Beschluss vom 12.01.2022 -
BVerwG 5 B 23.21ECLI:DE:BVerwG:2022:120122B5B23.21.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 12.01.2022 - 5 B 23.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:120122B5B23.21.0]
Beschluss
BVerwG 5 B 23.21
- VG Wiesbaden - 17.01.2019 - AZ: VG 1 K 93/12.WI
- VGH Kassel - 19.08.2020 - AZ: VGH 29 F 2121/18.EK
In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Januar 2022
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Holtbrügge
beschlossen:
- Die gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß gerichteten Ablehnungsgesuche wegen Besorgnis der Befangenheit werden verworfen.
- Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 4. Juni 2021 wird zurückgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens.
Gründe
1 Die Ablehnungsgesuche des Klägers sind unzulässig (1.). Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 4. Juni 2021 - 5 B 22.20 D - hat keinen Erfolg. Das Verfahren ist nicht nach § 152a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO fortzuführen (2.).
2 1. Die Ablehnungsgesuche sind unter Mitwirkung der abgelehnten Richter als unzulässig zu verwerfen. Ein Ablehnungsgesuch nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 1 und 2 ZPO kann ausnahmsweise dann unter Mitwirkung der abgelehnten Richter als unzulässig verworfen werden oder überhaupt unberücksichtigt bleiben, wenn es sich als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2014 - 7 C 13.13 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 76 Rn. 5 m.w.N.). Davon ist auszugehen, wenn geeignete Befangenheitsgründe weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht werden, vielmehr das Vorbringen des Antragstellers von vornherein ersichtlich ungeeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen. Das ist unter anderem der Fall, wenn das Gesuch rechtsmissbräuchlich ist, weil es offenbar grundlos ist oder nur der Verschleppung dient (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Juni 2015 - 1 BvR 1288/14 - juris Rn. 15 f.). Ein solcher Fall ist hier gegeben.
3 Der Kläger hat zu den von ihm in dem Schriftsatz vom 15. Juli 2021 (S. 8) angebrachten Ablehnungsgesuchen lediglich pauschal ausgeführt, der Senatsbeschluss vom 4. Juni 2021 verletze "in einer objektiv nicht vertretbaren, i.S.v. BVerfGK 7, 338/342 leichtfertigen Weise u.a. die Grundrechte des Klägers auf wirksamen Rechtsschutz in einem fairen Verfahren mit gebotener Gewährung rechtlichen Gehörs durch gesetzliche Richter", wegen des besonderen Gewichts der bewirkten Grundrechtsverletzungen würden die benannten Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Eine angekündigte weitere Begründung "mit gesondertem Schriftsatz" ist nicht erfolgt. Die Besorgnis der Voreingenommenheit der von dem Ablehnungsgesuch erfassten Richter lässt sich der pauschalen Behauptung von Grundrechtsverletzungen und ihrem angeblich "besonderen Gewicht" weder bei isolierter Betrachtung noch in Zusammenschau mit den Ausführungen zur übrigen Begründung der Anhörungsrüge auch nur ansatzweise ableiten.
4 2. Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg, weil der Senat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Nach § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten bei Vorliegen der Voraussetzung des § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO das Verfahren fortzuführen, wenn das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216>). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte dieser Pflicht nachgekommen sind (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <145 f.>). Die Gerichte sind allerdings nicht verpflichtet sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 5. Oktober 1976 - 2 BvR 558/75 - BVerfGE 42, 364 <368>). Es ist daher verfehlt, aus der Nichterwähnung einzelner Begründungsteile des Vorbringens in den gerichtlichen Entscheidungsgründen zu schließen, ein Gericht habe sich nicht mit den darin enthaltenen Argumenten befasst (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, Beschlüsse vom 5. Oktober 1976 - 2 BvR 558/75 - BVerfGE 42, 364 <368> und vom 15. April 1980 - 1 BvR 1365/78 - BVerfGE 54, 43 <46>). Vielmehr sind in der Entscheidung nur diejenigen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Die Gerichte können sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach ihrem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D - juris Rn. 8 m.w.N.). Geht ein Gericht auf einzelne Teile des Vorbringens nicht ein, dokumentiert es damit in der Regel zugleich, dass es sie für rechtlich irrelevant hält (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D - juris Rn. 8 m.w.N.). Insbesondere vermittelt der Anspruch auf rechtliches Gehör keinen Schutz davor, dass ein Gericht den Vortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216>). Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten auch inhaltlich zu folgen (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D - juris Rn. 8 m.w.N.).
5 Die eine entscheidungserhebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs begründenden Umstände sind gemäß § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO vom Rügeführer substantiiert und schlüssig darzulegen. Er muss die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Möglichkeit einer derartigen Verletzung ableiten lässt. Was dazu im Einzelnen vorzutragen ist, bestimmt sich danach, auf welche Gründe die Anhörungsrüge gestützt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D - juris Rn. 10 m.w.N.). Die Anhörungsrüge lässt sich nicht mit Einwendungen begründen, die in Wirklichkeit auf die Fehlerhaftigkeit der mit ihr angegriffenen Entscheidung zielen. Denn die Anhörungsrüge stellt keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung dar (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D - juris Rn. 11 m.w.N.).
6 Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Anhörungsrüge kein Erfolg beschieden.
7 a) Dies gilt zunächst, soweit sich die geltend gemachte Gehörsverletzung auf im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gerügte Verfahrensfehler bezieht, die dem Verwaltungsgerichtshof unterlaufen sein sollen.
8 aa) Die Anhörungsrüge zeigt eine Gehörsverletzung im Zusammenhang mit der im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren erhobenen Rüge der vorschriftswidrigen Besetzung des erkennenden Senats des Verwaltungsgerichtshofs nicht auf. Sie macht geltend, der beschließende Senat habe den Kern des Beschwerdevorbringens des Klägers verfehlt, der darin bestanden habe, dass der Verwaltungsgerichtshof über das an Verfahrensrügen anknüpfende Ablehnungsgesuch nicht habe im Wege des Selbstentscheids befinden dürfen, weil - wie die Darlegungen des Senats im Beschluss vom 4. Juni 2021 belegten - die Verfahrensrügen eine Prüfung in der Sache erforderten. Das stehe einer Entscheidung über das Ablehnungsgesuch im Wege des Selbstentscheids entgegen. Überdies habe der beschließende Senat den klägerseitigen Vortrag nicht berücksichtigt, dass der Verwaltungsgerichtshof - obgleich dies erforderlich gewesen wäre - die Zulässigkeit der Entscheidung im Wege des Selbstentscheids auch nicht konkret begründet habe (Schriftsatz vom 16. Juli 2021, S. 3). Dieses Vorbringen führt nicht auf einen Gehörsverstoß. Eine Anhörungsrüge kann nicht darauf gestützt werden, das Gericht habe Vortrag missverstanden, wenn sich - wie hier - dem Vorbringen auch bei wohlwollender Auslegung für das von der Partei für richtig gehaltene Verständnis keine Anhaltspunkte entnehmen lassen. Der Kläger hat seine Nichtzulassungsbeschwerde zwar - wie der Senat im Beschluss vom 4. Juni 2021 ausgeführt hat - auch damit begründet, es sei objektiv nicht vertretbar gewesen, über das Ablehnungsgesuch im Wege des Selbstentscheids zu befinden. Dies hat er jedoch ausschließlich mit den aus seiner Sicht sachlich unrichtigen ("grundrechtsverletzenden Verweigerung") Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Durchführung einer Videoverhandlung und einer Terminverlegung begründet (Schriftsatz vom 27. Oktober 2020, S. 7 f.), aber nicht einmal ansatzweise damit, dass ein Selbstentscheid über das Ablehnungsgesuch deshalb unzulässig gewesen sei, weil die zu seiner Begründung vorgebrachten Verfahrensrügen eine Sachprüfung erforderten. Im Übrigen hat der Kläger auch die Entscheidungserheblichkeit dieses Vortrags vor dem Hintergrund nicht dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 19. August 2020 (UA S. 7 f.) ausführlich dargelegt hat, weshalb das Ablehnungsgesuch rechtsmissbräuchlich sei und hierüber unter Beteiligung der abgelehnten Richterin entschieden werden dürfe. Der weitere Vorhalt, der beschließende Senat habe sein Vorbringen zur unterbliebenen Begründung der Entscheidung durch Selbstentscheid nicht berücksichtigt, bleibt erfolglos, weil die Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Gesichtspunkt nicht gestützt gewesen ist und außerdem der Verwaltungsgerichtshof - wie erwähnt - die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch im Wege des Selbstentscheids begründet hat.
9 bb) Einen Gehörsverstoß begründet auch der vom Kläger mit Schriftsatz vom 16. Juli 2021 (S. 2) erhobene Einwand nicht, der Senat habe bei der Prüfung der Verfahrensrüge zum Antrag auf Terminverlegung nicht erwogen, ob aufgrund aller Gegebenheiten des Einzelfalles die beantragte Terminverlegung abgelehnt werden konnte. Es werde in diesem Zusammenhang weder berücksichtigt, dass der Antrag auf Durchführung einer Videoverhandlung nach § 102a VwGO ohne Einzelfallprüfung abgelehnt worden sei, noch, dass für den Kläger aufgrund der besonderen Fürsorgesituation seiner 92-jährigen Mutter sowie seines eigenen Alters ein selbst geringes Ansteckungsrisiko (mit dem SARS-CoV-2-Virus) nicht zumutbar sei und kein Gericht in Deutschland für das Betreten des Gerichtsgebäudes den Nachweis eines negativen PCR- oder Schnelltests vorgeschrieben habe. Soweit dem Kläger in dem Beschluss vom 4. Juni 2021 vorgehalten werde, er habe nicht dargelegt, warum ihm die Beauftragung eines anderen Rechtsanwalts (zur Sicherstellung seiner Vertretung in der mündlichen Verhandlung) nicht zumutbar gewesen sei, würden offensichtliche Gegebenheiten in objektiv nicht vertretbarer Weise ignoriert. Die Beauftragung eines anderen Rechtsanwalts zu einem Verfahren mit langer Historie sei aufgrund des Einarbeitungsaufwandes offensichtlich unverhältnismäßig aufwändig. Der unzumutbare Verweis auf die Möglichkeit der Vertretung durch einen anderen Rechtsanwalt bedeute, dass ein wirksamer Rechtsbehelf im Sinne von Art. 13 EMRK nicht bestehe.
10 Damit ist eine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung nicht schlüssig dargetan. Dem Vorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat das Vorbringen des Klägers im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erwogen hätte. Tatsächlich hat sich der Senat mit dem Vorbringen des Klägers insbesondere zu seiner hochbetagten pflegebedürftigen Mutter sowie seines eigenen Alters ausdrücklich auseinandergesetzt. Der Bewertung des Senats, auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens sei für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar gewesen, dass dem Kläger eine Anreise von seinem Wohnort zum Gerichtsort sowie die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung, für die umfangreiche Vorsorgemaßnahmen zur Verhütung einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus getroffen waren, unmöglich oder unzumutbar gewesen sei, setzt die Anhörungsrüge lediglich die eigene, hiervon abweichende Rechtsauffassung des Klägers entgegen. Auf eine andere rechtliche Bewertung kann eine Anhörungsrüge nicht gestützt werden. Im Übrigen wird eine Gehörsverletzung nicht aufgezeigt, soweit er sich auf neues Vorbringen stützt.
11 cc) Ebenfalls erfolglos bleibt die Rüge, der Senat habe nicht zur Kenntnis genommen, dass der Kläger die Nichtzulassungsbeschwerde ausdrücklich darauf gestützt habe, bei der Entscheidung über die Durchführung einer Videoverhandlung gemäß § 102a VwGO sei eine einzelfallbezogene Ermessensentscheidung zu treffen (Schriftsatz vom 16. Juli 2021, S. 1). Am Sitz des Verwaltungsgerichtshofs bestünden zahlreiche Möglichkeiten zur Durchführung von Videoverhandlungen, so am im gleichen Fachgerichtszentrum ansässigen Sozialgericht Kassel oder auch dem Finanzgericht Kassel. In Hessen sei allen Landesbehörden und -gerichten im ersten Halbjahr 2020 die Möglichkeit eröffnet worden, von jedem Computer aus Videokonferenzen und -verhandlungen durchzuführen. Die (jahrelange) Verfügbarkeit von Videokonferenztechnik habe für das einzige Oberverwaltungsgericht in einem Flächenstaat eine Ermessensreduzierung bewirkt, was erst recht mehr als sechs Monate nach Ausbruch der Corona-Pandemie und unter Berücksichtigung der besonderen persönlichen Verhältnisse des Klägers gelte. Sei somit die vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommene "grundsätzliche" Ablehnung der Durchführung einer Videoverhandlung wegen fehlender technischer Voraussetzungen ermessensfehlerhaft, sei es zwangsläufig nicht zumutbar, vom Kläger zu erwarten, andere Möglichkeiten der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung wahrzunehmen oder darzulegen, dass dies unzumutbar sei. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass Art. 13 EMRK eine für das Opfer möglichst schonende Gestaltung von Entschädigungsverfahren gebiete.
12 Soweit dieses Vorbringen neuen, im vorangegangenen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht erbrachten Vortrag enthält (u.a. Möglichkeiten zur Durchführung von Videoverhandlungen am im gleichen Fachgerichtszentrum ansässigen Sozialgericht Kassel sowie bei allen hessischen Landesbehörden und -gerichten von jedem Computer aus), zeigt es eine Gehörsverletzung schon deshalb nicht auf, weil sich eine solche immer nur auf zuvor geleisteten Vortrag beziehen kann. Im Übrigen setzt die Anhörungsrüge auch der rechtlichen Bewertung durch den Senat nur die hiervon abweichende Rechtsauffassung des Klägers entgegen. Dabei verkennt sie überdies, dass die Ausführungen des Senats, es sei nicht zu beanstanden, dass der Verwaltungsgerichtshof von der durch § 102a Abs. 1 VwGO eingeräumten Möglichkeit "grundsätzlich" keinen Gebrauch mache, solange das Gericht nicht über die hierfür erforderliche technische Ausstattung verfüge, die Möglichkeit einer vom Grundsatz abweichenden Entscheidung im Einzelfall beinhaltet, die der Verwaltungsgerichtshof im Übrigen auch erwogen hat, wenn er ausführt, dass Gründe, ausnahmsweise im Falle des Klägers anders zu verfahren, also von dem Grundsatz abzuweichen, nicht ersichtlich seien (UA S. 7).
13 b) Die Anhörungsrüge bleibt auch insoweit erfolglos, als sie eine Gehörsverletzung im Zusammenhang mit der rechtlichen Bewertung des Schriftsatzes vom 4. Dezember 2012 durch den Senat geltend macht (Schriftsätze vom 15. und 26. Juli 2021).
14 aa) Zu Unrecht sieht sie eine Gehörsverletzung in den Ausführungen des Senats, der Kläger habe im Entschädigungsverfahren nicht vorgetragen, dass der Schriftsatz vom 4. Dezember 2012 als Verzögerungsrüge zu verstehen sei oder eine solche beinhalte. Insoweit macht die Anhörungsrüge geltend, der Kläger habe auf von ihm erhobene "weitere wirksame Verzögerungsrügen ... im Verlauf des Jahres 2012" hingewiesen, was sich auch auf den Schriftsatz vom 4. Dezember 2012 beziehe (Schriftsatz vom 15. Juli 2021, Ziffer 1a). Das geht fehl. In seinen Ausführungen in dem mit der Anhörungsrüge angegriffenen Beschluss (BA Rn. 16) hat sich der Senat nicht auf den Vortrag des Klägers im Entschädigungsverfahren, sondern - dem Prüfungsgegenstand im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Rechnung tragend - auf die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bezogen ("Abgesehen davon, dass die Beschwerde schon nicht darlegt, der Kläger habe im Entschädigungsverfahren vorgetragen, ..."). In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde vom 27. Oktober 2020 findet sich das in der Anhörungsrüge wiedergegebene Zitat aus dem Vortrag des Klägers nicht. Darüber hinaus liegt ein Gehörsverstoß auch deshalb nicht vor, weil der Senat seine Einschätzung, dem Verwaltungsgerichtshof sei hinsichtlich der Bewertung des Schriftsatzes vom 4. Dezember 2012 kein Gehörsverstoß unterlaufen, selbstständig tragend auch darauf gestützt hat, dass dessen Entscheidung nicht auf dem von dem Kläger im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren geltend gemachten (angeblichen) Gehörsverstoß beruhe.
15 bb) Ohne Erfolg bleibt auch die unter Ziffer 1b) des Schriftsatzes vom 15. Juli 2021 erhobene Rüge, der Senat habe das in mehreren im Einzelnen bezeichneten Schriftsätzen im Entschädigungsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof enthaltene Vorbringen des Klägers, das er in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (Schriftsatz vom 27. Oktober 2020, Ziffern I.2 bis I.4 und I.6) zusammengefasst habe, nicht als Rügen zu im Entschädigungsverfahren nicht erkennbar erwogenem Vortrag berücksichtigt, sondern pauschal nur als unbeachtliche Beanstandungen der rechtlichen Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs bewertet. Damit macht die Anhörungsrüge der Sache nach geltend, der Senat habe dem Vorbringen des Klägers im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht die ihm im Zusammenhang der Beschwerdebegründung zukommende Bedeutung beigemessen und damit dessen Kern in gehörsverletzender Weise verkannt. Das trifft nicht zu. Der Senat hat das entsprechende Vorbringen des Klägers im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren als Gehörsrüge gewürdigt (BA Rn. 14 ff.). Mit der Wendung, der Verwaltungsgerichtshof habe die fraglichen Schriftsätze des Klägers im Ausgangsverfahren daraufhin geprüft, ob sie als Verzögerungsrüge aufgefasst werden könnten, er habe sich mit dieser Frage und dem diesbezüglichen Vorbringen des Klägers befasst und sei zu einer von der Ansicht des Klägers abweichenden Rechtsauffassung gelangt, hat der Senat zum Ausdruck gebracht, dass die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde auch insoweit einen Gehörsverstoß nicht dargelegt hat. Dass der Senat hinsichtlich der im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren behaupteten Gehörsverletzung nicht den rechtlichen Bewertungen des Klägers gefolgt ist, begründet keinen Gehörsverstoß. Dessen ungeachtet erläutert die Anhörungsrüge nicht, inwiefern die Entscheidung des Senats auf der geltend gemachten Gehörsverletzung beruhen sollte vor dem Hintergrund, dass der Senat seine Entscheidung im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auch darauf gestützt hat, dass nach einer bereits ausdrücklich erhobenen Verzögerungsrüge (hier am 15. Dezember 2011) vorgebrachte Kritik an der Dauer des gerichtlichen Verfahrens, die selbst nicht als Verzögerungsrüge bezeichnet ist, grundsätzlich nicht als erneute Verzögerungsrüge aufzufassen ist. Hierfür genügt nicht, dass die Anhörungsrüge die Rechtsauffassung des Senats inhaltlich beanstandet.
16 cc) Schließlich führt die Anhörungsrüge auch nicht auf eine Gehörsverletzung, soweit sie unter Ziffer 1c) des Schriftsatzes vom 15. Juli 2021 geltend macht, der Senat habe im Zusammenhang mit der rechtlichen Bewertung des Schriftsatzes vom 4. Dezember 2012 die Anforderungen an eine Verzögerungsrüge unter Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesgerichtshofs sowie des Bundessozialgerichts in einer den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzenden Weise überspannt. Damit macht die Anhörungsrüge unter Verkennung des Umstandes, dass der Senat die Rechtsprechung der vorbezeichneten Gerichte zugrunde legt und diese für den bislang nicht behandelten Fall der Auslegung einer Erklärung als Verzögerungsrüge nach zuvor bereits ausdrücklich erhobener Verzögerungsrüge fortentwickelt, im Kern eine in Bezug auf die an eine wirksame Verzögerungsrüge zu stellenden Anforderungen unrichtige Auslegung von § 198 Abs. 3 GVG geltend. Damit ist eine Gehörsverletzung nicht aufgezeigt. Das Anhörungsrügeverfahren dient nicht dazu, die Diskussion in der Sache neu zu eröffnen.
17 3. Dem Vorbringen des Klägers ist auch im Übrigen keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu entnehmen. Das gilt auch, soweit Ausführungen in den Schriftsätzen vom 16. und 26. Juli 2021 als zulässige Vertiefung bereits fristgerecht geltend gemachter Rügen anzusehen sein sollten. Von einer weiteren Begründung wird in entsprechender Anwendung von § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.
18 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.