Urteil vom 02.11.2022 -
BVerwG 5 A 1.21ECLI:DE:BVerwG:2022:021122U5A1.21.0

Urteil

BVerwG 5 A 1.21

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. November 2022
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer,
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß und Dr. Harms und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Holtbrügge und Preisner
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I

1 Die Beteiligten streiten über die Beihilfefähigkeit einer Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems.

2 Die Klägerin ist gegenüber der beklagten Bundesrepublik Deutschland mit einem Bemessungssatz von 50 v. H. beihilfeberechtigt. Unter dem 21. November 2019 erhielt sie die fachärztliche Diagnose, an einem Lipödem des Stadiums II zu leiden. In der Folge ließ sie, der Empfehlung der von ihr konsultierten Ärzte folgend, an den betroffenen Körperregionen eine wasserstrahlassistierte Liposuktion (WAL-Technik) durchführen. Die entsprechenden operativen Eingriffe wurden in einer Fachklinik für Lipödem-Chirurgie vorgenommen. Sie fanden am 17. Juli 2020 (Unterschenkel), 21. September 2020 (Oberschenkelvorderseiten), 16. November 2020 (Arme) und 21. Februar 2022 (Oberschenkelrückseiten) statt. Die hierfür jeweils am Tag der Behandlung in Rechnung gestellten Aufwendungen belaufen sich auf insgesamt 25 500 €.

3 Vor Durchführung der ersten Liposuktion hatte die Klägerin die Beihilfestelle der Beklagten um Kostenübernahme im Rahmen der bestehenden Beihilfeberechtigung gebeten und hierzu den Operationsplan und Kostenvoranschlag einer an der Fachklinik tätigen Fachärztin für Plastische und Ästhetische Chirurgie vom 5. Dezember 2019 vorgelegt. Die Beihilfestelle lehnte eine Kostenübernahme mit Schreiben vom 13. Februar 2020 ab. Nach der von ihr in Bezug genommenen amtsärztlichen Stellungnahme des Landesamtes für Gesundheit und Soziales B. vom 31. Januar 2020 sei die medizinische Notwendigkeit für eine Liposuktion bei der Klägerin nach aktuellem Stand der Wissenschaft nicht belegt. Der Gemeinsame Bundesausschuss habe durch Beschluss vom 19. September 2019 die Liposuktion lediglich bei Lipödemen ab Stadium III (ambulant und stationär) vorübergehend bis 2024 als gesetzliche Kassenleistung beschlossen. Für Patientinnen mit einem Lipödem des Stadiums I oder - wie bei der Klägerin - des Stadiums II solle eine diesbezügliche Prüfung erst nach Abschluss einer randomisierten, kontrollierten Studie erfolgen. Eine Rechtsmittelbelehrung war dem Schreiben der Beihilfestelle nicht beigefügt.

4 Die Klägerin wertete das Schreiben der Beihilfestelle als Bescheid und legte dagegen Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Hinweis auf den vorgenannten Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses stelle keine tragfähige Begründung dar, um die medizinische Notwendigkeit der in Rede stehenden Liposuktionen zu verneinen. Mit Rücksicht auf die laufende Erprobungsstudie zur Liposuktion für alle drei Krankheitsstadien sei hier § 137c Abs. 3 SGB V anzuwenden. Danach hätten Versicherte einen Anspruch auf eine vom Gemeinsamen Bundesausschuss noch nicht abschließend bewertete Behandlungsmethode, wenn diese das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative biete und nach den Regeln der ärztlichen Kunst angewandt werde. Diese Voraussetzungen seien im Hinblick auf die in Rede stehenden Liposuktionen erfüllt. Die Liposuktionen seien in ihrem Fall auch medizinisch notwendig, da konservative Maßnahmen, insbesondere lymphatische Entstauungen durch Kompression, nicht zum gewünschten Erfolg geführt hätten. Zudem legte die Klägerin eine weitere, auf den 3. April 2020 datierte ärztliche Stellungnahme vor. Die Beihilfestelle half dem Widerspruch nicht ab. In ihrem diesbezüglichen Schreiben vom 16. Oktober 2020 wies sie unter anderem darauf hin, dass die Liposuktion nach herrschender Meinung als Ultima Ratio zu sehen sei, sofern alle anderen Behandlungsmethoden zu keinem Erfolg geführt hätten. Ihr lägen keine Informationen vor, wonach die Klägerin sich bereits anderen Behandlungsmethoden unterzogen habe.

5 Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Januar 2021 wies die Widerspruchsbehörde der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen sei gemäß § 6 Abs. 1 BBhV grundsätzlich dann gegeben, wenn die Aufwendungen dem Grunde nach notwendig und wirtschaftlich angemessen seien und die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen sei. Vorliegend sei bereits die Notwendigkeit der Aufwendungen zu verneinen. Diese setze grundsätzlich voraus, dass die Aufwendungen für eine Behandlung entstanden seien, die nach einer wissenschaftlich anerkannten Methode vorgenommen werde. Daran fehle es hier. Die Liposuktion bei einem Lipödem sei eine neue Behandlungsmethode. Eine neue Behandlungsmethode stelle grundsätzlich nur dann eine wissenschaftlich anerkannte Methode dar, wenn sie von der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt sei. Das treffe gegenwärtig nur auf die Liposuktion bei einem Lipödem des Stadiums III zu. Für dieses habe der Gemeinsame Bundesausschuss die Liposuktion unter strengen Voraussetzungen und befristet bis zum Jahr 2024 als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen anerkannt. Die Liposuktion bei einem Lipödem des Stadiums I und II werde derzeit nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Insoweit fehle es an den notwendigen Erkenntnissen zu den Vor- und Nachteilen dieser Methode gegenüber nicht operativen Behandlungen. Aus § 137c Abs. 3 SGB V folge schon deshalb nichts Anderes, weil sich die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen allein nach der Bundesbeihilfeverordnung bestimme.

6 Mit ihrer am 12. Februar 2021 eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Liposuktionen seien nach erfolglosem Ausschöpfen der konservativen Therapien als Ultima Ratio medizinisch notwendig gewesen bzw. notwendig. Zum Beleg der konservativen Behandlung legte sie auf den 14. Januar 2020 und 22. Juni 202o datierte Rechnungen eines Sanitätshauses vor. Die erste Rechnung betreffe eine Kompressionsstrumpfhose, die zweite eine Kompressionsleggins nach Maß und Kompressionsarmstrümpfe inklusive Anziehhilfen für Bein und Arm. Sie habe Strumpfhose und Armstrümpfe nach Erhalt täglich getragen. Eine Therapie mittels manueller Lymphdrainage sei laut Anraten des behandelnden Arztes präoperativ nicht angezeigt gewesen. Die medizinische Notwendigkeit werde durch die der Beihilfestelle im Verwaltungsverfahren vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen der sie behandelnden Ärzte bestätigt.

7 Die Klägerin hat in dem Erörterungstermin vor der Berichterstatterin des Bundesverwaltungsgerichts am 15. Dezember 2021 den Antrag gestellt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Februar 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Januar 2021 zu verpflichten, ihr eine Beihilfe zu den Liposuktionen der beiden Arme, Unterschenkel und Oberschenkelvorderseiten in Höhe von insgesamt 9 750 € zu gewähren.

8 Mit Schriftsatz vom 14. April 2022 hat die Klägerin ihr Begehren auf die Aufwendungen der nach dem Erörterungstermin durchgeführten Liposuktion an beiden Oberschenkelrückseiten erstreckt und die Gewährung einer Beihilfe in Höhe von insgesamt 12 750 € beantragt.

9 Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

10 Zur Begründung wiederholt und vertieft sie im Wesentlichen ihre Ausführungen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren. Sie beruft sich vor allem darauf, dass die Klägerin keine qualifizierten Angaben zur erfolglosen Durchführung der konservativen Therapie bestehend aus regelmäßiger Lymphdrainage und einer adäquaten Kompressionstherapie gemacht habe. Die vorgelegten Rechnungen des Sanitätshauses genügten hierfür nicht. Auch die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen belegten nicht, dass sich die Klägerin der konservativen Behandlung ohne Erfolg unterzogen habe. Die ärztliche Stellungnahme vom 5. Dezember 2019 und der ihr zu entnehmende zeitliche Ablauf von der ersten Diagnose, dem Aufsuchen der Fachklinik sowie der Entscheidung für die Behandlung in Form der Liposuktion und deren Planung spreche vielmehr für die gegenteilige Annahme. Im Übrigen weist die Beklagte in Ergänzung ihrer bisherigen Ausführungen darauf hin, dass die Voraussetzungen des § 33 BBhV, wonach in näher beschriebenen Ausnahmefällen eine Beihilfe zu den Aufwendungen für eine nicht wissenschaftlich anerkannte Behandlung zu gewähren sei, nicht vorlägen.

11 Die Beteiligten haben im Erörterungstermin zu Protokoll des Gerichts ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte (1 Ordner) verwiesen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II

12 Die zulässige Klage, für die das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz zuständig ist und über die der Senat gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Januar 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe zu den Aufwendungen der bei ihr durchgeführten Liposuktionen.

13 Maßgeblich für das Bestehen des geltend gemachten Beihilfeanspruchs ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 29. Juli 2021 - 5 C 18.19 - NVwZ-RR 2022, 144 Rn. 9 m. w. N). Daher sind vorliegend hinsichtlich der Liposuktion an den Unterschenkeln, Oberschenkelvorderseiten und Armen, die am 17. Juli 2020, 21. September 2020 und 16. November 2020 durchgeführt und in Rechnung gestellt wurden, die Vorschriften der Verordnung über Beihilfe in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen (Bundesbeihilfeverordnung - BBhV) vom 13. Februar 2009 (BGBl. I S. 326) in der durch Art. 4a des Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetzes vom 28. April 2020 (BGBl. I S. 960) geänderten Fassung - BBhV a. F. - anwendbar. Bezüglich der am 21. Februar 2022 durchgeführten und in Rechnung gestellten Liposuktion an den Oberschenkelrückseiten ist auf die am 1. Januar 2021 in Kraft getretene Fassung der Neunten Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 1. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2713, berichtigt am 1. März 2021 <BGBl. I S. 343>) - BBhV n. F. - abzustellen. Sowohl nach der alten wie auch der neuen Fassung der Bundesbeihilfeverordnung besteht bereits dem Grunde nach kein Anspruch auf die begehrte Beihilfe, weil die Liposuktionsbehandlungen der Klägerin im Zeitpunkt ihrer jeweiligen Durchführung nicht - wie von § 6 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 BBhV a. F. und § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 BBhV n. F. gleichermaßen gefordert - notwendig waren (1.). Ein Beihilfeanspruch ergibt sich für die Klägerin auch nicht aus Härtefallgesichtspunkten (2.) oder unmittelbar aus dem durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Fürsorgegrundsatz (3.).

14 1. Dem Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Beihilfe zu den Aufwendungen für die Liposuktionen steht die fehlende Beihilfefähigkeit gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 BBhV a. F. bzw. § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 BBhV n. F. entgegen.

15 Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV a. F. bzw. § 6 Abs. 3 Satz 1 BBhV n. F. sind grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen beihilfefähig. Die Notwendigkeit von Aufwendungen für Untersuchungen und Behandlungen setzt dabei grundsätzlich voraus, dass diese nach einer wissenschaftlich anerkannten Methode vorgenommen werden (§ 6 Abs. 2 Satz 1 BBhV a. F. bzw. § 6 Abs. 4 Satz 1 BBhV n. F.). Als nicht notwendig gelten in der Regel Untersuchungen und Behandlungen, soweit sie in der Anlage 1 ausgeschlossen werden (§ 6 Abs. 2 Satz 2 BBhV a. F. bzw. § 6 Abs. 4 Satz 2 BBhV n. F.). Letzteres trifft auf die Liposuktion nicht zu. Diese stellt aber in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 17. Juli 2020 bis 21. Februar 2022 - wie von der Beklagten behauptet und von der Klägerin nicht ernstlich bestritten - keine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode bei einem Lipödem des - bei der Klägerin unstreitig diagnostizierten - Stadiums II dar (a). Die betreffenden Aufwendungen erweisen sich auch nicht ausnahmsweise als notwendig (b).

16 a) Die medizinische Notwendigkeit als Voraussetzung für die Beihilfegewährung ist ein der gerichtlichen Überprüfung voll zugänglicher, unbestimmter Rechtsbegriff. Aufwendungen in Krankheitsfällen sind danach dem Grunde nach notwendig, wenn sie für eine medizinisch gebotene Behandlung entstanden sind, die der Wiedererlangung der Gesundheit, der Besserung oder Linderung von Leiden, der Beseitigung oder dem Ausgleich körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen dient. Eine Behandlungsmethode ist wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen wird. Ob eine bestimmte Methode zur Behandlung von Krankheiten von der jedenfalls überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft als wirksam und geeignet angesehen wird, betrifft den Bereich der Tatsachen, nicht die rechtliche Würdigung (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2020 - 5 C 4.19 - BVerwGE 169, 48 Rn. 17 m. w. N.). Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Maßstäbe steht in tatsächlicher Hinsicht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Liposuktion im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer jeweiligen Durchführung zur Behandlung eines Lipödems des Stadiums II nicht wissenschaftlich anerkannt war.

17 Diese Würdigung liegt bereits zahlreichen Entscheidungen der bisher nahezu einhelligen Rechtsprechung zugrunde (vgl. etwa BSG, Urteil vom 25. März 2021 - B 1 KR 25/20 R - BSGE 132, 67; OVG Lüneburg, Urteil vom 22. Januar 2013 - 5 LB 50/11 - KHE 2013, 159; VG Köln, Urteil vom 2. Februar 2017 - 1 K 1983/16 - juris; VG Bayreuth, Urteil vom 9. Februar 2021 - B 5 K 20.401 - juris; Thüringer Finanzgericht, Urteil vom 7. Juli 2020 - 3 K 54/20 - EFG 2021, 211; Finanzgericht München, Urteil vom 15. Dezember 2020 - 15 K 2606/19 - EFG 2021, 650; Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17. August 2021 - 5 K 1321/20 - juris; offengelassen VG Gelsenkirchen, Urteil vom 22. Juni 2018 - 3 K 2477/16 - juris; a. A. Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 10. September 2020 - 3 K 1498/18 - EFG 2021, 43; OLG Hamm, Urteil vom 19. Januar 2018 - I-11 U 41/17 - juris). Danach wird die Liposuktion von der überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft - unabhängig von dem Schweregrad des konkreten Krankheitsbildes - zur Behandlung eines Lipödems bislang nicht als wirksam und geeignet angesehen. Dieser Würdigung - welcher die Klägerin keine substantiellen Anhaltspunkte entgegenhalten konnte, die geeignet sind, sie zu entkräften - folgt der Senat und sieht seine Überzeugung durch die nachfolgenden Gründe belegt, aus denen sich weiter erschließt, dass es an einer wissenschaftlichen Anerkennung der streitigen Behandlungsmethode im hier maßgeblichen Zeitraum fehlte.

18 Dies indizieren zunächst einige Entscheidungen, die der Gemeinsame Bundesausschuss seit 2017 im Hinblick auf die Liposuktion als Behandlung eines Lipödems zulasten der gesetzlichen Krankenkassen getroffen hat, welche einschließlich ihrer jeweiligen Begründung über die Internetseite des Ausschusses (www.g-ba.de) allgemein zugänglich sind. Aussagekräftig ist zunächst die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 20. Juli 2017, das im Jahre 2014 auf Antrag der Patientenvertretung eingeleitete Verfahren nach § 135 Abs. 1, § 137c Abs. 1 SGB V zur Bewertung der Liposuktion beim Lipödem auszusetzen und die Beratungen zu einer Erprobungs-Richtlinie gemäß § 137e Abs. 1 SGB V aufzunehmen. Daraus ist zu schließen, dass zu diesem Zeitpunkt noch keine ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse vorlagen, um die Liposuktion als wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode bei einem Lipödem anzusehen. Denn der Gemeinsame Bundesausschuss ist gemäß § 137c Abs. 1 Satz 3 SGB V zu einer derartigen Entscheidung nur befugt, wenn der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. In Übereinstimmung mit diesen gesetzlichen Vorgaben wird in den "Tragenden Gründen" zu den Beschlüssen vom 20. Juli 2017 über einerseits eine Änderung der "Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung" und andererseits eine Änderung der "Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung", jeweils betreffend die Liposuktion bei Lipödem, festgehalten, dass der Nutzen für die Methode der Liposuktion bei Lipödem noch nicht hinreichend belegt sei. Bei der Evidenzrecherche seien nur wenige Studien gefunden worden. Deren Ergebnisse seien nicht ausreichend, um den medizinischen Nutzen und die Risiken der Liposuktion abschließend bewerten zu können. Für eine valide Nutzenbewertung der Liposuktion bei Lipödem fehlten bezüglich aller drei Krankheitsstadien vielmehr hinreichende Erkenntnisse zum Nutzen der Liposuktion im Vergleich zur konsequent durchgeführten konservativen Behandlung in Bezug auf die Symptomreduktion, die Lebensqualität und das Erfordernis (weiterer) konservativer Maßnahmen, zur Notwendigkeit von Folge- und Wiederholungseingriffen oder zur langfristigen Sicherheit, insbesondere im Hinblick auf die Funktion der Lymphbahnen und die Entwicklung von (sekundären) Lymphödemen. Diese Erkenntnisse müssten durch eine randomisierte kontrollierte Studie ermittelt werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat bei dieser Bewertung - wie den "Tragenden Gründen" weiter zu entnehmen ist - die Ergebnisse des Abschlussberichts seiner Abteilung Fachberatung Medizin, die Auswertung der bei ihm anlässlich der Veröffentlichung des Beratungsthemas eingegangenen Einschätzungen einschließlich der dort benannten Literatur, die im Rahmen des Stellungnahmeverfahrens abgegebenen Äußerungen der einschlägigen medizinischen Fachgesellschaften und der Bundesärztekammer sowie die Ergebnisse der durchgeführten Expertenanhörung berücksichtigt.

19 Die nachfolgenden Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses lassen erkennen, dass sich an der unzureichenden Datenlage bis zum Ende des hier maßgeblichen Zeitraums nichts geändert hat. Dafür spricht vor allem die am 18. Januar 2018 beschlossene Richtlinie zur Erprobung der Liposuktion zur Behandlung des Lipödems (Erprobungs-Richtlinie Liposuktion; Erp-RL Liposuktion). Nach deren § 1 Satz 1 besteht das Ziel der Erprobungsstudie, die Patientinnen aller drei Erkrankungsstadien einschließt (vgl. § 3 Abs. 1 Erp-RL Liposuktion), erklärtermaßen darin, die notwendigen Erkenntnisse für die Bewertung des Nutzens dieser Methode zu gewinnen. Die Erprobung soll der Beantwortung der Frage dienen, ob bei Patientinnen mit Lipödem die zusätzliche Liposuktion gegenüber einer alleinigen konservativen, symptomorientierten Behandlung insbesondere unter Einsatz der komplexen physikalischen Entstauungstherapie (KPE) zu einer Verbesserung patientenrelevanter Zielgrößen führt (§ 2 Erp-RL Liposuktion). Des Weiteren beruhen auch die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 19. September 2019, mit denen einerseits die "Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung" und andererseits die "Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung", jeweils betreffend die Liposuktion bei Lipödem, dahin geändert wird, dass die Liposuktion bei einem Lipödem des Stadiums III befristet bis zum 31. Dezember 2024 in die vertragsärztliche Versorgung und Krankenhausbehandlung aufgenommen wird, auf der Annahme, dass die Wirksamkeit und Geeignetheit dieser Methode für alle drei Krankheitsstadien auch auf der Grundlage der inzwischen vorliegenden Erkenntnisse noch nicht sicher und abschließend bewertet werden könnten. Denn in den "Tragenden Gründen" zu diesen Beschlüssen heißt es, der Gemeinsame Bundesausschuss sehe auch weiterhin die Erforderlichkeit der Gewinnung weiterer Erkenntnisse für eine abschließende Bewertung der Methode und halte insofern an der von ihm beschlossenen Erprobung fest. Er gehe davon aus, dass eine abschließende Bewertung des therapeutischen Nutzens, der medizinischen Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit der Liposuktion für alle drei Krankheitsstadien erst nach Ablauf der genannten Frist auf der Grundlage der dann vorliegenden Ergebnisse der Erprobungsstudie vorgenommen werden könne (vgl. insoweit auch Pressemitteilung Nr. 25/2019 des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 19. September 2019, www.g-ba.de).

20 Schließlich hat der Gemeinsame Bundesausschuss mit Beschluss vom 15. September 2022 und damit nach dem hier maßgeblichen am 21. Februar 2022 endenden Zeitraum entschieden, die Aussetzung des Bewertungsverfahrens gemäß § 135 Abs. 1 und § 137c SGB V zur Liposuktion bei Lipödem bis zum 31. Dezember 2024 zu verlängern. In den "Tragenden Gründen" zu den einschlägigen Beschlüssen über einerseits eine Änderung der "Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung" und andererseits eine Änderung der "Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung", jeweils betreffend die Liposuktion bei Lipödem, wird ausgeführt, dass im Zuge der Update-Recherche keine Ergebnis-Publikationen von Studien identifiziert worden seien, die zur Nutzenbewertung geeignet seien. Demnach sei die laufende Erprobung der Liposuktion bei Lipödem weiterhin erforderlich, um die für eine abschließende Bewertung des Nutzens der Methode notwendigen Erkenntnisse zu gewinnen.

21 Unabhängig davon und überdies stützt der Senat seine Einschätzung auch auf die von der Beklagten vorgelegte und im Internet allgemein zugängliche "S1-Leitlinie Lipödem" der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. vom Oktober 2015 (Registernummer 037-012). Diese Leitlinie beruht auf einer systematischen Literaturrecherche und dem Konsens von acht medizinischen Fachgesellschaften und Berufsverbänden. Sie formuliert keinen verbindlichen Standard für eine medizinische Behandlung, sondern bringt lediglich eine Empfehlung zum Ausdruck. Die Arbeitsgemeinschaft geht danach von einer konservativen Therapie als Standardtherapie aus. In diesem Sinne sind insbesondere ihre Ausführungen im Rahmen der zusammenfassenden Bewertung der Therapie zu verstehen, es solle primär ein Therapieversuch mit konservativen Maßnahmen unternommen werden. Bleibe eine entsprechende Besserung der Beschwerden aus, sei eine Liposuktion zu erwägen. Das lässt darauf schließen, dass die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. die Liposuktion nicht als wissenschaftlich anerkannte Methode zur Behandlung von Lipödemen ansieht. Für diese Schlussfolgerung sprechen auch die weiteren, mit den Feststellungen des Gemeinsamen Bundesausschusses inhaltlich übereinstimmenden Ausführungen der Arbeitsgemeinschaft, dass neben den Ursachen auch die genauen Pathomechanismen nicht geklärt und eine kausale Therapie nicht bekannt sei. Es ist von der Klägerin weder dargelegt noch sonst für den Senat ersichtlich, dass zwischenzeitlich neuere Stellungnahmen der Arbeitsgemeinschaft oder sonstige fundierte wissenschaftliche Publikationen vorlägen, die auf eine wissenschaftliche Anerkennung der Liposuktion für die Behandlung eines Lipödems des Stadiums II schließen lassen könnten.

22 b) Die Aufwendungen für die Liposuktionen sind trotz fehlender wissenschaftlicher Anerkennung dieser Methode auch nicht ausnahmsweise beihilfefähig.

23 Aufwendungen für eine nicht wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode können aufgrund der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 78 BBG) ausnahmsweise zu erstatten sein, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung der diagnostizierten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, wenn im Einzelfall, etwa wegen einer Gegenindikation, das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches Verfahren bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Die Notwendigkeit im beihilferechtlichen Sinne setzt in allen drei Fällen des Weiteren voraus, dass die nicht dem allgemeinen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende Behandlung nach ernst zu nehmender Auffassung Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn bereits wissenschaftliche, nicht auf Einzelfälle beschränkte Erkenntnisse vorliegen, die attestieren, dass die Behandlungsmethode zur Heilung der Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet ist und wirksam eingesetzt werden kann (vgl. grundlegend hierzu BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1995 - 2 C 15.94 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 15 S. 9; s. a. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1998 - 2 C 24.97 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 10 S. 5 und Beschluss vom 20. Oktober 2011 - 2 B 63.11 - IÖD 2012, 20 <22>). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

24 Dabei gibt der vorliegende Fall Anlass zu der Klarstellung, dass § 33 BBhV - dessen Voraussetzungen hier nicht vorliegen, wovon auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen - den Rückgriff auf die genannte Rechtsprechung nicht verwehrt. Nach der gegenwärtigen Fassung des § 33 Satz 1 BBhV sind Aufwendungen für medizinische Leistungen anlässlich einer lebensbedrohlichen Erkrankung, anlässlich einer im Regelfall tödlich verlaufenden Erkrankung oder anlässlich einer Erkrankung, die diesen beiden Arten von Erkrankungen wertungsmäßig vergleichbar ist, beihilfefähig, wenn eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht (Nr. 1) und eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht (Nr. 2).

25 Der bereits in der ersten Fassung der Bundesbeihilfeverordnung vom 13. Februar 2009 (BGBl. I S. 326) enthaltene § 33 BBhV ist nicht als abschließende Ausnahmeregelung zu begreifen, welche die genannte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus der Zeit vor seinem Inkrafttreten am 14. Februar 2009 (vgl. § 59 BBhV a. F.) ersetzt. Für einen derartigen Regelungsgehalt finden sich weder im Wortlaut noch in der Begründung der Bundesbeihilfeverordnung zu § 33 Anhaltspunkte. Aus dieser und der darin zum Ausdruck kommenden Intention des Verordnungsgebers erschließt sich vielmehr, dass § 33 BBhV keinen Bezug zu dieser Rechtsprechung aufweist, sodass sie auch deren Anwendung nicht ausschließen wollte. Der Verordnungsgeber greift in § 33 BBhV vielmehr nur die für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98 - BVerfGE 115, 25) auf, dass es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar sei, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung stehe, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe, und setzt diese Rechtsprechung in das Beihilferecht um. Dementsprechend zielt § 33 BBhV allein darauf, die vorgefundenen, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Ausnahmefälle um eine weitere Ausnahme zu ergänzen.

26 Ein Ausnahmefall im Sinne der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist hier nicht gegeben. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass nur Aufwendungen für wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethoden notwendig im beihilferechtlichen Sinne sind, käme allenfalls unter der Voraussetzung der erfolglosen Anwendung einer wissenschaftlich anerkannten Behandlungsmethode in Betracht. Das ist hier nicht der Fall. Denn es lässt sich nicht feststellen, dass sich die Klägerin vor den operativen Eingriffen in Form der Liposuktion ohne Erfolg einer wissenschaftlich anerkannten Behandlungsmethode unterzogen hat. Die Klägerin hat weder hinreichend dargelegt noch ist es sonst ersichtlich, dass sie die Lipödeme vor den Liposuktionen nach der komplexen physikalischen Entstauungstherapie (KPE), deren wissenschaftliche Anerkennung sie zu Recht nicht bestreitet, hat behandeln lassen.

27 Die Klägerin behauptet zwar in pauschaler Weise, konservative Maßnahmen, namentlich lymphatische Entstauung durch Kompression ohne Erfolg angewandt zu haben. Sie trägt aber keine Tatsachen vor, aus denen sich ergibt, dass die zur komplexen physikalischen Entstauungstherapie (KPE) gehörende Kompressionstherapie mittels Bandagen oder Strümpfen im Vorfeld der in Rede stehenden Liposuktionen durchgeführt worden ist. Den von ihr vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen sind entsprechende tragfähige Anhaltspunkte ebenfalls nicht zu entnehmen. Soweit sich insbesondere die ärztliche Stellungnahme vom 5. Dezember 2019 überhaupt zum etwaigen Erfolg dieser und anderer konservativer Maßnahmen verhält, sind die dortigen Ausführungen allgemeiner Natur und geben lediglich eine allgemeine ärztliche Einschätzung wieder. Sie lassen aber mangels entsprechender personalisierter und substantiierter Angaben nicht erkennen, dass derartige Maßnahmen von der Klägerin präoperativ durchgeführt worden sind. Des Weiteren wird das präoperative Tragen von Kompressionsbekleidung auch nicht durch die von der Klägerin nach dem Erörterungstermin vorgelegten Rechnungen vom 14. Januar 2020 und 22. Juni 2020 sowie ihr ergänzendes Vorbringen, sie habe Strumpfhose und Armstrümpfe nach Erhalt täglich getragen, hinreichend dargetan. Insoweit kann nicht außer Acht gelassen werden, dass die Rechnungen und der durch sie belegte Erwerb einer Kompressionsstrumpfhose, einer Kompressionsleggins nach Maß sowie Kompressionsarmstrümpfen in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit den in Rede stehenden Operationen und der ärztlichen Empfehlung an die Klägerin stehen, postoperativ Kompressionsbekleidung für vier bzw. sechs Wochen zu tragen. Bereits vor diesem Hintergrund hätte die Klägerin zumindest den Zeitpunkt, an dem sie die im Jahre 2020 erworbene Kompressionsbekleidung erstmals getragen hat, konkret benennen müssen. Hierzu bestand für die Klägerin insbesondere auch deshalb Anlass, weil die Beklagte mit ihrer ergänzenden Klageerwiderung vom 8. Juni 2022 entsprechende Zweifel an der Aussagekraft der Rechnungen geäußert hat. Unabhängig davon und überdies trägt die Klägerin nicht vor, dass sie im Vorfeld der Operationen Lymphdrainagen (manuell oder apparativ) erhalten habe, die nach dem Stand der Wissenschaft ein weiterer wesentlicher Bestandteil der komplexen physikalischen Entstauungstherapie sind. Sie führt im Gegenteil aus, eine Therapie mittels manueller Lymphdrainage sei laut Anraten des behandelnden Arztes präoperativ nicht angezeigt gewesen, ohne das näher zu belegen.

28 Sonstige Tatsachen, die dafür sprechen könnten, dass die pauschale Behauptung der Klägerin zutreffen könnte, sie habe vor den Liposuktionen konservative Maßnahmen ohne Erfolg angewandt, sind weder ersichtlich noch ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte für eine weitere gerichtliche Sachverhaltsermittlung. Dabei weist der Senat darauf hin, dass die gerichtliche Aufklärungspflicht grundsätzlich dort ihre Grenze findet, wo die Beteiligten ihren Obliegenheiten zur Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts nicht nachkommen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 4. Dezember 2013 - 5 B 42.13 - juris Rn. 22 m. w. N.). So verhält es sich auch hier. Weil und soweit die tatsächlichen Grundlagen für die ausnahmebegründenden Umstände in die Sphäre des Beihilfeberechtigten - hier also der Klägerin - fallen, obliegt ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen eine Mitwirkungsobliegenheit (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO). Dementsprechend hat er vor allem ihm bekannte erhebliche Tatsachen aus seiner Sphäre zu offenbaren (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 10. Mai 1994 - 9 C 434.93 - NVwZ 1994, 1123 <1124> m. w. N.). Genügt der Beihilfeberechtigte seiner Mitwirkungsobliegenheit nicht, können sich, obgleich es Aufgabe des Gerichts bleibt, die erforderliche Sachverhaltsaufklärung zu betreiben (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO) und sich seine eigene Überzeugung zu bilden, die Anforderungen an die (weitere) Aufklärungspflicht des Gerichts reduzieren. Vor diesem Hintergrund sieht der Senat keine Veranlassung zu einer weiteren (mehr oder weniger ins Blaue hineingehenden) Sachverhaltsermittlung, weil er davon ausgeht, dass die Klägerin entweder alle für sie günstigen Tatsachen bereits vorgetragen oder dies unter Verletzung ihrer Mitwirkungsobliegenheiten (teilweise) unterlassen hat. Die Notwendigkeit zu der tatsächlichen Frage, ob das Lipödem - wie erforderlich - vor den operativen Eingriffen in Form der Liposuktion nach der komplexen physikalischen Entstauungstherapie (KPE) behandelt worden ist, substantiierte und schlüssige Angaben zu machen, war für sie jedenfalls spätestens nach dem Erörterungstermin am 15. Dezember 2021 offensichtlich, in dem sie auf das Darlegungsdefizit hingewiesen worden ist. Weitere für sie günstige Tatsachen hat sie aber auch im Anschluss daran nicht vorgebracht bzw. vorbringen können.

29 Eine andere Bewertung der Frage, ob der im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannte Ausnahmefall einer erfolglosen Anwendung einer wissenschaftlich anerkannten Behandlungsmethode vorliegt, folgt auch nicht mit Blick auf das Vorbringen der Klägerin zu § 137c Abs. 3 SGB V. Danach dürfen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Abs. 1 SGB V getroffen hat, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt und von den Versicherten beansprucht werden, wenn sie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist. Es kann dahinstehen, ob die für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung geltende Regelung - wie von der Klägerin im Widerspruchsverfahren der Sache nach geltend gemacht - aus Gründen der Gleichbehandlung oder unter Fürsorgegesichtspunkten in das Beihilferecht zu übertragen ist. Denn ein etwaiger aus § 137c SGB V abgeleiteter Ausnahmetatbestand könnte den Beihilfeberechtigten nicht mehr gewähren als diese nach den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Ausnahmetatbestände beanspruchen können. Der Anspruch auf die Versorgung mit Potentialleistungen nach § 137c Abs. 3 SGB V setzt ebenso wie diese insbesondere voraus, dass eine Standardtherapie nicht zur Verfügung steht. Das ist nur dann der Fall, wenn alle in Betracht kommenden Standardbehandlungen kontraindiziert sind oder sich als unwirksam erwiesen haben (vgl. BSG, Urteil vom 25. März 2021 - B 1 KR 25/20 R - BSGE 132, 67 Rn. 42). Daran fehlt es hier aber - wie oben dargelegt - gerade.

30 2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die beantragte Beihilfe aus der Härtefallregelung des § 6 Abs. 6 Satz 1 BBhV a. F. bzw. § 6 Abs. 8 Satz 1 BBhV n. F.

31 Danach kann die oberste Dienstbehörde, sofern im Einzelfall die Ablehnung der Beihilfe eine besondere Härte darstellen würde, mit Zustimmung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und für Heimat eine Beihilfe zur Milderung der Härte gewähren. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

32 Allein die Höhe der eingeklagten Forderung von 12 750 € genügt für die Annahme eines Härtefalls nicht. Die Klägerin macht nicht geltend, dass sie infolge der Ablehnung der Beihilfe in eine existenzielle Notlage geraten könnte. Derartige Anhaltspunkte sind auch im Übrigen nicht ersichtlich.

33 3. Ein Anspruch der Klägerin auf Beihilfeleistungen zu den Aufwendungen für die Behandlungen nach der nicht wissenschaftlich anerkannten Methode der Liposuktion ergibt sich auch nicht unmittelbar aus der verfassungsrechtlich in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten Fürsorgepflicht des Dienstherrn.

34 Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn wird für Krankheitsfälle grundsätzlich abschließend durch die Beihilfevorschriften konkretisiert (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26. April 2018 - 5 C 4.17 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 147 Rn. 12 m. w. N.). Sie fordert von Verfassungs wegen nicht den Ausgleich jeglicher Aufwendungen im Krankheitsfall und auch nicht deren Erstattung in jeweils vollem Umfange (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 29. Juli 2021 - 5 C 18.19 - NVwZ-RR 2022, 144 Rn. 13 m. w. N.). Dementsprechend lässt sich unmittelbar aus der Fürsorgepflicht grundsätzlich kein über die beihilferechtlichen Regelungen hinausgehender Anspruch herleiten, wenn sich aus diesen für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen ein Leistungsausschluss oder eine Leistungsbegrenzung ergibt (stRspr, vgl. etwa Urteil vom 26. April 2018 - 5 C 4.17 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 147 Rn. 12 m. w. N.). Auf die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht als Grundlage eines Beihilfeanspruchs kann nur ausnahmsweise zurückgegriffen werden, wenn dadurch der nicht zur Disposition des Dienstherrn stehende Wesenskern der Fürsorgepflicht betroffen ist, weil der Beihilfeberechtigte mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleibt, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 5. März 2021 - 5 C 14.19 - BVerwGE 172, 1 Rn. 23 m. w. N.). Gemessen daran scheidet ein Beihilfeanspruch auf der Grundlage der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht hier aus.

35 Die mit der Regelung des § 6 Abs. 2 Satz 1 BBhV a. F. bzw. § 6 Abs. 4 Satz 1 BBhV n. F. verbundene grundsätzliche Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf Aufwendungen für Untersuchungen und Behandlungen, die nach einer wissenschaftlich anerkannten Methode vorgenommen werden, führt nicht auf eine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht. Das ist schon deshalb der Fall, weil die grundsätzliche Beschränkung der Notwendigkeit auf wissenschaftlich anerkannte Methoden auch eine Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für nicht wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethoden ermöglicht. Im Einklang damit hat das Bundesverwaltungsgericht - wie dargelegt - bestimmte Fallkonstellationen festgelegt, in denen unter Fürsorgegesichtspunkten auch für solche Aufwendungen eine Beihilfe zu gewähren sein kann. Eine weitere Ausnahme ist in § 33 BBhV (a. F. bzw. n. F.) geregelt. Außerdem hält die Bundesbeihilfeverordnung mit § 6 Abs. 6 Satz 1 BBhV a. F. bzw. § 6 Abs. 8 Satz 1 BBhV n. F. eine abstrakt-generelle Regelung zur Vermeidung unzumutbarer Härten im Einzelfall vor. Damit ist der Fürsorgepflicht Genüge getan.

36 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.