Beschluss vom 08.07.2025 -
BVerwG 2 B 5.25ECLI:DE:BVerwG:2025:080725B2B5.25.0
Beschluss
BVerwG 2 B 5.25
In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 8. Juli 2025 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Schübel-Pfister beschlossen:
- Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Dezember 2024 - 2 B 20.24 - wird zurückgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
1 Die Anhörungsrüge des Klägers ist unbegründet, weil sie die für eine Fortführung des Verfahrens erforderliche Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO) nicht aufzeigt. An der vom Kläger beanstandeten Auffassung, dass die fehlende Neubestellung eines Prozessbevollmächtigten im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision auch zur Fortwirkung der ursprünglichen Bevollmächtigung in dem auf Beiordnung eines Notanwalts gerichteten Nebenverfahren führt, hält der Senat zwar nicht fest (1.). Hieraus ergibt sich indes nicht, dass der Senat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (2.).
2 1. Nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 87 Abs. 1 ZPO erlangt die Kündigung des Vollmachtvertrags in einem Anwaltsprozess erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Anwalts rechtliche Wirksamkeit. Bis zur Bestellung eines neuen Prozessbevollmächtigten sind Verfügungen des Gerichts oder Zustellungen daher an den − weiterhin als bevollmächtigt geltenden − ursprünglichen Prozessbevollmächtigten vorzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2007 - XII ZR 58/06 - NJW 2007, 2124 Rn. 11 f.). Ausgehend hiervon sind die Senatsbeschlüsse vom 21. Mai 2024 - 2 B 17.24 - und vom 23. Dezember 2024 - 2 B 20.24 (Anhörungsrüge) - an die Rechtsanwälte ... versandt worden, die die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. Februar 2024 mit Schriftsatz vom 3. April 2024 eingelegt hatten. Dabei ist der Senat davon ausgegangen, dass der Anwaltszwang auch das auf Beiordnung eines Notanwalts gerichtete Nebenverfahren umfasst, weil dieses auf das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren bezogen ist (vgl. OLG Bremen, Beschluss vom 24. Oktober 1985 - 2 W 115/85 - NJW-RR 1986, 358 für ein Kostenfestsetzungsverfahren).
3 An dieser Einschätzung hält der Senat nicht fest. In einem selbständigen Nebenverfahren, für das − wie hier für den Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts − ein Anwaltszwang nicht vorgeschrieben ist, darf der Beteiligte selbst das Verfahren führen. Es besteht daher keine Notwendigkeit, die Wirksamkeit der Kündigung eines Vollmachtvertrags an die Bestellung eines anderen Rechtsanwalts als Prozessbevollmächtigten zu knüpfen. Vielmehr bleibt die Naturalpartei auch ohne diesen Schritt postulationsfähig und damit in der Lage, das eigenständige Nebenverfahren ordnungsgemäß zu betreiben. Damit sind auch die Verfügungen oder Zustellungen in diesem Nebenverfahren nach ordnungsgemäßer Mitteilung der Kündigung des Vollmachtvertrags nur noch an den Beteiligten selbst zu richten (vgl. etwa OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16. Juni 1997 - 3 W 51/97 - juris Rn. 3; Althammer, in: Zöller <Hrsg.>, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 87 Rn. 3 oder Toussaint, in: Krüger/Rauscher <Hrsg.>, Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, Bd. 1, 7. Aufl. 2025, § 87 Rn. 10 m. w. N.).
4 2. Dass die angegriffenen Senatsbeschlüsse hierauf beruhen könnten, ist indes weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Beschluss vom 21. Mai 2024 - 2 B 17.24 - ist dem Kläger bereits unmittelbar und parallel zur Übermittlung an die ehemaligen Bevollmächtigten durch das Gericht übersandt worden. Der Beschluss vom 23. Dezember 2024 - 2 B 20.24 - ist dem Kläger als Anlage des Vorsitzenden-Schreibens vom 13. Februar 2025 und damit ebenfalls ohne nennenswerte Verzögerung übersandt worden. Der zeitliche Ablauf kann daher weder zu einem Rechtsfehler geführt haben, auf dem die Entscheidungen beruhen können, noch sind sonstige nachteilige Wirkungen für den Kläger geltend gemacht oder erkennbar.
5 In der Sache hat der Senat nicht auf die fortbestehende Vertretung des Klägers durch die ursprünglichen Rechtsanwälte abgestellt (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 20. November 2012 - 4 AV 2.12 - NJW 2013, 711 Rn. 9); diese Frage ist vielmehr ausdrücklich offengelassen worden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 21. Mai 2024 - 2 B 17.24 - Rn. 10 und vom 23. Dezember 2024 - 2 B 20.24 - Rn. 10). Die angegriffenen Beschlüsse können auf der streitigen Frage daher nicht beruhen.
6 Um etwaige Rechtsnachteile zu vermeiden, hat der Senat gleichwohl die weiteren Eingaben des Klägers als Anhörungsrügen behandelt. Auch in den damit ermöglichten Verfahren hat der Kläger indes nicht vorgebracht, warum die angegriffenen Beschlüsse auf der zunächst unterlassenen Übermittlung an den Kläger selbst beruhen könnten. Die Einwände zielen vielmehr auf die vom Kläger behauptete inhaltliche Unrichtigkeit der in den Beschlüssen vertretenen Auffassung. Der geltend gemachte Verstoß gegen die Gewährung rechtlichen Gehörs ist damit nicht erkennbar. Im Übrigen ergibt sich aus der vorgelegten E-Mail des Rechtsanwalts H. vom 11. April 2024, dass der bevollmächtigte Anwalt sein Mandat wegen ausbleibender Zahlungen niedergelegt hat. Damit wird die vom Senat vertretene Auffassung auch in der Sache bestätigt.
7 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG).
8 Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).