Verfahrensinformation

Suchpflicht nach anderweitiger Verwendung auch bei wegen Beweisvereitelung angenommener Dienstunfähigkeit?


Die Klägerin war Lehrerin (Besoldungsgruppe A 11) an einer Grundschule im Dienst des beklagten Landes. Ihr wurde die Führung der Dienstgeschäfte wegen pädagogisch unangemessenen Verhaltens und der Missachtung dienstlicher Weisungen untersagt. Außerdem wurde die Klägerin mehrfach erfolglos aufgefordert, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zur Feststellung ihrer Dienstfähigkeit zu unterziehen. Auch im daraufhin eingeleiteten Zurruhesetzungsverfahren kam sie der Untersuchungsaufforderung nicht nach. Darauf wurde die Klägerin in den Ruhestand versetzt. Da sie sich der amtsärztlichen Untersuchung verweigert habe, sei im Rahmen einer freien Beweiswürdigung von ihrer Dienstunfähigkeit auszugehen. Eine anderweitige Verwendung erscheine nicht möglich, weil davon ausgegangen werden müsse, dass ihre hartnäckige Weigerung, Weisungen zu befolgen, auch auf anderen Dienstposten zu schwerwiegenden Störungen des Betriebsfriedens führen würde.


Die nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren gegen die Zurruhesetzungsverfügung erhobene Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat der Senat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, welche Anforderungen an die Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 BeamtStG) zu stellen sind, wenn die Dienstunfähigkeit eines Beamten wegen Beweisvereitelung zu dessen Nachteil angenommen wird.


Pressemitteilung Nr. 34/2024 vom 27.06.2024

Keine Suchpflicht des Dienstherrn, wenn der Beamte eine (amts-)ärztliche Untersuchung verweigert

Wird aus der Verweigerung einer - rechtmäßig angeordneten - ärztlichen Begutachtung auf die Dienstunfähigkeit eines Beamten geschlossen, entfällt die Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Die Klägerin war Lehrerin im Dienst des beklagten Landes. Aufgrund verschiedener dienstlicher Konflikte, die aus Sicht des Dienstherrn Anlass zu Zweifeln an ihrer Dienstfähigkeit gaben, ordnete dieser wiederholt die amtsärztliche Untersuchung der Klägerin an. Die Klägerin kam den Untersuchungsanordnungen nicht nach. Der Beklagte versetzte die Klägerin daraufhin wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand, ohne eine anderweitige Verwendbarkeit der Klägerin zu prüfen. Die nach erfolglos durchgeführtem Vorverfahren erhobene Klage ist in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben.


Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen: Auch dann, wenn die Folgen der Verweigerung einer ärztlichen Untersuchung nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt sind, kann nach dem Rechtsgedanken der §§ 427, 444 und 446 ZPO von der Verweigerung , sich ärztlich untersuchen zu lassen, auf die Dienstunfähigkeit des Beamten geschlossen werden. Die Annahme der Beweisvereitelung setzt aber voraus, dass die Untersuchungsanordnung rechtmäßig ist. Hierfür ist unter anderem erforderlich, dass die tatsächlichen Anhaltspunkte, die Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten begründen, in der Anordnung aufgeführt sind. Der Beamte muss in die Lage versetzt werden zu entscheiden, ob er das Risiko, sich der ärztlichen Untersuchung nicht zu unterziehen, in Kauf nehmen oder ggf. ein gerichtliches Eilverfahren anstrengen möchte. Art (Fachrichtung) und Umfang der Untersuchung sind in der Anordnung vom Dienstherrn zu bestimmen. Die Festlegung des Umfangs (etwa orientierende Untersuchung / fachärztliche Zusatzbegutachtungen) dient der Beschränkung der Untersuchung auf das für die Feststellung der Dienstunfähigkeit erforderliche Maß. Einer Festlegung des Untersuchungsablaufs oder einzelner Untersuchungsmethoden bedarf es dabei nicht. Ist die Untersuchung rechtmäßig angeordnet worden und hat der Beamte ihr nicht Folge geleistet, darf der Dienstherr von dessen Dienstunfähigkeit ausgehen. In diesem Fall entfällt auch die Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendbarkeit, weil mangels jeglicher ärztlicher Erkenntnisse von einem fehlenden Restleistungsvermögen des Beamten auszugehen ist.


BVerwG 2 C 17.23 - Urteil vom 27. Juni 2024

Vorinstanzen:

OVG Berlin-Brandenburg, OVG 4 B 6/20 - Urteil vom 14. März 2023 -

VG Potsdam, VG 2 K 4177/17 - Urteil vom 18. Oktober 2017 -


Beschluss vom 12.12.2023 -
BVerwG 2 B 22.23ECLI:DE:BVerwG:2023:121223B2B22.23.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 12.12.2023 - 2 B 22.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:121223B2B22.23.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 22.23

  • VG Potsdam - 18.10.2017 - AZ: 2 K 4177/17
  • OVG Berlin-Brandenburg - 14.03.2023 - AZ: 4 B 6/20

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Dezember 2023
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hartung und Dr. Hissnauer
beschlossen:

  1. Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. März 2023 wird aufgehoben.
  2. Die Revision wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
  4. Der Wert des Streitgegenstands wird für das Revisionsverfahren vorläufig auf 55 437,96 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Das Revisionsverfahren kann dem Senat Gelegenheit zur Klärung der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage bieten, welche Anforderungen an die Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 BeamtStG) zu stellen sind, wenn die Dienstunfähigkeit eines Beamten wegen Beweisvereitelung zu dessen Nachteil angenommen wird.

