Beschluss vom 07.11.2023 -
BVerwG 1 B 34.23ECLI:DE:BVerwG:2023:071123B1B34.23.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 07.11.2023 - 1 B 34.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:071123B1B34.23.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 34.23

  • VG Düsseldorf - 13.05.2022 - AZ: 8 K 3285/22.A
  • OVG Münster - 21.06.2023 - AZ: 11 A 1080/22.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. November 2023
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Keller,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Fleuß und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wittkopp
beschlossen:

  1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Juni 2023 wird aufgehoben.
  2. Der Rechtsstreit wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
  3. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

1 Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision ist begründet. Zwar rechtfertigen die von ihr erhobenen Grundsatzrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht die Zulassung der Revision (1.). Sie macht jedoch mit Erfolg einen Verfahrensmangel geltend, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, 2.). Dieser führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht (3.).

2 1. Die Revision ist nicht wegen der von der Beschwerde geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

3 a. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung entscheidungserhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n. F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt und im Einzelnen aufzeigt, aus welchen Gründen der Rechtsauffassung, die der Frage zugrunde liegt, zu folgen ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 8. Juni 2006 - 6 B 22.06 - NVwZ 2006, 1073 Rn. 4 f. und vom 10. August 2015 - 5 B 48.15 - juris Rn. 3 m. w. N.).

4 b. Danach rechtfertigt die von der Beschwerde aufgeworfene Frage,
ob unter Berücksichtigung der vom EuGH in seinen Urteilen vom 19. März 2019 (Ibrahim und Jawo) aufgestellten Maßstäbe anzunehmen sei, dass sich eine subjektive Rechtsgutverletzung des Einzelnen allein aus der Weigerung eines Mitgliedstaats zur Rückübernahme von Dublin-Rückkehrern ergeben kann, die mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung von Art. 4 GRC begründet,
nicht die Zulassung der Revision, da sie in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht geklärt werden könnte.

7 aa. Sollte die Frage darauf zielen, ob allein schon die Verweigerung der Rückübernahme subjektive Rechte des betroffenen Ausländers verletzt, ginge sie über den angefochtenen Beschluss hinaus. Dieser beruht auf der Erwägung, die Bundesrepublik Deutschland sei nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 S. 31) – VO (EU) Nr. 604/2013 - für das Asylverfahren des Klägers zuständig geworden. Das Asylsystem und die Aufnahmebedingungen in Italien wiesen systemische Schwächen im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 VO (EU) Nr. 604/2013 auf, die zu der Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRC führten, weil die italienischen Behörden Dublin-Rückkehrern den Zugang zum Asylverfahren und die Aufnahme insgesamt verweigerten. Zu der Frage, ob diese Verweigerung bereits für sich genommen und unabhängig von einer daraus folgenden Gefahr im Sinne des Art. 4 GRC subjektive Rechte der Betroffenen verletzt, verhält sich der angefochtene Beschluss nicht.

8 Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt, dass Art. 27 Abs. 1 VO (EU) Nr. 604/2013 im Lichte des 19. Erwägungsgrundes dieser Verordnung einem Asylbewerber einen wirksamen Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung über seine Überstellung gewährt, der insbesondere auf die Überprüfung der Anwendung dieser Verordnung abzielen und damit dazu führen kann, dass die Zuständigkeit eines Mitgliedstaats in Frage gestellt wird. In Art. 27 Abs. 1 VO (EU) Nr. 604/2013 wird zudem keine Beschränkung des Vorbringens genannt, auf das sich der Asylbewerber im Rahmen seines Rechtsmittels stützen kann (vgl. EuGH, Urteile vom 7. Juni 2016 - C-63/15 [ECLI:​​EU:​​C:​​2016:​​409], Ghezelbash - Rn. 36 und - C-155/15 [ECLI:​​EU:​​C:​​2016:​​410], Karim - Rn. 22). Einen erneuten oder weitergehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde in diesem Zusammenhang nicht auf.

9 bb. Der Sache nach beanstandet die Beschwerde, dass das Oberverwaltungsgericht aus der Verweigerung der Aufnahme durch Italien die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung der Betroffenen herleitet, ohne dies - namentlich in tatsächlicher Hinsicht - näher zu erläutern. Damit wird aber lediglich eine fehlerhafte Anwendung der vom Gerichtshof der Europäischen Union in den von der Beschwerde erwähnten Entscheidungen entwickelten Grundsätze - auf die der angefochtene Beschluss ausdrücklich gestützt ist - geltend gemacht, nicht aber eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aufgezeigt. Wollte man der Beschwerde die Rüge entnehmen, das Oberverwaltungsgericht habe sich zwar in seinen Obersätzen der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union angeschlossen, zeige aber durch deren Anwendung auf den Einzelfall, dass es tatsächlich einen anderen Rechtssatz oder Maßstab zugrunde gelegt habe, vermag auch dies nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision - etwa in Anlehnung an die im Rahmen des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO anerkannte verdeckte Divergenz (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 19. Januar 2022 - 1 B 83.21 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 36 Rn. 29 m. w. N.) – zu führen. Die Beschwerde legt schon nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dar, welchen abweichenden Rechtssatz das Oberverwaltungsgericht aufgestellt haben könnte.

10 c. Die Grundsatzrevision ist auch nicht wegen der Frage zuzulassen,
ob die Weigerung der italienischen Behörden zur Rückübernahme lediglich zur tatsächlichen Unmöglichkeit der Überstellung führt und somit im Rahmen des Erlasses der Abschiebungsanordnung zu beachten ist, oder aber die Verletzung von Art. 4 GRC begründen kann,
da diese bereits geklärt ist.

13 Das vom Oberverwaltungsgericht angenommene Vorliegen systemischer Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat, die für Antragsteller die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRC mit sich bringen (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 VO (EU) Nr. 604/2013), schließt sowohl eine Unzulässigkeitsentscheidung nach Art. 33 RL 2013/32/EU (EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 u. a. [ECLI:​​EU:​​C:​​2019:​​219], Ibrahim - Rn. 101) als auch eine Überstellung in diesen Mitgliedstaat (EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-163/17 [ECLI:​​EU:​​C:​​2019:​​218], Jawo - Rn. 87) aus. Hieraus folgt, dass ein Asylantrag nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG nur dann als unzulässig abgelehnt werden kann, wenn im zuständigen Mitgliedstaat keine systemischen Schwachstellen im bezeichneten Sinne bestehen. Liegen solche vor, kann weder eine Unzulässigkeitsentscheidung noch eine Überstellungsentscheidung (in Form der Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG) ergehen.

14 Der Gerichtshof der Europäischen Union hat zudem die rechtlichen Grenzen für Überstellungen nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 dahingehend gezogen, dass systemische Schwachstellen im zuständigen Mitgliedstaat "nur dann" Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK unterfallen, wenn sie eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen, die von sämtlichen Umständen des Falles abhängt und die dann erreicht wäre, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre. Diese Schwelle ist daher selbst in durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzeichneten Situationen nicht erreicht, sofern diese nicht mit extremer materieller Not verbunden sind, aufgrund deren die betreffende Person sich in einer solch schwerwiegenden Situation befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden kann (EuGH, Urteile vom 19. März 2019 - C-297/17 u. a. - Rn. 89 bis 91 und - C-163/17 - Rn. 93; Beschluss vom 13. November 2019 - C-540/17 u. a. [ECLI:​​EU:​​C:​​2019:​​964], Omar u. a. - Rn. 39). Diese Voraussetzungen, die (ausschließlich) auf die Situation im zuständigen Mitgliedstaat abstellen, sind allerdings nicht schon ohne Weiteres dadurch erfüllt, dass dieser Mitgliedstaat die Aufnahme der betreffenden Personen von vorneherein ablehnt.

15 Eine unzutreffende Anwendung der genannten Rechtssätze führt indessen nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision (BVerwG, Beschluss vom 7. September 2021 - 1 B 50.21 - juris Rn. 6). Die Beschwerde legt auch nicht die Notwendigkeit dar, den Gerichtshof der Europäischen Union erneut mit der Auslegung von Art. 4 GRC zu befassen.

16 2. Die Beschwerde rügt jedoch zu Recht einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und damit einen Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, auf dem die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts beruhen kann. Die Beschwerde legt den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dar, dass das Oberverwaltungsgericht mangels einer erforderlichen Tatsachengrundlage nicht zu der Überzeugungsgewissheit gelangen konnte, Art. 4 GRC sei allein wegen durch die Rückübernahmeverweigerung Italiens begründeter systemischer Schwachstellen verletzt.

17 a. Das Tatsachengericht entscheidet gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung einer Tatsacheninstanz ist der Beurteilung des Revisionsgerichts nur insoweit unterstellt, als es um Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geht. Rügefähig ist damit nicht das Ergebnis der Beweiswürdigung, sondern nur ein Verfahrensvorgang auf dem Weg dorthin. Derartige Mängel liegen insbesondere vor, wenn das angegriffene Urteil von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, also etwa entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder auf einer aktenwidrigen Tatsachengrundlage basiert. Das Gericht darf nicht in der Weise verfahren, dass es einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse nicht in die rechtliche Würdigung einbezieht, insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts, auch wenn die darauf basierende rechtliche Würdigung als solche nicht zu beanstanden ist. Das Ergebnis der gerichtlichen Beweiswürdigung selbst ist vom Revisionsgericht nur daraufhin nachzuprüfen, ob es gegen Logik (Denkgesetze) und Naturgesetze verstößt oder gedankliche Brüche und Widersprüche enthält (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007 - 2 C 30.05 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 Rn. 16; Beschluss vom 3. September 2018 - 1 B 41.18 - juris Rn. 3, jeweils m. w. N.). Das Tatsachengericht darf seine Überzeugung nicht gänzlich ohne Grundlage bilden; es darf Umstände, auf deren Vorliegen es seiner Rechtsauffassung nach für die Entscheidung ankommt, nicht ungeprüft behaupten (BVerwG, Beschlüsse vom 9. November 2009 - 3 B 21.09 - ZOV 2010, 91 Rn. 7 und vom 14. Juni 2011 - 8 B 74.10 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 61 Rn. 5; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 108 Rn. 64). So liegt es indes hier. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dem Kläger drohe die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung, entbehrt jeder Begründung in tatsächlicher Hinsicht, die auch unionsrechtlich geboten ist, und erweist sich daher mangels objektiver Grundlage für die Überzeugungsbildung als verfahrensfehlerhaft.

18 b. Vor der Bejahung einer Gefahr im Sinne des Art. 4 GRC ist das Gericht verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne dieser Bestimmung ausgesetzt zu werden (EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-163/17 - Rn. 85, 90 ff.; Beschluss vom 13. November 2019 - C-540/17 u. a. - Rn. 38 f. m. w. N.).

19 Eine derartige Prüfung von Schwachstellen, deren Vorliegen auch nach den Obersätzen des Oberverwaltungsgerichts erforderlich ist, lässt der Beschluss gänzlich vermissen. Das Oberverwaltungsgericht legt zwar ausführlich die fehlende Aufnahmebereitschaft Italiens dar, nicht aber eine daraus folgende Gefahr der extremen materiellen Not für den Einzelnen. Vielmehr bleiben die Lebensumstände, die den Kläger dort im Falle einer Überstellung erwarten würden, darunter auch die Zustände in den italienischen Aufnahmeeinrichtungen, im Ergebnis offen. Soweit das Oberverwaltungsgericht aus der Erklärung Italiens zur Aufnahmeverweigerung wegen mangelnder Aufnahmekapazitäten auf systemische Schwachstellen schließt, kann diese Erklärung lediglich ein Indiz begründen. Sie reicht aber - insbesondere wegen der von dem Oberverwaltungsgericht selbst aufgeworfenen Frage, ob die Begründung nur vorgeschoben sei (BA S. 12) – nicht für die Schlussfolgerung auf systemische Mängel im oben bezeichneten Sinne. Hierfür bedarf es vielmehr der weiteren Darlegung, wie sich die Verhältnisse in Italien im Falle einer (unterstellten) Rücküberstellung, unter Berücksichtigung ggf. vorhandener Vulnerabilitäten, darstellen, an der es fehlt.

20 Eines Eingehens auf den von der Beschwerde ebenfalls geltend gemachten Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO bedarf es nach dem Vorstehenden nicht.

21 3. Der Senat sieht von der Zulassung der Revision aufgrund der durchgreifenden Verfahrensrüge ab und macht stattdessen im Interesse der Verfahrensbeschleunigung von der nach § 133 Abs. 6 VwGO bestehenden Möglichkeit Gebrauch, den Rechtsstreit unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

22 4. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 RVG. Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.