Die Planfeststellungsbehörde trifft keine Rechtspflicht zur Zulassung eines Flughafenvorhabens an dem von der Landesplanung zielförmig festgelegten Standort. Die schädlichen Immissionen eines Infrastrukturvorhabens können in der Regel erst abschließend ermittelt und eingeschätzt werden, wenn es im Planfeststellungsantrag des Vorhabenträgers konkretisiert worden ist. Die „raumordnungsexternen“ Belange können für sich betrachtet oder in ihrer Gesamtheit so gewichtig sein, dass sich die landesplanerische Standortwahl in der fachplanerischen Abwägung nicht durchsetzt. Das kann insbesondere der Fall sein, wenn die Zulassung des Vorhabens in unverhältnismäßiger Weise in private Schutzgüter, in den Bereich der kommunalen Selbstverwaltung oder in allgemeine öffentliche Belange eingreifen sollte (Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 76 f.).
66 Die Planfeststellungsbehörde muss nicht alle realistischerweise in Betracht kommenden Flugrouten auf die zu erwartenden Lärmbeeinträchtigungen untersuchen; sie kann sich auf die Betrachtung bestimmter Flugrouten beschränken (Urteil vom 13. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 147). Eine Worst-case-Betrachtung muss sie insoweit entgegen der Auffassung der Kläger nicht vornehmen. Der Planfeststellungsbeschluss muss allerdings die von dem Planvorhaben in seiner räumlichen Umgebung aufgeworfenen Probleme bewältigen; hierzu ist er nur in der Lage, wenn die prognostische Flugroutenplanung Art und Ausmaß der zu erwartenden Betroffenheiten in der für die Abwägung relevanten Größenordnung realistisch abbildet (Urteil vom 31. Juli 2012 - BVerwG 4 A 5000.10 u.a. - Rn. 50 <B.II.1>).
67 Ausgehend hiervon ist die Abwägung des Beklagten nicht zu beanstanden.
68 Der Beklagte hat die Lärmschutzbelange auf der Grundlage der Ermittlungen der Beigeladenen zu 1 abgewogen. Diese hat für den Prognosehorizont 20XX - ausgehend von der Grobplanung der DFS vom März 1998 mit geradlinigen An- und Abflugrouten - die Fläche des von einer Leq(3) = 60 dB(A)-Kontur umschlossenen Tagschutzgebiets (71,6 km2) und die Zahl der in diesem Gebiet lebenden Anwohner (24 630) ermittelt (PFB S. 605). Für die Nacht hat sie die Betroffenheiten innerhalb der Leq(3) = 50 dB(A)-Kontur (117,68 km2, 38 246 Anwohner) und der 6 × 70 LMax-Kontur (120,19 km2, 41 836 Anwohner; PFB S. 613) ermittelt.
69 Der Beklagte durfte bei der Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens zwar nicht davon ausgehen, dass die DFS für den unabhängigen Bahnbetrieb parallele Abflugstrecken planen würde; er durfte auch nicht von einem abhängigen Bahnbetrieb ausgehen (Urteil vom 13. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 155). Für die Frage, ob das Vorhaben am Standort Schönefeld zugelassen werden kann, war die für den abhängigen Bahnbetrieb erstellte Grobplanung der An- und Abflugrouten jedoch ausreichend, um die Lärmbetroffenheiten auch bei unabhängigem Bahnbetrieb abzuschätzen. Die Darlegungen des Senats zur Regelung des Nachtflugbetriebs gelten insoweit entsprechend (Urteil vom 13. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 159 - 161). Die von um bis zu 15° abknickenden Abflugrouten betroffenen Gebiete wären nicht oder jedenfalls nicht erheblich dichter besiedelt als diejenigen Gebiete, die von parallelen Abflugrouten betroffen wären. Innerhalb des Toleranzbereichs divergierende Abflugrouten lassen den Standort nicht in einem anderen Licht erscheinen als die der Abwägung der Standortalternativen im LEP FS 2003 zugrunde gelegten geradlinigen Abflugrouten. Die Verschiebung und auch die mögliche Ausweitung der Betroffenheiten in der für die 62 dB(A)-Kontur dargelegten Größenordnung bleiben vielmehr in einem Unsicherheitsbereich, der bei der landesplanerischen Festlegung des Standorts - wie dargelegt - mitgedacht worden ist und schon aus diesem Grund auch bei der Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens im Planfeststellungsverfahren mitgedacht werden muss. Unabhängig von diesen landesplanerischen Vorgaben muss die Zulassung des Vorhabens an dem gewählten Standort grundsätzlich auch dann Bestand haben können, wenn andere An- und Abflugrouten festgelegt werden als im Planfeststellungsverfahren angenommen wurde (vgl. Urteil vom 13. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 150). Die Zulassungsentscheidung im Hinblick auf bestimmte Abflugrouten und ohne Rücksicht auf nicht auszuschließende Veränderungen der Betroffenheiten im Falle einer Änderung der Abflugrouten zu treffen, wäre nicht sachgerecht.
70 Dass um mehr als 15° abknickende Abflugrouten festgelegt werden, musste der Beklagte für die Ermittlung der Lärmbetroffenheiten auf der Grundlage der mit der DFS abgestimmten Grobplanung der Flugverfahren nicht in Erwägung ziehen. Dies hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 13. Oktober 2011 (a.a.O. Rn. 161) dargelegt. Hieran hält er fest.
71 Im Hinblick auf das Tagschutzgebiet und die nur abwägungserheblich Betroffenen ergeben sich gegenüber den Erwägungen des Senats zum Nachtflugbetrieb und dem insoweit maßgebenden Nachtschutzgebiet keine relevanten Abweichungen. Die Längsausdehnung des Tagschutzgebiets ist geringer als die des Nachtschutzgebiets; eine Verschwenkung der Abflugrouten wirkt sich weniger aus als bei den längeren Nachtkonturen. Den mehr als geringfügig, aber auch ohne passiven Schallschutz nicht unzumutbar Betroffenen hat der Beklagte im Vergleich zu den schwereren Betroffenheiten innerhalb des Tag- und des Nachtschutzgebiets ein geringeres Gewicht beigemessen. Die Anzahl der nur abwägungserheblich Lärmbetroffenen und die Fläche des insoweit betroffenen Gebiets hat er nicht ermitteln lassen. Der Senat hat dies in seinem Urteil vom 16. März 2006 nicht beanstandet. Dass eine Berücksichtigung der 15°-Divergenz die Größenordnung der nur abwägungserheblich Lärmbetroffenen verändert haben könnte, kann ebenfalls ausgeschlossen werden. In Betriebsrichtung Westen ist das Gebiet unterhalb der abknickenden Abflugrouten auch in größerer Entfernung vom Flughafen eher weniger besiedelt als unter den geradlinigen Routen, die Ludwigsfelde überqueren. In Betriebsrichtung Osten quert die um 15° nach Süden abknickende Route zwar Schulzendorf und Eichwalde. Außerhalb des Nachtschutzgebiets ist das Gebiet unterhalb der abknickenden Route allenfalls unwesentlich dichter besiedelt (Wernsdorf) als das Gebiet unterhalb der nördlich von Eichwalde ebenfalls abknickenden und über Zwiebusch und Neu Zittau führenden Abflugroute vom März 1998.
72 Dem Beweisantrag zur Betroffenheit der Gebiete innerhalb des 15°-Toleranzbereichs brauchte der Senat aus den bereits zur Landesplanung dargelegten Gründen nicht zu folgen.
73 Schließlich geht auch der Einwand der Kläger fehl, die Standortentscheidung sei schon deshalb fehlerhaft, weil es an einem fehlerfreien Lärmschutzkonzept fehle. Der Beklagte ist bei seiner Abwägung davon ausgegangen, dass die in der Umgebung des Standorts Schönefeld entstehenden Lärmbelastungen u.a. durch Maßnahmen des aktiven und passiven Lärmschutzes und Entschädigungen zu lösen seien (PFB S. 390 Abs. 2). Dass diese Annahme unzutreffend sei, weil die Lärmprobleme nur bei geradlinigen, nicht aber bei divergierenden Abflugrouten lösbar seien, machen die Kläger selbst nicht geltend. Etwaige Fehler des Lärmschutzkonzepts stellen die Rechtmäßigkeit der Standortentscheidung nicht in Frage. Die Kläger haben, soweit sie durch den Mangel des Lärmschutzkonzepts in eigenen Rechten verletzt sind, lediglich einen Anspruch darauf, dass dieser Mangel behoben wird. In der Regel genügt hierfür eine Planergänzung. In Bezug auf die Schutz- und Entschädigungsgebiete, die der Beklagte nicht auf der Grundlage paralleler Abflugrouten hätte festlegen dürfen, ist der Mangel im Übrigen durch die in der mündlichen Verhandlung vom 21. September 2011 zu Protokoll des Gerichts vorgenommene Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um die Nebenbestimmung A II 5.1.10 behoben worden.
74 2.2.1.3 Keine sachfremden Erwägungen
75 Das Festhalten des Beklagten an der Grobplanung der DFS vom März 1998 beruhte auch nicht auf sachfremden Erwägungen.
76 Zum damaligen Zeitpunkt barg das Festhalten an der bisherigen Grobplanung zwar ein rechtliches Risiko. Der Beklagte konnte nicht mit Sicherheit voraussehen, welche Anforderungen ein mit der Kontrolle des Planfeststellungsbeschlusses befasstes Gericht an die Genauigkeit einer Flugroutenprognose stellen würde. Zur Vermeidung dieses Risikos hätte es nahegelegen, die Grobplanung - wie von der DFS angeregt - unter Berücksichtigung der 15°-Divergenz zu überarbeiten. Dass andere Flugrouten als prognostiziert festgelegt werden, hätte sich allerdings auch dadurch nicht ausschließen lassen. Zudem hatte die Vorhabenträgerin ein berechtigtes Interesse daran, ihr DES und die darauf aufbauenden Gutachten im Laufe des Planungsverfahrens nicht ohne wichtigen Grund - möglicherweise sogar mehrfach - einer geänderten Flugroutenprognose anpassen zu müssen. Dass sich die Grundlagen der Abwägung bei gleichbleibenden Anflugrouten, aber um mindestens 15° divergierenden und bis zu 15° abknickenden Abflugrouten nicht wesentlich ändern würden, war aufgrund der Siedlungsstrukturen in der Umgebung des Flughafens bereits damals erkennbar. Ausgehend hiervon war es jedenfalls vertretbar, das Risiko einzugehen und an der bisherigen Grobplanung festzuhalten.
