Verfahrensinformation

Anspruch eines Richters auf Einrichtung eines Lebensarbeitszeitkontos


Der Kläger stand bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand wegen des Erreichens der gesetzlichen Altersgrenze im Justizdienst des beklagten Landes, zuletzt als Richter am Landgericht. Noch im aktiven Richterverhältnis hat er die Einrichtung eines Lebensarbeitszeitkontos mit einem Guthaben von 572 Stunden entsprechend der Regelungen für im Dienst des Beklagten stehende Beamtinnen und Beamte geltend gemacht.


Die nach erfolglos durchgeführtem Vorverfahren erhobene Klage blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, auf Grundlage der Verordnung über die Arbeitszeit der hessischen Beamtinnen und Beamten werde diesem Personenkreis unter bestimmten Voraussetzungen eine Arbeitsstunde pro Kalenderwoche auf einem Lebensarbeitszeitkonto gutgeschrieben. Diese Regelung finde auf hessische Richter keine Anwendung. Zwar hätten sich Richter ebenso wie Beamte mit vollem persönlichen Einsatz ihrem Beruf zu widmen, der von den Richtern geschuldete Einsatz bestimme sich aber quantitativ nicht nach einer normativ vorgegebenen Arbeitszeit. Die Einrichtung eines Lebensarbeitszeitkontos knüpfe jedoch an die rechtliche Verpflichtung an, eine bestimmte Arbeitszeit einhalten zu müssen. Auch nach der Rechtsprechung gebiete die sachliche Unabhängigkeit der Richter verfassungsrechtlich deren Freistellung von normativen Arbeitszeitregelungen.


Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom Verwaltungsgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision.


Pressemitteilung Nr. 3/2023 vom 12.01.2023

Kein Lebensarbeitszeitkonto für Richter

Richter haben keinen Anspruch auf Einrichtung eines Lebensarbeitszeitkontos und auf Gutschrift von Zeitguthaben. Deshalb ist nach Eintritt in den Ruhestand auch für einen finanziellen Ausgleichsanspruch gegen den Dienstherrn kein Raum. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Der Kläger stand bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Justizdienst des beklagten Landes Hessen, zuletzt als Richter am Landgericht. Noch während seines aktiven Richterdienstes stellte er einen Antrag auf Einrichtung eines Lebensarbeitszeitkontos sowie auf Gutschrift eines Zeitguthabens entsprechend den Regelungen für Hessische Landesbeamte. Antrag, Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben.


Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt: Ein finanzieller Ausgleichsanspruch wegen unterbliebener Einrichtung eines Lebensarbeitszeitkontos besteht nicht. Die einschlägigen Vorschriften für hessische Beamte sind auf den Kläger als Richter nicht anwendbar. Richter müssen sich ebenso wie Beamte mit ihrer ganzen Kraft dem Amt widmen. Der Umfang des geschuldeten richterlichen Einsatzes wird aber nach Arbeitspensen bemessen und richtet sich - anders als bei Beamten - nicht nach konkret vorgegebenen Arbeits- bzw. Dienstzeiten. Ein Lebensarbeitszeitkonto setzt jedoch die normative Festlegung einer Wochenarbeitszeit voraus.


Fußnote:

Verordnung über die Arbeitszeit der hessischen Beamtinnen und Beamten


(Hessische Arbeitszeitverordnung - HAZVO) in der Fassung vom 15. Dezember 2009


 


§ 1a


 


(1)    Hauptamtlich tätigen Beamtinnen und Beamten mit einer durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit von 41 Stunden pro Woche wird ab dem 1. August 2017 eine Arbeitsstunde pro Kalenderwoche auf einem Lebensarbeitszeitkonto gutgeschrieben. …


 


[…]


BVerwG 2 C 22.21 - Urteil vom 12. Januar 2023

Vorinstanzen:

