Verfahrensinformation

Der Kläger, eine Umweltvereinigung, begehrt die Verpflichtung des beklagten Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie des Landes Niedersachsen zur Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses für die LNG-Anbindungsleitung von Wilhelmshaven nach Etzel um eine Bestimmung zum künftigen Betrieb ausschließlich mit sogenanntem grünen Wasserstoff.


Gegenstand des planfestgestellten Vorhabens sind Errichtung und Betrieb einer Gasversorgungsleitung zum Transport und zur Einspeisung von regasifiziertem Flüssigerdgas (Liquefied Natural Gas - LNG) in das bestehende Gasfernleitungsnetz. Die Leitung bindet eine schwimmende Speicher- und Regasifizierungseinheit (Floating Storage and Regasification Unit - FSRU) sowie künftig ein landgebundenes Terminal am Standort Voslapper Groden in Wilhelmshaven an das Fernleitungsnetz an. Der Kläger hält die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Abwägung der betroffenen Belange für fehlerhaft. Der unbeschränkt zugelassene Betrieb der Leitung mit fossilem Gas sei mit den sowohl verfassungsrechtlich als auch einfachgesetzlich vorgegebenen Klimaschutzzielen unvereinbar. Die Klimafolgen des Vorhabens seien überhaupt nicht ermittelt worden. Der Betrieb mit fossilem Gas müsse auf den Zeitraum beschränkt werden, der zur Abwendung einer Energieversorgungskrise unbedingt erforderlich sei. Jedenfalls nach Ablauf der 10-jährigen Mietzeit der FSRU und somit spätestens ab 2033 dürften nur noch grüner, durch Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen hergestellter Wasserstoff und dessen Derivate durchgeleitet werden.


Pressemitteilung Nr. 50/2023 vom 22.06.2023

Keine Pflicht zur Umstellung des Betriebs einer LNG-Anbindungsleitung auf grünen Wasserstoff vor dem 31. Dezember 2043

Eine LNG-Anbindungsleitung darf nach der Entscheidung des Gesetzgebers bis zum 31. Dezember 2043 zum Transport von Erdgas genutzt werden. Eine Regelung in einem Planfeststellungsbeschluss, wonach schon zu einem früheren Zeitpunkt ausschließlich sogenannter grüner Wasserstoff oder Derivate hiervon durchgeleitet werden dürfen, wäre daher unzulässig. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Der Kläger, eine anerkannte Umweltvereinigung, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des niedersächsischen Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie vom 19. August 2022 für die Errichtung und den Betrieb der LNG-Anbindungsleitung von Wilhelmshaven nach Etzel. Die ca. 26 km lange Rohrleitung dient zum Transport regasifizierten Flüssigerdgases (Liquefied Natural Gas – LNG). Die Leitung bindet eine schwimmende Speicher- und Regasifizierungseinheit (Floating Storage and Regasification Unit – FSRU) sowie künftig ein landgebundenes Gasterminal an das Gasfernleitungsnetz an. Der Kläger begehrt unter Verweis auf verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Klimaschutzziele eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um eine Regelung, wonach die Leitung spätestens ab dem Jahr 2033 nur noch zum Transport grünen Wasserstoffs oder Derivaten hiervon genutzt werden darf.


Der Beklagte ist zu einer solchen Planergänzung nicht berechtigt. Ihr stehen zwingende Vorgaben des Gesetzes zur Beschleunigung des Einsatzes verflüssigten Erdgases (LNG-Beschleunigungsgesetz – LNGG) entgegen. Das Gesetz ist in Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ergangen. Es soll den schnellstmöglichen Aufbau einer von russischen Erdgaslieferungen unabhängigen nationalen Gasversorgung durch zügige Einbindung verflüssigten Erdgases in das bestehende Fernleitungsnetz ermöglichen. Hierzu enthält das Gesetz Vorschriften zur beschleunigten Zulassung der Errichtung und Inbetriebnahme von LNG-Terminals sowie LNG-Anbindungsleitungen und sieht unter anderem vor, dass der Betrieb der Terminals mit verflüssigtem Erdgas spätestens am 31. Dezember 2043 einzustellen ist. Ein späterer Weiterbetrieb ist nur noch mit klimaneutralem Wasserstoff und Derivaten hiervon zulässig, wofür bis zum 1. Januar 2035 ein Genehmigungsantrag gestellt sein muss. Mit diesen Regelungen will der Gesetzgeber absichern, dass Terminals und Anbindungsleitungen "wasserstoff-ready" geplant werden, um in Einklang mit den Klimaschutzzielen eine möglichst frühzeitige Umstellung auf Wasserstoff zu ermöglichen. Zugleich soll damit für Planungssicherheit bei den Anlagenbetreibern gesorgt werden, indem es ihnen ermöglicht wird, die Befristung des fossilen Betriebs bereits im Vorhinein kalkulatorisch zu berücksichtigen. Dies schließt es aus, dass eine Behörde in einem Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren eine kürzere Frist zur zwingenden Umstellung des Anlagenbetriebs ausschließlich mit grünem Wasserstoff oder Derivaten hiervon bestimmt. Ein weitergehender Spielraum ist den Beklagten auch nicht durch das fachplanerische Abwägungsgebot eröffnet, das auf die Berücksichtigung vorhabenbezogener Emissionen beschränkt ist. An einem Vorhabenbezug fehlt es, soweit Treibhausgasemissionen beim späteren Verbrauch des transportierten Gases entstehen. Das verfassungsrechtliche Klimaschutzgebot aus Art. 20a GG steht diesem Ergebnis nicht entgegen, weil der Gesetzgeber unter Ausnutzung des ihm insoweit zustehenden Gestaltungsspielraums das Ziel der Minderung dieser Emissionen in anderer Weise verfolgt, etwa durch das Emissionshandelsrecht.


BVerwG 7 A 9.22 - Urteil vom 22. Juni 2023


Urteil vom 22.06.2023 -
BVerwG 7 A 9.22ECLI:DE:BVerwG:2023:220623U7A9.22.0

Planfeststellung einer LNG-Anbindungsleitung

Leitsätze:

1. Der Ausschluss einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 4 LNGG verstößt nicht gegen Unionsrecht.

2. Der Auffangtatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG erfasst auch die Zulassung von Vorhaben, die deshalb keiner Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind, weil eine nach dem UVPG an sich bestehende UVP-Pflicht oder UVP-Vorprüfungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 LNGG ausgeschlossen ist.

3. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 LNGG ist der Betrieb von LNG-Terminals mit verflüssigtem Erdgas bis zum 31. Dezember 2043 grundsätzlich zulässig, sodass es der Genehmigungsbehörde verwehrt ist, im Genehmigungsbescheid einen früheren Zeitpunkt für die Beendigung eines LNG-basierten Betriebs zu verfügen. Entsprechendes gilt in der Folge auch für die Planfeststellungsbehörde bei der Planfeststellung einer LNG-Anbindungsleitung.

4. Das fachplanerische Abwägungsgebot gilt vorhabenbezogen und deshalb nur im Hinblick auf solche Auswirkungen, die dem jeweiligen Vorhaben bei wertender Betrachtung zurechenbar sind, weil sich in ihnen ein vorhabenspezifisches Risiko realisiert, dessen Bewältigung das gesetzliche Planfeststellungserfordernis zu dienen bestimmt ist.

5. Zu den abwägungserheblichen Umweltauswirkungen einer LNG-Anbindungsleitung gehören nicht die Treibhausgasemissionen, die beim späteren Verbrauch des transportierten Gases entstehen.

6. Das Berücksichtigungsgebot des § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG begründet keine neuen Handlungs- und Entscheidungsspielräume, sondern setzt das Bestehen derartiger Spielräume aufgrund gesetzlicher Regelungen voraus (Anschluss an BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 61 f.).

  • Rechtsquellen
    Richtlinie 2011/92/EU Art. 2 Abs. 4
    GG Art. 20a
    EnWG § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 3, § 43e Abs. 3
    KSG §§ 1, 3, 4 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 1
    LNGG § 2 Abs. 1 Nr. 3, §§ 4, 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2, § 12 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 1
    UmwRG § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 5, § 2 Abs. 1 und 4, §§ 4, 6
    VwGO § 50 Abs. 1 Nr. 6

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 22.06.2023 - 7 A 9.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:220623U7A9.22.0]

Urteil

BVerwG 7 A 9.22

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2023
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Korbmacher und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Löffelbein, Dr. Wöckel, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Bähr und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Seidel
für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe

I

1 Der Kläger, eine nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für die Errichtung und den Betrieb der LNG-Anbindungsleitung von Wilhelmshaven nach Etzel. Die etwa 26 km lange Rohrleitung dient zum Transport regasifizierten Flüssigerdgases (Liquefied Natural Gas - LNG). Die Leitung bindet eine schwimmende Speicher- und Regasifizierungseinheit (Floating Storage and Regasification Unit - FSRU) sowie künftig ein landgebundenes Terminal an das Gasfernleitungsnetz an. Der Kläger begehrt eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um eine Regelung zum künftigen Betrieb der Leitung ausschließlich mit sogenanntem grünen Wasserstoff oder Derivaten hiervon.

2 Unter dem 29. April 2022 beantragte die Beigeladene die Feststellung des Plans. Am 1. Juni 2022 trat das Gesetz zur Beschleunigung des Einsatzes verflüssigten Erdgases (LNGG) in Kraft. Der Beklagte nahm dies zum Anlass, von einer ursprünglich beabsichtigten Umweltverträglichkeitsprüfung abzusehen. Mit Beschluss vom 19. August 2022 stellte er den Plan für das Vorhaben fest.

3 Der Kläger hat am 16. September 2022 Klage erhoben. Der Beklagte habe die gebotene Ermittlung der klimarelevanten Auswirkungen des Vorhabens unterlassen. Beim Verbrauch des durch die Leitung transportierten Erdgases würden jährlich mindestens 45 Mio. t Kohlendioxid freigesetzt. Dies entspreche - bezogen jeweils auf das Jahr 2030 - mehr als 40 % der Jahresemissionsmenge für den Energiesektor, knapp 40 % der Jahresemissionsmenge für den Industriesektor und knapp 70 % der Jahresemissionsmenge für den Gebäudesektor. Binnen zehn Jahren würden 15 % des deutschen CO2-Budgets aufgebraucht, das nach Berechnung des Sachverständigenrates für Umweltfragen maximal noch zur Verfügung stehe, um das 1,5°C-Ziel des Pariser Klimaschutzübereinkommens mit 50%iger Wahrscheinlichkeit zu erreichen. Angesichts dieser Größenordnung hätte eine abwägungsfehlerfreie Berücksichtigung der Klimaschutzziele zu einer zeitlichen Begrenzung des Betriebs mit fossilem Gas führen müssen. Das Berücksichtigungsgebot des § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG sei sektorübergreifend im Sinne einer Gesamtbilanz zu verstehen. Es erstrecke sich deshalb auch auf die klimarelevanten Emissionen des Gasverbrauchs, die andernfalls in behördlichen Entscheidungsprozessen vollständig ausgeblendet blieben. Zur verfassungsrechtlich gebotenen rechtzeitigen Einleitung des Übergangs zur Klimaneutralität bedürfe es eines hinreichenden Maßes an Entwicklungsdruck und Planungssicherheit, woraus auch der Exekutive eine aktive Steuerungsrolle zuwachse. Beklagter und Beigeladene müssten dazu beitragen, dass schnellstmöglich, jedenfalls aber ab Beginn der 2030er Jahre, weitgehend eine Versorgung mit Wasserstoff gewährleistet sei. Die unbefristete Zulassung eines Betriebs mit fossilem Gas setze gegenteilige Anreize.

4 Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss vom 19. August 2022 zu ergänzen um eine Verpflichtung der Beigeladenen, wonach die planfestgestellte Gasversorgungsleitung Nr. 104 bei Außerbetriebnahme der am Standort Voslapper Groden in Wilhelmshaven beabsichtigten Floating Storage and Regasification Unit (FSRU), spätestens aber ab 1. Januar 2033 nicht mehr mit fossilem Gas, sondern nur mit durch Elektrolyse unter Zuhilfenahme von erneuerbar erzeugtem Strom erzeugtem Wasserstoff sowie dessen Derivaten betrieben werden darf,
hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden über eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses vom 19. August 2022 um eine Verpflichtung der Beigeladenen, wonach die planfestgestellte Gasversorgungsleitung Nr. 104 ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr mit fossilem Gas, sondern nur mit durch Elektrolyse unter Zuhilfenahme von erneuerbar erzeugtem Strom erzeugtem Wasserstoff sowie dessen Derivaten betrieben werden darf.

5 Der Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,
die Klage abzuweisen.

6 Der Beklagte macht geltend, der Gasverbrauch sei nicht Gegenstand des Vorhabens und rechtfertige daher keine behördlichen Beschränkungen des Leitungsbetriebs. Nur durch das Vorhaben selbst verursachte Emissionen seien nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG sektorübergreifend zu berücksichtigen. Es sei nicht verlässlich zu prognostizieren, zu welchem Zeitpunkt die Leitung nicht mehr für den Transport von Erdgas benötigt werde. Wegen der gesetzlichen Befristung von Genehmigungen für den Betrieb der Terminals mit fossilem Gas bis Ende 2043 gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LNGG könne für eine Anbindungsleitung nicht ein deutlich früheres Ende des fossilen Betriebs vorgegeben werden.

7 Die Beigeladene hält die Klage für unzulässig, weil der Kläger zuvor keinen entsprechenden Antrag beim Beklagten gestellt habe, jedenfalls aber für unbegründet. § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG ändere nichts am Vorhabenbezug der fachplanerischen Abwägung und erstrecke sich daher nicht auf Auswirkungen des Gasverbrauchs. Verbrauchsbedingte Emissionen seien dem Leitungsvorhaben nicht zuzurechnen. Für sie bestehe in anderem Kontext ein umfassender Regelungskomplex zur Einhaltung der Klimaschutzziele. Die gesetzgeberische Entscheidung zugunsten der Zulässigkeit eines fossilen Betriebs der Terminals bis Ende des Jahres 2043 stehe der begehrten Planergänzung entgegen. Auch der Netzentwicklungsplan Gas gehe von einer künftigen Energieversorgung mit Erdgas aus. Es lasse sich nicht belastbar prognostizieren, ab wann eine Umstellung auf grünen Wasserstoff zu wirtschaftlich zumutbaren Bedingungen möglich sei.

8 Die Vertreterin des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht stellt keinen Antrag.

II

9 Die Klage, über die das Bundesverwaltungsgericht als erstinstanzlich zuständiges Gericht zu entscheiden hat, ist zulässig, aber sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit dem Hilfsantrag unbegründet.

10 A. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich aus § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i. V. m. § 12 Satz 1 des Gesetzes zur Beschleunigung des Einsatzes verflüssigten Erdgases (LNG-Beschleunigungsgesetz - LNGG) vom 24. Mai 2022 (BGBl. I S. 802), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Oktober 2022 (BGBl. I S. 1726). Danach entscheidet das Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten über Vorhaben nach § 2 LNGG. Der Kläger wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für die Errichtung und den Betrieb der LNG-Anbindungsleitung von Wilhelmshaven nach Etzel. Dabei handelt es sich um ein Vorhaben nach § 2 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 LNGG i. V. m. Nr. 2.5 der Anlage zum LNGG. Die Leitung dient zur Anbindung der Floating Storage and Regasification Unit (FSRU) am Standort Voslapper Groden in Wilhelmshaven sowie eines ebenda geplanten landgebundenen Terminals an das Gasfernleitungsnetz.

11 B. Die Klage, die auf Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um eine Regelung zum künftigen Betrieb der Leitung nur noch mit klimaneutralem Wasserstoff und Derivaten hiervon gerichtet ist, ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.

12 1. Als eine nach § 3 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) anerkannte Umweltvereinigung ist der Kläger gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG klagebefugt.

13 Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann eine anerkannte Umweltvereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG einlegen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG gehören hierzu auch Verwaltungsakte, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b des § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden. So liegt es hier.

14 a) Gegenstand des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses sind die Errichtung und der Betrieb einer LNG-Anbindungsleitung (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung <Energiewirtschaftsgesetz - EnWG> vom 7. Juli 2005 <BGBl. I S. 1970, 3621>, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Mai 2023 <BGBl. I Nr. 133>) und damit die Zulassung eines Vorhabens im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG (vgl. zum Begriff der Vorhabenzulassung BVerwG, Urteil vom 8. November 2022 - 7 C 7.21 - NVwZ 2023, 745 Rn. 18 f. m. w. N.). Der Planfeststellungsbeschluss ergeht unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften (vgl. § 1 Abs. 4 UmwRG) des Bundesrechts. Das gilt namentlich im Hinblick auf das fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot gemäß § 43 Abs. 3 EnWG, das die Berücksichtigung auch von Belangen des Umweltschutzes fordert (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 9 A 18.11 - BVerwGE 144, 243 Rn. 12), in Verbindung mit § 13 Abs. 1 Satz 1 des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG) vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2513), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. August 2021 (BGBl. I S. 3905), insbesondere solcher des Klimaschutzes.

15 b) Durch den Planfeststellungsbeschluss wird im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG ein "andere[s] als in den Nummern 1 bis 2b genannte[s] Vorhaben" zugelassen.

16 Der Rückgriff auf Nummer 5 des § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG ist insbesondere nicht im Hinblick auf Nummer 1 dieser Vorschrift ausgeschlossen. Danach ist das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die unter anderem nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann.

17 Zwar handelt es sich bei dem Planfeststellungsbeschluss um eine Zulassungsentscheidung im Sinne von § 2 Abs. 6 Nr. 1 UVPG. Auch sind Vorhaben der hier in Rede stehenden Art grundsätzlich einer allgemeinen Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht unterworfen (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 UVPG i. V. m. Nr. 19.12.3 der Anlage 1 zum UVPG), sodass dafür im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG eine UVP-Pflicht bestehen kann. Nachdem die Beigeladene die Durchführung einer UVP beantragt und der Beklagte dies als zweckmäßig erachtet hatte, bestand für das streitige Vorhaben ursprünglich sogar eine UVP-Pflicht unabhängig von einer Vorprüfung (§ 7 Abs. 3 UVPG).

18 Im Nachgang hierzu ist aber am 1. Juni 2022 das LNG-Beschleunigungsgesetz in Kraft getreten, das auf das zu diesem Zeitpunkt bereits begonnene, aber noch nicht abgeschlossene Planfeststellungsverfahren Anwendung findet (§ 13 Abs. 1 Satz 1 LNGG). Gemäß § 4 Abs. 1 LNGG ist das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung hier nicht anzuwenden, sodass weder eine UVP noch eine UVP-Vorprüfung durchzuführen war (aa). Diese Regelung verstößt nicht gegen Unionsrecht (bb) und hat zur Folge, dass der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG eröffnet ist (cc).

19 aa) § 4 Abs. 1 LNGG bestimmt, dass abweichend von § 1 Abs. 4 UVPG die für die Zulassungsentscheidung zuständige Behörde bei Vorhaben nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, 3, 4 und 5 LNGG das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 des § 4 LNGG nicht anzuwenden hat, wenn eine beschleunigte Zulassung des konkreten Vorhabens geeignet ist, einen relevanten Beitrag zu leisten, um eine Krise der Gasversorgung zu bewältigen oder abzuwenden. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen in dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses erfüllt waren.

20 (1) Unter den in § 4 Abs. 1 LNGG genannten Voraussetzungen gilt es nach Einschätzung des Gesetzgebers auch eine in Monaten oder Wochen gemessene Verfahrensverzögerung und daraus potenziell resultierende Gasversorgungslücken unbedingt zu vermeiden (vgl. hierzu und zum Folgenden BT-Drs. 20/1742 S. 18). Von einem relevanten Beitrag zur Bewältigung oder Abwendung einer Gasversorgungskrise ist regelmäßig auszugehen, wenn über die konkrete Anlage mehr als nur geringfügig LNG eingespeist werden kann und soll und eine Gasmangellage vorliegt oder droht. Für eine Gasmangellage ist eine Gaswarnstufe nach dem Notfallplan Gas nach der Verordnung (EU) 2017/1938 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 (ABl. L 280 S. 1), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2022/1032 vom 29. Juni 2022 (ABl. L 173 S. 17, L 245 S. 70), ein Indiz. Eine Gasmangellage entfällt, wenn die Versorgung zwischenzeitlich durch andere neu hinzugekommene sichere Bezugsquellen dauerhaft gesichert ist. Von einem mengenmäßig relevanten Beitrag kann regelmäßig ausgegangen werden, wenn das Vorhaben eine jährliche Regasifizierungskapazität von zumindest 5 Mrd. m³ erreicht oder überschreitet. Anbindungsleitungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 LNGG leisten regelmäßig einen relevanten Beitrag dazu, eine Krise der Gasversorgung abzuwenden, wenn sie zur Anbindung einer Anlage, für die die Behörde nach ihrer Einschätzung von einem solchen Beitrag ausgeht, an das Fernleitungsnetz benötigt werden.

21 Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Beklagte zutreffend bejaht. Der Kläger zieht dies nicht in Zweifel. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat am 30. März 2022 die Frühwarnstufe und am 23. Juni 2022 die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Nach dem von dem damaligen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie auf der Grundlage von Art. 8 der Verordnung (EU) 2017/1938 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 beschlossenen Notfallplan Gas rechtfertigen unter anderem gravierende Reduzierungen von Gasströmen an wichtigen physischen Einspeisepunkten und der Ausfall von wichtigen Aufkommensquellen, die Ausrufung der Alarmstufe. Sowohl im Zeitpunkt der Anordnung der Alarmstufe als auch im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses lagen beide Voraussetzungen vor, nachdem Russland seine Gaslieferungen deutlich reduziert hatte. In ihrem Lagebericht Gasversorgung vom 19. August 2022 beschrieb die Bundesnetzagentur die Lage als angespannt; eine weitere Verschlechterung der Situation könne nicht ausgeschlossen werden (https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Gasversorgung/Archiv/start.html). Die streitgegenständliche Gasleitung leistet auch einen relevanten Beitrag zur Abwendung einer Gasversorgungskrise. Sie bindet die FSRU in Wilhelmshaven mit einer Regasifizierungskapazität von ca. 7,5 Mrd. m3 pro Jahr an die Norddeutsche Erdgas-Transversale (NETRA) an.

22 (2) Die verfahrensrechtlichen Maßgaben zur Beteiligung der Öffentlichkeit sowie zur Unterrichtung der Europäischen Kommission gemäß § 4 Abs. 4 und 5 LNGG sind beachtet worden. Die Europäische Kommission hat die unionsrechtliche Zulässigkeit des Vorgehens bestätigt.

23 bb) § 4 LNGG steht mit Unionsrecht, namentlich mit der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung (ABl. L 26 S. 1) in der durch die Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 (ABl. L 124 S. 1) geänderten Fassung (UVP-RL) im Einklang.

24 Nach Art. 2 Abs. 4 Unterabs. 1 UVP-RL können Mitgliedstaaten unbeschadet des Art. 7 der Richtlinie in Ausnahmefällen ein bestimmtes Projekt von den Bestimmungen der Richtlinie ausnehmen, wenn sich die Anwendung dieser Bestimmungen nachteilig auf den Zweck des Projekts auswirken würde, jedoch unter der Voraussetzung, dass die Ziele der Richtlinie verwirklicht werden. In diesem Fall müssen die Mitgliedstaaten nach Art. 2 Abs. 4 Unterabs. 2 UVP-RL prüfen, ob eine andere Form der Prüfung angemessen ist (Buchst. a), der betroffenen Öffentlichkeit bestimmte Informationen zugänglich machen (Buchst. b) sowie die Europäische Kommission vor Erteilung der Genehmigung unterrichten (Buchst. c).

25 Ein Ausnahmefall kommt danach insbesondere bei einer Gefährdung der Energieversorgungssicherheit in Betracht (vgl. EuGH, Urteil vom 29. Juli 2019 - C-411/17 [ECLI:​EU:​C:​2019:​622] - juris Rn. 97, 101 f.), wie sie § 4 Abs. 1 LNGG mit einer Krise der Gasversorgung, die es zu bewältigen oder abzuwenden gilt, in Bezug nimmt. Vernünftige Zweifel an der richtigen Anwendung der unionsrechtlichen Vorgaben und der Vereinbarkeit des § 4 LNGG hiermit, die Anlass zu einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union geben würden, resultieren nicht daraus, dass nach Art. 2 Abs. 4 Unterabs. 1 UVP-RL nur "in Ausnahmefällen ein bestimmtes Projekt" von den Bestimmungen der Richtlinie ausgenommen werden kann, während § 4 Abs. 1 LNGG das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung hinsichtlich aller Vorhaben nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, 3, 4 und 5 LNGG unter bestimmten Voraussetzungen für nicht anwendbar erklärt. Denn die Ausnahme nach § 4 Abs. 1 LNGG gilt nach § 2 Abs. 2 LNGG lediglich für die in der Anlage zum LNGG nach ihrem Standort spezifizierten Vorhaben und setzt überdies voraus, dass für jedes einzelne Vorhaben und damit für jedes "bestimmte Projekt" im Sinne des Art. 2 Abs. 4 Unterabs. 1 UVP-RL geprüft wird, ob die beschleunigte Zulassung geeignet ist, einen relevanten Beitrag zu leisten, um eine Krise der Gasversorgung zu bewältigen oder abzuwenden. Danach bedarf es in jedem Einzelfall einer Prüfung und Entscheidung der jeweils zuständigen Behörde, ob hinsichtlich des "konkreten Vorhabens" (so ausdrücklich § 4 Abs. 1 LNGG) eine Ausnahme von der Durchführung einer UVP oder UVP-Vorprüfung in Betracht kommt. Die Kritik, dass § 4 Abs. 1 LNGG einen Verzicht für abstrakt-generell beschriebene, nur mittels des Standorts näher konkretisierte Projekte und damit für eine ganze Projektkategorie anordne (so Schlacke/Wentzien/Römling, NVwZ 2022, 1577 <1585 f.> und Kment/Fimpel, NuR 2022, 599 <604>) überzeugt deshalb nicht. Durch die Einzelfallprüfung der Eignung nach § 4 Abs. 1 LNGG wird sichergestellt, dass nur solche Vorhaben von der Anwendung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung ausgenommen werden, bei denen sich diese nachteilig auf den Zweck des Projekts auswirken würde. Daher ist die Regelung in § 4 Abs. 1 LNGG auch nicht mit einer Ausnahmeregelung vergleichbar, die pauschal an bestimmte Schwellenwerte anknüpft (vgl. dazu EuGH, Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 13. November 2014 - C-570/13 [ECLI:​EU:​C:​2014:​2374] - Rn. 60).

26 cc) Der Ausschluss des Vorhabens vom Anwendungsbereich des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung führt zur Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG.

27 § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG dient, wie auch die Nummern 4 und 6 des § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG, dem Ziel einer vollständigen Umsetzung von Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens vom 25. Juni 1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention - AK -, BGBl. 2006 II S. 1251; vgl. BVerwG, Urteil vom 8. November 2022 - 7 C 7.21 - NVwZ 2023, 745 Rn. 19 m. w. N.). Die Norm hat Auffangcharakter und ist mit Blick auf die den mitgliedstaatlichen Gerichten obliegende Verpflichtung, das nationale Recht so weit wie möglich im Einklang sowohl mit den Zielen von Art. 9 Abs. 3 AK als auch mit dem Ziel eines effektiven Rechtsschutzes zu interpretieren, weit auszulegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. November 2022 - 7 C 7.21 - NVwZ 2023, 745 Rn. 19 m. w. N.). Mit Blick darauf ist das nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG bestehende Exklusivitätsverhältnis zwischen § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 5 UmwRG nach der Rechtsprechung des Senats einschränkend dahin zu verstehen, dass es nur solche Vorhaben betrifft, bei denen eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird und die mithin gemäß § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG einer umfassenden gerichtlichen Kontrolle unterliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. November 2022 - 7 C 7.21 - NVwZ 2023, 745 Rn. 24 m. w. N.). Der Auffangtatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG erfasst deshalb auch solche Vorhaben, bei denen nach Durchführung einer UVP-Vorprüfung keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind und deshalb eine UVP-Pflicht nicht besteht, obwohl wegen der aus der UVP-Vorprüfungspflicht resultierenden Möglichkeit einer UVP-Pflicht auch der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG erfüllt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2019 - 7 C 5.18 - BVerwGE 166, 321 Rn. 19, 25, 41). Er greift ferner dann ein, wenn eine gebotene UVP-Vorprüfung unterbleibt und deshalb nicht feststeht, ob eine UVP-Pflicht besteht oder nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. November 2022 - 7 C 7.21 - NVwZ 2023, 745 Rn. 25).

28 Ausgehend davon findet § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG auch Anwendung auf Zulassungsentscheidungen für Vorhaben, die deshalb keiner UVP zu unterziehen und mithin nach § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG einer umfassenden gerichtlichen Kontrolle entzogen sind, weil eine nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung an sich bestehende UVP-Pflicht oder UVP-Vorprüfungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 LNGG ausgeschlossen ist.

29 c) Auch im Übrigen sind die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UmwRG erfüllt. Insbesondere rügt der Kläger einen Verstoß gegen § 43 Abs. 3 EnWG i. V. m. § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG und damit eine Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften, die für den angegriffenen Planfeststellungsbeschluss von Bedeutung sein können (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 UmwRG). § 4 Abs. 1 Satz 10 KSG, wonach subjektive Rechte und klagbare Rechtspositionen durch oder aufgrund des Bundes-Klimaschutzgesetzes nicht begründet werden, steht der Rügebefugnis einer nach § 3 UmwRG anerkannten Umweltvereinigung, die eine unzureichende Berücksichtigung von Klimaschutzbelangen in der fachplanerischen Abwägung geltend macht, nicht entgegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 70).

30 2. Entgegen der Einschätzung der Beigeladenen ist die Klage nicht deshalb unzulässig, weil der Kläger vor Klageerhebung keinen erfolglosen Antrag beim Beklagten auf Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um die erstrebte Regelung gestellt hat. Der Kläger begehrt nicht isoliert den Erlass eines Verwaltungsakts, sondern wendet sich gegen den der Beigeladenen auf deren Antrag erteilten Planfeststellungsbeschluss, den er ohne die erstrebte Regelung für rechtswidrig hält. Wenn er sich dabei auf eine Verpflichtungsklage auf Planergänzung beschränkt, so entspricht dies dem Grundsatz der Planerhaltung (vgl. § 43 Abs. 4, § 43d EnWG i. V. m. § 75 Abs. 1a VwVfG). Danach kommt die gerichtliche Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses oder die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit nicht in Betracht - eine darauf gerichtete Klage wäre unbegründet –, wenn sich ein dem Planfeststellungsbeschluss anhaftender Rechtsfehler durch schlichte Planergänzung beheben lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 22, 24). Der Grundsatz der Planerhaltung rechtfertigt es nicht, dem durch einen - unterstellt - rechtswidrigen Planfeststellungsbeschluss in seinen Rechten Betroffenen oder einer ohne eigene Rechtsbetroffenheit klagebefugten Umweltvereinigung abzuverlangen, vor Klageerhebung zunächst bei der Planfeststellungsbehörde um Fehlerkorrektur nachzusuchen. Im Übrigen liefe dies auf ein Vorverfahren hinaus, dessen Durchführung es nach dem Gesetz nicht bedarf (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i. V. m. § 74 Abs. 1 Satz 2 und § 70 VwVfG).

31 C. Die Klage ist sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit dem Hilfsantrag unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht deshalb gegen für ihn bedeutsame umweltbezogene Rechtsvorschriften (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG), weil er die von dem Kläger begehrte Regelung nicht enthält oder der Beklagte zumindest über eine entsprechende Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses zu entscheiden hätte.

32 Der Kläger begehrt in erster Linie die Verpflichtung des Beklagten zur Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um eine Regelung, wonach die Anbindungsleitung ab dem Zeitpunkt der Außerbetriebnahme der FSRU am Standort Voslapper Groden in Wilhelmshaven, spätestens aber ab dem 1. Januar 2033 nicht mehr mit fossilem Gas, sondern nur noch mit klimaneutralem Wasserstoff und Derivaten hiervon betrieben werden darf. Hilfsweise begehrt er die Verpflichtung des Beklagten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um eine Regelung zu entscheiden, nach der die Anbindungsleitung ab einem bestimmten künftigen Zeitpunkt nur noch in der beschriebenen Weise betrieben werden darf; ausweislich des Vorbringens des Klägers muss dieser "bestimmte künftige Zeitpunkt" jedenfalls (deutlich) vor Ablauf des Jahres 2043 liegen.

33 Der Beklagte ist zu einer derartigen Planergänzung nicht berechtigt. Ihr stehen zwingende Vorschriften des LNG-Beschleunigungsgesetzes entgegen (1.). Das fachplanerische Abwägungsgebot eröffnet auch in Verbindung mit dem klimaschutzrechtlichen Berücksichtigungsgebot gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG dem Beklagten insoweit keinen Entscheidungsspielraum (2.). Das verfassungsrechtliche Klimaschutzgebot steht diesem Ergebnis nicht entgegen (3.).

34 1. Nach dem LNG-Beschleunigungsgesetz ist der Betrieb von LNG-Terminals mit verflüssigtem Erdgas bis zum 31. Dezember 2043 grundsätzlich zulässig, sodass es der Genehmigungsbehörde - vorbehaltlich eines entsprechend beschränkten Genehmigungsantrags - verwehrt ist, im Genehmigungsbescheid einen früheren Zeitpunkt für die Beendigung eines LNG-basierten Betriebs zu verfügen (a). Entsprechendes gilt in der Folge auch für die Planfeststellungsbehörde bei der Planfeststellung einer LNG-Anbindungsleitung (b).

35 a) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LNGG ist das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) mit der Maßgabe anzuwenden, dass für Anlagen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 LNGG (LNG-Terminals) die Genehmigung nach § 4 BImSchG mit der Bestimmung zu erteilen ist, dass der Betrieb der Anlage mit verflüssigtem Erdgas spätestens am 31. Dezember 2043 einzustellen ist. Soll eine derartige Anlage über den 31. Dezember 2043 hinaus betrieben werden, kann nach § 5 Abs. 2 LNGG die Genehmigung zum Weiterbetrieb nur für einen Betrieb mit klimaneutralem Wasserstoff und Derivaten hiervon erteilt werden (Satz 1) und ist dies bis zum Ablauf des 1. Januar 2035 zu beantragen (Satz 2). Mit diesen Regelungen will der Gesetzgeber rechtlich absichern, dass die LNG-Terminals und die LNG-Anbindungsleitungen bereits "wasserstoff-ready" geplant werden, um in Einklang mit den Klimaschutzzielen des Bundes-Klimaschutzgesetzes und Vorgaben des Klimaschutzbeschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18 u. a. - (BVerfGE 157, 30) eine möglichst frühzeitige Umstellung auf Wasserstoff zu ermöglichen (vgl. BT-Drs. 20/1742 S. 16). Sie schließen es aus, dass eine Behörde im Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren eine kürzere Frist als bis zum 31. Dezember 2043 zur zwingenden Umstellung des Anlagenbetriebs auf grünen Wasserstoff oder Derivaten hiervon bestimmt.

36 § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LNGG regelt für den Betrieb der LNG-Terminals mit verflüssigtem Erdgas eine maximal zulässige Höchstfrist bis zum 31. Dezember 2043. Der Gesetzeswortlaut gibt keinen Anhalt dafür, dass die Genehmigungsbehörde eine kürzere Frist als bis zum 31. Dezember 2043 anordnen dürfte, wenn ein Genehmigungsantragsteller die Höchstfrist auszuschöpfen gedenkt. Ein diesbezüglicher behördlicher Entscheidungsspielraum widerspräche dem gebundenen Charakter der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 6 Abs. 1 BImSchG, an dem auch das klimaschutzrechtliche Berücksichtigungsgebot gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG, das keine neuen Handlungs- oder Entscheidungsspielräume eröffnet (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 62 sowie unten Rn. 43), nichts ändert. Dafür spricht ferner § 5 Abs. 2 Satz 1 LNGG, der sachlich an die Befristungsregelung in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LNGG anknüpft. Wenn danach ein Weiterbetrieb von LNG-Terminals über den 31. Dezember 2043 hinaus nur mit klimaneutralem Wasserstoff und Derivaten hiervon genehmigt werden kann, so bedeutet dies im Umkehrschluss, dass ein Anlagenbetrieb mit verflüssigtem Erdgas bis zum 31. Dezember 2043 genehmigungsfähig ist. Für diese Sichtweise streitet schließlich auch der in der Entwurfsbegründung zum Ausdruck gebrachte Wille des Gesetzgebers, mit der Regelung in § 5 Abs. 2 Satz 1 LNGG "den Betreibern [...] bereits vor Inbetriebnahme der Anlage ein[en] Weg zur Nutzung über das Jahr 2043 hinaus" aufzuzeigen und sowohl hierdurch als auch durch die Befristung des fossilen Betriebs nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LNGG zu ihren Gunsten für kalkulatorische Planungssicherheit zu sorgen (vgl. BT-Drs. 20/1742 S. 21).

37 b) In entsprechender Weise ist es im Rahmen der Planfeststellung einer LNG-Anbindungsleitung der Planfeststellungsbehörde verwehrt, den Betrieb der Leitung mit fossilem Gas auf einen Zeitpunkt vor dem 31. Dezember 2043 zu befristen, soweit sie damit hinter dem Antrag des Vorhabenträgers zurückbliebe. Zwar beziehen sich die für die Befristung eines fossilen Betriebs maßgeblichen Regelungen in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 LNGG unmittelbar nur auf die Zulassung von Terminals nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 LNGG, nicht hingegen auch auf die Zulassung von Anbindungsleitungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 LNGG. Bei diesen handelt es sich aber um eine notwendige "Hilfsinfrastruktur", ohne die ein Betrieb der Terminals praktisch nicht möglich wäre. Angesichts des dienenden, akzessorischen Charakters der Anbindungsleitungen bedurfte es keiner Erstreckung der Befristungsregelungen in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 LNGG auch auf sie. Denn sobald ein fossiler Betrieb der Terminals eingestellt wird, kommt es auch nicht mehr zur Durchleitung fossilen Gases durch eine Anbindungsleitung. Umgekehrt müssen Anbindungsleitungen aber für die gesamte Dauer des zulässigen fossilen Betriebs der angebundenen Terminals für die Durchleitung fossilen Gases tatsächlich und rechtlich zur Verfügung stehen. Andernfalls würde auch das mit § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 LNGG vom Gesetzgeber verfolgte Ziel, zugunsten der Anlagenbetreiber für Planungssicherheit zu sorgen, konterkariert. Diese Vorschriften enthalten deshalb auch für die Planfeststellung einer Anbindungsleitung eine zwingende gesetzliche Vorgabe zur zulässigen Dauer eines Betriebs mit fossilem Gas, die im Rahmen der fachplanerischen Abwägung nicht überwunden werden kann.

38 2. Das fachplanerische Abwägungsgebot eröffnet dem Beklagten auch deshalb keinen weitergehenden Spielraum für zeitliche Beschränkungen eines fossilen Leitungsbetriebs, weil es auf vorhabenbedingte Auswirkungen beschränkt ist und sich daher nicht auf die - von dem Kläger innerhalb der Klagebegründungsfrist und auch später ausschließlich thematisierten - Treibhausgasemissionen beim Verbrauch des durch die Anbindungsleitung transportierten Gases erstreckt (a). Aus dem klimaschutzrechtlichen Berücksichtigungsgebot gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG ergibt sich nichts anderes (b).

39 a) Nach § 43 Abs. 3 EnWG sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Hierin kommt der Vorhabenbezug der fachplanerischen Abwägung zum Ausdruck. Sie dient der optimalen Gestaltung des Vorhabens im Hinblick auf die mit ihm verfolgten Ziele sowie der Bewältigung der durch das Vorhaben ausgelösten Konflikte. Das Vorhaben in diesem Sinne besteht vorliegend aus der Errichtung und dem Betrieb der Anbindungsleitung. Der Leitungsbetrieb umfasst den Transport des Erdgases, nicht hingegen auch einen späteren Gasverbrauch. Zwar sind auch mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens in die Abwägung einzustellen. Stets muss es sich aber um Auswirkungen gerade des Vorhabens handeln. Das setzt voraus, dass die jeweiligen Auswirkungen dem Vorhaben bei wertender Betrachtung zurechenbar sind, weil sich in ihnen ein vorhabenspezifisches Risiko realisiert, dessen Bewältigung das gesetzliche Planfeststellungserfordernis zu dienen bestimmt ist. Das ist in der Rechtsprechung etwa im Rahmen der fernstraßenrechtlichen Planfeststellung bei einem eindeutigen Ursachenzusammenhang zwischen einem Straßenbauvorhaben und der zu erwartenden Verkehrszunahme auf einer anderen, nicht vom Planfeststellungsbeschluss umfassten Straße angenommen worden (BVerwG, Urteil vom 17. März 2005 - 4 A 18.04 - BVerwGE 123, 152 <157>), ferner dann, wenn sich die Auswirkungen eines Vorhabens auf die Aufgabenerfüllung einer anderen Behörde dauerhaft erheblich auswirken können (BVerwG, Urteile vom 28. April 2016 - 9 A 11.15 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 171 Rn. 13 und - 9 A 8.15 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 170 Rn. 15 sowie vom 28. Februar 2019 - 3 A 4.16 - BVerwGE 165, 33 Rn. 28). Eine solche oder eine vergleichbare Konstellation liegt hier nicht vor (in diesem Sinne auch BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2021 - 4 B 25.20 - juris Rn. 22). Die bestimmungsgemäße Nutzung der Anbindungsleitung liegt im Gastransport und erschöpft sich darin. Der spätere Verbrauch des Gases findet an anderer Stelle statt und unterliegt eigenen Regulierungen gerade auch mit dem Ziel einer Reduktion damit verbundener Treibhausgasemissionen, insbesondere durch das einschlägige Anlagenzulassungsrecht, das Treibhausgas-Emissionshandelsrecht sowie rechtliche Vorgaben für den Energieeinsatz in Gebäuden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 2023 - 7 VR 3.23 - juris Rn. 45).

40 Zudem spricht eine normative Bewertung dieser mittelbaren Auswirkungen des Vorhabens dagegen, sie der Anbindungsleitung zuzurechnen. Das folgt bereits aus dem sektorspezifischen Ansatz des Bundes-Klimaschutzgesetzes, welches nach § 4 Abs. 1 Satz 1 KSG jährliche Minderungsziele für die Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft sowie Abfallwirtschaft und Sonstiges vorsieht. Das durch das Gasfernleitungsnetz transportierte Gas ist aber sektorneutral und kann in jedem der genannten Sektoren Verwendung finden. Eine Zuordnung zu einem dieser Sektoren kann daher erst mit dem klimarelevanten Verbrauch des Gases, nicht aber mit seinem Transport erfolgen (BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 2023 - 7 VR 3.23 - juris Rn. 46).

41 In ähnlicher Weise setzt auch das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (Gesetz über den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen <Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz - TEHG> vom 21. Juli 2011 <BGBl. I S. 1475>, zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. August 2021 <BGBl. I S. 3436>) in seinem § 4 Abs. 1 Satz 1 bei der Emission von Treibhausgasen und nicht bei dem Transport fossiler Brennstoffe an. Der durch die genannte Vorschrift in Bezug genommene Anhang 1 Teil 2 Nummer 1 bis 32 führt lediglich Treibhausgas emittierende Anlagen auf. Transportleitungen werden allein in Nummer 31 erwähnt. Dort geht es aber um Leitungen zur Beförderung von Treibhausgasen, die zum Zwecke der geologischen Speicherung - und nicht zu einem späteren Verbraucher - transportiert werden (BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 2023 - 7 VR 3.23 - juris Rn. 47).

42 b) An dem Vorhabenbezug der Abwägung ändert auch § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG nichts.

43 Danach haben die Träger öffentlicher Aufgaben bei ihren Planungen und Entscheidungen den Zweck dieses Gesetzes und die zu seiner Erfüllung festgelegten Ziele zu berücksichtigen. Dieses Berücksichtigungsgebot ist Ausfluss und Konkretisierung der aus Art. 20a GG folgenden staatlichen Verpflichtung zum Klimaschutz einschließlich des Ziels der Herstellung von Klimaneutralität. Es soll nach dem Willen des Gesetzgebers bei allen Planungen und Entscheidungen der Exekutive zum Tragen kommen, soweit im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften Entscheidungsspielräume bestehen. § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG begründet selbst keine neuen Handlungs- und Entscheidungsspielräume, sondern setzt das Bestehen derartiger Spielräume aufgrund gesetzlicher Regelungen voraus (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 61 f. m. w. N.). Rechtlicher Anknüpfungspunkt dafür ist vorliegend das fachplanerische Abwägungsgebot und der dem Beklagten als Planfeststellungsbehörde insoweit eröffnete Gestaltungsspielraum. Wegen des Vorhabenbezugs der Abwägung ist das Berücksichtigungsgebot jedoch - wie dargelegt - auf Klimaauswirkungen beschränkt, die dem Vorhaben zurechenbar sind. Es erstreckt sich deshalb nicht auf Klimaauswirkungen des Verbrauchs des durch die Leitung transportierten Erdgases.

44 Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist eine andere Einschätzung nicht deshalb veranlasst, weil das Berücksichtigungsgebot nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sektorübergreifend im Sinne einer Gesamtbilanz zu verstehen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 83). Danach ist mit Blick auf Zweck und Ziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes eine Berücksichtigung der klimarelevanten Auswirkungen eines Vorhabens über alle in der Anlage 1 des Bundes-Klimaschutzgesetzes genannten Sektoren hinweg geboten. Die Betrachtung darf sich also nicht auf einzelne Sektoren beschränken. Dementsprechend sind nicht nur die in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 KSG genannten, potenziell emissionsverursachenden Sektoren in den Blick zu nehmen, sondern auch der positiv für die Gesamtbilanz wirkende Beitrag des Sektors der Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft nach § 3a KSG, wenn durch das Vorhaben Klimasenken beeinträchtigt oder zerstört werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 83 f., 99). Daraus ergibt sich indes nichts für die vorgelagerte Frage, ob es sich bei bestimmten klimarelevanten Auswirkungen um solche des Vorhabens handelt. Nur soweit dies der Fall ist, greift das Berücksichtigungsgebot des § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG ein. Die Vorschrift ist keine Zurechnungsnorm für anderweitig verursachte Klimafolgen. Sie gebietet die Berücksichtigung der klimarelevanten Auswirkungen des geplanten Vorhabens über alle Sektoren hinweg, nicht aber eine sektorübergreifende Zurechnung von Treibhausgasemissionen aus anderen Quellen.

45 3. Das verfassungsrechtliche Klimaschutzgebot steht diesem Ergebnis nicht entgegen.

46 Art. 20a GG verpflichtet den Staat - auch in Verantwortung für künftige Generationen - zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen; dies umfasst die Verpflichtung zum Klimaschutz einschließlich des Ziels der Herstellung von Klimaneutralität (vgl. grundlegend BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18, 1 BvR 78, 96 und 288/20 - BVerfGE 157, 30 Rn. 197 f.). Zu den Adressaten des Schutzgebots gehört die vollziehende Gewalt "nach Maßgabe von Gesetz und Recht". Das bedeutet, dass die Staatsziele des Art. 20a GG für die Verwaltung grundsätzlich dort Bedeutung entfalten, wo die Gesetze ihr Entscheidungsspielräume überlassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 61). Konkretisierung und Ausgestaltung des Klimaschutzgebots obliegen aber in erster Linie dem Gesetzgeber, dem sich dabei ein erheblicher Gestaltungsspielraum eröffnet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18, 1 BvR 78, 96 und 288/20 - BVerfGE 157, 30 Rn. 205, 207, 213, 249). Er hat mit dem Bundes-Klimaschutzgesetz den maßgeblichen Rechtsrahmen für die nationale Klimapolitik geschaffen und das Klimaschutzziel des Grundgesetzes in § 1 Satz 3 KSG näher bestimmt (BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18, 1 BvR 78, 96 und 288/20 - BVerfGE 157, 30 Rn. 197, 208 f.; BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 62). Zu diesem Zweck sieht das Gesetz als nationale Klimaschutzziele eine schrittweise Minderung der Treibhausgasemissionen vor (§ 3 KSG) und legt dafür durch Vorgabe von Jahresemissionsmengen jährliche Minderungsziele für verschiedene Sektoren fest (§ 4 KSG). Diese Festlegungen richten sich in erster Linie an den Gesetzgeber selbst, in dessen Entscheidung es liegt, wie er innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit in den einzelnen Sektoren die Klimaschutzziele erreichen will (BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 97). Auf bestimmte einzelne Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele ist er von Verfassungs wegen nicht festgelegt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Dezember 2022 - 1 BvR 2146/22 - NVwZ 2023, 158 Rn. 5). Er überschreitet seinen Gestaltungsspielraum nicht, wenn er - wie im vorliegenden Kontext bezogen auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2043 - das Ziel einer sukzessiven Minderung von Treibhausgasemissionen aufgrund des Verbrauchs fossilen Gases nicht durch einschränkende Vorgaben für die Betriebszulassung von Anlagen der Gasversorgungsinfrastruktur verfolgt, sondern regulatorisch am Gasverbrauch ansetzt, insbesondere durch das insoweit einschlägige Anlagenzulassungsrecht, das Treibhausgas-Emissionshandelsrecht oder rechtliche Vorgaben für den Energieeinsatz in Gebäuden. Die vom Kläger in den Fokus gerückte maximale Transportkapazität der planfestgestellten Anbindungsleitung hindert den Gesetzgeber nicht, wirksame verbrauchsbezogene Emissionsminderungsmaßnahmen zu ergreifen. Die Beigeladene hat keinen Anspruch auf eine bestimmte Durchleitungsmenge fossilen Gases bis zum 31. Dezember 2043 und kann auch nicht berechtigterweise darauf vertrauen, dass die Anbindungsleitung noch bis zu diesem Zeitpunkt für den Gastransport tatsächlich benötigt wird und wirtschaftlich betrieben werden kann. Es ist gegenwärtig auch nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit Rücksicht auf die erklärtermaßen als Brückenlösung und mit der Perspektive einer Umstellung auf klimaneutralen Wasserstoff und Derivaten hiervon konzipierte LNG-Infrastruktur (vgl. BT-Drs. 20/1742 S. 16, 20 f.) von weiteren Anstrengungen zur Reduzierung des Einsatzes fossilen Gases Abstand nehmen und seine selbst gesetzten Klimaschutzziele deshalb verfehlen könnte. Schließlich ist es auch nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, im Rahmen des Berücksichtigungsgebots des § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG eine dem Gesetzgeber zukommende Entscheidung über die Frage, ob Erdgas als Energieträger benutzt wird, zu revidieren (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 97; Beschluss vom 22. Juni 2023 - 7 VR 3.23 - juris Rn. 48). Die Regelungen in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 LNGG sind Ausdruck einer gesetzgeberischen Entscheidung, dass die davon erfassten Anlagen noch bis zum 31. Dezember 2043 jedenfalls auch mit Erdgas betrieben werden dürfen (vgl. BT-Drs. 20/1742 S. 21).

47 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.