77 Das H.-Schreiben vom 7. Oktober 1998 führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Die PPS begründete ihre an das Bundesverkehrsministerium gerichtete Bitte, Einfluss auf die DFS dahingehend zu nehmen, dass diese ihre Stellungnahme zum DES modifiziere, damit, dass anderenfalls alle im Vertrauen auf die Verbindlichkeit der DFS-Grobplanung erarbeiteten Gutachten überarbeitet werden müssten und mit erheblichen finanziellen Mehraufwendungen und einer zeitlichen Verzögerung im Planungsablauf um ca. 3 Monate zu rechnen sei. Diese Gründe konnten zwar für sich betrachtet das Festhalten an der bisherigen Grobplanung nicht rechtfertigen; die Entscheidung war jedoch auch sachlich vertretbar. Wie bereits dargelegt, war die für den abhängigen Betrieb erstellte Grobplanung ausreichend, um die Lärmbetroffenheiten in der für die Abwägung relevanten Größenordnung auch bei unabhängigem Bahnbetrieb abzuschätzen. Unter diesen Umständen durften die genannten verfahrensökonomischen Erwägungen bei der Entscheidung über das weitere Vorgehen berücksichtigt werden.
78 Sachfremde Gründe für das Festhalten an der bisherigen Grobplanung ergeben sich auch nicht aus der E-Mail des DFS-Mitarbeiters Herrn S. vom 9. Oktober 1998 und der E-Mail des DFS-Mitarbeiters Herrn K. vom 3. Februar 2006. Der Mitarbeiter der DFS, Herr S., teilt in seiner nach Eingang des H.-Schreibens bei der DFS verfassten E-Mail mit, dass „entgegen unserer Vereinbarung vom 29.9.1998“ ein neues Verfahrenskonzept nicht vorgelegt werden solle. Ob der Beklagte in der Besprechung vom 29. September 1998 mit der DFS vereinbart hatte, dass die DFS eine neue Grobplanung unter Berücksichtigung des 15°-Erfordernisses erarbeiten solle, ist nicht entscheidungserheblich. Sollte der Beklagte seine Position im Laufe des Verfahrens geändert haben, würde dies an der Vertretbarkeit der Entscheidung, an der bisherigen Grobplanung festzuhalten, nichts ändern. Die in der E-Mail verwendete Formulierung, dass die DFS die neuen Verfahren „in der Hinterhand“ behalte, wiederholt der Sache nach lediglich die bereits dargelegte, auch dem Beklagten und der Beigeladenen zu 1 bekannte Tatsache, dass die DFS an der vorgelegten Grobplanung nur mit der Maßgabe festhielt, für den unabhängigen Parallelbetrieb um bis zu 15° abknickende Abflugrouten zu planen. Der Mitarbeiter der DFS, Herr K., berichtet in seiner kurz vor der ersten mündlichen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichts im Jahr 2006 verfassten E-Mail über einen Anruf von Herrn Ministerialrat B. zur Vorbereitung dieser Verhandlung. Zu der Frage, aus welchen Gründen im Herbst 1998 entschieden wurde, für das Planfeststellungsverfahren an der Grobplanung der DFS vom März 1998 festzuhalten, gibt diese E-Mail nichts her.
79 Ausgehend hiervon ist der Vorwurf der Kläger, der Beklagte habe „wider besseres Wissen“ an den parallelen Abflugrouten festgehalten, unbegründet. Das Festhalten an der bisherigen Grobplanung war - wie dargelegt - rechtlich nicht zu beanstanden. Unter Berücksichtigung des von der DFS geforderten Toleranzbereichs von um bis zu 15° nach Norden oder Süden abknickenden Abflugrouten war die Grobplanung vom März 1998 realisierbar. Die parallelen Abflugrouten waren auch geeignet, die innerhalb des Toleranzbereichs möglichen Lärmbetroffenheiten in der für die Abwägung relevanten Größenordnung realistisch abzubilden. Da die Flugrouten im Planfeststellungsbeschluss nicht festgelegt wurden, sondern nur Grundlage für die Abschätzung der Auswirkungen des Flugbetriebs waren, kam es auf die Frage, ob der unabhängige Parallelbetrieb auf der Grundlage der DFS-Grobplanung auch ohne Berücksichtigung des Toleranzbereichs möglich wäre, nicht entscheidend an.
80 2.2.2 Bahnkonfiguration
81 Dass das Untersuchungsfenster für die Analyse der möglichen Bahnkonfigurationen (Achsabstand zwischen 1 600 und 2 300 m, Bahnversatz zwischen 800 und 1 800 m) bei Berücksichtigung des 15°-Erfordernisses auf Achsabstände so weit über 2 300 m hinaus erweitert worden wäre, dass ein unabhängiger Bahnbetrieb ohne Einhaltung des 15°-Erfordernisses möglich gewesen wäre, kann ausgeschlossen werden. Wie in der Konfigurationsanalyse (Beiakte 425, M 12 S. 12 - 14) und im Planfeststellungsbeschluss (PFB S. 637) dargelegt, würden sich bei einem größeren Achsabstand als 2 300 m die Rollwege unter flugbetrieblichen Gesichtspunkten wesentlich erhöhen; die Groß Kienitzer Berge würden sich zunehmend als flugbetrieblich bedenkliches topographisches Hindernis erweisen. Vor allem würde eine weitere Verschiebung der Südbahn nach Süden ihren Zweck auch unter fluglärmspezifischen Gesichtspunkten verfehlen. Die durch abknickende Abflüge stärker betroffene Gemeinde Eichwalde würde bei größeren Achsabständen als 2 300 m zunehmend in ihrer breitesten Ost-West-Ausdehnung überflogen und zwar, wenn der Achsabstand für parallele Abflüge ausreichend sein sollte, sowohl von An- als auch von Abflügen.
82 Ob die Konfigurationsanalyse innerhalb des Untersuchungsfensters wegen der Nichtberücksichtigung des 15°-Erfordernisses an einem ergebnisrelevanten Abwägungsfehler leidet, kann offen bleiben. Jedenfalls wären die Kläger durch einen etwaigen Abwägungsmangel nicht in eigenen Rechten verletzt worden. Das Grundstück der Kläger des Verfahrens BVerwG 4 A 7002.11 liegt nördlich der bereits vorhandenen Nordbahn. Eine Parallelverschiebung dieser Bahn war nicht Gegenstand der Konfigurationsanalyse. Von einer Verschiebung der Südbahn innerhalb des Untersuchungsfensters hätten sie nicht profitiert. Die Belange der in Zeuthen und damit südlich der Südbahn wohnenden Kläger der Verfahren BVerwG 4 A 7001.11 und 7003.11 waren für die Konfigurationsanalyse ebenfalls nicht abwägungserheblich. Als abwägungserheblich wurden in der Konfigurationsanalyse nur Betroffenheiten bis hinab zu einem Dauerschallpegel von Leq(3), Tag = 62 dB(A) angesehen (PFB S. 635 f. und Beiakte 425, M 12 S. 19). Diese Werte werden bei um bis zu 15° abknickenden Abflugrouten bei den Klägern der Verfahren BVerwG 4 A 7001.11 und 7003.11 nicht erreicht. Der Beklagte hat auf der Grundlage der Berechnungen nach der vorläufigen Berechnungsmethode für den Umgebungslärm an Flugplätzen (VBUF, vgl. Internetpapier des Beklagten vom 1. November 2010 http://www.mil.brandenburg.de/sixcms/media.php/4055/L%C3%A4rmbelastung_BBI.pdf) für das Grundstück der Kläger des Verfahrens BVerwG 4 A 7001.11 einen Leq(3), Tag = 53 dB(A) und für das weiter entfernte, aber direkt unter einer um 15° nach Süden abknickenden Flugroute liegende Grundstück der Kläger des Verfahrens BVerwG 4 A 7003.11 einen Leq(3), Tag = 55 dB(A) ermittelt (Schriftsatz vom 27. Mai 2011 S. 24 und 28). Die Kläger sind diesen Berechnungen nicht entgegen getreten. Dass der Leq(3), Tag bei den Klägern jedenfalls 62 dB(A) nicht erreicht, ist plausibel. Da nur etwa 35 % aller Abflüge nach Osten gehen, wird die Länge der für die Grobplanung berechneten 62 dB(A)-Kontur östlich der Südbahn mit etwa 7,7 km ab Startbahnende (vgl. Beiakte 425, Karte M 12-16) deutlich stärker durch die Anflüge bei Betriebsrichtung Westen als durch die Abflüge bei Betriebsrichtung Osten bestimmt. Der durch um 15° nach Süden abknickende Abflüge entstehende neue „Finger“ dieser Kontur wäre - wie die vom Beklagten in den Wiederaufnahme- und den Restitutionsverfahren vorgelegten, von der DLR für einen Leq(3), Tag = 60 dB(A) für die Grobplanung einerseits und um 15° nach Süden abknickende Abflugrouten andererseits berechneten Konturen bestätigen - die etwa 6,3 km bzw. 8 km vom östlichen Ende der Südbahn entfernten Grundstücke der Kläger in den Verfahren BVerwG 4 A 7001.11 und 7003.11 nicht erreichen. Die Bahnkonfiguration stellt für die Grundstücke der Kläger keinen Zwangspunkt mehr dar.
83 2.2.3 Mögliche Betroffenheiten außerhalb des Toleranzbereichs
84 Die Planfeststellungsbehörde muss bei ihrer Abwägung auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass das BAF von der Grobplanung abweichende Flugverfahren festlegt. Aus derartigen Flugverfahren können sich Konflikte ergeben, die der Planfeststellungsbeschluss, soweit dies nicht bereits auf der Ebene der Landesplanung geschehen ist, vorab bewältigen muss. Hierfür ist es erforderlich, die gesamte Umgebung des Flughafens, die von abwägungserheblichem Lärm betroffen werden könnte, in den Blick zu nehmen. Eine von bestimmten Flugrouten ausgehende Ermittlung der Lärmbetroffenheiten ist allerdings in aller Regel nicht erforderlich. Denn für die Konfliktbewältigung genügt es, sicherzustellen, dass die Festlegung der An- und Abflugverfahren die Zulassung des Vorhabens an dem vorgegebenen Standort mit der festgelegten Bahnkonfiguration nicht nachträglich als unabgewogen erscheinen lässt. Wenn die Prognose der An- und Abflugverfahren mit dem BAF oder der DFS abgestimmt ist (vgl. Urteil vom 13. Oktober 2011 - BVerwG 4 A 4001.10 - BVerwGE 141, 1 Rn. 151), darf die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich davon ausgehen, dass das BAF Flugverfahren festlegen wird, die Art und Ausmaß der im Planfeststellungsverfahren ermittelten Betroffenheiten nicht wesentlich übersteigen. Vorkehrungen für den Fall, dass das BAF das Planungsziel durch Festlegung von Abflugverfahren über dicht besiedeltes Stadtgebiet konterkariert, braucht sie nicht zu treffen; eine solche Flugroutenplanung wäre evident rechtswidrig. Ist nach dem planerischen Konzept der Planfeststellungsbehörde Grundlage für die Zulassung des Vorhabens an dem gewählten Standort, dass bestimmte Gebiete, die wegen ihrer dichten Besiedlung oder aus anderen Gründen besonders schutzwürdig sind, von einer Verlärmung durch stark belegte Abflugrouten verschont bleiben, kann sie dies im Planfeststellungsbeschluss feststellen. Das BAF hat bei der Festlegung der Flugverfahren dann auch diese Vorgabe zu beachten. Die Benutzung des Luftraums kann im Planfeststellungsverfahren zwar nicht geregelt werden (Urteil vom 13. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 147). Das Planfeststellungsverfahren für die Anlegung oder den Ausbau des Flughafens und das Verfahren zur Festlegung der Flugrouten stehen jedoch in einer Wechselbeziehung. Lässt sich die Zulassung des Flughafenausbaus nach dem Abwägungskonzept der Planfeststellungsbehörde nur rechtfertigen, wenn bestimmte Gebiete von erheblichen Beeinträchtigungen durch Fluglärm verschont bleiben, kann die Planfeststellungsbehörde klarstellen, dass der Schutz dieser Gebiete zu den tragenden Erwägungen des Planfeststellungsbeschlusses gehört, zu denen sich das BAF bei der nachfolgenden Festlegung der Flugverfahren nicht in Widerspruch setzen darf (Urteil vom 31. Juli 2012 - BVerwG 4 A 5000.10 u.a. - Rn. 51 <B.II.1>).