VGH Kassel, VGH 1 A 2254/17 - Urteil vom 28. Oktober 2021 -

VG Frankfurt/Main, VG 9 K 5730/16.F - Urteil vom 21. September 2017 -


Urteil vom 12.01.2023 -
BVerwG 2 C 22.21ECLI:DE:BVerwG:2023:120123U2C22.21.0

Leitsatz:

Der von Richtern geforderte Einsatz bemisst sich nach Arbeitspensen und nicht nach vorgegebenen Dienstzeiten. Die Einrichtung eines Lebensarbeitszeitkontos nach den für hessische Beamte geltenden Regelungen scheidet daher aus.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 97 Abs. 1
    HRiG § 2
    HAZVO § 1a Abs. 1 Satz 1

  • VG Frankfurt am Main - 21.09.2017 - AZ: 9 K 5730/16.F
    VGH Kassel - 28.10.2021 - AZ: 1 A 2254/17

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 12.01.2023 - 2 C 22.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:120123U2C22.21.0]

Urteil

BVerwG 2 C 22.21

  • VG Frankfurt am Main - 21.09.2017 - AZ: 9 K 5730/16.F
  • VGH Kassel - 28.10.2021 - AZ: 1 A 2254/17

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2023
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und Dr. Hartung, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hampel und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hissnauer
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Oktober 2021 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger begehrt die Einrichtung eines Lebensarbeitszeitkontos und die Gutschrift einer Arbeitsstunde pro Woche seit dem 1. Januar 2007.

2 Der 1960 geborene Kläger stand bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Dezember 2022 im Justizdienst des beklagten Landes, zuletzt als Richter am Landgericht. Den noch während seines aktiven Richterdienstes gestellten Antrag auf Einrichtung eines Lebensarbeitszeitkontos mit Gutschrift von Zeitguthaben entsprechend der für hessische Beamte geltenden Vorschriften lehnte der Beklagte ab, den Widerspruch wies er zurück.

3 Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, die Einrichtung eines Lebensarbeitszeitkontos stelle einen Ausgleich für die besondere Belastung der Beamten mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 41 Stunden dar. Diese Regelungen fänden auf Richter des Landes Hessen keine Anwendung, weil der gegenüber dem Dienstherrn geschuldete Umfang richterlichen Einsatzes nicht durch Arbeitszeiten, sondern nach Arbeitspensen bestimmt werde. Dies sei im Hinblick auf die richterliche Unabhängigkeit nicht zu beanstanden.

4 Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Schriftsätzlich hat er beantragt,
die Urteile des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Oktober 2021 und des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 21. September 2017 sowie den Bescheid des Hessischen Ministeriums der Justiz vom 7. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. November 2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, zugunsten des Klägers ein Lebenszeitarbeitskonto entsprechend § 1a der Hessischen Verordnung über die Arbeitszeit der hessischen Beamtinnen und Beamten in der Fassung vom 15. Dezember 2009 (HAZVO) einzurichten und darauf ein Guthaben gerechnet ab 1. Januar 2007 per 31. Dezember 2017 mit einem Stand von 572 Stunden einzubuchen;
hilfsweise, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, zugunsten des Klägers ein Lebensarbeitszeitkonto entsprechend § 1a Abs. 1 HAZVO einzurichten und darauf für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis 30. November 2022 ein Guthaben von 806 Stunden einzubuchen;
höchst hilfsweise, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 33 328,10 € zu zahlen.

5 Der Beklagte verteidigt das angegriffene Berufungsurteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

II

6 Der Senat kann trotz des Ausbleibens der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung entscheiden, da diese mit der ordnungsgemäßen Ladung hierauf hingewiesen worden ist (vgl. § 141 Satz 1 i. V. m. § 125 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 102 Abs. 2 VwGO).

7 Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Die Klage ist sowohl mit dem Hauptantrag (1.), an dem der Kläger trotz seines zwischenzeitlichen Eintritts in den Ruhestand ausdrücklich festgehalten hat, als auch hinsichtlich des hilfsweise gestellten Fortsetzungsfeststellungsantrags (2.) unzulässig. Der vom Kläger geltend gemachte finanzielle Ausgleichsanspruch ist zwar zulässig, aber unbegründet (3.).

8 1. Das mit dem Hauptantrag verfolgte Begehren des Klägers hat sich erledigt; die gleichwohl aufrechterhaltene Klage ist mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig geworden.

9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erledigt sich die Hauptsache, wenn in einem anhängig gewordenen Verfahren ein überholendes Ereignis eintritt, das dem Rechtsschutzbegehren die Grundlage entzieht. Wenn durch eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage das Rechtsschutzbegehren nicht mehr erreicht werden kann, ist das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage entfallen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. April 2001 - 2 C 16.00 - BVerwGE 114, 149 <151 m. w. N.>).

10 Der Kläger ist mit Ablauf des 30. November 2022 in den Ruhestand getreten. Durch diese nachträgliche Änderung der Sachlage kann zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ein Lebensarbeitszeitkonto nicht mehr eingerichtet werden. Ruhestandsbeamte haben weder eine Dienstleistungsverpflichtung noch eine Arbeitszeit, sodass die Voraussetzungen aus § 1a Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Arbeitszeit der hessischen Beamtinnen und Beamten (Hessische Arbeitszeitverordnung - HAZVO) i. d. F. vom 15. Dezember 2009 (GVBl. I 2009, 758, 760), zuletzt geändert durch Art. 7 des Zweiten Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 21. Juni 2018 (GVBl. S. 291), von vornherein nicht mehr erfüllt sein können. Auch das vom Kläger in der Sache verfolgte Begehren einer Dienstzeitbefreiung (vgl. § 1a Abs. 3 Satz 1 HAZVO) scheidet im Ruhestand aus.

11 Mit der Erledigung der Hauptsache ist das erforderliche Rechtsschutzinteresse für den Hauptantrag entfallen. Da der Kläger an seinem bisherigen Antrag ausdrücklich festgehalten hat, ist die Klage insoweit unzulässig und die Revision unbegründet (vgl. BVerwG, Urteile vom 18. Dezember 1990 - 6 C 3.90 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 89 S. 20 und vom 3. November 1998 - 9 C 51.97 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 116 S. 23; Clausing, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand August 2022, § 161 Rn. 12).

12 2. Die Revision bleibt auch hinsichtlich des ersten Hilfsantrags ohne Erfolg. Die Umstellung auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag ist zwar auch im Revisionsverfahren statthaft (a). Der Antrag ist aber unzulässig, weil es am erforderlichen Fortsetzungsfeststellungsinteresse fehlt (b).

13 a) Der Erledigung seines ursprünglichen Begehrens hat der Kläger dadurch Rechnung getragen, dass er den Klageantrag hilfsweise umgestellt und eine Fortsetzungsfeststellung beantragt hat. Der Übergang vom ursprünglichen zum Fortsetzungsfeststellungsantrag ist nicht den Einschränkungen nach §§ 91 und 142 VwGO unterworfen. Da Rechtsschutzziel und Prozessstoff unverändert geblieben sind, handelt es sich um eine ohne Zustimmung des Beklagten zulässige Antragsumstellung i. S. d. § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 3 ZPO (vgl. BVerwG, Urteile vom 12. April 2001 - 2 C 16.00 - BVerwGE 114, <151> und vom 17. November 2016 - 2 C 27.15 - BVerwGE 156, 272 Rn. 12).

14 b) Zulässig ist die Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nur, wenn der Kläger im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung und nicht nur einen abstrakten Klärungsbedarf hat. Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein und ergibt sich nach der Rechtsprechung insbesondere aus den Gesichtspunkten der konkreten Wiederholungsgefahr, der Rehabilitierung, der schwerwiegenden Grundrechtsbeeinträchtigung sowie der Präjudizwirkung für einen beabsichtigten Schadensersatzanspruch. Die gerichtliche Feststellung muss geeignet sein, die betroffene Position des Klägers zu verbessern (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2016- 2 C 27.15 - BVerwGE 156, 272 Rn. 13; Beschluss vom 17. Dezember 2019 - 9 B 52.18 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 54 Rn. 9).

15 Der Kläger verfügt jedoch nicht über ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Insbesondere ergibt sich ein solches nicht aus dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Folgenbeseitigung.

16 Der öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch findet seine Grundlage in den Grundrechten und dem rechtsstaatlichen Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. Juli 2015 - 6 C 35.14 - BVerwGE 152, 330 Rn. 8 m. w. N. und vom 29. Juni 2022 - 6 C 11.20 - BVerwGE 176, 19 Rn. 16). Er setzt als verschuldensunabhängiger Anspruch voraus, dass eine subjektive Rechtsposition unmittelbar durch öffentlich-rechtliches Verwaltungshandeln verletzt und dadurch ein rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist. Der Anspruch ist auf die Beseitigung dieses rechtswidrigen Zustands und auf Wiederherstellung des früheren Zustands gerichtet. Zu einem darüberhinausgehenden Erfolg kann er nicht führen (vgl. BVerwG, Urteile vom 21. Dezember 2000 - 2 C 39.99 - BVerwGE 112, 308 <311> = juris Rn. 19, vom 19. September 2019 - 9 C 5.19 - juris Rn. 13, vom 27. Mai 2020 - 6 C 1.19 - BVerwGE 168, 178 Rn. 66 und vom 29. Juni 2022 - 6 C 11.20 - BVerwGE 176, 19 Rn. 16; Beschluss vom 6. Februar 1987 - 2 B 12.87 - juris Rn. 3).

17 Der Folgenbeseitigungsanspruch ist daher bereits im Hinblick auf seine Rechtsfolge nicht geeignet, die Rechtsposition des Klägers zu verbessern. Denn er ist auf die Wiederherstellung des status quo ante gerichtet. Die vom Kläger begehrte Kompensationszahlung kann mit dem Folgenbeseitigungsanspruch nicht erreicht werden.

18 3. Im Übrigen ist die Klage zwar zulässig (a), aber unbegründet, weil dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines finanziellen Ausgleichs in Höhe von 33 328,10 € nicht zusteht (b). Er hat als Richter bereits keinen Anspruch auf Einrichtung eines Lebensarbeitszeitkontos, dessen Guthaben sich im Falle des Eintritts in den Ruhestand in einen Zahlungsanspruch umwandeln könnte.

19 a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats geht ein durch Gewährung von Freizeit zu befriedigender Anspruch nicht unter, wenn dessen Erfüllung infolge des Ablaufs des möglichen Ausgleichszeitraums oder aus zwingenden dienstlichen, nicht aber vom Anspruchsinhaber zu vertretenden Gründen ausscheidet, sondern wandelt sich in einen solchen auf finanziellen Ausgleich um (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 34, vom 17. September 2015 - 2 C 26.14 - Buchholz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 34 ff., vom 20. Juli 2017 - 2 C 31.16 - BVerwGE 159, 245 Rn. 50 ff., vom 16. Juni 2020 - 2 C 8.19 - BVerwGE 168, 220 Rn. 13 und vom 17. Februar 2022 - 2 C 5.21 - Buchholz 451.90 Sonstiges Europäisches Recht Nr. 242 Rn. 31).

20 Die Parallele zu dem vom Kläger im Ergebnis erstrebten Ziel einer Freistellung vom Dienst unter Weitergewährung der Besoldung unmittelbar vor dem Ruhestand lässt eine Übertragung der Rechtsprechung zu finanziellen Ausgleichsansprüchen in beamtenrechtlichen Konstellationen nicht fernliegend erscheinen, zumal die Verordnung selbst eine Ausgleichszahlung nur in eng begrenzten, hier nicht einschlägigen Ausnahmefällen vorsieht (vgl. § 1a Abs. 4 HAZVO).

21 b) Der Zahlungsanspruch ist aber jedenfalls unbegründet. Einrichtung und Aufbau eines Lebensarbeitszeitkontos sind untrennbar mit dem Vorhandensein normativ festgelegter Arbeitszeiten verbunden. Die Arbeitsleistung eines Richters bemisst sich im Gegensatz hierzu nach Arbeitspensen.

22 Ohne normativ festgelegte Arbeitszeiten können Einrichtung und Aufbau eines Lebensarbeitszeitkontos nicht gedacht werden. Denn die Gutschrift von Zeitguthaben korrespondiert mit der in einem bestimmten Zeitabschnitt erbrachten, nach konkreten Zeiteinheiten bemessenen Arbeitsleistung und setzt diese voraus. Dies kommt nicht nur im Wortlaut des § 1a Abs. 1 Satz 1 HAZVO und den hierzu ergangenen weiteren Bestimmungen zum Ausdruck. Es deckt sich darüber hinaus mit der Zielrichtung des Verordnungsgebers, weil die Gutschrift von einer Stunde pro Woche auf dem Lebensarbeitszeitkonto als langfristiger Ausgleich für die besondere Belastung der Beamten mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von zunächst mehr als 41 Stunden dienen sollte (vgl. Antwort des Ministers des Innern und für Sport auf die Kleine Anfrage vom 2. November 2016, LT-Drs. 19/3915 S. 1).

23 Die Vorschriften zum Lebensarbeitszeitkonto für hessische Beamte gelten - wie das Berufungsgericht ohne Verletzung revisiblen Rechts festgestellt hat - über § 2 HRiG für die Rechtsverhältnisse der Richter im Dienst des Beklagten nicht entsprechend.

24 Zwar haben sich Richter ebenso wie Beamte mit vollem persönlichen Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Die zu erbringende Arbeitsleistung bestimmt sich aber nicht nach vom Dienstherrn vorgegebenen normativen Arbeitszeiten (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteile vom 18. Februar 1981 - 6 C 95.78 - Buchholz 238.5 § 46 DRiG Nr. 1 S. 3, vom 29. Oktober 1987 - 2 C 57.86 - BVerwGE 78, 211 <214>, vom 21. Juni 2007 - 2 C 3.06 - Buchholz 232 § 66 BBG Nr. 5 Rn. 19 und vom 15. April 2021 - 2 C 13.20 - BVerwGE 172, 187 Rn. 57 f.; Beschluss vom 27. März 1985 - 2 B 126.83 - Buchholz 238.5 § 46 DRiG Nr. 4 S. 10; BGH, Urteile vom 16. November 1990 - RiZ 2/90 - NJW 1991, 1103 <1104> und vom 25. September 2002 - RiZ (R) 2/01 - NJW 2003, 282 = juris Rn. 15). Sie orientiert sich vielmehr pauschalierend an dem Arbeitspensum, das ein durchschnittlicher Richter vergleichbarer Position in der für Beamte geltenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit bewältigt (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 23. Mai 2012 - 2 BvR 610/12 - BVerfGK 19, 407 <411>; BVerwG, Urteil vom 15. April 2021 - 2 C 13.20 - BVerwGE 172, 187 Rn. 59; Beschluss vom 21. September 1982 - 2 B 12.82 - Buchholz 238.5 § 46 DRiG Nr. 2 S. 6). Damit liegt entgegen der Auffassung des Klägers ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung von Beamten und Richtern bei der Einrichtung von Lebensarbeitszeitkonten vor. Sonstige Verstöße gegen höherrangiges Recht sind nicht ersichtlich. Insbesondere folgt weder aus Art. 3 Abs. 1 GG noch aus Art. 97 GG eine Verpflichtung des Gesetzgebers, auch für Richter feste Arbeitszeiten vorzuschreiben.

25 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.