Verfahrensinformation

Klage gegen Zweitwohnungsteuer in Bad Wiessee


Der Kläger ist seit 2001 - im Wege einer Erbschaft - Eigentümer einer knapp 70 m² großen Wohnung in Bad Wiessee, die seit dem leer steht und ist nur noch in kleinen Teilen möbliert; insbesondere fehlen Tisch und Betten.


Die Beklagte, die Gemeinde Bad Wiessee, verlangte vom Kläger mit entsprechendem Bescheid Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2011 und die Folgejahre, der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos. Die dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht München zurück, die Berufung beim Verwaltungsgerichtshof in München hatte demgegenüber Erfolg. Der nachgewiesene mehrjährige Leerstand einer Wohnung erschüttere die Vermutung, diese werde zum Zwecke der persönlichen Lebensführung vorgehalten.


Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision macht die Beklagte geltend, das Leerstehenlassen einer Zweitwohnung sei dem steuerbaren Aufwand für die persönliche Lebensführung zuzurechnen. Es komme nicht auf die tatsächliche Nutzung an, die hier unstreitig nicht vorliege, sondern auf die Möglichkeit zur Eigennutzung, die nicht ausgeschlossen sei. Der Kläger bringt demgegenüber vor, die Wohnung diene als Kapitalanlage; sie stehe leer, weil er sie ggf. veräußern wolle, um die Pflegekosten für seine Mutter, die in einem Pflegeheim untergebracht sei, abzudecken.


Verfahrensinformation

Klage gegen Zweitwohnungsteuer in Feldafing


Der Kläger ist Eigentümer einer 50 m² großen Wohnung in Feldafing, die bis 2004 von seiner Schwiegermutter bewohnt wurde und seit dem leer steht. Er selbst wohnt mit seiner Ehefrau etwa 300 m entfernt in einem eigenen Einfamilienhaus.


Die Beklagte, die Gemeinde Feldafing, verlangte vom Kläger mit entsprechendem Bescheid Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2011 und die Folgejahre, der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos. Die dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht München zurück, die Berufung beim Verwaltungsgerichtshof in München hatte demgegenüber Erfolg. Der nachgewiesene mehrjährige Leerstand einer Wohnung erschüttere die Vermutung, diese werde zum Zwecke der persönlichen Lebensführung vorgehalten.


Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision macht die Beklagte geltend, das Leerstehenlassen einer Zweitwohnung sei dem steuerbaren Aufwand für die persönliche Lebensführung zuzurechnen. Der Kläger bringt demgegenüber vor, die Wohnung diene der Kapitalanlage; sie stehe leer, weil er sie veräußern wolle, was ihm aber wegen noch nicht beseitigter Mängel und des bestehenden Streits mit dem Bauträger noch nicht gelungen sei.


Pressemitteilung Nr. 59/2014 vom 15.10.2014

Als Kapitalanlage dienende leer stehende Wohnungen zweitwohnungsteuerfrei

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute in zwei Revisionsverfahren entschieden, dass die Zweitwohnungsteuer für eine leer stehende Wohnung nicht erhoben werden darf, wenn sie ausschließlich als Kapitalanlage und nicht auch für eigene Wohnzwecke bzw. als Wohnung für Angehörige vorgehalten wird.


Die Kläger wurden für ihre seit Jahren leer stehenden und nachweislich nicht genutzten Zweitwohnungen, die sie nach ihren Angaben lediglich zur Kapitalanlage hielten, ohne sie jedoch zu vermieten („Betongeld“), von den beklagten Gemeinden Feldafing und Bad Wiessee zur Zweitwohnungsteuer herangezogen. Ihre Klagen wurden vom Verwaltungsgericht München abgewiesen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hob die Zweitwohnungsteuerbescheide dagegen auf die Berufung der Kläger auf.


Auf die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revisionen wurden dessen Urteile jetzt vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt: Zwar dürfe eine Gemeinde zunächst von der Vermutung ausgehen, dass eine Zweitwohnung auch bei zeitweiligem Leerstand der persönlichen Lebensführung diene und daher zweitwohnungsteuerpflichtig sei. Diese Vermutung werde aber erschüttert, wenn der Inhaber seinen subjektiven Entschluss, die Wohnung ausschließlich zur Kapitalanlage zu nutzen, auch wenn er sie nicht vermiete, durch objektive Umstände erhärten könne. Nach der fehlerfreien Gesamtwürdigung durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof lag eine Mehrzahl solcher Umstände in beiden Fällen vor; u. a. war in den betreffenden Wohnungen jahrelang kein Strom bzw. Wasser verbraucht worden.


BVerwG 9 C 5.13 - Urteil vom 15. Oktober 2014

Vorinstanzen:

VGH München, 4 B 13.592 - Urteil vom 27. Juni 2013 -

VG München, M 10 K 11.4145 - Urteil vom 19. April 2012 -

BVerwG 9 C 6.13 - Urteil vom 15. Oktober 2014

Vorinstanzen:

VGH München, 4 B 12.2270 - Urteil vom 27. Juni 2014 -

VG München, M 10 K 11.3311 - Urteil vom 19. April 2012 -


Urteil vom 15.10.2014 -
BVerwG 9 C 5.13ECLI:DE:BVerwG:2014:151014U9C5.13.0

Zweitwohnungsteuer bei Leerstand zur Kapitalanlage

Leitsatz:

Die Gemeinde darf grundsätzlich an das Vorhalten einer Zweitwohnung, auch wenn diese nicht tatsächlich genutzt wird, zunächst die Vermutung knüpfen, dass die Wohnung für die persönliche Lebensführung vorgehalten wird. Diese Vermutung wird aber erschüttert, wenn der Inhaber seinen subjektiven Entschluss, die Wohnung ausschließlich zur Kapitalanlage zu nutzen, durch objektive Umstände erhärten kann. Als einer dieser Umstände kann auch ein nachgewiesener Leerstand in Betracht kommen, insbesondere, wenn er schon über Jahre hinweg andauert.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 105 Abs. 2a
    VwGO § 137 Abs. 1 Nr. 1
    AO § 165 Abs. 1
    BayKAG Art. 13 Abs. 1

  • VG München - 19.04.2012 - AZ: VG M 10 K 11.4145
    VGH München - 27.06.2013 - AZ: VGH 4 B 13.592

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 15.10.2014 - 9 C 5.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:151014U9C5.13.0]

Urteil

BVerwG 9 C 5.13

  • VG München - 19.04.2012 - AZ: VG M 10 K 11.4145
  • VGH München - 27.06.2013 - AZ: VGH 4 B 13.592

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 15. Oktober 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Korbmacher,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bick und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler
für Recht erkannt:

  1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer. Er ist Miteigentümer einer etwa 50 m² großen Wohnung im Gemeindegebiet der Beklagten und bewohnt zusammen mit seiner Ehefrau ein etwa 300 m entfernt gelegenes Einfamilienhaus.

2 Die Beklagte erhebt Zweitwohnungsteuer aufgrund ihrer am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen „Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Gemeinde F.“ vom 20. Juli 2010 (ZwStS), die unter anderem bestimmt:
„§ 2 Steuergegenstand
Zweitwohnung ist jede Wohnung in der Gemeinde F., die eine Person, die in einem anderen Gebäude ihre Hauptwohnung hat, zu ihrer persönlichen Lebensführung oder der ihrer Familienangehörigen innehat. Die vorübergehende Nutzung zu anderen Zwecken, insbesondere zur Überlassung an Dritte, steht der Zweitwohnungseigenschaft nicht entgegen. ...
§ 3 Steuerpflicht
(1) Steuerpflichtig ist, wer im Gemeindegebiet eine Zweitwohnung im Sinne des § 2 innehat.
.....
§ 7 Festsetzung und Fälligkeit der Steuer
(1) Die Gemeinde F. setzt die Steuer für ein Kalenderjahr oder - wenn die Steuerpflicht erst während des Kalenderjahres entsteht - für den Rest des Kalenderjahres durch Bescheid fest. In dem Bescheid kann bestimmt werden, dass er auch für künftige Zeitabschnitte gilt, solange sich die Bemessungsgrundlagen und der Steuerbetrag nicht ändern.
(2) Die Steuer wird erstmalig einen Monat nach der Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig. Bis zur Bekanntgabe eines neuen Steuerbescheides ist die Steuer jeweils zur Hälfte ihres Jahresbeitrages am 1. April und am 1. Oktober eines jeden Jahres fällig und ohne Aufforderung weiter zu entrichten.
.....
§ 9 Steuererklärung
(1) Der Inhaber einer Zweitwohnung ist zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet. Zur Abgabe einer Steuererklärung ist auch verpflichtet, wer hierzu von der Gemeinde F. aufgefordert wird.
....
(5) Es sind die Bestimmungen der Abgabenordnung in ihrer jeweils geltenden Fassung heranzuziehen, soweit das Kommunalabgabengesetz in seiner jeweils geltenden Fassung auf diese verweist.“

3 Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 17. Februar 2011 gegenüber dem Kläger eine Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2011 sowie für die Folgejahre in Höhe von jährlich 646,79 € fest. Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Klägers sowie dessen Klage blieben erfolglos. Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die von ihm zugelassene Berufung das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19. April 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. August 2011 aufgehoben.

4 Im Wesentlichen hat er dazu ausgeführt: Nur der konsumtive Aufwand für den persönlichen Lebensbedarf dürfe Gegenstand der Besteuerung nach Art. 105 Abs. 2a GG sein. Deshalb schieden solche Zweitwohnungen als Gegenstand einer örtlichen Aufwandsteuer aus, die von ihrem Inhaber als reine Geld- oder Vermögensanlage in der Form des Immobiliarbesitzes gehalten würden. Die bloße objektive Möglichkeit der Eigennutzung durch den Inhaber der Zweitwohnung schließe dabei die Annahme einer zweitwohnungsteuerfreien Kapitalanlage nicht aus. Allerdings dürfe die steuererhebende Gemeinde zunächst grundsätzlich davon ausgehen, dass eine Zweitwohnung zumindest auch für Zwecke der persönlichen Lebensführung vorgehalten werde, solange der Zweitwohnungsinhaber keine Umstände vortrage, die diese Vermutung erschütterten. Die bloße Behauptung, die Zweitwohnung nicht zu nutzen und auch nicht nutzen zu wollen, reiche als Äußerung einer subjektiven Vorstellung grundsätzlich nicht aus, die Vermutung zu widerlegen. Im vorliegenden Fall habe der Kläger aber seinen subjektiven Entschluss, die Wohnung ausschließlich zur Kapitalanlage zu nutzen, durch weitere objektive Umstände erhärten können. Hierfür spreche nach den Gesamtumständen vor allem, dass - unwidersprochen - die streitgegenständliche Wohnung bereits seit 2004 von niemandem mehr benutzt worden sei und jahrelang kein Strom und Wasser verbraucht worden seien. Die belegte objektive Tatsache, dass eine Wohnung über mehrere Jahre hinweg vom Verfügungsberechtigten weder für sich noch für seine Familienangehörigen tatsächlich zu Wohnzwecken genutzt worden sei, lasse darauf schließen, dass diese nicht zur persönlichen Wohnnutzung und damit zur persönlichen Lebensführung im Sinne der gemeindlichen Zweitwohnungsteuersatzung vorgehalten werde. Die Wohnung bleibe auch ohne gleichzeitige Vermietung und Verpachtung eine besonders sichere Vermögensanlage, bei der der Inhaber aufgrund der Wertsteigerung im Falle eines späteren Verkaufs sogar noch auf Rendite hoffen könne.

5 Zur Begründung der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision führt die Beklagte aus:

6 Das Berufungsgericht verletze Art. 105 Abs. 2a und Art. 28 Abs. 2 GG. Eine Zweitwohnung dürfe besteuert werden, wenn sie auch für den eigenen Lebensbedarf oder den von Angehörigen vorgehalten und damit die Möglichkeit der Eigennutzung offen gehalten werde. Das sei der Fall, wenn eine rechtlich gesicherte und tatsächliche Verfügungsbefugnis des Steuerpflichtigen über die Zweitwohnung bestehe. Auf die tatsächliche Nutzung komme es nicht an. Solle die Zweitwohnung der Kapitalanlage dienen, müsse die Absicht des Zweitwohnungsinhabers als innere Tatsache auf der Grundlage von objektiven, nach außen in Erscheinung tretenden, verfestigten und von Dritten nachprüfbaren Umständen beurteilt werden. Hierfür genüge ein, wenn auch jahrelanger, Leerstand nicht. Im Übrigen sei es für die Beklagte aus Praktikabilitätsgründen nicht zumutbar, vor Erlass eines Steuerbescheids den Verbrauch von Wasser und Strom zu kontrollieren. Schließlich werde der Kommune ein zulässiges Lenkungsinstrument genommen, wenn bei Leerstand und Nachweis des fehlenden Wasser- und Stromverbrauchs die Zweitwohnungsteuer entfallen müsste. Denn mit der Zweitwohnungsteuer dürfe so genannten „Rollladensiedlungen“ entgegengewirkt werden.

7 Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Juni 2013 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. April 2012 zurückzuweisen.

8 Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9 Er verteidigt die angegriffene Entscheidung.

II

10 Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil verstößt nicht gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen für die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG nicht vorliegen.

11 Der Verwaltungsgerichtshof meint, nach § 2 ZwStS bedeute ein Innehaben der Wohnung zur persönlichen Lebensführung ein Bewohnen oder jedenfalls eine entsprechende Absicht, die allerdings nicht auch tatsächlich verwirklicht werden müsse. Die Wohnung müsse aber immerhin dafür vorgehalten werden. Der Leerstand einer Wohnung ohne aktuellen Nutzungszweck sei gerade kein Innehaben zu Wohnzwecken. An diese Auslegung ist das Revisionsgericht gebunden. Die Anwendung und Auslegung einer gemeindlichen Satzung ist zunächst eine Frage des grundsätzlich nicht revisiblen Landesrechts. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs ist der revisionsgerichtlichen Kontrolle jedoch insoweit unterworfen, als sie bei der Auslegung und Anwendung der Steuersatzung den mit Art. 105 Abs. 2a GG bundesrechtlich vorgegebenen Aufwandsbegriff nicht verletzen darf (stRspr, vgl. nur Urteil vom 27. Oktober 2004 - BVerwG 10 C 2.04 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 21 S. 28). Das ist hier nicht der Fall.

12 Bei der Auslegung der Satzung der Beklagten geht der Verwaltungsgerichtshof zutreffend von dem in der Rechtsprechung entwickelten Begriff der Aufwandsteuer aus. Die Zweitwohnungsteuer ist danach eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommt (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325 <346>; BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 C 8.08 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 27 Rn. 23). Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Das nach dem Aufwandsbegriff im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG gebotene Innehaben einer weiteren Wohnung für die persönliche Lebensführung setzt eine dahingehende Bestimmung des Verwendungszwecks der Zweitwohnung voraus (Urteile vom 10. Oktober 1995 - BVerwG 8 C 40.93 - BVerwGE 99, 303 <305> = Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 9 S. 6 und vom 13. Mai 2009 a.a.O.). Demzufolge liegt eine steuerbare Zweitwohnung dann nicht vor, wenn sie nach dem subjektiven Verwendungszweck nicht der persönlichen Lebensführung dient, sondern der reinen Geld- oder Vermögensanlage in der Form des Immobiliarbesitzes (Urteile vom 26. Juli 1979 - BVerwG 7 C 12.77 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 2 S. 16 und vom 10. Oktober 1995 a.a.O.). Das Berufungsgericht nimmt weiter zutreffend an, dass für die im Ausgangspunkt subjektive Bestimmung des Verwendungszwecks der Zweitwohnung nicht die - unüberprüfbare - innere Absicht des Zweitwohnungsinhabers maßgeblich ist, sondern dass diese innere Tatsache nur auf der Grundlage objektiver, nach außen in Erscheinung tretender, verfestigter und von Dritten nachprüfbarer Umstände im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen ist (Urteil vom 10. Oktober 1995 a.a.O.).

13 Die Gemeinde darf an das Innehaben einer Zweitwohnung bei bestehendem Nutzungsrecht und der offen gehaltenen Nutzungsmöglichkeit grundsätzlich zunächst die Vermutung knüpfen, dass die Wohnung zumindest auch für Zwecke der persönlichen Lebensführung vorgehalten wird. Es ist gerade der Leerstand der Zweitwohnung trotz rechtlich bestehender Nutzungsmöglichkeit, der in der Regel auf die der Besteuerung zugrunde liegende Leistungsfähigkeit des Wohnungsinhabers schließen lässt (Urteil vom 27. Oktober 2004 a.a.O. S. 29; Beschluss vom 17. August 2000 - BVerwG 11 B 43.00 - NVwZ-RR 2001, 682 <683>). Dies gilt, solange der Zweitwohnungsinhaber keine objektiven Umstände vorträgt, die diese Vermutung erschüttern. Hierfür genügt einerseits nicht die bloße Behauptung, die Zweitwohnung nicht zu nutzen und auch künftig nicht zum Wohnen nutzen zu wollen. Andererseits steht der fehlende vertragliche Ausschluss einer objektiven Eigennutzungsmöglichkeit allein der Annahme einer reinen Kapitalanlage nicht entgegen (Urteil vom 26. September 2001 - BVerwG 9 C 1.01 - BVerwGE 115, 165 <169> = Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 19 S. 17). Auch in einem solchen Fall muss dem Wohnungsinhaber der Nachweis gestattet sein, dass seine Wohnung entgegen einer möglicherweise zunächst begründeten Vermutung nicht der persönlichen Lebensführung dient (BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. Juni 1995 - 1 BvR 1800/94, 1 BvR 2480/94 - NVwZ 1996, 57 <58>; BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 1995 - BVerwG 8 C 40.93 - BVerwGE 99, 303 <307> = Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 9 S. 7). Dieser Nachweis kann nicht nur dadurch geführt werden, dass die Wohnung mehr oder weniger regelmäßig vermietet wird. Die Kapitalanlageabsicht kann sich auch aus anderen Umständen ergeben. Es kommt deshalb auf eine umfassende Würdigung aller objektiven Umstände des Einzelfalles an (Urteile vom 10. Oktober 1995 a.a.O., vom 26. September 2001 a.a.O. und vom 27. Oktober 2004 a.a.O. S. 30). Das gilt unbeschadet der Fälle von Mischnutzungen, in denen die Zweitwohnung sowohl für die eigene Lebensführung als auch zur Kapitalanlage vorgehalten wird. In diesen Fällen, in denen die Nutzung zumindest auch zur persönlichen Lebensführung feststeht, bedarf es der einzelfallbezogenen Abgrenzung zur „reinen Kapitalanlage“ nicht (mehr). Für diese Fälle ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass Bundesrecht lediglich aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Bestimmung der eigenen Nutzungszeiten im Veranlagungsjahr fordert, um eine, gemessen an der Eigennutzungsmöglichkeit, unverhältnismäßige Steuerbelastung auszuschließen (Urteile vom 30. Juni 1999 - BVerwG 8 C 6.98 - BVerwGE 109, 188 <191> = Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 16 S. 3, vom 26. September 2001 a.a.O. und vom 27. Oktober 2004 a.a.O.).

14 Die von einem Zweitwohnungsinhaber vorgetragene Absicht, die Wohnung nur aus Kapitalanlagegründen vorzuhalten, erfordert einerseits eine in die Zukunft gerichtete Beurteilung. Andererseits können aber die Verhältnisse vergangener Veranlagungszeiträume wichtige Anhaltspunkte bieten und die behaupteten Tatsachen plausibilisieren (BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 1995 a.a.O.; zum Einkommensteuerrecht vgl. BFH, Urteil vom 25. Oktober 1989 - X R 109/87 - BFHE 159, 128 <132>). Dabei dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Kapitalanlageabsicht nicht überspannt werden, denn die Erhebung einer Aufwandsteuer stellt keine Sanktion für fehlende Vermietung oder eine unwirtschaftliche Kapitalanlage dar, sondern eine Besteuerung eines bestimmten, persönlichen Wohnzwecken dienenden Aufwandes (so zutreffend OVG Münster, Beschluss vom 8. Juni 2000 - 14 B 2135/99 - NVwZ-RR 2001, 54 <55>).

15 Diesen rechtlichen Ansatz hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Es hat angenommen, die bloße Behauptung des Klägers, die Wohnung nicht zu nutzen und auch künftig nicht zum Wohnen nutzen zu wollen, reiche als bloße Äußerung einer subjektiven Vorstellung grundsätzlich nicht aus, die Vermutung des Vorhaltens für die persönliche Lebensführung zu erschüttern. Es hat weiter berücksichtigt, dass der Kläger das bisherige Fehlen von tatsächlichen Verkaufsbemühungen bei einer generellen Verkaufsabsicht plausibel damit habe erklären können, dass der Verkauf der Wohnung wegen eines nicht abgeschlossenen Baumängelprozesses bislang unterblieben sei. Ein Zuwarten mit dem Verkauf sei unabhängig von der Tatsache, dass auch nach Einschätzung der Beklagten die Grundstücks- und Wohnungspreise in ihrem Gebiet in den vergangenen Jahren stetig und erheblich gestiegen seien, nachvollziehbar. Jedoch schließe das für sich genommen ein Vorhalten der Wohnung zur persönlichen Lebensführung nicht zwingend aus.

16 Das Berufungsgericht hat darüber hinaus als weiteren erheblichen Grund für die Annahme, die Wohnung werde nicht für die persönliche Lebensführung des Klägers vorgehalten, dessen unwidersprochenen und unwiderlegten Vortrag angesehen, dass die streitgegenständliche Wohnung bereits seit 2004 von niemandem mehr benutzt worden sei. Für die Zeit ab 2009 und damit zwei Jahre vor Einsetzen der Zweitwohnungsteuerpflicht seien auch objektive Nachweise zu den Verbrauchsdaten der Wohnung vorgelegt worden. Der Kläger habe in Zusammenschau mit den weiteren genannten Umständen und den durch fehlenden Strom- und Wasserverbrauch nachgewiesenen langjährigen Leerstand die Kapitalanlageabsicht belegt und damit die Vermutung, die Wohnung diene der persönlichen Lebensführung, erschüttert. Diese tatrichterliche Würdigung ist von Bundesrechts wegen nicht zu beanstanden. Ein derart langer Leerstand in der Vergangenheit kann einen wichtigen Anhaltspunkt für das Verhalten in der Zukunft bieten (vgl. BFH, Urteil vom 25. Oktober 1989 a.a.O.), weil aus ihm ersichtlich ist, ob die hier allein in der Wertsteigerung des Grundstücks liegende Kapitalanlageabsicht plausibel ist.

17 Der Einwand der Beklagten, die Erhebung der Zweitwohnungsteuer sei unter diesen Umständen mit einem für die Gemeinde nicht mehr zumutbaren Verwaltungsaufwand verbunden, greift nicht durch. Unbeschadet der bereits beschriebenen, die Gemeinde regelmäßig entlastenden tatsächlichen Vermutung, eine Zweitwohnung werde (auch) für die persönliche Lebensführung vorgehalten, kann die Gemeinde, soweit im Einzelfall dennoch ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung der Steuer eingetreten sind, gegebenenfalls auf die Möglichkeit der vorläufigen Steuerfestsetzung zurückgreifen (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) aa) BayKAG i.V.m. § 165 Abs. 1 AO). Die subjektive Bestimmung des Verwendungszwecks einer Zweitwohnung ist eine innere Tatsache, die je nach den Umständen des Falles in einer die Vorläufigkeit nach § 165 Abs. 1 AO rechtfertigenden Weise ungewiss sein kann (vgl. auch BFH, Urteil vom 25. Oktober 1989 a.a.O.; Cöster, in: Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl. 2009, § 165 Rn. 12).

18 Der mit einem solchen Vorgehen verbundene Verwaltungsaufwand ist im Interesse verfassungskonformen Vorgehens unvermeidbar, aber auch zumutbar. Verwaltungsaufwand mit der Kontrolle von Steuererklärungen hat die Beklagte schließlich auch etwa in Fällen der Mischnutzung und in solchen Fällen, in denen sie aufgrund von Vermietungsverträgen oder ähnlichem von einer Kapitalanlageabsicht ausgeht.

19 Der weitere Einwand der Beklagten, sie dürfe mit der Zweitwohnungsteuer zulässigerweise den Zweck verfolgen, so genannte „Rollladensiedlungen“ zu unterbinden, weil sich diese auf die Auslastung der kommunalen Infrastruktur auswirkten und zur Verödung des Ortes beitragen könnten, bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Zwar darf die Beklagte grundsätzlich mit der Steuererhebung auch Lenkungsziele verfolgen (BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991/95 u.a. - BVerfGE 98,106 <117 f.>; Beschluss vom 15. Januar 2014 - 1 BvR 1656/09 - NVwZ 2014, 1084 Rn. 81; BVerwG, Beschluss vom 27. Oktober 2003 - BVerwG 9 B 102.03 - juris Rn. 4 f.). Sie darf aber nicht die durch Art. 105 Abs. 2a GG vorgegebenen Anforderungen der Aufwandsteuer unter Hinweis auf den Lenkungszweck überspielen. Ebenso wenig kann eine Verletzung der der Beklagten im Rahmen des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG) gewährleisteten Finanzhoheit darin liegen, dass ihr die Erhebung einer gegen Art. 105 Abs. 2a GG verstoßenden Steuer verwehrt wird.

20 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Urteil vom 15.10.2014 -
BVerwG 9 C 6.13ECLI:DE:BVerwG:2014:151014U9C6.13.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 15.10.2014 - 9 C 6.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:151014U9C6.13.0]

Urteil

BVerwG 9 C 6.13

  • VG München - 19.04.2012 - AZ: VG M 10 K 11.3311
  • VGH München - 27.06.2013 - AZ: VGH 4 B 12.2270

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 15. Oktober 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Korbmacher,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bick und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler
für Recht erkannt:

  1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer.

2 Die Beklagte erhebt Zweitwohnungsteuer aufgrund ihrer am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen „Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer (Zweitwohnungsteuersatzung)“ (ZwStS), die u.a. bestimmt:
„§ 2 Steuergegenstand
Zweitwohnung ist jede Wohnung im Gemeindegebiet, die eine Person, die in einem anderen Gebäude ihre Hauptwohnung hat, zu ihrer persönlichen Lebensführung oder der ihrer Familienangehörigen innehat. Die vorübergehende Nutzung zu anderen Zwecken, insbesondere zur Überlassung an Dritte, steht der Zweitwohnungseigenschaft nicht entgegen.
§ 3 Steuerpflicht
(1) Steuerpflichtig ist, wer im Gemeindegebiet eine Zweitwohnung im Sinne des § 2 innehat.
.....
§ 7 Festsetzung und Fälligkeit der Steuer
(1) Die Gemeinde B. setzt die Steuer für ein Kalenderjahr oder - wenn die Steuerpflicht erst während des Kalenderjahres entsteht - für den Rest des Kalenderjahres durch Bescheid fest. In dem Bescheid kann bestimmt werden, dass er auch für künftige Zeitabschnitte gilt, solange sich die Bemessungsgrundlagen und der Steuerbetrag nicht ändern.
(2) Die Steuer wird erstmalig einen Monat nach der Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig. Bis zur Bekanntgabe eines neuen Steuerbescheides ist die Steuer jeweils zum 1. Februar eines jeden Jahres fällig und ohne Aufforderung weiter zu entrichten.
.....
§ 9 Steuererklärung
(1) Der Inhaber einer Zweitwohnung ist zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet. Zur Abgabe einer Steuererklärung ist auch verpflichtet, wer hierzu von der Gemeinde B. aufgefordert wird.
....
(5) Es sind die Bestimmungen der Abgabenordnung in ihrer jeweils geltenden Fassung heranzuziehen, soweit das Kommunale Abgabengesetz in seiner jeweils geltenden Fassung auf diese verweist.“

3 Der Kläger ist Eigentümer einer im Gemeindegebiet der Beklagten belegenen, ca. 70 m² großen Wohnung. Die Beklagte zog den Kläger, der selbst ca. 130 km vom Gemeindegebiet der Beklagten entfernt wohnt, mit Bescheid vom 21. Februar 2011 für die genannte Wohnung zur Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2011 sowie für die Folgejahre in Höhe von jährlich 900 € heran. Die hiergegen erhobene Untätigkeitsklage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 19. April 2012 abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die von ihm zugelassene Berufung dieses Urteil sowie den Zweitwohnungsteuerbescheid der Beklagten vom 21. Februar 2011 aufgehoben.

4 Im Wesentlichen hat er dazu ausgeführt: Nur der konsumtive Aufwand für den persönlichen Lebensbedarf dürfe Gegenstand der Besteuerung nach Art. 105 Abs. 2a GG sein. Deshalb schieden solche Zweitwohnungen als Gegenstand einer örtlichen Aufwandsteuer aus, die von ihrem Inhaber als reine Geld- oder Vermögensanlage in der Form des Immobiliarbesitzes gehalten würden. Die bloße objektive Möglichkeit der Eigennutzung durch den Inhaber der Zweitwohnung schließe dabei die Annahme einer zweitwohnungsteuerfreien Kapitalanlage nicht aus. Allerdings dürfe die steuererhebende Gemeinde zunächst grundsätzlich davon ausgehen, dass eine Zweitwohnung zumindest auch für Zwecke der persönlichen Lebensführung vorgehalten werde, solange der Zweitwohnungsinhaber keine Umstände vortrage, die diese Vermutung erschütterten. Die bloße Behauptung des Klägers in der Steuererklärung, die Wohnung weder selbst noch für seine Familie zu nutzen und auch nicht nutzen zu wollen, reiche als Äußerung einer subjektiven Vorstellung grundsätzlich nicht aus, die Vermutung zu widerlegen. Es bestünden jedoch weitere, nachprüfbare Umstände, die die Vermutung erschütterten, die Wohnung werde für Zwecke der persönlichen Lebensführung vorgehalten. Der Kläger habe 1997 seinen Zweitwohnsitz im Gemeindegebiet abgemeldet, bevor er das Eigentum an der Wohnung im Wege einer Erbschaft erworben habe. Die Beklagte habe den vom Kläger zunächst verlangten Kurbeitrag für die Jahre 2001 und 2002 storniert. Für die Jahre nach Einführung der Zweitwohnungsteuer habe der Kläger lückenlos nachgewiesen, dass kein Warm- und kein Kaltwasser verbraucht worden seien. Die belegte objektive Tatsache, dass eine Wohnung über mehrere Jahre hinweg vom Verfügungsberechtigten weder für sich noch für seine Familienangehörigen tatsächlich zu Wohnzwecken genutzt worden sei, lasse darauf schließen, dass diese nicht zur persönlichen Wohnnutzung und damit zur persönlichen Lebensführung im Sinne der gemeindlichen Zweitwohnungsteuersatzung vorgehalten werde. Die vorliegenden nachprüfbaren Umstände widerlegten in einer Gesamtschau die anfängliche Vermutung, die Wohnung werde zu Zwecken der persönlichen Lebensführung vorgehalten.

5 Zur Begründung der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision führt die Beklagte aus:

6 Das Berufungsgericht verletze Art. 105 Abs. 2a und Art. 28 Abs. 2 GG. Eine Zweitwohnung dürfe besteuert werden, wenn sie auch für den eigenen Lebensbedarf oder den von Angehörigen vorgehalten und damit die Möglichkeit der Eigennutzung offen gehalten werde. Das sei der Fall, wenn eine rechtlich gesicherte und tatsächliche Verfügungsbefugnis des Steuerpflichtigen über die Zweitwohnung bestehe. Auf die tatsächliche Nutzung komme es nicht an. Solle die Zweitwohnung der Kapitalanlage dienen, müsse die Absicht des Zweitwohnungsinhabers als innere Tatsache auf der Grundlage von objektiven, nach außen in Erscheinung tretenden, verfestigten und von Dritten nachprüfbaren Umständen beurteilt werden. Hierfür genüge ein, wenn auch jahrelanger, Leerstand nicht. Im Übrigen sei es für die Beklagte aus Praktikabilitätsgründen nicht zumutbar, vor Erlass eines Steuerbescheids den Verbrauch von Kalt- und Warmwasser zu kontrollieren. Schließlich werde der Kommune ein zulässiges Lenkungsinstrument genommen, wenn bei Leerstand und Nachweis des fehlenden Wasserverbrauchs die Zweitwohnungsteuer entfallen müsste. Denn mit der Zweitwohnungsteuer dürfe so genannten „Rollladensiedlungen“ entgegengewirkt werden.

7 Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Juni 2013 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. April 2012 zurückzuweisen.

8 Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9 Er verteidigt die angegriffene Entscheidung.

II

10 Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil verstößt nicht gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen für die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG nicht vorliegen.

11 Der Verwaltungsgerichtshof meint, nach § 2 ZwStS bedeute ein Innehaben der Wohnung zur persönlichen Lebensführung ein Bewohnen oder jedenfalls eine entsprechende Absicht, die allerdings nicht auch tatsächlich verwirklicht werden müsse. Die Wohnung müsse aber immerhin dafür vorgehalten werden. Der Leerstand einer Wohnung ohne aktuellen Nutzungszweck sei gerade kein Innehaben zu Wohnzwecken. An diese Auslegung ist das Revisionsgericht gebunden. Die Anwendung und Auslegung einer gemeindlichen Satzung ist zunächst eine Frage des grundsätzlich nicht revisiblen Landesrechts. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs ist der revisionsgerichtlichen Kontrolle jedoch insoweit unterworfen, als sie bei der Auslegung und Anwendung der Steuersatzung den mit Art. 105 Abs. 2a GG bundesrechtlich vorgegebenen Aufwandsbegriff nicht verletzen darf (stRspr, vgl. nur Urteil vom 27. Oktober 2004 - BVerwG 10 C 2.04 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 21 S. 28). Das ist hier nicht der Fall.

12 Bei der Auslegung der Satzung der Beklagten geht der Verwaltungsgerichtshof zutreffend von dem in der Rechtsprechung entwickelten Begriff der Aufwandsteuer aus. Die Zweitwohnungsteuer ist danach eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommt (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325 <346>; BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 C 8.08 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 27 Rn. 23). Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Das nach dem Aufwandsbegriff im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG gebotene Innehaben einer weiteren Wohnung für die persönliche Lebensführung setzt eine dahingehende Bestimmung des Verwendungszwecks der Zweitwohnung voraus (Urteile vom 10. Oktober 1995 - BVerwG 8 C 40.93 - BVerwGE 99, 303 <305> = Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 9 S. 6 und vom 13. Mai 2009 a.a.O.). Demzufolge liegt eine steuerbare Zweitwohnung dann nicht vor, wenn sie nach dem subjektiven Verwendungszweck nicht der persönlichen Lebensführung dient, sondern der reinen Geld- oder Vermögensanlage in der Form des Immobiliarbesitzes (Urteile vom 26. Juli 1979 - BVerwG 7 C 12.77 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 2 S. 16 und vom 10. Oktober 1995 a.a.O.). Das Berufungsgericht nimmt weiter zutreffend an, dass für die im Ausgangspunkt subjektive Bestimmung des Verwendungszwecks der Zweitwohnung nicht die - unüberprüfbare - innere Absicht des Zweitwohnungsinhabers maßgeblich ist, sondern dass diese innere Tatsache nur auf der Grundlage objektiver, nach außen in Erscheinung tretender, verfestigter und von Dritten nachprüfbarer Umstände im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen ist (Urteil vom 10. Oktober 1995 a.a.O.).

13 Die Gemeinde darf an das Innehaben einer Zweitwohnung bei bestehendem Nutzungsrecht und der offen gehaltenen Nutzungsmöglichkeit grundsätzlich zunächst die Vermutung knüpfen, dass die Wohnung zumindest auch für Zwecke der persönlichen Lebensführung vorgehalten wird. Es ist gerade der Leerstand der Zweitwohnung trotz rechtlich bestehender Nutzungsmöglichkeit, der in der Regel auf die der Besteuerung zugrunde liegende Leistungsfähigkeit des Wohnungsinhabers schließen lässt (Urteil vom 27. Oktober 2004 a.a.O. S. 29; Beschluss vom 17. August 2000 - BVerwG 11 B 43.00 - NVwZ-RR 2001, 682 <683>). Dies gilt, solange der Zweitwohnungsinhaber keine objektiven Umstände vorträgt, die diese Vermutung erschüttern. Hierfür genügt einerseits nicht die bloße Behauptung, die Zweitwohnung nicht zu nutzen und auch künftig nicht zum Wohnen nutzen zu wollen. Andererseits steht der fehlende vertragliche Ausschluss einer objektiven Eigennutzungsmöglichkeit allein der Annahme einer reinen Kapitalanlage nicht entgegen (Urteil vom 26. September 2001 - BVerwG 9 C 1.01 - BVerwGE 115, 165 <169> = Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 19 S. 17). Auch in einem solchen Fall muss dem Wohnungsinhaber der Nachweis gestattet sein, dass seine Wohnung entgegen einer möglicherweise zunächst begründeten Vermutung nicht der persönlichen Lebensführung dient (BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. Juni 1995 - 1 BvR 1800/94, 1 BvR 2480/94 - NVwZ 1996, 57 <58>; BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 1995 - BVerwG 8 C 40.93 - BVerwGE 99, 303 <307> = Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 9 S. 7). Dieser Nachweis kann nicht nur dadurch geführt werden, dass die Wohnung mehr oder weniger regelmäßig vermietet wird. Die Kapitalanlageabsicht kann sich auch aus anderen Umständen ergeben. Es kommt deshalb auf eine umfassende Würdigung aller objektiven Umstände des Einzelfalles an (Urteile vom 10. Oktober 1995 a.a.O., vom 26. September 2001 a.a.O. und vom 27. Oktober 2004 a.a.O. S. 30). Das gilt unbeschadet der Fälle von Mischnutzungen, in denen die Zweitwohnung sowohl für die eigene Lebensführung als auch zur Kapitalanlage vorgehalten wird. In diesen Fällen, in denen die Nutzung zumindest auch zur persönlichen Lebensführung feststeht, bedarf es der einzelfallbezogenen Abgrenzung zur „reinen Kapitalanlage“ nicht (mehr). Für diese Fälle ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass Bundesrecht lediglich aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Bestimmung der eigenen Nutzungszeiten im Veranlagungsjahr fordert, um eine, gemessen an der Eigennutzungsmöglichkeit, unverhältnismäßige Steuerbelastung auszuschließen (Urteile vom 30. Juni 1999 - BVerwG 8 C 6.98 - BVerwGE 109, 188 <191> = Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 16 S. 3, vom 26. September 2001 a.a.O. und vom 27. Oktober 2004 a.a.O.).

14 Die von einem Zweitwohnungsinhaber vorgetragene Absicht, die Wohnung nur aus Kapitalanlagegründen vorzuhalten, erfordert einerseits eine in die Zukunft gerichtete Beurteilung. Andererseits können aber die Verhältnisse vergangener Veranlagungszeiträume wichtige Anhaltspunkte bieten und die behaupteten Tatsachen plausibilisieren (BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 1995 a.a.O.; zum Einkommensteuerrecht vgl. BFH, Urteil vom 25. Oktober 1989 - X R 109/87 - BFHE 159, 128 <132>). Dabei dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Kapitalanlageabsicht nicht überspannt werden, denn die Erhebung einer Aufwandsteuer stellt keine Sanktion für fehlende Vermietung oder eine unwirtschaftliche Kapitalanlage dar, sondern eine Besteuerung eines bestimmten, persönlichen Wohnzwecken dienenden Aufwandes (so zutreffend OVG Münster, Beschluss vom 8. Juni 2000 - 14 B 2135/99 - NVwZ-RR 2001, 54 <55>).

15 Diesen rechtlichen Ansatz hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Es hat angenommen, die bloße Behauptung des Klägers, die Wohnung weder selbst noch für seine Familie zu nutzen und auch künftig nicht zum Wohnen nutzen zu wollen, reiche als bloße Äußerung einer subjektiven Vorstellung grundsätzlich nicht aus, die Vermutung des Vorhaltens für die persönliche Lebensführung zu erschüttern. Es lägen aber weitere nachprüfbare Umstände vor, die die Vermutung erschütterten. So habe der Kläger schon 1997 seinen Zweitwohnsitz abgemeldet. Zudem habe die Beklagte für die Jahre 2001 und 2002, also schon für eine Zeit, in der die Erhebung der Zweitwohnungsteuer noch durch Art. 3 Abs. 3 KAG a.F. ausgeschlossen gewesen sei, den zunächst verlangten Kurbeitrag storniert und sei damit davon ausgegangen, dass sich der Kläger nicht zu Kur- und Erholungszwecken im Gemeindegebiet aufgehalten habe. Seit Einführung der Zweitwohnungsteuer habe der Kläger für die Jahre 2005 bis 2013 lückenlos nachgewiesen, dass in der Wohnung kein Wasser verbraucht worden sei, und damit den Leerstand der Wohnung belegt. Zwar genüge ein (einzelner) ganzjähriger Leerstand ohne das Hinzutreten weiterer objektiver Umstände zur Widerlegung der Vermutung nicht, die Wohnung werde zu Zwecken der persönlichen Lebensführung vorgehalten. Hier fügten sich jedoch mehrere, objektiv nachprüfbare Umstände zu einer in sich widerspruchsfreien Gesamtschau. Wegen des langjährigen Leerstands ohne jeden Wasserverbrauch könne ein Vorhalten der Wohnung zu Zwecken der persönlichen Lebensführung nicht festgestellt werden, die anfängliche Vermutung hierfür sei durch nachprüfbare äußere Umstände erschüttert worden. Das ist nicht zu beanstanden. Ein derart langer Leerstand in der Vergangenheit kann einen wichtigen Anhaltspunkt für das Verhalten in der Zukunft bieten (vgl. BFH, Urteil vom 25. Oktober 1989 - X R 109/87 - BFHE 159, 128 <132>), hier nämlich dafür, dass der Kläger die Wohnung nicht für die persönliche Lebensführung vorhalten will. Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass die Stornierung des Kurbeitrags die Vermutung nicht widerlege, weil es nicht auf die tatsächliche Nutzung der Wohnung ankomme, sondern nur auf das Vorhalten, greift sie die Tatsachenwürdigung des Berufungsgerichts an, die das Revisionsgericht aber nur darauf überprüfen kann, ob das Tatsachengericht allgemeine Sachverhalts- oder Beweiswürdigungsgrundsätze verletzt hat, indem es etwa von einem zweifelsfrei unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen ist oder gesetzliche Beweisregeln, allgemeine Erfahrungssätze, unumstrittene Geschichtstatsachen oder gar die Denkgesetze missachtet hat (Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <123> = Buchholz 451.171 § 7 AtG Nr. 5 S. 61 f.). Derartige Fehler sind weder geltend gemacht noch liegen sie hier vor.

16 Der Einwand der Beklagten, die Erhebung der Zweitwohnungsteuer sei unter diesen Umständen mit einem für die Gemeinde nicht mehr zumutbaren Verwaltungsaufwand verbunden, greift nicht durch. Unbeschadet der bereits beschriebenen, die Gemeinde regelmäßig entlastenden tatsächlichen Vermutung, eine Zweitwohnung werde (auch) für die persönliche Lebensführung vorgehalten, kann die Gemeinde, soweit im Einzelfall dennoch ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung der Steuer eingetreten sind, gegebenenfalls auf die Möglichkeit der vorläufigen Steuerfestsetzung zurückgreifen (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) aa) BayKAG i.V.m. § 165 Abs. 1 AO). Die subjektive Bestimmung des Verwendungszwecks einer Zweitwohnung ist eine innere Tatsache, die je nach den Umständen des Falles in einer die Vorläufigkeit nach § 165 Abs. 1 AO rechtfertigenden Weise ungewiss sein kann (vgl. auch BFH, Urteil vom 25. Oktober 1989 a.a.O.; Cöster, in: Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl. 2009, § 165 Rn. 12).

17 Der mit einem solchen Vorgehen verbundene Verwaltungsaufwand ist im Interesse verfassungskonformen Vorgehens unvermeidbar, aber auch zumutbar. Verwaltungsaufwand mit der Kontrolle von Steuererklärungen hat die Beklagte schließlich auch etwa in Fällen der Mischnutzung und in solchen Fällen, in denen sie aufgrund von Vermietungsverträgen oder ähnlichem von einer Kapitalanlageabsicht ausgeht.

18 Der weitere Einwand der Beklagten, sie dürfe mit der Zweitwohnungsteuer zulässigerweise den Zweck verfolgen, so genannte „Rollladensiedlungen“ zu unterbinden, weil sich diese auf die Auslastung der kommunalen Infrastruktur auswirkten und zur Verödung des Ortes beitragen könnten, bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Zwar darf die Beklagte grundsätzlich mit der Steuererhebung auch Lenkungsziele verfolgen (BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991/95 u.a. - BVerfGE 98,106 <117 f.>; Beschluss vom 15. Januar 2014 - 1 BvR 1656/09 - NVwZ 2014, 1084 Rn. 81; BVerwG, Beschluss vom 27. Oktober 2003 - BVerwG 9 B 102.03 - juris Rn. 4 f.). Sie darf aber nicht die durch Art. 105 Abs. 2a GG vorgegebenen Anforderungen der Aufwandsteuer unter Hinweis auf den Lenkungszweck überspielen. Ebenso wenig kann eine Verletzung der der Beklagten im Rahmen des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG) gewährleisteten Finanzhoheit darin liegen, dass ihr die Erhebung einer gegen Art. 105 Abs. 2a GG verstoßenden Steuer verwehrt wird.

19 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.