Urteil vom 04.05.2022 -
BVerwG 9 A 7.21ECLI:DE:BVerwG:2022:040522U9A7.21.0
Nordverlängerung A 14 (VKE 2.2 Osterburg - Seehausen-Nord)
Leitsätze:
1. Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der bis zum 15. Mai 2017 geltenden Fassung erfordert keine Berücksichtigung globaler Klimaauswirkungen; das Inkrafttreten des Bundes-Klimaschutzgesetzes führt nicht zu einer nachträglichen "Aufladung" und Erweiterung des Begriffs der Umweltauswirkungen um den Aspekt des globalen Klimas.
2. Die Planfeststellungsbehörde muss seit dem Inkrafttreten des Bundes-Klimaschutzgesetzes bei ihrer Abwägungsentscheidung (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG) nach Art. 20a GG i. V. m. § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG die Aspekte des globalen Klimaschutzes und der Klimaverträglichkeit berücksichtigen.
3. Die Regelungen in § 13 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 KSG betreffen Maßnahmen und Entscheidungen im direkten Zusammenhang mit Investitions- und Beschaffungsvorgängen und gelten nicht für einen Planfeststellungsbeschluss.
4. Das Berücksichtigungsgebot des § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG verlangt von der Planfeststellungsbehörde, mit einem - bezogen auf die konkrete Planungssituation - vertretbaren Aufwand zu ermitteln, welche CO2-relevanten Auswirkungen das Vorhaben hat und welche Folgen sich daraus für die Klimaschutzziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes ergeben.
5. Die Berücksichtigungspflicht ist sektorübergreifend im Sinne einer Gesamtbilanz zu verstehen; auch der Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft nach § 3a KSG ist in den Blick zu nehmen, wenn Klimasenken durch das Vorhaben beeinträchtigt oder zerstört werden.
6. § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG formuliert keine gesteigerte Beachtenspflicht und ist nicht im Sinne eines Optimierungsgebots zu verstehen; ein Vorrang des Klimaschutzgebots gegenüber anderen Belangen lässt sich weder aus Art. 20a GG noch aus § 13 KSG ableiten.
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Rechtsquellen
GG Art. 20a KSG §§ 1, 3, 3a, 4 Abs. 1 Satz 10, § 13 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 2 UmwRG § 2 Abs. 1, §§ 3, 5, 6 UVPG § 74 Abs. 2 UVPG a. F. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG § 30 Abs. 3 LWaldG LSA § 6 Abs. 4, § 8 FStrG § 17 Abs. 1 Satz 4 und 5 VwVfG § 75 Abs. 1a Satz 2 VwGO § 67 Abs. 4 VerkPBG § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1, § 11 Abs. 2 -
Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 04.05.2022 - 9 A 7.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:040522U9A7.21.0]
Urteil
BVerwG 9 A 7.21
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2022
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler und Dr. Dieterich
sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Sieveking und
Prof. Dr. Schübel-Pfister
am 4. Mai 2022 für Recht erkannt:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I
1 Der Kläger, eine im Land Sachsen-Anhalt anerkannte Umwelt- und Naturschutzvereinigung, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für das Vorhaben "Lückenschluss BAB 14 Magdeburg - Wittenberge - Schwerin, VKE 2.2 AS Osterburg (L 13) bis AS Vielbaum (L 2/zukünftig AS Seehausen-Nord)" vom 14. Dezember 2020 in der Fassung des Begründungsergänzungsbeschlusses vom 24. Februar 2022.
2 Der streitgegenständliche Autobahnabschnitt mit einer Länge von 16,784 km soll im vierstreifigen Regelquerschnitt 28 gebaut werden und verläuft in Nord-Süd-Richtung weitgehend parallel zu der Bundesstraße B 189. Er ist Teil der rund 155 km langen Nordverlängerung der A 14, mit der die Lücke zwischen Magdeburg und dem Kreuz Schwerin geschlossen und eine Verbindung zwischen den Bundesautobahnen A 2 im Süden und A 24 im Norden geschaffen werden soll. Die neue Autobahn soll die Bundesländer Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern verbinden, die bislang autobahnfreie Region zwischen den Autobahnen A 2, A 7, A 24 und A 10 erschließen, eine leistungsfähige Anbindung der Wirtschaftsstandorte des mitteldeutschen Raums an die Ostseehäfen schaffen und damit die größte noch bestehende Lücke im deutschen Autobahnnetz schließen.
3 Das Gesamtvorhaben ist in großen Teilen bereits fertiggestellt oder im Bau. Die Teilstrecke in Mecklenburg-Vorpommern sowie einzelne Abschnitte in Brandenburg und Sachsen-Anhalt sind schon unter Verkehr, weitere Abschnitte sind im Bau oder jedenfalls bestandskräftig planfestgestellt. Lediglich für eine Teilstrecke in Brandenburg fehlt noch ein bestandskräftiger Planfeststellungsbeschluss.
4 Die in Sachsen-Anhalt gelegenen Abschnitte einschließlich der streitgegenständlichen Verkehrskosteneinheit (VKE) 2.2 sind Gegenstand eines Vergleichs, den der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Beklagte im Jahr 2019 im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens zu einer anderen VKE des Gesamtprojekts geschlossen haben. Diese Vereinbarung, die umfangreiche Naturschutz- und Lärmschutzmaßnahmen zum Gegenstand hat, beinhaltet u. a. eine Verpflichtung des BUND zu Klagebeendigung bzw. Klageverzicht bezüglich aller Teilstrecken in Sachsen-Anhalt. Die Abschnitte in Brandenburg sind Gegenstand eines weiteren Vergleichs mit dem BUND geworden.
5 Im aktuellen Bedarfsplan 2016 zum Bundesverkehrswegeplan 2030 ist die in Sachsen-Anhalt verlaufende Teilstrecke, zu der das streitige Vorhaben gehört, als lfd. Nr. 1197 im Vordringlichen Bedarf eingestuft. Sie gehört zudem zum Gesamtnetz des transeuropäischen Verkehrsnetzes.
6 Die Linienbestimmung für das Vorhaben erfolgte im April 2005, im Sommer 2014 wurde das Planfeststellungsverfahren für die VKE 2.2 eingeleitet. Im Jahr 2019 fand im Rahmen eines Änderungsverfahrens, das insbesondere den wasserrechtlichen Fachbeitrag, zwei FFH-Verträglichkeitsprüfungen und die Verkehrsuntersuchung betraf, eine weitere Öffentlichkeitsbeteiligung statt. Der Kläger beteiligte sich nicht am Verfahren. Mit Beschluss des Beklagten vom 14. Dezember 2020 wurde das Vorhaben planfestgestellt. Dagegen hat der Kläger am 15. März 2021 rechtzeitig Klage erhoben.
7 Im Laufe des Klageverfahrens hat der Beklagte mit Beschluss vom 24. Februar 2022 die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses vom 14. Dezember 2020 um den Punkt "C.XV.4.a Klima" ergänzt und den Plan im Übrigen unverändert bestätigt.
8 Mit seiner Klage will der Kläger eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, hilfsweise dessen Nichtvollziehbarkeit erreichen. Er rügt insbesondere die fehlende Planrechtfertigung sowie Abwägungsmängel wegen falscher Annahmen zum Verkehrsaufkommen und unzureichender Berücksichtigung des Klimaschutzes. Zudem macht er Verstöße gegen das Wasserrecht sowie das Habitat-, Arten- und Biotopschutzrecht geltend.
9
Der Kläger beantragt,
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für das Vorhaben "Lückenschluss BAB 14 Magdeburg - Wittenberge - Schwerin, VKE 2.2 AS Osterburg (L 13) bis AS Vielbaum (L 2/zukünftig AS Seehausen-Nord)" vom 14. Dezember 2020 in der Fassung des Begründungsergänzungsbeschlusses vom 24. Februar 2022 aufzuheben,
hilfsweise für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
10
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Klage abzuweisen.
11 Sie verteidigen den Planfeststellungsbeschluss und treten dem Vorbringen des Klägers im Einzelnen entgegen.
II
12 Die Klage, die ein Vorhaben des Gesetzes zur Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege in den neuen Ländern sowie im Land Berlin (Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz - VerkPBG) betrifft und über die das Bundesverwaltungsgericht nach § 5 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 11 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 VerkPBG erstinstanzlich entscheidet, ist zulässig, aber unbegründet.
13 Der Kläger hat keine Verfahrensrügen gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 14. Dezember 2020 erhoben; seine materiell-rechtlichen Einwendungen sind zwar berücksichtigungsfähig (A.), können aber weder die Planrechtfertigung des Vorhabens (B.) noch dessen Vereinbarkeit mit den Anforderungen des Wasserrechts (C.) oder des Naturschutzrechts (D.) oder das Ergebnis der Abwägung (E.) erfolgreich in Frage stellen. Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf Aufhebung oder jedenfalls Außervollzugsetzung des Planfeststellungsbeschlusses.
14 A. Die Einwendungen des Klägers sind - soweit sie innerhalb der Klagebegründungsfrist erfolgt sind - in vollem Umfang zu berücksichtigen. Dem steht entgegen den Überlegungen des Beklagten nicht die Vorschrift des § 5 UmwRG in der durch Gesetz vom 29. Mai 2017 (BGBl. I S. 1298) eingeführten Fassung entgegen, wonach Einwendungen, die eine Vereinigung erstmals im Rechtsbehelfsverfahren erhebt, unberücksichtigt bleiben, wenn die erstmalige Geltendmachung im Rechtsbehelfsverfahren missbräuchlich oder unredlich ist. Der Kläger hat zwar erstmals mit der Klageerhebung im März 2021 zum Ausdruck gebracht, dass er Einwände gegen das Vorhaben hat; dies stellt aber kein widersprüchliches oder treuwidriges Verhalten i. S. d. § 5 UmwRG dar. Allein der objektive Umstand der Nichtbeteiligung im Verwaltungsverfahren reicht ohne Hinzutreten weiterer Umstände hierfür nicht aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Juni 2019 - 9 A 2.18 - BVerwGE 166, 1 Rn. 38 m. w. N.).
15 Besondere Gesichtspunkte, die hier den Vorwurf des Missbrauchs rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Das gilt auch für den vom Beklagten angeführten Umstand, dass der BUND sich als einzige Naturschutzvereinigung im Planfeststellungsverfahren aktiv beteiligt und mit dem Beklagten umfangreiche Vereinbarungen getroffen hat. Der Kläger war in diese Vergleichsverhandlungen nicht einbezogen. Allein seine Funktion als anerkannte Umweltvereinigung, der es u. a. zukommt, die zuständige Behörde im Rahmen der Beteiligung der Öffentlichkeit bei UVP-pflichtigen Vorhaben zu unterstützen, begründet keine Mitwirkungs-, Prüfungs- oder Äußerungsobliegenheiten vor Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses, deren Nichterfüllung sich nachteilig auf nachfolgende Rechtsschutzmöglichkeiten auswirken könnte (vgl. Beckmann, in: Hoppe/Beckmann/Kment, UVPG/UmwRG, 5. Aufl. 2018, § 18 UVPG Rn. 18). Der Beklagte mag in seiner Erwartung, aufgrund der Einigung mit dem BUND alle umwelt- und naturschutzrechtlichen Bedenken ausgeräumt und auf diese Aspekte gestützte Klagen vermieden zu haben, enttäuscht worden sein; dies ist aber nicht dem Kläger anzulasten.
16 B. Die Planrechtfertigung für das Vorhaben ist gegeben. Sie folgt aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung. Die A 14 zwischen Magdeburg und Schwerin war bereits im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zum Fernstraßenausbaugesetz - FStrAbG - in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes vom 4. Oktober 2004 (Bekanntmachung vom 20. Januar 2005, BGBl. I S. 201) ausgewiesen und als laufendes und fest disponiertes Vorhaben "mit besonderem naturschutzfachlichen Planungsauftrag" in die Kategorie des Vordringlichen Bedarfs eingestellt. Im aktuellen Bedarfsplan ist der planfestgestellte Autobahnabschnitt in der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG in der Fassung vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3354) als Teilstrecke der lfd. Nr. 1197 ("AS Dahlenwarsleben - Wittenberge <L Gr. ST/BB>") als vierstreifiger Neubau mit der Dringlichkeitsstufe "Vordringlicher Bedarf" aufgeführt.
17 1. Die gesetzliche Bedarfsfeststellung ist für die Planfeststellung und das gerichtliche Verfahren verbindlich und schließt im Grundsatz die Nachprüfung aus, ob für die geplante Autobahn ein Verkehrsbedarf vorhanden ist (stRspr, vgl. zuletzt etwa BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2020 - 9 A 19.19 - BVerwGE 169, 94 Rn. 59). Der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen ist eingebettet in die gesamtstaatliche Bundesverkehrswegeplanung und stellt eine verkehrspolitische Leitentscheidung auf einer der konkreten Planung weit vorgelagerten Ebene dar, die von zahlreichen politischen und wirtschaftlichen Faktoren bestimmt wird; die gerichtliche Prüfung der sachlichen Rechtfertigung dieser Entscheidung ist daher auf eine Evidenzkontrolle beschränkt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Juni 1998 - 1 BvR 650/97 u. a. - NVwZ 1998, 1060 <1061> zu Bundesschienenwegen). Anhaltspunkte für eine Überschreitung des weiten Gestaltungs- und Prognoseermessens des Gesetzgebers liegen nur dann vor, wenn die Bedarfsfeststellung evident unsachlich ist, weil es für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder auf die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raums an jeglicher Notwendigkeit fehlt, oder wenn sich die Verhältnisse seit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt haben, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden kann (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 43 und vom 24. Februar 2021 - 9 A 8.20 - NVwZ 2021, 1846 Rn. 46, jeweils m. w. N.). Das ist vorliegend nicht der Fall.
18 Die Bedarfsfeststellung leitet sich hier nicht aus der bestehenden oder zu erwartenden Verkehrsbelastung, sondern aus der Notwendigkeit der verkehrlichen Erschließung eines zu entwickelnden Raums her. Im Projektinformationssystem zum Bundesverkehrswegeplan 2030 (PRINS) wird die Dringlichkeitseinstufung des Gesamtprojekts der A 14 zwischen Karstädt und Dahlenwarsleben mit seiner hohen raumordnerischen Bedeutung begründet. Es dient danach der "Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, Erreichbarkeit und Verbindungsqualitäten und somit zur Schaffung günstigerer Voraussetzungen für die Stabilisierung und die weitere Entwicklung der Wirtschaft (Verbesserung Lagegunst <Standortqualität>, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen) im Sinne der Erfüllung des gesetzlichen Auftrages des Bundes zur Wahrung der Chancengleichheit und Sicherung der Daseinsvorsorge im autobahnfreien Raum im nördlichen Sachsen-Anhalt bzw. Nordosten Deutschlands (Lückenschlussprojekt)". Erst nachrangig folgt der Hinweis auf die Entlastung der B 189. Auf das vornehmliche gesetzgeberische Ziel eines Lückenschlusses zur Verbesserung der Fernverkehrserreichbarkeit vor dem Hintergrund des ausgeprägten wirtschaftlichen Entwicklungsrückstands der Regionen im Planungsraum der A 14 hat der Senat bereits in seinem Urteil aus dem Jahr 2013 zu einem anderen Teilabschnitt der Nordverlängerung der A 14 hingewiesen, damals bezogen auf den Bedarfsplan 2004 (BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2013 - 9 A 16.12 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 236 Rn. 25 [insoweit in BVerwGE 146, 254 nicht abgedruckt]). Daran ist festzuhalten.
19 Die Nordverlängerung der A 14 soll die größte noch bestehende Lücke im deutschen Autobahnnetz schließen. Damit soll die Region der Altmark in Sachsen-Anhalt an das übergeordnete großräumige Fernstraßennetz angeschlossen und eine leistungsfähige überregionale Fernstraßenverbindung zwischen dem mitteldeutschen Wirtschaftsraum und den Ostseehäfen geschaffen werden. Als Bestandteil des Gesamtnetzes des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V), das über die - inzwischen bereits im Bau befindliche - Feste Fehmarnbeltquerung eine Verbindung nach Skandinavien vorsieht, hat die A 14 überregionale Bedeutung; im Bundesverkehrswegeplan 2030 ist das Gesamtvorhaben auf der Grundlage der Richtlinien für integrierte Netzgestaltung (RIN) der Verbindungsstufe 0 zugeordnet, die Verbindungen zwischen Metropolregionen beschreibt. Die Planrechtfertigung ist damit vor dem Hintergrund des zentralen politischen Ziels der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Regionen Deutschlands (vgl. Art. 72 Abs. 2 GG, zur Bedeutung für die Raumentwicklung auch § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 3 ROG) zu sehen. Die Mobilität - auch in der Form des Individualverkehrs - ist ein wesentliches Element der Daseinsvorsorge; verkehrliche Erreichbarkeit und die Anbindung an regionale und überregionale Verkehrswege sind wichtige Voraussetzungen für die wirtschaftliche Stabilisierung und Entwicklung des Raums.
20 2. Die mit der Nordverlängerung der A 14 verfolgten Ziele der Raumerschließung und verkehrlichen Verbindung haben nach wie vor Gültigkeit und werden vom Kläger nicht durchgreifend in Frage gestellt. Der Planungsraum weist weiterhin erhebliche Defizite hinsichtlich der verkehrlichen Erschließung auf. So belegt etwa die vom Beklagten vorgelegte Beurteilung durch das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung deutschlandweite Höchstwerte, was die Erreichbarkeit von Oberzentren mit Fahrzeiten über 60 Minuten betrifft (vgl. hierzu auch PFB S. 96 f.).
21 Auf die vom Kläger thematisierten konkreten Zahlen und prognostizierten Verkehrsstärken in einzelnen Verkehrsprognosen kommt es dabei nicht an. Wie dargelegt, soll mit dem Neubau der A 14 nicht eine bestimmte Verkehrsbelastung bewältigt oder eine zahlenmäßig konkretisierte Entlastungsfunktion erreicht werden, sondern die defizitäre verkehrliche Erschließung der Region verbessert werden. Dabei kommt dem konkret zu erwartenden Verkehrsaufkommen allenfalls eine untergeordnete Bedeutung zu. Dass hier ein Ausnahmefall vorliegen könnte und der künftig zu erwartende Verkehr tatsächlich so niedrig wäre, dass sich auch im Hinblick auf das Planungsziel der Erschließung eines bisher nicht erschlossenen Raums die Notwendigkeit für eine Autobahn offensichtlich nicht mehr begründen ließe, hat der Kläger nicht dargelegt. Dies gilt selbst bei Zugrundelegung der von ihm angeführten niedrigeren Zahlen der Zielnetzprognose 2030 für den Netzzuschnitt VB (Vordringlicher Bedarf) mit einer durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke an Werktagen (DTVw) im Bereich der VKE 2.2 von 11 000 Kfz. Soweit der Kläger die Verkehrszahlen der projektspezifischen Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 2008 (DTVw 23 800 bis 26 000 Kfz) als deutlich überhöht kritisiert, lagen diese im Übrigen der gesetzlichen Bedarfsfeststellung aus dem Jahr 2016 nicht zugrunde. Letztere beruht vielmehr auf der aus der Verflechtungsprognose 2030 abgeleiteten Bewertungsprognose, deren Zahlen im Projektinformationssystem zum Bundesverkehrswegeplan 2030 (PRINS) hinterlegt sind und für die streitige VKE 2.2 eine Verkehrsstärke (DTVw) von 14 000 bis 18 000 Kfz ausweisen.
22 3. Da sich die Bedarfsfeststellung somit weder unter dem Gesichtspunkt anfänglicher Fehleinschätzung noch wegen nachträglicher Änderung der Verhältnisse als evident unsachlich erweist, besteht keine Veranlassung für die vom Kläger beantragte Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (Klagebegründung vom 25. Mai 2021 S. 11). Soweit der Kläger darüber hinaus eine Unvereinbarkeit des Bedarfsplans mit Art. 20a GG geltend macht, weil die Realisierung der im Bedarfsplan verankerten Vorhaben die Einhaltung des den Art. 20a GG konkretisierenden Pariser Abkommens verhindere, ist diese Rüge erst nach Ablauf der Klagebegründungsfrist erhoben worden und damit verspätet. Sie ist auch nicht erstmals durch den Planbegründungsergänzungsbeschluss vom 24. Februar 2022 veranlasst worden und betrifft keinen etwaigen Fehler dieses Beschlusses, sondern bezieht sich auf Umstände, die schon dem Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung zugrunde lagen. Die Rüge ist daher nicht geeignet, dem weiteren Vorlageantrag des Klägers aus seinem Schriftsatz vom 30. März 2022 (S. 56) zum Erfolg zu verhelfen.
23 C. Der Kläger zeigt nicht auf, dass das Vorhaben wasserrechtlich zu beanstanden sein könnte.
24 Der innerhalb der Klagebegründungsfrist erfolgte Vortrag zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Wasserhaushaltsgesetz und der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie entspricht weitgehend nicht den Anforderungen an eine substantiierte Klagebegründung nach § 6 UmwRG i. V. m. § 67 Abs. 4 VwGO. Nach der Rechtsprechung des Senats reicht eine nur stichwortartige Benennung oder Zusammenfassung von Kritikpunkten aus beigefügten Gutachten oder deren bloße wörtliche Wiedergabe nicht aus (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2019 - 9 A 13.18 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 76 Rn. 133 ff. [insoweit in BVerwGE 166, 132 nicht abgedruckt] und vom 3. November 2020 - 9 A 7.19 - BVerwGE 170, 138 Rn. 17 m. w. N.). Die Klagebegründung muss aus sich heraus hinreichend verständlich sein und den Gegenstand der Rüge deutlich machen und rechtlich einordnen; es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich aus beigefügten Unterlagen den Inhalt der Kritik des Klägers selbst zusammenzusuchen und zu erschließen.
25 Diesem Substantiierungserfordernis, das für alle Kläger - Privatpersonen und Umweltvereinigungen - gleichermaßen und unabhängig von ihrer Größe gilt, genügt die Klagebegründung zum Wasserrecht in weiten Teilen nicht. Der Vortrag beschränkt sich im Wesentlichen darauf, auf die als Anlage beigefügte fachliche Stellungnahme eines Diplom-Geographen und Hydrologen zu verweisen und diese kurz zusammenzufassen, indem die dort als "Fazit" oder "Zwischenfazit" formulierten Ausführungen weitgehend wörtlich wiedergegeben werden, ohne sie im Einzelnen zu konkretisieren und rechtlich zu durchdringen.
26 1. Die Rüge fehlender Aktualität und Vollständigkeit des Fachbeitrags lässt nicht erkennen, welche Entwicklungen in Literatur und Rechtsprechung nach Auffassung des Klägers nicht berücksichtigt wurden und welche inhaltlichen Fehler sich daraus ergeben sollen, welche Qualitätskomponenten unvollständig erfasst wurden, welche und inwiefern Messreihen veraltet, lückenhaft und zu kurz sind oder welche straßentypischen Schadstoffe noch hätten ermittelt werden sollen. Der Kläger kritisiert allgemein Darstellung, Gliederung und Systematik des wasserrechtlichen Fachbeitrags, ohne konkrete Verstöße gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot oder sonstige erhebliche inhaltliche Mängel des Planfeststellungsbeschlusses aufzuzeigen. Die Qualität der Datengrundlage ist kein absoluter Wert an sich; maßgebend ist vielmehr, ob sie geeignet ist, eine tragfähige Beurteilung der Auswirkungen des konkreten Vorhabens in Bezug auf das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot und Verbesserungsgebot zu ermöglichen. Eine vollständige und valide Bestandsaufnahme ist dafür (nur) insoweit erforderlich, als es um vorhabenbezogene Wirkpfade geht (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2019 - 9 A 13.18 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 76 Rn. 160, 163). Der Kläger legt jedoch nicht dar, für welchen potentiellen Wirkpfad welche Datenerhebung fehlt oder welche erhobenen Daten aus welchen Gründen unzureichend sein könnten.
27 Soweit der Kläger im Hinblick auf die Zustandsermittlung und Bewertung der Grundwasserkörper die Nichtberücksichtigung einer dritten Messstelle beanstandet, setzt er sich nicht mit den entsprechenden Erläuterungen im "Fachbeitrag zu den Belangen der Wasserrahmenrichtlinie" (Unterlage 16.3, dort S. 79) auseinander, wonach die Messstelle Krevese wegen fehlender Eignung nicht mehr vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) Sachsen-Anhalt beprobt wird und deshalb nicht mehr Bestandteil des Landesmessnetzes Grundwasserbeschaffenheit ist. Die Rüge der fehlenden grundwasserbezogenen Bewertung von Tausalzbelastungen berücksichtigt nicht die eigenständige Unterlage "Gutachten WF Seehausen" (Materialband Sonstige Untersuchungen und Gutachten, Bd. 6 Nr. 17) zur Ermittlung der Tausalzbelastung im Grundwasser der Wasserfassung Seehausen.
28 2. Die in der Klagebegründung zur Entwässerungsplanung erhobenen Rügen lassen nicht erkennen, welche fachlichen Mängel konkret geltend gemacht werden und welche rechtlichen Folgerungen sich daraus für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ergeben sollen. Die Frage der Vereinbarkeit der Planung mit dem aktuellen Regelwerk wird aufgeworfen, ohne dies konkret und vorhabenbezogen inhaltlich zu erläutern. Soweit es um die Begriffe "drainiertes Versickerungsbecken" und "Retentionsbodenfilter" geht, hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass nach dem Merkblatt der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) zur Berücksichtigung der Wasserrahmenrichtlinie in der Straßenplanung (damals noch Entwurfsstadium S. 33, Endfassung Ausgabe 2021 S. 25) davon auszugehen ist, dass drainierte Versickerungsbecken bei fachgerechter Ausführung die gleiche Reinigungsleistung aufweisen wie Retentionsbodenfilteranlagen. In diesem Zusammenhang geht es nicht darum, ob die Planunterlagen durchgehend die nach heutigem Stand zutreffende Terminologie verwenden, sondern ob das in der Praxis zu erwartende Ergebnis der konkreten technischen Planung mit den wasserrechtlichen Vorgaben zum Verschlechterungsverbot und Verbesserungsgebot vereinbar ist. Dazu verhält sich die Klagebegründung nicht.
29 Die Rüge einer unzulässigen Konfliktverlagerung in die Ausführungsplanung und einzelne Kritikpunkte in Bezug auf die wassertechnischen Unterlagen (U 13 und 13.1 ) – etwa Dimensionierung des Regenrückhaltebeckens 6, Vergleich der verschiedenen Angaben zu den relevanten Flächen für die jeweiligen Entwässerungsanlagen, zu hoch berechnete Zulaufmengen zu den Entwässerungsanlagen, Widerspruch zwischen Tausalzgutachten und Entwässerungsplanung - wurden erstmals mit Schriftsatz vom 30. März 2022 sowie in der mündlichen Verhandlung und damit nach Ablauf der Klagebegründungsfrist geltend gemacht. Dabei handelt es sich nicht um die Vertiefung eines fristgerecht substantiierten Einwands oder die Erwiderung auf neuen Tatsachenvortrag, sodass das Vorbringen als verspätet nicht mehr zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 2022 - 9 VR 1.22 - juris Rn. 16 m. w. N.).
30 3. Das Trinkwasserschutzgebiet (TWSG) Seehausen und die dortige Grundwassersituation sind nicht unzureichend dargestellt und behandelt worden. Es trifft zu, dass das TWSG und die beiden Trinkwasserschutzzonen III A und III B im wasserrechtlichen Fachbeitrag nicht explizit erwähnt werden. Sie werden aber im Planfeststellungsbeschluss berücksichtigt (S. 170, 200, 230); mit der Schutzwirkung der Grundwasserüberdeckung und der Entwässerung in den Trinkwasserschutzzonen befassen sich der Erläuterungsbericht (S. 241 f.) sowie die Unterlage 13.1 zum Entwässerungsabschnitt 9 (S. 19A). Die Nebenbestimmung IV.11.10 stellt zudem sicher, dass die Vorgaben der Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag) und die Schutzgebietsverordnung beachtet werden. Damit setzt sich der Kläger innerhalb der Klagebegründungsfrist nicht konkret auseinander.
31 D. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf einen Verstoß gegen naturschutzrechtliche Regelungen berufen. Soweit sich sein Vorbringen auf den Verweis auf eine beigefügte fachgutachterliche Stellungnahme und deren auszugsweise Wiedergabe beschränkt, fehlt es wiederum an der erforderlichen Substantiierung und rechtlichen Durchdringung.
32 1. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Bestandserfassung schon im Ansatz auf einem fehlerhaften Verständnis von der erforderlichen Validität der Datengrundlage oder auf einer fehlerhaften Methodik beruhen könnte.
33 Die Basisuntersuchungen für den Landschaftspflegerischen Begleitplan, den Artenschutzfachbeitrag und die FFH-Verträglichkeitsuntersuchungen wurden zwischen den Jahren 2006 und 2009 durchgeführt, ergänzende Untersuchungen erfolgten zwischen 2012 und 2014; zudem wurden die Daten der Basisuntersuchung im Jahr 2012 einer flächendeckenden Plausibilitätsprüfung auf der Datenbasis Stand 2011 unterzogen. Im Jahr 2020 wurde das Kieler Institut für Landschaftsökologie mit einer Plausibilitätsprüfung beauftragt, die zu dem Ergebnis kam, dass alle faunistischen Daten auch in 2020 als noch hinreichend repräsentativ eingestuft werden könnten.
34 Die Kritik des Klägers erschöpft sich in wenigen Sätzen, ohne auf die Einzelheiten der Datenerhebung und Bestandserfassung und die einzelnen Grundlagen der Erkenntnisgewinnung näher einzugehen und konkret aufzuzeigen, welche betroffenen Arten und Lebensräume hier einer erhöhten Dynamik unterliegen und welche relevanten Lebensraumveränderungen unberücksichtigt geblieben sein sollen oder zu welchen Aspekten stichpunktartige Kontrolluntersuchungen hätten erfolgen müssen. Die im Jahr 2020 durchgeführte Plausibilitätsuntersuchung besteht nicht nur in einer bloßen Luftbildanalyse, sondern befasst sich auch mit der "Belastbarkeit der Bestandserfassung hinsichtlich der Erfassungsmethoden" und in diesem Zusammenhang mit der Methodik der Fledermauserfassung und thematisiert die Überarbeitung der Roten Liste gefährdeter Arten in Sachsen-Anhalt. Im Jahr 2020 fand zudem eine Kontrolle der Waldbestände im Plangebiet auf der Grundlage aktueller Begehungen statt (Verwaltungsvorgang <VV> Ordner 13 Bl. 197 ff.).
35 2. Die Rügen zum Gebietsschutz sind unsubstantiiert. Der Kläger behauptet fehlerhafte Ergebnisse der FFH-Verträglichkeitsprüfungen des FFH-Gebiets "Secantsgraben, Milde und Biese" in Bezug auf den Fischotter und des FFH-Gebiets "Krumker Holz und Wälder östlich Drüsedau" in Bezug auf die Mopsfledermaus, ohne dies ansatzweise zu konkretisieren.
36 3. Der Planfeststellungsbeschluss steht mit dem Artenschutzrecht in Einklang.
37 a) Der Beklagte hat erkannt, dass der Stadtforst Seehausen in seiner Funktion als Ausbreitungskorridor und potentielles Ansiedlungsgebiet für den Wolf durch das Vorhaben in Anspruch genommen wird, und hat die Beeinträchtigung dieser Funktionsbeziehungen durch die Barrierewirkung der geplanten A 14 sowie das erhöhte Kollisionsrisiko bei der Planung berücksichtigt (PFB S. 127 f., 207, 211, 329 f., 413). Das Maßnahmekonzept umfasst trassenparallele Wildschutz- bzw. Kollisionsschutzzäune sowie verschiedene Querungsmöglichkeiten einschließlich einer besonders breiten Grünbrücke. Mit der Wirksamkeit dieser Maßnahmen setzt sich die Klagebegründung ebenso wenig konkret auseinander wie mit der Nebenbestimmung zur Ökologischen Baubegleitung in Nr. IV.2.4 (PFB S. 61). Auch die in der mündlichen Verhandlung vom Kläger geäußerten Zweifel beschränken sich auf die pauschale Infragestellung der Querungshilfen, ohne dafür einen konkreten Ansatzpunkt zu benennen. Entsprechendes gilt für die dort erstmals - und damit zugleich verspätet - geäußerten unspezifischen Bedenken in Bezug auf bauzeitbedingte Störungen während der Bauphase.
38 Entgegen der Auffassung des Klägers ist es unschädlich, dass der Beklagte sich nicht ausdrücklich auf den kurz vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses veröffentlichten Monitoringbericht des Wolfskompetenzzentrums Iden (WZI) 2020 zum Zeitraum 2019/2020 gestützt und im Jahr 2020 auch keine aktuellen Auskünfte vom WZI eingeholt hat. Der Beklagte hat bei seiner Entscheidung den vorhergehenden Wolfsmonitoringbericht 2019, der sich auf den Zeitraum 2018/2019 bezog, berücksichtigt und wegen des unklaren Status des Wolfs einen vorsorglichen Maßstab angelegt. Der zuständige Bearbeiter des Artenschutzfachbeitrags hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend erläutert, dass eine Auswertung des Monitoringberichts 2020 keine weitergehenden Erkenntnisse ermöglicht und nicht zu einer Änderung des Maßnahmekonzepts geführt hätte.
39 b) Ohne Erfolg rügt der Kläger einen Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG wegen fehlerhafter Bewertungen der Vorkommen des Seeadlers, des Mäusebussards und anderer Vogelarten. Soweit er sich darauf beruft, der Jagdpächter im Seehauser Stadtforst habe von wiederholten Beobachtungen zweier junger Seeadler im Bereich der planfestgestellten Trasse im Jahr 2020 berichtet, zeigt er weder auf, dass die durchgeführte avifaunistische Erfassung fehlerhaft war, noch, dass der Planfeststellungsbehörde ein etwaiges Vorkommen von Seeadlern hätte bekannt sein müssen. Der Hinweis, dass "derzeit" ein Mäusebussard im Trassenbereich brüte und sich dort auch Brutvorkommen und Gelege weiterer Vogelarten befänden, ist schon deshalb nicht beachtlich, weil Beobachtungen und Erkenntnisse, die auf einen Zeitpunkt nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses abstellen, in aller Regel nicht geeignet sind, die der Planung zugrunde liegende Bestandserfassung und naturschutzrechtliche Bewertung in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteile vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 50 und - zum Biotopschutz - vom 3. November 2020 - 9 A 9.19 - BVerwGE 170, 210 Rn. 175). Ausführungen, warum dies hier anders zu beurteilen sein sollte, enthält die Klagebegründung nicht.
40 4. Der Planfeststellungsbeschluss widerspricht dem Naturschutzrecht auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Biotopschutzes.
41 a) Bedenken in Bezug auf die Erfassung der Biotope ergeben sich aus dem Klagevorbringen nicht. Soweit der Kläger beanstandet, dass die Biotoperfassung nicht nach der im Land Sachsen-Anhalt seit dem 5. Mai 2020 geltenden Biotoptypenrichtlinie vom 15. Februar 2020 (MBl. LSA S. 174) erfolgt und zudem so alt sei, dass sie zur Planfeststellung nicht mehr hätte herangezogen werden dürfen, ist auch diese Rüge unsubstantiiert. Der Kläger geht auf den Inhalt der neuen Richtlinie nicht ein und erläutert nicht, welche Vorgaben hinsichtlich der Erfassung oder Bewertung von Biotopen nicht eingehalten worden seien und inwieweit dies für das Ergebnis im vorliegenden Fall relevant sein soll. Seinem Vortrag lassen sich auch keine konkreten Bedenken wegen des Alters der Biotoperfassung entnehmen. Vor diesem Hintergrund war dem in der Klagebegründung angekündigten Beweisantrag auf Einholung einer Auskunft der Oberen Naturschutzbehörde nicht nachzugehen, zumal dieser Antrag in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt wurde und überdies unklar ist, welche konkrete Aussage unter Beweis gestellt werden sollte.
42 b) Soweit der Kläger Mängel bei der Bewertung von Stickstoffeinträgen in Biotope außerhalb von FFH-Gebieten geltend macht, ist seine Kritik an einem Abschneidewert von 5 kg N/ha/a nicht nachvollziehbar, weil der Planfeststellungsbeschluss einen solchen Abschneidewert nicht zugrunde legt.
43 Darauf ob - wie in der Stellungnahme des (die Aufgaben der Oberen Naturschutzbehörde wahrnehmenden) Referats 407 des Landesverwaltungsamts Sachsen-Anhalt vom 20. August 2019 (VV Ordner XVII S. 172 f.) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg (OVG Magdeburg, Urteil vom 8. Juni 2018 - 2 L 11.16 - juris Rn. 267 ff.) ausgeführt wird - nicht hinreichend untersucht wurde, ob unter Zugrundelegung des Konzepts der Critical Loads gesetzlich geschützte Biotope außerhalb von FFH-Gebieten durch Stickstoffeinträge (erheblich) beeinträchtigt werden, kommt es vorliegend nicht an. Nähere Überlegungen zu diesem rechtlichen Ansatz (vgl. dazu auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4. September 2019 - 11 B 24.16 - ZUR 2020, 90 Rn. 51 ff. und nachfolgend BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2021 - 7 C 9.19 - Buchholz 406.25 § 18 BImSchG Nr. 8 Rn. 28; OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 17. Juli 2013 - 12 ME 275/12 - BauR 2013, 1831 <1833> und vom 15. September 2020 - 12 ME 29/20 - NordÖR 2021, 71 <82 f.>) und seiner tatsächlichen Relevanz im Planungsraum können dahinstehen, weil jedenfalls für alle Vorkommen gesetzlicher geschützter Biotope, die im Landschaftspflegerischen Begleitplan (Tabelle 30 S. 112A ff.) aufgelistet sind und auf die die Obere Naturschutzbehörde Bezug genommen hat, im Planfeststellungsbeschluss eine Ausnahme nach § 30 Abs. 3 BNatSchG erteilt wurde (PFB S. 50 i. V. m. S. 161 ff.). Etwaigen Beeinträchtigungen durch Stickstoffeinträge wäre damit hinreichend Rechnung getragen.
44 E. Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an einem erheblichen Abwägungsmangel. Im Rahmen der von § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG geforderten Berücksichtigung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange ist dem Beklagten weder bei der Bewertung des Verkehrs (1.) noch in Bezug auf den Klimaschutz (2.) im Ergebnis ein relevanter Fehler unterlaufen.
45 1. a) Die mit der Planung verfolgten öffentlichen Verkehrsinteressen wurden zutreffend abgewogen.
46 Mit der Ausweisung des Vorhabens in der Stufe des Vordringlichen Bedarfs im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen ist die Feststellung eines dringenden Verkehrsbedarfs verbunden, der nach § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG für die Planfeststellung nach § 17 FStrG und deren gerichtliche Kontrolle verbindlich ist und dem Planungsvorhaben - und damit den dahinter stehenden öffentlichen Verkehrsinteressen - einen besonderen Stellenwert verleiht (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 135 und vom 11. Juli 2019 - 9 A 13.18 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 76 Rn. 202 f. [insoweit in BVerwGE 166, 132 nicht abgedruckt]). Dabei geht es vorliegend nicht um eine konkrete Verkehrserwartung, weshalb der Planfeststellungsbeschluss auch nicht mit einzelnen Verkehrszahlen argumentiert. Maßgebend für die Bewertung und Gewichtung der verkehrlichen Bedeutung des Vorhabens ist - wie oben im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung dargelegt - vielmehr die Verbindungs- und Erschließungsfunktion der A 14, die nicht von bestimmten Verkehrsstärken und einer zahlenmäßig erfassten Entlastungswirkung für die B 189 abhängig ist.
47 Der Hinweis des Klägers auf divergierende Zahlen der verschiedenen Verkehrsprognosen ist nicht geeignet, die verkehrliche Bedeutung des Vorhabens in Frage zu stellen. Da sich der Verkehrsbedarf hier aus der verkehrlichen Erschließung und nicht einer konkreten Verkehrsbewältigung herleitet, kommt es auf Zweifel an den konkreten Verkehrszahlen der projektspezifischen Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 2008 von vornherein nicht an. Deshalb war entgegen der Auffassung des Klägers auch die Einholung einer aktuellen Projektprognose vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses nicht geboten.
48 Die vom Kläger für maßgeblich gehaltene Zielnetzprognose 2030 ist keine geeignete Grundlage für eine projektspezifische Abwägung. Nach den Erläuterungen des Sachverständigen der Ingenieurgruppe IVV in der mündlichen Verhandlung handelt es sich bei dieser im Mai 2018 für verschiedene Netzfälle erstellten Prognose um eine interne Arbeitsgrundlage des Bundes, die nicht für eine Nutzung als Projektprognose bestimmt und dazu in aller Regel auch nicht geeignet ist. Sie wurde im Planfeststellungsbeschluss nur zu Kontrollzwecken herangezogen, um zu gewährleisten, dass das Maßnahmekonzept in Bezug auf die vorhabenbedingten Belastungen durch Lärm und Schadstoffeinträge hinreichend vorsorglich ist (vgl. PFB S. 385 f., 411).
49 Die vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgelegte länderübergreifende Projektprognose 2019 mag interne Kontrollüberlegungen zur "Bauwürdigkeit" des Vorhabens gestützt haben, lag aber der konkreten Planung nicht zugrunde, sodass die diesbezüglichen Rügen des Klägers das Vorhaben nicht in Frage stellen.
50 b) Die Alternativenprüfung weist keine Fehler auf, insbesondere durfte der Beklagte die Nullvariante und Null-Plus-Variante ausscheiden.
51 Auch bei Vorliegen einer gesetzlichen Bedarfsfeststellung ist die Planfeststellungsbehörde bei der gebotenen Abwägung aller für und gegen das Vorhaben sprechenden Gesichtspunkte nicht von der Prüfung befreit, ob gleichwohl einer von der gesetzlichen Festlegung abweichenden Trassierung oder sogar einem Verzicht auf die Projektverwirklichung der Vorzug zu geben ist (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 15. Januar 2004 - 4 A 11.02 - BVerwGE 120, 1 <4> und vom 3. November 2020 - 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 676).
52 Der Planfeststellungsbeschluss thematisiert die Möglichkeiten eines Verzichts auf den Neubau der A 14 unter Berücksichtigung eines etwaigen ein- oder zweibahnigen Ausbaus der B 189 ausführlich (PFB S. 389 - 392 sowie in Auseinandersetzung mit den damaligen Einwendungen des BUND S. 479 - 481), lehnt diese Alternativen aber ab, weil auch der einbahnige Ausbau der B 189 unter Verzicht auf eine Autobahn ein anderes Vorhaben darstelle, das dem gesetzgeberischen Planungsziel widerspreche, und eine weitergehende Ertüchtigung der B 189 umfangreiche Ausbauten und Veränderungen wie etwa die Neuschaffung einer Ausweichstrecke für den langsamen Verkehr erforderlich machen würde. Mit dieser Argumentation setzt sich der Kläger nicht auseinander. Sein Verweis auf die Verkehrszahlen der Zielnetzprognose 2030 ist auch in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Ein Verzicht auf die Realisierung der streitgegenständlichen Verkehrskosteneinheit würde zu einer Unterbrechung der im Übrigen weitgehend fertiggestellten oder jedenfalls bestandskräftig planfestgestellten Autobahn führen und die angestrebte Verbindungsfunktion verfehlen. Der Lückenschluss im Autobahnnetz könnte nicht erreicht werden (vgl. zur Alternativenprüfung für andere Teilabschnitte des Gesamtprojekts bereits BVerwG, Urteile vom 3. Mai 2013 - 9 A 16.12 - BVerwGE 146, 254 Rn. 86 f. und vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - NVwZ 2014, 1008 Rn. 122 [insoweit in BVerwGE 149, 31 nicht abgedruckt]).
53 c) Die Dimensionierung des Vorhabens ist nicht zu beanstanden.
54 Soweit der Kläger auf die Verkehrszahlen der Zielnetzprognose 2030 (VB) verweist, die den Bau einer Autobahn nicht rechtfertigen könnten und im Übrigen allenfalls einen Regelquerschnitt (RQ) 25 nach Einzelfallprüfung zuließen, geht auch hier sein Ansatz fehl, weil die Zielnetzprognose 2030 nicht maßgebend ist. Es gibt auch keine Mindestbelegungszahlen, bei deren Unterschreitung eine Autobahn nicht gebaut werden dürfte. Im Übrigen richtet sich der Straßenquerschnitt nicht nach dem durchschnittlichen Verkehrsaufkommen, sondern nach der die Netzfunktion ausdrückenden Straßenkategorie, die sich nach den Richtlinien für integrierte Netzgestaltung (RIN Ausgabe 2008) bestimmt. Die funktionale Gliederung nach den RIN bildet die Grundlage für den Entwurf und Betrieb der Straße, die dann entsprechend den jeweils gültigen Entwurfsregelwerken - wie etwa den Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA, Ausgabe 2008) – zu gestalten ist. Auf der Grundlage der RIN hat der Bundesverkehrswegeplan 2030 das Gesamtvorhaben der Nordverlängerung der A 14 der Verbindungsfunktionsstufe 0 zugeordnet, die Verbindungen zwischen Metropolregionen beschreibt und mit der Verkehrswegekategorie AS 0 (Autobahnen) verknüpft ist. Der kleinste Regelquerschnitt, der in Ausnahmefällen für Autobahnen in Betracht kommt, sofern es sich nicht um Stadtautobahnen handelt, ist der RQ 28 (vgl. RAA Nr. 4.3.2 S. 21). Vor diesem Hintergrund bestand kein Anlass für die vom Kläger geforderte Abwägung einer weitergehenden Querschnittsreduzierung.
55 d) Die Abwägungsentscheidung lässt weder bei der Bewertung der verkehrlichen Belange noch im Übrigen die gebotene Unvoreingenommenheit vermissen.
56 Die Planfeststellungsbehörde muss die ihr übertragene Befugnis zur planerischen Gestaltung in unparteiischer Weise wahrnehmen. Der rechtsstaatliche Grundsatz der fairen Verfahrensgestaltung verpflichtet sie, sich ein Maß an innerer Distanz und Neutralität zu bewahren, das es ihr ermöglicht, zu einer problemabgewogenen Entscheidung zu gelangen. Denn nur auf der Grundlage von Gestaltungsfreiheit und innerer Unabhängigkeit kann sie die Aufgabe einer eigenen planerischen Entscheidung erfüllen und im Rahmen der Abwägung den erforderlichen gerechten Ausgleich zwischen den vom Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belangen herstellen (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Dezember 1986 - 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214 <230 f.>, vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 24 und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 Rn. 20, 22).
57 Dass diese Anforderungen hier nicht erfüllt wären, lässt sich dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen. Seine Rüge, die einseitige Abwägung zugunsten der Planung ergebe sich aus der einseitigen Berücksichtigung der Zielnetzprognose 2030, geht auch hier fehl, weil deren Verkehrszahlen - wie dargelegt - für die Gesamtabwägung nicht maßgeblich waren. Im Übrigen sind die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss zur Zielnetzprognose inhaltlich nicht zu beanstanden und belegen - auch in der Gesamtschau –, dass die Planfeststellungsbehörde die in der Zielnetzprognose ermittelten Verkehrszahlen zwar zu Kontrollzwecken in den Blick genommen, die konkrete Planentscheidung aber einheitlich auf der Grundlage der projektspezifischen Verkehrsprognose getroffen hat, unabhängig davon, ob sich deren höhere Verkehrszahlen im konkreten Zusammenhang günstig oder ungünstig auf die Planung auswirkten.
58 Soweit der Kläger geltend macht, zentrale Entscheidungen seien nicht von der Planfeststellungsbehörde selbst getroffen, sondern vom Verkehrsministerium vorgegeben worden, und dabei auf "verschiedene Stellen" der Verwaltungsvorgänge verweist, ist sein Vortrag unsubstantiiert. Aus der einzigen konkret benannten E-Mail, in der ein Mitarbeiter des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt, der in der im Landesverwaltungsamt angesiedelten Außenstelle "Straßenplanung und -entwurf, Infrastrukturplanung Autobahn" tätig ist, seine (fachliche) Einschätzung zu der Plausibilitätsprüfung formuliert, lässt sich weder der vom Kläger beanstandete "Duktus einer Weisung" noch eine sonstige Form der unzulässigen Einflussnahme ableiten.
59 2. Den Belangen des Klimaschutzes, die hier auch unter dem Gesichtspunkt der globalen Klimaauswirkungen und der nationalen Klimaschutzziele (a) im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen waren (b), trägt der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Begründungsergänzungsbeschlusses im Ergebnis hinreichend Rechnung (c).
60 a) Die Planfeststellungsbehörde musste bei ihrer Entscheidung die Aspekte des globalen Klimaschutzes und der Klimaverträglichkeit berücksichtigen. Dies ergibt sich aus Art. 20a GG i. V. m. § 13 Abs. 1 Satz 1 des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG).
61 Die Bestimmung in Art. 20a GG verpflichtet den Staat - auch in Verantwortung für künftige Generationen - zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen; dies umfasst auch die Verpflichtung zum Klimaschutz einschließlich des Ziels der Herstellung von Klimaneutralität (vgl. grundlegend BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18, 1 BvR 78, 96 und 288/20 - BVerfGE 157, 30 Rn. 197 f.). Zu den Adressaten des Schutzgebots gehört die vollziehende Gewalt "nach Maßgabe von Gesetz und Recht". Das bedeutet, dass für die Verwaltung die Staatsziele des Art. 20a GG grundsätzlich dort Bedeutung entfalten, wo die Gesetze ihr Gestaltungsspielräume überlassen; dies ist etwa im Rahmen von planerischen Entscheidungen der Fall (vgl. Krings, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 15. Aufl. 2022, Art. 20a Rn. 18). Nähere Vorgaben enthält das Grundgesetz selbst allerdings nicht. Art. 20a GG mit dem darin enthaltenen Klimaschutzgebot bedarf daher zunächst der gesetzgeberischen Ausgestaltung und Konkretisierung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18, 1 BvR 78, 96 und 288/20 - BVerfGE 157, 30 Rn. 205); erst diese kann - und muss - der Vorhabenplanung zugrunde gelegt werden. Eine solche Konkretisierung ist mit dem Bundes-Klimaschutzgesetz erfolgt.
62 Das am 18. Dezember 2019 in Kraft getretene Bundes-Klimaschutzgesetz vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2513) - KSG - hat den maßgeblichen Rechtsrahmen für die nationale Klimapolitik geschaffen, das Klimaschutzziel des Grundgesetzes konkretisiert und durch § 1 Satz 3 KSG näher bestimmt (BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18, 1 BvR 78, 96 und 288/20 - BVerfGE 157, 30 Rn. 197, 208). Im Abschnitt 5 über die "Vorbildfunktion der öffentlichen Hand" werden Vorgaben für die Berücksichtigung von Klimaschutzbelangen innerhalb des allgemeinen Verwaltungshandelns formuliert. Zentrale Vorschrift ist dabei das in § 13 KSG normierte Berücksichtigungsgebot. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG haben die Träger öffentlicher Aufgaben bei ihren Planungen und Entscheidungen den Zweck dieses Gesetzes und die zu seiner Erfüllung festgelegten Ziele zu berücksichtigen. Dieses Gebot konkretisiert die allgemeine Vorbildfunktion der öffentlichen Hand und soll nach dem Willen des Gesetzgebers bei allen Planungen und Entscheidungen zum Tragen kommen, soweit im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben Entscheidungsspielräume bestehen, "insbesondere, soweit die zugrunde liegenden Vorschriften bestimmte Entscheidungen vom Vorliegen von 'öffentlichen Interessen' oder 'vom Wohl der Allgemeinheit' abhängig machen, wenn sie den zuständigen Stellen Planungsaufgaben geben oder Abwägungs-, Beurteilungs- und Ermessensspielräume zuweisen" (BT-Drs. 19/14337 S. 36). Das Berücksichtigungsgebot gilt damit umfassend für jede nicht gesetzesgebundene Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung, die klimarelevante Auswirkungen haben kann (vgl. Schink, NuR 2021, 1), und erstreckt sich als materiell-rechtliche Vorgabe des Bundesrechts auf sämtliche Bereiche, für die dem Bund eine Gesetzgebungskompetenz zusteht, in denen es also um den Vollzug von materiellem Bundesrecht geht (vgl. etwa Klinski/Scharlau/von Swieykowski-Trzaska/Keimeyer/Sina, NVwZ 2020, 1 <5>). Es begründet dabei selbst keine neuen Handlungs- oder Entscheidungsspielräume, sondern setzt das Bestehen derartiger Spielräume aufgrund anderer gesetzlicher Regelungen voraus. Überall dort, wo materielles Bundesrecht auslegungsbedürftige Rechtsbegriffe verwendet oder Planungs-, Beurteilungs- oder Ermessensspielräume konstituiert, sind nunmehr der Zweck und die Ziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes als (mit-)entscheidungserhebliche Gesichtspunkte in die Erwägungen einzustellen (vgl. Klinski/Scharlau/von Swieykowski-Trzaska/Keimeyer/Sina, NVwZ 2020, 1 <6>; Schink, NuR 2021, 1 <3> und in: Frenz, Klimaschutzrecht, 2. Aufl. 2022, § 13 KSG Rn. 18). Damit findet das Berücksichtigungsgebot des § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG auch im Rahmen des Fachplanungsrechts für Bundesfernstraßen Anwendung.
63 b) Rechtlicher Anknüpfungspunkt für die danach gebotene Berücksichtigung des globalen Klimaschutzes ist vorliegend nicht die Umweltverträglichkeitsprüfung (aa), sondern (nur) die Gesamtabwägung nach § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG (bb).
64 aa) Die globalen Klimaschutzziele gehören hier nicht zum Prüfungsprogramm der Umweltverträglichkeitsprüfung.
65 (1) Für das streitgegenständliche Planfeststellungsverfahren ist das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) nach § 74 Abs. 2 Nr. 2 UVPG noch in der bis zum 15. Mai 2017 geltenden Fassung vom 24. Februar 2010 - UVPG a. F. - anzuwenden, denn der Antrag auf Durchführung des Planfeststellungsverfahrens für die VKE 2.2 unter Vorlage der Planfeststellungsunterlagen ist im Jahr 2014 und damit vor dem 16. Mai 2017 erfolgt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats erfordert die Umweltverträglichkeitsprüfung nach altem Recht keine Berücksichtigung globaler Klimaauswirkungen, weil der Begriff des Klimas in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UVPG a. F. allgemein eng im Sinne des standortbezogenen lokalen Klimas verstanden wurde und auch europarechtlich eine großräumigere Betrachtung des Klimas nicht geboten war. Die UVP-Richtlinie legt fest, was - europarechtlich - im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung zu ermitteln ist, und benennt die maßgeblichen Schutzgüter; das großräumige Klima gehörte nach altem Recht nicht dazu. Ein erweiterter Klimabegriff wurde erst durch die Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 124 S. 1) zum Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung gemacht, wobei die Richtlinie in Art. 3 Abs. 2 Buchst. b ebenfalls eine Übergangsregelung mit entsprechendem Stichtag enthält (Vorlage der Informationen nach Art. 5 Abs. 1 UVP-RL a. F. vor dem 16. Mai 2017), der bei Änderung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in § 74 UVPG übernommen wurde (vgl. im Einzelnen BVerwG, Beschluss vom 27. November 2018 - 9 A 10.17 - juris Rn. 34 ff.; Urteile vom 11. Juli 2019 - 9 A 13.18 - BVerwGE 166, 132 Rn. 19 ff. und vom 24. Februar 2021 - 9 A 8.20 - BVerwGE 171, 346 Rn. 35 ff.). Auch die Europäische Kommission geht davon aus, dass in Bezug auf die Stichtagsregelung ("vor dem 16. Mai 2017") zwischen solchen Projekten, die der UVP-Richtlinie von 2011 (Richtlinie 2011/92/EU), und solchen, die der UVP-Richtlinie von 2014 (Richtlinie 2014/52/EU) unterfallen, zu unterscheiden ist und (nur) die geänderte Fassung der Richtlinie Bestimmungen zum Klimawandel umfasst (vgl. Bekanntmachung der Kommission, Technische Leitlinien für die Sicherung der Klimaverträglichkeit von Infrastrukturen im Zeitraum 2021 - 2027, ABl. 2021/C 373/1, S. 43 f., 64).
66 (2) Das Inkrafttreten des Bundes-Klimaschutzgesetzes gebietet keine andere Beurteilung und führt nicht zu einer nachträglichen "Aufladung" und Erweiterung des Begriffs der Umweltauswirkungen bei der Umweltverträglichkeitsprüfung um den Aspekt des globalen Klimas. Das Berücksichtigungsgebot des § 13 KSG soll - wie dargelegt - immer dann zur Anwendung kommen, wenn es um die Ausfüllung vorhandener Entscheidungsspielräume geht, nicht aber neue Aufgaben begründen. Besteht im Planfeststellungsverfahren nach den einschlägigen Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Verpflichtung, das globale Klima zu betrachten, wird eine solche Pflicht nicht durch das Bundes-Klimaschutzgesetz erstmals begründet. Für die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung gelten besondere verfahrensrechtliche Regelungen, insbesondere Auslegungs- und Beteiligungsverpflichtungen, mit der Folge, dass veränderte inhaltliche Anforderungen auch die Wiederholung bereits absolvierter Verfahrensschritte erfordern würden. Die Übergangsvorschrift in § 74 Abs. 2 UVPG, die - wie dargelegt - der europarechtlichen Regelung nachgebildet ist, soll verhindern, dass bereits laufende Planfeststellungsverfahren aufgrund von Rechtsänderungen immer wieder von neuem begonnen oder abgeschlossene Verfahrensschritte wiederholt werden müssen. Dieses Ziel würde unterlaufen, wenn das Inkrafttreten des Bundes-Klimaschutzgesetzes dazu führte, die im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung formulierten Prüfungsinhalte anders auszulegen und der Sache nach zu erweitern.
67 Vor diesem Hintergrund besteht für den Senat kein Zweifel, dass es im Einklang mit der UVP-Richtlinie steht, dass die hier nach altem Recht durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung nicht nachträglich wiederaufgenommen und um einen weiteren Prüfungspunkt ergänzt wurde. Aus diesem Grund besteht auch kein Anlass für die vom Kläger mit Schriftsatz vom 30. März 2022 (S. 51) beantragte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof.
68 (3) Dafür, dass der nationale Gesetzgeber dies nicht anders beurteilt hat, spricht im Übrigen auch der Umstand, dass er zusammen mit dem Bundes-Klimaschutzgesetz eine punktuelle Änderung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung beschlossen hat, ohne einen Anlass zu weitergehenden Veränderungen zu sehen. Dem Berücksichtigungsgebot des § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG kann im Übrigen auch bei noch nicht abgeschlossenen "Altverfahren" Geltung verschafft werden (siehe dazu sogleich unter bb).
69 bb) Der globale Klimaschutz und die Klimaschutzziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes gehören zu den öffentlichen Belangen, die in die Abwägung nach § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG einzustellen sind und daher auch im vorliegenden Planfeststellungsverfahren, das bei Inkrafttreten des Bundes-Klimaschutzgesetzes noch nicht abgeschlossen war, zu berücksichtigen waren.
70 (1) Die Einbeziehung der Klimaschutzbelange in die Gesamtabwägung ist ein Aspekt, den der Kläger gerichtlich geltend machen kann. Seiner Rügebefugnis steht nicht die Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 10 KSG entgegen, wonach subjektive Rechte und klagbare Rechtspositionen durch oder aufgrund des Gesetzes nicht begründet werden. Dem Kläger als anerkannte Umwelt- und Naturschutzvereinigung nach § 3 UmwRG steht gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG unabhängig von der Geltendmachung einer Verletzung eigener Rechte ein Klagerecht gegen den streitigen Planfeststellungsbeschluss als Zulassungsentscheidung i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG zu. Diese Verbandsklagebefugnis ist vor dem Hintergrund von Art. 9 Abs. 2 und 3 der Aarhus-Konvention im Interesse eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte grundsätzlich weit auszulegen, um es einer Umweltschutzorganisation zu ermöglichen, eine Entscheidung, die möglicherweise im Widerspruch zum Umweltrecht der Union steht, gerichtlich überprüfen zu lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2020 - 9 A 22.19 - BVerwGE 168, 368 Rn. 18 m. w. N.). Zu den umweltbezogenen Vorschriften im Sinne der Aarhus-Konvention gehören auch die Klimaschutzziele (vgl. etwa Appel/Meyn, DB-Beil. 2021, 5 <8>). Vor diesem Hintergrund kann der Ausschluss klagbarer Rechte im Bundes-Klimaschutzgesetz nicht so verstanden werden, dass damit die unionsrechtlich geforderte und im Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz gewährleistete Klagebefugnis von Umweltschutzorganisationen eingeschränkt und ihnen die Möglichkeit, die Frage der ordnungsgemäßen Einbeziehung der Klimaschutzbelange in Ermessens- und Abwägungsentscheidungen gerichtlich überprüfen zu lassen, verwehrt werden soll. Eine derartige Intention ist auch den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen. Der Gesetzgeber verstand die (ursprünglich in § 4 Abs. 1 Satz 7 KSG formulierte) Ausschlussregelung vielmehr als deklaratorische Klarstellung, dass die im Gesetz geregelten Jahresemissionsmengen keine einklagbaren Rechte oder Pflichten für Bürger oder Unternehmen begründen (BT-Drs. 19/14337 S. 28).
71 (2) Das Berücksichtigungsgebot des § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG erfordert, dass im Rahmen der Abwägung die Auswirkungen der Planungsentscheidung auf den Klimaschutz - bezogen auf die in §§ 1 und 3 KSG konkretisierten nationalen Klimaschutzziele - zu ermitteln und die Ermittlungsergebnisse in die Entscheidungsfindung einzustellen sind (vgl. etwa Schlacke, EurUP 2020, 338 <343>; Schink, in: Frenz, Klimaschutzrecht, 2. Aufl. 2022, § 13 KSG Rn. 24 f.). Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, "die Bedeutung der Entscheidung für den Klimaschutz zu ermitteln und Klimaschutzgesichtspunkte zu berücksichtigen, soweit keine entgegenstehenden, überwiegenden rechtlichen oder sachlichen Gründe vorliegen" (BT-Drs. 19/14337 S. 36).
72 c) Die nach § 13 KSG gebotene Berücksichtigung der Klimaschutzbelange ist im Planfeststellungsbeschluss vom 14. Dezember 2020 unterblieben, sodass der Beschluss zunächst an einem Abwägungsdefizit litt. Dieser Mangel ist jedoch behoben worden, weil der Beklagte während des gerichtlichen Verfahrens die Abwägung in Bezug auf das Klima nachgeholt und die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses mit Beschluss vom 24. Februar 2022 insoweit ergänzt hat. Dies lässt im Ergebnis weder formelle noch materielle Fehler erkennen.
73 aa) Das Bundes-Klimaschutzgesetz enthält keine näheren Vorgaben für das Verfahren der "Berücksichtigung", es gelten die allgemeinen planungsrechtlichen Grundsätze. Die Abwägung der Klimabelange durfte daher verfahrensrechtlich im Wege des ergänzenden Verfahrens gemäß § 17 Abs. 1 Satz 5 FStrG i. V. m. § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG nachgeholt werden. Diese Form der Fehlerbehebung kann auch prozessbegleitend während eines gerichtlichen Verfahrens erfolgen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 155 m. w. N.; Urteil vom 27. Juni 2019 - 7 C 22.17 - Buchholz 406.403 § 64 BNatSchG 2010 Nr. 2 Rn. 30).
74 Entgegen der Auffassung des Klägers bedurfte es hierfür keiner erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung. Wie ausgeführt, war der Aspekt des globalen Klimas nicht Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung, sodass die verfahrensrechtlichen Anforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung insoweit nicht einschlägig sind. Der Träger des Vorhabens hat keine neue "Unterlage" i. S. d. § 6 UVPG a. F. zur Klimaverträglichkeit erstellt, und es gibt auch keine neuen, im Verhältnis zum ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss veränderten Umweltauswirkungen. Der Beklagte hat lediglich die Abwägungsentscheidung ergänzt, um einen Abwägungsfehler des gegenüber dem Kläger noch nicht bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses zu beseitigen, ohne die Planung inhaltlich zu verändern. Dies begründet keine Pflicht zu einer erneuten Offenlage (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 33 m. w. N.; zur Möglichkeit einer auf Begründungselemente beschränkten Änderung des Planfeststellungsbeschlusses nur im Verhältnis zum Kläger auch BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 16).
75 Verfahrensrechtlich zutreffend hat der Beklagte den Abwägungsmangel dadurch behoben, dass er die in der Gesamtabwägung fehlenden Verfahrensschritte nachgeholt hat, indem er die Abwägung um die Ermittlung und Bewertung des bislang fehlenden Belangs des Klimaschutzes ergänzt, auf dieser Grundlage die Gesamtabwägung erneut ergebnisoffen vorgenommen und das neue Abwägungsergebnis in der Planbegründung dokumentiert hat. Die ergänzende Begründung ist mit dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss zu einem einzigen Plan in der durch den Ergänzungsbeschluss erreichten Gestalt verschmolzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 - 9 A 25.09 - NVwZ 2011, 175 Rn. 24).
76 bb) Die Abwägung der Klimabelange ist auch inhaltlich im Ergebnis nicht zu beanstanden.
77 (1) Das Berücksichtigungsgebot des § 13 KSG verlangt, den Zweck des Gesetzes und die zu seiner Erfüllung festgelegten Ziele zu berücksichtigen. Weitere Anforderungen und Vorgaben zur Art und Weise der Umsetzung dieser Verpflichtung in einem Planfeststellungsverfahren enthält das Gesetz nicht.
78 (a) Der Maßstab für die nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG gebotene Berücksichtigung des Klimaschutzes ergibt sich aus dem in § 1 KSG umschriebenen Zweck und den in § 3 KSG festgelegten Zielen des Gesetzes. Danach geht es um die dem Bundes-Klimaschutzgesetz zugrunde liegende Verpflichtung nach dem Pariser Übereinkommen, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, und die Treibhausgasemissionen entsprechend den in § 3 KSG festgeschriebenen Vorgaben zu mindern. Die in § 1 Satz 3 KSG genannte Temperaturschwelle ist dabei als verfassungsrechtlich maßgebliche Konkretisierung des Klimaschutzziels des Grundgesetzes anzusehen (BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18, 1 BvR 78, 96 und 288/20 - BVerfGE 157, 30 Rn. 209). Dementsprechend muss bei den Planungen und Entscheidungen die Frage in den Blick genommen werden, ob und inwieweit diese Einfluss auf die Treibhausgasemissionen haben und die Erreichung der Klimaziele gefährden können (vgl. etwa Klinski/Scharlau/von Swieykowski-Trzaska/Keimeyer/Sina, NVwZ 2020, 1 <6>).
79 (b) Die Bestimmungen in § 13 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 KSG finden vorliegend keine Anwendung. Der Beklagte hat zwar zutreffend auf das Bundes-Klimaschutzgesetz in der seit dem 31. August 2021 geltenden Fassung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes vom 18. August 2021 (BGBl. I S. 3905) als das zum Zeitpunkt der Abwägung der Klimabelange geltende Recht abgestellt. Die Regelungen in § 13 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 KSG betreffen aber - auch soweit der Begriff der "Planung" verwendet wird - nur Maßnahmen und Entscheidungen im direkten Zusammenhang mit Investitions- und Beschaffungsvorgängen. In der Begründung zur Einführung des Bundes-Klimaschutzgesetzes führt der Gesetzgeber aus, bei Investitions- und Beschaffungsvorgängen sei das Ziel der Treibhausgasminderung als weiterer Zweck der Beschaffung zu berücksichtigen (BT-Drs. 19/14337 S. 2), und verweist zur Begründung des § 13 Abs. 2 KSG (in seiner ursprünglichen Fassung) darauf, dass der Begriff der "Beschaffung" als Oberbegriff für den Erhalt von vertraglichen Leistungen durch einen Träger öffentlicher Verwaltung verstanden werde und es um die Verpflichtung des Bundes zur Prüfung der für den Klimaschutz relevanten Investitionen und sonstigen Beschaffungen am Maßstab der Klimaschutzziele des § 3 KSG gehe (BT-Drs. 19/14337 S. 37). Zur Umsetzung der Vorgaben aus § 13 Abs. 2 KSG hat die Bundesregierung inzwischen in Weiterentwicklung der geltenden Bestimmungen die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Beschaffung klimafreundlicher Leistungen (AVV Klima) vom 19. Oktober 2021 (BAnz AT 22.10.2021 B1) erlassen. Diese hat das Ziel, die in § 13 Abs. 2 KSG für den dem Vergabeverfahren vorgelagerten Prozess der Konzeption und Strukturierung geregelte Prüf-, Berücksichtigungs- und Bevorzugungspflicht klimafreundlicher Leistungen zu einer zentralen Vorgabe für die Bedarfsanalyse und die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zu machen (vgl. die Begründung vom 15. September 2021, veröffentlicht auf der Webseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz www.bmwk.de). Um einen derartigen Konzeptions- und Strukturierungsprozess im Vorfeld von Beschaffungen geht es bei einem Planfeststellungsbeschluss jedoch nicht. Dieser begründet (nur) ein Baurecht und stellt weder selbst eine Investitions- oder Beschaffungsmaßnahme dar noch bereitet er - anders als die Ausführungsplanung - eine solche unmittelbar vor, weshalb die Vorgaben nach § 13 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 KSG für ihn nicht gelten.
80 (c) Für die Ermittlung der klimarelevanten Auswirkungen oder für deren Bewertung gibt es gegenwärtig keine konkretisierenden Vorgaben. Das Bundes-Klimaschutzgesetz ist ein Rahmengesetz, das sich in erster Linie an den Gesetzgeber richtet. Bisher existieren keine Rechtsverordnungen, Verwaltungsvorschriften, Ausführungsvorschriften, Leitfäden, Handreichungen oder Ähnliches, die die Verwaltungsbehörden bei der praktischen Umsetzung ihrer Ermittlungs- und Bewertungspflichten zugrunde legen könnten. Das führt zwar nicht dazu, dass das Berücksichtigungsgebot zurzeit nicht handhabbar wäre und keine Anwendung finden würde, ist aber von Bedeutung für die Frage, was die Behörde für eine sachgerechte Erfüllung ihrer Berücksichtigungspflicht leisten muss. Die Anforderungen dürfen dabei nicht überspannt werden, müssen "mit Augenmaß" inhaltlich bestimmt und konkretisiert werden und dürfen der Behörde keinen unzumutbaren Aufwand abverlangen.
81 Diese Auslegung steht mit der Intention des Bundes-Klimaschutzgesetzes im Einklang. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass das allgemeine Berücksichtigungsgebot nach den Vorstellungen des Gesetzgebers mit einem größeren Verwaltungsaufwand verbunden sein sollte. Die Gesetzesbegründung spricht vielmehr dagegen. So wird bezüglich des Bundes-Klimaschutzgesetzes in der ursprünglichen Fassung vom 12. Dezember 2019 ausdrücklich nur für die Erfassung von Emissionsdaten, die Emissionsberichterstattung, die Klimaschutzprogramme und die Einrichtung des Expertenrats, nicht aber im Zusammenhang mit § 13 KSG ein besonderer Erfüllungsaufwand für die Verwaltung erwartet; zusätzliche Kosten durch Datenerhebungen werden unter Hinweis auf die ohnehin erfolgende umfassende Datenerhebung ausgeschlossen (BT-Drs. 19/14337 S. 21 f.). Für das Änderungsgesetz vom 18. August 2021 wird ein besonderer Erfüllungsaufwand für die Verwaltung ausdrücklich verneint (BT-Drs. 19/30230 S. 2). Auch die - nur Beschaffungsvorgänge nach § 13 Abs. 2, Abs. 1 Satz 3 KSG betreffende - AVV Klima geht davon aus, dass für die Prognose der Treibhausgasemissionen der jeweiligen Leistungen pro Beschaffungsvorgang nur ein Zeitaufwand von 15 Minuten entsteht, und setzt detaillierte Hilfestellungen des Umweltbundesamtes voraus (Begründung vom 15. September 2021, veröffentlicht auf der Website des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz www.bmwk.de, S. 5 f.); nach § 4 Abs. 4 Satz 5 Nr. 1 AVV Klima unterbleibt zudem die Berücksichtigung von Lebenszykluskosten, wenn die Ermittlung nicht mit vertretbarem Aufwand möglich ist.
82 Danach verlangt das Berücksichtigungsgebot des § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG von der Planfeststellungsbehörde, mit einem - bezogen auf die konkrete Planungssituation - vertretbaren Aufwand zu ermitteln, welche CO2-relevanten Auswirkungen das Vorhaben hat und welche Folgen sich daraus für die Klimaziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes ergeben.
83 (d) Die Berücksichtigungspflicht ist sektorübergreifend im Sinne einer Gesamtbilanz zu verstehen. Klimarelevant sind dabei nicht nur die in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 KSG genannten Sektoren, die als potentiell emissionsverursachende Sektoren den Minderungszielen des § 3 KSG unterworfen sind, sondern alle in Anlage 1 des Bundes-Klimaschutzgesetzes genannten Sektoren und damit auch der positiv für die Gesamtbilanz wirkende Beitrag des Sektors Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft nach § 3a KSG (Nr. 7 der Anlage 1 zum Gesetz). Dieser ist daher in den Blick zu nehmen, wenn Klimasenken durch das Vorhaben beeinträchtigt oder zerstört werden. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG.
84 Das Berücksichtigungsgebot des § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG verweist auf Zweck und Ziele des Gesetzes, die auf eine Gesamtbilanz gerichtet sind. Es geht um die Einhaltung der nationalen, europäischen und völkerrechtlichen Klimaschutzziele, wobei langfristig eine "Netto-Treibhausgasneutralität" im Sinne eines Gleichgewichts zwischen den anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen aus Quellen und dem Abbau solcher Gase durch Senken angestrebt wird (BT-Drs. 19/14337 S. 24). Wie oben bereits ausgeführt wurde, soll der Klimaschutz querschnittsartig überall dort geprüft werden, wo Abwägungs-, Beurteilungs- oder Ermessensspielräume bestehen (BT-Drs. 19/14337 S. 36). Das verlangt, dass das gesamte Bundes-Klimaschutzgesetz zu beachten ist und damit auch die den Beitrag des Sektors Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft regelnde Vorschrift des § 3a KSG. Soweit für diesen Sektor nach § 2 Nr. 8 KSG die Anwendung einzelner Vorschriften ausgeschlossen ist, betrifft dies nicht § 13 KSG. Auch wenn die verschiedenen Sektoren unterschiedlichen Ressorts zugeordnet sind, die jeweils für die Einhaltung der Jahresemissionsmengen in dem ihnen zugeordneten Bereich verantwortlich sind, bedeutet dies nicht, dass Auswirkungen des einen auf den anderen Sektor bei der Abwägung ausgeblendet werden dürfen. Sinn und Zweck des Berücksichtigungsgebots würde verfehlt, wenn sich die Betrachtung nur auf einen Ausschnitt beschränken würde, selbst wenn dies der Teilbereich mit der konkret größten Klimarelevanz sein mag. Es ist zwar nicht geboten, dass die Verwaltung in aufwändige Ermittlungen zu klimarelevanten Auswirkungen einsteigt, sie darf aber andererseits auch nicht die Augen vor erkennbaren Klimafolgen verschließen.
85 (e) Für die Bewertung des Ergebnisses im Rahmen der Abwägungsentscheidung gilt, dass § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG eine Berücksichtigungspflicht, aber keine gesteigerte Beachtenspflicht formuliert und nicht im Sinne eines Optimierungsgebots zu verstehen ist (vgl. Schink, in: Frenz, Klimaschutzrecht, 2. Aufl. 2022, § 13 KSG Rn. 25; Klinski/Scharlau/von Swieykowski-Trzaska/Keimeyer/Sina, NVwZ 2020, 1 <6>; Schlacke, EurUP 2020, 338 <343 und 344>; Kment, NVwZ 2020, 1537 <1543 f.>; Hermes, EurUP 2021, 162 <165 f.>; Wickel, ZUR 2021, 332 <337>; Appel/Meyn, DB-Beil. 2021, 5 <6>). Dafür spricht bereits ein Vergleich des Wortlauts der Vorschrift mit dem des § 13 Abs. 2 KSG, in dem der Vorrang bestimmter Maßnahmen bei der Abwägung ausdrücklich bestimmt ist.
86 Dem Klimaschutzgebot kommt trotz seiner verfassungsrechtlichen Bedeutung kein Vorrang gegenüber anderen Belangen zu; ein solcher lässt sich weder aus Art. 20a GG noch aus § 13 KSG ableiten. Auch aus dem Klimaschutzbeschluss des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nichts anderes (vgl. auch Uechtritz/Ruttloff, NVwZ 2022, 9 <11 f.>). Dieses hat vielmehr klargestellt, dass Art. 20a GG keinen unbedingten Vorrang gegenüber anderen Belangen genießt, sondern im Konfliktfall in einen Ausgleich mit anderen Verfassungsrechtsgütern und Verfassungsprinzipien zu bringen ist, wobei das relative Gewicht des Klimaschutzgebots in der Abwägung bei fortschreitendem Klimawandel weiter zunimmt (BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18, 1 BvR 78, 96 und 288/20 - BVerfGE 157, 30 Rn. 198). Nach dem Willen des Gesetzgebers soll das Berücksichtigungsgebot insbesondere querschnittartig Regelungslücken schließen, soweit die Fachgesetze die Berücksichtigung des Klimaschutzes nicht ausdrücklich vorschreiben, und für alle eröffneten Abwägungs-, Beurteilungs- und Ermessensspielräume Bedeutung haben. Mit dieser weitreichenden Geltung für eine Vielzahl unterschiedlichster rechtlicher und tatsächlicher Konstellationen ließe sich die Annahme einer generellen Vorrangstellung des Klimaschutzes nicht vereinbaren. Auch der Gesetzgeber verlangt eine Berücksichtigung nur, "soweit keine entgegenstehenden, überwiegenden rechtlichen oder sachlichen Gründe vorliegen" (BT-Drs. 19/14337 S. 36).
87 Bei dem Berücksichtigungsgebot bleibt es auch im Lichte der gesetzlichen Planfeststellung im Bundesverkehrswegeplan 2030. Ihr kann keine Vorfestlegung zugunsten des Projekts entnommen werden, weil die konkreten Klimaschutzziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes nicht Gegenstand dieser Entscheidung waren und insbesondere der Aspekt der Landnutzungsänderung auf dieser übergeordneten Ebene nicht sinnvoll betrachtet werden konnte. Geboten nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG ist demnach das Einstellen der ermittelten klimarelevanten Auswirkungen in die Abwägung ohne gesetzlich vorgegebene Gewichtung oder Bindungswirkung. Maßgebend sind die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls, nach denen sich gegebenenfalls auch konträre abwägungsrelevante Belange und Interessen durchsetzen können.
88 (2) Gemessen an diesen Vorgaben ist die vom Beklagten durchgeführte Abwägung der Klimabelange im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Planfeststellungsbeschluss hat die dem Sektor Verkehr (a) und Industrie (b) zuzurechnenden Treibhausgasemissionen in ausreichender Weise ermittelt und ermessensfehlerfrei in die Abwägung eingestellt (c); soweit er die Inanspruchnahme von Waldflächen nicht ausdrücklich unter dem Aspekt des Klimaschutzes behandelt, wirkt sich dies jedenfalls im Ergebnis nicht aus (d).
89 (a) Bei der Betrachtung des Verkehrssektors (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSG) durfte der Beklagte vor dem Hintergrund der konkreten Planungs- und Entscheidungssituation auf die im Projektinformationssystem zum Bundesverkehrswegeplan 2030 (PRINS) hinterlegten Zahlen zurückgreifen.
90 Der Planfeststellungsbeschluss verweist zur Ermittlung der dem Projekt zuzurechnenden CO2-Emissionen auf die Informationen, die im PRINS für das Gesamtprojekt "A 14 AS Karstädt - AS Dahlenwarsleben" hinterlegt sind. Zugrunde gelegt werden sowohl die betriebsbedingten CO2-Emissionen als auch die CO2-Äquivalente aus Lebenszyklusemissionen, wobei die für das Gesamtprojekt ausgewiesenen Gesamtemissionen entsprechend dem Verhältnis der Länge der VKE 2.2 an der Gesamtstrecke auf das streitige Vorhaben heruntergerechnet werden. Dieser Ansatz begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
91 Die Zahlen in PRINS sind vorhandene, leicht zugängliche Daten, die Grundlage der gesetzlichen Bedarfsfeststellung sind. Es handelt sich um Dossiers zu den im Bundesverkehrswegeplan 2030 aufgeführten Verkehrsprojekten, die die Ergebnisse der Nutzen-Kosten-Analyse, der umwelt- und naturschutzfachlichen Beurteilung sowie der raumordnerischen und städtebaulichen Beurteilung darstellen und in einem Sachzusammenhang stehen mit der Entscheidung über das Vorhaben, hier projektspezifisch bezogen auf die Nordverlängerung der A 14 in Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Dass geeignetere, aussagekräftigere und damit "bessere" Daten vorhanden gewesen wären, ist nicht ersichtlich; die Durchführung eigener Untersuchungen und Berechnungen war vor diesem Hintergrund nicht geboten.
92 Soweit der Kläger auf den Grundsatz der einheitlichen Prognose als Grundlage der Planfeststellung verweist, wäre die Erstellung einer neuen Verkehrsprognose lediglich zur Beurteilung der Klimaauswirkungen mit einem Aufwand verbunden, der hier unverhältnismäßig wäre und daher nicht geboten ist. Die der Planung zugrunde liegende projektspezifische Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 2008 - deren Verkehrszahlen der Kläger als zu hoch angreift - ist zur sachgerechten Ermittlung klimarelevanter Auswirkungen jedenfalls nicht vorzugswürdig, weil sie nicht die aktuellen Annahmen widerspiegelt.
93 Das "Herunterrechnen" der Zahlen auf den einzelnen Abschnitt begegnet im vorliegenden Fall keinen Bedenken. Die VKE 2.2 weist keine klimarelevanten Besonderheiten gegenüber den übrigen Abschnitten auf; ihre Planfeststellung entfaltet auch keine "Pilotwirkung" für das Gesamtprojekt oder Vorwirkung für andere Abschnitte, vielmehr handelt es sich um einen "Lückenschluss im Lückenschluss".
94 (b) Auch auf den Sektor Industrie ist der Planfeststellungsbeschluss mit den Erwägungen zu Lebenszyklusemissionen in ausreichendem Umfang eingegangen. Weitere Ermittlungen waren hier nicht erforderlich.
95 (c) Die Bewertung der für die Sektoren Verkehr und Industrie ermittelten Treibhausgasemissionen in Bezug auf die Klimaschutzziele und ihre Einstellung in die Gesamtabwägung lässt keinen Abwägungsmangel erkennen.
96 Mit Blick auf die Treibhausgasminderungsziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes kommt der Planfeststellungsbeschluss zu dem Ergebnis, dass das Vorhaben als solches eine emissionserhöhende Wirkung habe und deshalb für sich betrachtet den Minderungszielen des KSG zuwiderliefe, bei Abwägung aller betroffenen Belange die zugunsten des Projekts sprechenden Gründe aber die mit ihm verbundenen Nachteile gleichwohl überwögen. Zur Begründung wird ausgeführt, der durch die A 14 primär induzierte Neuverkehr (PIV) umfasse nach der Länderübergreifenden Verkehrsuntersuchung je nach Lage des Abschnitts rund 2 000 - 5 000 PKW-Fahrten je Werktag. Hinsichtlich der jeweiligen Gesamtbelastung machten diese PIV-Anteile lediglich 15 bis 30 % aus. Bezogen auf die nach Anlage 2 zu § 4 KSG zulässigen Jahresemissionsmengen stelle die der VKE 2.2 zurechenbare jährliche CO2-Belastung nur einen äußerst untergeordneten Anteil von höchstens einem Zehntel Promille dar, der sich künftig durch Umstellung auf Elektromobilität noch weiter verringern werde. Demgegenüber stritten für das Vorhaben die verkehrlichen Planungsziele. Angesichts des Grades der Verwirklichung des Gesamtprojekts der A 14-Nordverlängerung könnte auch ein Verzicht auf die VKE 2.2 nicht mehr maßgeblich zu einer Reduktion des durch das Gesamtprojekt induzierten Verkehrs und der dadurch bedingten Emissionserhöhung beitragen, sondern würde im Wesentlichen zu einer Verkehrsverlagerung führen.
97 Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat zutreffend erkannt, dass das Projekt nicht zum Klimaschutz beiträgt, sondern den Klimaschutzzielen vielmehr entgegenwirkt. Dass er dies nicht zum Anlass genommen hat, von der Planung Abstand zu nehmen, und dem Klimaschutzgebot keine Beschränkung auf die Planfeststellung ausschließlich klimaneutraler Straßenvorhaben entnommen hat, ist nicht abwägungsfehlerhaft. Das Bundes-Klimaschutzgesetz und die in ihm festgelegten konkreten Klimaschutzziele richten sich in erster Linie an den Gesetzgeber, in dessen Entscheidung es liegt, wie er innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit in den einzelnen Sektoren die Klimaziele erreichen will. Ein Verzicht auf den Bau von Straßen ist kein im Rahmen der politischen und umweltschutzfachlichen Klimaschutzdiskussionen besonders propagiertes Ziel; erst recht hat es im Bundes-Klimaschutzgesetz keinen Niederschlag gefunden. Für den Verkehrssektor sind als Steuerungsmaßnahmen für einen klimagerechten Verkehr acht Bausteine im Gespräch, die ordnungsrechtliche, ökonomische und infrastrukturelle Instrumente umfassen und die Elektrifizierung und Effizienz von Pkw und Lkw, den Abbau klimaschädlicher Subventionen, eine verursachergerechte Bepreisung, Geschwindigkeitsbegrenzungen, den Ausbau des Schienenverkehrs, die Stärkung des Öffentlichen Nahverkehrs, Rad- und Fußverkehrs sowie postfossile Brennstoffe betreffen (vgl. Umweltbundesamt, Klimaschutzinstrumente im Verkehr, Bausteine für einen klimagerechten Verkehr, Stand 19. Mai 2022, veröffentlicht auf der Webseite des Umweltbundesamtes www.umweltbundesamt.de); die Reduzierung des Baus neuer Straßen gehört nicht dazu. Das Erfordernis von Infrastruktur auch für den Individualverkehr wird als solches nicht in Frage gestellt. In der anstehenden Bedarfsplanüberprüfung sollen künftig auch die möglichen Auswirkungen des Bundes-Klimaschutzgesetzes in geeigneter Weise berücksichtigt werden (vgl. die Antwort der Bundesregierung vom 29. Oktober 2020 auf eine Kleine Anfrage, BT-Drs. 19/23823 S. 3); es gibt aber kein Moratorium für den im Bundesverkehrswegeplan 2030 vorgesehenen Straßenbau. Hierüber zu entscheiden ist Aufgabe des Gesetzgebers und nicht der einzelnen Planfeststellung. Deswegen stellt es auch kein Abwägungsdefizit dar, dass der Planergänzungsbeschluss die voraussichtliche Verfehlung der Klimaziele im Verkehrssektor nicht eigens erwähnt.
98 Somit ist es insgesamt nicht abwägungsfehlerhaft, dass der Beklagte - auch mit Blick auf die verkehrliche Erschließungsfunktion der Nordverlängerung der A 14 und den Grad ihrer Verwirklichung - die für das Vorhaben sprechenden öffentlichen Belange im Ergebnis höher gewichtet hat als die klimaschädlichen Nachteile.
99 (d) Der Planfeststellungsbeschluss geht allerdings im Zusammenhang mit der Abwägung der Klimabelange nicht auf den Sektor der Landnutzungsänderung ein. Eine solche Betrachtung wäre hier deswegen angezeigt gewesen, weil das Vorhaben in größerem Maße Waldflächen in Anspruch nimmt, deren Funktion als CO2-Senken - wie ausgeführt - im Rahmen des § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG zu berücksichtigen ist. Dies hat sich jedoch jedenfalls im Ergebnis nicht ausgewirkt. Denn der Planfeststellungsbeschluss trägt dem Waldverlust in der Sache vollumfänglich Rechnung.
100 Der Umfang der Inanspruchnahme von Wald ist im Planfeststellungsbeschluss im Einzelnen festgestellt worden; im Rahmen der Eingriffsbilanz ist eine Kompensation von mindestens 1:1 vorgesehen. Dabei ist auch das Klima als betroffenes Schutzgut erkannt worden, allerdings ohne Thematisierung der besonderen Funktion der Wälder als klimarelevante CO2-Senken. Aus den im Einzelnen im Planfeststellungsbeschluss sowie dem Landschaftspflegerischen Begleitplan (LPB) aufgeführten Aufforstungsmaßnahmen zur Waldbilanz nach § 8 Landeswaldgesetz Sachsen-Anhalt (LWaldG) ergibt sich, dass mindestens eine flächenmäßig vollständige Realkompensation erreicht wird und im Ergebnis "dem Grundsatz der Walderhaltung im vollen Umfang Rechnung getragen wird" (LPB S. 184). Der Planfeststellungsbeschluss erfüllt damit die in § 6 Abs. 4 LWaldG begründete Pflicht, die Funktionen des Waldes - zu der nach § 1 Nr. 2 LWaldG auch die Schutzfunktion für das Klima gehört - angemessen zu berücksichtigen, und genügt den Anforderungen des § 8 Abs. 2 LWaldG, wonach die Genehmigung zur Umwandlung des Waldes mit der Auflage zur Erstaufforstung in einem Flächenumfang, der mindestens der umzuwandelnden Fläche entspricht, versehen werden soll.
101 Der Beklagte hat weder im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss noch in der ergänzenden Klimaabwägung die Kompensationsmaßnahmen für den Waldverlust ausdrücklich in Beziehung gesetzt zu den Zielen des Bundes-Klimaschutzgesetzes und der Funktion der Wälder als CO2-Senken. Er hat aber im Laufe des gerichtlichen Verfahrens schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung unter Darstellung der einzelnen Maßnahmen auf die Kompensation nach waldrechtlichen Vorschriften hingewiesen, die einen vollständigen Ausgleich auch unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes gewährleiste, weshalb sich kein Defizit ergebe, das nach § 13 KSG zusätzlich zu berücksichtigen wäre.
102 Ein etwaiger Abwägungsmangel hat sich danach jedenfalls im Ergebnis nicht ausgewirkt. Der Beklagte hat den Aspekt des Waldverlusts bereits im Planfeststellungsbeschluss berücksichtigt und würde auch bei einer erneuten Abwägungsentscheidung zu keinem anderen Ergebnis kommen. Der Verweis auf die naturschutzrechtliche Eingriffsbilanz, die hier eine flächenmäßig vollständige Kompensation vorsieht, ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden. Auch für eine sachgerechte und praktikable Ermittlung und Bewertung der klimarelevanten Auswirkungen von Landnutzungsänderungen und der Beeinträchtigung von Klimasenken gibt es zurzeit keine wissenschaftlichen oder rechtlichen Vorgaben, Leitfäden oder sonstige Handreichungen. Soweit der Kläger das Fehlen einer Umrechnung in CO2-Äquivalente beanstandet, greift dies schon deshalb nicht durch, weil es hierfür zurzeit an Maßstäben fehlt. Das Planungsergebnis entspricht den Kompensationsvorstellungen, wie sie etwa dem Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung zugrunde liegen. Dieser benennt als sinnvolle weitere Maßnahme für den Bereich Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft, dass bei Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen im Zuge von Waldrodungen im Rahmen von Infrastrukturprojekten mindestens eine der Rodungsfläche entsprechende Waldfläche wieder aufgeforstet wird (Klimaschutzplan 2050 S. 68 f.). Weitergehende Abwägungserwägungen konnten in der vorliegenden Planungs- und Entscheidungssituation vom Beklagten nicht verlangt werden.
103 F. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Im Hinblick darauf, dass die Beigeladene erstmals in der mündlichen Verhandlung einen Klageabweisungsantrag gestellt und sich ebenfalls erstmals hier zu einzelnen Aspekten des Klagevorbringens geäußert hat, bestand keine Veranlassung, dem unterlegenen Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO aufzuerlegen.