Beschluss vom 16.07.2025 -
BVerwG 2 B 20.25ECLI:DE:BVerwG:2025:160725B2B20.25.0

Beschluss

BVerwG 2 B 20.25

  • VG Münster - 07.10.2021 - AZ: 20 K 1048/19.O
  • OVG Münster - 18.12.2024 - AZ: 31 A 3166/21.O

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 16. Juli 2025 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und Dr. Hissnauer beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2024 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 Der Rechtsstreit betrifft ein beamtenrechtliches Disziplinarklageverfahren.

2 1. Der ... geborene Beklagte stand bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand wegen des Erreichens der gesetzlichen Altersgrenze mit Ablauf des Monats April ... als Polizeihauptkommissar im Dienst des Klägers. Im Zuge strafrechtlicher Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung kam es im Juni 2017 zu einer Wohnungsdurchsuchung bei dem Beklagten. Im Nachgang hierzu wurden vom oder im Namen des Beklagten verschiedene Schriftstücke u. a. an das Landgericht D., das Polizeipräsidium D. sowie an die Polizeibehörde U. übersandt. Vor diesem Hintergrund leitete der Kläger im Dezember 2017 ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten wegen des Verdachts der Zugehörigkeit zur Gruppe der sog. Reichsbürger ein, woraufhin im Januar 2018 die Wohnung des Beklagten erneut durchsucht und das Disziplinarverfahren in der Folgezeit ausgedehnt wurde.

3 Auf die vom Kläger im April 2019 erhobene Disziplinarklage hat das Verwaltungsgericht nach Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens dem Beklagten mit Urteil vom Oktober 2021 das Ruhegehalt für die Dauer von drei Jahren um 10 % gekürzt. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht mit Urteil vom Dezember 2024 das erstinstanzliche Urteil geändert und dem Beklagten das Ruhegehalt aberkannt.

4 Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe sich durch eine Vielzahl von ihm selbst getätigter oder von ihm bevollmächtigter Dritter abgegebenen Äußerungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung betätigt und hierdurch ein Dienstvergehen begangen. Das Tätigwerden der Herren M. und D. sei ihm zuzurechnen. Der Beklagte habe vorsätzlich und schuldhaft gehandelt, zumal sich ausgehend vom Gutachten des Sachverständigen, der bei dem Beklagten eine Anpassungsstörung bei Persönlichkeitsakzentuierung sowie eine depressive Episode diagnostiziert habe, keine Hinweise auf eine so gravierende psychische Veränderung ergeben hätten, dass von einer aufgehobenen Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgegangen werden könne. Nach einer Gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigender Gesichtspunkte sei dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen. Diesem komme insbesondere eine verminderte Schuldfähigkeit nicht zugute, weil es bereits an einem Eingangsmerkmal i. S. d. § 20 StGB fehle.

5 2. Die auf alle Zulassungsgründe gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet.

6 a) Die Beschwerde legt keine Verfahrensmängel dar, auf denen die angegriffene Entscheidung beruhen kann (§ 67 Satz 1 LDG NRW i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

7 aa) Die von der Beschwerde erhobene Aufklärungsrüge nach § 3 Abs. 1 und § 57 Abs. 1 LDG NRW i. V. m. § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO bleibt ohne Erfolg.

8 Eine Aufklärungsrüge nach § 3 Abs. 1 und § 57 Abs. 1 LDG NRW i. V. m. § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO erfordert nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zum einen die substantiierte Darlegung, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände aus der materiell-rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese bei Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können. Zum anderen muss dargelegt werden, dass bereits im Berufungsverfahren, insbesondere in der mündlichen Berufungsverhandlung, auf die Sachverhaltsaufklärung, deren Unterlassen nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist, oder dass sich dem Berufungsgericht die Notwendigkeit der bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätte aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge ist kein Mittel, um Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Beteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren, vor allem wenn er es unterlassen hat, einen Beweisantrag zu stellen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. März 2017 - 2 B 26.16 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 13 Rn. 7 f., vom 10. Dezember 2020 - 2 B 6.20 - NVwZ-RR 2021, 469 Rn. 7 f., vom 30. März 2022 - 2 B 46.21 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 55 Rn. 21, vom 14. Dezember 2023 - 2 B 18.23 - juris Rn. 16 und vom 4. März 2025 - 2 B 42.24 - juris Rn. 17).

9 Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

10 (1) Die Beschwerde rügt, das Berufungsgericht habe keine Feststellungen dazu getroffen, wann der Beklagte von dem am 19. Oktober 2017 beim Amtsgericht eingegangenen Schreiben, von dem von Herrn D. veränderten Schreiben vom 3. November 2017 sowie von dem an das Polizeipräsidium D. gerichteten Schreiben vom 14. November 2017 Kenntnis erlangt habe. Diesen Umstand erachtet die Beschwerde deshalb als wesentlich, weil "nicht auszuschließen" sei, dass eine weitere Sachverhaltsaufklärung erbracht hätte, dass dem Beklagten die Schreiben erst kurz vor dem 10. Januar 2018 - dem Datum des Widerrufs der Herrn D. erteilten Generalvollmacht - zugegangen seien, sodass der Vorwurf des Berufungsgerichts, der Beklagte sei dem Inhalt der Schreiben nicht entgegengetreten, nicht haltbar sei, weil sich in dem (dann) zeitnahen Widerruf der Generalvollmacht die Distanzierung des Beklagten manifestiere.

11 Hiermit wird ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht des Gerichts nicht dargetan. Abgesehen davon, dass die Beschwerde nicht aufzeigt, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und der anwaltlich vertretene Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 18. Dezember 2024 nicht auf eine weitere Sachverhaltsaufklärung hingewirkt hat, mussten sich dem Berufungsgericht weitere Ermittlungen von Amts wegen auch nicht aufdrängen. Vielmehr behauptet schon die Beschwerde selbst nicht, dass der Beklagte die Schreiben erst in zeitlicher Nähe zum Widerruf der Generalvollmacht im Januar 2018 erhalten habe, sondern ist lediglich der Auffassung, bei weiterer Aufklärung hätte "zumindest die Möglichkeit bestanden", dass das Berufungsgericht zu dieser Auffassung gelangt wäre. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht, dessen Feststellungen sich das Berufungsgericht zu eigen gemacht hat (vgl. UA S. 19), in Bezug auf das Schreiben an das Polizeipräsidium D. vom 17. November 2017 gestützt auf den Vortrag des Beklagten (UA S. 11) festgestellt, dass er hiervon bereits im November 2017 Kenntnis erhielt (vgl. UA S. 16 f.).

12 (2) Der weitere Einwand der Beschwerde, das Berufungsgericht habe versäumt weiter aufzuklären, welchen Inhalt der Facebook-Kommentar des Beklagten zu dem Artikel "Acht Monate Haft für 87-jährige Holocaust-Leugnerin" vor der vom Beklagten behaupteten Veränderung gehabt habe, geht fehl.

13 In dem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verwaltungsprozess ist es Aufgabe des Tatsachengerichts, den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu ermitteln und die dazu von Amts wegen erforderliche Sachverhaltsaufklärung zu betreiben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2021 - 2 B 69.20 -‌ Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 85 Rn. 17). Bezogen auf den Vortrag eines Beteiligten besteht für das Tatsachengericht nur dann Anlass zu weiterer Sachverhaltsermittlung, wenn für die Entscheidung erhebliche Tatsachen vorgetragen werden, wenn also in schlüssiger Form ein in sich stimmiger Sachverhalt geschildert wird, aus dem sich - dieser als wahr unterstellt - die behauptete Rechtsfolge ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. November 1986 - 8 C 27.85 -‌ NVwZ 1987, 404 <404>).

14 Trotz der gerichtlichen Aufklärungspflicht sind auch die Beteiligten verpflichtet, bei der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO). Dies gilt in besonderem Maße für Tatsachen, die nur dem jeweiligen Beteiligten bekannt sind. Kommen die Beteiligten dieser Pflicht nicht nach, obwohl ihnen ihre Erfüllung ohne Weiteres möglich und zumutbar ist, kann dies zu einer Reduzierung der Anforderungen an die Aufklärungspflicht des Gerichts führen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16. Februar 1995 - 1 B 205.93 -‌ Buchholz 451.20 § 14 GewO Nr. 6 <6 f.> und vom 30. Juni 2010 - 8 B 37.10 -‌ juris Rn. 4). Demzufolge sind die Tatsachengerichte nicht verpflichtet, in Ermittlungen einzutreten, die durch das Vorbringen der Beteiligten nicht veranlasst sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. August 1987 - 8 C 60.86 - NVwZ 1988, 361 <363>; Beschlüsse vom 17. Mai 2023 - 9 B 33.22 - juris Rn. 33 und vom 7. August 2024 ‌- 4 BN 8.24 - juris Rn. 2).

15 So liegt der Fall hier. Abgesehen davon, dass der anwaltlich vertretene Beklagte in der mündlichen Verhandlung auch insoweit nicht auf eine weitere Sachaufklärung hingewirkt hat und die Beschwerde nicht erhellt, welcher Inhalt der Facebook-Kommentar vor seiner Veränderung gehabt haben soll, blieb für das Berufungsgericht nach dem Vortrag des Beklagten offen, an welchen Stellen und mit welchem Inhalt nachträgliche Veränderungen mutmaßlich vorgenommen wurden (vgl. UA S. 40). Damit fehlte es - jenseits der pauschalen Behauptung des Beklagten - an tatsächlichen Anknüpfungspunkten für eine Veränderung des Facebook-Kommentars, die dem Berufungsgericht Anlass zu weiteren Ermittlungen hätten geben müssen. Auch der Grundsatz der Amtsaufklärung verpflichtet ein Gericht nicht zu Nachforschungen, die weder durch entsprechendes Vorbringen noch durch andere konkrete Anhaltspunkte veranlasst sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. November 1986 - 8 C 27.85 - NVwZ 1987, 404 <404>; Beschlüsse vom 24. August 1987 - 4 B 129.87 - juris Rn. 43, vom 19. Oktober 2006 - 10 B 10.06 - juris Rn. 4 und vom 28. Juni 2018 - 2 B 57.17 - juris Rn. 17).

16 (3) Eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht ergibt sich auch nicht aus der Rüge, das Berufungsgericht habe es unterlassen aufzuklären, welche Erkenntnisse der Beklagte bei seiner tagelangen Internetrecherche gewonnen habe, die schließlich zur Kontaktaufnahme mit den Herren M. und D. geführt hat. Denn die Beschwerde lässt offen, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der - die Sphäre des Beklagten betreffenden - unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese bei Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können.

17 Darlegungen zur Entscheidungserheblichkeit mussten sich der Beschwerde schon deshalb aufdrängen, weil das Berufungsgericht das tagelange "Googeln" im Internet nur ergänzend ("Das gilt umso mehr" – UA S. 37) zur Stützung seiner rechtlichen Würdigung herangezogen hat. Überdies hat der Beklagte auch insoweit weder auf eine weitere Sachverhaltsaufklärung in der mündlichen Verhandlung hingewirkt noch lässt sich der Beschwerde entnehmen, inwiefern sich dem Berufungsgericht weitere Ermittlungen von Amts hätten aufdrängen müssen. Hinzu kommt, dass das Berufungsgericht dem Beklagten nicht unterstellt hat, aufgrund der tagelangen Internet-Recherche zu der Erkenntnis gelangt zu sein, "dass es sich bei Herrn M. um einen der führenden Köpfe der Reichsbürgerbewegung" handele. Vielmehr hat es in dem von der Beschwerde zitierten Abschnitt der angegriffenen Entscheidung allgemein festgestellt, dass es sich bei Herrn M. um einen der führenden Köpfe der Reichsbürger-Szene handele (vgl. UA S. 24, 37 f.). Dass das Berufungsgericht hiervon nicht ohne weitere Ermittlungen ausgehen durfte, hat die Beschwerde - jedenfalls nicht innerhalb der Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO (s. hierzu auch b) cc)) – nicht ausgeführt.

18 bb) Der Einwand der Beschwerde, das Berufungsgericht sei von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen und habe hierdurch gegen § 3 LDG NRW i. V. m. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verstoßen, geht ebenfalls fehl.

19 Nach § 3 LDG NRW i. V. m. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung einer Tatsacheninstanz ist der Beurteilung des Revisionsgerichts nur insoweit unterstellt, als es um Verfahrensfehler i. S. d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geht. Rügefähig ist damit nicht das Ergebnis der Beweiswürdigung, sondern nur der Verfahrensvorgang auf dem Weg dorthin. Derartige Mängel liegen insbesondere vor, wenn das angegriffene Urteil von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, also beispielsweise entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder auf einer aktenwidrigen Tatsachengrundlage basiert. Die Einhaltung der verfahrensmäßigen Verpflichtungen des Tatsachengerichts ist nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter ein aus seiner Sicht fehlerhaftes Ergebnis der gerichtlichen Verwertung des vorliegenden Tatsachenmaterials rügt, aus dem er andere Schlüsse ziehen will als das angefochtene Urteil. Die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts darf vom Revisionsgericht nicht daraufhin überprüft werden, ob sie überzeugend ist, ob festgestellte Einzelumstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die abschließende Beweiswürdigung eingegangen sind und ob diese Einzelumstände die Würdigung tragen. Solche Fehler sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel i. S. d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht begründen. Ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz hat jedoch dann den Charakter eines Verfahrensfehlers, wenn das Tatsachengericht allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze verletzt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 8. Februar 2017 - 2 B 2.16 -‌ juris Rn. 15, vom 8. Juni 2017 - 2 B 5.17 - juris Rn. 17, vom 23. Januar 2024 ‌- 2 B 25.23 - juris Rn. 24 und vom 4. März 2025 - 2 B 42.24 - juris Rn. 21). Überprüft werden kann demzufolge auch, ob das Tatsachengericht gegen das Verbot selektiver Verwertung des Prozessstoffs verstoßen, ob es das Gebot rationaler, um Objektivität bemühter Beurteilung verletzt oder ob es den ihm gezogenen Beurteilungsrahmen überschritten hat (stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Beschlüsse vom 11. Juli 2022 - 2 B 31.21 - juris Rn. 25, vom 19. Dezember 2023 ‌- 2 B 43.22 - juris Rn. 26 und vom 8. Januar 2025 - 2 B 32.24 - juris Rn. 14, jeweils m. w. N.).

20 Danach hat die Beschwerde einen Verfahrensfehler auch insoweit nicht dargetan.

21 (1) Entgegen der Rüge der Beschwerde kann dem Berufungsgericht im Hinblick auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen den vom Beklagten verfassten oder diesem nach Auffassung des Berufungsgerichts zuzurechnenden Schreiben und dem Widerruf der Generalvollmacht nicht der Vorwurf gemacht werden, es habe "seiner disziplinarischen Würdigung einen Sachverhalt zu Grunde gelegt, hinsichtlich dessen Vorliegens es sich überhaupt keine Überzeugung verschafft" habe. In der Sache rügt die Beschwerde damit lediglich das Fehlen von Feststellungen, hinsichtlich derer sich dem Berufungsgericht, wie sich aus Vorstehendem ergibt, eine weitere Aufklärung des Sachverhalts nicht aufdrängen musste. Das Berufungsgericht ist demzufolge gerade nicht von einem unvollständigen Sachverhalt ausgegangen.

22 (2) Soweit die Beschwerde beanstandet, das Berufungsgericht sei davon ausgegangen, dass der Beklagte "Herrn M. nicht zufällig oder irrtümlich" um Unterstützung gebeten habe (vgl. UA S. 37 f.), der Beklagte sich mithin darüber im Klaren gewesen sei, dass es sich bei Herrn M. um einen der führenden Köpfe der Reichsbürgerbewegung gehandelt habe, greift die Beschwerde das Ergebnis der berufungsgerichtlichen Beweiswürdigung an; hiermit wird ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz indes nicht dargetan.

23 cc) Ein mit dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 3 Abs. 1 LDG NRW i. V. m. § 108 Abs. 2 VwGO) nicht zu vereinbarendes Überraschungsurteil liegt ebenfalls nicht vor.

24 Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG und (§ 3 Abs. 1 LDG NRW) § 108 Abs. 2 VwGO soll sicherstellen, dass ein Verfahrensbeteiligter Einfluss auf den Gang des gerichtlichen Verfahrens und dessen Ausgang nehmen kann. Zu diesem Zweck muss er Gelegenheit erhalten, sich zu allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten zu äußern, die entscheidungserheblich sein können. Zwar korrespondiert mit diesem Äußerungsrecht keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Hinweispflicht des Gerichts. Vielmehr kann regelmäßig erwartet werden, dass die Beteiligten von sich aus erkennen, welche Gesichtspunkte Bedeutung für den Fortgang des Verfahrens und die abschließende Sachentscheidung des Gerichts erlangen können, und entsprechend vortragen. Jedoch verlangt der Schutz vor einer Überraschungsentscheidung, dass das Gericht nicht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen braucht (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. September 2022 - 2 BvR 2222/21 - ‌NJW 2022, 3413 Rn. 28; BVerwG, Beschlüsse vom 11. Juli 2022 - 2 B 31.21 -‌ juris Rn. 29 f. und vom 13. Mai 2024 - 2 B 4.24 - NVwZ-RR 2024, 815 Rn. 15).

25 (1) Die der Beschwerde bei rechtsschutzfreundlicher Auslegung zu entnehmende Rüge, das Berufungsgericht habe den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs dadurch verletzt, dass es "zu keinem Zeitpunkt deutlich gemacht" habe, dass es davon ausgehe, der Beklagte habe die ihm nach Auffassung des Berufungsgerichts zuzurechnenden Schreiben nicht erst in zeitlichem Zusammenhang mit dem Widerruf der Generalvollmacht erhalten, geht fehl. Bereits das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass der Beklagte der Verbreitung von reichsbürgertypischem Gedankengut durch seinen Bevollmächtigten nicht umgehend entgegengetreten ist (vgl. UA S. 20). Es lag deshalb für den anwaltlich vertretenen Beklagten nicht fern, dass dieser Gesichtspunkt auch im Berufungsverfahren aufgegriffen und Bedeutung erlangen würde.

26 Im Übrigen fehlt es an einer substantiierten Darlegung dessen, was der Beklagte bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgetragen hätte und inwieweit der weitere Vortrag zu einer ihm günstigeren Entscheidung hätte führen können (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 26. Oktober 2006 - 2 B 54.06 - juris Rn. 11, vom 5. Februar 2009 - 2 PKH 2.09 - juris Rn. 7, vom 15. Juni 2022 - 8 B 9.22 -‌ Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 66 Rn. 6 und vom 26. September 2024 ‌- 9 B 19.24 - juris Rn. 7).

27 (2) Eine Überraschungsentscheidung liegt entgegen der Auffassung der Beschwerde auch nicht deshalb vor, weil der Beklagte davon habe ausgehen dürfen, dass sein Facebook-Kommentar zu dem Artikel "Acht Monate Haft für 87-jährige Holocaust-Leugnerin" für das Berufungsgericht keine Rolle spielen werde, zumal der Sachverhalt nicht Gegenstand der Disziplinarklage gewesen sei. Letzteres trifft zwar zu, als solchen hat das Berufungsgericht den Facebook-Kommentar indes auch nicht behandelt, sondern sich hierzu bei der Maßnahmebemessung im Rahmen der Gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigender Gesichtspunkte verhalten (vgl. UA S. 38 f.).

28 Ungeachtet dessen war der Facebook-Kommentar Gegenstand des Beklagtenvortrags im Verfahren vor dem Berufungsgericht. Vor diesem Hintergrund musste der Beklagte damit rechnen, dass sich das Gericht - unabhängig vom genauen Inhalt des Rechtsgesprächs in der mündlichen Verhandlung - in den Entscheidungsgründen mit dem schriftsätzlichen Vorbringen des Beklagten, das sich ebenfalls in dem pauschalen Hinweis auf eine nachträgliche Veränderung des Facebook-Kommentars erschöpfte, auseinandersetzen und dies würdigen würde (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 3. Juli 2023 - 1 WB 49.22 - juris Rn. 48 und vom 13. Februar 2025 - 3 B 16.24 - NVwZ 2025, 765 Rn. 33). Eine Verletzung rechtlichen Gehörs scheidet demnach aus.

29 (3) Soweit die Beschwerde darüber hinaus eine Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, weil das Berufungsgericht den Beklagten nicht dazu befragt habe, ob er sich zum Zeitpunkt der Kontaktaufnahme mit Herrn M. und der Erteilung der Generalvollmacht darüber im Klaren gewesen sei, dass es sich bei diesem um einen der führenden Köpfe der Reichsbürgerbewegung gehandelt habe, fehlt es ebenfalls an einer substantiierten Darlegung dessen, was der Beklagte bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgetragen hätte und inwieweit der weitere Vortrag zu einer ihm günstigeren Entscheidung hätte führen können.

30 b) Die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 67 Satz 1 LDG NRW i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.

31 Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4, vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9, vom 24. April 2017 - 1 B 70.17 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 68 Rn. 3 und vom 18. Dezember 2024 - 2 B 21.24 - juris Rn. 10).

32 aa) Die von der Beschwerde als klärungsbedürftig angesehene Frage,
"ob auch eine erhebliche Verminderung der Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen, bei der eine gewisse Unrechtseinsicht aber noch vorhanden ist, zu einer verminderten Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB führen kann, wodurch die Verhängung der Höchstmaßnahme regelmäßig ausgeschlossen ist?",
rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sie sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde.

33 Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, an die der Senat mangels durchgreifender Verfahrensrügen in einem Revisionsverfahren gebunden wäre (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO), lag bei dem Beklagten zum Zeitpunkt der jeweiligen Pflichtverletzung keines der Eingangsmerkmale i. S. d. §§ 20, 21 StGB vor (vgl. UA S. 43). Zudem hat sich das Berufungsgericht die Bewertung des Gutachtens zu eigen gemacht, wonach die Voraussetzungen "entspr. § 20" mangels Hinweisen auf eine so gravierende psychische Veränderung, dass von einer aufgehobenen Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgegangen werden könne, zweifellos nicht gegeben seien (vgl. UA S. 32). Es hat dabei ausführlich dargelegt, warum die bei dem Beklagten diagnostizierte Anpassungsstörung bei Persönlichkeitsakzentuierung und die depressive Episode keine "schwere andere seelische Störung" i. S. d. § 20 StGB zu begründen vermag (vgl. UA S. 43 f.).

34 Die Anwendung des § 21 StGB kommt jedoch nur in Betracht, wenn eine der in § 20 StGB aufgeführten seelischen Störungen ("aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe") vorliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. April 2023 - 2 A 18.21 -‌ NVwZ 2024, 165 Rn. 36; Beschlüsse vom 26. September 2014 - 2 B 14.14 -‌ Buchholz 235.1 § 57 BDG Nr. 5 Rn. 21, vom 23. Mai 2017 - 2 B 51.16 - Buchholz 235.1 § 64 BDG Nr. 3 Rn. 15, vom 17. Oktober 2019 - 2 B 79.18 - NVwZ-RR 2020, 749 Rn. 10 und vom 20. Mai 2025 - 2 B 9.25 - juris Rn. 10). Dies ist ausgehend von den berufungsgerichtlichen Feststellungen jedoch zu verneinen. Zudem ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass - anders als die Beschwerde nahelegt - Unrechtseinsicht bei dem Beklagten vorhanden war (vgl. UA S. 30).

35 Ungeachtet dessen hat das Berufungsgericht in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschlüsse vom 25. Juli 2012 - 1 StR 332/12 - juris, vom 11. Mai 2021 - 4 StR 535/20 - NStZ 2022, 34 Rn. 4 und vom 13. März 2025 - 2 StR 492/24 - juris Rn. 5; s. zum Ganzen auch Eschelbach, in: v. Heintschel-Heinegg/Kudlich, BeckOK StGB, Stand Mai 2025, § 21 Rn. 5) darauf abgestellt, dass eine verminderte Einsichtsfähigkeit - die der Gutachter bezogen auf den Beklagten als wahrscheinlich angesehen hat, zumindest aber nicht ausschließen konnte (vgl. UA S. 30) – strafrechtlich erst dann von Bedeutung ist, wenn sie das Fehlen der Unrechtseinsicht zur Folge hat. Danach ist derjenige, der trotz erheblich verminderter Einsichtsfähigkeit im konkreten Fall Einsicht in das Unrecht seines Tuns hat - sofern nicht seine Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war - voll schuldfähig. Die Beschwerde zeigt keinen über diese Rechtsprechung hinausgehenden Klärungsbedarf auf. Der Umstand allein, dass es zu einer Rechtsfrage noch keine ausdrückliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gibt, verleiht einer Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.

36 bb) Auch die weitere aufgeworfene Frage,
"ob auch bei der Bemessung einer Disziplinarmaßnahme für ein im Ruhestand begangenes Dienstvergehen auf die Anforderungen abgestellt werden kann, die sich für den entsprechenden Beamten in seiner aktiven Dienstzeit ergaben?",
führt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann.

37 Das die Rechtsvereinheitlichung im Disziplinarrecht anstrebende und die damalige Rechtsentwicklung auch auf der Ebene des Bundesdisziplinargesetzes nachvollziehende Disziplinargesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (vgl. LT-Drs. 13/5220 S. 1, 77) sieht in § 13 Abs. 3 Satz 2 vor, dass das Ruhegehalt abzuerkennen ist, wenn der Beamte als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen. Dies erfordert, ebenso wie bei der bundesrechtlichen Parallelvorschrift in § 13 Abs. 4 Satz 2 BDG, eine fiktive Vergleichsbetrachtung. Für die Frage der Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und der Integrität des Berufsbeamtentums ist aufgrund der vom Gesetzgeber angeordneten Gleichbewertung mithin ohne Belang, dass ein Ruhestandsbeamter von der Dienstverpflichtung befreit und eine Beeinträchtigung des Dienstbetriebs folglich ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. November 2024 - 2 C 16.23 - BVerwGE 183, 332 Rn. 57; Beschluss vom 7. Mai 2025 - 2 B 38.24 - Rn. 7).

38 Sinn und Zweck des § 13 Abs. 3 Satz 2 LDG NRW ist es - ebenso wie bei § 13 Abs. 4 Satz 2 BDG –, eine gleichmäßige Sanktionierung für im aktiven Dienst begangene schwere Dienstvergehen sicherzustellen ("Als-ob-Überlegung" - LT-Drs. 13/5220 S. 83). Denn der disziplinarrechtlich gebotene Verlust der Beamtenrechte wegen eines besonders schweren Dienstvergehens soll nicht davon abhängen, ob sich der Beamte bei rechtskräftigem Abschluss des Straf- oder Disziplinarverfahrens noch im aktiven Dienst befindet (vgl. zu § 13 Abs. 2 Satz 2 BDG a. F. BVerwG, Urteil vom 7. November 2024 - 2 C 16.23 - BVerwGE 183, 332 Rn. 58; Beschluss vom 30. Juli 2013 - 2 B 23.13 - NVwZ-RR 2013, 888 Rn. 12 f.). Andernfalls wäre ausschlaggebend für die disziplinarische Ahndung eines Dienstvergehens das mehr oder weniger zufällige oder gar gesteuerte Ausscheiden aus dem aktiven Dienst (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Januar 1999 ‌- 1 D 34.97 - juris Rn. 16 und vom 7. November 2024 - 2 C 16.23 - BVerwGE 183, 332 Rn. 58; Beschlüsse vom 1. März 2012 - 2 B 140.11 - juris Rn. 6 m. w. N. und vom 7. Mai 2025 - 2 B 38.24 - juris Rn. 8).

39 cc) Soweit die Beschwerde im Schriftsatz vom 25. Juni 2025 der Sache nach erstmals die Frage formuliert,
in welchem Umfang sich Beamte disziplinarisch das Verhalten Dritter zurechnen lassen müssen, die auf Grundlage einer vom Beamten erteilten Vollmacht tätig werden,
ist dies unbeachtlich, weil es sich um neues, erst nach Ablauf der zweimonatigen Begründungsfrist (§ 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO) eingegangenes Vorbringen handelt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. August 2010 - 4 BN 36.10 - juris Rn. 5 und vom 15. Januar 2014 - 5 B 57.13 - juris Rn. 6), mit dem auch nicht lediglich ein rechtzeitig geltend gemachter Zulassungsgrund näher erläutert und verdeutlicht wird (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16. August 2017 - 3 B 53.16 - juris Rn. 3 und vom 8. Februar 2022 - 4 B 25.21 - juris Rn. 10).

40 c) Die Revision ist auch nicht wegen der von der Beschwerde geltend gemachten Divergenz (§ 67 Satz 1 LDG NRW i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.

41 Eine die Revisionszulassung nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO begründende "Abweichung" liegt nur vor, wenn zwischen den Gerichten ein grundsätzlicher Meinungsunterschied hinsichtlich der die Rechtsanwendung im Einzelfall bestimmenden Maßstäbe besteht. Die Divergenzrüge setzt deshalb die Darlegung eines prinzipiellen Auffassungsunterschieds über den Bedeutungsgehalt eines im konkreten Rechtsstreit erheblichen Rechtssatzes voraus. Die bloße Behauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge dagegen nicht. Das Revisionszulassungsrecht kennt - anders als die Vorschriften über die Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) – den Zulassungsgrund ernstlicher Richtigkeitszweifel nicht (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 3, vom 14. Dezember 2023 - 2 B 45.22 - NVwZ-RR 2024, 519 Rn. 16 und vom 18. Dezember 2024 ‌- 2 B 21.24 - juris Rn. 7).

42 aa) Die von der Beschwerde behauptete Divergenz zwischen der angegriffenen berufungsgerichtlichen Entscheidung und dem Beschluss des Senats vom 28. Januar 2015 - 2 B 15.14 - (Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 11 Rn. 19 f.) liegt nicht vor.

43 Voraussetzung für die Annahme verminderter Schuldfähigkeit ist, wie sich aus Vorstehendem und der von der Beschwerde bezeichneten Entscheidung des Senats ergibt, aufgrund des zweistufigen Aufbaus des § 21 StGB zunächst, dass eine der in § 20 StGB aufgeführten seelischen Störungen vorliegt. Erst wenn das Eingangsmerkmal und sein Schweregrad feststehen oder nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" nicht ausgeschlossen werden können, kann beurteilt werden, ob die Voraussetzungen für eine erheblich geminderte Schuldfähigkeit vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. April 2023 - 2 A 18.21 - NVwZ 2024, 165 Rn. 34 f. m. w. N.). Einen hiervon abweichenden Rechtssatz hat das Berufungsgericht nicht aufgestellt, sondern lediglich im Rahmen der auf den vorliegenden Einzelfall bezogenen Rechtsanwendung das Vorliegen einer der in § 20 StGB aufgeführten seelischen Störungen unter Auseinandersetzung mit dem Gutachten des Sachverständigen verneint.

44 bb) Das Berufungsgericht weicht in der Maßstabsbildung auch nicht vom Beschluss des Senats vom 8. Juni 2017 - 2 B 5.17 - (juris) ab.

45 Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW ist die Disziplinarmaßnahme insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen, das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen; ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt worden ist. Hat der Beamte durch ein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren, ist er nach § 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, wie sie auch in vorgenannter Entscheidung zum Ausdruck kommt, ist die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung zu bemessen. Die sich aus § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW ergebenden Bemessungskriterien müssen mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. April 2023 - 2 A 18.21 - NVwZ 2024, 165 Rn. 26; Beschlüsse vom 14. Dezember 2021 - 2 B 43.21 -‌ juris Rn. 11, vom 19. Dezember 2023 - 2 B 43.22 - juris Rn. 27 und vom 4. März 2025 - 2 B 42.24 - juris Rn. 9).

46 Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 LDG NRW richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 Abs. 1 LDG NRW aufgeführten Disziplinarmaßnahme zuzuordnen ist. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. März 2012 - 2 A 11.10 - juris Rn. 72 f. m. w. N., vom 2. Dezember 2021 - 2 A 7.21 - BVerwGE 174, 219 Rn. 47, vom 28. September 2022 - 2 A 17.21 - Buchholz 232.0 § 61 BBG 2009 Nr. 3 Rn. 105, vom 2. März 2023 - 2 A 19.21 - NVwZ-RR 2023, 916 Rn. 43 und vom 7. November 2024 - 2 C 16.23 -‌ BVerwGE 183, 332 Rn. 37).

47 Einen hiervon abweichenden rechtlichen Maßstab hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung nicht zugrunde gelegt (vgl. UA S. 32 ff.). Ohne Erfolg macht die Beschwerde geltend, das Berufungsgericht habe bei seiner Bemessungsentscheidung einem maßgeblichen entlastenden Aspekt, nämlich den Umstand, dass der Beklagte im Januar 2018 die zuvor erteilte Generalvollmacht widerrufen und dabei darauf hingewiesen habe, diese sei unter der Prämisse erteilt worden, dass die Aktivitäten der Bevollmächtigten mit dem Grundgesetz und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung übereinstimmten, keinerlei Bedeutung beigemessen. Damit wendet sich die Beschwerde lediglich gegen die - aus ihrer Sicht fehlerhafte - Rechtsanwendung im Einzelfall, mit der sich eine Divergenzrüge nicht begründen lässt. Ungeachtet dessen hat das Berufungsgericht das Verhalten des Beklagten während der Dauer des laufenden Disziplinar(klage)verfahrens in seiner Gesamtheit gewürdigt (vgl. S. 53 UA; s. a. S. 48 f.).

48 Im Übrigen lässt sich dem berufungsgerichtlichen Urteil nicht der Rechtssatz entnehmen, "nachträgliche Verhaltensweisen", die Anhaltspunkte dafür sein können, dass der Beamte wieder auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung steht, seien für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme außer Acht zu lassen. Denn das Berufungsgericht hat das "Nachtatverhalten" des Beklagten gewürdigt (vgl. UA 48 f.), hierin aber keine glaubhafte Distanzierung von seinem Pflichtenverstoß erkannt. Der Einwand der Beschwerde erschöpft sich auch insoweit in einer vermeintlich unrichtigen Rechtsanwendung im Einzelfall. Auf diese Weise kann die Zulassung der Revision mittels der Divergenzrüge nicht erreicht werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 21. Juni 2017 ‌- 2 B 50.16 - juris Rn. 15 und vom 30. April 2019 - 2 B 59.18 - juris Rn. 6).

49 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG NRW i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Werts des Streitgegenstands bedarf es nicht, weil für das Beschwerdeverfahren Festgebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 75 LDG NRW erhoben werden.