Verfahrensinformation

Tatsachenrevision im asylrechtlichen Verfahren betreffend Griechenland


Der Kläger ist ein 29-jähriger syrischer Staatsangehöriger. Ihm wurde in Griechenland internationaler Schutz zuerkannt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte den in Deutschland gestellten weiteren Asylantrag als unzulässig ab (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG) und drohte ihm die Abschiebung nach Griechenland an.


Die hiergegen erhobene Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen, da ihm unter Zugrundelegung der von der Rechtsprechung geforderten hohen Schwelle der Erheblichkeit bei einer Rückkehr nach Griechenland nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung (Art. 4 GRCh, Art. 3 EMRK) drohe. Zwar weise das griechische Aufnahmesystem für anerkannte Schutzberechtigte weiterhin erhebliche Defizite auf. Diese führten aber nicht allgemein zu systemischen Mängeln, die jedenfalls nicht für arbeitsfähige, gesunde und alleinstehende junge männliche Schutzberechtigte bestünden. Angehörige dieser Gruppe könnten die ersten sechs Monate, in denen kein Anspruch auf ein garantiertes Mindesteinkommen bestehe, im Allgemeinen durch Eigeninitiative bei der Suche nach einer Unterkunft und einer Arbeit überwinden. Dies gelte insbesondere, wenn sie Teil einer zahlenmäßig starken Einwanderungsgruppe aus demselben Sprach- und Kulturkreis seien.


Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über die hiergegen gerichtete Revision des Klägers im Verfahren der Tatsachenrevision im Asylrecht (§ 78 Abs. 8 AsylG), bei der es die aktuelle allgemeine asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Abschiebungszielstaat (hier Griechenland) für die genannte Personengruppe zu beurteilen hat.


Pressemitteilung Nr. 81/2025 vom 23.10.2025

Keine unmenschliche oder erniedrigende Aufnahmesituation für nichtvulnerable männliche Schutzberechtigte in Griechenland

Alleinstehenden, erwerbsfähigen und nichtvulnerablen männlichen international Schutzberechtigten drohen aktuell bei einer Rückkehr nach Griechenland keine erniedrigenden oder unmenschlichen Lebensbedingungen, die eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 4 der EU-Grundrechtecharta (GRC) zur Folge hätten. Ihnen ist es zur Deckung ihres Unterkunftsbedarfs zuzumuten, gegebenenfalls auch auf Notschlafstellen jenseits der durch Hoheitsträger und gesellschaftliche Organisationen vorgehaltenen Einrichtungen auszuweichen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden und damit seine einschlägige Rechtsprechung bekräftigt (vgl. Urteile vom 16. April 2025 - BVerwG 1 C 18.24 und BVerwG 1 C 19.24 -).


Dem im Januar 1996 geborenen Kläger, einem syrischen Staatsangehörigen, wurde in Griechenland internationaler Schutz zuerkannt. Im Juni 2018 reiste er in das Bundesgebiet ein. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte den hier gestellten weiteren Asylantrag als unzulässig ab und drohte ihm die Abschiebung nach Griechenland an. Die dagegen erhobene Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen, da ihm unter Zugrundelegung der von der Rechtsprechung geforderten hohen Schwelle der Erheblichkeit bei einer Rückkehr nach Griechenland nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigen Behandlung (Art. 4 GRC) drohe.


Die vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof als sogenannte Tatsachenrevision nach § 78 Abs. 8 AsylG zugelassenen Revision des Klägers hat das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen. Die allgemeine Lagebeurteilung durch den Verwaltungsgerichtshof erweist sich auf der Grundlage der aktuellen Erkenntnislage auch für das Bundesverwaltungsgericht als zutreffend. Danach ist nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass nach Griechenland zurückkehrende arbeitsfähige, gesunde und alleinstehende junge männliche Schutzberechtigte dort in eine extreme materielle Notlage geraten werden, die es ihnen nicht erlaubt, ihre elementarsten Grundbedürfnisse hinsichtlich Unterkunft, Ernährung und Hygiene zu befriedigen. Ist es diesen nicht möglich, einen gegebenenfalls auch nur zeitweise verfügbaren Platz in einer der verschiedenen in Griechenland von hoheitlichen Trägern oder gesellschaftlichen Organisationen betriebenen Einrichtungen zu erhalten, so sind sie darauf verwiesen, sich, gegebenenfalls unterstützt durch eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit einer der zahlreichen Hilfsorganisationen und/oder nationalitätenbezogenen Gemeinschaften, eine Schlafstelle, notfalls auch in behelfsmäßigen Unterkünften, Wohncontainern, Zeltstädten, faktisch geduldeten Siedlungen oder sonstigen einfachsten Camps mit einem Minimum an erreichbaren sanitären Einrichtungen zu suchen. Ihre Grundbedürfnisse einschließlich Ernährung können sie im Übrigen durch eigene Erwerbstätigkeit decken, anfangs jedenfalls in der sogenannten Schattenwirtschaft. Hinzu treten gegebenenfalls Unterstützungsleistungen von Hilfsorganisationen und Dritten.


BVerwG 1 C 11.25 - Urteil vom 23. Oktober 2025

Vorinstanzen:

VG Gießen, VG 2 K 4865/18.GI.A - Urteil vom 26. Februar 2020 -

VGH Kassel, VGH 2 A 1151/24.A - Urteil vom 04. Februar 2025 -