85 Ob und inwieweit der Planfeststellungsbeschluss den sich hieraus ergebenden Anforderungen genügt, kann dahingestellt bleiben. Das Fehlen etwaiger Vorkehrungen für den Fall, dass das BAF von der Grobplanung abweichende Flugverfahren festlegt, würde - wie bereits dargelegt - die Zulassung des Vorhabens am Standort Schönefeld nicht in Frage stellen und deshalb nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, sondern allenfalls zu einem Anspruch auf Planergänzung führen.
86 B. Hilfsantrag
87 I. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts
88 Das Bundesverwaltungsgericht ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 5 Abs. 1, § 11 Abs. 2 VerkPBG aus den zum Hauptantrag dargelegten Gründen auch für die Entscheidung über den auf Untersagung des unabhängigen Bahnbetriebs gerichteten Hilfsantrag zuständig. Die Kläger stützen den Untersagungsanspruch auf den Vorbehalt nachträglicher Anordnungen in A II 5.1.9 Nr. 1 PFB. Sie begehren jedoch nicht den Erlass nachträglicher Schutzauflagen, sondern die (Teil-)Aufhebung der planfestgestellten Regelungen über den Flugbetrieb wegen eines beachtlichen Abwägungsfehlers des Beklagten (Schriftsatz vom 29. August 2011 S. 35). Sie machen - wie mit dem Hauptantrag - geltend, dass die Abwägung widersprüchlich sei, weil der Beklagte einerseits von einem unabhängigen Bahnbetrieb, andererseits aber von geradlinigen Abflugrouten ausgegangen sei (Schriftsatz vom 23. März 2011 S. 36). Auch mit dem Hilfsantrag geht es mithin um die ursprüngliche Rechtmäßig- bzw. Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004. Sollte der Untersagungsanspruch nicht auf die ursprüngliche Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses, sondern auf nachträglich geänderte Umstände, insbesondere auf die inzwischen vom BAF festgelegten Flugverfahren gestützt sein, wäre dies ein anderer Streitgegenstand, für den das Bundesverwaltungsgericht erstinstanzlich nicht zuständig wäre. Ein Anspruch auf (Teil-)Widerruf des Planfeststellungsbeschlusses wegen nach seinem Erlass eingetretener Umstände würde das Planfeststellungsverfahren nicht mehr unmittelbar betreffen. Einen Anspruch auf Widerruf von Betriebsregelungen wegen nachträglich geänderter Umstände machen die Kläger jedoch nicht geltend; jedenfalls ist ihrem Vorbringen dies nicht hinreichend klar zu entnehmen.
89 II. Begründetheit
90 Der Hilfsantrag ist zulässig, aber nicht begründet. Die Kläger können nicht verlangen, dass der Beklagte der Beigeladenen zu 1 die Nutzung der beiden Start- und Landebahnen für einen unabhängigen Parallelbetrieb untersagt.
91 Nach A II 5.1.9 Nr. 1 Satz 1 PFB bleibt die nachträgliche Festsetzung, Änderung oder Ergänzung von Auflagen zum Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm vorbehalten. Nach Satz 2 dieser Regelung werden insbesondere bei geänderten An- und Abflugverfahren am Flughafen die festgelegten Schutz- und Entschädigungsgebiete neu ausgewiesen, wenn sich der energieäquivalente Dauerschallpegel an näher bezeichneten Punkten um mehr als 2 dB(A) ändert. Satz 2 ist entgegen der Auffassung des Beklagten keine der Regelung in Satz 1 vorgehende Spezialregelung, die nachträgliche Anordnungen nach Satz 1 für den Fall geänderter An- und Abflugverfahren von vornherein ausschließt. Der Vorbehalt in Satz 1 kann für Maßnahmen des aktiven Schallschutzes bis hin zu einem (Teil-)Widerruf der Regelungen über den Flugbetrieb nutzbar gemacht werden (Urteile vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 356 und vom 13. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 200). Das gilt nicht nur bei einer die Prognose übersteigenden Anzahl von Flugbewegungen, sondern auch bei geänderten An- und Abflugverfahren. Auf eine nachträgliche Änderung der An- und Abflugverfahren, insbesondere auf die Festlegung der Flugverfahren durch die Rechtsverordnung des BAF vom 10. Februar 2012 (BAnz Nr. 45 S. 1086) könnte der Untersagungsanspruch hier - wie soeben dargelegt - nicht gestützt werden. Im Übrigen gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Lärmbetroffenheiten durch die von der BAF festgelegte, um 15° nach Süden abknickende und damit innerhalb des Toleranzbereichs verbleibende Route für Abflüge von der Südbahn in Betriebsrichtung Osten abwägungserheblich verändern könnten. Hinzu kommt, dass diese Route nur von Flugzeugen genutzt werden soll, die den Mindeststeigungsgradienten nicht erreichen, der für eine südliche, über erheblich dünner besiedeltes Gebiet führende Variante erforderlich ist (vgl. BAF, Festlegung von Flugverfahren für den Verkehrsflughafen Berlin Brandenburg (BER), Abwägungsvermerk vom 26. Januar 2012, S. 61 - 64, abrufbar unter http://www.baf.bund.de/DE/Service/FlugroutenBER/FlugroutenBER_node.html). Für die Kläger der Verfahren BVerwG 4 A 7001.11 und 7003.11 dürfte damit eine Anpassung der Schutzgebiete für die Konfliktbewältigung ausreichend sein. Die Lärmbetroffenheit der Kläger des Verfahrens BVerwG 4 A 7002.11 dürfte sich durch die festgelegte, zunächst geradlinig in Verlängerung der Nordbahn verlaufende Route für Abflüge in Betriebsrichtung Westen gegenüber der Prognose auf der Grundlage der Grobplanung nicht verändert haben.
