Beschluss vom 05.11.2025 -
BVerwG 4 B 2.25ECLI:DE:BVerwG:2025:051125B4B2.25.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 05.11.2025 - 4 B 2.25 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:051125B4B2.25.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 2.25

  • VG Freiburg - 16.09.2021 - AZ: 9 K 646/19
  • VGH Mannheim - 28.11.2024 - AZ: 3 S 231/23

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 5. November 2025 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Koch und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Stamm beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2024 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 043,50 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist jedenfalls unbegründet.

2 1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. April 2025 - 4 BN 22.24 - juris Rn. 3 m. w. N.).

3 a) Die Frage,
ob eine Festsetzung nur dann nicht erforderlich ist, wenn zum fehlenden Umsetzungswillen des Eigentümers - jedenfalls, wenn dieser objektiv ein Interesse an der Unwirksamkeit des Bebauungsplans hat - objektive Anhaltspunkte hinzutreten, dass der Eigentümer dauerhaft an einer plankonformen Bebauung gehindert ist,
hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie in der Rechtsprechung geklärt ist.

4 Ein Bebauungsplan verfehlt seinen gestalterischen Auftrag und ist folglich unwirksam, wenn seiner Verwirklichung im Zeitpunkt seines In-Kraft-Tretens dauerhafte Hindernisse tatsächlicher oder rechtlicher Art entgegenstehen. Dieser Maßstab verlangt als Prognose keine letzte Gewissheit, dass der Vollzug der Regelung unter allen Umständen ausgeschlossen sein wird, sondern die von den konkreten Einzelfallumständen abhängige Prüfung, ob auf der Grundlage der Darlegungen des Planungsträgers in der Planbegründung die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Bebauungsplan bzw. einzelne seiner Festsetzungen realistischerweise umgesetzt werden können. Dabei ist nicht zuletzt die Art der in Rede stehenden Festsetzungen von Bedeutung. Flächenfestsetzungen tragen - im Unterschied zu festgesetzten Maßnahmen - in aller Regel schon dadurch eine Vollzugswahrscheinlichkeit in sich, dass die Zulässigkeit neuer Vorhaben (§ 29 Abs. 1 BauGB) an ihnen zu messen ist (§ 30 BauGB) und sich so zumindest langfristig ein Gebietswandel einstellen wird. Deswegen können und müssen unter Umständen auch auf längere Dauer andere als die festgesetzten Nutzungen hingenommen werden (BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 4 CN 4.13 - BVerwGE 150, 101 Rn. 14 m. w. N.). Vor diesem Hintergrund lässt sich nur unter Würdigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls beurteilen, ob angesichts von Bekundungen des Nutzungsberechtigten davon auszugehen ist, dass die Verwirklichung der Festsetzung auf Dauer ausgeschlossen erscheint. Verallgemeinernd lässt sich sagen, dass allein der Wille eines Grundstückseigentümers, die Realisierung einer bestimmten Festsetzung zu verhindern, regelmäßig nicht zur Rechtswidrigkeit dieser Festsetzung führt (BVerwG, Beschlüsse vom 24. Februar 2022 - 4 BN 49.21 - ZfBR 2022, 475 Rn. 4, vom 6. Dezember 2022 - 4 BN 23.22 - juris Rn. 10 und vom 13. Juni 2023 - 4 BN 33.22 - BRS 91 Nr. 10 S. 89).

5 Daraus folgt, dass zum fehlenden Umsetzungswillen des Eigentümers in der Regel weitere objektive Umstände hinzutreten müssen, um die Annahme der Vollzugsunfähigkeit einer Festsetzung zu rechtfertigen. Mehr lässt sich dazu verallgemeinernd nicht ausführen. Das gilt auch, soweit die Beschwerde bei wohlwollender Auslegung der Beschwerdebegründung (S. 32 f.) weiter geklärt wissen will, welche objektiven Umstände in Betracht kommen, um die Annahme eines dauerhaften Nichtvollzugs zu rechtfertigen, und insoweit auf Bekundungen des Eigentümers oder darauf abzustellen ist, ob ein vernünftiger Dritter an einer Umsetzung gehindert ist.

6 b) Auch die Frage,
ob ein bei Erlass des Bebauungsplans bestehender großflächiger Einzelhandelsbetrieb - oder allgemein bestehende gewerbliche Nutzungen - zur in einem urbanen Gebiet oder einem Mischgebiet erforderlichen Nutzungsmischung als gewerbliche Nutzung beitragen kann, obgleich der Betrieb bzw. die gewerbliche Nutzung dort unzulässig ist,
rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Sie geht, soweit sie sich auf allgemein bestehende gewerbliche Nutzungen und Mischgebiete bezieht, am Inhalt des Urteils vorbei. Im Übrigen bedarf die Frage keiner Beantwortung in einem Revisionsverfahren, weil sie sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Norminterpretation klären lässt.

7 Nach seiner allgemeinen Zweckbestimmung (§ 6a Abs. 1 Satz 1 BauNVO) dient das urbane Gebiet dem Wohnen sowie der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen, die die Wohnnutzung nicht wesentlich stören. Das Gebiet ist von einer Mischung gleichrangiger Nutzungen geprägt. Diese muss nicht gleichgewichtig sein (§ 6a Abs. 1 Satz 2 BauNVO); der Gebietscharakter ist aber nur gewahrt, wenn jede Hauptnutzung das Gebiet mitprägt. Unter welchen Umständen trotz des Übergewichts einer Nutzung noch von einer das urbane Gebiet prägenden Nutzungsmischung auszugehen ist, entzieht sich einer fallübergreifenden Beantwortung (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 13. Juni 2023 - 4 BN 33.22 - ZUR 2023, 612 Rn. 12 und vom 14. Februar 2025 - 4 BN 24.24 - ZfBR 2025, 261 Rn. 8).

8 Großflächige Einzelhandelsbetriebe sind, soweit sie - wie hier nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, an die der Senat gebunden ist (§ 137 Abs. 2 VwGO) – die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO erfüllen, außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass sie in einem urbanen Gebiet unzulässig sind, weil es sich dann nicht um Einzelhandelsbetriebe i. S. d. § 6a Abs. 2 Nr. 3 BauNVO handelt, die - wie § 6a Abs. 1 Satz 1 BauNVO voraussetzt - die Wohnnutzung nicht wesentlich stören (vgl. Hornmann, in: Spannowsky/​Hornmann/​Kämper, BeckOK BauNVO, Stand: 15. Oktober 2025, § 6a Rn. 81; Schimpfermann/​Stühler, in: Fickert/​Fieseler, BauNVO, 14. Aufl. 2023, § 6a Rn. 20; Roeser, in: König/​Roeser/​Stock, BauNVO, 6. Aufl. 2025, § 6a Rn. 12; zur Unzulässigkeit großflächiger Einzelhandelsbetriebe i. S. d. § 11 Abs. 3 BauNVO in Mischgebieten nach § 6 BauNVO siehe BVerwG, Urteil vom 9. November 2016 - 4 C 1.16 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 220 Rn. 9 f. und Beschluss vom 14. Oktober 2019 - 4 B 27.19 - BauR 2020, 238 <239>). Zur erforderlichen Nutzungsmischung in einem urbanen Gebiet können solche unzulässigen Einzelhandelsbetriebe nicht beitragen.

9 c) Die Beschwerde hält weiter für grundsätzlich klärungsbedürftig,
ob und unter welchen Umständen bei der Frage der erforderlichen Durchmischung eines (kleinen) urbanen Gebiets auch die angrenzende Bebauung, in die das Gebiet hineingeplant wurde, zu berücksichtigen sein kann.

10 Sie hält diese Frage für entscheidungserheblich, weil das Umfeld des Bebauungsplangebiets von kirchlichen, sozialen und Wohnnutzungen geprägt sei und insofern bereits zwei der drei für den Gebietscharakter des urbanen Gebiets prägenden Nutzungsarten gegeben seien. Einer Nutzungsmischung unmittelbar auf den überplanten Grundstücken bedürfe es im Falle der Berücksichtigung der Umgebungsbebauung deshalb nicht mehr.

11 Dies führt nicht auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Zur Zulassung der Grundsatzrevision können nur solche Rechtsfragen führen, die für das angegriffene Urteil entscheidungserheblich waren und sich auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts voraussichtlich auch im Revisionsverfahren stellen würden (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 2024 - 4 BN 22.23 - juris Rn. 10 m. w. N.). Daran fehlt es. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich zu der vorstehenden Frage nicht verhalten. Er hat zu der an das Plangebiet angrenzenden Bebauung und den dort vorhandenen Nutzungsarten auch keine Tatsachenfeststellungen getroffen. Die Beschwerde legt nicht dar, dass die Beklagte diese Frage in der Vorinstanz aufgeworfen und insoweit auf eine Beweisaufnahme hingewirkt hat, die der Verwaltungsgerichtshof nur deshalb abgelehnt hat, weil er die Rechtsfrage anders beantwortet hat als die Beklagte.

