Beschluss vom 11.05.2022 -
BVerwG 1 B 36.22ECLI:DE:BVerwG:2022:110522B1B36.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 11.05.2022 - 1 B 36.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:110522B1B36.22.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 36.22

  • VG Münster - 07.10.2019 - AZ: VG 5 K 2927/18.A
  • OVG Münster - 22.06.2021 - AZ: OVG 19 A 4386/19.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. Mai 2022
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Fleuß,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dollinger und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fenzl
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Klägerinnen gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Februar 2022 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Rügeverfahrens.

Gründe

1 Die fristgerecht erhobene Anhörungsrüge hat keinen Erfolg.

2 1. Der Senat hat den Anspruch der Klägerinnen auf rechtliches Gehör in seinem Beschluss vom 14. Februar 2022 - 1 B 49.21 - nicht verletzt.

3 1.1 Die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, deren Verletzung nach § 152a VwGO gerügt werden kann, verpflichtet das Gericht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gericht wird dadurch nicht verpflichtet, dem Vorbringen der Beteiligten zu folgen. Es muss in seiner Entscheidung auch nicht ausdrücklich und im Einzelnen sämtliche von den Beteiligten im Lauf des Verfahrens vorgetragenen Tatsachen und Rechtsansichten erörtern. Vielmehr sind in der Entscheidung nur diejenigen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Das Gericht kann sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt. Daher kann aus dem Umstand, dass das Gericht nicht auf sämtliche Begründungselemente des Beteiligtenvorbringens eingegangen ist, nur dann geschlossen werden, es habe diesen Aspekt nicht berücksichtigt, wenn er nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts eine Frage von zentraler Bedeutung betrifft (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <145 f.>; BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 - 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <209 f.> und Beschlüsse vom 21. Juni 2007 - 2 B 28.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 3 Rn. 6 und vom 1. März 2017 - 6 B 23.17 - juris Rn. 2).

4 1.2 Gemessen an diesen Maßstäben verletzt der Beschluss des Senats nicht das Recht der Klägerinnen auf rechtliches Gehör. Der Senat hat das Vorbringen der Klägerinnen im Beschwerdeverfahren zur Kenntnis genommen, aber in der Sache, also in Bezug auf die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO, nicht für durchgreifend erachtet. Wie sich aus § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO ergibt, stellt die Anhörungsrüge kein Mittel dar, um darauf hinzuwirken, dass das Gericht die rechtlichen Erwägungen überdenkt, die seine Entscheidung, hier die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde, tragen.

5 Die Klägerinnen rügen, der Senat habe die von ihnen in der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob Reintegrationsleistungen, auf die kein Rechtsanspruch bestehe, bei der Frage der tatsächlich zugänglichen Leistungen zur Existenzsicherung zu berücksichtigen seien und ob diese - bejahendenfalls - in vollem Umfang auf diese Leistungen anzurechnen seien, übergangen. Diese Rüge geht fehl. Denn der Senat hat das Vorbringen der Klägerinnen berücksichtigt, indem er ausgehend von den Feststellungen des Berufungsgerichts (UA Bl. 15 f.) in seinem Beschluss vom 14. Februar 2022 wörtlich unter Rn. 6 ausgeführt hat, dass "bei der Sicherung des wirtschaftlichen Existenzminimums" "neben einem möglichen eigenen Erwerbseinkommen auch Zuwendungen von dritter Seite zur berücksichtigen [...]" sind, "soweit sie - wie hier durch das Berufungsgericht tatrichterlich festgestellt - tatsächlich erreichbar sind." Allein der Umstand, dass die Klägerinnen die inhaltliche Richtigkeit der tatrichterlichen Würdigung, auf deren Grundlage der Senat zu entscheiden hatte (§ 137 Abs. 2 VwGO), nicht teilen, begründet keinen Gehörsverstoß.

6 2. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 152a Abs. 4 Satz 4, § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO <analog>).

7 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.