92 Ob nach A II 5.1.9 Nr. 1 Satz 1 PFB auch Umstände, die bereits bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses zu seiner Rechtswidrigkeit geführt haben, nachträgliche Anordnungen rechtfertigen können, kann offen bleiben. Selbst wenn dies der Fall wäre (zur Anwendbarkeit von Widerrufsvorschriften auf rechtswidrige Verwaltungsakte vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 49 Rn. 12; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 49 Rn. 6), müsste der Hilfsantrag ohne Erfolg bleiben. Denn die Zulassung des Vorhabens im Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 war auch ohne eine Untersagung des unabhängigen Parallelbetriebs der beiden Start- und Landebahnen rechtmäßig; die Zulassungsentscheidung leidet nicht an dem von den Klägern geltend gemachten inneren Widerspruch. Unter Berücksichtigung eines Toleranzbereichs von um bis zu 15° nach Norden oder nach Süden abknickenden Abflugrouten war die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegte Grobplanung der An- und Abflugrouten mit einem unabhängigen Betrieb beider Bahnen vereinbar. Die geradlinigen Abflugrouten waren geeignet, auch für den unabhängigen Bahnbetrieb die innerhalb des Toleranzbereichs möglichen Lärmbetroffenheiten in der für die Abwägung relevanten Größenordnung realistisch abzubilden (vgl. oben A.II.2.2.1).
93 C. Kosten
94 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3, § 159 Satz 1 und 2 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.
Beschluss vom 06.09.2012 -
BVerwG 4 A 7000.12ECLI:DE:BVerwG:2012:060912B4A7000.12.0
-
Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 06.09.2012 - 4 A 7000.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:060912B4A7000.12.0]
Beschluss
BVerwG 4 A 7000.12
- Bundesverwaltungsgericht - 31.07.2012 - AZ: BVerwG 4 A 7001.11
In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. September 2012
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und die Richterinnen
am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp und Dr. Bumke
beschlossen:
- Das Verfahren über die Anhörungsrüge wird eingestellt.
- Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens über die Anhörungsrüge.
Gründe
1 Die Kläger haben ihre Anhörungsrüge gegen die Entscheidung des Senats vom 31. Juli 2012 im Verfahren - BVerwG 4 A 7001.11 - mit Schriftsatz vom 3. September 2012 zurückgenommen. Das Verfahren über die Anhörungsrüge ist deshalb in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
2 Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 2 VwGO. Gerichtsgebühren für das Verfahren über die Anhörungsrüge sind nicht entstanden.
Beschluss vom 25.02.2013 -
BVerwG 4 A 7003.12ECLI:DE:BVerwG:2013:250213B4A7003.12.0
-
Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 25.02.2013 - 4 A 7003.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2013:250213B4A7003.12.0]
Beschluss
BVerwG 4 A 7003.12
In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. Februar 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz
beschlossen:
- Die Anhörungsrüge der Kläger gegen das Urteil des Senats vom 31. Juli 2012 - BVerwG 4 A 7001.11 - wird zurückgewiesen.
- Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
1 Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg. Die Kläger haben keinen Anspruch nach § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO auf Fortführung des Klageverfahrens. Zu Unrecht machen sie geltend, der Senat habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
2
Die Ablehnung des Antrags der Kläger nach Anlage 1 zur Sitzungsniederschrift, Beweis zu der Frage zu erheben,
ob die Gebiete, die von 15° nach Norden oder nach Süden abknickenden Flugrouten betroffen sind, abwägungserheblich anders besiedelt sind als die, die von parallelen Abflugrouten betroffen wären,
durch den mit Begründung versehenen Beschluss des Senats vom 4. Juli 2012 (Sitzungsniederschrift S. 5), vertieft durch die Erläuterungen im angefochtenen Urteil vom 31. Juli 2012 (UA Rn. 62), verstößt nicht gegen Art. 103 Abs. 1 GG; sie ist prozessrechtlich nicht zu beanstanden.
3 1. Maßgebend für die Frage, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, ist der materiellrechtliche Standpunkt der angegriffenen Entscheidung (stRspr, vgl. nur Beschluss vom 23. August 2006 - BVerwG 4 A 1066.06 -). Art. 103 Abs. 1 GG gewährt keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216>); die Vorschrift verpflichtet die Gerichte insbesondere nicht, der Rechtsansicht einer Partei zu folgen (BVerfG, Beschluss vom 12. April 1983 - 2 BvR 678/81 - BVerfGE 64, 1 <12>, Urteil vom 7. Juli 1992 - 1 BvL 51/86 u.a. - BVerfGE 87, 1 <33>). Soweit die Kläger geltend machen, die beantragte Aufklärung durch Sachverständigengutachten sei geboten gewesen, „weil der vom Senat gewählte (abstrakte) Planungsmaßstab für Lärmprognosen unzutreffend ist“ (Beschwerdebegründung S. 6 - Klammerzusatz im Original), wenden sie sich gegen die materiellrechtliche Auffassung des Senats, dass - wie im Beweisbeschluss durch Bezugnahme auf das Urteil des Senats vom 13. Oktober 2011 (BVerwG 4 A 4001.10 - BVerwGE 141, 1 Rn. 159) zum Ausdruck kommt - die für den abhängigen Bahnbetrieb erstellte Grobplanung der An- und Abflugrouten ausreichend sein kann, um die Lärmbetroffenheiten auch bei unabhängigem Bahnbetrieb abzuschätzen. Hierauf kann die Anhörungsrüge nicht gestützt werden.
4 2. Entsprechendes gilt für den Einwand, es handele sich um eine fehlerhafte Anwendung des Planungsmaßstabs im konkreten Fall, weil „Lärmbelange dann nicht überschlägig anhand einer Grobanalyse zu bestimmen (seien), wenn die Flugroutenprognosen unrealistisch waren“ (Beschwerdebegründung S. 7 - 8). Der Anspruch auf rechtliches Gehör schützt nicht gegen eine nach Meinung eines Beteiligten sachlich unrichtige Ablehnung eines Beweisantrags (Beschluss vom 7. Oktober 1987 - BVerwG 9 CB 20.87 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 Nr. 31). Abgesehen davon hat der Senat nicht festgestellt, dass die Flugroutenprognose „unrealistisch“ war. Maßgeblich ist, ob die prognostische Flugroutenplanung Art und Ausmaß der zu erwartenden Betroffenheiten in der für die Abwägung relevanten Größenordnung realistisch abbildet (UA Rn. 66). Hiervon ist der Senat ausgegangen.
5 3. Der Vorwurf der Kläger (Beschwerdebegründung S. 8 - 10), der Senat verfüge nicht über ausreichende Erkenntnisse, um die Beweisfrage zu beantworten, ist unbegründet. Zur Beantwortung der Beweisfrage bedurfte es nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens.
6 Das Tatsachengericht entscheidet über die Art der heranzuziehenden Beweismittel und den Umfang der Beweisaufnahme im Rahmen seiner Pflicht zur Sachverhaltsermittlung von Amts wegen nach Ermessen (§ 98 VwGO, § 404 Abs. 1, § 412 Abs. 1 ZPO). In diesem Rahmen hat das Gericht darüber zu befinden, ob es zur Entscheidung des Rechtsstreits die Hilfe eines Sachverständigen benötigt. Die Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens kann nur dann als verfahrensfehlerhaft beanstandet werden, wenn das Gericht für sich eine ihm unmöglich zur Verfügung stehende Sachkunde in Anspruch nimmt oder wenn es sich in einer Frage für sachkundig hält, in der seine Sachkunde ernstlich zweifelhaft ist, ohne dass es für die Beteiligten überzeugend darlegt, dass ihm das erforderliche Fachwissen in genügendem Maße zur Verfügung steht (zur Zulassung der Revision stRspr, vgl. nur Beschlüsse vom 14. September 1992 - BVerwG 7 B 130.92 - Buchholz 406.401 § 31 BNatSchG Nr. 2, vom 24. November 1997 - BVerwG 1 B 224.97 - juris Rn. 6, vom 16. Januar 2002 - BVerwG 4 BN 27.01 - BRS 65 Nr. 58, vom 25. März 2009 - BVerwG 4 B 63.08 - BRS 74 Nr. 196 und vom 18. Juni 2012 - BVerwG 5 B 5.12 - juris Rn. 7).
7 Lärmberechnungen hat der Senat nicht vorgenommen. Nach der Rechtsauffassung des Senats genügte eine Abschätzung der Lärmbetroffenheiten auf der Grundlage einer Grobanalyse der Siedlungsstruktur der Flughafenumgebung i.V.m. den für das Planfeststellungsverfahren ermittelten, in den Verwaltungsvorgängen vorhandenen (Beiakte 429, N 5 Tabellenanhang) Einwohnerzahlen der betroffenen Ortsteile und Gemeinden (UA Rn. 62). Dass es besonderer Sachkunde bedürfte, auf dem Kartenmaterial um bis zu 15° nach Norden oder Süden abknickende Abflugrouten zu markieren, um die gebotene siedlungsstrukturelle Vergleichsbetrachtung anzustellen, ist nicht ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Ebenso wenig ist zu erkennen, dass die vom Senat zugrunde gelegten Einwohnerzahlen unzutreffend sein könnten; Einwände hiergegen haben auch die Kläger nicht erhoben.
8 4. Es bedurfte auch keiner Ermittlungen durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen, um feststellen zu können, dass die Belange der Kläger unter Zugrundelegung der 15°-Abweichung für die Konfigurationsanalyse nicht abwägungserheblich waren. Entgegen der Auffassung der Kläger (Beschwerdebegründung S. 9 - 10) liegt kein Verstoß gegen § 108 VwGO vor.
9 Die Einschätzung des Senats, dass die für die Konfigurationsanalyse maßgeblichen Werte bis hinab zu einem Dauerschallpegel von Leq(3), Tag = 62 dB(A) bei um bis zu 15° abknickenden Abflugrouten bei den Klägern nicht erreicht werden, hat er maßgeblich auf von dem Beklagten vorgenommene Berechnungen, die nach der vorläufigen Berechnungsmethode für den Umgebungslärm an Flugplätzen vorgenommen worden sind, gestützt (UA Rn. 82).
10 Mit ihrem Einwand, der Vortrag des Beklagten zu den Berechnungen sei „als Parteivorbringen und nicht als der Beweiswürdigung zugängliches Sachverständigengutachten“ zu werten (Beschwerdebegründung S. 9), zeigen die Kläger keinen Mangel auf, der Anlass zu einer Überprüfung der aus Sicht des Senats plausiblen Berechnungen gegeben hätte. Das Gebot des § 86 Abs. 1 VwGO, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, verwehrt es dem Tatsachengericht nicht, für seine tatsächlichen Feststellungen auch das Vorbringen eines Beteiligten zu verwerten, soweit es ihm überzeugend erscheint und nicht durch anderweitiges Parteivorbringen schlüssig in Frage gestellt wird. Dies gilt auch für solche im Verwaltungsverfahren durch die Behörde erarbeiteten Unterlagen, die nur aufgrund besonderer Sachkunde erstellt werden können (Beschlüsse vom 24. August 1987 - BVerwG 4 B 129.87 - Buchholz 442.08 § 36 BbG Nr. 12 = juris Rn. 43 und vom 23. August 2006 - BVerwG 4 A 1066.06 - juris Rn. 6; vgl. auch Beschluss vom 7. Februar 2011 - BVerwG 4 B 48.10 - ZfBR 2011, 575 = juris Rn. 9). Ob das Gericht es mit den von einem Beteiligten vorgelegten Unterlagen bewenden lassen darf oder verpflichtet ist, noch einen weiteren Sachverständigen einzuschalten, hängt von der Überzeugungskraft der gutachterlichen Äußerung ab (Beschluss vom 14. Juni 2004 - BVerwG 4 BN 18.04 - BauR 2004, 1907 m.w.N.). Die Notwendigkeit, einen gutachterlich durch einen Beteiligten - hier durch die vom Beklagten vorgelegten Berechnungen - aufgehellten Sachverhalt weiter zu erforschen, drängt sich grundsätzlich nur auf, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Angaben unvollständig, widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht überzeugend sind, wenn die Aussagen auf unzutreffenden tatsächlichen Annahmen beruhen, wenn Zweifel an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Sachverständigen bestehen, wenn ein anderer Sachverständiger über neuere oder überlegenere Forschungsmittel verfügt oder wenn die Erkenntnisse, die in den vorliegenden Unterlagen ihren Niederschlag gefunden haben, durch substantiierte Einwände eines Beteiligten oder durch die übrige Ermittlungstätigkeit des Gerichts ernsthaft in Frage gestellt erscheinen.
11 Gemessen an diesem Maßstab bestand kein Anlass für den Senat, Berechnungen zum Dauerschallpegel bei um bis zu 15° abknickenden Abflugrouten bezüglich des Grundstücks der Kläger durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen einzuholen (UA Rn. 82). Zwar ist bei der Annahme, dass das schlüssige und sachkundige Parteivorbringen ohne Weiteres überzeugend ist, generell Zurückhaltung geboten (Beschluss vom 24. August 1987 a.a.O. Rn. 44). Die Berechnungen haben aber nicht allein deshalb geringeres Gewicht als gerichtlich veranlasste Berechnungen, weil sie von einem Beteiligten eingeführt worden sind, der an einem bestimmten Verfahrensausgang interessiert ist (vgl. Beschluss vom 25. April 2002 - BVerwG 4 BN 20.02 - juris Rn. 14 zur Verwertbarkeit von nicht richterlich veranlassten Gutachten). Einwände gegen die mit Schriftsatz vom 27. Mai 2011 (GA I, Bl. 189 im Verfahren BVerwG 4 A 7001.11 <S. 24>) vorgelegten Berechnungen haben die Kläger nicht erhoben. Sie haben auch keinen Beweisantrag zur Frage der Berechnungen zum Dauerschallpegel bei um bis zu 15° abknickenden Abflugrouten gestellt. Der Beweisantrag nach Anlage 1 der Sitzungsniederschrift betraf allein die Frage der Besiedlungsdichte („abwägungserheblich anders besiedelt“). Nach der in der mündlichen Verhandlung erläuterten Begründung der Beweisablehnung wurden von Seiten der Kläger keine Einwände gegenüber den Berechnungen des Beklagten erhoben, die Anlass zu Zweifeln an der Verwertbarkeit der ermittelten dB(A)-Werte hätten geben können. Ebenso wenig finden sich Einwände in dem vorherigen schriftsätzlichen Vortrag der Kläger. Auch im Rahmen der Anhörungsrüge haben sie nicht dargelegt, dass die Berechnungen unvollständig, widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht überzeugend seien.
12 5. Soweit die Kläger geltend machen, der Senat habe sich nicht auf die vom Beklagten in den Wiederaufnahme- und den Restitutionsverfahren vorgelegten, von der DLR für einen Leq(3), Tag = 60 dB(A) für die Grobplanung einerseits und um 15° nach Süden abknickende Abflugrouten andererseits berechneten Konturen stützen dürfen, weil diese Berechnungen nicht in das Verfahren eingeführt worden seien (Beschwerdebegründung S. 9 f.), zeigen sie ebenfalls keinen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör auf.
13 Der Senat hat ausdrücklich selbst darauf hingewiesen, dass die DLR-Berechnungen nicht in das Verfahren der Kläger eingeführt worden waren (UA Rn. 82), und damit deutlich gemacht, dass dieser Gesichtspunkt nicht entscheidungstragend war, sondern lediglich ergänzend in den Blick genommen worden ist.
14 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Gerichtsgebühr ergibt sich unmittelbar aus Nr. 5400 KV GKG. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht.