Beschluss vom 05.12.2022 -
BVerwG 5 AV 2.22ECLI:DE:BVerwG:2022:051222B5AV2.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 05.12.2022 - 5 AV 2.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:051222B5AV2.22.0]

Beschluss

BVerwG 5 AV 2.22

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. Dezember 2022
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Harms und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Preisner
beschlossen:

Der Antrag der Antragstellerin auf Beiordnung eines Notanwalts wird abgelehnt.

Gründe

1 Der mit Schreiben vom 13. September 2022 gestellte Antrag der Antragstellerin, ihr für eine Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht auf Entschädigung wegen überlanger Dauer der dort seit langem abgeschlossenen Verfahren 5 B 27.19 D und 5 B 33.19 D einen Notanwalt beizuordnen, ist abzulehnen.

2 Soweit - wie hier gemäß § 67 Abs. 4 VwGO - eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, ist einem Verfahrensbeteiligten gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 78b ZPO auf dessen Antrag hin durch Beschluss für den Rechtszug ein Rechtsanwalt zur Wahrung seiner Rechte beizuordnen, wenn er einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung ist weiter, dass der Verfahrensbeteiligte nicht mittellos ist (BVerwG, Beschluss vom 28. März 2017 - 2 B 4.17 - Buchholz 303 § 78b ZPO Nr. 5 Rn. 6). Es kann offenbleiben, ob die von der Antragstellerin vorgelegten E-Mail-Anfragen vom 8. September 2022 bei verschiedenen Rechtsanwaltskanzleien ausreichen, um darzulegen, dass sie sich bemüht hat, einen vertretungsbereiten Rechtsanwalt zu finden, und aus welchen Gründen diese Bemühungen erfolglos geblieben sind. Denn die Rechtsverfolgung erscheint jedenfalls aussichtslos.

3 Eine Klage der Antragstellerin auf Entschädigung wegen überlanger Dauer des Verfahrens 5 B 27.19 D und des Anhörungsrügeverfahrens 5 B 33.19 D gemäß § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG hat schon deshalb keinerlei Aussicht auf Erfolg, weil sie zu dem Zeitpunkt, zu dem die Antragstellerin die Beiordnung eines Notanwalts beantragt hat, bereits wegen Versäumung der Klagefrist gemäß § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG verfristet gewesen ist. Danach muss die Klage spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden.

4 Dabei kann dahinstehen, ob die Klagefrist gemäß § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG mit dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. September 2019 in der Sache 5 B 27.19 D in Lauf gesetzt worden ist, mit dem der Senat die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Mai 2019 als unzulässig verworfen hat, oder erst mit Wirksamwerden des Beschlusses vom 21. Februar 2020 - 5 B 33.19 D - über die dagegen erfolglos erhobene Anhörungsrüge. Die Antragstellerin könnte die Entschädigungsklage jedenfalls nicht innerhalb der Frist des § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG erheben.

5 Auch wenn hier für den Fristbeginn auf das Wirksamwerden des Beschlusses über die Verwerfung der Anhörungsrüge vom 21. Februar 2020 (5 B 33.19 D) abzustellen wäre, könnte die Antragstellerin die Entschädigungsklage, für die sie mit ihrem Schreiben vom 13. September 2022 die Beiordnung eines Notanwalts beantragt, nicht mehr rechtzeitig innerhalb der sechsmonatigen Klagefrist gemäß § 198 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 GVG erheben. Denn die Frist war zu diesem Zeitpunkt bereits lange abgelaufen. Ausweislich der in den Akten befindlichen Versendeverfügung vom 26. Februar 2020 war eine Abschrift des Beschlusses vom 21. Februar 2020 am 5. März 2020 von der Geschäftsstelle zur formlosen Absendung an die Antragstellerin an die Poststelle gegeben worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt es für den Zeitpunkt des Wirksamwerdens unanfechtbarer Beschlüsse auf den Zeitpunkt der Herausgabe des Beschlusses aus dem Gerichtsgebäude zur Beförderung mit der Post an (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1994 - 6 C 2.92 - BVerwGE 95, 64 <67>). Aber auch wenn man annimmt, dass auf die Bekanntgabe des Beschlusses abzustellen ist, ist die Frist des § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG lange abgelaufen. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin innerhalb üblicher Postlaufzeiten davon Kenntnis erlangt hatte, sodass die Sechs-Monats-Frist ebenfalls im Sommer 2020 verstrichen war. Eine förmliche Zustellung war nicht geboten, da gegen den ablehnenden Beschluss über eine Anhörungsrüge Rechtsmittel nicht zulässig sind und auch sonst keine Frist in Lauf gesetzt wurde (§ 56 Abs. 1 VwGO). Die Frist gemäß § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG für die Erhebung der Entschädigungsklage begründet kein Zustellungserfordernis gemäß § 56 Abs. 1 VwGO, da es sich dabei um eine materiellrechtlich wirkende absolute Ausschlussfrist handelt, die unabhängig von der Kenntnis des Anspruchsinhabers vom Fristbeginn beginnt (BT-Drs. 17/3802 S. 22).

6 Etwas anderes ergibt sich auch nicht, soweit die Antragstellerin vorträgt, sie habe mit Schriftsatz vom 26. September 2019 und 14. Februar 2022 Verzögerungsrüge erhoben und daher die Entschädigungsklage am 13. September 2022 (dem Zeitpunkt, zu dem sie die Beiordnung eines Notanwalts beantragt) unter Einhaltung der sechsmonatigen Frist gemäß § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG erhoben. Bei der Frist gemäß § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG handelt es sich um eine Wartefrist zwischen der Erhebung der Verzögerungsrüge und der Klageerhebung, die keinerlei Einfluss auf den Ablauf der Ausschlussfrist gemäß § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG hat, innerhalb der eine Entschädigungsklage spätestens erhoben werden muss.

7 Für den Ablauf der Klagefrist kommt es auch nicht darauf an, wenn die Antragstellerin rügt, in beiden Verfahren fehle es sowohl an der Schriftform als auch an einer öffentlichen Urkunde und damit am Nachweis über die Echtheit der Urkunde, eine Übereinstimmung mit der Urschrift bzw. deren Existenz sei aufgrund der übermittelten Dokumente nicht festzustellen; es fehle daher auch an einer mit Gründen versehenen Entscheidung. Soweit die Antragstellerin damit zum Ausdruck bringen möchte, dass eine Entscheidung nur dann ordnungsgemäß bekannt gegeben ist, wenn auch die Ausfertigungen von den an der Entscheidung beteiligten Richtern unterschrieben sind, trifft dies nicht zu. Wie bei Urteilen muss gegebenenfalls nur die Urschrift eines Beschlusses mit den Unterschriften der mitwirkenden Richter versehen sein. Durch den Beglaubigungsvermerk des Urkundsbeamten wird bestätigt, dass die Ausfertigungen mit dem Original übereinstimmen. Es reicht daher aus, dass in den Ausfertigungen die Namen der Richter nur in Maschinenschrift wiedergegeben werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. November 1982 - 9 B 3622.82 - Buchholz 310 § 117 VwGO Nr. 21). Im Übrigen fehlt es hier an besonderen Umständen, aus denen sich Zweifel daran ergeben könnten, dass die als verzögert gerügten Entscheidungen nicht ordnungsgemäß unterschrieben sind.

Beschluss vom 16.05.2023 -
BVerwG 5 AV 1.23ECLI:DE:BVerwG:2023:160523B5AV1.23.0

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    BVerwG, Beschluss vom 16.05.2023 - 5 AV 1.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:160523B5AV1.23.0]

Beschluss

BVerwG 5 AV 1.23

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Mai 2023
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Harms und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Preisner
beschlossen:

  1. Die gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht A. und die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle B. gerichteten Ablehnungsgesuche werden verworfen.
  2. Die Anhörungsrüge der Antragstellerin gegen den Beschluss des Senats vom 5. Dezember 2022 - 5 AV 2.22 - wird verworfen.
  3. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen.

Gründe

1 Der Senat entnimmt der Eingabe der Antragstellerin vom 17. Januar 2023, soweit in ihr ein prozessual relevantes Begehren enthalten ist, dass sie mit dieser den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht A. und die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle B. wegen der Besorgnis der Befangenheit ablehnt und eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch den Beschluss des Senats vom 5. Dezember 2022 - 5 AV 2.22 - rügen will. Diese Anträge bleiben ohne Erfolg.

2 1. Die Ablehnungsgesuche sind unzulässig.

3 a) Das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht A. ist unter Mitwirkung des abgelehnten Richters zu verwerfen. Ein Ablehnungsgesuch nach § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 42 Abs. 1 und 2 ZPO kann ausnahmsweise unter Mitwirkung des abgelehnten Richters als unzulässig verworfen werden oder überhaupt unberücksichtigt bleiben, wenn es sich als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2014 - 7 C 13.13 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 76 Rn. 5 m. w. N.). Davon ist auszugehen, wenn geeignete Befangenheitsgründe weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht werden, vielmehr das Vorbringen des Antragstellers von vornherein ersichtlich ungeeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen. Das ist unter anderem der Fall, wenn das Gesuch rechtsmissbräuchlich ist, weil es offenbar grundlos ist oder nur der Verschleppung dient (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Juni 2015 - 1 BvR 1288/14 - juris Rn. 15 f.). Ein solcher Fall ist hier gegeben, weil sich dem Vorbringen der Antragstellerin nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar entnehmen lässt, woraus sich Anhaltspunkte für eine Besorgnis der Voreingenommenheit gerade des abgelehnten Richters ergeben sollten.

4 b) Nichts anderes gilt für das Ablehnungsgesuch gegen die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle B. Die von der Antragstellerin genannten Gründe sind von vornherein ungeeignet, die angebliche Befangenheit der abgelehnten Urkundsbeamtin zu begründen.

5 2. Auch die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg. Sie ist schon deshalb unzulässig und damit zu verwerfen, weil sie - was erforderlich gewesen wäre - nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule erhoben worden ist. Die gesetzlichen Regelungen über den anwaltlichen Vertretungszwang vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten uneingeschränkt auch für die Anhörungsrüge (§ 152a Abs. 2 Satz 5, § 67 Abs. 4 VwGO; s. BVerwG, Beschlüsse vom 10. März 2010 - 5 B 4.10 - Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 11 Rn. 5 m. w. N. und vom 15. September 2021 - 5 B 27.21 - Rn. 1).

6 3. Von einer weiteren Begründung wird in entsprechender Anwendung von § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.

7 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die Nichterhebung von Gerichtskosten beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG.