Beschluss vom 20.02.2023 -
BVerwG 1 W-VR 28.22ECLI:DE:BVerwG:2023:200223B1WVR28.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.02.2023 - 1 W-VR 28.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:200223B1WVR28.22.0]

Beschluss

BVerwG 1 W-VR 28.22

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt
am 20. Februar 2023 beschlossen:

  1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
  2. Die dem Beigeladenen im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden dem Bund auferlegt.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz in einem Konkurrentenstreit um die Besetzung des nach der Besoldungsgruppe B 6 bewerteten Dienstposten des Kommandeurs und ärztlichen Direktors des Bundeswehrkrankenhauses ...

2 Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit dem September 2026 enden. Am ... 2008 wurde er zum Flottenarzt befördert und mit Wirkung vom ... 2008 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 16 eingewiesen. Er wird seit 2005 beim Bundeswehrkrankenhaus ... verwendet, wo er derzeit als ... der Klinik ..., eingesetzt ist. Am 17. September 2021 ist ihm der akademische Grad eines Doktors der Medizin verliehen worden.

3 Der ... geborene Beigeladene ist ebenfalls Berufssoldat. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit dem März 2030 enden. Mit Wirkung vom ... 2009 wurde er zum Oberstarzt (A 16) befördert und mit Wirkung vom ... 2013 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe B 3 eingewiesen. Zum 1. Januar 2021 war er vom ... zum Bundesministerium der Verteidigung versetzt worden. Der Beigeladene wurde mit Verfügung vom 24. März 2022 zum 1. April 2022 auf den streitgegenständlichen Dienstposten versetzt und trat den Dienst dort am 11. April 2022 an.

4 Am 17. März 2022 entschied die damalige Bundesministerin der Verteidigung, den streitgegenständlichen Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen.

5 Die Entscheidungsvorlage vom 9. März 2022 führt zu den Aufgaben des Dienstpostens unter Punkt 4 aus:
"Der Kdr/ÄrztlDir bzw. die Kdr'in/ÄrztlDir'in des BwKrhs ... führt das BwKrhs und ist Disziplinarvorgesetze(r) der Stufe III. Er bzw. sie leitet das 'Akademische Lehrkrankenhaus' und verantwortet die Einsatzbereitschaft der Dienststelle durch Einbindung in das zivile Gesundheitswesen sowie das akademische Umfeld im Rahmen des sog. 'Forschungsverbundes Infektiologie und Tropenmedizin ...'."

6 Zu den Anforderungen an den Dienstposteninhaber wird unter Punkt 5 ausgeführt:
"Zur qualifizierten Aufgabenwahrnehmung sind gem. Bedarfsträger Führungskompetenz und Führungserfahrung, Systemkenntnisse im Bereich der Konzeption und Weiterentwicklung von Gesundheitssystemen, ministerielle Erfahrung sowie Einsatzerfahrung erforderlich. Zudem wird eine wissenschaftliche Expertise (Promotion) gefordert. Zur Stärkung der zivilen Kooperation und weiteren Ausrichtung des BwKrhs ... im Rahmen des 'Forschungsverbundes Infektiologie und Tropenmedizin ...' ist eine fundierte Expertise aus dem Bereich der Tropenmedizin zweckdienlich, daher ist eine Zusatzqualifikation im Bereich der Tropenmedizin erwünscht. Weiterhin erwünscht ist ein abgeschlossener Postgraduiertenstudiengang (z.B. Master) im Bereich der Medizin (z.B. Gesundheitsökonomie oder Public Health)."

7 Die zwingenden Anforderungen für den Dienstposten werden unter Punkt 9 wie folgt referiert:
"Führungskompetenz/Führungserfahrung, Einsatzerfahrung, Promotion, ministerielle Erfahrung sowie Systemkenntnis im Bereich Konzeption und Weiterentwicklung von Gesundheitssystemen".

8 Ausweislich dieser Vorlage wurde neben dem Beigeladenen ein weiterer Oberstarzt, nicht aber der Antragsteller in die vergleichende Betrachtung einbezogen.

9 Unter dem 22. Februar 2022 beschwerte sich der Antragsteller gegen die Auswahlentscheidung. Er rügte, trotz gegebener Eignung, Leistung und Befähigung nicht mitbetrachtet worden zu sein.

10 Das Bundesministerium der Verteidigung wertete die Beschwerde als Antrag auf gerichtliche Entscheidung, hat diesen aber seit einem Jahr noch nicht vorgelegt.

11 Am 2. November 2022 hat der Antragsteller Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt.

12 Er stellt seinen Werdegang und seine Qualifikationen ausführlich dar und macht geltend, der Beigeladene werde bereits mehr als sechs Monate auf dem streitgegenständlichen Dienstposten verwendet und könne dort einen beurteilungsrelevanten Erfahrungsvorsprung erwerben. Die Auswahlentscheidung sei rechtswidrig, weil er nicht in eine vergleichende Betrachtung mit dem Beigeladenen einbezogen sei. Aus seiner Sicht sei er nach seinen Vorverwendungen und Qualifikationen besser geeignet als der Beigeladene und der mit diesem in der Auswahldokumentation verglichene weitere Oberstarzt. Er übertreffe das geforderte Anforderungsprofil erheblich, habe in der Vergangenheit bereits Dienstposten innegehabt, die der Dotierungshöhe B 3 entsprächen. Die Perspektivhöhe B 6 sei ihm zugestanden worden.

13 Die Dokumentation der Auswahlentscheidung sei mangelhaft. Der über ihn erstellte Personalbogen gebe seine Qualifikationen und Vorverwendungen nicht vollständig wieder. Er sei von 2010 bis 2013 mit der Besoldungsgruppe A 16 als Medizinischer Koordinator Interdisziplinärer Prozesse des Bundeswehrkrankenhauses ..., dem Vorgängerdienstposten des B 3-Dienstpostens des Abteilungsleiters zentrales klinisches Prozessmanagement, eingesetzt gewesen und sei damit Stellvertreter des Dienstellenleiters, also des damaligen Chefarztes und jetzigen Kommandeurs, gewesen. Außerdem habe er vom 1. März 2011 bis zum 30. September 2011 das Bundeswehrkrankenhaus ... als kommissarischer Chefarzt alleinverantwortlich geführt und dabei auch Beurteilungs- und Disziplinarbefugnisse wahrgenommen. Sein Antrag, dies als B 3-Verwendung anzuerkennen, sei ignoriert worden.

14 Mit den genannten Verwendungen habe er Führungserfahrung erworben und die Befähigung zum Krankenhausmanagement nachgewiesen. Seine Fachkompetenz ergebe sich auch aus der Tatsache, dass er regelmäßig an wöchentlichen Videotelefonkonferenzen der Kommandeure aller Bundeswehrkrankenhäuser teilnehme und immer wieder durch die Führung des Sanitätsdienstes als operativ tätiger Mediziner um seine Expertise gebeten werde.

15 Der Beigeladene habe zwar Führungserfahrung, aber nicht im Krankenhaus oder Krankenhausalltag. Systemkenntnisse im Bereich der Weiterentwicklung von Gesundheitssystemen habe der Beigeladene nur im Bereich der Tropenmedizin und Infektiologie. Ihm selbst werde diese Kompetenz zu Unrecht abgesprochen, weil er während der Pandemie das Corona-Schutzkonzept des Bundeswehrkrankenhauses ... miterarbeitet und im Rettungsdienst und der Notfallaufnahme mitumgesetzt, die Weiterentwicklung des Bundeswehrkrankenhauses ... maßgeblich mitverantwortet, Patienten über den Rettungsdienst akquiriert und gemeinsam mit der ... Feuerwehr ein Transportsystem (Infekt Intensivtransportwagen) initialisiert habe. Er werde zudem zu strategischen Weiterentwicklungsworkshops des Zentralen Sanitätsdienstes herangezogen. Zwar verfüge der Beigeladene über ministerielle Erfahrung. Diese Bedarfsträgerforderung sei aber willkürlich, um einen Wunschkandidaten auf den Dienstposten zu versetzen. Anders als der Beigeladene verfüge er über einen zur Führung eines Krankenhauses befähigenden Masterabschluss und über mehr Einsatzerfahrung als der Beigeladene.

16 Für die Führung eines Bundeswehrkrankenhauses gebe es keinen formellen Verwendungsaufbau. Bedarfsträgerforderungen des Zentralen Sanitätsdienstes seien immer auf den Zielkandidaten zugeschnitten. In der Vergangenheit seien auch Kandidaten Generalärzte geworden, die bei der Versetzung auf den Dienstposten nicht promoviert gewesen seien, keine Facharztqualifikation aufgewiesen hätten, keine Kommando- bzw. ministeriale Verwendung und kein zur Führung eines Krankenhauses qualifizierendes Masterstudium absolviert hätten.

17 Der Antragsteller beantragt,
das Bundesministerium der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Auswahlentscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung in der Personalkonferenz unbekannten Datums zur Besetzung des Kommandeurs und ärztlichen Direktors des Bundeswehrkrankenhauses ... vorläufig rückgängig zu machen,
hilfsweise dem Bundesministerium der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Auswahlentscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung zur Besetzung des Dienstpostens des Kommandeurs und ärztlichen Direktors des Bundeswehrkrankenhauses ... den Beigeladenen mit der vorläufigen, kommissarischen oder teilweisen Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpostens zu betrauen.

18 Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

19 Der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch. Er erfülle nicht das zwingende Kriterium der Systemkenntnisse im Bereich der Konzeption und Weiterentwicklung von Gesundheitssystemen. Der Beigeladene habe diese Kenntnisse durch Verwendungen als Referatsleiter in der ... und als Unterabteilungsleiter ... des Kommandos ... erworben. Der Antragsteller sei in diesem Bereich noch nicht verwendet worden. Außerdem verfüge er anders als der Beigeladene nicht über ministerielle Erfahrung. Im Unterschied zum Beigeladenen erfülle der Antragsteller auch nicht das wünschenswerte Kriterium einer Qualifikation im Bereich der Tropenmedizin. Der Antragsteller habe seine Eignung auch noch nicht auf einem Dienstposten der Dotierungshöhe B 3 nachgewiesen. Die Auswahlentscheidung leide nicht an einem Dokumentationsmangel. Die Entscheidungsvorlage vom 9. März 2022 weise die Hauptaufgaben des Dienstpostens und die hieraus abgeleiteten zwingenden Kriterien aus. Die Organisationsgrundentscheidung "Aufsteigende" ergebe sich aus der Betrachtung von Kandidaten der Dotierungshöhe B 3. Sie sei nicht darauf gerichtet, den Antragsteller von der Mitbetrachtung auszuschließen. Seine Mitbetrachtung folge aus der Nichterfüllung der zwingenden Forderung nach Systemkenntnissen im Bereich der Konzeption und Weiterentwicklung von Gesundheitssystemen und der ministeriellen Erfahrung. Ob er einzelne Anforderungen übertreffe, sei unerheblich. Auf den Anordnungsgrund komme es nicht an.

20 Der Beigeladene beantragt ebenfalls,
den Antrag zurückzuweisen.

21 Der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Er sei schon deshalb nicht in die Betrachtung einzubeziehen, weil er seine Eignung auf einem B 3-Dienstposten nicht nachgewiesen habe. Dass er eigene Vorverwendungen als B 3 gleichwertig betrachte, sei unerheblich, da die Bewertung von Dienstposten im Organisationsermessen des Dienstherrn liege. Entgegen § 7 Abs. 3 Satz 1 SLV habe er noch nicht alle Dienstgrade der Laufbahn durchlaufen und verfüge nicht über eine Ausnahmeentscheidung nach § 50 Abs. 1 Nr. 2 SLV für eine Sprungbeförderung. Der Antragsteller erfülle außerdem nicht alle zwingenden Kriterien des Anforderungsprofils. Nach den Hauptaufgaben des Dienstpostens seien im Hinblick auf die Spezialisierung des Bundeswehrkrankenhauses ... auf Infektiologie und Tropenmedizin die Forderung nach ministeriellen Erfahrungen und die erwünschten Qualifikationen im Bereich Tropenmedizin sachlich gerechtfertigt. Das Anforderungsprofil sei nicht auf ihn als Wunschkandidat zugeschnitten. Auch der mitbetrachtete Oberstarzt erfülle alle zwingenden Kriterien. Führungserfahrung habe er durch Aufbau und Leitung des Fachbereiches Tropenmedizin als Außenstelle der Abteilung Innere Medizin des Bundeswehrkrankenhauses ... 2006/2007 und die Leitung des ... in ... 2013 bis 2016 erworben. Der Antragsteller habe zwar Kenntnisse im Krankenhausmanagement und in der Entwicklung konkreter Projekte, aber keine Systemkenntnisse im Bereich Konzeption und Weiterentwicklung von Gesundheitssystemen. Diese erwerbe man in übergeordneten Dienststellen wie dem Kommando ... oder dem Bundesministerium der Verteidigung. Dass der Antragsteller wie auch er über eine Promotion und Einsatzerfahrung verfüge, sei unerheblich. Ein bestimmter Umfang an Einsatzerfahrung sei nicht verlangt. Unerheblich sei auch, dass der Antragsteller das wünschenswerte Kriterium eines Masterabschlusses im Krankenhausmanagement erfülle. Er selbst verfüge über einen Masterabschluss in Public Health.

22 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.

II

23 Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.

24 1. Der gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 123 VwGO statthafte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig. Sachlich zuständig ist das Bundesverwaltungsgericht als Gericht der Hauptsache (§ 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO, § 21 Abs. 1 Satz 1 WBO). Der Antrag kann - wie hier - auch schon vor Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung gestellt werden (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

25 Der Zulässigkeit des Antrages steht § 3 Abs. 2 WBO nicht entgegen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat in seiner Stellungnahme vom 30. November 2022 ausdrücklich erklärt, dass Abhilfe nicht erfolgen wird. Dem Erfordernis, dass die nach § 3 Abs. 2 WBO zuständige Stelle vor einer gerichtlichen Entscheidung Gelegenheit gehabt haben soll, selbst eine einstweilige Maßnahme zu treffen, ist damit Rechnung getragen (BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2017 - 1 WDS-VR 8.17 - Rn. 15).

26 Insbesondere hat sich der Rechtsstreit nicht dadurch erledigt, dass der strittige Dienstposten mit dem Beigeladenen besetzt wurde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. November 2018 - 1 WB 44.17 - juris Rn. 16). Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verfestigt sich eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung - auch nach einer der Bewertung des Dienstpostens entsprechenden Beförderung oder Planstelleneinweisung - nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; er müsste es vielmehr hinnehmen, von dem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn der Antragsteller bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen worden wäre (stRspr, vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 25. April 2007 - 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 39 m. w. N.).

27 2. Der Antrag ist aber unbegründet.

28 a) Für die begehrte einstweilige Anordnung besteht ein Anordnungsgrund (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO).

29 Nach der Rechtsprechung des Senats kann sich in Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Dienstpostens ein Anordnungsgrund daraus ergeben, dass ein rechtswidrig ausgewählter Bewerber auf dem Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung erlangt, der im Fall des Obsiegens des Antragstellers in der Hauptsache bei einer erneuten Auswahlentscheidung zu berücksichtigen wäre. Ein insoweit beurteilungsrelevanter Erfahrungsvorsprung und damit ein Anordnungsgrund ist allerdings erst anzunehmen, wenn zwischen dem Dienstantritt des ausgewählten Bewerbers auf dem strittigen Dienstposten und der (noch zu treffenden) gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache ein Zeitraum von deutlich mehr als sechs Monaten liegt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. April 2010 - 1 WDS-VR 2.10 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 28 Rn. 20 f. und vom 19. Dezember 2011 - 1 WDS-VR 5.11 - BVerwGE 141, 271 Rn. 29 f.). Da der Beigeladene ausweislich der Versetzungsverfügung vom 24. März 2022 am 11. April 2022 den Dienst auf dem streitgegenständlichen Dienstposten angetreten hat, ist die Spanne von sechs Monaten vorliegend überschritten.

