Beschluss vom 14.11.2022 -
BVerwG 5 PB 1.22ECLI:DE:BVerwG:2022:141122B5PB1.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 14.11.2022 - 5 PB 1.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:141122B5PB1.22.0]

Beschluss

BVerwG 5 PB 1.22

  • VG Gelsenkirchen - 02.12.2019 - AZ: 12b K 5804/17.PVB
  • OVG Münster - 29.07.2021 - AZ: 20 A 4760/19.PVB

In der Personalvertretungssache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. November 2022
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Harms und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Holtbrügge
beschlossen:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen - Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen - vom 29. Juli 2021 wird verworfen.

Gründe

1 1. Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die Rechtsbeschwerde ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil die Beschwerdebegründung den Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes (§ 108 Abs. 2 BPersVG i. V. m. § 92a Satz 2 und § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG) nicht genügt.

2 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne der entsprechend anwendbaren Regelung des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kommt einer Rechtsfrage nur zu, wenn mit ihr eine für die erstrebte Rechtsbeschwerdeentscheidung erhebliche Frage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Nach § 92a Satz 2 i. V. m. § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG ist in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit darzulegen. Dies erfordert insbesondere, dass die Beschwerde eine durch die anzufechtende Entscheidung aufgeworfene Rechtsfrage konkret benennt und ihre Klärungsfähigkeit, Klärungsbedürftigkeit und Entscheidungserheblichkeit schlüssig aufzeigt (BVerwG, Beschluss vom 1. November 2016 - 5 PB 2.16 - juris Rn. 4 m. w. N.). Dem genügt die Beschwerdebegründung nicht.

3 Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen führen mangels Darlegung ihrer Entscheidungserheblichkeit nicht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde. Ist die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts selbstständig tragend auf mehrere Gründe gestützt, kann die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jedes Begründungsstranges ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. November 2019 - 5 PB 6.19 - juris Rn. 7 m. w. N.). Das ist hier nicht der Fall.

4 Das Oberverwaltungsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass ein Initiativrecht des Personalrats nicht schon dann bestehe, wenn die in Rede stehende Angelegenheit an sich mitbestimmungspflichtig wäre. Es sei darüber hinaus erforderlich, dass der Leiter der Dienststelle, bei der der Personalrat gebildet sei, die beantragte Maßnahme mit im Rechtsverkehr verbindlicher Wirkung überhaupt treffen könne, er also insbesondere für die beantragte Maßnahme im Rahmen seiner Zuständigkeiten entscheidungsbefugt sei. Ein Initiativantrag des Personalrats könne sich deshalb nur auf das beziehen, was seiner Mitbestimmung unterläge, wenn es der Leiter der Dienststelle von sich aus veranlassen würde. Diese Einschätzung (vgl. insoweit auch BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 2019 - 5 P 7.17 - BVerwGE 164, 363 Rn. 15) stellt die Beschwerde nicht infrage.

5 Seine darauf aufbauende Einschätzung, dass dem Antragsteller kein Initiativrecht hinsichtlich der Ausstattung der Arbeitsplätze der gemeinsamen Einrichtung mit 27-Zoll-Monitoren zum Zeitpunkt der Aufschaltung der eAkte zustehe, weil die Beteiligte insoweit nicht entscheidungsbefugt sei, hat das Oberverwaltungsgericht auf zwei selbstständig tragende und damit voneinander unabhängige Gründe gestützt: Erstens folge die mangelnde Entscheidungsbefugnis der Beteiligten "schon daraus", dass diese hinsichtlich der Monitorausstattung der Arbeitsplätze zur Bearbeitung der eAkte durch die für sie unmittelbar wirkende Anweisung der Bundesagentur für Arbeit in Gestalt der Weisung Nr. 201604031 vom 18. April 2016, bei der es sich um eine im Wege des Selbsteintrittsrechts vorgenommene, unmittelbar wirkende Anordnung für die Geschäftsführungen der gemeinsamen Einrichtungen handele, gebunden sei und der Beteiligten insoweit kein Entscheidungsspielraum verbleibe. Zweitens fehle eine Entscheidungsbefugnis der Beteiligten zur Ausstattung der Arbeitsplätze des Jobcenters mit 27-Zoll-Monitoren zur Bearbeitung der eAkte "im Weiteren auch deshalb", weil gemäß § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB II für die Entscheidung über die Ausstattung der Arbeitsplätze zur Bearbeitung der eAkte in den gemeinsamen Einrichtungen allein die Bundesagentur für Arbeit zuständig sei.

6 Die von der Beschwerde als rechtsgrundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Fragen:
"Ist die [...] Geschäftsführerin bzw. der Geschäftsführer einer gemeinsamen Einrichtung i.S. von §§ 44b, 6b SGB II ungeachtet der Trägerverantwortung der Bundesagentur für Arbeit für zentral verwaltete Verfahren der Informationstechnik gemäß § 50 Abs. 3 SGB II als Arbeitgeber im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes gemäß § 44 d Abs. 5 SGB II befugt, in Umsetzung der arbeitsschutzrechtlichen Mindestanforderungen über die Ausstattung von Arbeitsplätzen zur Bearbeitung von E-Akten mit Monitoren einer bestimmten Größe zu entscheiden?" (Beschwerdebegründung S. 3 f.),
"ob die Geschäftsführerin bzw. der Geschäftsführer einer gemeinsamen Einrichtung i.S.v. §§ 44b, 6d SGB II in ihrer Funktion als Arbeitgeber i.S.d. Arbeitsschutzgesetzes (§ 44d Abs. 5 SGB II) befugt ist, in Erfüllung der arbeitsschutzrechtlichen Mindestanforderungen Arbeitsplätze zur Bearbeitung von E-Akten mit bestimmten Bildschirmen auszustatten" (Beschwerdebegründung S. 4 f.) und
"ob auch die arbeitsschutzrechtlich durch den Arbeitgeber zwingend zu treffenden und durchzuführenden Maßnahmen des Arbeitsschutzes an den Arbeitsplätzen der gemeinsamen Einrichtungen in die Trägerverantwortung der Bundesagentur für Arbeit fallen, soweit diese im Zusammenhang mit zentral verwalteten Verfahren der Informationstechnik i.S.v. § 50 Abs. 3 SGB II stehen" (Beschwerdebegründung S. 6),
betreffen ausschließlich den zweiten, auf § 50 Abs. 3 SGB II gestützten Begründungsstrang der angefochtenen Entscheidung und thematisieren die Frage des rechtssystematischen Zusammenwirkens des § 44d Abs. 5 SGB II (Zuweisung der arbeitsschutzrechtlichen Arbeitgeberfunktion an die Geschäftsführung des Jobcenters) und der Trägerverantwortung der Bundesagentur für Arbeit nach § 50 Abs. 3 SGB II für zentral verwaltete Verfahren der Informationstechnik. Die Beschwerde bezieht diese Fragen hingegen nicht auf die erste tragende Begründung des Oberverwaltungsgerichts. Sie erwähnt zwar die Weisung der Bundesagentur für Arbeit vom 18. April 2016 im Rahmen der Sachverhaltsschilderung (Beschwerdebegründung S. 2) und der vermeintlich fehlenden höchstrichterlichen Klärung der formulierten Fragen von angeblich rechtsgrundsätzlicher Bedeutung (Beschwerdebegründung S. 7), setzt sich aber mit den im rechtlichen Ausgangspunkt der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu internen Weisungen (vgl. etwa Beschluss vom 26. Juli 2021 - 5 PB 11.20 - PersV 2022, 29 Rn. 14 m. w. N.) entsprechenden Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts nicht auseinander. Insbesondere erläutert sie nicht, ob und inwiefern sich die aufgeworfenen Fragen auch auf Weisungen der Bundesagentur für Arbeit (vgl. § 44b Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 SGB II) und deren Verbindlichkeit für die Dienststellenleitung einer gemeinsamen Einrichtung auswirken würden.

7 2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 108 Abs. 2 BPersVG i. V. m. § 92a Satz 2 i. V. m. § 72a Abs. 5 Satz 5 Alt. 1 ArbGG abgesehen.