12 d) Die Frage,
ob und unter welchen Umständen allein der bestehende großflächige Einzelhandelsbetrieb für dessen Erweiterung maßstabsbildend im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB sein kann, insbesondere ob ein die Schwelle der Großflächigkeit gerade überschreitender Einzelhandelsbetrieb aufgrund seiner regelmäßig prägenden Wirkung kein Fremdkörper sein kann,
führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass bei der Prüfung, ob sich ein Erweiterungsvorhaben in die nähere Umgebung nach § 34 Abs. 1 BauGB einfügt, auch die auf dem Baugrundstück selbst schon vorhandene Bebauung zu berücksichtigen ist (BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 - 4 C 17.91 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 158 S. 101 f.).

13 Die Beschwerde hält weiter für klärungsbedürftig, unter welchen Voraussetzungen ein einzelner großflächiger Einzelhandelsbetrieb als Anknüpfungspunkt für ein Sich-Einfügen im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB ausreicht bzw. wann er als Fremdkörper anzusehen ist. Diese Frage ist - soweit sie sich fallübergreifend beantworten lässt - geklärt.

14 Danach können solche Anlagen aus der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen. Das wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn eine singuläre Anlage in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung steht. In Betracht kommen insbesondere solche baulichen Anlagen, die nach ihrer - auch äußerlich erkennbaren - Zweckbestimmung in der näheren Umgebung einzigartig sind. Sie erlangen die Stellung eines "Unikats" umso eher, je einheitlicher die nähere Umgebung im Übrigen baulich genutzt ist. Trotz ihrer deutlich in Erscheinung tretenden Größe und ihres nicht zu übersehenden Gewichts in der näheren Umgebung bestimmen sie nicht deren Eigenart, weil sie wegen ihrer mehr oder weniger ausgeprägt vom übrigen Charakter der Umgebung abweichenden Struktur gleichsam isoliert dastehen. Derartige Anlagen dürfen bei der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung aber nur dann als "Fremdkörper" ausgeklammert werden, wenn sie wegen ihrer Andersartigkeit und Einzigartigkeit den Charakter ihrer Umgebung letztlich nicht beeinflussen können. Ob dies der Fall ist, muss unter Würdigung des tatsächlich Vorhandenen ermittelt werden. Ausschlaggebend kann erneut die Größe der andersartigen Anlage sein. Einzelne bauliche Anlagen von stark abweichendem Charakter können nach Ausdehnung, Zahl und anderen Quantitätsmerkmalen ein solches Gewicht enthalten, dass sie trotz ihrer herausstechenden Andersartigkeit in einer abweichend und verhältnismäßig einheitlich strukturierten Umgebung ihrerseits tonangebend wirken. Dafür kommen neben der Größe des Gebäudes auch die Ausstrahlungswirkungen (Immissionen) einer einzelnen baulichen Anlage auf die nähere Umgebung in Betracht. Auf diesem Wege kann sogar ein einzelner Gewerbebetrieb in einem im Übrigen einheitlich strukturierten Wohngebiet die Eigenschaft eines außer Betracht zu lassenden Fremdkörpers verlieren und seinerseits die Eigenart der Umgebung mitbestimmen. Wann dies im Einzelfall anzunehmen ist, lässt sich allerdings nicht allgemein formulieren (BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322 <326 f.> und vom 7. Dezember 2006 - 4 C 11.05 - [insoweit in BVerwGE 127, 231 nicht abgedruckt] NVwZ 2007, 585 Rn. 9).

15 Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass ein Revisionsverfahren weiterführende Erkenntnisse erbringen könnte. Es ist nicht substantiiert dargelegt, dass die Anwendbarkeit der in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien für das Vorliegen eines Fremdkörpers auf großflächige Einzelhandelsbetriebe zweifelhaft ist. Entgegen der Beschwerde führt dieser Maßstab nicht stets auf eine Verneinung der Fremdkörpereigenschaft für derartige Anlagen. Dies ist vielmehr eine Frage des Einzelfalls und hängt vor allem von der sonstigen Umgebungsbebauung ab (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 - 4 C 17.91 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 158 S. 101 f.; OVG Münster, Urteil vom 3. April 2008 - 7 A 593/07 - juris Rn. 53 ff., VGH München, Beschluss vom 17. März 2025 - 1 ZB 24.2 - juris Rn. 10). Es liegt in der Natur der Sache, dass einige der typisierten Nutzungsarten die Kriterien für einen Fremdkörper seltener erfüllen werden als andere.

16 e) Schließlich kommt auch der sinngemäßen Frage,
ob und inwieweit ein kleiner, gerade die Schwelle der Großflächigkeit erreichender Einzelhandelsbetrieb im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB ein Vorbild für einen deutlich größeren Einzelhandelsbetrieb sein kann,
keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil sie bereits geklärt ist. Der für die Beurteilung des Sich-Einfügens nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgebliche Rahmen wird von den in der näheren Umgebung tatsächlich vorhandenen Nutzungen begrenzt. Sind in der näheren Umgebung solche den Begriffsbestimmungen der Baunutzungsverordnung entsprechenden Nutzungsarten vorhanden, so hält ein Vorhaben, das die Merkmale einer solchen Nutzungsart aufweist, ohne Weiteres den vorhandenen Rahmen ein. Eine weitere Differenzierung innerhalb der typisierten Nutzungsart je nach unterschiedlichen konkreten Merkmalen der Ausgestaltung oder der Betriebsstruktur ist bei der Prüfung, ob sich ein Vorhaben nach der Art der Nutzung in die nähere Umgebung einfügt, nicht angezeigt: Ist nämlich eine hiernach den Rahmen einhaltende und daher an sich zulässige Nutzung im Einzelfall mit den sonstigen, insbesondere mit den in ihrer unmittelbaren Nähe vorhandenen baulichen Nutzungen unvereinbar, so führt das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelfall zu angemessenen Ergebnissen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. April 1987 - 4 C 41.84 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 117 S. 4 f.). Für großflächige Einzelhandelsbetriebe als selbständig typisierte Nutzungsart gilt nichts Abweichendes (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 6.85 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 120 S. 18 und Beschluss vom 20. April 2000 - 4 B 25.00 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 199 S. 18).

17 In der Senatsrechtsprechung ist außerdem geklärt, dass die Verkaufsfläche nicht das Maß, sondern die Art der baulichen Nutzung betrifft (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. April 1990 - 4 C 36.87 - Buchholz 406.12 § 11 BauNVO Nr. 17 S. 20 f. und vom 25. Januar 2022 - 4 CN 5.20 - Buchholz 406.12 § 11 BauNVO Nr. 43 Rn. 30 ff.). Dementsprechend besteht - entgegen der Ansicht der Beklagten - kein Raum dafür, das Sich-Einfügen eines großflächigen Einzelhandelsbetriebs allein deshalb zu verneinen, weil seine geplante Verkaufsfläche den Rahmen überschreitet, der durch den oder die bereits vorhandenen großflächigen Einzelhandelsbetriebe vorgegeben wird.

18 Ob der für die Beurteilung des Sich-Einfügens nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgebliche Rahmen ausnahmslos in der dargelegten Weise von den typisierten Nutzungsarten der Baunutzungsverordnung - soweit diese in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden sind - bestimmt wird oder angesichts der Weite einzelner in der Baunutzungsverordnung verwendeter Begriffe innerhalb der Typen baulicher Nutzungen feinere Abgrenzungen nach einzelnen Unterarten der Nutzung oder nach Betriebsformen zur Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung angezeigt sein sollten (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. April 1987 - 4 C 41.84 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 117 S. 7 unter Verweis auf § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO), bedarf keiner Klärung. Denn es ist weder von der Beschwerde dargelegt noch ersichtlich, dass die Differenzierung allein an der Verkaufsfläche festzumachen ist und insoweit - insbesondere angesichts des (Größen-)Spektrums von großflächigen Einzelhandelsbetrieben - eine maßgebliche Grenze gerade zwischen den hier vorhandenen 822 qm und den geplanten 1022,58 qm Verkaufsfläche verläuft.

19 2. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

20 Die Rüge, der Verwaltungsgerichtshof habe gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verstoßen, greift nicht durch. (Angebliche) Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts, die dem Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO genügen muss, sind regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen. Die Grenzen der Freiheit der richterlichen Überzeugungsbildung sind mit der Folge des Vorliegens eines Verfahrensfehlers erst dann überschritten, wenn das Gericht seiner Sachverhalts- und Beweiswürdigung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt, sondern nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt, oder wenn die von ihm gezogenen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen oder sonst von objektiver Willkür geprägt sind (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. September 2024 - 4 BN 6.24 - juris Rn. 3 m. w. N.).

21 a) Die Rüge der Aktenwidrigkeit greift nicht durch. Eine "aktenwidrige Entscheidung" liegt erst vor, wenn der Streitstoff, den das Tatsachengericht seiner Entscheidung zugrunde legt, von dem tatsächlichen Streitstoff, wie er sich aus den Akten ergibt, zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht, sei es, dass er darüber hinausgeht, indem aktenwidrig – "ins Blaue hinein" – Tatsachen angenommen werden, sei es, dass er dahinter zurückbleibt, indem Akteninhalt übergangen wird (BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 2025 - 4 B 8.24 - juris Rn. 9 m. w. N.).

