Beschluss vom 08.12.2022 -
BVerwG 2 KSt 2.22ECLI:DE:BVerwG:2022:081222B2KSt2.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 08.12.2022 - 2 KSt 2.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:081222B2KSt2.22.0]

Beschluss

BVerwG 2 KSt 2.22

  • VG Berlin - 21.11.2012 - AZ: 26 K 255.09
  • OVG Berlin-Brandenburg - 12.10.2016 - AZ: 4 B 38.12

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. Dezember 2022
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Hartung
und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hampel
beschlossen:

Die Gegenvorstellung des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes im Beschluss des Senats vom 17. Mai 2022 - 2 C 6.22 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1 1. Der Senat hat mit Beschluss vom 17. Mai 2022 den Wert des Streitgegenstandes für das Revisionsverfahren (BVerwG 2 C 6.22 ) auf den sog. Regelstreitwert in Höhe von 5 000 € festgesetzt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers macht geltend, der Wert des Streitgegenstandes sei in Anlehnung an Ziffer 1.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit gemäß § 42 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 GKG a. F. festzusetzen, ohne den seiner Ansicht nach zutreffenden Wert zu beziffern.

2 2. Das als Gegenvorstellung zu wertende Begehren ist unbegründet.

3 Nach dem im maßgebenden Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG) geltenden § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Maßgeblich ist der Wert, den die Sache bei objektiver Beurteilung für den Kläger hat, mithin sein Interesse an der erstrebten Entscheidung. Für die Wertberechnung ist gemäß § 40 GKG der Zeitpunkt der den Rechtszug einleitenden Antragstellung entscheidend. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist nach § 52 Abs. 2 GKG der Auffangstreitwert in Höhe von 5 000 € anzunehmen.

4 Den in der Revisionsinstanz gestellten Antrag des Klägers auf Feststellung einer Unteralimentation bewertet der Senat in ständiger Rechtsprechung mit dem Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG (BVerwG, Beschluss vom 21. September 2019 - 2 C 50.16 - n. v.; vgl. zur obergerichtlichen Rechtsprechung zuletzt etwa OVG Weimar, Beschluss vom 23. August 2016 - 2 KO 333/14 - ThürVGRspr 2017, 1; OVG Lüneburg, Beschluss vom 25. April 2017 - 5 LC 228/15 -, juris Rn. 468; VGH München, Beschluss vom 11. Dezember 2017 - 14 ZB 16.869 - juris Rn. 33; OVG Münster, Beschluss vom 27. November 2018 - 1 A 2394/16 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. April 2022 - 4 L 6/22 - n. v.).

5 Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers greift weder in Anlehnung an Ziffer 1.3 des Streitwertkatalogs die speziellere Streitwertregelung des § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG ein noch liegen sonstige genügende Anhaltspunkte für eine anderweitige Streitwertfestsetzung vor.

6 Gegenstand des Rechtsstreits war nicht ein Anspruch auf (Nach-)Zahlung einer konkreten Besoldung, sondern allein die Feststellung, dass die gewährte Besoldung in einem bestimmten Zeitraum nicht amtsangemessen war. Die materielle Prüfung eines solchen Feststellungsbegehrens beschränkt sich auf die Frage, ob die Bezüge evident unzureichend sind. Bejahendenfalls ist nicht weiter zu untersuchen, um welchen Betrag eine evident unzureichende Besoldung zu erhöhen ist, um dem Alimentationsprinzip zu genügen. Erklärt das Bundesverfassungsgericht nach Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die in Streit stehenden Besoldungsvorschriften mit dem Grundgesetz für unvereinbar, ist es Sache des zuständigen Besoldungsgesetzgebers, tätig zu werden und die Höhe der Besoldung neu zu regeln.

7 Die betragsmäßige Differenz zwischen der gewährten und der begehrten amtsangemessenen Besoldung war zu dem für die Streitwertbemessung maßgebenden Zeitpunkt (§ 40 GKG) auch nicht durch gerichtliche Schätzung im Sinne des § 42 Abs. 1 GKG oder des § 52 Abs. 1 GKG bestimmbar. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers übersieht, dass die vom Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u. a. - BVerfGE 139, 64) entwickelten Maßstäbe für die Amtsangemessenheit der Besoldung kein Berechnungsmodell vorgeben, aus dem ein bezifferbarer und damit voraussehbarer Betrag folgt, den der Besoldungsgesetzgeber mit einer Neuregelung nur noch formal umzusetzen hat. Die zahlenbasierten Parameter sind auf einer ersten Prüfungsstufe zu beachten, der sich jedenfalls auf einer zweiten Prüfungsstufe eine nicht prognostizierbare Gesamtabwägung des Gesetzgebers unter Berücksichtigung weiterer alimentationsrelevanter Kriterien anschließt.

8 Die auf der Grundlage des Berliner Gesetzes über die rückwirkende Herstellung verfassungskonformer Regelungen hinsichtlich der Besoldung in den Besoldungsgruppen R 1 und R 2 in den Jahren 2009 bis 2015 und der Besoldungsgruppe R 3 im Jahr 2015 und zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 23. Juni 2021 (GVBl. S. 678) an den Kläger nachgezahlten Beträge sind für die auf den Zeitpunkt der Einleitung des Rechtszugs (§ 40 GKG) bezogene Streitwertbemessung ohne Bedeutung.

9 Die vorläufige Streitwertfestsetzung durch Beschluss vom 9. Februar 2017 (vormals BVerwG 2 C 56.16 ) gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG entfaltet keine Bindungswirkung und stand der abweichenden endgültigen Festsetzung des Streitwerts nicht entgegen.

10 3. Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG in entsprechender Anwendung).