Beschluss vom 04.06.2021 -
BVerwG 5 B 22.20 DECLI:DE:BVerwG:2021:040621B5B22.20D0

Nach einer bereits ausdrücklich erhobenen Verzögerungsrüge vorgebrachte Kritik an der Dauer des gerichtlichen Verfahrens, die selbst nicht als Verzögerungsrüge bezeichnet ist, ist grundsätzlich nicht als erneute Verzögerungsrüge aufzufassen.

Leitsatz:

Nach einer bereits ausdrücklich erhobenen Verzögerungsrüge vorgebrachte Kritik an der Dauer des gerichtlichen Verfahrens, die selbst nicht als Verzögerungsrüge bezeichnet ist, ist grundsätzlich nicht als erneute Verzögerungsrüge aufzufassen.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 103 Abs. 1
    GVG § 198
    ZPO § 227 Abs. 1 Satz 1, § 557 Abs. 2
    VwGO § 102a Abs. 1, § 108 Abs. 2, § 132 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3, § 133 Abs. 3 Satz 3, § 138 Nr. 1, § 146 Abs. 2

  • VG Wiesbaden - 17.01.2019 - AZ: VG 1 K 93/12.WI
    VGH Kassel - 19.08.2020 - AZ: VGH 29 F 2121/18.EK

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 04.06.2021 - 5 B 22.20 D - [ECLI:DE:BVerwG:2021:040621B5B22.20D0]

Beschluss

BVerwG 5 B 22.20 D

  • VG Wiesbaden - 17.01.2019 - AZ: VG 1 K 93/12.WI
  • VGH Kassel - 19.08.2020 - AZ: VGH 29 F 2121/18.EK

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. Juni 2021
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Holtbrügge
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. August 2020 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig, weil sie nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise darlegt, dass ein Revisionszulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 oder 3 VwGO gegeben ist.

2 1. Die Beschwerde legt zunächst den Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht in genügender Weise dar.

3 Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Damit sind Verstöße gegen Vorschriften gemeint, die den Verfahrensablauf bzw. den Weg zu dem Urteil und die Art und Weise des Urteilserlasses regeln, nicht jedoch Vorschriften, die den Urteilsinhalt betreffen und deren Verletzung sich als Mangel der sachlichen Entscheidung darstellt (BVerwG, Beschlüsse vom 4. Februar 2015 - 5 B 28.14 - juris Rn. 8 m.w.N. und vom 17. November 2015 - 5 B 17.15 - ZOV 2016, 160 Rn. 3). Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. März 2014 - 5 B 48.13 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 62 Rn. 12 m.w.N.). Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerdebegründung weder hinsichtlich der Besetzungs- (a) noch hinsichtlich der Gehörsrüge (b).

4 a) Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wird nicht ausreichend bezeichnet im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, soweit sich die Beschwerde auf den absoluten Revisionsgrund des § 138 Nr. 1 VwGO beruft und dazu vorträgt, dass der gegen die berufsrichterlichen Mitglieder des Senats des Verwaltungsgerichtshofs gerichtete Befangenheitsantrag des Klägers durch die abgelehnten Richter selbst aus objektiv nicht vertretbaren Gründen verworfen worden sei.

5 Die Ablehnung eines Befangenheitsantrags durch die Vorinstanz stellt eine unanfechtbare Vorentscheidung (§ 146 Abs. 2 VwGO) dar, die gemäß § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 557 Abs. 2 ZPO nicht der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt, sodass die Zurückweisung eines Befangenheitsantrags grundsätzlich auch nicht als Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemacht werden kann. Die Rüge der unrichtigen Ablehnung eines Befangenheitsantrags ist im Rahmen der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nur ausnahmsweise in dem Maße beachtlich, als mit ihr - wie hier - die vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 138 Nr. 1 VwGO geltend gemacht wird. Das setzt objektive Anhaltspunkte dafür voraus, dass die Entscheidung über die Befangenheitsanträge auf Willkür oder einem vergleichbar schweren Mangel des Verfahrens beruht, der in der Sache die Rüge einer nicht vorschriftsgemäßen Besetzung des Gerichts rechtfertigt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2019 - 2 B 17.19 - juris Rn. 4 m.w.N.). Dieser Maßstab gilt auch für die Ablehnung eines Befangenheitsantrags unter Mitwirkung der abgelehnten Richter als rechtsmissbräuchlich (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2019 - 4 B 6.19 - juris Rn. 4 m.w.N.). Die Rüge der vorschriftswidrigen Besetzung eines Spruchkörpers ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann zulässig vorgebracht, wenn die Beschwerde die nach ihrer Meinung den Mangel begründenden Tatsachen in einer Weise vorträgt, die dem Revisionsgericht deren Beurteilung ermöglichen (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 22. Dezember 2011 - 2 B 71.10 - juris Rn. 8, vom 25. April 2014 - 8 B 87.13 - juris Rn. 26 und vom 24. Januar 2017 - 2 B 91.15 - Buchholz 235.1 § 46 BDG Nr. 1 Rn. 4, jeweils m.w.N.). Allein die verbale Behauptung der Willkür genügt nicht (BVerwG, Beschluss vom 13. Juni 1991 - 5 ER 614.90 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 1 VwGO Nr. 28 S. 2).

6 Diesen Anforderungen wird die Beschwerde in Bezug auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 19. August 2020 nicht gerecht. Die Beschwerde macht unter dem Gliederungspunkt B. geltend, das ergangene Urteil bestätige die Berechtigung der Besorgnis der Befangenheit gegenüber der Vorsitzenden Richterin sowie des Richters am Verwaltungsgerichtshof B. und macht weiter geltend, es sei objektiv nicht vertretbar gewesen, dass zu den begründeten Ablehnungsgesuchen im Wege des Selbstentscheids eine Herabwürdigung der Ablehnungen als missbräuchlich erfolgt sei angesichts der grundrechtsverletzenden Verweigerung einer Teilnahme per Videokonferenz und auch einer Verlegung des Termins. Damit wird das Vorliegen von Willkür lediglich behauptet, ohne dafür substantiiert und in für das Beschwerdegericht nachprüfbarer Weise konkrete Umstände aufzuzeigen, aufgrund derer dieser Vorwurf gerechtfertigt sein soll. Dies gilt umso mehr, als die Ablehnung einer Terminsverlegung und der Gestattung der Teilnahme des Klägers an der mündlichen Verhandlung von einem anderen Ort (§ 102a Abs. 1 VwGO) nicht zu beanstanden sind. Darüber hinaus legt die Beschwerde keine Gründe für die geltend gemachte Besorgnis der Befangenheit dar.

7 b) Eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) ist nicht in einer den Darlegungsanforderungen genügenden Weise dargetan, soweit die Beschwerde geltend macht, der Verwaltungsgerichtshof hätte wegen eines beachtlichen Terminsverlegungsantrags nicht aufgrund der durchgeführten mündlichen Verhandlung entscheiden dürfen (aa) bzw. er hätte dem Kläger die Teilnahme an der Verhandlung von einem anderen Ort gemäß § 102a Abs. 1 VwGO gestatten müssen (bb). Ebenso wenig legt die Beschwerde in ausreichender Weise dar, der Verwaltungsgerichtshof habe entscheidungserhebliches Vorbringen zur Erhebung einer Verzögerungsrüge nicht berücksichtigt (cc).

8 aa) Eine Gehörsverletzung ist zunächst nicht hinreichend dargelegt, soweit die Beschwerde geltend macht, der Verwaltungsgerichtshof habe trotz Ausbleibens des sich selbst vertretenden Klägers nicht entscheiden dürfen, weil dieser "vertieft begründete" Verlegungs- und Vertagungsanträge gestellt habe.

9 Zwar kommt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in Betracht, wenn das Gericht einem Verlegungs- oder Vertagungsantrag eines Prozessbevollmächtigten nicht entspricht, obwohl dieser auf im Sinne des § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO erhebliche Gründe gestützt worden ist (vgl. den dem Kläger bekannten Senatsbeschluss vom 7. April 2020 - 5 B 30.19 D - juris Rn. 29). Unter erheblichen Gründen sind solche Umstände zu verstehen, die auch und gerade zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des im Falle der Aufhebung bzw. Verlegung des bereits anberaumten Termins berührten Beschleunigungs- und Konzentrationsgebotes erfordern, weil sich der Beteiligte trotz aller zumutbaren eigenen Bemühungen nicht in hinreichender Weise rechtliches Gehör verschaffen konnte (BVerwG, Beschlüsse vom 23. Januar 1995 - 9 B 1.95 - NJW 1995, 1231 und vom 18. Juli 2007 - 5 B 95.06 - juris Rn. 4 m.w.N.). Ein erheblicher Grund ist aber unter anderem nur anzuerkennen, wenn die Abwesenheit des Beteiligten nicht verschuldet oder durch die Absicht der Prozessverschleppung getragen war (BVerwG, Beschluss vom 22. Mai 2001 - 8 B 69.01 - NJW 2001, 2735 f. m.w.N.). Ferner müssen diese Gründe dem Gericht von dem an der Terminswahrnehmung verhinderten Beteiligten dargetan werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. April 1999 - 5 B 49.99 - juris Rn. 3 m.w.N.).

10 Die Beschwerde legt jedoch nicht dar, dass der vom Kläger vor dem Termin gestellte Verlegungsantrag auf erhebliche Gründe im genannten Sinne gestützt war. Sie zeigt nicht auf, dass der sich als Rechtsanwalt selbst vertretende Kläger gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof in hinreichender Weise dargetan hat, aus unzumutbaren und von ihm nicht verschuldeten Umständen heraus an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verhindert gewesen zu sein. Die Beschwerde macht insoweit sinngemäß geltend, dass der Verwaltungsgerichtshof die im angefochtenen Urteil für die Terminsverlegung wiedergegebenen Gründe (die hochbetagte und pflegebedürftige Mutter des Klägers habe aus einem Alten- und Pflegeheim in eine Privatpflege verbracht werden müssen, was eine erhebliche Reduzierung der Kapazität des Klägers zur Folge gehabt habe; der Kläger gehöre mit 63 Jahren zu den durch Corona überdurchschnittlich gefährdeten Personengruppen und es bestehe gegenüber der bald 92jährigen Mutter eine Pflicht, weitestgehend Infektionsrisiken zu vermeiden) nicht zutreffend gewürdigt habe. Damit ist nicht substantiiert geltend gemacht, dass eine Anreise zum Termin bzw. dessen Wahrnehmung aus hinreichenden subjektiven Gründen - etwa wegen konkreter gesundheitlicher Beeinträchtigungen - unmöglich bzw. unzumutbar gewesen ist. Ob eine in der konkreten Situation des Klägers bestehende allgemeine Gesundheitsgefahr im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie eine Terminsverlegung rechtfertigen oder gar gebieten würde, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Auf der Grundlage seines Vorbringens im Beschwerdeverfahren war für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar, dass dem Kläger eine Anreise von Wiesbaden zum Sitzungsort Kassel (etwa unter Benutzung eines PKW) und eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung, für die die Gerichtsverwaltung nach den Ausführungen im angefochtenen Urteil umfangreiche Vorsorgemaßnahmen getroffen hatte, überhaupt unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre.

11 Darüber hinaus hat die Beschwerde mit der vorgenannten Kritik eine Gehörsverletzung auch aus anderen Gründen nicht hinreichend dargelegt. Da eine Rüge der Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nur erfolgreich sein kann, wenn der Betroffene alle ihm gegebenen prozessualen Möglichkeiten ergriffen hat, sich Gehör zu verschaffen, muss in der Beschwerdebegründung gegebenenfalls auch substantiiert und nachvollziehbar aufgezeigt werden, dass diesem Gebot Rechnung getragen wurde bzw. dass insoweit keine zumutbare Möglichkeit bestand (BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2015 - 5 PB 9.14 - juris Rn. 3 m.w.N.). Das Beschwerdevorbringen lässt jedoch nicht erkennen, dass der Kläger alle ihm möglichen und zumutbaren verfahrensrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um sich vor dem Verwaltungsgerichtshof gleichwohl rechtliches Gehör zu verschaffen. So legt der sich im Verfahren selbst vertretende Kläger nicht dar, warum es ihm - wenn er sich schon selbst an der Teilnahme der mündlichen Verhandlung gehindert sah - zur Verschaffung rechtlichen Gehörs nicht zumutbar gewesen wäre, einen anwaltlichen Bevollmächtigten mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe zu betrauen (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 27. November 2018 - 1 BvR 957/18 - NJW 2019, 291 Rn. 7 f.).

12 bb) Ein Gehörsverstoß ist des Weiteren nicht schlüssig dargelegt, soweit die Beschwerde beanstandet, dass der Verwaltungsgerichtshof dem Kläger nicht antragsgemäß gestattet habe, gemäß § 102a Abs. 1 VwGO an der mündlichen Verhandlung im Wege der Bild- und Tonübertragung teilzunehmen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht den Beteiligten, ihren Bevollmächtigten und Beiständen auf Antrag oder von Amts wegen gestatten, sich während einer mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen, während die Verhandlung zeitgleich in Bild und Ton an diesen Ort und in das Sitzungszimmer übertragen wird. Die Vorschrift ist nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers als Befugnisnorm für das Gericht zu verstehen, in dessen Ermessen es steht, Videokonferenztechnik im konkreten Fall einzusetzen. Einen Anspruch eines Verfahrensbeteiligten auf eine entsprechende technische Ausstattung der Gerichte begründet sie grundsätzlich nicht (vgl. BT-Drs. 17/1224 S. 12 und 17/12418 S. 17). Vor diesem Hintergrund spricht viel dafür, dass das Vorhandensein der erforderlichen Technik bei dem Gericht und an dem anderen Ort eine nicht ausdrücklich genannte, aber für den Regelfall der Teilnahme der Beteiligten selbst naturgemäße und vom Gesetzgeber mitgedachte Voraussetzung für den Einsatz von Videokonferenztechnik ist. Dies entspricht auch der nahezu einhelligen Ansicht im Fachschrifttum (vgl. etwa Dolderer, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 102a Rn. 4; Fehling/Hamacher/Wilbert, in: Fehling/Kastner/Störmer, HK-VerwR, 5. Aufl. 2021, § 102a Rn. 2; Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 102a Rn. 6; Ulrich, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 39. EL Juli 2020, § 102a Rn. 27 m.w.N.).

13 Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der Verwaltungsgerichtshof von der durch § 102a Abs. 1 VwGO eingeräumten Möglichkeit "grundsätzlich" keinen Gebrauch macht, solange das Gericht nicht über die zur Durchführung einer Videoverhandlung erforderliche technische Ausstattung verfügt. Davon abgesehen legt die Beschwerde einen Gehörsverstoß auch deshalb nicht dar, weil sie nicht aufzeigt, dass der Kläger alle ihm möglichen und zumutbaren verfahrensrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um sich vor dem Verwaltungsgerichtshof gleichwohl rechtliches Gehör zu verschaffen, wozu auch die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am Gerichtsort zählt. Dass der Kläger in eigener Person oder jedenfalls durch einen Bevollmächtigten hieran gehindert gewesen wäre, ist - wie bereits dargelegt - nicht dargetan.

14 cc) Schließlich legt die Beschwerde einen Gehörsverstoß auch insoweit nicht dar, als sie geltend macht, der Verwaltungsgerichtshof habe im Einzelnen bezeichnete Erklärungen aus dem Ausgangsverfahren zu Unrecht nicht als Verzögerungsrüge qualifiziert bzw. er habe den Schriftsatz vom 4. Dezember 2012 überhaupt nicht gewürdigt.

15 Soweit der Verwaltungsgerichtshof einzelne Schriftsätze des Klägers aus dem Ausgangsverfahren daraufhin geprüft hat, ob sie als Verzögerungsrüge aufgefasst werden können, hat er sich mit dieser Frage sowie dem diesbezüglichen Vorbringen des Klägers befasst und ist zu einer von der Ansicht des Klägers abweichenden Rechtsauffassung gelangt. Insoweit beanstandet die Beschwerde im Ergebnis lediglich die rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs als inhaltlich unrichtig. Eine vom Klägervorbringen abweichende Rechtsansicht des Gerichts vermag jedoch einen Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährleistung rechtlichen Gehörs nicht zu begründen. Der verfassungsrechtliche Gehörsanspruch schützt weder davor, dass das Gericht dem Vortrag einer Partei in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht die aus deren Sicht richtige Bedeutung beimisst noch davor, dass das Gericht einzelne Tatsachen oder Erkenntnisse und bestimmtes Vorbringen von Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts bei seiner Entscheidung unberücksichtigt lässt oder sich nicht näher damit auseinandersetzt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 5. Februar 1999 - 9 B 797.98 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4 S. 3 und vom 25. Mai 2016 - 5 PB 21.15 - juris Rn. 7 m.w.N.). Im Übrigen verpflichtet der verfassungsrechtliche Gehörsanspruch die Gerichte nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten auch inhaltlich zu folgen (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D (5 C 10.15 D) - juris Rn. 9 m.w.N. und vom 15. August 2019 - 5 B 11.19 - juris Rn. 1).

16 Hinsichtlich des Schriftsatzes vom 4. Dezember 2012 bemerkt die Beschwerde zwar, dass dieser im angefochtenen Urteil nicht erwähnt und gewürdigt wird. Einen Gehörsverstoß zeigt sie gleichwohl nicht auf. Abgesehen davon, dass die Beschwerde schon nicht darlegt, der Kläger habe im Entschädigungsverfahren vorgetragen, der Schriftsatz vom 4. Dezember 2012 sei als Verzögerungsrüge zu verstehen oder beinhalte eine solche, liegt ein Gehörsverstoß auch deshalb nicht vor, weil ein solcher, soweit einzelnes Vorbringen übergangen worden sein soll, nur anzunehmen ist, wenn die Entscheidung auf der Nichtberücksichtigung dieses Vorbringens beruht. Das ist hier nicht der Fall. Die Beschwerde macht geltend, das angefochtene Urteil hätte in Erwägung ziehen müssen, ob es sich bei dem Schriftsatz vom 4. Dezember 2012, in dem der Kläger auch die Dauer des gerichtlichen Verfahrens angesprochen hat ("Somit fragt sich noch dringlicher als zuvor, wie viele weitere Etappen einer durch die Beklagte inszenierten 'Schnitzeljagd' durch Absurdistan das Gericht vor Festlegung einer 'Schlussetappe' mit zeitlicher Begrenzung für substantiierte Darlegungen noch zulassen möchte?"), um eine wirksame "Anhörungsrüge" (gemeint: Verzögerungsrüge) handele (Beschwerdebegründung S. 3). Soweit damit nur die Möglichkeit der Erhebung einer Verzögerungsrüge angesprochen ist, zeigt die Beschwerde schon von vornherein die Entscheidungserheblichkeit der fraglichen Äußerungen des Klägers im Ausgangsverfahren nicht auf. Nichts anderes gilt, geht man zugunsten der Beschwerde davon aus, dass diese in dem Schriftsatz vom 4. Dezember 2012 eine Verzögerungsrüge enthalten wissen will. Diese Einschätzung trifft nicht zu:

17 Bei der Verzögerungsrüge nach § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG handelt es sich um eine der Auslegung zugängliche und gegebenenfalls bedürftige Prozesshandlung (eigener Art), die wie sonstige prozessuale Anträge zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes wohlwollend im Sinne des am Gesamtvorbringen erkennbaren Rechtsschutzanliegens auszulegen ist (BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2015 - 1 BvR 3164/13 - NJW 2016, 2018 Rn. 31 f.; BSG, Urteil vom 27. März 2020 - B 10 ÜG 4/19 R - NZS 2020, 546 Rn. 28 ff. und Rn. 32 f. zum Maßstab des objektiven Empfängerhorizonts). Weil die Vorschrift keine besonderen Anforderungen an die Form oder den Mindestinhalt einer Verzögerungsrüge stellt, sondern lediglich verlangt, dass die "Dauer des Verfahrens gerügt" wird, folgt daraus, dass auch eine nicht ausdrücklich als "Verzögerungsrüge" bezeichnete Äußerung eines Verfahrensbeteiligten im Wege der Auslegung als Verzögerungsrüge anzusehen ist, wenn sich ihr in hinreichender Weise entnehmen lässt, dass der Beteiligte die Dauer des Verfahrens beanstandet oder in sonstiger Weise zum Ausdruck bringt, mit der Verfahrensdauer nicht einverstanden zu sein (BGH, Urteil vom 26. November 2020 - III ZR 61/20 - NJW 2021, 859 Rn. 18). Ist dies dem Inhalt einer Erklärung in Verbindung mit den Umständen, die für das Gericht offensichtlich sind, zu entnehmen, so wäre es eine bloße Förmelei, diese Erklärung allein deshalb nicht als Verzögerungsrüge anzusehen, weil sie nicht als solche ausdrücklich bezeichnet oder - insbesondere von nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten - unzulänglich formuliert ist (BSG, Urteil vom 27. März 2020 - B 10 ÜG 4/19 R - NZS 2020, 546 Rn. 28 m.w.N.).

18 Hat allerdings ein Beteiligter - wie hier der rechtskundige Kläger - in einem bestimmten Verfahren zuvor bereits schriftsätzlich und ausdrücklich eine Verzögerungsrüge erhoben, so ergibt sich daraus regelmäßig nicht nur, dass der betreffende Verfahrensbeteiligte diesen Rechtsbehelf kennt, sondern auch, dass er ihn bewusst und gezielt einsetzt. Dies gilt auch dann, wenn eine Verzögerungsrüge deshalb noch nicht wirksam erhoben werden konnte, weil kein Anlass zu der Besorgnis bestand, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen werde. Anders als die Beschwerde meint, sind in einem solchen Fall nachfolgende Äußerungen eines Verfahrensbeteiligten, mit denen er - ohne dies als Verzögerungsrüge zu bezeichnen - die Dauer des Verfahrens kritisiert, regelmäßig nicht als (erneute) Verzögerungsrüge auszulegen. Vielmehr bringen solche Äußerungen - wie im vorliegenden Fall in Anbetracht der Gesamtumstände - gerade nicht zweifelsfrei den Willen des Verfahrensbeteiligten zur Erhebung einer (weiteren oder erneuten) Verzögerungsrüge zum Ausdruck und sind deshalb grundsätzlich nicht als Verzögerungsrüge im Rechtssinne aufzufassen. Ein solches Verständnis ist mit Blick auf die Interessenlage des jeweiligen Verfahrensbeteiligten auch deshalb angezeigt, weil die Verzögerungsrüge nach § 198 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 GVG regelhaft frühestens nach sechs Monaten in wirksamer Weise wiederholt werden kann.

19 Dementsprechend zeigt die Beschwerde nicht auf, dass der Verwaltungsgerichtshof den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs dadurch verletzt hätte, dass er dessen Schriftsatz vom 4. Dezember 2012 nicht dahingehend gewürdigt hat, ob dieser eine Verzögerungsrüge beinhaltet. Die Beschwerde verweist in diesem Zusammenhang ohne Erfolg darauf, dass der Inhalt dieses Schriftsatzes insbesondere im Lichte der mit Schriftsatz vom 15. November 2011 ausdrücklich erhobenen Verzögerungsrüge ausgelegt werden müsse, die der Verwaltungsgerichtshof mangels eines Anlasses zur Besorgnis nicht angemessener Verfahrensdauer als nicht wirksam erhoben angesehen hat. Vielmehr streitet die ausdrückliche Erhebung einer Verzögerungsrüge dafür, die in dem Schriftsatz vom 4. Dezember 2012 enthaltenen Äußerungen zur Verfahrensdauer nicht als weitere oder erneute Verzögerungsrüge aufzufassen. Anhaltspunkte für eine hiervon abweichende Einschätzung ergeben sich nach dem Vorstehenden insbesondere auch nicht daraus, dass - wie die Beschwerde geltend macht (Beschwerdebegründung S. 3) - der Verwaltungsgerichtshof offengelassen hat, ob der weitere Schriftsatz vom 12. Oktober 2012 als Verzögerungsrüge angesehen werden kann.

20 2. Sofern die Beschwerde sich auch auf eine Divergenzrüge stützen sollte, legt sie auch eine die Zulassung der Revision begründende Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht in genügender Weise dar.

21 Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz liegt nur vor, wenn das vorinstanzliche Gericht in Anwendung derselben Vorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist. Die Beschwerdebegründung muss im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darlegen, dass und inwiefern dies der Fall ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10. September 2018 - 5 B 20.18 D - juris Rn. 3 und vom 29. März 2019 - 5 BN 1.18 - juris Rn. 2 jeweils m.w.N.). Daran fehlt es hier.

22 Die Beschwerde behauptet (unter A.I.5) lediglich, dass Ausführungen auf S. 14/15 des angefochtenen Urteils zur Unerheblichkeit oder einem grundsätzlich bestehenden Verbot einer Gesamtschau des Parteivorbringens zur Auslegung einer Prozesserklärung gemäß § 198 GVG von einer eindeutigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abwichen, wonach gerade auch in Bezug zu Entschädigungsverfahren gemäß §§ 198 ff. GVG das Erfordernis einer wohlwollenden Auslegung von Prozesserklärungen auch unter Berücksichtigung vorangegangenen Vortrags zu im Sachzusammenhang stehenden Verfahren mehrfach hervorgehoben worden sei. Das genügt den dargestellten Anforderungen an die Darlegung einer Divergenzrüge schon deshalb nicht, weil die Beschwerde weder einander widerstreitende Rechtssätze gegenüberstellt, noch (weder im Kontext der Divergenzrüge noch im Übrigen) die Entscheidung(en) des Bundesverfassungsgerichts benennt, die sie für sich in Anspruch nimmt.

23 3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.

24 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Beschluss vom 12.01.2022 -
BVerwG 5 B 23.21ECLI:DE:BVerwG:2022:120122B5B23.21.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 12.01.2022 - 5 B 23.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:120122B5B23.21.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 23.21

  • VG Wiesbaden - 17.01.2019 - AZ: VG 1 K 93/12.WI
  • VGH Kassel - 19.08.2020 - AZ: VGH 29 F 2121/18.EK

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Januar 2022
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Holtbrügge
beschlossen:

  1. Die gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß gerichteten Ablehnungsgesuche wegen Besorgnis der Befangenheit werden verworfen.
  2. Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 4. Juni 2021 wird zurückgewiesen.
  3. Der Kläger trägt die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens.

Gründe

1 Die Ablehnungsgesuche des Klägers sind unzulässig (1.). Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 4. Juni 2021 - 5 B 22.20 D - hat keinen Erfolg. Das Verfahren ist nicht nach § 152a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO fortzuführen (2.).

2 1. Die Ablehnungsgesuche sind unter Mitwirkung der abgelehnten Richter als unzulässig zu verwerfen. Ein Ablehnungsgesuch nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 1 und 2 ZPO kann ausnahmsweise dann unter Mitwirkung der abgelehnten Richter als unzulässig verworfen werden oder überhaupt unberücksichtigt bleiben, wenn es sich als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2014 - 7 C 13.13 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 76 Rn. 5 m.w.N.). Davon ist auszugehen, wenn geeignete Befangenheitsgründe weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht werden, vielmehr das Vorbringen des Antragstellers von vornherein ersichtlich ungeeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen. Das ist unter anderem der Fall, wenn das Gesuch rechtsmissbräuchlich ist, weil es offenbar grundlos ist oder nur der Verschleppung dient (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Juni 2015 - 1 BvR 1288/14 - juris Rn. 15 f.). Ein solcher Fall ist hier gegeben.

3 Der Kläger hat zu den von ihm in dem Schriftsatz vom 15. Juli 2021 (S. 8) angebrachten Ablehnungsgesuchen lediglich pauschal ausgeführt, der Senatsbeschluss vom 4. Juni 2021 verletze "in einer objektiv nicht vertretbaren, i.S.v. BVerfGK 7, 338/342 leichtfertigen Weise u.a. die Grundrechte des Klägers auf wirksamen Rechtsschutz in einem fairen Verfahren mit gebotener Gewährung rechtlichen Gehörs durch gesetzliche Richter", wegen des besonderen Gewichts der bewirkten Grundrechtsverletzungen würden die benannten Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Eine angekündigte weitere Begründung "mit gesondertem Schriftsatz" ist nicht erfolgt. Die Besorgnis der Voreingenommenheit der von dem Ablehnungsgesuch erfassten Richter lässt sich der pauschalen Behauptung von Grundrechtsverletzungen und ihrem angeblich "besonderen Gewicht" weder bei isolierter Betrachtung noch in Zusammenschau mit den Ausführungen zur übrigen Begründung der Anhörungsrüge auch nur ansatzweise ableiten.

4 2. Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg, weil der Senat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Nach § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten bei Vorliegen der Voraussetzung des § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO das Verfahren fortzuführen, wenn das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216>). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte dieser Pflicht nachgekommen sind (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <145 f.>). Die Gerichte sind allerdings nicht verpflichtet sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 5. Oktober 1976 - 2 BvR 558/75 - BVerfGE 42, 364 <368>). Es ist daher verfehlt, aus der Nichterwähnung einzelner Begründungsteile des Vorbringens in den gerichtlichen Entscheidungsgründen zu schließen, ein Gericht habe sich nicht mit den darin enthaltenen Argumenten befasst (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, Beschlüsse vom 5. Oktober 1976 - 2 BvR 558/75 - BVerfGE 42, 364 <368> und vom 15. April 1980 - 1 BvR 1365/78 - BVerfGE 54, 43 <46>). Vielmehr sind in der Entscheidung nur diejenigen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Die Gerichte können sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach ihrem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D - juris Rn. 8 m.w.N.). Geht ein Gericht auf einzelne Teile des Vorbringens nicht ein, dokumentiert es damit in der Regel zugleich, dass es sie für rechtlich irrelevant hält (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D - juris Rn. 8 m.w.N.). Insbesondere vermittelt der Anspruch auf rechtliches Gehör keinen Schutz davor, dass ein Gericht den Vortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216>). Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten auch inhaltlich zu folgen (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D - juris Rn. 8 m.w.N.).

5 Die eine entscheidungserhebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs begründenden Umstände sind gemäß § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO vom Rügeführer substantiiert und schlüssig darzulegen. Er muss die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Möglichkeit einer derartigen Verletzung ableiten lässt. Was dazu im Einzelnen vorzutragen ist, bestimmt sich danach, auf welche Gründe die Anhörungsrüge gestützt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D - juris Rn. 10 m.w.N.). Die Anhörungsrüge lässt sich nicht mit Einwendungen begründen, die in Wirklichkeit auf die Fehlerhaftigkeit der mit ihr angegriffenen Entscheidung zielen. Denn die Anhörungsrüge stellt keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung dar (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D - juris Rn. 11 m.w.N.).

6 Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Anhörungsrüge kein Erfolg beschieden.

7 a) Dies gilt zunächst, soweit sich die geltend gemachte Gehörsverletzung auf im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gerügte Verfahrensfehler bezieht, die dem Verwaltungsgerichtshof unterlaufen sein sollen.

8 aa) Die Anhörungsrüge zeigt eine Gehörsverletzung im Zusammenhang mit der im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren erhobenen Rüge der vorschriftswidrigen Besetzung des erkennenden Senats des Verwaltungsgerichtshofs nicht auf. Sie macht geltend, der beschließende Senat habe den Kern des Beschwerdevorbringens des Klägers verfehlt, der darin bestanden habe, dass der Verwaltungsgerichtshof über das an Verfahrensrügen anknüpfende Ablehnungsgesuch nicht habe im Wege des Selbstentscheids befinden dürfen, weil - wie die Darlegungen des Senats im Beschluss vom 4. Juni 2021 belegten - die Verfahrensrügen eine Prüfung in der Sache erforderten. Das stehe einer Entscheidung über das Ablehnungsgesuch im Wege des Selbstentscheids entgegen. Überdies habe der beschließende Senat den klägerseitigen Vortrag nicht berücksichtigt, dass der Verwaltungsgerichtshof - obgleich dies erforderlich gewesen wäre - die Zulässigkeit der Entscheidung im Wege des Selbstentscheids auch nicht konkret begründet habe (Schriftsatz vom 16. Juli 2021, S. 3). Dieses Vorbringen führt nicht auf einen Gehörsverstoß. Eine Anhörungsrüge kann nicht darauf gestützt werden, das Gericht habe Vortrag missverstanden, wenn sich - wie hier - dem Vorbringen auch bei wohlwollender Auslegung für das von der Partei für richtig gehaltene Verständnis keine Anhaltspunkte entnehmen lassen. Der Kläger hat seine Nichtzulassungsbeschwerde zwar - wie der Senat im Beschluss vom 4. Juni 2021 ausgeführt hat - auch damit begründet, es sei objektiv nicht vertretbar gewesen, über das Ablehnungsgesuch im Wege des Selbstentscheids zu befinden. Dies hat er jedoch ausschließlich mit den aus seiner Sicht sachlich unrichtigen ("grundrechtsverletzenden Verweigerung") Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Durchführung einer Videoverhandlung und einer Terminverlegung begründet (Schriftsatz vom 27. Oktober 2020, S. 7 f.), aber nicht einmal ansatzweise damit, dass ein Selbstentscheid über das Ablehnungsgesuch deshalb unzulässig gewesen sei, weil die zu seiner Begründung vorgebrachten Verfahrensrügen eine Sachprüfung erforderten. Im Übrigen hat der Kläger auch die Entscheidungserheblichkeit dieses Vortrags vor dem Hintergrund nicht dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 19. August 2020 (UA S. 7 f.) ausführlich dargelegt hat, weshalb das Ablehnungsgesuch rechtsmissbräuchlich sei und hierüber unter Beteiligung der abgelehnten Richterin entschieden werden dürfe. Der weitere Vorhalt, der beschließende Senat habe sein Vorbringen zur unterbliebenen Begründung der Entscheidung durch Selbstentscheid nicht berücksichtigt, bleibt erfolglos, weil die Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Gesichtspunkt nicht gestützt gewesen ist und außerdem der Verwaltungsgerichtshof - wie erwähnt - die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch im Wege des Selbstentscheids begründet hat.

9 bb) Einen Gehörsverstoß begründet auch der vom Kläger mit Schriftsatz vom 16. Juli 2021 (S. 2) erhobene Einwand nicht, der Senat habe bei der Prüfung der Verfahrensrüge zum Antrag auf Terminverlegung nicht erwogen, ob aufgrund aller Gegebenheiten des Einzelfalles die beantragte Terminverlegung abgelehnt werden konnte. Es werde in diesem Zusammenhang weder berücksichtigt, dass der Antrag auf Durchführung einer Videoverhandlung nach § 102a VwGO ohne Einzelfallprüfung abgelehnt worden sei, noch, dass für den Kläger aufgrund der besonderen Fürsorgesituation seiner 92-jährigen Mutter sowie seines eigenen Alters ein selbst geringes Ansteckungsrisiko (mit dem SARS-CoV-2-Virus) nicht zumutbar sei und kein Gericht in Deutschland für das Betreten des Gerichtsgebäudes den Nachweis eines negativen PCR- oder Schnelltests vorgeschrieben habe. Soweit dem Kläger in dem Beschluss vom 4. Juni 2021 vorgehalten werde, er habe nicht dargelegt, warum ihm die Beauftragung eines anderen Rechtsanwalts (zur Sicherstellung seiner Vertretung in der mündlichen Verhandlung) nicht zumutbar gewesen sei, würden offensichtliche Gegebenheiten in objektiv nicht vertretbarer Weise ignoriert. Die Beauftragung eines anderen Rechtsanwalts zu einem Verfahren mit langer Historie sei aufgrund des Einarbeitungsaufwandes offensichtlich unverhältnismäßig aufwändig. Der unzumutbare Verweis auf die Möglichkeit der Vertretung durch einen anderen Rechtsanwalt bedeute, dass ein wirksamer Rechtsbehelf im Sinne von Art. 13 EMRK nicht bestehe.

10 Damit ist eine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung nicht schlüssig dargetan. Dem Vorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat das Vorbringen des Klägers im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erwogen hätte. Tatsächlich hat sich der Senat mit dem Vorbringen des Klägers insbesondere zu seiner hochbetagten pflegebedürftigen Mutter sowie seines eigenen Alters ausdrücklich auseinandergesetzt. Der Bewertung des Senats, auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens sei für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar gewesen, dass dem Kläger eine Anreise von seinem Wohnort zum Gerichtsort sowie die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung, für die umfangreiche Vorsorgemaßnahmen zur Verhütung einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus getroffen waren, unmöglich oder unzumutbar gewesen sei, setzt die Anhörungsrüge lediglich die eigene, hiervon abweichende Rechtsauffassung des Klägers entgegen. Auf eine andere rechtliche Bewertung kann eine Anhörungsrüge nicht gestützt werden. Im Übrigen wird eine Gehörsverletzung nicht aufgezeigt, soweit er sich auf neues Vorbringen stützt.

11 cc) Ebenfalls erfolglos bleibt die Rüge, der Senat habe nicht zur Kenntnis genommen, dass der Kläger die Nichtzulassungsbeschwerde ausdrücklich darauf gestützt habe, bei der Entscheidung über die Durchführung einer Videoverhandlung gemäß § 102a VwGO sei eine einzelfallbezogene Ermessensentscheidung zu treffen (Schriftsatz vom 16. Juli 2021, S. 1). Am Sitz des Verwaltungsgerichtshofs bestünden zahlreiche Möglichkeiten zur Durchführung von Videoverhandlungen, so am im gleichen Fachgerichtszentrum ansässigen Sozialgericht Kassel oder auch dem Finanzgericht Kassel. In Hessen sei allen Landesbehörden und -gerichten im ersten Halbjahr 2020 die Möglichkeit eröffnet worden, von jedem Computer aus Videokonferenzen und -verhandlungen durchzuführen. Die (jahrelange) Verfügbarkeit von Videokonferenztechnik habe für das einzige Oberverwaltungsgericht in einem Flächenstaat eine Ermessensreduzierung bewirkt, was erst recht mehr als sechs Monate nach Ausbruch der Corona-Pandemie und unter Berücksichtigung der besonderen persönlichen Verhältnisse des Klägers gelte. Sei somit die vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommene "grundsätzliche" Ablehnung der Durchführung einer Videoverhandlung wegen fehlender technischer Voraussetzungen ermessensfehlerhaft, sei es zwangsläufig nicht zumutbar, vom Kläger zu erwarten, andere Möglichkeiten der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung wahrzunehmen oder darzulegen, dass dies unzumutbar sei. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass Art. 13 EMRK eine für das Opfer möglichst schonende Gestaltung von Entschädigungsverfahren gebiete.

12 Soweit dieses Vorbringen neuen, im vorangegangenen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht erbrachten Vortrag enthält (u.a. Möglichkeiten zur Durchführung von Videoverhandlungen am im gleichen Fachgerichtszentrum ansässigen Sozialgericht Kassel sowie bei allen hessischen Landesbehörden und -gerichten von jedem Computer aus), zeigt es eine Gehörsverletzung schon deshalb nicht auf, weil sich eine solche immer nur auf zuvor geleisteten Vortrag beziehen kann. Im Übrigen setzt die Anhörungsrüge auch der rechtlichen Bewertung durch den Senat nur die hiervon abweichende Rechtsauffassung des Klägers entgegen. Dabei verkennt sie überdies, dass die Ausführungen des Senats, es sei nicht zu beanstanden, dass der Verwaltungsgerichtshof von der durch § 102a Abs. 1 VwGO eingeräumten Möglichkeit "grundsätzlich" keinen Gebrauch mache, solange das Gericht nicht über die hierfür erforderliche technische Ausstattung verfüge, die Möglichkeit einer vom Grundsatz abweichenden Entscheidung im Einzelfall beinhaltet, die der Verwaltungsgerichtshof im Übrigen auch erwogen hat, wenn er ausführt, dass Gründe, ausnahmsweise im Falle des Klägers anders zu verfahren, also von dem Grundsatz abzuweichen, nicht ersichtlich seien (UA S. 7).

13 b) Die Anhörungsrüge bleibt auch insoweit erfolglos, als sie eine Gehörsverletzung im Zusammenhang mit der rechtlichen Bewertung des Schriftsatzes vom 4. Dezember 2012 durch den Senat geltend macht (Schriftsätze vom 15. und 26. Juli 2021).

14 aa) Zu Unrecht sieht sie eine Gehörsverletzung in den Ausführungen des Senats, der Kläger habe im Entschädigungsverfahren nicht vorgetragen, dass der Schriftsatz vom 4. Dezember 2012 als Verzögerungsrüge zu verstehen sei oder eine solche beinhalte. Insoweit macht die Anhörungsrüge geltend, der Kläger habe auf von ihm erhobene "weitere wirksame Verzögerungsrügen ... im Verlauf des Jahres 2012" hingewiesen, was sich auch auf den Schriftsatz vom 4. Dezember 2012 beziehe (Schriftsatz vom 15. Juli 2021, Ziffer 1a). Das geht fehl. In seinen Ausführungen in dem mit der Anhörungsrüge angegriffenen Beschluss (BA Rn. 16) hat sich der Senat nicht auf den Vortrag des Klägers im Entschädigungsverfahren, sondern - dem Prüfungsgegenstand im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Rechnung tragend - auf die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bezogen ("Abgesehen davon, dass die Beschwerde schon nicht darlegt, der Kläger habe im Entschädigungsverfahren vorgetragen, ..."). In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde vom 27. Oktober 2020 findet sich das in der Anhörungsrüge wiedergegebene Zitat aus dem Vortrag des Klägers nicht. Darüber hinaus liegt ein Gehörsverstoß auch deshalb nicht vor, weil der Senat seine Einschätzung, dem Verwaltungsgerichtshof sei hinsichtlich der Bewertung des Schriftsatzes vom 4. Dezember 2012 kein Gehörsverstoß unterlaufen, selbstständig tragend auch darauf gestützt hat, dass dessen Entscheidung nicht auf dem von dem Kläger im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren geltend gemachten (angeblichen) Gehörsverstoß beruhe.

15 bb) Ohne Erfolg bleibt auch die unter Ziffer 1b) des Schriftsatzes vom 15. Juli 2021 erhobene Rüge, der Senat habe das in mehreren im Einzelnen bezeichneten Schriftsätzen im Entschädigungsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof enthaltene Vorbringen des Klägers, das er in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (Schriftsatz vom 27. Oktober 2020, Ziffern I.2 bis I.4 und I.6) zusammengefasst habe, nicht als Rügen zu im Entschädigungsverfahren nicht erkennbar erwogenem Vortrag berücksichtigt, sondern pauschal nur als unbeachtliche Beanstandungen der rechtlichen Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs bewertet. Damit macht die Anhörungsrüge der Sache nach geltend, der Senat habe dem Vorbringen des Klägers im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht die ihm im Zusammenhang der Beschwerdebegründung zukommende Bedeutung beigemessen und damit dessen Kern in gehörsverletzender Weise verkannt. Das trifft nicht zu. Der Senat hat das entsprechende Vorbringen des Klägers im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren als Gehörsrüge gewürdigt (BA Rn. 14 ff.). Mit der Wendung, der Verwaltungsgerichtshof habe die fraglichen Schriftsätze des Klägers im Ausgangsverfahren daraufhin geprüft, ob sie als Verzögerungsrüge aufgefasst werden könnten, er habe sich mit dieser Frage und dem diesbezüglichen Vorbringen des Klägers befasst und sei zu einer von der Ansicht des Klägers abweichenden Rechtsauffassung gelangt, hat der Senat zum Ausdruck gebracht, dass die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde auch insoweit einen Gehörsverstoß nicht dargelegt hat. Dass der Senat hinsichtlich der im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren behaupteten Gehörsverletzung nicht den rechtlichen Bewertungen des Klägers gefolgt ist, begründet keinen Gehörsverstoß. Dessen ungeachtet erläutert die Anhörungsrüge nicht, inwiefern die Entscheidung des Senats auf der geltend gemachten Gehörsverletzung beruhen sollte vor dem Hintergrund, dass der Senat seine Entscheidung im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auch darauf gestützt hat, dass nach einer bereits ausdrücklich erhobenen Verzögerungsrüge (hier am 15. Dezember 2011) vorgebrachte Kritik an der Dauer des gerichtlichen Verfahrens, die selbst nicht als Verzögerungsrüge bezeichnet ist, grundsätzlich nicht als erneute Verzögerungsrüge aufzufassen ist. Hierfür genügt nicht, dass die Anhörungsrüge die Rechtsauffassung des Senats inhaltlich beanstandet.

16 cc) Schließlich führt die Anhörungsrüge auch nicht auf eine Gehörsverletzung, soweit sie unter Ziffer 1c) des Schriftsatzes vom 15. Juli 2021 geltend macht, der Senat habe im Zusammenhang mit der rechtlichen Bewertung des Schriftsatzes vom 4. Dezember 2012 die Anforderungen an eine Verzögerungsrüge unter Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesgerichtshofs sowie des Bundessozialgerichts in einer den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzenden Weise überspannt. Damit macht die Anhörungsrüge unter Verkennung des Umstandes, dass der Senat die Rechtsprechung der vorbezeichneten Gerichte zugrunde legt und diese für den bislang nicht behandelten Fall der Auslegung einer Erklärung als Verzögerungsrüge nach zuvor bereits ausdrücklich erhobener Verzögerungsrüge fortentwickelt, im Kern eine in Bezug auf die an eine wirksame Verzögerungsrüge zu stellenden Anforderungen unrichtige Auslegung von § 198 Abs. 3 GVG geltend. Damit ist eine Gehörsverletzung nicht aufgezeigt. Das Anhörungsrügeverfahren dient nicht dazu, die Diskussion in der Sache neu zu eröffnen.

17 3. Dem Vorbringen des Klägers ist auch im Übrigen keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu entnehmen. Das gilt auch, soweit Ausführungen in den Schriftsätzen vom 16. und 26. Juli 2021 als zulässige Vertiefung bereits fristgerecht geltend gemachter Rügen anzusehen sein sollten. Von einer weiteren Begründung wird in entsprechender Anwendung von § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.

18 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.