22 Die Beschwerde macht geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe hinsichtlich der geplanten Nutzungsmischung im Kulturdenkmal auf "lediglich vage Ausführungen in der Planbegründung" verwiesen und insoweit die Abwägungsliste übergangen, in der auf Gespräche zu einer Nutzung für eine Kindertageseinrichtung sowie eine mögliche Wohnnutzung eingegangen werde. Das führt nicht auf einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz. Dabei ist schon nicht ersichtlich, dass die Ausführungen in der Abwägungsliste zu mehrfachen, aber gescheiterten Gesprächen über eine Nutzung des Denkmals für eine Kindertageseinrichtung sowie die dort wiedergegebene Einschätzung der Beklagten, eine Wohnnutzung im Denkmal wäre nach Abstimmung und Berücksichtigung entsprechender Auflagen zum größtmöglichen Erhalt der Bausubstanz selbstverständlich möglich, über das hinausgehen, was der Verwaltungsgerichtshof als "vage" versteht. Deshalb fehlt es schon an Anhaltspunkten dafür, dass er den entsprechenden Akteninhalt nicht zur Kenntnis genommen hat. Überdies ist nicht dargetan, dass es sich dabei um aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofs entscheidungserheblichem Akteninhalt handelt. Seine Annahme, dass es an der Erforderlichkeit der Festsetzung urbanes Gebiet nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB fehlt, hat sich der Verwaltungsgerichtshof tragend nicht darauf gestützt, dass die Vorstellungen der Beklagten zu einer Nutzungsmischung zu vage sind, sondern darauf, dass das Plangebiet aktuell von einer nach § 6a BauNVO unzulässigen Nutzung geprägt werde, und die Verwirklichung einer möglichen Nutzungsmischung im Kulturdenkmal angesichts der Gesamtumstände (Denkmalschutzrecht, Festsetzungen zum Lärmschutz, jahrzehntelanger Leerstand) unabsehbar sei (UA S. 21 f.).

23 b) Auch die Rüge, der Verwaltungsgerichtshof habe gegen die Denkgesetze verstoßen, bleibt erfolglos. Ein solcher Verstoß kann nur dann bejaht werden, wenn eine Schlussfolgerung aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden kann. Dies ist nicht bereits dann der Fall, wenn der Tatrichter andere Schlüsse gezogen hat, als sie nach Auffassung eines Beteiligten hätten gezogen werden müssen, selbst wenn ein anderer Schluss sogar näherliegt als der vom Gericht gezogene (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Oktober 2022 - 4 BN 22.22 - juris Rn. 17 m. w. N.).

24 Für eine nach diesen Maßstäben denkgesetzwidrige oder sonst willkürliche Entscheidung ist nichts dargetan. Die Beschwerde macht geltend, aus den vom Verwaltungsgerichtshof angeführten Gesamtumständen könne schlechterdings nicht gefolgert werden, dass im Kulturdenkmal eine Nutzungsausmischung aus Gewerbe und Wohnen nicht verwirklicht werden könne. Weder das Denkmalrecht noch die Festsetzungen des Bebauungsplans oder der langjährige Leerstand sprächen gegen die Aufnahme solcher Nutzungen. Die Annahme verstoße daher gegen Denkgesetze und sei willkürlich. Gleiches gelte für die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dass ein Umbau des Discountmarktes der Klägerin, d. h. eine Aufstockung zu Wohnzwecken und Reduzierung der Verkaufsfläche von 822 qm um 22 qm, auf unabsehbare Zeit nicht zu erwarten sei, weil dann ein Verlust des Bestandsschutzes drohe. Mit ihrer Kritik, die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs seien fehlerhaft, lebensfremd und fernliegend, zeigt die Beschwerde denklogisch ausgeschlossene Schlussfolgerungen nicht auf. Soweit sie die Ausführungen der Vorinstanz zur "Hinderungswirkung" eines passiven Bestandsschutzes, des Denkmalschutzrechts und der Lärmschutzfestsetzungen des Bebauungsplans als willkürlich bemängelt, wendet sie sich der Sache nach gegen die der Entscheidung zugrunde liegenden rechtlichen Erwägungen. Angriffe gegen die materiell-rechtliche Auffassung können aber selbst im Falle objektiver Willkür nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Juni 2025 - 4 B 30.24 - juris Rn. 7 und vom 21. Juli 2025 - 10 B 19.24 - juris Rn. 11 jeweils m. w. N.).

25 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.