30 b) Der Antragsteller hat aber keinen Anordnungsanspruch (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) glaubhaft gemacht. Die Entscheidung der Bundesministerin der Verteidigung vom 17. März 2022, den streitgegenständlichen Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen, ist nach summarischer Prüfung im Ergebnis rechtmäßig und verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers (Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG) nicht.

31 aa) Nach der Rechtsprechung zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Bewerbungsverfahrensanspruch, der Bewerbern um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung in die Bewerberauswahl gibt; die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102>). § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus auf Verwendungsentscheidungen. Der Senat hat deshalb einen dem Beamtenrecht entsprechenden Bewerbungsverfahrensanspruch auch für soldatenrechtliche Konkurrenzverhältnisse anerkannt (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2013 - 1 WB 60.11 - NVwZ 2013, 1227 Rn. 40 m. w. N.). Allerdings beschränkt sich die Geltung des Grundsatzes der Bestenauslese im Bereich der Verwendungsentscheidungen auf Entscheidungen über - wie hier - höherwertige, die Beförderung in einen höheren Dienstgrad oder die Einweisung in die Planstelle einer höheren Besoldungsgruppe vorprägende Verwendungen (vgl. klarstellend BVerwG, Beschluss vom 30. Januar 2014 - 1 WB 1.13 - Buchholz 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 6 Rn. 32).

32 Bei einem freien und besetzbaren Dienstposten liegt es im Organisationsermessen des Dienstherrn, wie er die Art des Dienstpostens bestimmt (vgl. zum gesamten Folgenden BVerwG, Beschlüsse vom 28. September 2017 - 1 WB 44.16 und 45.16 - juris Rn. 29 und vom 19. Juli 2018 - 1 WB 3.18 - NVwZ-RR 2019, 58 Rn. 31). Der Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG wird nicht verletzt, wenn für die Besetzung des Dienstpostens bestimmte dienstrechtliche und/oder haushaltsrechtliche Voraussetzungen aufgestellt sind (BVerwG, Beschluss vom 6. Januar 2012 - 1 WDS-VR 7.11 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 64 Rn. 31 m. w. N.). Der Dienstherr ist insbesondere berechtigt, im Einzelnen die Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung in Bezug auf den Aufgabenbereich des Dienstpostens im Vorfeld einer Auswahlentscheidung in einem Anforderungsprofil zu konkretisieren; insofern muss der Inhalt dieses Anforderungsprofils mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar sein (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. November 2011 - 2 BvR 2305/11 - NVwZ 2012, 368 Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 19). Dabei fällt die Entscheidung darüber, welchen "Zuschnitt" ein Dienstposten haben soll, welche Zuständigkeiten ihm im Einzelnen zugewiesen sind und welche Fachkenntnisse zur Erfüllung der Aufgaben auf dem Dienstposten erforderlich sind, in das Organisationsermessen des Dienstherrn, das hinsichtlich der Maßgaben militärischer Zweckmäßigkeit nicht, im Übrigen nur auf sachfremde Erwägungen gerichtlich überprüfbar ist (BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 39.07 - BVerwGE 133, 1 Rn. 42 und Urteile vom 16. Oktober 2008 - 2 A 9.07 - BVerwGE 132, 110 Rn. 54 sowie vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 18). Festlegungen des Anforderungsprofils oder einer Aufgabenbeschreibung für den Dienstposten entfalten Bindungswirkung für die Festlegung und Gewichtung der Leistungsmerkmale im Auswahlverfahren; ob die zuständige Stelle ihre Auswahlentscheidung an dem Anforderungsprofil bzw. an der Aufgabenbeschreibung ausgerichtet hat, ist gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar (stRspr, z. B. BVerwG, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 WB 44.11 - juris Rn. 30 und Urteil vom 16. August 2001 - 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <61>).

33 Aus Art. 33 Abs. 2 i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt ferner die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, um eine sachgerechte Kontrolle durch den unterlegenen Bewerber und ggf. durch das Gericht zu ermöglichen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178). Dem folgend hat der Senat eine entsprechende Verpflichtung zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen auch für Entscheidungen angenommen, die ein Konkurrenzverhältnis um eine höherwertige militärische Verwendung betreffen (vgl. z. B. BVerwG, Beschlüsse vom 25. April 2007 - 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 50 und vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 Rn. 36). Zur Dokumentation verpflichtet ist dabei primär die Stelle, die für die zu treffende Auswahlentscheidung zuständig ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Februar 2010 - 1 WB 36.09 - Rn. 27). Die für die Beschwerdeentscheidung zuständige Stelle ist im Umfang ihrer Kontrollkompetenz (§ 13 WBO) befugt, in der Beschwerdeentscheidung die materiellen Auswahlerwägungen zu ändern oder zu ergänzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Oktober 2017 - 1 WB 41.16 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 87 LS 1 und Rn. 31 f.).

34 bb) Hiernach ist nach summarischer Prüfung die Auswahlentscheidung nicht aus formellen Gründen, insbesondere nicht wegen einer Verletzung der Dokumentationspflicht, aufzuheben.

35 Die zur Vorbereitung der Entscheidung der Bundesministerin der Verteidigung am 9. März 2022 erstellte Ministerialvorlage mit dem Betreff "Besetzung von mil. Spitzendienstposten B 6; hier; KDr/ÄrztlDir BwKrhs ..." weist für den streitgegenständlichen Dienstposten neben den Hauptaufgaben des in Rede stehenden Dienstpostens die aus ihnen abgeleiteten Kriterien des Anforderungsprofils aus und differenziert dabei auch sprachlich eindeutig zwischen zwingenden und wünschenswerten Kriterien. Hinsichtlich der Hauptaufgaben des Dienstpostens und des Anforderungsprofils sind die Dokumentationsanforderungen mithin erfüllt, kann hiernach doch der Antragsteller erkennen, wieso er nicht in den Vergleich mit dem Beigeladenen einbezogen wurde.

36 Zwar ist in den Auswahlunterlagen nicht ausdrücklich niedergelegt, dass keine Querversetzung, sondern ein Aufstiegswettbewerb beabsichtigt war. Es ist daher zweifelhaft, dass die Dokumentationspflichten hinsichtlich der Organisationsgrundentscheidung (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 24. Februar 2022 - 1 WB 40.21 - BVerwGE 175, 53 Rn. 27 ff.) beachtet wurden. Jedoch sind ausschließlich Kandidaten betrachtet worden, die - wie der Antragsteller - noch nicht auf einem Dienstposten der Besoldungshöhe B 6 verwendet wurden. Damit ist ein Aufstiegswettbewerb durchgeführt worden und eine Beschwer des Antragstellers durch eine unzureichende Dokumentation dieses Umstandes nicht erkennbar.

37 Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Beschränkung des Kandidatenfeldes auf Soldaten der Dotierungshöhe B 3 der Organisationsgrundentscheidung zuzurechnen und insoweit den Dokumentationsanforderungen genügt. Dies ist zweifelhaft, weil ein Grund hierfür an keiner Stelle niedergelegt wurde. Da der Antragsteller allerdings wegen eines hinreichend dokumentierten, zwingenden Kriteriums des Anforderungsprofils nicht weiter betrachtet wurde, werden Dokumentationsmängel bezüglich der Organisationsgrundentscheidung für eine Verletzung seiner Rechte nicht kausal.

38 Dem Antragsteller ist durch die Zusendung der die Dokumentationspflicht erfüllenden Unterlagen auf seine Beschwerde hin bzw. im gerichtlichen Eilverfahren auch Akteneinsicht gewährt worden.

39 cc) Der Ausschluss des Antragstellers von einem Eignungs- und Leistungsvergleich mit dem Beigeladenen, verletzt bei summarischer Betrachtung seinen Bewerbungsverfahrensanspruch nicht.

40 aaa) Zwar konnte ihm entgegen der Auffassung des Beigeladenen nicht entgegengehalten werden, dass ihm die für eine Sprungbeförderung erforderliche Ausnahmegenehmigung fehlt. Das in § 27 Abs. 4 Satz 2 SG verankerte, soldatenrechtliche Sprungbeförderungsverbot untersagt anders als das beamtenrechtliche Sprungbeförderungsverbot nicht das Überspringen von Ämtern (§ 22 Abs. 3 BBG), sondern das Überspringen von Dienstgraden. Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 SLV sind die Dienstgrade einer Laufbahn regelmäßig zu durchlaufen. Gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 2 SLV können auf Antrag des Bundesministeriums der Verteidigung Ausnahmen durch den Bundespersonalausschuss zugelassen werden. Nach Nr. 3 Buchst. c der Anlage 2 zu § 7 Abs. 3 SLV folgt in der Laufbahn der Offizierinnen und Offiziere des Sanitätsdienstes auf den Dienstgrad eines Flottenarztes (Anlage 2 zu § 7 Abs. 3 SLV Nr. 3 Buchst. a Buchst. kk) unmittelbar der Dienstgrad des Generalarztes (Anlage 2 zu § 7 Abs. 3 SLV Nr. 3 Buchst. a Buchst. ll). Eine Ausnahme müsste hiernach für den Antragsteller nicht eingeholt werden, weil er bislang kein Amt der Besoldungsstufe B 3 bekleidet hat.

41 bbb) Der Antragsteller ist aber voraussichtlich deshalb mit Recht nicht in einen Leistungsvergleich mit dem Beigeladenen einbezogen worden, weil er anders als dieser das zwingende Kriterium ministerieller Erfahrung nicht erfüllt und das Kriterium bei summarischer Prüfung nicht zu beanstanden ist. Ob er außerdem nicht über die erforderlichen Systemkenntnisse im Bereich der Konzeption und Weiterentwicklung von Gesundheitssystemen verfügt, kann offenbleiben. Unerheblich ist darüber hinaus, ob und welche wünschenswerten Kriterien er bzw. der Beigeladene erfüllen.

42 (1) Bei der gerichtlichen Kontrolle des dem Dienstherrn insoweit zustehenden Organisationsermessens ist im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG nicht die Ausweitung, sondern die Verengung des Bewerberfeldes mittels eines Anforderungsprofils rechtfertigungsbedürftig (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2014 - 2 VR 1.14 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 65 Rn. 31). Soweit allgemeine Bedarfsträgerforderungen, die für eine Vielzahl gleich bewerteter Dienstposten in vergleichbarer Weise gelten, in ein Anforderungsprofil aufgenommen werden, können dafür regelmäßig tragfähige militärfachliche Gründe ins Feld geführt werden und mögliche Bewerber können sich auf diese Erfordernisse einstellen. Werden hingegen darüberhinausgehende zwingende dienstpostenbezogene Kriterien ins Anforderungsprofil aufgenommen, müssen sich dafür auch hinreichend gewichtige sachliche Gründe für die Aufgabenerfüllung auf dem konkreten Dienstposten finden lassen. Daran kann es fehlen, wenn die geforderten Vorerfahrungen oder Eignungsstufen nicht für die Erfüllung von Kernaufgaben des Dienstpostens erforderlich, sondern nur für die Erfüllung von untergeordneten Nebenaufgaben von Nutzen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 39 ff.).

43 (2) Zwar stellt die Forderung nach einer Vorverwendung als Referent in einem Bundesministerium nach der Fußnote 10 zu Nr. 308 letzter Spiegelstrich ZDv A-1340/78 "Katalog bundeswehrgemeinsamer Bedarfsträgerforderungen für militärische Auswahl- und Verwendungsplanungsverfahren im Rahmen des Personalmanagements" bezogen auf Offiziere des Sanitätsdienstes keine dienstpostenunabhängige Bedarfsträgerforderung dar.

44 Der Umstand, dass die Forderung nach ministerieller Erfahrung nicht zu den allgemeinen Bedarfsträgerforderungen gehört, schließt es jedoch nicht aus, sie im Einzelfall in das Anforderungsprofil aufzunehmen. Dies muss aber im Hinblick auf die Kernaufgaben des konkreten Dienstpostens gefordert sein. Mit der zwingenden Forderung nach ministerieller Erfahrung hat der Dienstherr das ihm zustehende Organisationsermessen bei der Ausgestaltung des Anforderungsprofils für den hier in Rede stehenden Dienstposten jedoch nach summarischer Prüfung nicht überschritten. Die vorangegangene Verwendung auf einer übergeordneten Ebene stellt ein sachgerechtes und im gesamten öffentlichen Dienst häufig anzutreffendes Anforderungskriterium bei der Besetzung von Führungspositionen im nachgeordneten Bereich, denen im hierarchischen Aufbau eine "Bindegliedfunktion" zukommt, dar (BVerwG, Beschluss vom 29. November 2018 - 1 WB 47.17 - juris Rn. 26 m. w. N.). Dies gilt auch für den streitigen Dienstposten, zu dessen Hauptaufgaben die Leitung eines Bundeswehrkrankenhauses gehört, das neben kurativen Aufgaben innerhalb der Sanitätsversorgung der Bundeswehr auch die Zusammenarbeit mit zivilen Einrichtungen der akademischen Forschung und Lehre sowie der zivilen Gesundheitsversorgung gehört. Um diesen Aufgaben gerecht werden zu können, ist die Kooperation mit der obersten Führungsebene der Streitkräfte erforderlich. Erfahrungen aus eigener Tätigkeit in einem Bundesministerium verschaffen einem Kandidaten Einblicke in ministerielle Organisationsstrukturen und Arbeitsweisen, die geeignet sind, die Zusammenarbeit mit dieser Ebene zu erleichtern. Hinzu kommt, dass die Einbindung des Bundeswehrkrankenhauses ... in einen Forschungsverbund zu Infektiologie und Tropenmedizin besondere Anforderungen an die Fähigkeit des Ärztlichen Direktors zur Koordination und Moderation stellt. Auch in diesem Bereich kann ministerielle Erfahrung wichtige Qualifikationen vermitteln. Mithin handelt es sich um ein für die Erfüllung der Hauptaufgaben des in Rede stehenden Dienstpostens sachgerechtes Kriterium. Dass für ein anderes Auswahlverfahren zur Besetzung des Dienstpostens eines Kommandeurs und Ärztlichen Direktors eines Bundeswehrkrankenhauses nicht auf dieses Kriterium abgestellt worden ist, macht seine Aufnahme in den Katalog der zwingenden Auswahlkriterien für die Besetzung dieses Dienstpostens nicht willkürlich.

45 Die Personalgrundakte des Beigeladenen weist aus, dass dieser mehrfach als Referent im Bundesministerium der Verteidigung tätig war, während eine entsprechende Verwendung des Antragstellers in dessen Personalgrundakte nicht dokumentiert ist und von ihm auch nicht behauptet wird.

46 3. Der Beigeladene hat mit Schreiben vom 6. Januar 2023 einen eigenen Antrag gestellt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen. Die ihm im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht erwachsenen notwendigen Aufwendungen sind deshalb in entsprechender Anwendung von § 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 20 Abs. 1 WBO dem Bund aufzuerlegen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Oktober 2016 - 1 WDS-VR 3.16 - Buchholz 450.1 § 20 WBO Nr. 5 Rn. 31 ff.).