2 Die vorläufige Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes für das Revisionsverfahren beruht auf § 63 Abs. 1 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG.

Rechtsbehelfsbelehrung


Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 2 C 17.23 fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einzureichen.
Für die Beteiligten besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Die Beteiligten müssen sich durch Bevollmächtigte im Sinne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwGO, § 5 Nr. 6 Alt. 2 RDGEG vertreten lassen.

Urteil vom 27.06.2024 -
BVerwG 2 C 17.23ECLI:DE:BVerwG:2024:270624U2C17.23.0

Leitsatz:

Kann aufgrund der Weigerung eines Beamten, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, auf dessen Dienstunfähigkeit geschlossen werden, ist in Ermangelung medizinischer Feststellungen von einem nicht vorhandenen Restleistungsvermögen und damit von einer generellen Dienstunfähigkeit auszugehen, die die Pflicht des Dienstherrn zur Suche nach einer anderweitigen Verwendbarkeit des Beamten entfallen lässt.

  • Rechtsquellen
    BeamtStG § 26 Abs. 1 Satz 1 und 3
    ZPO §§ 427, 444 und 446
    LBG BB § 37 Abs. 1 Satz 1 und 2

  • VG Potsdam - 18.10.2017 - AZ: 2 K 4177/17
    OVG Berlin-Brandenburg - 14.03.2023 - AZ: 4 B 6/20

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 27.06.2024 - 2 C 17.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:270624U2C17.23.0]

Urteil

BVerwG 2 C 17.23

  • VG Potsdam - 18.10.2017 - AZ: 2 K 4177/17
  • OVG Berlin-Brandenburg - 14.03.2023 - AZ: 4 B 6/20

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 27. Juni 2024
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und Dr. Hartung, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hampel und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hissnauer
für Recht erkannt:

  1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. März 2023 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Die Klägerin wendet sich gegen ihre vorzeitige Versetzung in den Ruhestand.

2 Die ... geborene Klägerin stand bis zu ihrer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des Monats April ... als Lehrerin (Besoldungsgruppe A 11 LBesG BB) im Dienst des beklagten Landes. Ohne Zurruhesetzung wäre sie mit Ablauf des Monats Januar ... wegen Erreichens der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand getreten.

3 Nachdem es an der Grundschule, an der die Klägerin unterrichtete, im Schuljahr 2014/2015 mehrfach zu dienstlichen Konflikten mit Schülern, Eltern, Kollegen und der Schulleitung gekommen war, verbot das beklagte Land der Klägerin im November 2015 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung bis auf Weiteres die Fortführung der Dienstgeschäfte wegen pädagogisch unangemessenen Verhaltens und der Missachtung dienstlicher Weisungen. Gerichtlicher Rechtsschutz hiergegen blieb ohne Erfolg. Aus Anlass der dienstlichen Konflikte leitete das beklagte Land in der Folgezeit nicht nur ein Disziplinarverfahren ein, sondern forderte die Klägerin zudem wiederholt - zuletzt mit Schreiben vom 27. März 2017 - sowie unter Inanspruchnahme einer fachmedizinischen Beratung auf, sich zur Feststellung der Dienstfähigkeit einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Die zu diesem Zweck benannten Untersuchungstermine nahm die Klägerin nicht wahr.

4 Mit Bescheid vom 19. April 2017 versetzte das Staatliche Schulamt B. die Klägerin mit Ablauf des Monats April ... wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand; den hiergegen erhobenen Widerspruch wies es zurück.

5 Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben. Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, die Untersuchungsanordnung vom 27. März 2017 sei rechtmäßig. Die Klägerin habe folglich die amtsärztliche Untersuchung rechtsgrundlos verweigert, sodass auf die Dienstunfähigkeit habe geschlossen werden können. Die Klägerin sei auch nicht anderweitig verwendbar. Die Suchpflicht des Beklagten sei zwar nicht schon aufgrund der Weigerung der Klägerin entfallen, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Deren Zweck habe jedoch von Vornherein nicht erreicht werden können. Die Klägerin habe nicht nur die Feststellung ihres Restleistungsvermögens verhindert. Aufgrund ihrer hartnäckigen Weigerungen, dienstliche Weisungen zu befolgen, habe der Beklagte auch davon ausgehen können, dass die Klägerin nicht in der Lage gewesen sei, weisungsgebundene Sachaufgaben zu erfüllen.

6 Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Senat zugelassenen Revision. Sie trägt insbesondere vor, mangels krankheitsbedingter Fehltage habe der Beklagte nicht von einer Dienstunfähigkeit ausgehen dürfen. Auch die Suche nach einer anderweitigen Verwendung sei nicht von Vornherein aussichtslos gewesen, weil das Geschehen maßgeblich durch einen Konflikt mit der Schulleitung geprägt gewesen sei.

7 Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. März 2023 und des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 18. Oktober 2017 sowie den Bescheid des Staatlichen Schulamts B. vom 19. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Juni 2017 aufzuheben und die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

8 Der Beklagte verteidigt das angefochtene Berufungsurteil und verweist darauf, dass die Suche nach einer anderweitigen Verwendung ohne genaue Kenntnis der gesundheitlichen Einschränkungen praktisch nicht durchführbar sei.

9 Er beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

II

10 Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO und § 191 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 127 Nr. 2 BRRG und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG) nicht. Die Anfechtungsklage gegen die Zurruhesetzung bleibt ungeachtet des Umstands, dass die Klägerin zwischenzeitlich ohnehin in den Ruhestand versetzt worden wäre, wegen der nachteiligen finanziellen Auswirkungen der vorzeitigen Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit zulässig (vgl. BVerwG, Urteile vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 10 und vom 20. Oktober 2022 - 2 C 10.21 - Buchholz 232.01 § 26 BeamtStG Nr. 14 Rn. 8). Sie ist jedoch nicht begründet. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin sei dienstunfähig i. S. d. § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, verletzt revisibles Recht nicht (1.). Das Berufungsgericht hat zudem im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass dem Beklagten keine Suchpflicht nach einer anderweitigen Verwendbarkeit der Klägerin oblag (2.).

11 1. Der Beklagte durfte aus der Weigerung der Klägerin, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, auf ihre Dienstunfähigkeit schließen (a). Denn die Untersuchungsanordnung vom 27. März 2017 war rechtmäßig und die Weigerung der Klägerin daher unberechtigt (b).

12 a) Rechtsgrundlage für die Zurruhesetzungsverfügung ist § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG in der zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung geltenden und damit maßgeblichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 - ‌BVerwGE 146, 347 Rn. 11) Fassung vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010). Danach sind Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind.

13 Bei der Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterliegt. Um die Dienst(un)fähigkeit beurteilen zu können, müssen die gesundheitlichen Leistungseinschränkungen festgestellt und deren prognostische Entwicklung bewertet werden. Dies setzt in der Regel medizinische Sachkunde voraus, über die nur ein Arzt verfügt. Dementsprechend sieht § 41 Abs. 1 Satz 1 des Beamtengesetzes für das Land Brandenburg (Landesbeamtengesetz - LBG BB -) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 3. April 2009 (GVBl. I S. 26) vor, dass der Dienstherr seine Einschätzung auf der Grundlage eines ärztlichen Gutachtens zu treffen hat (vgl. BVerwG, Urteile 5. Juni 2014 ‌- 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1 Rn. 17 f., vom 16. November 2017 - 2 A 5.16 - Buchholz 232.0 § 44 BBG 2009 Nr. 12 Rn. 22 und vom 7. Juli 2022 - 2 A 4.21 - ‌BVerwGE 176, 77 Rn. 47; Beschluss vom 5. September 2019 - 2 B 2.19 - juris Rn. 7). Eine solche Untersuchung fand vorliegend nicht statt, weil die Klägerin ihre Mitwirkung verweigert hat.

14 Die Folgen der Verweigerung einer angeordneten ärztlichen Untersuchung sind im Landesbeamtengesetz Brandenburg - abweichend von den Regelungen zahlreicher anderer Bundesländer (vgl. z. B. § 39 Abs. 1 Satz 5 LBG BE, § 53 Abs. 1 Satz 2 LBG BW, § 36 Abs. 1 Satz 2 HBG oder Art. 65 Abs. 2 Satz 2 BayBG, s. im Übrigen auch § 11 Abs. 8 Satz 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung) – nicht ausdrücklich geregelt. Dies gilt auch in Ansehung der in § 37 Abs. 1 Satz 2 LBG BB enthaltenen Bestimmung. Die dort − unter den benannten zusätzlichen Voraussetzungen − enthaltende Ermächtigung zur Annahme eines unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst nimmt auf die damit verbundene Möglichkeit des Bezügeverlusts nach § 9 BesG BB Bezug und weist damit einen anderen Regelungsgehalt auf. Dass der Landesgesetzgeber damit die Folgen einer vom Beamten (rechtsgrundlos) verweigerten amtsärztlichen Untersuchung beschränken wollte, lässt sich weder der Norm noch den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. LT-Drs. 4/7004 S. 79 und LT-Drs. 1/1299) entnehmen. Mit der Regelung ist vielmehr ein zusätzliches Instrumentarium etabliert, um der Verpflichtung des Beamten zur Mitwirkung an einer angeordneten ärztlichen Untersuchung Nachdruck zu verleihen.

15 Auch ohne gesetzliche Anordnung ist der Dienstherr indes berechtigt, aus der unberechtigten Weigerung des Beamten zur Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung auf seine Dienstunfähigkeit zu schließen. Denn aus §§ 427, 444 und 446 ZPO folgt der allgemeine, auch im Verwaltungsverfahren geltende Rechtsgrundsatz, dass das einen Beweis vereitelnde Verhalten eines Beteiligten im Rahmen freier Beweiswürdigung zu dessen Nachteil gewertet werden darf. Es kann auf die Dienstunfähigkeit eines Beamten geschlossen werden, wenn dieser durch sein Verhalten die Feststellung seines Gesundheitszustands bewusst verhindert. Die Verpflichtung, bei der Nachprüfung der Dienstfähigkeit mitzuwirken, ginge ins Leere, wenn aus einer unberechtigten Weigerung keine Rückschlüsse gezogen werden könnten. Andernfalls hätte es der Beamte in der Hand, die für die Vorbereitung der Feststellung seiner Dienstfähigkeit erforderlichen Untersuchungen erheblich zu erschweren oder zu vereiteln (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. April 2012 - 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 12 und vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 14; Beschluss vom 12. Dezember 2023 - 2 B 10.23 - juris Rn. 9).

16 b) Voraussetzung für die Annahme einer Dienstunfähigkeit nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung ist aber, dass die Untersuchungsanordnung rechtmäßig und der Beamte damit zur Mitwirkung verpflichtet war.

17 aa) Mit dem Eintritt in das Beamtenverhältnis übernimmt der Beamte im Rahmen des hierdurch entstehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses u. a. die - in § 37 Abs. 1 Satz 1 LBG BB normierte - Verpflichtung, sich bei bestehenden Zweifeln an seiner Dienstfähigkeit ärztlich untersuchen zu lassen. Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht die aktive Mitwirkungspflicht des Beamten bei der Aufklärung von Zweifeln an seiner Dienstfähigkeit ausdrücklich bestätigt und als verfassungsrechtlich unbedenklich bewertet (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Oktober 2020 - 2 BvR 652/20 - ‌NVwZ-RR 2021, 217 Rn. 34 zu § 44 Abs. 6 BBG). Der Dienstherr und die Allgemeinheit haben ein berechtigtes Interesse daran, dass hoheitliche Aufgaben nur von Beamten wahrgenommen werden, die zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten physisch und psychisch dauerhaft in der Lage sind. Darüber hinaus trifft den Dienstherrn eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beamten. Bestehen Zweifel an der Dienstfähigkeit eines Beamten, kommt der Dienstherr mit der gegenüber dem Beamten ausgesprochenen Weisung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, auch dieser Fürsorgepflicht nach.

18 Der Beamte muss der Weisung seines Dienstherrn, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, aber nur dann Folge leisten, wenn hinreichender Anlass für die Untersuchungsanordnung besteht und wenn diese in ihrem Umfang nicht über das Maß hinausgeht, welches für die Feststellung der Dienstfähigkeit des Beamten erforderlich ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 21. Oktober 2020 ‌- 2 BvR 652/20 - NVwZ-RR 2021, 217 Rn. 35 und vom 14. Januar 2022 - 2 BvR 1528/21 - juris Rn. 25).

19 Die Anwendung des Rechtsgedankens der Beweisvereitelung aus §§ 427, 444 und 446 ZPO auf die verweigerte Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung setzt demzufolge voraus, dass die Weisung des Dienstherrn rechtmäßig ist. Denn nur die Verweigerung einer rechtmäßigen Anordnung des Dienstherrn kann zulasten des betroffenen Beamten gewürdigt werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2012 - 2 C 7.11 - Buchholz 237.95 § 208 SHLBG Nr. 1 Rn. 14, vom 26. April 2012 - 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 12 und vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 14 f.; Beschlüsse vom 26. Mai 2014 - 2 B 69.12 - ‌Buchholz 237.0 § 53 BaWüLBG Nr. 5 Rn. 12 f. und vom 12. Dezember 2023 - 2 B 10.23 - juris Rn. 10).

20 Die Rechtmäßigkeit der Untersuchungsanordnung kann der Beamte auch im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zum Gegenstand einer eigenständigen gerichtlichen Überprüfung machen (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil die angeordnete ärztliche Untersuchung zu Verletzungen materieller Rechtspositionen führen kann, die nicht mit den durch die abschließende Sachentscheidung berührten materiellen Rechtspositionen identisch sind und die im Rechtsschutzverfahren gegen eine Zurruhesetzungsverfügung nicht vollständig beseitigt werden können (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Januar 2022 - 2 BvR 1528/21 - ‌juris Rn. 24).

21 Die Klägerin hätte demnach gerichtlichen Eilrechtsschutz gegen die ihrer Auffassung nach rechtswidrige Untersuchungsanordnung vom 27. März 2017 begehren können. Sie war hierzu indes nicht verpflichtet. Die Inanspruchnahme gerichtlicher Eilrechtsschutzmöglichkeiten ist grundsätzlich keine Obliegenheit, deren Nichtgebrauch zur Verwirkung nachgelagerten Rechtsschutzes führt (vgl. zu besonderen Ausnahmekonstellationen aber etwa BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 - BVerwGE 151, 14 Rn. 24).

22 bb) Da bereits die Untersuchungsanordnung selbst den Beamten in die Lage versetzen soll, nachvollziehen und prüfen zu können, ob die angeführten Gründe tragfähig sind, kann die Begründung im weiteren (behördlichen und gerichtlichen) Verfahren nicht "nachgebessert" werden. Erkennt die Behörde nachträglich wesentliche Mängel oder ergeben sich aussagekräftige weitere Hinweise, kann und muss sie eine neue Anordnung erlassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 21). Umgekehrt ist zu berücksichtigen, dass die Untersuchungsanordnung erst der Aufklärung der tatsächlichen Verhältnisse dient und der Behörde in diesem Verfahrensstadium regelmäßig keine aussagekräftigen Informationen zur Verfügung stehen. Die Anforderungen an die Begründung einer Untersuchungsanordnung dürfen daher auch nicht überspannt werden, weil der Dienstherr sie ansonsten "praktisch nicht mehr erfüllen kann" (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Oktober 2020 ‌- 2 BvR 652/20 - NVwZ-RR 2021, 217 Rn. 36).

23 Der Untersuchungsanordnung müssen - erstens - tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, die die Dienstunfähigkeit des Beamten als naheliegend erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10. April 2014 - 2 B 80.13 - Buchholz 237.8 § 56 RhPLBG Nr. 4 Rn. 9 und vom 14. März 2019 - 2 VR 5.18 - BVerwGE 165, 65 Rn. 43). Aufgrund hinreichend gewichtiger tatsächlicher Umstände muss zweifelhaft sein, ob der Beamte wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen in der Lage ist, die Dienstpflichten seines abstrakt-funktionellen Amtes zu erfüllen (vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Juni 1990 ‌- 2 C 18.89 - Buchholz 237.6 § 56 NdsLBG Nr. 1 S. 2, vom 23. September 2004 ‌- 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <55>, vom 3. März 2005 - 2 C 4.04 - Buchholz 237.7 § 194 NWLBG Nr. 2 S. 2 und vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 19; Beschluss vom 14. März 2019 - 2 VR 5.18 - BVerwGE 165, 65 Rn. 43). Dies ist anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1993 - 1 BvR 689/92 - BVerfGE 89, 69 <85 f.>; BVerwG, Urteile vom 26. April 2012 - 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 19 und vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 19; Beschluss vom 14. März 2019 - 2 VR 5.18 - ‌BVerwGE 165, 65 Rn. 42).

24 Die Behörde muss die tatsächlichen Umstände in der Untersuchungsaufforderung angeben. Dem Beamten bekannte Umstände müssen in der Anordnung demnach zumindest so umschrieben werden, dass erkennbar ist, welcher Vorfall oder welches Ereignis zur Begründung der Anordnung herangezogen wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. April 2012 - 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 20 und vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 20; s. a. BVerwG, Urteil vom 7. April 2022 - 3 C 9.21 - BVerwGE 175, 206 Rn. 24 zu § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV). Zweifel an der Dienstfähigkeit können sich auch aus der Summe mehrerer Umstände ergeben, welche bei isolierter Betrachtung den Erlass einer Untersuchungsanordnung nicht rechtfertigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Mai 1984 - 2 B 205.82 - Buchholz 237.5 § 51 LBG HE Nr. 1 S. 2).

25 Die Untersuchungsanordnung muss - zweitens - Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten.

26 Der Dienstherr darf dies nicht dem Belieben des Arztes überlassen. Er muss - nach Maßgabe der ihm vorliegenden Erkenntnisse - in der Untersuchungsanordnung selbst Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung bestimmen und darf hierbei nicht über das Maß hinausgehen, welches für die Feststellung der Dienstfähigkeit des Beamten erforderlich ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 21. Oktober 2020 - 2 BvR 652/20 - NVwZ-RR 2021, 217 Rn. 35 und vom 14. Januar 2022 - 2 BvR 1528/21 - juris Rn. 25). Dem entsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses - ggf. nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung - zumindest in den Grundzügen darüber klar werden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 - ‌BVerwGE 146, 347 Rn. 19; Beschluss vom 14. März 2019 - 2 VR 5.18 - BVerwGE 165, 65 Rn. 44). Hat der Beamte ärztliche Bescheinigungen vorgelegt, die eine Eingrenzung von Art und Umfang der Untersuchung ermöglichen, hat der Dienstherr diese auszuwerten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. April 2014 - 2 B 80.13 - Buchholz 237.8 § 56 RhPLBG Nr. 4 Rn. 11).

27 Stehen dem Dienstherrn dagegen keinerlei weitergehende Erkenntnisse zur Verfügung als die, dass und in welchem Umfang der Beamte krankheitsbedingte Fehltage aufweist, kann er auch nur dies als Grund für seine Zweifel an der dauernden Dienstfähigkeit des Beamten anführen; ist den vom Beamten eingereichten ärztlichen Attesten (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, "Krankschreibungen") kein Grund der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu entnehmen und ist ein solcher von dem Beamten auch nicht anderweitig freiwillig offenbart oder sonst wie bekannt geworden, kann der Dienstherr - naturgemäß - auch die Art und den Umfang der ärztlichen Untersuchung nicht näher eingrenzen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16. Mai 2018 - 2 VR 3.18 - juris Rn. 6 und vom 14. März 2019 - 2 VR 5.18 - BVerwGE 165, 65 Rn. 50).

28 Die Festlegung der Art der Untersuchung erfordert die Mitteilung der Fachrichtung (medizinischer Bereich), innerhalb derer die (amts-)ärztliche Untersuchung erfolgen soll. Die Angaben zum Umfang der Untersuchung müssen etwa erkennen lassen, ob es sich um eine orientierende oder eine eingehende Untersuchung handelt, wobei erstere insbesondere in den Fällen in Betracht kommen wird, in denen sich die Zweifel des Dienstherrn über die Dienstunfähigkeit aufgrund der zur Verfügung stehenden Erkenntnisse (noch) nicht sicher einem bestimmten Krankheitsbild bzw. einer Fachrichtung zuordnen lassen. Dabei muss der Dienstherr die getroffenen Festlegungen des Umfangs der Untersuchung grundsätzlich umso genauer begründen, je weniger offenkundig die Durchführung der einzelnen Untersuchungen ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Oktober 2020 - 2 BvR 652/20 - juris Rn. 50). Bei der Festlegung des Umfangs der Untersuchung kann es zudem sinnvoll sein, wenn der Dienstherr seine Untersuchungsanordnung darauf erstreckt, dass der Beamte sich auch einer vom untersuchenden (Amts-)Arzt ggf. für erforderlich erachteten weiteren fachärztlichen Zusatzbegutachtung zu unterziehen hat (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14. März 2019 - 2 VR 5.18 - BVerwGE 165, 65 Rn. 58 und vom 1. April 2019 ‌- 2 VR 1.19 - Buchholz 232.0 § 44 BBG 2009 Nr. 14 Rn. 12). Hingegen kann dem Dienstherrn, der selbst nicht über medizinische Sachkunde verfügt, nicht abverlangt werden, den konkreten Untersuchungsablauf oder einzelne Untersuchungsmethoden festzulegen.

29 cc) Diesen Anforderungen genügt die Untersuchungsanordnung vom 27. März 2017.

30 (1) Der Untersuchungsanordnung liegen tatsächliche Feststellungen zugrunde, die Zweifel an der Dienstfähigkeit der Klägerin begründen. Aufgrund der Beschreibung war für die Klägerin erkennbar, auf welche Ereignisse der Beklagte seine Zweifel gestützt hat. Der Beklagte hat gewürdigt, dass im Fall der Klägerin zwar keine auffälligen Zeiten von krankheitsbedingter Abwesenheit vom Dienst zu verzeichnen waren. In der Untersuchungsanordnung ist aber auf eine Vielzahl von Konflikten mit allen am Schulalltag involvierten Personengruppen verwiesen, die angesichts der beschriebenen Art und Häufigkeit die Annahme nahelegen, dass es der Klägerin an der für die Dienstausübung erforderlichen Einsichts- und Konfliktfähigkeit mangelt. Erläutert wird auch, dass die Verhaltensweisen − ausweislich einer eingeholten Stellungnahme des Gesundheitsamtes − auf eine wahnhafte Störung zurückzuführen sein könnten. Dass in der Untersuchungsanordnung auch Vorfälle benannt sind, die in der bestehenden Konfliktsituation nicht als "auffällig" bewertet werden könnten, ist dabei unerheblich. Da der Dienstherr seine Zweifel an der bestehenden Dienstfähigkeit gerade auf die Vielzahl und Intensität der mit der Klägerin bestehenden Konflikte gestützt hat und in der Untersuchungsanordnung auch konkrete Begebenheiten beschrieben sind, die die Annahme der Behörde tragen, war die Klägerin in hinreichender Weise in die Lage versetzt, die Stichhaltigkeit der Anlasstatsachen einer Prüfung und Einschätzung zu unterziehen. Hierfür ist nicht erforderlich, dass jede der benannten Begebenheiten für sich genommen den Schluss auf die angenommene Dienstunfähigkeit trägt.

31 Die von der Klägerin insoweit erhobene Aufklärungsrüge ist nicht begründet. Dies folgt bereits daraus, dass sie die nunmehr vermisste Sachaufklärung im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht beantragt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1 Rn. 32). Die Aufklärungsrüge ist kein Mittel, um Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Beteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren. Die Revision legt auch nicht dar, warum und welche weiteren Ermittlungen zu den "Begleitumständen des Arbeitsplatzkonflikts" sich dem Berufungsgericht von Amts wegen hätten aufdrängen müssen. Hierzu bestand − ausgehend von dem für die Geltendmachung einer Verfahrensrüge maßgeblichen Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts − vielmehr kein Anlass. Die Frage, ob dem von der Klägerin gezeigten Verhalten "Krankheitswert" beigemessen werden kann, war angesichts ihrer Weigerung zur Mitwirkung an einer amtsärztlichen Untersuchung nicht weiter aufklärbar.

32 (2) Auch die Festlegung von Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung ist zutreffend erfolgt. Der Beklagte hat die Durchführung einer allgemeinen amtsärztlichen Untersuchung angeordnet und damit die Art der Untersuchung hinreichend bestimmt. Den Umfang der Untersuchung hat der Beklagte ebenfalls näher beschrieben, ohne den konkreten Ablauf oder die hierbei zur Anwendung kommenden Untersuchungsmethoden detailliert zu bezeichnen. Hierzu war er auch nicht verpflichtet, weil er nicht über die dafür notwendige Sachkunde verfügt. Dem geringen Erkenntnisstand zum Krankheitsbild der Klägerin, hinsichtlich dessen der Beklagte zwecks Eingrenzung eine fachmedizinische Beratung in Anspruch genommen hat, hat er durch eine Beschränkung auf eine orientierende psychische Untersuchung Rechnung getragen.

33 2. Angesichts des Fehlens ärztlicher Feststellungen zu Art und Umfang der gesundheitlichen Leistungseinschränkungen der Klägerin oblag dem Beklagten keine Suchpflicht nach einer anderweitigen Verwendbarkeit.

34 a) Nach dem der gesetzlichen Regelung des Verfahrens zur vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand zugrundeliegenden Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" soll auch ein dienstunfähiger Beamter − also ein Beamter, für den aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei seiner Beschäftigungsbehörde kein seinem Statusamt entsprechender Dienstposten zur Verfügung steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1 Rn. 13 f.) − nur dann aus dem aktiven Dienst ausscheiden, wenn er dort gar nicht mehr eingesetzt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 ‌- 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 Rn. 20 m. w. N.). In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist (§ 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG).

35 Auch wenn es bei der anderweitigen Verwendung regelmäßig um Vorgänge geht, die im Verantwortungsbereich des Dienstherrn liegen und die Suchpflicht daher dem Dienstherrn auferlegt ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. März 2009 ‌- 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 Rn. 30 und vom 19. März 2015 - 2 C 37.13 - ‌Buchholz 232.0 § 44 BBG 2009 Nr. 7 Rn. 15), handelt es sich beim Fehlen der anderweitigen Verwendbarkeit um ein Tatbestandsmerkmal der Zurruhesetzung eines Beamten, dessen Vorliegen grundsätzlich die Gerichte nach § 86 Abs. 1 Satz 1 und § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu klären haben. Die Anforderungen an den Nachweis, den Vorgaben der Suchpflicht vor Erlass der Verfügung genügt zu haben, dürfen dabei von den Gerichten nicht überspannt werden. Der zuständigen Behörde darf die im öffentlichen Interesse liegende Zurruhesetzung eines dauerhaft dienstunfähigen und nicht anderweitig einsetzbaren Beamten nicht praktisch unmöglich gemacht werden. Die Zurruhesetzung dient der Gewährleistung der staatlichen Aufgabenerfüllung und damit der Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Oktober 2020 - 2 BvR 652/20 - NVwZ-RR 2021, 217 Rn. 36). Es ist daher erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Dienstherr seine Suchanfrage und die Antwort hierauf in der Akte dokumentiert. In welcher Form er der Suchpflicht nachkommt, sei es durch schriftliche Anfragen oder aber durch E-Mail-Abfragen oder auf andere Weise, bleibt der Organisationsgewalt des Dienstherrn überlassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 2 C 37.13 - Buchholz 232.0 § 44 BBG 2009 Nr. 7 Rn. 22).

36 Das Gesetz gibt in § 26 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 BeamtStG vor, dass sich die Suche nach einer anderweitigen Verwendung des dienstunfähigen Beamten auf den gesamten Geschäftsbereich des Dienstherrn zu erstrecken hat. Unabhängig hiervon kann sich im Hinblick auf die besondere Lage des Beamten eine räumliche Eingrenzung des zumutbaren Einsatzbereichs ergeben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 - 2 A 5.10 - RiA 2012, 165 Rn. 4). Die Suche muss sämtliche Dienstposten umfassen, die frei sind oder innerhalb eines Zeitraums von weiteren sechs Monaten frei werden oder neu zu besetzen sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. März 2015 - 2 C 37.13 - Buchholz 232.0 § 44 BBG 2009 Nr. 7 Rn. 18 und vom 16. November 2017 - 2 A 5.16 - Buchholz 232.0 § 44 BBG 2009 Nr. 12 Rn. 33). Der Dienstherr ist aber nicht verpflichtet, personelle oder organisatorische Änderungen mit dem Ziel vorzunehmen, eine weitere Verwendung eines dauerhaft dienstunfähigen Beamten zu ermöglichen (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 Rn. 29, vom 19. März 2015 - 2 C 37.13 - Buchholz 232.0 § 44 BBG 2009 Nr. 7 Rn. 18 und vom 16. November 2017 - 2 A 5.16 - Buchholz 232.0 § 44 BBG 2009 Nr. 12 Rn. 33).

37 Die Anfrage der zuständigen Stelle muss sich mit hinreichender Deutlichkeit auf diesen Zeitraum von sechs Monaten beziehen. Da es um Umstände im Geschäftsbereich der befragten Behörden des Dienstherrn geht, kommt es für diese Frist auf den Eingang der Anfrage bei den sonstigen Behörden des Dienstherrn an. Allein diese Behörden können für ihren jeweiligen Geschäftsbereich angeben, ob und welche Dienstposten in absehbarer Zeit frei werden und/oder neu zu besetzen sind. Im Interesse der Praktikabilität des Zurruhesetzungsverfahrens ist die zuständige Behörde grundsätzlich nicht gehalten, die Abfrage nach einer anderweitigen Verwendung des betroffenen Beamten durch wiederholte Nachfragen beständig unter Kontrolle zu halten. Die Behörde kann sich regelmäßig auf eine einmalige Anfrage beschränken und auf dieser Grundlage über die Zurruhesetzung entscheiden. Dementsprechend bedarf es keiner fortlaufenden dialogischen Bemühungen der zuständigen Behörde mit den übrigen Dienststellen, die im Hinblick auf die anderweitige Verwendung zu befragen sind. Andernfalls liefe das Zurruhesetzungsverfahren Gefahr, allein wegen der durch den Ablauf bedingten Verzögerungen, die sich bei der Beteiligung einer Vielzahl von Behörden regelmäßig ergeben, in − sich ggf. wiederholende − Abfrageschleifen zu geraten, um die hinreichende Aktualität der Suchabfrage im Entscheidungszeitpunkt gewährleisten zu können. Weder die anfragende noch die befragten Behörden können zum Zeitpunkt der Abfrage sicher beurteilen, wie lange das Zurruhesetzungsverfahren bis hin zur abschließenden Entscheidung voraussichtlich dauern wird. Dementsprechend führt allein der Umstand, dass eine Verwendungsabfrage der zuständigen Behörde im Geschäftsbereich des Dienstherrn längere Zeit zurückliegt, nicht zur Rechtswidrigkeit der Zurruhesetzung (a. A. OVG Greifswald, Beschluss vom 13. August 2019 - 2 M 564/19 - ‌juris Rn. 17; OVG Bautzen, Urteil vom 25. März 2022 - 2 A 232/19 - juris Rn. 26).

38 Entsprechend der Vorgabe des § 26 Abs. 3 BeamtStG muss sich die Anfrage auch auf freie oder freiwerdende Dienstposten für eine geringerwertige Tätigkeit des dienstunfähigen Beamten im Bereich desselben Dienstherrn im Sinne dieser Vorschrift erstrecken.

39 Die für das Zurruhesetzungsverfahren zuständige Behörde hat sicherzustellen, dass von jeder der von ihr befragten Dienststellen des Dienstherrn eine Antwort vorliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 2 C 37.13 - Buchholz 232.0 § 44 BBG 2009 Nr. 7 Rn. 21 f.). Dafür reicht eine knapp gehaltene Fehlanzeige der befragten Stelle aus. Eine weitergehende Verpflichtung zur Nachfrage besteht für die zuständige Behörde nicht. Ferner kann sich die anfragende Behörde auf die Richtigkeit der Stellungnahme der befragten Dienststellen verlassen und ist dementsprechend nicht gehalten, von sich aus vor Erlass der Zurruhesetzungsverfügung die Richtigkeit der eingegangenen Stellungnahmen oder ihre fortbestehende Aktualität zu überprüfen. Abweichendes kann gelten, wenn gesicherte Anhaltspunkte für das Bestehen von anderen Möglichkeiten zur etwaigen Weiterverwendung des Beamten bekannt werden oder der betroffene Beamte im Laufe des Verfahrens entsprechende substantiierte Einwendungen erhebt.

40 b) Die Verpflichtung zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung des dienstunfähigen Beamten entfällt allerdings dann, wenn ihr Zweck im konkreten Einzelfall von vornherein nicht erreicht werden kann.

41 Das kann dann der Fall sein, wenn der Beamte auf absehbare Zeit oder auf Dauer keinerlei Dienst leisten kann. Ist der Beamte generell dienstunfähig, ist eine Suche nach in Betracht kommenden anderweitigen Dienstposten oder Tätigkeitsfeldern nicht erforderlich (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1 Rn. 34 m. w. N. und vom 16. November 2017 - 2 A 5.16 -‌ Buchholz 232.0 § 44 BBG 2009 Nr. 12 Rn. 34). Eine solche generelle Dienstunfähigkeit ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass er für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die er wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist oder wenn bei dem Beamten keinerlei Restleistungsvermögen mehr festzustellen ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 -‌ BVerwGE 148, 204 Rn. 40, vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1 Rn. 27 und vom 16. November 2017 - 2 A 5.16 - Buchholz 232.0 § 44 BBG 2009 Nr. 12 Rn. 34).

42 Sinn und Zweck der Suche nach einer anderweitigen Verwendbarkeit lassen die Suchpflicht aber auch dann entfallen, wenn aufgrund der Weigerung eines Beamten, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, auf dessen Dienstunfähigkeit geschlossen wird. Denn in Ermangelung medizinischer Feststellungen zum Leistungsbild ist in dieser Situation von einem nicht vorhandenen Restleistungsvermögen und damit von einer generellen Dienstunfähigkeit auszugehen, die weitere Ermittlungen von Amts wegen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG BB i. V. m. § 24 Abs. 1 Satz 1 VwVfG, § 86 Abs. 1 VwGO) obsolet werden und die Pflicht des Dienstherrn zur Suche nach einer anderweitigen Verwendbarkeit des Beamten entfallen lässt. Ohne medizinisch fundierte Angaben zum positiven wie negativen Leistungsbild lässt sich nicht feststellen, in welchem Umfang der Beamte leidensgerecht anderweitig verwendbar ist.

43 Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner weitergehenden Erwägungen des Berufungsgerichts zu der Frage, ob die Klägerin trotz des vom Berufungsgericht festgestellten Verhaltens zur Erfüllung weisungsgebundener Sachaufgaben in der Lage war.

44 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.